Sozialgericht Duisburg Urteil, 09. Juni 2016 - S 10 R 1073/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
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Tatbestand:
2Im Streit ist die Frage, ob die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit als Layouterin für die Klägerin zu 1) in dem Zeitraum vom 28.03.2012 bis zum 31.03.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses oder als Selbständige ausübte und ob wegen Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Krankenversicherung, in der gesetzlichen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
3Die Klägerin zu 2) ist Grafikerin und übte in dem Zeitraum vom 28.03.2012 bis zum 31.03.2014 neben der Tätigkeit für die Klägerin zu 1) bis Februar 2014 eine Teilzeittätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma F. B. Deutschland GmbH im Umfang von 20 Stunden wöchentlich aus. Darüber hinaus war sie in dem streitigen Zeitraum für andere Auftraggeber tätig, bei denen es sich beispielsweise um Werbeagenturen und Privatleute handelte und für die sie u. a. Flyer, Broschüren, Anzeigen, Logos, Gutscheine und Visitenkarten anfertigte. Die Klägerin zu 2) verfügte über einen in die Wohnung integrierten Büroraum, der neben der üblichen Büroeinrichtung mit einem Computer mit mehreren Grafikprogrammen wie beispielsweise InDesign und Photoshop, mit einem Laptop, einem Telefon und Internetzugang ausgestattet ist.
4Bei der Klägerin zu 1) sind zwei Verlage ansässig, die verschiedene Zeitschriften herausgeben. Bei den beiden Verlagen sind insgesamt etwa 80 Angestellte im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig. Im streitigen Zeitraum arbeiteten ca. 15 bis 18 Grafiker als abhängig Beschäftigte für die Klägerin zu 1). Neben der Klägerin zu 2) wurde in seltenen Fällen eine weitere freiberufliche Mitarbeiterin vor allem in Urlaubs- und Krankheitsfällen eingesetzt. Die Kernarbeitszeit in den Verlagen beträgt 09:00 bis 17:00 Uhr. Im Einzelfall konnte es sein, dass die Chefredaktion andere Arbeitszeiten vorgegeben hat, z. B. bedingt durch konkrete Erscheinungstermine von Zeitschriften.
5Die Klägerin zu 2) wurde für die Klägerin zu 1) fast ausschließlich als Layouterin im Rahmen der Erstellung der von der Klägerin zu 1) verlegten Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" tätig. In Ausnahmefällen war sie auch im Rahmen der Erstellung anderer von der Klägerin zu 1) verlegter Zeitschriften im Layout tätig. Bei der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" handelt es sich um ein wöchentlich erscheinendes Magazin. Die Klägerin zu 2) gestaltete in den jeweiligen Ausgaben der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" bestimmte immer wiederkehrende Seiten, insbesondere die Seiten "Mode" und "Deko / Mein Zuhause". Manchmal war sie zudem mit der grafischen Gestaltung anderer Seiten befasst, die aus aktuellem Anlass aktuelle Themen zum Gegenstand hatten. In der Regel gestaltete sie in einer Ausgabe der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" mehrere Seiten.
6Die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) trafen weder zu Beginn ihrer Zusammenarbeit noch zu einem späteren Zeitpunkt eine schriftliche Vereinbarung. Der Kontakt kam dadurch zustande, dass die Klägerin zu 2) sich zunächst auf eine Stelle als Grafikerin bei der Klägerin zu 1) beworben hatte. Die Klägerin zu 2) kam nach der Bewerbung jedoch zu dem persönlichen Entschluss, dass sie sich selbständig machen wollte. Nachdem sie sich selbständig gemacht hatte, fragte sie bei der Klägerin zu 1) wie auch bei verschiedenen anderen potentiellen Auftraggebern an, ob Interesse an einer freien Mitarbeit bestehen würde. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) wurde eine Vergütungsvereinbarung getroffen, nach der für die Tätigkeit im Verlag eine Tagespauschale in Höhe von 150 EUR an die Klägerin zu 2) zu zahlen sei und für die Arbeit, die die Klägerin zu 2) zu Hause für die Klägerin zu 1) leistet, eine Stundenvergütung in Höhe von 20 EUR. Die Klägerin zu 2) erstellte jeweils am Monatsende eine Rechnung, mit der sie zum einen die im jeweiligen Monat jeweils geleisteten Arbeitstage im Verlag mit der Tagespauschale von 150 EUR mit dem Zusatz "freie Mitarbeiterin / Grafikerin im Verlag", und zum anderen die jeweils zu Hause geleisteten Arbeitsstunden mit dem Zusatz "freie Mitarbeiterin / Grafikerin Home Office" mit dem Stundensatz von 20 EUR abrechnete.
7Der Klägerin zu 2) wurde nach Fertigstellung einer Ausgabe der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" jeweils mündlich mitgeteilt, welche Themen sie in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift bearbeiten könne. Manchmal wurde ihr dies von der Chefredakteurin, manchmal von einer für die angestellten Grafiker zuständigen Mitarbeiterin der Klägerin zu 1) mitgeteilt. Die Klägerin zu 2) erklärte ggf. ihr Einverständnis, die vorgeschlagenen Themen zu bearbeiten. Es war eher die Ausnahme, dass die Klägerin zu 2) ein Angebot für die Bearbeitung eines Themas für die Ausgabe der nächsten Woche ablehnte. Aufgabe der Klägerin zu 2) war die Gestaltung der gesamten Zeitschriftenseite entsprechend dem vorgegebenen Thema, wobei die Klägerin zu 2) für die Texte nicht zuständig war. Die Klägerin zu 2) führte die Vorarbeiten in der Regel zu Hause durch, insbesondere Recherchearbeiten, Zielgruppenanalyse, Vorauswahl von Bildern, Herunterladen von Bildern und Entwerfen von Basislayouts. Teilweise begann die Klägerin zu 2) mit der Erstellung des Layouts zu Hause, teilweise erst im Verlag. Wenn die Klägerin zu 2) einen Auftrag ausführte, war sie zwei Tage in der Woche im Betrieb tätig, nach Angaben der Klägerin zu 2) zumeist mittwochs und donnerstags, manchmal aber auch an anderen Tagen, was abhängig war von ihrer anderen Tätigkeit. Die Arbeitszeit der Klägerin zu 2) an den beiden Tagen, in denen sie im Verlag arbeitete, umfasste meistens insgesamt 16 Stunden. Die Stundenzahl, die sie zu Hause für die Klägerin zu 1) arbeitete, war sehr unterschiedlich. Im Durchschnitt arbeitete die Klägerin zu 2) vier bis fünf Stunden wöchentlich zu Hause für die Klägerin zu 1).
8Aufgabe der Klägerin zu 2) war die eigenständige Erstellung des Layouts der jeweiligen Zeitschriftenseite. Dazu gehörte die Gesamtkonzeption der Zeitschriftenseite einschließlich der Auswahl der Größe der Bilder, der Art der Bilder, der Anzahl der Bilder, des Hintergrundes und des Schriftbildes. Die dazugehörigen Texte wurden von dem jeweils zuständigen Redakteur verfasst, wobei bei den von der Klägerin bearbeiteten Themenseiten "Mode" und "Deko / Mein Zuhause" die textliche Aufbereitung darin bestand, dass die Firma, die das Produkt herausbringt, sowie der Preis genannt wurde und ggf. eine nähere Beschreibung des Produktes erfolgte. Es kam vor, dass Redakteure gegenüber der Klägerin zu 2) Wünsche äußerten, dass sie etwas Besonderes auf der Seite haben wollten, und die Klägerin zu 2) baten, ein entsprechendes Bild herauszusuchen.
9Die Klägerin zu 2) erstellte ein sogenanntes Rohlayout ohne die dazugehörigen Texte und leitete ihren Entwurf der Chefredaktion zu, die darüber entschied, ob es ausreichend war. Nach Angaben der Klägerin zu 2) gab es öfter Verbesserungsvorschläge und Änderungsvorschläge seitens der Chefredaktion. Teilweise wurden konkrete Veränderungen vorgeschlagen, wie der Austausch eines Bildes oder die Verwendung einer anderen Schriftart. Teilweise wurden allgemeine Verbesserungsvorschläge gemacht und es oblag der Klägerin zu 2), diese Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Das geänderte Layout musste der Chefredaktion wieder vorgelegt werden und von ihr abgesegnet werden. An-schließend wurde das Rohlayout von anderen Mitarbeitern der Klägerin zu 1) über die entsprechende Software weiter bearbeitet, insbesondere von der Redaktion die Texte reingeschrieben und von den Repro-Fachkräften die Bearbeitung der Bilder durchgeführt. Die Klägerin zu 2) konnte über das System mittels eines Notizzettels in der Bilddatei besondere Veränderungswünsche an die Mitarbeiter der Klägerin zu 1) weitergeben. Ansonsten war sie in die weitere Gestaltung der Zeitschriftenseite nicht mehr eingebunden.
10Soweit die Klägerin zu 2) im Verlag für die Klägerin zu 1) arbeitete, übte sie ihre Tätigkeit in einem Großraumbüro mit etwa 16 bis 20 Computerarbeitsplätzen aus. Dabei benutzte sie jeweils einen Computerarbeitsplatz, der nicht besetzt war. Der Vorteil der Ausführung der Erstellung des Layouts im Betrieb der Klägerin zu 1) lag nach Angaben der Klägerin zu 2) darin, dass dort ein wesentlich besseres technisches Equipment vorlag, so dass ein sehr viel schnelleres Arbeiten im Verlag möglich war. Die Klägerin zu 2) arbeitete im Rahmen der Erstellung der Layouts mit Dateien von erheblichem Umfang, so dass ein Kopieren der er¬heblichen Datenmengen aus dem Home Office auf die Server der Klägerin zu 1) mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden gewesen wäre. Insoweit erfolgte die Nutzung der Betriebsmittel der Klägerin zu 1) durch die Klägerin zu 2), um die großen Datenmengen arbeitsorganisatorisch optimiert bearbeiten und verschieben zu können. Zudem war der Klägerin zu 2) nur bei Ausübung der Tätigkeit in den Geschäftsräumen der Klägerin zu 1) der Zugriff auf umfangreiche verlagseigene Bilddatenbanken möglich.
11Die Klägerin zu 2) war in der Regel bei den Redaktionskonferenzen für die Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" nicht anwesend, weil daran nur die leitenden und verantwortlichen Personen, d. h. die Chefredakteurin, die Redakteure und der leitende Grafiker teilnahmen. Redaktionsschlusstag für die Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" war jeweils donnerstags. Die Klägerin zu 2) hatte nur während der üblichen Bürozeiten der Klägerin zu 1) Zutritt zum Betrieb der Klägerin zu 1). Soweit die Klägerin zu 2) verhindert war, ihre Tätigkeit auszufüh¬ren, unterrichtete sie die Chefredaktion. Der Klägerin zu 2) oblag nicht die Auswahl einer Ersatzkraft im Falle ihrer Verhinderung. Die Klägerin zu 1) hat alle in Rechnung gestellten Arbeitstage und Arbeitsstunden der Klägerin zu 2) bezahlt.
12Die Klägerin zu 2) beantragte am 03.07.2012 bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Dabei gab sie u. a. an, dass sie als freie Grafikerin arbeite, Layouts entwerfe und zuständig sei für die grafische Gestaltung einer Zeitschrift. Die Art und Weise, wie sie arbeite, sei nicht vorgegeben, da dies ein kreativer Beruf sei. Vereinbarung sei, dass sie an zwei Tagen pro Woche im Verlag arbeite und zusätzlich noch drei bis fünf Stunden von zu Hause arbeite. Die Klägerin zu 2) beantragte die Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin zu 1) am 20.07.2012 schriftlich mit, dass die Beauftragung der Klägerin zu 2) meist mündlich oder per Mail erfolge, dass die Klägerin zu 2) die Arbeiten persönlich ausführe, dass die Klägerin zu 2) keine Kostenbeteiligung trage soweit sie die Tätigkeit in den Räumen der Klägerin zu 1) ausführe und dass die Klägerin zu 2) nicht als Mitarbeiterin der Klägerin zu 1) auftrete. Die Klägerin zu 1) stellte ebenfalls den Antrag festzustellen, dass eine Beschäftigung nicht vorliege.
13Die Beklagte teilte im Rahmen der Anhörung am 29.08.2012 mit, dass beabsichtigt sei, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und die Feststellung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung zu erteilen. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass der Klägerin zu 2) ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt würde, für den sie keine Kostenbeteiligung trage, und dass sie eine erfolgsunabhängige Vergütung von 150 EUR täglich erhalte. Zudem sei die persönliche Leistungserbringung durch die Klägerin zu 2) die Regel und das Entscheidungsrecht liege bei der Chefredaktion. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche ferner, dass die Klägerin zu 2) mit weiteren Mitarbeitern der Klägerin zu 1) zusammenarbeite und eigenes Kapital in wesentlichem Umfang nicht von der Klägerin zu 2) eingesetzt werde.
14Die Klägerinnen zu 1) und zu 2) teilten im Rahmen der Anhörung u. a. mit, dass es für die Gestellung des Arbeitsplatzes und die Nutzung der verlagseigenen Software eine Kostenbeteiligung in Höhe von 50 EUR gebe, die mit dem Tageshonorar von 200 EUR direkt verrechnet werde, so dass sich die Tagespauschale von 150 EUR ergebe. Die Vergütung sei auch nicht erfolgsunabhängig, da nur drei Versuche einer ordnungsgemäßen Ausführung des erteilten Auftrages vergütet würden. Weitere Versuche gingen zu Lasten der Klägerin zu 2) und würden nicht vergütet, was tatsächlich nie vorgekommen sei. Eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern sei auf kurze Absprachen zwischen Grafiker und Redakteur beschränkt. Eine Zusammenarbeit komme aus Sicht der Klägerin zu 1) dann zustande, wenn eine Grafik der Klägerin zu 2) von der Chefredaktion angenommen werde und dann zur weiteren Bearbeitung in die Repro oder ins Layout ginge. Eigenes Kapital setze die Klägerin zu 2) insoweit ein, als sie einen eigenen Computer und eigene Grafikprogramme wie InDesign und Photoshop benötige, um Layouts entwerfen zu können. Hinzu kämen Kosten für Internet, Telefon, Büromöbel und Büromaterial.
15Mit an die Klägerin zu 1) und zu 2) gerichteten gleichlautenden Bescheiden vom 29.10.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Grafikerin bei der Klägerin zu 1) seit dem 28.03.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in diesem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Tätigkeit werde größtenteils am Betriebssitz der Auftraggeberin erbracht. Die Klägerin zu 2) nutze die technische Ausstattung der Klägerin zu 1), insbesondere die verlagseigene Software und auch die Verlagsdatenbanken. Sie sei innerhalb der üblichen Geschäftszeiten der Klägerin zu 1) tätig. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) liege damit vor. Dem stehe nicht entgegen, dass die Tätigkeit zeitweise auch zu Hause ausgeübt werde. Dies sei auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse möglich. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch der Umstand, dass die Klägerin zu 2) kein erhebliches Unternehmerrisiko trage, da sie für die geleistete Arbeit in jedem Fall eine Gegenleistung erhalte. Auch würden kein Kapital und keine Arbeitsmittel in nennenswertem Umfang mit dem Risiko eines Verlustes eingesetzt. Bei der Klägerin zu 2) sei keine über das Maß einer abhängigen Beschäftigung hinausgehende Verantwortung ersichtlich. Die Abänderung der Behauptungen beider Vertragspartner im Rahmen des Anhörungsverfahrens bezüglich der Kostenbeteiligung aufgrund der Bereitstellung eines Arbeitsplates bei der Klägerin zu 1) sei ohne Vorlage eines Nachweises erfolgt.
16Die Klägerin zu 1) erhob am 26.11.2012 gegen den an sie gerichteten Bescheid der Beklagten vom 29.10.2012 Widerspruch und trug zur Begründung vor, für eine selbständige Tätigkeit spreche der Umstand, dass die Klägerin zu 2) noch für andere Auftraggeber Aufträge ausführe und keiner Wettbewerbsbeschränkung oder Ausschließlichkeit unterliege. Da es sich bei der Tätigkeit der Klägerin zu 2) um eine Dienstleistung handele, sei der Einsatz von nennenswertem Kapital im Rahmen der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nicht erforderlich. Der Umstand, dass eine erfolgsunabhängige Vergütung gezahlt werde, spreche nicht gegen Selbständigkeit. Es sei die Regel, dass bei Dienstleistungsunternehmen erfolgsunabhängige Stundensätze bzw. Tagespauschalen vereinbart würden. Das letzte Entscheidungsrecht der Chefredaktion der Klägerin zu 1) stehe einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin zu 2) nicht entgegen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass beide Vertragsparteien von einer selbständigen Tätigkeit ausgehen würden.
17Die Klägerin zu 2) erhob am 27.11.2012 gegen den an sie gerichteten Bescheid vom 29.10.2012 Widerspruch und führte zur Begründung aus, die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände würden überwiegen. Sie habe die freie Wahl hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit. Das Honorar sei von ihr frei ausgehandelt worden und werde nur fällig, wenn tatsächlich eine Leistung erbracht worden sei. Krankheits- und urlaubsbedingte Ausfälle gingen zu ihren Lasten. Die Klägerin zu 2) setze Eigenmittel in Gestalt einer Büroausstattung, eines Hochleistungsrechners mit aufwendiger Software, eines Druckers sowie eines Fahrzeuges ein, um ihre Kunden aufsuchen zu können. Da sie keine Vergütung erhalte, wenn sie keinen Auftrag bekomme, trage sie ein unternehmerisches Risiko. Sie verfüge über Werbemittel, Flyer, Datenbanken etc. und bewerbe ihre Leistungen. Zudem werde sie nicht nur für die Klägerin zu 1), sondern auch für andere Auftraggeber tätig.
18Mit an die Klägerinnen zu 1) und zu 2) gerichteten Widerspruchsbescheiden vom 17.09.2013 wurden die Widersprüche der Klägerinnen zu 1) und zu 2) zurückgewiesen, weil ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Zur Begründung wurde ausgeführt, als Grafikerin obliege der Klägerin zu 2) die technische Umsetzung der Vorstellungen der Redaktion der Klägerin zu 1). Das Entscheidungsrecht über das von der Klägerin zu 2) gestaltete Layout liege bei der Redaktion der Klägerin zu 1). Letztlich müssten die Leistungen der Klägerin zu 2) den Vorstellungen der Redaktion entsprechen. Die Klägerin zu 2) realisiere lediglich die grafischen und funktionalen Vorstellungen der Klägerin zu 1). Die Arbeiten würden von der Klägerin zu 2) in der Hauptsache an einem Arbeitsplatz bei der Klägerin zu 1) erledigt, der ihr kostenfrei zur Verfügung gestellt würde. Die grundsätzlich bestehende freie Gestaltungsmöglichkeit hinsichtlich der Arbeitszeit werde durch die terminlichen Vorgaben begrenzt, die notwendig seien, um die Arbeitsabläufe in der Redaktion gewährleisten zu können. Ein erhebliches Unternehmerrisiko könne nicht daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin über einen eigenen Computer verfügen würde. Der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines solchen Gerätes sei nicht so hoch, dass damit ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden könne. Zudem würde die Klägerin zu 2) regelmäßig bei der Klägerin zu 1) tätig, wo ihr die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stünden. Die Klägerin zu 2) setze in der Hauptsache ihre eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig.
19Gegen diese Bescheide haben die Klägerinnen zu 1) und zu 2) am 16.10.2013 Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, die Gesamtwürdigung aller Umstände des zu beurteilenden Sachverhaltes ergebe, dass die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen würden. Dabei sei zunächst zu berücksichtigen, dass der tatsächliche Wille der Klägerinnen zu 1) und zu 2) darauf gerichtet gewesen sei, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. Aus diesem Grund hätten sie auch keinen Arbeitsvertrag geschlossen, sondern lediglich die Vereinbarung über die Vergütung der Klägerin zu 2) für den Fall der konkreten Beauftragung im Einzelfall. Zudem habe die Klägerin zu 2) nicht in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu der Klägerin zu 1) gestanden. Insoweit sei maßgeblich, ob eine Eingliederung in den Betrieb des vermeintlichen Arbeitgebers stattfinde und eine mit der Arbeitgeberstellung vergleichbare Weisungsbefugnis vorliege. Die Klägerin zu 2) sei hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der erhaltenen Aufträge vollkommen frei und keinem arbeitgeberseitigen Weisungs- oder Direktionsrecht der Klägerin zu 1) unterworfen gewesen. Die Klägerin zu 2) sei jeweils mit der Gestaltung und dem Entwurf des Layouts verschiedener Themenseiten beauftragt worden, wobei lediglich das Thema der Seite der nächsten Ausgabe der Zeitschrift vorgegeben worden sei. Die Klägerin zu 2) sei in ihrer Entscheidung frei gewesen, ob sie die entsprechenden Aufträge annimmt oder ablehnt. In der Gestaltung des Layouts sei die Klägerin zu 2) vollkommen frei gewesen. Sie habe bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit einen erheblichen eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum gehabt, den sie im Rahmen ihrer kreativen Tätigkeit vollständig ausgeschöpft habe. Die Art und Weise der Beauftragung und die vollkommen weisungsfreie Gestaltung der Layouts sprächen deutlich gegen das Bestehen einer arbeitgeberähnlichen Weisungsbefugnis und damit gegen das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung.
20Darüber hinaus sei die Klägerin zu 2) auch in der Wahl der Arbeitszeit grundsätzlich frei gewesen. Der Umstand, dass sie tatsächlich in der Regel mittwochs und donnerstags im Verlag anwesend gewesen sei, habe sich allein daraus ergeben, dass sie an den anderen Tagen der Woche wegen Ausübung einer anderen Tätigkeit verhindert gewesen sei. Einen Teil der Arbeiten habe die Klägerin zu 2) aufgrund eigener Entscheidung in ihrem Büro zu Hause ausgeführt, so dass auch hinsichtlich des Ortes der Arbeitsausführung kein Weisungsrecht der Klägerin zu 1) bestanden habe. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) seien jeweils separate Werkverträge geschlossen worden, die auch vertragstypisch abgewickelt worden seien. Die Klägerin zu 2) habe das von ihr jeweils erstellte Werk immer von der Klägerin zu 1) abnehmen lassen müssen. Erst nach Abnahme durch die Chefredaktion sei der Vergütungsanspruch entstanden.
21Eine Eingliederung der Klägerin zu 2) in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) habe nicht stattgefunden. Grund für die Nutzung der Betriebsmittel der Klägerin zu 1) sei darin zu sehen, dass dadurch eine pragmatische, ressourcenschonende Lösung geschaffen worden sei, um die großen Datenmengen arbeitsorganisatorisch optimiert bearbeiten und verschieben zu können. Es habe auch keine arbeitsteilige Tätigkeit im Sinne einer Zusammen¬arbeit mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zu 1) vorgelegen. Die Tatsache, dass die Klä¬gerin zu 1) Aufträge nicht an Dritte delegiert und selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt habe, sei dadurch bedingt, dass es der Klägerin zu 1) auf die besonderen kreativen Fähigkeiten gerade der Klägerin zu 2) angekommen sei. Die Klägerin zu 2) habe ein eigenes Unternehmerrisiko getragen, weil jederzeit die Möglichkeit des Ausfalles der Vergütung bestanden habe, wenn kein abnahmereifes Layout hergestellt worden wäre. Die Klägerin zu 2) habe zudem eigene Betriebsmittel wie einen Computer und eigene Software genutzt, um die entsprechenden Vorarbeiten zu Hause durchführen zu können. Schließlich spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass die Klägerin zu 2) Rechnungen erstellt habe, keine Urlaubsansprüche und keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gehabt habe, keine direkten Vorgesetzten gehabt habe und es keine Berichtspflichten bezüglich konkreter Arbeitszeiten vor Ort gegeben habe.
22Die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) beantragen,
23die Bescheide der Beklagten vom 29.10.2012 in Gestalt der Widerspruchs-bescheide vom 17.09.2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Grafikerin bei der Klägerin zu 1) seit dem 28.03.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und insoweit keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
24Die Beklagte beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Sie ist der Ansicht, die vom Gericht durchgeführten Ermittlungen stützten ihre Beurteilung, dass die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen würden. Ein Unterschied zwischen der Tätigkeit der Klägerin zu 2) und der Tätigkeiten der bei der Klägerin zu 1) angestellten Layouter könne nicht erkannt werden. Soweit die Klägerin zu 2) einen Teil der Arbeiten zu Hause erledige, käme dem nur eine untergeordnete Bedeutung zu, da die Tätigkeit schwerpunktmäßig im Verlag der Klägerin zu 1) ausgeübt werde.
27Das Gericht hat sämtliche Rechnungen beigezogen, die die Klägerin zu 2) gegenüber der Klägerin zu 1) in dem streitigen Zeitraum vom 28.03.2012 bis zum 31.03.2014 erstellt hat. Im Erörterungstermin vom 01.10.2015 ist die Klägerin zu 2) und der Geschäftsführer der Klägerin zu 1) zu den Einzelheiten der von der Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.10.2015 (Bl. 68 bis 75 der Gerichtsakte) Bezug genommen.
28Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der das Statusfeststellungsverfahren betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
29Entscheidungsgründe:
30Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
31Die gegenüber der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) ergangenen angefochtenen Bescheide vom 29.10.2012 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17.09.2013 sind nicht rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Klägerin zu 2) in dem streitigen Zeitraum vom 28.03.2012 bis zum 31.03.2014 ihre Tätigkeit als Grafikerin bei der Klägerin zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte und Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
321. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsför-derung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI; § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI; § 25 Abs. 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen, und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
33a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber besteht. Persönliche Abhängigkeit erfordert eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers. Insbesondere bei Diensten höherer Art kann dieses Weisungsrecht erheblich eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Auch bei Diensten höherer Art muss eine fremdbestimmte Dienstleistung verbleiben, d. h. die Dienstleistung muss zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 8). Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berück-sichtigen, z. B. auch die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses. Ausgangspunkt ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die daraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (vgl. BSG vom 28.09.2011 B 12 R 17/09 R).
34b) Für die hier zu beurteilende Tätigkeit einer Grafikerin in der Funktion einer Layouterin ist zu berücksichtigen, dass es sich grundsätzlich um eine Tätigkeit handelt, die sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung als auch als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden kann und für die die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsmerkmale Anwendung finden. Dabei ist der Besonderheit Rechnung zu tragen, dass Layouter unter Benutzung des PC mit besonders ausgerichteter Software und Programmen zur Grafikherstellung und Bildbearbeitung Druck- und Medienseiten erstellen und diese Tätigkeit mit einem eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum verbunden ist, der sie als künstlerische Berufstätigkeit qualifiziert. Dies gilt unabhängig davon, ob im Einzelfall (z. B. wegen der Eigenart des Produktes oder wegen konkreter Vorgaben des Auftraggebers) ein großer oder kleiner Gestaltungsspielraum verbleibt (vgl. BSG vom 12.11.2003 B 3 KR 8/03 R; BSG vom 07.07.2005 B 3 KR 37/04 R).
35c) Unerheblich für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit hinsichtlich der von der Klägerin zu 2) bei der Klägerin zu 1) ausgeübten Tätigkeit ist der Umstand, dass die Klägerin zu 2) nach ihren Angaben während des streitigen Zeitraumes noch Tätigkeiten für andere Auftraggeber und eine Teilzeittätigkeit im Umfang von 20 Wochenstunden im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübte. Grundsätzlich ist die Ausübung mehrerer Tätigkeiten nebeneinander vorstellbar, wobei regelmäßig der Status der einen Tätigkeit nicht denjenigen der anderen Tätigkeit beeinflusst. Es hat stets eine Bewertung des einzelnen Vertragsverhältnisses am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen (vgl. LSG NRW vom 28.03.2012 L 8 R 108/09; BSG vom 28.05.2008 B 12 KR 13/07 R). Dies gilt umso mehr, wenn – wie vorliegend – die von der Klägerin zu 2) beschriebenen anderen Auftragsverhältnisse (Erstellung von Flyern, Broschüren, Anzeigen, Logos, Gutscheinen, Visitenkarten) in keiner Weise mit der von der Klägerin zu 2) für die Klägerin zu 1) ausgeübten Tätigkeit vergleichbar sind.
362. Das Gericht legt seiner Beurteilung die Beschreibung der Tätigkeit zugrunde, wie sie im Wesentlichen übereinstimmend von der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) in den Terminen vom 01.10.2015 und 09.06.2016 sowie schriftsätzlich erfolgt ist. Danach arbeitete die Klägerin zu 2) fast ausschließlich im Rahmen der Erstellung der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" für die Klägerin zu 1) und erstellte für die jeweiligen Ausgaben der Zeitschrift das Layout für die Seiten "Mode" und "Deko / Mein Zuhause" sowie manchmal auch für eine Sonderseite, auf der ein aktuelles Thema zu bearbeiten war. In einigen Einzelfällen war sie auch für andere von der Klägerin zu 1) verlegte Zeitschriften im Layout tätig, wobei es sich um Ausnahmefälle handelte. Zu Beginn der Tätigkeit wurde mündlich vereinbart, dass die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit an zwei Tagen in der Woche im Verlag ausübt und darüber hinaus durchschnittlich vier bis fünf Stunden pro Woche zu Hause für die Klägerin zu 1) arbeitet. Zudem wurde am Anfang der Zusammenarbeit vereinbart, dass für die Arbeitstage im Verlag ein auszuzahlender Tagessatz in Höhe von 150 EUR und für die zu Hause geleisteten Arbeitsstunden eine Vergütung von 20 EUR pro Stunde gezahlt werden sollte.
373. Aus den mündlichen Vereinbarungen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) und der tatsächlich geübten Praxis der Zusammenarbeit ergibt sich, dass die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) das charakteristische Gepräge eines Dauerschuldverhältnisses aufweist. Dabei hatte man sich auf eine grundsätzliche, regelmäßige Zusammenarbeit geeinigt, wobei die Tätigkeit der Klägerin zu 2) als Layouterin für die Gestaltung bestimmter Zeitschriftenseiten im Rahmen der Erstellung der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" jeweils im Vordergrund stand und nur ausnahmsweise eine Tätigkeit der Klägerin zu 2) im Layout für andere Zeitschriften erfolgte. Der Annahme eines Dauerschuldverhältnisses steht nicht entgegen, dass die Klägerin zu 2) ausnahmsweise auch zusätzliche Aufträge für andere Zeitschriften des Verlages erhielt und dass der Klägerin zu 2) im Einzelfall das Recht zustand, die Erstellung eines Layouts für eine bestimmte Seite der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" abzulehnen. Trotz dieser der Klägerin zu 2) grundsätzlich eingeräumten Möglichkeit war sie kontinuierlich in die Layouterstellung für das Magazin "GLÜCKS REVUE" eingebunden, was sich insbesondere aus den vom Gericht beigezogenen Rechnungen der Klägerin zu 2) ergibt. Danach hat die Klägerin zu 2) in dem streitigen Zeitraum von Ende März 2012 bis Ende März 2014 durchgehend jeden Monat die Anwesenheitstage im Verlag und die geleisteten Arbeitsstunden zu Hause als "Home Office" abgerechnet und die erbrachten Tätigkeiten ab Juni 2012 zusätzlich dahingehend spezifiziert, dass sie ausschließlich Layouts für die einzelnen Ausgaben der "GLÜCKS REVUE" in Rechnung gestellt hat. Aus der Häufigkeit und der Kontinuität der Tätigkeit der Klägerin zu 1) im Rahmen der Erstellung der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" ergibt sich, dass eine dauerhafte Rechtsbeziehung und nicht eine Aneinanderreihung kurzfristiger, jeweils auf eine einzelne Ausgabe des Wochenmagazins "GLÜCKS REVUE" gerichteter Vertragsverhältnisse vorlag (vgl. zur Abgrenzung LSG NRW vom 30.04.2014 L 8 R 376/12; LSG vom 28.03.2012 L 8 R 108/09 m. w. N.). Dies wird durch die Angaben der Klägerin zu 2) im Rahmen der vom Gericht durchgeführten Anhörung bestätigt, wonach ihr nach Fertigstellung einer Ausgabe der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" jeweils die Themen für die nächste Ausgabe mitgeteilt worden seien und dass es eher die Ausnahme gewesen sei, dass sie das Angebot für die Bearbeitung der Themen für die Ausgabe der nächsten Woche abgelehnt habe.
384. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin zu 2) im Zeitraum vom 28.03.2012 bis zum 31.03.2014 ihre Tätigkeit als Grafikerin in der Funktion einer Layouterin bei der Klägerin zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat. Die von der Klägerin zu 2) ausgeübte Tätigkeit war entscheidend durch Aspekte geprägt, die für eine abhängige Be-schäftigung sprechen. Demgegenüber treten die eine selbständige Tätigkeit charakterisierenden Umstände im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung deutlich in den Hintergrund.
39a) Die Klägerin zu 2) war im Rahmen der Ausübung ihrer Tätigkeit überwiegend in den Betrieb der Klägerin zu 1) eingegliedert, was für eine abhängige Beschäftigung spricht. Sie übte ihre Tätigkeit als Layouterin ganz überwiegend in dem Verlag der Klägerin zu 1) in einem Großraumbüro aus, wobei sie jederzeit einen freien Computerarbeitsplatz nutzen konnte. Sie erstellte die Layouts unter Nutzung des technischen Equipments der Klägerin zu 1), wobei insbesondere die Nutzung der betriebseigenen Software für die Klägerin zu 2) nicht nur von Vorteil, sondern aus wirtschaftlichen Gründen und aus Gründen der Arbeitseffizienz notwendig war. Die Klägerin zu 2) hat insoweit mehrfach darauf hingewiesen und anschaulich geschildert, dass sie mit Dateien von erheblichem Umfang zu arbeiten hatte und nicht über entsprechende Internetverbindungen verfügte, um entsprechende Datenmengen aus ihrem Home Office auf die Server der Klägerin zu 1) zu kopieren. Dies wäre mit einem nicht zu vertretendem Zeitaufwand und Kostenaufwand verbunden gewesen. Zudem sei die Nutzung der Firmen-IT im lokalen Netzwerk wegen des notwendigen gleichzeitigen Zugriffes von Grafikern, Bildbearbeitern und Redakteuren auf die für Layout-Designs verwendete Software notwendig gewesen. Die Nutzung der IT-Infrastruktur im Betrieb der Klägerin zu 1) war auch aus dem Grund erforderlich, dass die Klägerin zu 1) über sehr umfangreiche verlagseigene Bilddatenbanken verfügt, auf die die Klägerin zu 2) von ihrem Home Office keinen Zugriff hatte. Eine Einbindung in die betrieblichen Abläufe ergibt sich zudem daraus, dass das von der Klägerin zu 2) erstellte Layout anschließend von weiteren Mitarbeitern der Klägerin zu 1) zu bearbeiten war. Die Nutzung der verlagseigenen Software ermöglichte die von der Klägerin zu 2) geschilderte Vorgehensweise, dass anschließend die Bildbearbeitung durch die Repro-Fachkräfte und die textliche Aufarbeitung durch die Redakteure der Klägerin zu 1) erfolgen konnte. Die Klägerin zu 2) konnte durch Verwendung der verlagseigenen Software ihre Verän-derungswünsche durch entsprechende Notizzettel in den Bilddateien weitergeben.
40Die organisatorische Einbindung der Klägerin zu 2) in die betrieblichen Abläufe der Klägerin zu 1) äußert sich auch dadurch, dass eine Zusammenarbeit mit der Chefredaktion und in eingeschränktem Umfang auch mit den zuständigen Redakteuren erforderlich war. Die Klägerin zu 2) übermittelte der Chefredaktion nach Fertigstellung des Rohlayouts den Entwurf der von ihr gestalteten Seite. Nach Angaben der Klägerin zu 2) gab es öfter Verbesserungsvorschläge und Änderungsvorschläge von Seiten der Chefredaktion, die eine entsprechende Kommunikation erforderlich machte. Diese Änderungsvorschläge waren teilweise sehr konkret, so dass beispielsweise lediglich ein Bild ausgetauscht oder eine andere Schriftart verwendet werden sollte. Teilweise wurden seitens der Chefredaktion Verbesserungsvorschläge allgemeiner Art gemacht, so dass die konkrete Umsetzung wiederum Ergebnis eines kreativen Gestaltungsaktes der Klägerin zu 2) war, so dass eine erneute Prüfung und Abnahme durch die Chefredaktion erfolgen musste. Dieses Prozedere erforderte Abstimmungsprozesse zwischen der Klägerin zu 2) und der Chefredaktion und eine entsprechende Integration in die betriebliche Organisation der Klägerin zu 1). Dies gilt auch für die erforderlichen Absprachen zwischen den zuständigen Redakteuren der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) im Vorfeld der Fertigstellung des Layouts. Nach den Angaben der Klägerin zu 2) kam es vor, dass Redakteure auf sie zukamen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Zeitschriftenseite geäußert haben. In diesem Zusammenhang hat auch der Geschäftsführer der Klägerin zu 1) im Rahmen der vom Gericht durchgeführten Anhörung darauf hingewiesen, dass der Vorteil der überwiegenden Ausführung der Tätigkeit der Klägerin zu 2) im Verlag darin bestanden habe, dass die notwendige Kommunikation dadurch deutlich einfacher gewesen sei.
41Somit setzte der überwiegende Teil der von der Klägerin zu 2) auszuführenden Tätigkeiten eine tatsächliche Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1) voraus. Gegen eine tatsächliche Eingliederung in den Betrieb spricht nicht der Gesichtspunkt, dass die Klägerin zu 2) in der Regel nicht an den Redaktionskonferenzen für die Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" teilgenommen hat. Nach Angaben der Klägerin zu 1) war es üblich, dass nur die leitenden und verantwortlichen Personen an der Redaktionskonferenz teilnahmen, d. h. die Chefredakteurin, die Redakteure und der leitende Grafiker. Da die Klägerin zu 2) nicht zu diesem Personenkreis gehörte, stellt die Nichtteilnahme an den Redaktionskonferenzen kein Indiz für eine fehlende betriebliche Eingliederung und für eine selbständige Tätigkeit dar.Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1) führt der Umstand, dass die tatsächliche Eingliederung in den Betrieb auch in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet war, weil nur so die großen Datenmengen arbeitsorganisatorisch optimiert bearbeitet und verschoben werden konnten, nicht dazu, dass die tatsächliche bestehende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin zu 1) in ihrer Bedeutung zurücktritt (vgl. BSG vom 11.03.2009 B 12 KR 21/07 R; LSG NRW vom 30.04.2014 L 8 R 376/12).
42b) Es lag keine Weisungsfreiheit der Klägerin zu 2) hinsichtlich des Ortes der Arbeitsausführung vor. Aufgrund der notwendigen Arbeit im Verlag mit der verlagseigenen Software und den verlagseigenen Bilddatenbanken sowie aufgrund der notwendigen Abstimmungsprozesse mit anderen Mitarbeitern des Verlages und der Chefredaktion unterlag die Klägerin zu 2) in örtlicher Hinsicht faktisch einer Bindung, den Hauptteil der Layouterstellung im Betrieb der Klägerin zu 1) durchzuführen. Für die Klägerin zu 2) bestand lediglich die Möglichkeit, bestimmte Vorarbeiten zu Hause vorzunehmen, insbesondere Recherchearbeiten, Zielgruppenanalyse, Auswahl von Bildern, Herunterladen von Bildern und die Erstellung von Basislayouts. Insoweit war zwischen der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) vereinbart, dass die Klägerin zu 2) notwendige Vorarbeiten im durchschnittlichen Umfang von vier bis fünf Stunden wöchentlich zu Hause durchführen konnte, während sie üblicherweise zwei Tage in der Woche die Tätigkeit im Verlag ausüben sollte. Diese Arbeitsaufteilung zwischen der Arbeit im Betrieb und der Arbeit zu Hause im Rahmen der technischen Möglichkeiten ist heutzutage durch die Einrichtung sogenannter Home-Office-Tage auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen weit verbreitet, und ist kein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit.
43c) Die Weisungsgebundenheit der Klägerin zu 2) hinsichtlich der Arbeitszeit war nicht erheblich ausgeprägt. Den Zeitpunkt der von der Klägerin zu 2) zu Hause durchzuführenden Vorarbeiten konnte die Klägerin zu 2) selbst bestimmen. Grundsätzlich konnte sie auch selbst entscheiden, an welchen Wochentagen sie im Verlag arbeitete und die Layouts für die Zeitschriftenseiten erstellte. Der Gestaltungsspielraum der Klägerin zu 2) hinsichtlich des Zeitpunkts der zu verrichtenden Arbeiten war jedoch eingeschränkt. Wegen der Abhängigkeit vom Erscheinungszeitpunkt der Zeitschrift "GLÜCKS REVUE" und dem insoweit vorgegebenen Redaktionsschlusstag (jeweils donnerstags) musste sie die von der Chefredaktion vorgegebenen Deadlines einhalten, damit die redaktionellen Arbeiten zeitgerecht abgeschlossen werden konnten. Dies führte in dem tatsächlich praktizierten Vertragsverhältnis dazu, dass die Klägerin zu 2) nach ihren Angaben faktisch zumeist mittwochs und donnerstags im Verlag arbeitete und meistens 16 Stunden Arbeitszeit an beiden Tagen leistete. In Abhängigkeit von ihrer anderen Tätigkeit arbeitete sie manchmal auch an anderen Tagen. Die eingeschränkte Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht spricht nicht entscheidend gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Die Klägerin zu 2) arbeitete im Durchschnitt an zwei Tagen im Verlag und vier bis fünf Stunden zu Hause für die Klägerin zu 1), was einer Teilzeittätigkeit mit einer durchschnittlichen Wochenstundenzahl von 20 bis 21 Stunden entspricht. Auch in abhängigen Beschäftigungen sind häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsysteme etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um z. B. einen schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiv einzusetzen (vgl. LSG NRW vom 30.04.2014 L 8 R 376/12 m. w. N.).
44d) Hinsichtlich der Art und Weise der auszuführenden Tätigkeit ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin zu 2) um eine künstlerische Tätigkeit handelte, der ein eigenschöpferischer, kreativer Gestaltungsspielraum immanent ist. Bei solchen Diensten ist es ebenso wie bei leitenden Angestellten, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch, dass nur ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht hinsichtlich der Ausübung der Tätigkeit gegeben ist. Danach werden nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch qualifizierte leitende Tätigkeiten und künstlerisch kreative Tätigkeiten im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. In diesen Fällen verfeinert sich das Weisungsrecht zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (BSG SozR 4-2600 § 1 Nr. 3 und Nr. 6; BSG vom 28.09.2011 B 12 R 17/09 R). Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist entgegen der Auffassung der Klägerinnen die weitgehend eigenständige Arbeitsausführung der Klägerin zu 2) und der Umstand, dass lediglich ein fachlicher Austausch mit anderen Mitarbeitern der Klägerin zu 1) stattfand, kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu 2). Maßgebend ist vielmehr, dass die Dienstleistung der Klägerin zu 2) in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgegangen ist. Der Klägerin zu 2) wurden die Themen der von ihr zu bearbeitenden Rubriken "Mode" und "Deko / Mein Zuhause" von der Chefredaktion vorgegeben. Aufgabe der Klägerin zu 2) war die Erstellung eines sogenannten Rohlayouts nach Maßgabe des vorgegebenen Themas. Der Entwurf des Layouts wurde der Chefredaktion vorgelegt bzw. übermittelt. Seitens der Chefredaktion wurden des Öfteren Verbesserungsvorschläge und Änderungsvorschläge gemacht, die die Klägerin zu 2) umzusetzen hatte. Das geänderte Layout musste die Klägerin zu 2) anschließend wieder in der Chefredaktion absegnen lassen. Danach erfolgte die Bildbearbeitung durch die Repro-Fachkräfte ggf. unter Berücksichtigung der Veränderungswünsche der Klägerin zu 2) und die textliche Aufarbeitung durch die Redakteure. Aus dem geschilderten Herstellungsprozess ergibt sich, dass die künstlerisch geprägte Dienstleistung der Klägerin zu 2) in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung aufgegangen ist und eine funktionsgerecht dienende Teilhabe am Produktionsprozess vorlag.
45e) Die für eine selbständige Tätigkeit der Klägerin zu 2) sprechenden Umstände sind nicht in einem Maße vorhanden, dass sie die vorangegangenen Umstände im Rahmen der Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit relevanten Umstände überwiegen würden.
46Aus der der Klägerin zu 2) grundsätzlich eingeräumten Möglichkeit, die Erstellung des Layouts für die Zeitschriftenseiten "Mode" und "Deko / Mein Zuhause" abzulehnen, folgt nicht, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich entsprechende Ablehnungen von Angeboten der Klägerin zu 1) angesichts des durch die Rechnungen dokumentierten Umfanges der tatsächlichen Inanspruchnahme der Klägerin zu 2) und nach den Ausführungen der Klägerin zu 2) auf Ausnahmefälle beschränkt haben und für die Vertragsbeziehung der Klägerin zu 1) und der Klägerin zu 2) nicht prägend waren. Die Klägerin zu 2) hat insoweit im Rahmen der gerichtlichen Anhörung angegeben, dass sie immer bestimmte Seiten, nämlich die Seiten "Mode" und "Deko / Mein Zuhause" und manchmal besondere Seiten bearbeitet habe und es eher die Ausnahme gewesen sei, dass sie das Angebot für die Bearbeitung eines Themas für die Ausgabe der nächsten Woche abgelehnt habe. Zudem spricht das Recht zur Ablehnung von einzelnen Arbeitsangeboten bzw. Arbeitsaufträgen nicht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses bzw. einer abhängigen Beschäftigung (vgl. LSG NRW vom 22.04.2015 L 8 R 680/12 m. w. N.; LSG NRW vom 30.04.2014 L 8 R 376/12).
47Ein für eine selbständige Tätigkeit sprechendes maßgebliches Unternehmerrisiko der Klägerin zu 2) liegt nicht vor. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ist die Übernahme eines Unternehmerrisikos nur dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken bei der Einkommenserzielung verbunden sind, d. h. damit eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten einhergeht (vgl. BSG vom 11.03.2009 B 12 KR 21/07 R; BSG vom 28.05.2008 B 12 KR 13/07 R).
48Ein Unternehmerrisiko in diesem Sinne stellt das von der Klägerin zu 1) im Klageverfahren dargelegte Korrekturlimit von drei Versuchen zur ordnungsgemäßen Ausführung des Layouts nicht dar. Abgesehen davon, dass – eine entsprechende Vereinbarung unterstellt – die vereinbarte Zeitvergütung nach Angaben der Klägerin zu 2) tatsächlich ausnahmslos entsprechend der Rechnungslegungen der Klägerin zu 2) in vollem Umfang von der Klägerin zu 1) gezahlt wurde, ergeben sich aus einem Korrekturlimit von drei Korrekturversuchen keine größeren Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfanges bezüglich des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft.
49Ein Unternehmerrisiko lag auch nicht insoweit vor, dass der Klägerin zu 2) die Mög-lichkeit eingeräumt gewesen wäre, die Arbeiten für die Klägerin zu 1) nicht höchstpersönlich, sondern durch eigenes Personal erledigen zu lassen, was als Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu werten wäre. Mit der Einstellung von Personal sind unabhängig von der Auftragslage laufende Ausgaben und wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und die damit letztendlich ein Unternehmerrisiko darstellen (vgl. LSG Urteil vom 30.04.2014 L 8 R 981/12 m. w. N.).
50Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbordung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist ebenfalls nur dann ein Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächlich Chancen einer weiteren Einkommenserzielung verbunden sind, wofür keine Anhaltspunkte vorliegen (vgl. BSG vom 11.03.2009 B 12 KR 21/07 R; LSG NRW vom 04.12.2013 L 8 R 296/10).
51Für eine selbständige Tätigkeit spricht in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Klägerin zu 2) in gewissem Umfang eigenes Kapital eingesetzt hat, und zwar auch insoweit, als sie für die Klägerin zu 1) tätig geworden ist. Das von ihr in ihrer Wohnung eingerichtete Home Office nutzte sie entsprechend der Vereinbarung mit der Klägerin zu 1) auch für betriebliche Zwecke der Klägerin zu 1), indem sie Vorarbeiten im Zusammenhang mit der Erstellung der Layouts dort durchführte. Somit handelte es sich bei den von der Klägerin zu 2) selbst beschafften Betriebsmitteln wie Computer, Laptop und Software um einen Vermögenseinsatz, der auch im Zusammenhang mit der für die Klägerin zu 2) ausgeübten Tätigkeit stand. Diesem Umstand kommt im Rahmen der Gesamtabwägung aber nur eine untergeordnete Bedeutung zu, weil die Klägerin zu 2) ihre eigenen Betriebsmittel im Rahmen der für die Klägerin zu 1) ausgeübten Tätigkeit nur in untergeordnetem Umfang eingesetzt hat und ganz überwiegend das verlagseigene technische Equipment der Klägerin zu 1) genutzt hat.
52Das Erstellen von Rechnungen durch die Klägerin zu 2) ist kein für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit sprechendes Indiz, da es letztlich nur Folge der fehlerhaften Annahme ist, dass die Klägerin zu 2) eine selbständige Tätigkeit für die Klägerin zu 1) ausübte.
53f) In der Gesamtabwägung überwiegen aufgrund der weitgehenden Eingliederung der Klägerin zu 2) in den Betrieb der Klägerin zu 1), der Erbringung der fremdbestimmten Dienstleistung in einer von der Klägerin zu 2) vorgegebenen Ordnung des Betriebes, der weitgehenden Weisungsgebundenheit der Klägerin zu 2) hinsichtlich des Arbeitsortes, der gelockerten Weisungsgebundenheit bezüglich der Arbeitszeit und auf¬grund des geringen unternehmerischen Risikos der Klägerin zu 2) deutlich die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung der Klägerin zu 2) sprechen.
54Der Wille und die Vereinbarung der Klägerinnen, dass die Klägerin zu 2) selbständig tätig sein solle, ist alleine nicht geeignet, eine Selbständigkeit zu begründen. Entscheidend sind vielmehr die maßgeblichen Grundlagen. Nur wenn der Abwägungsprozess – was hier aus den genannten Gründen nicht der Fall ist – kein Überwiegen von Gesichtspunkten für den Status einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit ergibt, gibt der Wille der Beteiligten den Ausschlag. Ansonsten unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG Beschluss vom 20.05.1996 1 BvR 21/96). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht dadurch mittelbar zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (vgl. LSG NRW vom 30.09.2015 L 8 R 584/11). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es aus, über die rechtliche Einordnung allein aufgrund des Willens der Vertragsparteien, ihrer Vereinbarungen und ihrer Vorstellungen zu entscheiden (vgl. BSG vom 18.12.2001 B 12 KR 8/01 R; BSG vom 24.01.2007 B 12 KR 31/06 R).
555. Da ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorlag, bestand nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach § 25 Abs. 1 SGB III Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht besteht ab dem 28.03.2012, da die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) seit diesem Zeitpunkt ausgeübt hat. Die Voraussetzung für einen späteren Beginn nach § 7 Abs. 6 SGB IV liegen nicht vor, da eine Antragstellung auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt ist. Da die Klägerin zu 2) ihre Tätigkeit für die Klägerin zu 1) zum 31.03.2014 beendete, besteht die Versicherungspflicht nur bis zu diesem Zeitpunkt.
56Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da die Klägerin zu 2) nicht zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehört und eine Kostenentscheidung nur einheitlich ergehen kann.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Duisburg Urteil, 09. Juni 2016 - S 10 R 1073/13
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(1) Versicherungspflichtig sind
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, - 4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, - 10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren, - 11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend, - 11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch - a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder - b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
- 12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben, - 13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und - a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder - b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.
(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für
- 1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder - 2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.
(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.
(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.
(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.
(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.
(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.
(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.
(10) nicht belegt
(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.
(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind, - 4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen, - 10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen, - 12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.
(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.
(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.
(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.
Versicherungspflichtig sind
- 1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort, - 2.
behinderte Menschen, die - a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
- 3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, - 3a.
(weggefallen) - 4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
- 1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
Tenor
-
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
-
Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
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Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
-
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.
- 2
-
Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.
- 3
-
Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.
- 4
-
Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
- 5
-
Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".
- 6
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Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.
- 7
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Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.
- 8
-
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
- 9
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
- 10
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.
- 11
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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
- 13
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1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.
- 14
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Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.
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2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.
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a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").
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c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.
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aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.
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Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.
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Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.
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bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).
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Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.
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Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.
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cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.
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Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.
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Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.
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Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.
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3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.
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Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.3.2012 geändert. Unter entsprechender Teilaufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 wird festgestellt, dass die Klägerin für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.10.2009 nicht wegen einer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob für die von der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübte Tätigkeit als Hygieneauditorin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
3Die 1976 geborene Klägerin ist Diplom-Ökotrophologin. Seit dem 1.4.2007 ist sie als solche freiberuflich in der Ernährungswirtschaft sowie im Rahmen der Ernährungsberatung für eine hausärztliche Praxis in N und als Dozentin in der Erwachsenenbildung tätig. Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Prüf-, Testier- und Zertifizierungsunternehmen, welches sich u.a. mit der Prüfung der Einhaltung von Hygienestandards der Lebensmittelbranche im Bereich der gesamten Nahrungsmittelkette, angefangen vom Tierfutter über die Tierhaltung bis zur Produktion und zum Verkauf in Lebensmittelmärkten beschäftigt. Im letztgenannten Bereich bietet die Beigeladene zu 1) ihren Endkunden u.a. in vertraglich vereinbarten Zeitabständen visuelle Hygienekontrollen einschließlich mikrobiologischer Probenentnahmen und Etikettierungskontrollen für Filialen selbständiger Einzelhändler oder Regiebetriebe entsprechender Einzelhandelsketten an. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird ein Hygienezertifikat vergeben. Die Hygienekontrollen werden dabei auf der Grundlage sog. "T-Checklisten" (nachfolgend: Checklisten) durchgeführt, die die Beigeladene zu 1) gemäß den Kundenwünschen, den Zertifizierungsvoraussetzungen und den gesetzlichen Vorgaben zusammenstellt. Nach Kontrolle und Probenentnahme wird ein Abschlussgespräch mit dem jeweiligen Verantwortlichen vor Ort geführt und ein (vorläufiger) (Mängel-)Bericht überlassen. Die gewonnenen Ergebnisse erfasst die Beigeladene zu 1) in einer Datenbank, zu welcher der Endkunde Zugriffsrechte erhält. Für die Ausführung der angebotenen Leistungen setzt die Beigeladene zu 1) sog. Auditoren ein, von denen sie acht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und 33 als sog. freie Mitarbeiter beschäftigt. Die letztgenannten Auditoren - unter ihnen die Klägerin - sind regional verteilt; für Nordrhein-Westfalen sind neun freie Mitarbeiter tätig.
4Die Klägerin schloss mit der Beigeladenen zu 1) am 1. bzw. 16.10.2009 eine Rahmenvereinbarung, in der es auszugsweise wie folgt heißt:
5"1. Vereinbarungsgegenstand
61.1 Der Auftragnehmer übernimmt mit Wirkung zum 1.10.2009 für den Auftragsgeber die Durchführung von Kontrolltätigkeiten gemäß Anlage 1.
71.2 Die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung gem. Punkt 1.1 nach Art, Ziel und Umfang ergeben sich aus den jeweiligen Einzelaufträgen.
81.3 Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, den Auftragnehmer gem. Punkt 1.1 zu beauftragen; gleichfalls ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, ihm vom Auftraggeber angetragene Aufgaben zu übernehmen.
91.4 Der Auftragnehmer hat das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
102. Weisungsrecht
112.1 Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der von ihm übernommenen Aufgaben gem. Punkt 1 keinen Weisungen des Auftraggebers. Er ist vielmehr hinsichtlich der Durchführung der Rahmenvereinbarung frei.
122.2. Nicht als Weisungen im vorstehenden Sinne gelten jedoch allgemein von dem Auftraggeber erlassene Regelungen, die auf dem Betriebsgelände für jeden Dritten (z.B. Sicherheitsanforderungen, Verkehrsregelungen, etc.) gelten sowie sonstige Vorgaben, die für die Durchführung der Tätigkeit dem Auftragnehmer in allgemeiner Form gegeben werden.
132.3 Im Gegenzug ist der Auftragnehmer nicht befugt, gegenüber Mitarbeitern des Auftraggebers irgendwelche Weisungen auszusprechen.
143. Durchführung der Rahmenvereinbarung
153.1. [ ]
163.2 Der Auftragnehmer hat bei einer evtl. Unterbeauftragung bzw. Einschaltung von Dritten mit Ausnahme evtl. eigener Arbeitskräfte die vorherige schriftliche Zustimmung des Auftraggebers einzuholen, die dieser nur aus wichtigem Grund verweigern darf.
173.3 Der Auftraggeber wird den Auftraggeber - sofern erforderlich - rechtzeitig über die für seine Tätigkeiten relevanten betrieblichen Gegebenheiten informieren, Hintergrundinformationen mitteilen und gegebenenfalls erforderliche Unterlagen übergeben.
183.4 Sofern zwischen den Parteien ein Terminplan/Fristen vereinbart wurde, kommt der Auftragnehmer bei Nichterfüllung einer fälligen Leistung ohne gesonderte Mahnung in Verzug.
193.5 Beabsichtigt der Auftragnehmer, einen Auftrag für den Auftraggeber gemäß Punkt 1.3 nicht zu übernehmen, so hat er dies dem Auftraggeber unverzüglich nach Auftragsübermittlung mündlich oder schriftlich mitzuteilen.
203.6 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich auf dem vertragsgegenständlichen Gebiet fortzubilden und insofern im Rahmen der Durchführung der Vereinbarung den jeweils neuesten Stand der Entwicklung und Erkenntnisse zu berücksichtigen und einfließen zu lassen.
213.7 Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er die nötigen Qualifikationen, Zulassung etc. für die ordnungsgemäße Durchführung der Kontrollen hat.
224. Erfüllungsort
23Der Auftragnehmer ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes frei, sofern sich nicht aus der Besonderheit der übernommenen Tätigkeit etwas anderes notwendigerweise ergibt.
245. Arbeitszeit
255.1 Der Auftragnehmer unterliegt hinsichtlich seiner Arbeitszeit keinen Beschränkungen oder Auflagen des Auftraggebers. Der Auftraggeber erstellt für den Auftraggeber jeweils monatlich eine Liste der zu erfüllenden Aufträge. In der Einteilung seiner Zeit zur Erfüllung seiner Aufgaben ist der Auftragnehmer frei und vereinbart selbstständig die Termine. Sollte der jeweilige Zeitplan vom Auftragnehmer nicht eingehalten werden können, wird er den Auftraggeber hierüber rechtzeitig und unverzüglich unterrichten unter Angabe eines nächstmöglichen Nachholtermins.
265.2 Generell wird der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine länger andauernde Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit jeweils schnellstmöglich anzeigen. [ ].
277. Honorar
287.1 Der Auftragnehmer erhält für die von ihm übernommene und erledigte Tätigkeit eine entsprechend vereinbarte Vergütung gemäß Anlage 1. Der Auftragnehmer wird die Aufstellung der geleisteten Tätigkeiten der Rechnung gemäß Punkt 8.1 als Anlage beifügen.
297.2. Die Regelung des § 616 BGB (Vergütungspflicht bei vorübergehender Dienstverhinderung) wird ausdrücklich ausgeschlossen.
308. Rechnungsstellung/Zahlung
318.1 Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber jeweils bis zum 25. eines Monats für den vorhergehenden Monat eine Rechnung übermitteln unter offenem Ausweis der gesetzlichen Umsatzsteuer.
328.2 Der entsprechende Rechnungsbetrag ist vom Auftraggeber innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang ohne Abzüge mit schuldbefreiender Wirkung auf ein vom Auftragnehmer noch zu benennendes Konto dort eingehend zu überweisen.
338.3 Mit der Zahlung der Vergütung und der eventuell zu erstattenden Reisekosten sowie sonstigen Aufwendungen sind die Leistungen des Auftragnehmers gemäß Punkt 1.1 abgegolten.
349. Reisekosten und sonstige Aufwendungen
35Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen ist in der Anlage 1 geregelt.
3610. Haftung
3710.1 Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers beschränken sich zunächst auf Nachbesserung. Sollte dies nicht möglich sein, mindert sich das Honorar des Auftragnehmers entsprechend.
3810.2 Im Übrigen haftet der Auftragnehmer nach den gesetzlichen Bestimmungen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
3911. Sozialversicherung/Steuern/Abgaben
4011.1 Nach Aussage des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber hat er den Status eines selbständigen Unternehmers und ist damit nicht sozialversicherungspflichtig. Der Auftragnehmer wird kurzfristig mit der BfA eine Klärung seines Status herbeiführen. Der Auftraggeber ist unverzüglich darüber zu unterrichten. Sollte ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt werden, so hat der Auftraggeber in Abweichung von Punkt 16 im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ein Recht zur sofortigen Kündigung dieser Rahmenvereinbarung. Der Auftragnehmer ermächtigt den Auftraggeber, das Ergebnis der Prüfung selbst bei der zuständigen Stelle zu erfragen und weitere sachdienliche Hinweise geben zu dürfen. Der Auftraggeber wird im Übrigen - soweit möglich - den Auftragnehmer im Rahmen der versicherungsrechtlichen Klärung unterstützen.
4111.2 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, dem Auftraggeber Kenntnis von allen weiteren Beschäftigungen und Aufträgen zu verschaffen und ihm hierüber im Falle der Durchführung eines Prüfverfahrens durch die BfA Unterlagen und Belege zur Verfügung zu stellen. Änderungen der Verhältnisse des Auftragnehmers sind dem Auftraggeber unverzüglich und unaufgefordert schriftlich anzuzeigen. Verstößt der Auftraggeber gegen seine Verpflichtung gemäß Punkt 11.2 kann der Auftraggeber die Auftragnehmer-Anteile zur Sozialversicherung rückerstattet und künftig erstattet verlangen, falls die BfA nach der Vermutungswirkung des § 7 Abs. 4 SGB IV ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt. [ ]."
42Im Übrigen wird auf den Inhalt des Vertrags und seine Anlagen Bezug genommen.
43Am 28.10.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Sie übe für die Beigeladene zu 1) die Tätigkeit eines Auditors Lebensmittel/Hygiene aus. Sie führe selbständig sog. Hygiene-Audits (Hygienekontrollen) und Probennahmen (z.B. bei Fleischwaren) vor Ort im Lebensmitteleinzelhandel durch. Anhand einer Checkliste würden verschiedene Kriterien überprüft wie z.B. Personalhygiene, Ordnung und Sauberkeit der Räume und Kühlhäuser, Temperaturkontrolle der Produkte, Rohstoffe und Kühlgeräte und Kennzeichnungskontrollen (Überprüfung der Etiketten bzw. Preisschilder) an Lebensmitteln. Sie habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Sie könne entscheiden, wann, wo und wie viel sie arbeite. Dies seien durchschnittlich 15 bis 20 Stunden pro Woche. Im Fall der Verhinderung müsse sie niemanden informieren. Sie könne die Aufträge ohne Grund jederzeit stornieren. Eine Vertretung müsse von ihr nicht gestellt werden. Die Aufträge erhalte sie per Mail bzw. über ein SAP-Programm. Bei den Kunden trete sie im Namen des Auftraggebers auf. Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit würden nicht erteilt. Eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern finde nicht statt. Es gebe aber telefonische Rücksprachen zum Erfahrungsaustausch. Übergaben, Kontrollen und Abnahmen ihrer Arbeit gebe es nicht. Für die Tätigkeit würden bestimmte Arbeitsmitteln benötigt, von denen die Beigeladene zu 1) ihr lediglich Styroporkartons und Kühlakkus zur Versendung der Proben, Stomacherbeutel, Rodacplatten und Frachtbriefe zur Verfügung stelle.
44Die Beklagte hörte sie mit Schreiben vom 7.1.2010 zum Erlass eines Bescheides an, mit welchem sie beabsichtigte, das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.2009 festzustellen. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Klägerin nach Auftragsannahme vorgeschriebene Arbeitstage und -zeiten einzuhalten habe. Sie werde bei den Kunden des Auftraggebers tätig und somit eingesetzt, um dessen vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Sie sei dadurch in seine Arbeitsorganisation eingegliedert. Es würden Fahrtkosten erstattet. Zudem trete sie als Mitarbeiterin des Auftraggebers auf und habe entsprechende Arbeitskleidung tragen. Demgegenüber seien Merkmale für eine selbständige Tätigkeit nicht ersichtlich.
45Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass die Beklagte den Sachverhalt teilweise falsch wiedergegeben habe. Arbeitstage und Arbeitszeiten würden ihr nicht vorgeschrieben. Das Tragen einer weißen Oberbekleidung sei in der Lebensmittelbranche durch den Gesetzgeber vorgeschrieben. Sie stelle für ihre Leistung ordnungsgemäß eine Rechnung an die Beigeladene zu 1), die die gesetzliche Mehrwertsteuer ausweise. Fahrtkosten seien bereits im Pauschalbetrag enthalten. Sie zahle Umsatz- und Einkommensteuer anstelle von Lohnsteuer. Sie führe Geschäftsbücher und habe eine eigene Buchhaltung.
46Die Beigeladene zu 1) teilte auf die Anhörung mit, dass ein unternehmerisches Risiko der Klägerin darin liege, keine weiteren Aufträge akquirieren zu können. Zudem hafte sie auf Schadensersatz. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub. Es bestehe keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation. Die Arbeitszeit werde frei gestaltet.
47Mit Bescheid vom 1.3.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.10.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht, da die Klägerin ihm nicht zugestimmt habe.
48Am 22.3.2010 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein. Sie wiederholte und vertiefte ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Sie kontrolliere vorwiegend Edeka-Märkte. Es gebe dafür eine Checkliste mit ca. 200 Punkten, die in dem jeweiligen Einzelhandelsgeschäft überprüft werde. Sie ziehe zudem Proben in den Geschäften und überprüfe die Dokumente. Die Proben würden nach I in das Labor der Beigeladenen zu 1) verschickt, wo sie ausgewertet würden. Am Ende der Dokumentenprüfung und Probenentnahmen schreibe sie einen (vorläufigen) Bericht für das jeweilige Einzelhandelsgeschäft, welcher der Beigeladenen zu 1) in digitaler Form zur Verfügung gestellt werde. Von der Beigeladenen zu 1) werde ihr nur vorgegeben, wo die Kontrollen durchzuführen seien. Sie erhalte ein Pauschalhonorar, welches unabhängig davon sei, wie viel Zeit sie in einem Markt tatsächlich verbringe. Sie trete nicht als Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) auf. Sie nutze ihren eigenen Pkw.
49Mit Datum vom 18.5.2010 änderte die Beklagte zunächst den Bescheid vom 1.3.2010 dahingehend ab, dass in der seit dem 1.10.2009 ausgeübten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.8.2010 wies sie den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid ging der Klägerin am 25.8.2010 zu.
50Dagegen hat die Klägerin am 27.9.2010 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zu berücksichtigen sei zudem, dass sie die Pauschalpreise einzeln mit dem Zeugen X ausgehandelt habe.
51Die Klägerin hat beantragt,
52die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 zu verurteilen festzustellen, dass ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen selbständig ausgeübt wird.
53Die Beklagte hat beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Sie hat zunächst auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Es sei von einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) auszugehen. Die Endkunden würden die Beigeladene zu 1) mit der Prüfung der Einhaltung der Hygienestandards beauftragen, welche diese weiterleite. Sofern die Klägerin diese Aufträge annehme, sei die Erledigung fristgebunden. Zwar stehe es ihr frei, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Jedoch werde damit lediglich die Entschließungsfreiheit begründet, nach Ende einer Vertragsbeziehung eine neue zu begründen oder abzulehnen. Bestehende Freiheiten hinsichtlich der Terminierung der einzelnen Prüfungen würden dagegen nicht über die Freiheit einer abhängig Beschäftigten hinausgehen. Die Klägerin habe zudem unter Verwendung der durch die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel Proben entnommen, die dann auf Kosten der Beigeladenen zu 1) in deren Labor untersucht würden. Sie habe die Leistungen zwar nicht persönlich erbringen müssen. Allerdings wäre beim Einsatz dritter Arbeitskräfte zunächst die schriftliche Zustimmung des Auftraggebers erforderlich gewesen, der diese erst nach Prüfung der fachspezifischen Eignung der Person erteile. Dies spreche eindeutig gegen eine Selbständigkeit der Klägerin, die als Selbständige die fachliche Eignung des von ihr eingesetzten Personals selbst prüfen müsste.
56Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen. Ihren bisherigen Vortrag vertiefend hat sie ausgeführt, dass die Klägerin ihre Aufträge per E-Mail bzw. über ein SAP-Programm erhalte. Der Zeitraum, der für die Aufträge angesetzt werde, werde vermerkt. Innerhalb dieses Zeitrahmens könne sie ihre Tätigkeit frei einteilen. Sie sei nicht in den Betriebsablauf eingegliedert. Sie plane die Routen für die von ihr übernommenen Aufträge selbst und könne die für sie optimale Gestaltung im Hinblick auf einen möglichst geringen Zeitaufwand und Fahrweg frei wählen. Sie trage auch ein unternehmerisches Risiko, denn bei mangelnden Aufträgen erziele sie kein Einkommen. Die Klägerin verfüge über eigene Büroräume und damit über eine eigene Betriebsstätte.
57Mit Beschluss vom 7.12.2010 hat das SG die Beigeladene zu 1) beigeladen und mit Urteil vom 27.3.2012 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
58Die Klägerin hat gegen das ihr am 13.4.2012 zugestellte Urteil am 9.5.2012 und die Beigeladene zu 1) hat gegen das ihr ebenfalls am 13.4.2012 zugestellte Urteil am 4.5.2012 Berufung eingelegt. Klägerin und Beigeladene zu 1) wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend tragen sie vor, dass das SG zu Unrecht den Willen der vertragsschließenden Parteien nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt habe. Ferner schließe die auszuübende Tätigkeit aufgrund ihrer Art und Komplexität Weisungen der Beigeladenen zu 1) aus. Die Klägerin habe ein unternehmerisches Risiko. Sie habe einen Dienstwagen im Wert von 15.000 Euro, eine Kühlbox für ca. 50 Euro, mobile Drucker für etwa 300 Euro und Arbeitskleidung für 200 bis 300 Euro angeschafft. Hinzu kämen Verbrauchsutensilien sowie weitere Gegenstände, wie etwa ein Thermometer, das alleine etwa 200 bis 300 Euro koste. In ihrem Betriebsvermögen befänden sich zwei Laptops, wobei sie extra für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) zwei mobile Drucker sowie einen Laptop angeschafft habe, auf dem sie eine spezielle Software habe installieren müssen. Ergänzend verweisen sie insbesondere auf ein Urteil des BSG v. 28.9.2011 (B 12 R 17/09 R, USK 2011-125).
59Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) beantragen,
60das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.3.2012 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 festzustellen, dass für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.2009 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
61Die Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
64Mit Beschluss vom 14.11.2012 hat der Senat die Beigeladenen zu 2) bis 4) beigeladen. Auf Anforderung hat die Klägerin einige Einzelaufträge, Rechnungen, exemplarische Audit-Berichte und ihre Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 sowie die Beigeladene zu 1) ihren Integritäts- und Berufskodex eingereicht.
65Der Senat hat am 29.10.2013 ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt, in diesem die Klägerin angehört und den präsenten Zeugen X, der als Divisionsmanager für den Außendienst der Beigeladenen zu 1) zuständig ist, uneidlich vernommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 5.3.2014 hat der Senat die Klägerin und den Vertreter der Beigeladenen zu 1) angehört sowie die Zeugen X und X1, den Disponenten der Beigeladenen zu 1), uneidlich vorgenommen. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
66Im Nachgang hat die Beigeladene zu 1) auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass die angestellten Auditoren ausgehend von ihrem Wohnort in einem sog. Home Office regional im Umkreis von ca. 150 Kilometern (km) und auch überregional in Deutschland eingesetzt würden. Dies setze der zuständige Einsatzplaner (Disponent) anhand der Qualifikation und Auftragslage in Abstimmung mit dem disziplinarischen Vorgesetzten fest. Sie verfügten überwiegend über ein abgeschlossenes Studium, mehrjährige Berufserfahrung und müssten ihre Qualifikation über Seminare und Trainings erhalten. Ihnen würden Dienstfahrzeug (einschließlich der Verbrauchskosten), EDV (Hard-/Software), Mobilfunkgerät und Büromaterialien zur Verfügung gestellt. Exemplarische Anstellungsverträge hat die Beigeladene zu 1) vorgelegt. Die Planung der zu prüfenden Märkte erfolge durch die angestellten Auditoren wöchentlich, wobei dies in Absprache mit dem Disponenten erfolge. Ihnen werde die Route vorgeplant. Sie müssten die Wochenplanung abarbeiten. Alle Prüfaufträge hätten einen Endtermin, der bei der Wochenplanung zu berücksichtigen sei. Ad hoc-Aufträge könnten zu einer kurzfristigen Änderung der Wochenplanung führen. Die festangestellten Mitarbeiter seien verpflichtet, ihre Prüfberichte und Checklisten täglich in die EDV der Beigeladenen zu 1) hochzuladen. Die Disposition überprüfe, ob die Wochenplanung abgearbeitet werde. Die festangestellten Auditoren seien verpflichtet, die Beigeladene zu 1) zu kontaktieren, wenn ein Markt nicht entsprechend der Vorplanung besucht werden könne und einen täglichen Stundennachweis/Tagesbericht auszufüllen, der wöchentlich zum disziplinarischen Vorgesetzten gesandt werde. Die Audits fänden bei angestellten Mitarbeitern vorwiegend montags bis donnerstags statt. Freitags werde die Wochenplanung für die nächste Woche erstellt. Ein freier Auditor erhalte hingegen Angebote für Aufträge gemäß Rahmenvereinbarung und Qualifikation unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben. Er könne diese ablehnen oder annehmen. Freien Mitarbeitern würden die Aufträge Anfang Januar eines jeden Jahres mitgeteilt und es stehe hinsichtlich der daraus gewählten Aufträge zur Durchführung ein Zeitraum von mehreren Monaten zur Verfügung. Eine Überprüfung bzgl. des Fortschritts der übernommenen Aufträge finde hinsichtlich der freien Mitarbeiter nicht statt. Es werde lediglich am Enddatum geprüft, ob durch den freien Mitarbeiter übernommene Aufträge noch offen seien. Der Disponent könne jedoch den Auftragsstand der freien Auditoren über das SAP-System abrufen. Folgender Status sei ersichtlich "angenommen, in Planung, abgelehnt, erledigt". Über das Hochladen der Prüfberichte nach Erledigung des Auftrages sei es für die Beigeladene zu 1) erkennbar, dass dieser Prüfauftrag durch den freien Mitarbeiter bereits erledigt worden sei.
67Im weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.4.2014 hat der Senat den Beigeladenen zu 1) angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen X und des präsenten Zeugen T, Teamleiter des Customer Services der Beigeladenen zu 1). Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
69Entscheidungsgründe:
70Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
71Die nach §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässigen Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des SG Münster vom 27.3.2012 sind hinsichtlich des bereits für den Monat Oktober 2009 festgestellten Beginns der Versicherungspflicht begründet, für die Zeit fortlaufend ab November 2009 allerdings unbegründet.
72Das SG hat die Klage dabei zunächst zu Recht für zulässig erachtet. Sie ist insbesondere fristgerecht durch die Klägerin eingelegt worden. Ihrer Prozessbevollmächtigten ist der Widerspruchsbescheid vom 20.8.2010 am 25.8.2010 zugegangen. Damit endete die Klagefrist grundsätzlich am 25.9.2010. Da es sich dabei jedoch um einen Sonnabend gehandelt hat, lief sie erst am ersten darauffolgenden Werktag und somit am 27.9.2010 ab. Damit ist die Frist von einem Monat durch Einreichung der Klage am 27.9.2010 gewahrt worden, §§ 87 Abs. 1, 2, 85 Abs. 3, 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGG.
73Für die Zeit ab November 2009 hat das SG die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 verletzen die Klägerin nur hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht im Oktober 2009 nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Im Übrigen sind die streitgegenständlichen Bescheide jedoch rechtmäßig. Die Beklagte hat insofern nach § 7a Abs. 1 SGB IV bezüglich der von der Klägerin ab November 2009 ausgeübten Beschäftigung als Hygiene-Auditorin bei der Beigeladenen zu 1) rechtmäßig die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen. Die Versicherungspflicht ergibt sich in der Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Kranken- und Pflegeversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, da die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt ist.
74Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
75Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
76Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
77Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das SG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin seit November 2009 fortlaufend bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt ist. Der Senat geht dabei nach der Beweisaufnahme für die Bewertung der vertraglichen wie der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) von den insoweit übereinstimmenden Angaben der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und den glaubhaften Bekundungen der glaubwürdigen Zeugen X, X1 und T sowie den von den Beteiligten eingereichten Unterlagen aus.
78Danach stellt sich das gelebte Vertragsverhältnis so dar, dass der Customer Service der Beigeladenen zu 1) nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen T zunächst mit dem Endkunden den Inhalt der jeweiligen Projekte aushandelt. Es werden dort u.a. die Zahl der Kontrollen, ihr Inhalt und die anzuwendenden Systeme festgelegt. Auf Grundlage der mit dem Endkunden getroffenen Vereinbarungen und der gesetzlichen Vorgaben erstellt der Customer Service die von den Auditoren abzuarbeitenden Checklisten. Die Aufträge werden dann unter Angabe der im Einzelfall zur Durchführung der Aufträge bei dem jeweiligen Auditor benötigten Qualifikationen an den zur Verteilung zuständigen Außendienst weitergeleitet.
79Im Außendienst sind u.a. der Zeuge X als Divisionmanager und damit disziplinarischer Vorgesetzter der Teamleiter, die wiederum ihrerseits disziplinarische Vorgesetzte der festangestellten Auditoren sind, und der Zeuge X1 als Disponent tätig und für die Verteilung zuständig. Die Auswahl des jeweils einzusetzenden Auditors erfolgt durch den Disponenten zum einen nach der erforderlichen Qualifikation und zum anderen nach der Ortsnähe des Auditors zum Prüfbetrieb, denn die Aufträge werden grundsätzlich nach Postleitzahlen vergeben. Dabei werden Aufträge zunächst an festangestellte Mitarbeiter verteilt. Danach werden die Aufträge den sog. freien Mitarbeitern per E-Mail angeboten. Zu Beginn eines Jahres bietet die Beigeladene zu 1) dabei üblicherweise Auftragspakete an, in denen sie die Prüfungen diverser Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte auflistet, für deren Bearbeitung jeweils mehrere Monate bzw. teilweise ein Zeitraum bis Ende November eines Jahres zur Verfügung stehen. Diese Form des Paketangebots erfolgt ausschließlich individuell. Darüber hinaus ergeben sich Angebote im laufenden Jahr, die sich ebenso an mehrere Auditoren wenden können und für die bei Annahme ebenfalls teils mehrere Wochen und teils mehrere Monate Bearbeitungsdauer gewährt werden. Die Klägerin hat teilweise Angebote der Beigeladenen zu 1) im Paket, einzelne Aufträge daraus sowie einzeln angebotene Aufträge nicht angenommen bzw. zurückgegeben.
80Die Beigeladene zu 1) unterhält ein Internetportal, zu welchem die einzelnen Auditoren einen geschützten Zugang erhalten. Einblick in Aufträge anderer Auditoren wird ihnen nicht gewährt; der Disponent der Beigeladenen zu 1) hat umfassenden Zugriff. Die Auditoren können dort die ihnen angebotenen Aufträge und den Auftragsstatus ersehen, der mit "angenommen", "in Planung", "abgelehnt" und "erledigt" bezeichnet wird. Sie fragen zudem die benötigten Zusatzinformationen ab und erhalten die durch den Customer Service erstellten Checklisten. Der Projektleiter bzw. Projektmanager im Customer Service ist zudem Ansprechpartner für die Auditoren bei Rückfragen. Diese fachliche Leitung ist für freie wie für festangestellte Auditoren identisch. Bei den Auditoren, die auf Grund einer Rahmenvereinbarung für die Beigeladene zu 1) tätig sind, wird zur Prüfung des Auftragsfortschritts nach Aussage des Zeugen X ein regelmäßiges Monitoring durchgeführt. Erscheint die Auftragserfüllung bis zum Endzeitpunkt nicht mehr realistisch, hält die Beigeladene zu 1) mit dem betroffenen Auditor Rücksprache.
81Vor Ort führt die Klägerin namens der Beigeladenen zu 1) unangemeldet die Kontrolle durch, wobei sie die zur Verfügung gestellte Checkliste abarbeitet. Sie fertigt einen vorläufigen Bericht, der mit dem Marktleiter besprochen wird. Diesen Bericht lädt sie in die Datenbank der Beigeladenen zu 1) hoch, welche ihr die dafür benötigte Software zur Verfügung stellt. Die entnommenen Proben leitet sie an das Labor der Beigeladenen zu 1) weiter, wo sie analysiert werden. Ihre Leistungen enden grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt und werden von ihr sodann in Rechnung gestellt.
82In der Regel wird die Probenanalyse nach Eingabe der Ergebnisse durch die EDV der Beigeladenen zu 1) automatisch generiert und ggf. in den vorläufigen Bericht integriert. Die hochgeladenen Berichte der Auditoren durchlaufen einen sog. Technical Review nach dem Vier-Augen-Prinzip durch den Customer Service, der die Plausibilität des Audits überprüft. Im Anschluss an den beanstandungslosen Technical Review wird im Customer Service entschieden, ob dem Endkunden eine Zertifizierung erteilt wird. Diese wird dann ggf. mit dem Bericht an den Kunden geleitet. Werden hingegen Mängel des Berichtes festgestellt, kommt es zu einer Rücksprache. Diese wird zum Teil über den Teamleiter und zum Teil unmittelbar mit dem betroffenen Auditor selbst durchgeführt. Dabei hat der Zeuge T glaubhaft bekundet, dass er diesbezüglich im Prozedere keinen Unterschied zwischen festangestellten und sog. freien Auditoren macht. Nach den weiteren Erläuterungen des Zeugen T führt der Customer Service zudem Jahresgespräche mit den Endkunden. Dort kommt es vor, dass Bitten oder Beschwerden geäußert werden, die er sodann für die Einsatzplanung an den Zeugen X weitergibt. Es gibt im Customer Service jedoch kein System, mit dem Fehlerhäufungen einzelner Auditoren festgehalten werden. Sog. freie Auditoren erhalten nach den glaubhaften Angaben des Zeugen X zwar keine Leistungsbeurteilungen und es wird für sie auch keine dokumentierte Evaluation durchgeführt, allerdings werden Erfahrungswerte über die Zusammenarbeit mit ihnen gesammelt.
83Diese Grundlage in Verbindung mit den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen sind Ausgangspunkt der Prüfung zunächst die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Dabei ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit daraus erwachsenden Leistungspflichten ihrerseits für die Beigeladene zu 1) tätig geworden. Dieses Dauerschuldverhältnis haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1) allerdings nicht bereits durch ihre Vereinbarung vom 1. bzw. 16.10.2009 begründet. Hierbei handelt es sich aus Sicht des Senats vielmehr um einen Rahmenvertrag. Ein solcher eröffnet eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung, legt jedoch (im Voraus) nur bestimmte Einzelheiten künftig noch abzuschließender Verträge fest [BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil v. 30.4.1992, VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978]. Das ist vorliegend der Fall. Die Vertragsparteien haben sich nach dem Wortlaut der Vereinbarung in dieser gerade noch nicht auf eine Leistungspflicht der Klägerin und damit korrespondierend auf ein allgemeines Heranziehungsrecht der Beigeladenen zu 1) geeinigt. Nach Ziff. 1.3 der Vereinbarung war weder die Beigeladene zu 1) verpflichtet, die Klägerin zu beauftragen, noch die Klägerin verpflichtet, angetragene Aufträge anzunehmen. Dafür spricht auch, dass der jeweilige tatsächliche Vertragsgegenstand erst noch konkretisiert werden musste (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.2.2012, L 11 KR 3007/11, juris). Es standen nach dem Vertrag weder Dauer, Ort noch die konkrete Anzahl der "Einzelaufträge" fest, die abgewickelt werden sollten. Daher vereinbarten die Vertragsparteien in Ziff. 1.2 der Vereinbarung zudem, dass sich die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung nach Art, Ziel und Umfang aus den jeweiligen Einzelaufträgen ergeben werden.
84Werden jedoch "unter dem Dach" eines Rahmenvertrags einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse begründet, sind grundsätzlich jeweils nur diese einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu bewerten (BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.). Der Rahmenvertrag tritt daher - trotz der sich vorliegend daraus ergebenden Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit (z.B. Weisungsfreiheit in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht, kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation, Firmenwagen und Überstundenvergütung, keine feste Arbeitszeit, kein festes monatliches Gehalt, Rechnungsstellung mit USt.) - in den Hintergrund und übt damit keinen maßgeblichen Einfluss mehr auf die Beurteilung der konkreten Beauftragung aus.
85Die vorliegend zu beurteilende Ausgestaltung von tatsächlicher Beauftragung und Durchführung dieser "Einzelaufträge" stellt sich allerdings nicht als "kurzes" Vertragsverhältnis im o.g. Sinne dar. Denn bei den durch die Beigeladene zu 1) erteilten Paketaufträgen und den üblicherweise vorgegebenen monatelangen Laufzeiten kann der Senat diese nur als sich "überschneidende" und damit jährliche Auftragsverhältnisse werten, die bei wertender Betrachtung zu einem einheitlichem Dauerschuldverhältnis zusammenzufassen sind. Dass sich darunter zusätzlich sog. Ad hoc-Aufträge befinden, die von der Klägerin kurzfristig abzuarbeiten sind, hindert diese Einschätzung nicht. Die bereits begründete dauerhafte Leistungspflicht der Klägerin wird dadurch lediglich überlagert, ist aber nicht anders zu beurteilen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass grundsätzlich Auftragslaufzeiten maximal bis Ende November eines jeden Jahres angesetzt werden. Nach übereinstimmender Auskunft der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) sowie nach Einsicht in das Fahrtenbuch der Klägerin für das Jahr 2012 steht für den Senat fest, dass üblicherweise im Dezember eines Jahres die noch offenen Kontrollen abgearbeitet werden, so dass diesbezüglich keine Beauftragungslücke entsteht und eine durchgängige Leistung der Klägerin erfolgt. Da nach Angaben der Klägerin, denen die übrigen Beteiligten nicht entgegengetreten sind und an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, die erste Beauftragung erst im November 2009 stattgefunden hat, besteht für den Oktober 2009 keine Versicherungspflicht.
86Im Rahmen des festgestellten Sachverhaltes und des o.g. Prüfungsmaßstabs zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem eines abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegendem Umfang vorhanden sind.
87Nach dem festgestellten Sachverhalt ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass die Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert ist und dabei deren Weisungsrecht unterliegt.
88Für die Beurteilung, ob jemand in einer von anderer Seite vorgegebenen Arbeitsorganisation eingegliedert ist, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des Vertragsverhältnisses im Hinblick hierauf bestanden (BSG, Urteil v. 12.2.2004, B 12 KR 26/02 R, juris; BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Die Klägerin ist zunächst in einen fremden Betrieb, nämlich in den der Beigeladenen zu 1) und folglich in eine ihr einseitig durch diese vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Dagegen spricht zunächst nicht, dass sie nicht am Sitz der Beigeladenen zu 1) tätig ist, sondern maßgeblich bei deren Endkunden und in einem sog. Home-Office. Denn insoweit besteht kein Unterschied zu den unstreitig abhängig beschäftigten Auditoren der Beigeladenen zu 1).
89Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass sie nicht wie die angestellten Auditoren einer mit dem Disponenten abgestimmten Wochen- und vorgegebenen Routenplanung unterliegt. Sie erhält auch keine schriftliche Leistungsbeurteilung und hat keinen sog. disziplinarischen Vorgesetzten. Ihr werden weder Dienstwagen, Dienstausweis bzw. Visitenkarten zur Verfügung gestellt noch das Home-Office ausgestattet und sie unterliegt auch nicht der Schulungspflicht wie festangestellte Auditoren.
90Diese Umstände stehen der Annahme einer Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) jedoch nicht durchgreifend entgegen. Zunächst kann die Klägerin ihre Tätigkeit nur über die Beigeladene zu 1) ausüben, da diese über die dafür nötigen Zertifizierungen verfügt, sie aber nicht. Ihr allein wäre es daher nicht möglich, auf dem Markt erfolgreich entsprechende Leistungen anzubieten. Sie bedarf dafür zudem des Rückgriffs auf Kundenstamm, Know-how (Checklisten) und Infrastruktur (Labor) der Beigeladenen zu 1). Dies bestätigend hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr das Material für die Probenentnahmen von der Beigeladenen zu 1) gestellt werden müsse, da diese ihr nicht zugänglich seien.
91Die Klägerin ist ferner in die elektronische Infrastruktur der Beigeladenen zu 1) eingebunden. Über das Internetportal der Beigeladenen zu 1), zu welchem ihr Zugriffsrechte erteilt wurden, muss sich die Klägerin zunächst die auszuführenden Checklisten herunterladen, die sie dann bei dem Endkunden der Beigeladenen zu 1) abarbeitet. Zudem lädt sie mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Software ihre Berichte in die Datenbank der Beigeladenen zu 1) hoch.
92Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin lediglich ein von der Beigeladenen zu 1) vorgehaltenes System ohne Vorliegen weiterer, für eine Einbindung in die organisatorische Einheit des "Systemgebers" sprechende Umstände, nutze (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., m.V.a BSG, SozR 4-2600 § 2 Nr. 15; Franchise-System: BSG, SozR 4-2600 § 2 Nr. 12; Charterflug-Netz: BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Dienste einer privaten Pflege-Agentur: BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Denn dieser Annahme steht die tatsächliche Ausgestaltung des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses entgegen.
93Zunächst nutzt die Beigeladene zu 1) die von der Klägerin und die über sie erhaltenden Daten zur Auftragsüberwachung. Sie registriert in ihrer Datenbank die jedem Auditor angebotenen Aufträge und damit auch die der Klägerin. Der Status der Aufträge wird mit "angenommen", "in Planung", "abgelehnt" und "erledigt" gekennzeichnet. Aus den von der Klägerin hochgeladenen Auditberichten kann zudem teilweise Beginn und Ende des Audits vor Ort ersehen werden (vorgelegter Auditbericht vom 19.4.2010). Es erfolgt über diese Datenbank eine ständige und für die Beigeladene zu 1) verfolgbare Rückkopplung. Sie kann dort ersehen, ob und wie oft die Klägerin ihr angebotene Aufträge en bloc oder einzeln annimmt, sie ablehnt oder durch Hochladen ihrer Auditberichte Erledigung anzeigt. Der Klägerin gewährt die Beigeladene zu 1) einen geschützten Zugriff und stellt ihr die benötigte Software zur Verfügung. Diese Rückkopplung nutzt die Beigeladene zu 1) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade dazu, den Fortschritt der Auftragsabwicklung der sog. freien Auditoren und damit auch den der Klägerin zu überwachen. Der Zeuge X hat von einem sog. regelmäßigen Monitoring zur Prüfung des Auftragsfortschritts und Rücksprachen für den Fall gesprochen, dass eine rechtzeitige Auftragsabwicklung nicht mehr realistisch erscheint. Zudem werden Erfahrungswerte bezüglich der sog. freien Auditoren durchaus registriert, auch wenn dies nicht durch eine dokumentierte Evaluation erfolgt. Ergänzend hat der Zeuge T bekundet, dass im Rahmen der Jahresgespräche mit den Endkunden deren Wünsche oder Beschwerden über die Auditoren an den Zeugen X weitergeleitet werden. Daraus zeigt sich, dass auch die sog. freien Auditoren und damit auch die Klägerin Bestandteil eines umfangreichen Qualitätssicherungsmanagement der Beigeladenen zu 1) sind.
94Die Klägerin ist ferner in die Arbeitsabläufe der Beigeladenen zu 1) eingebunden und wird darin im Wege arbeitsteiligen Zusammenwirkens eingesetzt. Sie erhält die seitens des Customer Service der Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe der Kundenwünsche, Zertifizierungsnotwendigkeiten und gesetzlichen Vorgaben erstellten Checklisten und führt diese vor Ort aus. Dabei fertigt sie lediglich einen vorläufigen Bericht, da in diesen die Analyse der entnommenen Proben noch nicht eingeflossen ist. Mit dem Hochladen dieser Berichtsversion ist grundsätzlich ihre (Teil-)Leistung erfüllt. Bei der Beigeladenen zu 1) werden anschließend die Probenentnahmen analysiert, dem Bericht zugeführt und sodann die Ergebnisse im Rahmen des Technical Review überprüft. Bei Mängeln erfolgt eine Rücksprache. Ferner stehen Qualifizierungsmaßnahmen der Beigeladenen zu 1) auch der Klägerin, mit Ausnahme des sog. Career Centers, (unentgeltlich) offen.
95Der Einwand, dass die Umstände der klägerischen Leistung als nicht für eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale anzusehen seien, weil die Einbindung der Klägerin über das sich allein aus der Art der zu leistenden Tätigkeit ergebende Maß nicht hinausgegangen sei, kann gleichfalls nicht überzeugen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurücktritt, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O., juris).
96Die Klägerin unterliegt daran anknüpfend einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit.
97Die Art der Tätigkeit bestimmt sich jeweils aus den von der Beigeladenen zu 1) zu den jeweiligen Prüfmärkten erstellten Checklisten und den fachlichen Weisungen der Projektmanager. Bei den durch den Customer Service erstellten Checklisten handelt es sich um Einzelweisungen an den jeweiligen Auditor. Da die Auftragsvergabe an die einzelnen Auditoren jedoch erst nach Checklistenerstellung und Auftragsweiterleitung erfolgt, ist im Zeitpunkt der Erstellung noch unbekannt, ob die Checklisten einem festangestellten oder einem sog. freien Auditor zur Verfügung gestellt werden, d.h. sie weisen in beiden Konstellationen eine identische Weisungsdichte auf. Da diese Checklisten zudem das genaue Prüfprogramm darstellen, welches die Beigeladene zu 1) mit ihrem Endkunden vereinbart hat, ist jeder Auditor und damit auch die Klägerin verpflichtet, sie genauestens abzuarbeiten. Gestaltungsfreiheiten obliegen ihr diesbezüglich gerade nicht. Entsprechendes ist auch nicht vorgetragen worden. Würde die Beigeladene zu 1) diese zulassen, wäre die von ihr auf die Klägerin ausgelagerte Leistung nicht mehr im Rahmen des dem Endkunden geschuldeten Gesamtergebnisses nutzbar. Vor dem Hintergrund des umfangreichen Prüfprogramms, welches die zusammengestellten Checklisten enthalten, können sie aus Sicht des Senats auch nicht mehr als lediglich den groben Inhalt der Tätigkeit vorgebende "Eckpunkte" qualifiziert werden, die zwar eine geminderte Autonomie hervorrufen, von denen aber gerade nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden kann (dazu: BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.).
98Der Ort der auszuführenden Tätigkeit ergibt sich aus dem angenommenen Auftrag. Das gilt sowohl für die Klägerin als auch für die bei der Beigeladenen zu 1) festangestellten Auditoren. Zudem schränkt die Beigeladene zu 1) durch die regionale Aufteilung der freien Auditoren und die entsprechende Steuerung der Auftragsangebote nach Postleitzahlen den Ort der Tätigkeit ein.
99In zeitlicher Hinsicht mag die Weisungsdichte gegenüber der Klägerin geringer sein als diejenige gegenüber den festangestellten Auditoren der Beigeladenen zu 1). Insbesondere ist sie nicht einer stringenten Wochen- und Routenplanung durch die Beigeladene zu 1) unterworfen. Die Klägerin ist damit nur verpflichtet, die Aufträge binnen eines oftmals großzügig vorgegebenen Zeitfensters abzuarbeiten. Allerdings verfolgt die Beigeladene zu 1) den Fortschritt der Auftragsabarbeitung im Wege eines Monitorings und schreitet bei Gefährdung der Zeitvorgabe ein. Im Hinblick darauf gebietet die gelockerte Weisungsdichte (lediglich) im Bereich der Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Arbeitszeit nicht die Beurteilung, die Klägerin sei selbstständig. Denn es ist unbedenklich möglich, innerhalb eines Unternehmens verschiedene Gruppen von abhängig Beschäftigten auch bei ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich dichten Weisungen zu unterwerfen, ohne dass dies sozialversicherungsrechtlich statusrelevant wird.
100Die Klägerin beziffert zudem den Umfang ihrer Tätigkeit auf bis zu 20 Wochenstunden, was einer Teilzeittätigkeit entspricht. Es sind gerade auch in abhängigen Beschäftigungen häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsystem etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um zum Beispiel zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiver einzusetzen (Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris).
101Soweit die Klägerin einwendet, dass ihr bislang keine Weisungen erteilt worden seien, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn der Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris; Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12).
102Letztlich ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr. seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr. 2 zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG SozR 3-2940 § 3 Nr. 2 S. 9 m.w.N.; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 S. 80; vgl. - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr. BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr. 48 S. 125; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S. 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6 Rdnr. 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (BSG, Urteil v. 18.12.2001, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O, juris). Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten.
103Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, liegen nicht vor.
104Die Tätigkeit wird von allen Auditoren vor Ort beim Endkunden bzw. im Home-Office durchgeführt. Vor diesem Hintergrund ist der Tatsache, dass die Klägerin über eine eigene Betriebsstätte, nämlich ein Büro mit Lagermöglichkeiten für die entnommenen Proben, verfügt, kein maßgebliches Gewicht zuzubilligen. Auch die weiteren Indizien für eine selbständige Tätigkeit, nämlich die steuerliche Erfassung als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die Rechnungsstellung mit Mehrwertsteuer und das Vorhalten einer Buchhaltung, weisen kein überwiegendes Gewicht in der Gesamtabwägung auf.
105Alsdann ist zur Überzeugung des Senats ein Unternehmerrisiko der Klägerin nicht in erheblichem Umfang festzustellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (Senat, Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O., juris). Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.).
106Die Klägerin erhält eine pauschale Vergütung nach Rechnungsstellung. Über den praktizierten Abrechnungsmodus wird ein regelmäßiger Zahlungsfluss sichergestellt. Aufgrund der stetigen Auftragslage setzt die Klägerin ihre Arbeitskraft damit nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Das Risiko, dass die Beigeladene zu 1) nicht oder verspätet die Rechnungen begleicht, entspricht dem Risiko eines abhängigen Beschäftigten, dessen Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug gerät.
107Das weitere Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, jeweils juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
108Zwar hat die Klägerin eigenes Kapital aufgewandt. Sie hat zunächst Betriebsmittel angeschafft, die sie steuerlich als Betriebsausgaben geltend macht. Dazu gehören ein Pkw im Wert von 15.000,00 Euro sowie PC, Drucker, Arbeitskleidung sowie weitere benötigte Verbrauchsutensilien und Büromaterialien. Zudem hat sie sich ein Arbeitszimmer eingerichtet. Sie hat ferner in ihre Fortbildung insoweit investiert, als sie zur Teilnahme an den von der Beigeladenen zu 1) - im Übrigen kostenfrei - angebotenen Schulungen Fahrt- und Übernachtungskosten selbst tragen musste.
109Dem Einsatz des eigenen Fahrzeugs ist allerdings kein maßgebliches Gewicht beizumessen. Denn auch viele Arbeitnehmer nutzen zumindest den eigenen Pkw, um den Weg zur Arbeit anzutreten (vgl. Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 532/10, juris; BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5).
110Eine Steigerung der unternehmerischen Chancen kann die Klägerin im Rahmen dieser Investitionen ferner kaum generieren. Denn mangels eigener Zertifizierung ist sie zunächst auf die Aufträge der Beigeladenen zu 1) angewiesen und kann sich keinen eigenen Kundenstamm aufbauen. Die angebotenen Aufträge beschränken sich grundsätzlich auf ortsnahe Prüfobjekte, so dass eine Vergrößerung des Prüfradius nicht in Betracht kommt. Auftragspakete werden grundsätzlich nicht mehreren Auditoren gleichzeitig angeboten, sondern durch die Beigeladene zu 1) zugeteilt. Damit ist es der Klägerin auch nicht möglich, durch schnellen und geschickten Zugriff auf die gesamten Angebote ihren Verdienst zu steigern. Die Klägerin selbst hat die Frage des Senates, ob sie von sich aus freie Kapazitäten mitgeteilt habe, verneint.
111Verdienststeigerungen sind ihr damit nur in äußerst geringem Maße möglich, so z.B. mit einer verbrauchssparenden Routenplanung. Dabei zeigt eine Einsicht in das Fahrtenbuch der Klägerin für das Jahre 2012 allerdings exemplarisch, dass sie an vielen Tagen lediglich einen Markt, mehrfach zwei und selten drei Märkte an einem Tag geprüft hat, was die entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten als eher gering erscheinen lässt.
112In beschränktem Maße bieten sich unternehmerische Chancen über den Besuch von Schulungen, denn über den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen kann die Klägerin sich weitere Auftragsgebiete erschließen. Allerdings haben auch abhängig beschäftigte Auditoren die Möglichkeit, durch Verbesserung ihrer Qualifikation Gehaltssteigerungen zu erzielen. Da sich die auf die Schulungen entfallenden Fahrt- und Unterbringungskosten zudem nach der vorgelegten BWA-Jahresübersicht der Jahre 2009 bis 2012 auf Beträge zwischen 0,00 Euro bis 220,99 Euro jährlich belaufen, fällt das Investitionsvolumen nicht so maßgeblich ins Gewicht, dass vor diesem Hintergrund zwingend von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen wäre.
113Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Haftung auf Schadensersatz bei Schlechtleistung (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Die Haftung für Pflichtverletzungen ist für Arbeitnehmer nicht untypisch. So haftet der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) im Rahmen eines dreistufigen Haftungsmodells nicht für leichte Fahrlässigkeit und anteilig für mittlere Fahrlässigkeit. Die volle Haftung muss er für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz übernehmen (BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP N r. 111 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Griese in: Küttner, Personalbuch 2012, Arbeitnehmerhaftung, Rdnr. 12f.). Demgegenüber ist vorliegend die Haftung sogar noch eingeschränkt, da die Klägerin nur auf Schadenersatz für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haften sollte.
114Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin zur Ablehnung und Rückgabe von Aufträgen an die Beigeladene zu 1) berechtigt ist und entsprechendes auch mehrfach getan hat. Die Ablehnung bzw. Rückgabe der Aufträge erfolgen nach Angaben der Klägerin zunächst, wenn sie die entsprechenden Berechtigungen und Erfahrungen für die durchzuführenden Prüfungen nicht hat. Ihre Ablehnung beruht damit nicht auf ihrem Status, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) sie zur Erfüllung einer subjektiv unmöglichen Leistung auffordert. In einem solchen Fall steht auch einem abhängig Beschäftigten ein Ablehnungsrecht zu. Darüber hinaus hat die Klägerin von diesem Recht Gebrauch gemacht, wenn sie aus Überlastungsgründen nicht in der Lage gewesen ist, die angebotenen Aufträge anzunehmen bzw. bereits übernommene Aufträge fristgerecht durchzuführen. Überlastungsanzeigen kommen jedoch ebenfalls im Rahmen von abhängigen Beschäftigungen vor [vgl. Arbeitsgericht (ArbG) Köln, Urteil v. 17.2.2009, 14 Ca 5366/08, juris]. Sie sind daher kein zwingendes Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
115Der Einwand, dass die Klägerin berechtigt gewesen ist, mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) einen Dritten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen einzusetzen, spricht gleichfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit. Tatsächlich hat sie die Arbeiten ausschließlich selbst erledigt. Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal (also nicht höchstpersönlich) durchführen lassen zu können, ist zwar grundsätzlich ein Anhaltspunkt für eine selbständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von Personal sind nämlich unabhängig von der Auftragslage laufende Ausgaben und die wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und damit letztlich ein Unternehmerrisiko darstellen. Davon zu unterscheiden ist aber die bloß formale vertragliche Berechtigung, die Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Derartige formale Berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum Tragen kommen, nicht als Indiz für eine selbständige Tätigkeit, sondern allenfalls als Ausdruck des Wunsches, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (vgl. insgesamt: Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117).
116Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts des eindeutigen Überwiegens der Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäftigung kommt dem in der Rahmenvereinbarung geäußerten Wunsch, eine selbständige Tätigkeit zu begründen, keine entscheidende Bedeutung zu.
117Die Beklagte hat die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu Recht ab dem 1.11.2009 festgestellt. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV liegen bereits mangels Zustimmung der Klägerin nicht vor.
118Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG. Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat von einer Kostenquotelung aufgrund der Geringfügigkeit des Obsiegens abgesehen.
119Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
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Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
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Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 6500 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 1. in der von ihr für einen privaten "Pflegedienst" ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung unterlag.
- 2
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Die Klägerin gehört zu einer Unternehmensgruppe, die im Bereich der ambulanten "Pflege und Betreuung" bundesweit tätig ist. Ihr Unternehmensziel ist darauf gerichtet, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen ("Pflegebedürftigen"; im Folgenden: Betreuten) einen ua bis zu 24 Stunden täglich dauernden, umfassenden Service durch einen hauswirtschaftlichen Familienbetreuer bzw eine hauswirtschaftliche Familienbetreuerin ("Pflegepartner") anzubieten. Nach Unterweisung in einer von der Unternehmensgruppe betriebenen Aus- und Weiterbildungseinrichtung, die von den Pflegepartnern teilweise selbst bezahlt werden muss, und nach Herstellung eines Kontakts zu den Betreuten durch eine bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester führen die Pflegepartner im Rahmen eines regelmäßig 14-tägigen Einsatzes den Haushalt der Betreuten im heimischen Umfeld und übernehmen ggf weitere Dienstleistungen - auch im Sinne von "Gesellschaft" und "Unterhaltung" - nach den jeweiligen Bedürfnissen des Betreuten. Die Pflegepartner erbrachten in den Jahren 2001 und 2002 keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung. Auch war die Klägerin seinerzeit keine durch Versorgungsvertrag zugelassene ambulante Pflegeeinrichtung.
- 3
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Die Beigeladene zu 1., die nach ihrer - wie vorbeschrieben durchgeführten - Unterweisung ein Gewerbe "Hauswirtschaftliche Betreuung" angemeldet hatte, übte vom 18.1.2001 bis 1.7.2002 mit Unterbrechungen allein für die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) eine Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin aus. Später - nach ihrer Lösung von der Klägerin - arbeitete sie parallel für mehrere andere private Pflegedienste. Während zwischen der Klägerin und den Betreuten ein schriftlicher Pflege- und Betreuungsvertrag abgeschlossen wurde, erfolgten die "Einsatzaufträge" der Klägerin an die Beigeladene zu 1. lediglich fernmündlich von Mal zu Mal. Die Beigeladene zu 1. erteilte hierüber schriftliche Auftragsbestätigungen. Weitergehende schriftliche Verträge über die einzelnen Einsätze bestanden nicht, ebenso wenig existierte eine schriftliche Rahmenvereinbarung. Eine Verpflichtung der Klägerin, "Einsatzaufträge" zu erteilen, bestand nicht. Ebenso konnte die Beigeladene zu 1. ihr angebotene Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen ablehnen oder abbrechen oder verlängern. Aus einem laufenden Einsatz konnte sie von der Klägerin nicht abgezogen und einem anderen Kunden zugeteilt werden. Die Beigeladene zu 1. kalkulierte den Aufwand für sich selbst - gemessen an den an ihre Tätigkeit gestellten Anforderungen - ggf neu, verhandelte mit der Klägerin über die Vergütung und stellte dieser stets nach Abschluss ihrer Einsätze Rechnungen auf der Grundlage der - entsprechend vorher vereinbarten - pauschalierten Vergütung in Form von Tagessätzen (150 bis 170 DM bzw 87 Euro) aus. Während des Einsatzes dokumentierte die Beigeladene zu 1. die von ihr erbrachten Leistungen ("Pflegenachweis, Leistungsnachweis"). Eine vertragliche Verpflichtung zur Führung solcher Dokumentationen bestand im Verhältnis zur Klägerin nicht. Die examinierte Kraft ("Leitung des Pflegedienstes", "Einsatzleitung") kontrollierte diese Dokumentationen nicht. Eine Aufnahme der Beigeladenen zu 1. in einen von der Klägerin aufgestellten, alle Pflegepartner umfassenden Einsatzplan erfolgte nicht. Im Verhinderungsfall durfte sie - in Absprache mit der Klägerin - eine entsprechend qualifizierte Vertretung einsetzen. Für den Fall der "Kundeninsolvenz" hatten Klägerin und Beigeladene zu 1. einen Selbstbehalt Letzterer von 200 Euro je Rechnung ("Gewährleistungssumme") vereinbart, ebenso, dass bei Honorarkürzungen wegen Schlechtleistung diese von der Klägerin als Abzüge von der Vergütung an die Beigeladene zu 1. weitergegeben werden durften. Die Beigeladene zu 1. erzielte in den Jahren 2001 und 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 19 706 DM bzw 6686 Euro.
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Im November 2000 beantragte die Beigeladene zu 1. bei der Rechtsvorgängerin des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ua die "Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status". Mit zwei Bescheiden vom 10.2.2003 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. fest, dass die Beigeladene zu 1. ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Beide legten hiergegen Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Beigeladene zu 1. für die Klägerin selbstständig tätig gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17.12.2004 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
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Mit Urteil vom 4.6.2007 hat das SG der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und den sie betreffenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben sowie festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "im Zeitraum ihrer Tätigkeit für die Klägerin nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zu dieser gestanden hat". Während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat die Beklagte die genannten Bescheide mit Bescheid vom 10.6.2009 "ergänzt" und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. "in der Zeit zwischen dem 18.1.2001 bis zum 1.7.2002 mit Unterbrechungen in den Zeiten ihrer Beschäftigung für die Klägerin versicherungspflichtig zu allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung war" und "Beginn der Versicherungspflicht … der 18.1.2001 ist".
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Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG - nach umfangreichen Ermittlungen - mit Urteil vom 10.6.2009 das Urteil des SG geändert. Über die im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheide hinaus hat es auch den "ergänzenden" Bescheid vom 10.6.2009 aufgehoben. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in den im Tenor näher bezeichneten Zeiträumen "nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war". Es hat seine zurückweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Beigeladene zu 1. habe in der streitigen Zeit nach dem Gesamtbild ihrer Tätigkeit in keinem die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden. Die mündlichen Abreden zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. sprächen als starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit. Die vereinbarten Einzelheiten machten den Willen der Beteiligten deutlich, eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. zu begründen. Die - gewollte - sozialversicherungsrechtliche Selbstständigkeit sei auch tatsächlich umgesetzt worden. So habe die Beigeladene zu 1. angebotene Einsätze ablehnen können, über die Höhe des Vergütungsanspruchs verhandelt und nach Abschluss des Einsatzes wie ein Unternehmer Rechnungen geschrieben. Der Klägerin habe - auch über die von ihr eingesetzte examinierte Kraft - keine Weisungsbefugnis zugestanden. Eine ständige Dienstbereitschaft der Beigeladenen zu 1. sei nicht erwartet gewesen; diese habe ihre Dienstleistungen auch nicht in den Betriebsräumen der Klägerin erbracht. Die Beigeladene zu 1. habe schließlich ein Unternehmerrisiko getragen, etwa weil sie bei "Kundeninsolvenz" weniger Vergütung erhalten und Ausbildung und Fortbildungen selbst bezahlt habe. Dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen Auftrags von der Klägerin und von den Betreuten vorgegeben gewesen seien, stehe der Annahme von Selbstständigkeit indes nicht entgegen, ebenso wenig, dass die Beigeladene zu 1. Pflegedokumentationen geführt habe. Im konkreten, hier allein zu entscheidenden Fall seien diese von der Klägerin bzw der für sie tätigen examinierten Kraft lediglich zur Kenntnis genommen worden. Auch könne aus der Begründung aufeinanderfolgender, relativ kurzer Vertragsverhältnisse nicht auf das Vorliegen von Beschäftigung geschlossen werden. In diesem Sinne habe die Beigeladene zu 1. nur stets aufs Neue ihre Entschließungsfreiheit betätigt, eine weitere Vertragsbeziehung begründen zu wollen.
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Die Beklagte wendet sich hiergegen mit der vom LSG zugelassenen Revision und rügt sinngemäß eine Verletzung von § 7 Abs 1 SGB IV: Nach dem Gesamtbild sprächen die Kriterien überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1. sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingeordnet, weisungsgebunden und ohne Unternehmerrisiko tätig gewesen. Die Führung der Pflegedokumentationen, zu der die Beigeladene zu 1. aufgrund des mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrags mittelbar verpflichtet gewesen sei, und das Prozedere beim Wechsel der Pflegepartner zeigten, dass die Beigeladene zu 1. Teil in der Kette der den jeweiligen Betreuten zur Verfügung gestellten Pflegepartner und damit in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen sei. Das ergebe sich auch aus deren Teilnahme am Gruppenversicherungsvertrag der Klägerin für die Berufshaftpflichtversicherung. Weil sie ihre Aufträge ausschließlich durch Vermittlung der Klägerin erhalten und sich die Betreuungstätigkeit nach den Wünschen der Betreuten gerichtet habe, sei die Beigeladene zu 1. auch - im Verhältnis zu diesen - weisungsgebunden gewesen. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. habe schließlich nicht bestanden. Dieses folge weder aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen dürfen, noch daraus, dass von der Klägerin eine "Gewährleistungssumme" für den Fall der "Kundeninsolvenz" habe einbehalten werden dürfen.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Juni 2009 und des Sozialgerichts Duisburg vom 4. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Aus dem Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1. lasse sich eine Weisungs- und/oder Kontrollbefugnis nicht herleiten. Pflegedokumentationen seien ein Arbeitsmittel der professionellen Pflege und ließen keinen Rückschluss auf den Status der sie Führenden zu. Ebenso wenig spreche die Teilnahme an einem Gruppenversicherungsvertrag für eine abhängige Beschäftigung.
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Die Beigeladenen stellen keine Anträge und äußern sich auch nicht in der Sache.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des beklagten Rentenversicherungsträgers (Deutsche Rentenversicherung Bund) ist unbegründet. Zutreffend hat das LSG zunächst - auf Klage - auch den während des Berufungsverfahrens erlassenen "ergänzenden" Bescheid der Beklagten vom 10.6.2009 aufgehoben. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, hat es sodann die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG mit den im Tenor genannten, auf die Zeiten der einzelnen Betreuungseinsätze vorgenommenen Einschränkungen zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil insoweit geändert. Der ursprüngliche Bescheid der Beklagten vom 10.2.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 und ihres "ergänzenden" Bescheids vom 10.6.2009 ist rechtswidrig. Wie das LSG ohne Rechtsfehler entschieden hat, hat sie darin unzutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden vereinfachend: Klägerin) ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Pflegerin und Betreuerin wegen einer Beschäftigung in den Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
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1. Im Revisionsverfahren zu überprüfen ist vom Senat auch der während der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren von der Beklagten erlassene Bescheid vom 10.6.2009. Dieser hat die bis dahin angefochtenen Bescheide über die darin vorgenommene (unzulässige) Elementenfeststellung des Bestehens einer Beschäftigung hinaus in ihrem Verfügungssatz um die notwendigen (vgl BSGE 103, 17 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Leitsatz und RdNr 11 ff; BSG Urteil vom 4.6.2009 - B 12 R 6/08 R - Juris RdNr 13 ff) Feststellungen zum Vorliegen von Versicherungspflicht und ihres Beginns "ergänzt". Wird in einem solchen Fall ein wegen der Feststellung eines (unselbstständigen) Tatbestandselements unvollständiger Verwaltungsakt durch einen weiteren Verwaltungsakt um das fehlende (andere) Element zu einer vollständigen Feststellung ergänzt - und damit auch erst einer inhaltlichen, materiell-rechtlichen Überprüfung durch das bereits angerufene Gericht zugänglich gemacht -, so liegt darin eine insgesamt erneuernde Feststellung mit der Folge, dass der zweite Verwaltungsakt den ersten iS von § 96 Abs 1 SGG(iVm § 153 Abs 1 SGG) ersetzt.
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Im Revisionsverfahren nicht zu entscheiden ist demgegenüber, ob die Beigeladene zu 1. für den Fall, dass für sie in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin eine Versicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin nicht festzustellen ist, bei den jeweils von ihr Betreuten versicherungspflichtig beschäftigt war. Ebenso ist hier nicht zu überprüfen, ob die Beigeladene zu 1. - was bei Annahme einer selbstständigen Tätigkeit in Betracht kommt - jedenfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach einem der Tatbestände des § 2 Satz 1 SGB VI unterlag. Zutreffend hat das LSG insoweit ausgeführt, dass in dem auf die Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter gerichteten Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV allein geklärt werden sollte, ob die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin wegen Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 SGB IV versicherungspflichtig war, und dass eine Feststellung des (Nicht-)Bestehens von Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Selbstständigen, die eine Prüfung der Voraussetzungen der § 2 Satz 1, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI erfordert, deshalb vom Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens nicht umfasst ist.
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2. Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Beigeladenen zu 1. eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung bei der Klägerin auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl BSG SozR 4-2400 § 7a Nr 3 RdNr 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls (vgl § 7a Abs 2 SGB IV) - ausgehend von den vom LSG für den Senat bindend festgestellten (vgl § 163 SGG) Tatsachen -rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht unterlag. Der Senat kann somit offenlassen, ob einer Annahme von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung in den streitigen Zeiträumen auch die Regelungen über die geringfügige Beschäftigung (vgl § 8 Abs 1 SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und in der Arbeitslosenversicherung entgegenstehen und ob die Beklagte - bei Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung - über den Zeitpunkt ihres Eintritts zutreffend entschieden hat.
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a) In den Jahren 2001 und 2002, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III)der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung war § 7 Abs 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (vgl zur Beurteilung von Familienhelfern im Arbeitsrecht BAGE 88, 327, 335 = AP Nr 94 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (stRspr; vgl zum Ganzen zB zuletzt BSG Urteil vom 27.7.2011 - B 12 KR 10/09 R, RdNr 17, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 6 RdNr 14 mwN; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19 S 69 f, Nr 13 S 31 f und Nr 4 S 13, jeweils mwN; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr 5 S 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr 11).
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b) Im vorliegenden Rechtsstreit ist das LSG - für die hier (allein) zu beurteilende Fallkonstellation - auf Grund der genannten Rechtsprechung in seiner Gesamtwürdigung, ohne dass dies vom Senat zu beanstanden wäre, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei der Klägerin nicht beschäftigt war. Die vom Berufungsgericht hierbei in seinem Ausgangspunkt zu Grunde gelegten rechtlichen Grundsätze sind zutreffend. So ist das LSG bei seiner Würdigung des Gesamtbildes der Tätigkeit zu Recht (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 15 f; BSG Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - Juris RdNr 22) davon ausgegangen, dass dem in den - hier allein mündlich getroffenen - Abreden dokumentierten Willen der Beteiligten, keine Beschäftigung zu wollen, nur dann keine - indizielle - Bedeutung zukommt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Vereinbarungen rechtlich relevant abwichen, und dann maßgebend ist, wie die Rechtsbeziehung (tatsächlich) praktiziert wurde. Als rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend erfasst hat das LSG auch, dass aus dem Umstand, dass - ohne (mündliche oder schriftliche) Rahmenvereinbarung - jeweils einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse von in der Regel 14 Tagen mit Diensten "rund um die Uhr" begründet wurden, zwingende Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden können, sondern stets eine Bewertung der einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu erfolgen hat (vgl schon BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff). Als Ausgangsüberlegung richtig ist schließlich, dass eine Tätigkeit wie die eines hauswirtschaftlichen Familienbetreuers bzw einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden kann (vgl zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Hauskrankenpflegerin auch im Rahmen abhängiger Beschäftigung aus der Zeit vor Einführung der Pflegeversicherung LSG Berlin, Urteil vom 26.11.1986 - L 9 Kr 8/85 - Breith 1987, 345; ferner zur Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Tagesmutter als Beschäftigte und Selbstständige Urteil des Senats vom 25.5.2011 - B 12 R 13/09 R - Juris RdNr 11, mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Sowohl die Befristung der Arbeitseinsätze der Beigeladenen zu 1. als auch ihr Einsatz "rund um die Uhr" lassen dabei nicht schon den Schluss zu, dass ein (rechtlich zulässiger) Einsatz von vornherein überhaupt nur im Rahmen einer frei ausgestalteten selbstständigen Tätigkeit in Betracht kam. Zwar waren (und sind) kurzzeitige Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber nur begrenzt zulässig (vgl § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vom 21.12.2000, BGBl I 1966), aber immerhin nicht generell ausgeschlossen. Auch unter dem Blickwinkel des Arbeitszeitrechts bestanden (und bestehen) für Beschäftigungen auf diesem Gebiet keine engen Vorgaben hinsichtlich der maximalen täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit (vgl § 18 Abs 1 Nr 3 Arbeitszeitgesetz vom 6.6.1994, BGBl I 1170: keine Geltung des Gesetzes für "Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen").
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c) Die von der Beklagten mit zulässigen Verfahrensrügen nicht angegriffenen, auf der Grundlage umfangreicher Ermittlungen getroffenen detaillierten Feststellungen des LSG zu den im vorliegenden Fall zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen und deren - hiermit übereinstimmender - (tatsächlicher) Umsetzung rechtfertigen dessen Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in ihrer Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin bei dieser nicht beschäftigt gewesen. Das Berufungsgericht hat ausgehend von zutreffenden (allgemeinen) rechtlichen Erwägungen begründet, dass und warum hiernach starke Indizien für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit sprechen. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für das hier (allein) zu beurteilende Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Tätigkeit umfassendes Weisungsrecht der Klägerin sowie eine Eingliederung in deren "Betrieb" verneint, demgegenüber aber ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Ebenso ist es beanstandungsfrei, dass das LSG diesen Befund - unter Einbeziehung weiterer, für eine selbstständige Tätigkeit sprechender Umstände - bei der Gesamtwürdigung seiner Statusbewertung maßgebend zugrunde gelegt und der Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin, der Vergütung in Form (pauschaler) Tagessätze sowie der Führung einer Pflegedokumentation durch die Beigeladene zu 1. hierbei keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat.
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aa) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung unterlag die Beigeladene zu 1. bei der Durchführung ihrer einzelnen "Einsatzaufträge" keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin. Sie unterlag auch keinem solchen der von ihr Betreuten. Unter Berücksichtigung der im Zusammenhang mit der rechtlichen Beurteilung von Lehrtätigkeiten entwickelten Rechtsprechung des BSG (vgl BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 29, mwN) hat das Berufungsgericht den Umständen hier rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen, dass gewisse "Eckpunkte" des jeweiligen "Einsatzauftrags" wie Beginn und Ende des Einsatzes und "grober" Inhalt der Tätigkeit von der Klägerin vorgegeben waren und sich die Betreuungstätigkeit (allgemein) nach den Bedürfnissen und Wünschen der Betreuten oder ihrer Angehörigen auszurichten hatte. Wie die Betreuung im Einzelnen ausgestaltet ist, richtet sich nach den individuellen Erfordernissen, die sowohl inhaltlich als auch in zeitlicher Hinsicht die zu erbringenden Leistungen bestimmen. Das gilt für Tätigkeiten hauswirtschaftlicher Art wie für Pflegetätigkeiten (im weiteren Sinne) gleichermaßen. Der hierbei - gerade auch im Hinblick auf die zeitliche Dimension des "Einsatzauftrags" (14-Tage-Einsatz, 24-Stunden-Service) - geforderten Fähigkeit des Pflegepartners zur Reaktion auf die - sich ggf ständig verändernde - aktuelle Betreuungs- und/oder Pflegesituation steht zwangsläufig eine Flexibilität im Handeln gegenüber, die diesem gerade wegen der Individualität und Einzigartigkeit dieser Situation prinzipiell einen großen Entscheidungsbereich belässt. Hiervon ausgehend und nach den Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall unterlag die Beigeladene zu 1. keiner arbeitnehmertypischen Leistungspflicht, weil sich für sie bei ihrer Tätigkeit für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume ergaben (vgl insoweit - im Arbeitsrecht - zum Gesichtspunkt einer möglichen Einflussnahme des Betroffenen auf Art und zeitliche Lage der konkreten Tätigkeit in einer Betreuungssituation BAG AP Nr 45 zu § 611 BGB Abhängigkeit, Leitsatz 1 und Bl 413 ff). Allein aus der im Hinblick auf die genannten (allgemeinen) Vorgaben der Klägerin und der Betreuten bestehenden "Minderung" der "Autonomie" der Pflegepartner bei der Durchführung der einzelnen Einsätze kann daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit im geforderten Sinne und damit eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. von der Klägerin und/oder der Betreuten geschlossen werden (zur Übertragung der für die Beurteilung von Lehrtätigkeiten aufgestellten Grundsätze auf als sog Freelancer tätige Flugzeugführer vgl BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 23). Ob die Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, den Betreuten und der Beigeladenen zu 1. - wie die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18.6.2008 (L 1 RA 257/05 - Juris RdNr 60 f) meint - einem Leiharbeitsverhältnis ähnelten mit der Besonderheit, dass hier das "Weisungsrecht" wie dort auf die Betreuten "delegiert" war, ist vor diesem Hintergrund ohne Bedeutung.
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Die Beigeladene zu 1. war auch nicht - gleichwohl - wegen der von ihr in der Gestalt von "Pflegeberichten", "Pflegeprotokollen" und "Checklisten für die Pflegepartner zur Durchführung einer Ablösung" geführten Pflegedokumentationen von der Klägerin weisungsabhängig. Die Beklagte behauptet dieses auch selbst nicht, sondern stützt sich auf diesen Umstand (nur) für ihre Annahme, die Beigeladene zu 1. sei in eine von der Klägerin vorgegebene Ordnung eingegliedert gewesen. Das LSG hat in dem hier (allein) zu entscheidenden Fall festgestellt, dass sich die bei der Klägerin angestellte examinierte Krankenschwester in die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. tatsächlich nicht eingemischt, insbesondere deren Arbeitsergebnisse - etwa beim Wechsel von Pflegepartnern - nicht anhand der Pflegedokumentationen kontrolliert hat, und hieraus den Schluss gezogen, dass der Klägerin über diese Kraft keine Weisungsbefugnis zustand. Diese Schlussfolgerung ist nicht zu beanstanden, zumal - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - der Klägerin keine Rechtsmacht zur Kontrolle zustand, weil im Verhältnis zu ihr eine (vertragliche) Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. zur Dokumentation nicht bestand und diese jedenfalls nach dem mit den Betreuten abgeschlossenen Pflege- und Betreuungsvertrag (dort Punkt 1.6) nur als "Pflege"- bzw "Leistungsnachweis" (der Klägerin) gegenüber den Betreuten dienen sollte. Eine - von der Beklagten angenommene - auf Grund "mittelbarer" Verpflichtung der Beigeladenen zu 1. hierzu dieser gegenüber bestehende Weisungsbefugnis der Klägerin etwa dahingehend, dass und wie sie ihre Dienstleistung optimieren könne, lässt sich daraus nicht entnehmen.
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Schließlich greift das Vorbringen der Beklagten auch insoweit nicht durch, als sie sich für die Annahme eines Weisungsrechts der Klägerin darauf stützt, dass diese die Beigeladene zu 1. in einer speziellen Bildungsmaßnahme geschult und so auf ihre Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin vorbereitet, dieser dann die Aufträge vermittelt und (allein) mit den Betreuten "Erstverhandlungen" über den Umfang der Betreuungsleistungen geführt habe. Warum sich hieraus - bezogen auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines "Einsatzauftrags" bestehen - ein für eine persönliche Abhängigkeit der Beigeladenen zu 1. sprechendes Weisungsrecht der Klägerin ergeben soll, erläutert die Beklagte nicht. Demgegenüber fallen als relevant auf eine (weitgehend) autonome Durchführung der einzelnen Einsätze hindeutende Umstände ins Gewicht, dass die Beigeladene zu 1. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall übernommene Aufträge (vorzeitig) abbrechen oder verlängern und sie nach Übernahme eines bestimmten Auftrags (und vor dessen Beendigung) von der Klägerin nicht gegen ihren Willen "umgesetzt", also zur Annahme eines anderen Auftrags veranlasst werden konnte.
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bb) Die Beigeladene zu 1. war auch nicht wie eine Beschäftigte in den "Betrieb" der Klägerin eingegliedert. Ebenso fehlte eine entsprechende arbeitnehmertypische Eingliederung in eine von den Betreuten vorgegebene betriebliche Ordnung. Soweit das LSG diese Annahme damit begründet hat, dass von der Beigeladenen zu 1. mangels Aufnahme der Pflegepartner in einen bei der Klägerin geführten Dienstplan keine ständige Dienstbereitschaft erwartet worden sei und diese - im Gegenteil - die Übernahme von "Einsatzaufträgen" eher an eigenen Bedürfnissen ausgerichtet hat, ist sein Prüfungsansatz indessen unzutreffend. Denn auch für die Beurteilung, ob die Beigeladene zu 1. in eine von anderer Seite vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert war, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des jeweiligen "Einsatzauftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden. Im Übrigen lässt die Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht jedoch Rechtsfehler nicht erkennen. Zu Recht hat das LSG auf der Grundlage seiner Feststellungen entschieden, dass die Beigeladene zu 1. in den "Betrieb" der Klägerin nicht eingegliedert war (vgl zum Begriff des "Betriebes" BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 33 ff). Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter die Einbindung der Beigeladenen zu 1. in den Haushalt des jeweils Betreuten (mit den dort zur Verfügung gestellten sächlichen Mitteln) nicht als funktionsgerechte Einordnung in eine von dieser Seite vorgegebene Ordnung betrachtet, in der fremdbestimmte Arbeit geleistet werden kann (vgl - zur Möglichkeit des Fehlens einer Eingliederung von Dozenten in den Lehr-/Bildungsbetrieb einer Volkshochschule - BSG Urteil vom 12.2.2004 - B 12 KR 26/02 R - Juris RdNr 18 ff; ferner - zum Fehlen einer Eingliederung von als sog Freelancer tätigen Flugzeugführern in den Betrieb eines Luftfahrtunternehmens - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24 ff).
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Das Revisionsvorbringen der Beklagten greift demgegenüber nicht durch. Entgegen der von ihr vertretenen Auffassung folgt aus dem - vom LSG festgestellten - Ablauf beim Wechsel der Pflegepartner und der Organisation der Folgepflege sowie der hierauf bezogenen Funktion der Pflegedokumentationen (Checkliste) nicht schon, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Eigenschaft als "ein Teil in der Kette der den jeweiligen Kunden zur Verfügung gestellten Pflegepersonen" in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dass jemand zu einem "Pool" von Einsatzkräften gehört, die zur Erfüllung anderen Personen obliegender Verpflichtungen gegenüber Dritten bereitstehen, besagt über deren Eingliederung in den "Betrieb" der insoweit Verpflichteten nichts (vgl - zum Status in einem "Personalpool" zusammengefasster, als sog Freelancer tätiger Flugzeugführer als Selbstständige - BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris). Ebenso wenig kann für eine Eingliederung in den "Betrieb" der Klägerin daraus etwas hergeleitet werden, dass ihr und das Auftreten der Beigeladenen zu 1. im Rechtsverkehr von den Betreuten so wahrgenommen wurden, als sei die Beigeladene zu 1. nicht (ihrerseits) Unternehmerin, sondern befinde sich in einem Anstellungsverhältnis zur Klägerin.
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Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung spricht für eine entsprechende Eingliederung schließlich nicht, dass die Klägerin für die Pflegepartner zur Absicherung in einer Berufshaftpflichtversicherung einen Gruppenversicherungsvertrag angeboten hat. Zutreffend hat die Klägerin in diesem Zusammenhang nämlich darauf hingewiesen, dass Angebote zur Teilnahme an einer Gruppenversicherung allgemein auch Selbstständigen (etwa Rechtsanwälten) gemacht werden, ohne dass eine Teilnahme hieran für eine Eingliederung in den "Betrieb" des Anbieters als Indiz wirkt.
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cc) Nicht zu beanstanden ist des Weiteren, dass das LSG ein für Selbstständigkeit sprechendes Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1. angenommen hat. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl etwa BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; BSG SozVers 2001, 329, 332; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27) maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (so schon BSG SozR 2200 § 1227 Nr 17 S 37; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36, mwN; zuletzt BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 27). Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich, dass die Beigeladene zu 1. - wie das für Dienstleistungen in der Hauswirtschaft typisch ist - im Wesentlichen ihre Arbeitskraft und weniger Kapital eingesetzt und dieses im vorgenannten Sinne mit einem Verlustrisiko getan hat.
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Richtig ist allerdings, dass - so die Beklagte unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 8.8.2006 (L 11 R 2987/05) - aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können, kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze folgt (vgl hierzu BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f). Die Annahme eines Unternehmerrisikos ist indessen gerechtfertigt, weil die Beigeladene zu 1. im Zusammenhang mit der Verwertung ihrer Arbeitskraft das Risiko des Ausfalls ihres Verdienstes bei "Kundeninsolvenz" in der Gestalt eines Selbstbehalts ("Gewährleistungssumme") trug. Die vom LSG im gleichen Zusammenhang genannte Vereinbarung über Abzüge für Schlechtleistungen stellt demgegenüber kein Indiz für ein Unternehmerrisiko dar, weil eine solche "Haftung" für Schlechtleistungen, wenn auch eingeschränkt, Arbeitnehmer gleichermaßen trifft (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36). Zu dem Risiko des Verdienstausfalls bei "Kundeninsolvenz" tritt - wenn auch in geringerem Umfang - ein Kapitalrisiko hinzu, weil sich der Einsatz von Reisekosten bei (vorzeitigem) Abbruch des "Einsatzauftrags", etwa bei Versterben von Kunden oder deren Verlegung ins Krankenhaus oder Heim nicht lohnen konnte. Auch amortisierten sich in einem solchen Fall die von der Beigeladenen zu 1. aufgewandten Ausbildungs- und Fortbildungskosten nicht.
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Der Belastung der Beigeladenen zu 1. mit diesen Risiken stand auf der anderen Seite, was - wie dargestellt - erforderlich ist, bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des einzelnen Einsatzes eine größere Freiheit und Flexibilität gegenüber. Die Beigeladene zu 1. war nämlich nicht wie ein klassischer Arbeitnehmer gehalten, Arbeitsanweisungen zur Vermeidung vertragsrechtlicher Sanktionen und/oder von Schadensersatzansprüchen Folge zu leisten, sondern konnte den Einsatz ihrer Arbeitskraft entsprechend ihren Bedürfnissen sehr weitreichend selbst steuern. So konnte sie nach den nicht mit Revisionsgründen angegriffenen Feststellungen des LSG in einer für Arbeitnehmer untypischen Weise die ihr von der Klägerin angebotenen Einsätze ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen oder verlängern; sie konnte auch nicht von der Klägerin aus einem laufenden Einsatz gegen ihren Willen abgezogen und nach den Bedürfnissen einer fremden betrieblichen Organisation anderen Kunden zugeteilt werden.
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Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist ein Unternehmerrisiko hier auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beigeladene zu 1. für ihre Einsätze vereinbarungsgemäß und tatsächlich pauschal - nach Tagessätzen - vergütet wurde. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kalkulierte die Beigeladene zu 1. ihren Aufwand ggf neu und hat diese Kalkulation in die Verhandlungen mit der Klägerin um die Höhe des Vergütungsanspruchs eingebracht. Damit hing in dem hier zu beurteilenden Fall der Beigeladenen zu 1. die Höhe ihres Verdienstes in der Form höherer Tagessätze weitestgehend vom Umfang und der Intensität des Einsatzes ihrer Arbeitskraft bei dem jeweiligen Auftrag ab. Sie konnte durch die Gestaltung der "Einsatzaufträge" die wirtschaftliche Verwertung ihrer Arbeitskraft in hohem Maße selbst steuern und andererseits durch besondere Anstrengungen ihre Verdienstchancen erhöhen bzw einen Mehrverdienst erzielen.
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3. Nach alledem ist die Beigeladene zu 1. in den streitigen Zeiträumen in ihrer für den privaten "Pflegedienst" der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin nicht als versicherungspflichtig Beschäftigte iS von § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV anzusehen. Denn für den hier (allein) zu beurteilenden Sachverhalt ist das LSG ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1. selbstständig tätig war. Dahinter kann zurücktreten, dass die Klägerin - und nicht die Beigeladene zu 1. - Kundenwerbung betrieb und "Einsatzaufträge" aquirierte, weil sie jene damit lediglich an die Beigeladene zu 1. vermittelte und in diesem Zusammenhang für diese den Kontakt zu den Betreuten herstellte.
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Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits bedeutet indessen nicht, dass eine Tätigkeit, wie sie die Beigeladene zu 1. im hauswirtschaftlichen und "pflegenahen" Bereich ausgeübt hat, stets als selbstständige Tätigkeit anzusehen wäre. Maßgebend für die Beurteilung sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der für das BSG bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Diese Feststellungen sind bindend, wenn sie - wie hier - nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen, insbesondere mit Verfahrensrügen angegriffen werden (vgl § 163 SGG). Von daher ist es durchaus möglich, dass andere LSG in ihren Entscheidungen zu Tätigkeiten ähnlicher Art, wie sie von der Beigeladenen zu 1. verrichtet wurden, auf der Grundlage der in ihren Verfahren festgestellten tatsächlichen entscheidungserheblichen Umstände zu anderen Ergebnissen gelangen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Beigeladenen haben sich am Verfahren nicht beteiligt. Ihre außergerichtlichen Kosten sind daher nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs 3 VwGO).
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Der Streitwert für das Revisionsverfahren ist nach § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des vom LSG schon für das Berufungsverfahren angenommenen Streitwerts festzusetzen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.7.2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 15.500,00 EUR festgesetzt.
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Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen einer für die Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Zeit vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 erbrachten Tätigkeit als Transportfahrer.
3Bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der T GmbH, handelte es sich um ein Unternehmen, das als Teil der "T-Unternehmensgruppe" Speditionsdienstleistungen mit eigenen und angemieteten Tank-, Silo- und Planenzügen anbot. Die Unternehmensgruppe verfügt über Standorte in S (Stammsitz), L, C (Salzlandkreis, Sachsen-Anhalt) und - allerdings erst seit 2012 - in H (Landkreis U, Brandenburg). Im Streitzeitraum waren am Standort S in der Abteilung Planenzüge 100 bis 110 Fahrer beschäftigt.
4Am 9.10.2006 nahm der Beigeladene zu 1) nach vorheriger Anmeldung eines Gewerbes mit der Bezeichnung "Dienstleistungen aller Art, überwiegend Fahrdienstleistungen" eine Tätigkeit als Transportfahrer auf. In der Annahme, er erbringe diese Dienstleistungen im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit, beantragte er am 10.10.2006 bei der Beigeladenen zu 3) die Gewährung eines Gründungszuschusses gemäß § 57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der ab dem 1.8.2006 geltenden Fassung (a.F.). Zur Erläuterung seiner Geschäftsidee erklärte er diesem Leistungsträger gegenüber, er wolle auf eigene Rechnung in der Transportbranche Lastkraftwagen (Lkw) fahren. Seine Kunden suche er selbst. Ziel sei die Anschaffung eines eigenen Lkw über 7,5 t.
5Mit Bescheid vom 26.10.2006 bewilligte die Beigeladene zu 3) dem Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 9.10.2006 bis zum 8.7.2007 einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 57 SGB III a.F. in Höhe von monatlich 1.488,00 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
6Im Zeitraum vom 3.9.2007 bis zum 14.11.2008 führte der Beigeladene zu 1) für die Rechtsvorgängerin der Klägerin Transportaufträge aus. Von dieser wurde er den ausschließlich mündlich getroffenen Absprachen zufolge insbesondere nach Auftreten krankheits- oder urlaubsbedingter Personalvakanzen beauftragt, mit Fahrzeugen ihrer Unternehmensgruppe bzw. - im Zeitraum vom 10.3.2008 bis zum 9.5.2008 - mit von ihr angemieteten Fahrzeugen Transportaufträge nach Maßgabe der von ihrem Disponenten festgelegten Tourenplanung durchzuführen. Eigene Fahrzeuge setzte der Beigeladene zu 1) bei Ausführung der Transportaufträge nicht ein.
7Die mündliche Beauftragung erfolgte regelmäßig für die Dauer von jeweils etwa ein bis drei Wochen. Für die Tätigkeit erhielt der Beigeladene zu 1) einen Stundenlohn in Höhe von 13,00 EUR. Die Gewährung von Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall war nicht vereinbart.
8Auf dieser Grundlage wurde der Beigeladene zu 1) an folgenden Tagen für die Rechtsvorgängerin der Klägerin tätig.
9Rechnungsdatum - Tätigkeitszeitraum gemäß Rechnung - Stundenumfang gemäß Rechnung - Rechnungsbetrag (netto) in Euro
109.9.2007 - 3.9.2007 bis 7.9.2007 - 63 - 819,00 16.9.2007 - 10.9.2007 bis 14.9.2007 - 57,5 - 747,50 23.9.2007 - 17.9.2007 bis 21.9.2007 - 69 - 897,00 30.9.2007 - 23.9.2007 bis 28.9.2007 - 74 - 962,00 7.10.2007 - 1.10.2007 bis 5.10.2007 - 47,25 - 614,25 14.10.2007 - 8.10.2007 bis 12.10.2007 - 61 - 793,00 28.10.2007 - 21.10.2007 bis 27.10.2007 - 69 - 897,00 4.11.2007 - 29.10.2007 bis 2.11.2007 - 44 - 572,00 25.11.2007 - 18.10.2007 bis 24.10.2007 - 74,25 - 967,25 8.12.2007 - 2.12.2007 bis 7.12.2007 - 66,75 - 1032,62 16.12.2007 - 9.12.2007 bis 14.12.2007 - 61,5 - 799,50 22.12.2007 - 16.12.2007 bis 21.12.2007 - 57,75 - 750,75 13.1.2008 - 4.1.2008 bis 11.1.2008 - 56,75 - 737,75 3.2.2008 - 28.1.2008 bis 1.2.2008 - 71,25 - 926,25 10.2.2008 - 4.2.200 bis 8.2.2008 - 56,25 - 731,25 19.2.2008 - 11.2.2008 bis 15.2.2008 - 54,75 - 711,75 2.3.2008 - 24.2.2008 bis 29.2.2008 - 68,75 - 893,75 16.3.2008 - 10.3.2008 bis 14.3.2008 - 65 - 845,00 24.3.2008 - 16.3.2008 bis 20.3.2008 - 54,5 - 708,50 30.3.2008 - 25.3.2008 bis 28.3.2008 - 53,25 - 692,25 5.4.2008 - 31.3.2008 bis 4.4.2008 - 72,75 - 945,75 12.4.2008 - 7.4.2008 bis 11.4.2008 - 74 - 962,00 20.4.2008 - 14.4.2008 bis 18.4.2008 - 62 806,00 27.4.2008 - 20.4.2008 bis 26.4.2008 - 75,75 - 984,75 4.5.2008 - 28.4.2008 bis 2.5.2008 - 50,75 - 659,75 11.5.2008 - 5.5.2008 bis 9.5.2008 - 63 - 819,00 1.6.2008 - 26.5.2008 bis 30.5.2008 - 67,25 - 874,25 7.6.2008 - 1.6.2008 bis 6.6.2008 - 64,25 - 880,75 16.6.2008 - 9.6.2008 bis 15.6.2008 - 70,5 - 916,50 21.6.2008 - 16.6.2008 bis 20.6.2008 - 70,25 - 913,25 29.6.2008 - 23.6.2008 bis 27.6.2008 - 59 - 767,00 5.7.2008 - 30.6.2008 bis 3.7.2008 - 66,25 - 861,25 13.7.2008 - 7.7.2008 bis 11.7.2008 - 62,75 - 815,75 19.7.2008 - 14.7.2008 bis 18.7.2008 - 78,25 - 1017,25 27.7.2008 - 21.7.2008 bis 25.7.2008 - 60 - 780,00 3.8.2008 - 28.7.2008 bis 1.8.2008 - 61 - 793,00 10.8.2008 - 3.8.2008 bis 8.8.2008 - 68,5 - 890,50 31.8.2008 - 25.8.2008 bis 29.8.2008 - 65 - 845,00 7.9.2008 - 1.9.2008 bis 5.9.2008 - 57,25 - 744,25 13.9.2008 - 8.9.2008 bis 12.9.2008 - 68,75 - 893,75 21.9.2008 - 15.9.2008 bis 19.9.2008 - 69,25 - 903,50 28.9.2008 - 22.9.2008 bis 26.9.2008 - 64,75 - 841,75 6.10.2008 - 29.9.2008 bis 2.10.2008 - 58,25 - 760,50 12.10.2008 - 5.10.2008 bis 10.10.2008 - 60,25 - 783,25 19.10.2008 - 13.10.2008 bis 17.10.2008 - 55 - 715,00 26.10.2008 - 20.10.2008 bis 24.10.2008 - 68,5 - 890,50 2.11.2008 - 27.10.2008 bis 30.10.2008 - 55,5 - 721,50 9.11.2008 - 3.11.2008 bis 7.11.2008 - 66,5 - 864,50 17.11.2008 - 10.11.2008 bis 14.11.2008 - 64,75 - 841,75
11Wegen der weiteren Einzelheiten der Abrechnungsmodalitäten wird auf den Inhalt der beigezogenen Rechnungen des Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
12Mit bei der Beklagten am 19.6.2008 eingegangenem Formularantrag beantragte der Beigeladene zu 1) die Klärung seines sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Ziel der Feststellung, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Er erklärte, neben zwei weiteren Auftraggebern für die Rechtsvorgängerin der Klägerin Transportdienstleistungen zu erbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Formularantrages Bezug genommen.
13Der seitens der Beklagten mit Schreiben vom 29.10.2008 in Aussicht gestellten Feststellung eines seit Oktober 2006 bestehenden abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 1) hielt die Rechtsvorgängerin der Klägerin entgegen, es seien bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung auch die Regelungen für Frachtführer gemäß §§ 407 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) heranzuziehen, auch wenn das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 22.6.2005 Zweifel geäußert habe, dass die gesetzgeberische Wertung des § 407 HGB auf die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung übertragbar sei. Nach der dieser Norm innewohnenden Wertungsentscheidung des Gesetzgebers sei der Beigeladene zu 1)als selbständig Tätiger anzusehen. Dessen unternehmerische Freiheit entfalte sich in seiner Entscheidungsbefugnis, frei darüber zu befinden, welche Aufträge er annehme oder ablehne. Des Weiteren trage er das unternehmerische Risiko, zeitweilig keine Fahraufträge zu erhalten und sich bei negativ veränderter Auftragslage nach neuen Kunden umschauen zu müssen. Erkranke er oder sei er aus anderen Gründen an der Ausübung seiner Dienstleistung gehindert, erziele er keine Einnahmen und müsse für personellen Ersatz sorgen. Schließlich müsse er in erheblichem Umfang Mautgebühren, Fahrzeugmieten, Aufwendungen für Kraftstoffe und etwaige Aushilfslöhne vorfinanzieren. Er müsse für die Nutzung der ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel Mietzahlungen leisten und trage ein erhebliches Insolvenzrisiko gegenüber seinen Auftraggebern.
14Der Beigeladene zu 1) schloss sich dieser Argumentation an und meinte ebenfalls, ein unternehmerisches Risiko zu tragen, in dem er die finanziellen Konditionen jedes Auftrags separat aushandeln müsse. Er sei nie sicher, inwieweit er künftig einen Auftrag erhalte. Bleibe seine Auftragsakquise erfolglos, erwerbe er auch keinen Vergütungsanspruch. Dies gelte auch im Erkrankungsfall, in dem er andere Fahrer zu beauftragen habe, die er selbst vergüten müsse. Seine unternehmerische Entscheidungsfreiheit zeige sich auch darin, dass er seine Auftraggeber selbst auswähle. Auf Grundlage eines ihm unterbreiteten Angebotes entscheide er, ob er diesen annehme, wobei für ihn ungewiss bleibe, ob und wann der angenommene Auftrag auch tatsächlich bezahlte werde. Zwar verfüge das ihn beauftragende Speditionsunternehmen über bestimmte Weisungsrechte; diese folgten allerdings aus dem Auftrag, den der Spediteur seinerseits annehme.
15Mit - an die Rechtsvorgängerin der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 27.1.2009 traf die Beklagte Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1). Sie stellte fest, dass dessen Tätigkeit "als Frachtführer ( ) seit Oktober 2006 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt" werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag nach Aufnahme der Beschäftigung.
16Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus: Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff. HGB übten ein selbständiges Gewerbe aus, wenn sie beim Transport ein eigenes Fahrzeug einsetzten und für die Durchführung ihres Gewerbes über eine Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz oder über eine Gemeinschaftslizenz nach Art. 3 der VO (EWG) 881/92 verfügten. Dies gelte auch, wenn sie als Einzelperson für lediglich ein Unternehmen tätig seien und die Farben bzw. ein "Logo" des sie beauftragenden Unternehmens verwendeten. Voraussetzung sei allerdings, dass ihnen weder Dauer, noch Beginn und Ende der Arbeitszeit vorgeschrieben werde und sie über die - nicht lediglich theoretische - Möglichkeit verfügten, Transporte auch für weitere eigene Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen.
17Von erheblicher sozialversicherungsrechtlicher Relevanz sei, ob der Auftragnehmer die zur Durchführung des Auftrages erforderlichen Mittel von seinem Auftraggeber erhalte. Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beigeladenen zu 1), der auf ein eigenes Fahrzeug nicht zurückgreifen könne, die für die Durchführung der Transportaufträge unabdingbar erforderlichen Fahrzeuge bereitstelle, sei der Beigeladene zu 1) in deren betriebliche Organisation eingegliedert, zumal unternehmerische Chancen und Risiken des Beigeladenen zu 1) nicht erkennbar seien. Zeit sowie Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit folgten aus dem Inhalt des übertragenen Auftrages, weshalb auch insoweit maßgebliche eigene Gestaltungsmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1) nicht gegeben seien.
18Kein wesentliches Indiz zu Gunsten einer selbständigen Tätigkeit sei der Befugnis eines Transportfahrers beizumessen, bestimmte Aufträge abzulehnen, solange bei Annahme eines Auftrags eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge.
19Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht, da der Antrag auf Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht fristgerecht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung gestellt worden sei.
20Gegen diesen Bescheid erhob die Rechtsvorgängerin der Klägerin am 24.2.2009 Widerspruch. Die Beklagte verkenne, dass die Nutzung eines gemieteten Fahrzeugs nicht gegen die Tätigkeit als selbständiger Frachtführer im Sinne der §§ 407 ff. HGB spreche. Zu dessen Annahme reiche es, dass das Fahrzeug auf eigene Rechnung eingesetzt werde. Auch der Beigeladene zu 1) miete für die Durchführung eines Transportes jeweils ein auf sie zugelassenes oder von ihr angemietetes Fahrzeug an. Dass er keinen Anspruch auf Gewährung von Erholungsurlaub sowie auf Entgeltfortzahlung habe, spreche gleichfalls für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
21Mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.2010 wies die Beklagte den Widerspruch unter Vertiefung der Ausführungen ihres Ausgangsbescheides als unbegründet zurück.
22Mit der am 11.2.2010 zum Sozialgericht (SG) Münster erhobenen Klage hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin ihr Begehren unter Vertiefung ihrer Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren weiterverfolgt. Ergänzend hat sie auf eine Entscheidung des Bayerischen Landessozialgericht (LSG) vom 29.3.2011 (L 8 AL 152/08) verwiesen, in der sie ihre Rechtsauffassung bestätigt gesehen hat.
23Die Klägerin hat beantragt,
24den Bescheid der Beklagten vom 27.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.1.2010 sowie den Bescheid vom 20.1.2012 aufzuheben.
25Die Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie hat zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug genommen. Der Entscheidung des Bayerischen LSG vom 29.3.2011 stünden diverse andere sozialgerichtliche Entscheidungen entgegen. Ihre Rechtsauffassung, nach welcher ein Kraftfahrer ohne eigenes Fahrzeug regelmäßig im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig werde, werde zunehmend von der obergerichtlichen Rechtsprechung geteilt
28Während des anhängigen erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte nach ergänzenden Feststellungen mit - an die Rechtsvorgängerin der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) adressierten - Bescheiden vom 20.1.2012 den Verwaltungsakt vom 27.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.1.2010 abgeändert und festgestellt, dass in der von dem Beigeladenen zu 1) vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.
29Mit Urteil vom 25.7.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
30Gegen das ihr am 10.8.2012 zugestellte Urteil hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin am 13.8.2012 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend auf ein Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger vom 5.7.2005 verwiesen, aus dem sich die Vermutung ergebe, dass Existenzgründer, die von der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB III a.F. erhielten, in der betreffenden Tätigkeit selbständig tätig seien. Für die Dauer des Bezugs des Zuschusses komme zwar eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung als versicherungspflichtiger Selbständiger nach § 2 Abs.1 Nr. 10 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Betracht; die Klägerin sei jedoch in diesem Fall nicht für die Beitragszahlung zuständig.
31Zudem habe die Beigeladene zu 3) im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG dargelegt, dass der Gewährung des Gründungszuschuss die Vorlage eines entsprechenden Businessplans vorausgegangen sei. Die Erstellung bzw. Vorlage eines solchen Planes sowie die anschließende behördliche Überprüfung der Nachhaltigkeit und Plausibilität des Gründungskonzepts spreche eindeutig für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
32Die Klägerin beantragt,
33das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 25.7.2012 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheide der Beklagten vom 27.1.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.1.2010 und des Bescheides vom 20.1.2012 festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in dem Zeitraum vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 wegen der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
34Die Beklagte beantragt,
35die Berufung zurückzuweisen.
36Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
37Mit Beschluss vom 20.8.2012 hat die Gesellschafterversammlung der vormaligen Klägerin einen Formwechsel gemäß §§ 190 bis 213, 226 bis 237 Umwandlungsgesetz (UmwG) zu Gunsten einer Kommanditgesellschaft mit der Firma T GmbH & Co. KG beschlossen. Wegen der Einzelheiten des am 5.9.2012 in das Handelsregister des Amtsgerichts T (HR A 000) eingetragenen Formwechsels wird auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages der nunmehrigen Klägerin vom 20.8.2012 Bezug genommen.
38Der Senat hat am 22.4.2015 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
39Im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht weder der Beigeladene zu 1) noch Vertreter der Beigeladenen zu 2), 4) und 5) erschienen sind, hat der Senat zur Ausgestaltung der Zusammenarbeit der Rechtsvorgängerin der Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) Beweis erhoben durch Vernehmung des Mitarbeiters der Klägerin, des Zeugen S. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
40Der Senat hat zudem Einsicht genommen in den ab dem 1.5.2006 geltenden Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen vom 4.9.2006 sowie den in dieser Branche ab dem 1.5.2008 geltenden Lohntarifvertrag vom 21.4.2009. Auf den Inhalt dieser Tarifverträge wird Bezug genommen.
41Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen zu 3). Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
42Entscheidungsgründe:
43Der Senat konnte in Abwesenheit des Beigeladenen zu 1) sowie der Beigeladenen zu 2), 4) und 5) verhandeln und entscheiden, da er sie mit ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
44I. Die am 13.8.2012 bei dem erkennenden Gericht ursprünglich von deren Rechtsvorgängerin eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am 10.8.2012 zugestellte Urteil des SG Münster ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und gemäß § 151 Abs. 1, Abs. 3, §§ 63, 64 Abs. 1, Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
45Der Zulässigkeit der Berufung steht auch nicht der Wegfall der Beteiligtenfähigkeit (§§ 69 Nr. 1, 70 Nr. 1 SGG) der ursprünglich im Aktivrubrum geführten Klägerin, der T GmbH, entgegen, obgleich diese Gesellschaft in der ursprünglichen Rechtsform als GmbH nicht mehr existiert. Im Hinblick auf den nach Einlegung der Berufung am 20.8.2012 beschlossenen und am 5.9.2012 in das Handelsregister eingetragenen Formwechsel durch Umwandlung (§§ 190 bis 213, 226 bis 237 UmwG) zugunsten der nunmehrigen Klägerin bedurfte es lediglich der Berichtigung des Rubrums (vgl. hierzu auch Oberlandesgericht [OLG] Köln, Urteil v. 5.8.2003, 3 U 30/03; Sächsisches Oberverwaltungsgericht [OVG], Beschluss v. 26.8.2008, 3 B 7/08; vgl. auch BSG, Urteil v. 4.3.2004, B 3 KR 12/03 R, juris), die der Senat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten vorgenommen hat.
46II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27.1.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.1.2010 sowie gegen den Bescheid vom 20.1.2012 zu Recht abgewiesen. Diese Bescheide beschweren die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil sie nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV zutreffend festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in der vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 für die Rechtsvorgängerin der Klägerin ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
471. Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.
48a) Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zunächst ihre ursprüngliche unzulässige isolierte Feststellung, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin werde "im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses" (Bescheid v. 27.1.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 13.1.2010) entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2;Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72) in formell rechtmäßiger Weise dahingehend korrigiert, es bestehe Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (Bescheid v. 20.1.2012, der gemäß § 96 SGG Verfahrensgegenstand geworden ist).
49b) An dieser Feststellung war die Beklagte nicht deshalb gehindert, weil ein anderer Versicherungsträger, namentlich die Beigeladene zu 3) mit dem Verfahren auf Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB III, zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet" hatte.
50aa) In konsequenter Fortführung der unter a) zitierten Rechtsprechung des BSG kann ein Verfahren "zur Feststellung einer Beschäftigung" nur ein solches sein, dass auf die Feststellung von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung aufgrund einer konkreten Auftragsbeziehung (vgl. dazu Pietrek in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7a Rdnr. 28 ff.) gerichtet ist. Eine dahingehende Feststellung hat das Bewilligungsverfahren nach § 57 SGB III a.F. indessen nicht zum Gegenstand gehabt. Die Beigeladene zu 3) hat vielmehr über die Bewilligung einer Leistung (Gründungszuschuss) entschieden und in diesem Rahmen lediglich inzidenter die Frage geprüft, ob der Beigeladene zu 1) beabsichtigte, eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Eine Beurteilung des versicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 3) in seiner Vertragsbeziehung zur Klägerin ist dagegen zu keinem Zeitpunkt angestrebt worden oder erfolgt.
51bb) Das Verfahren auf Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB III a.F. (jetzt: § 93 SGB III) kann auch deshalb kein "Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung" im Sinne von § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV sein, weil es nicht nur inhaltlich, sondern auch zeitlich einen anderen Prüfungsgegenstand hat. Der Gründungszuschuss setzt nach § 93 Abs. 1 SGB III lediglich die "Aufnahme" einer selbständigen Tätigkeit voraus. Dafür reicht es, dass erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wurde (vgl. BSG, Urteil v. 1.6.2006, B 7a AL 34/05 R, SozR 4-4300 § 57 Nr. 1), z.B. die Anmietung von Gewerberäumen, die Einrichtung von Geschäftskonten und dergleichen (vgl. Kuhnke in jurisPK-SGB III, 2014, § 93 Rdnr. 16 m.w.N.). Das Eingehen konkreter Vertragsbeziehungen zu Auftraggebern - die allein Prüfungsgegenstand eines Verfahrens nach § 7a SGB IV sein können - ist demgegenüber noch nicht erforderlich, sondern regelmäßig erst geplant.
522. Die Feststellung der Beklagten, wonach der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 wegen einer Beschäftigung bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, ist nicht zu beanstanden.
53Die Versicherungspflicht ergibt sich in der Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 SGB VI, in der Kranken- und Pflegeversicherung aus§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, da der Beigeladene zu 1) bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum gegen Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) abhängig beschäftigt gewesen ist.
54Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
55a) Die Regelung des mit Wirkung zum 1.7.2009 durch Art. 1 Nr. 3 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I, 3024) aufgehobenen § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV, wonach für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 421l SGB III beantragen, widerlegbar vermutet wurde, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind, ist nicht anzuwenden. Gleiches gilt für § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB IV, wonach für die Dauer des Bezuges dieses Zuschusses die Person als selbständig tätig gilt. Die Regelungen dienten der Verfahrensvereinfachung und sollten Existenzgründungen erleichtern; der Amtsermittlungsgrundsatz blieb davon jedoch unberührt (Bayerisches LSG, Urteil v. 29.3.2011, L 8 AL 152/08, juris; Senat, Urteil v. 12.3.2014, L 8 R 431/11, juris, Rdnr. 69).
56Einen in den Anwendungsbereich der Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV fallenden Zuschuss nach § 421l SGB III hat der Beigeladene zu 1) weder beantragt, noch ist ihm ein solcher bewilligt worden. Der Beigeladene zu 1) hat ausweislich des Inhalts der vom Senat beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen zu 3) einen Gründungszuschuss nach § 57 SGB III a.F. beantragt und erhalten. Für einen nach dieser Anspruchsgrundlage gewährten Gründungszuschuss gilt die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV a.F. nicht (vgl. hierzu auch Bayerisches LSG, Urteil v. 28.5.2013, L 5 R 863/12, juris, Rdnr. 48).
57Ohnehin kann sich die Klägerin auf die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV a.F. schon deshalb nicht berufen, da das auf die Bewilligung des Gründungszuschusses gerichtete Verwaltungsverfahren der Beigeladenen zu 3) mit Erlass ihres Bescheides vom 26.10.2006 seinen Abschluss gefunden hatte (vgl. § 8 SGB X). Entsprechendes gilt für die Regelung des § 7 Abs. 4 Satz 2 SGB IV a.F., weil der Beigeladene zu 1) im Zeitpunkt seiner am 3.9.2007 für die Rechtsvorgängerin der Klägerin aufgenommenen Tätigkeit einen Gründungszuschuss nicht bezog. Der Bewilligungsbescheid der Beigeladenen zu 3) hatte im Zeitpunkt der Ausübung der streitbefangenen Tätigkeit bereits seine Wirksamkeit infolge Zeitablaufs verloren (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X). Die Bewilligung des Gründungszuschusses durch die Beigeladene zu 3) war nämlich ausweislich ihres Bescheides vom 26.10.2006 auf den Zeitraum bis zum 8.7.2007 befristet (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X).
58b)Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
59Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
60Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das SG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1) vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Sinne des § 7 SGB IV beschäftigt war.
61aa) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sind zunächst die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Diese erlauben die Zuordnung der Vertragsbeziehungen zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) zum Typus einer Dauerrechtsbeziehung.
62(1) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter Würdigung des Vorbringens der Beteiligten im gesamten Verfahren steht zunächst fest, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beigeladene zu 1) keine schriftlichen Vereinbarungen über ihre Zusammenarbeit getroffen haben. Zum Inhalt der mündlichen Verabredungen haben die Beteiligten im Verwaltungsverfahren vorgetragen, der Beigeladene zu 3) erhalte einzelne Aufträge, die jeweils ausgehandelt würden. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die Klägerin hierzu erläutert, es sei "teilweise zu Beauftragungen auch kürzer er Touren (Tagestouren) oder aber auch längerer Touren im internationalen Verkehr (Mehrtagestouren)" gekommen (Schriftsatz v. 29.11.2011). Teilweise abweichend davon hat der Zeuge S bei seiner Vernehmung durch den Senat bekundet, die Klägerin habe, wenn nicht genug angestellte Fahrer zur Verfügung gestanden hätten, bei "selbständigen Fahrern" nachgefragt, ob diese für bestimmte Zeiträume (eine Woche bis mehrere Wochen) als "Urlaubs- oder Krankheitsvertretung" verfügbar seien. Wenn die betreffenden Fahrer zugesagt hätten, hätten sie - ebenso wie fest angestellte Fahrer - ihre Aufträge per SMS bzw. - wie die Geschäftsführerin der Klägerin ergänzend erläutert hat - per Telematik erhalten. Dabei seien der Fahrauftrag ebenso zugewiesen worden wie der zu benutzende Lkw oder der Ort der Hinterlegung des Fahrzeugschlüssels. Aus der Auswertung der vom Beigeladenen zu 1) erstellten Rechnungen ergibt sich weiter, dass dieser in dem 61 Kalenderwochen umfassenden Zeitraum vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 in 47 Kalenderwochen für die Rechtsvorgängerin der Klägerin tätig geworden ist und dabei pro Einsatzwoche durchschnittlich rund 65 von dieser als vergütungsfähig erachtete Arbeitsstunden geleistet hat. Das entspricht unter Berücksichtigung von Urlaubstagen und Fehlzeiten wegen Arbeitsunfähigkeit annähernd dem zeitlichen Einsatz eines Arbeitnehmers im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung.
63(2) Ausgehend hiervon ist die Beklagte zutreffend zu der Annahme gelangt, zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) habe ein Dauerrechtsverhältnis bestanden.
64Der Vortrag der Klägerin, der Beigeladene zu 3) sei lediglich im Rahmen einzelner Fahraufträge tätig geworden, ist schon aufgrund der Aussage des Zeugen S, wonach die "selbständigen" Fahrer jeweils für Zeiträume von ein bis zu mehreren Wochen engagiert würden und in diesem Rahmen Fahraufträge ebenso bekämen wie fest angestellte Fahrer, widerlegt. Die Geschäftsführerin der Klägerin ist dieser Aussage in der mündlichen Verhandlung auch nicht entgegengetreten.
65Aufgrund der Beweisaufnahme ist der Senat aber auch nicht davon überzeugt, dass zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) jeweils nur befristete Verträge, sei es auch im Rahmen sog. Kettenbefristungen, zustande gekommen sind. Schriftliche Vereinbarungen hierzu sind nicht geschlossen worden. Die vom Beigeladenen zu 1) vorgelegten Rechnungen belegen bei der bereits beschriebenen, eher für eine Dauerrechtsbeziehung sprechenden Auftragsdichte zudem die kontinuierliche Benutzung ein und desselben, durch Kraftfahrzeugkennzeichen identifizierbaren Lkws für längere Zeiträume, obwohl davon auszugehen ist, dass auch die Rechtsvorgängerin der Klägerin über eine Vielzahl eigener bzw. angemieteter Fahrzeuge verfügte. So hat der Beigeladene zu 3) beispielsweise das Fahrzeug mit dem Kennzeichen xxx in der Zeit vom 14.7.2008 bis zum 14.11.2008 (also über einen Zeitraum von vier Monaten) durchgängig geführt. Zumindest indiziell für eine Dauerrechtsbeziehung spricht zusätzlich der Umstand, dass in diesem Zeitraum die Rechnung Nr. 828 v. 10.8.2008 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin um vier Stunden gekürzt worden ist mit der Begründung, "Heimfahrt in den Urlaub" werde nicht bezahlt.
66Da sich weder das Zustandekommen einzelner tourenbezogener Aufträge noch lediglich befristeter Verträge nachweisen lässt und weitere Erkenntnisquellen nicht zur Verfügung stehen, ist mit Blick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme die Annahme der Beklagten, es liege ein Dauerrechtsverhältnis vor, nicht zu beanstanden (vgl. zur objektiven Beweislast insoweit auch Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil v. 12.10.1994, 7 AZR 745/93, AP Nr. 165 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
67bb) Die nach der Typisierung des Gesetzgebers für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Anhaltspunkte (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) liegen nach dem Gesamtergebnis der gerichtlichen Feststellungen vor. Der Beigeladene zu 1) unterlag bei Ausübung seiner Tätigkeit den Weisungen der Klägerin [nachfolgend unter (1)] und war in deren betriebliche Arbeitsorganisation eingegliedert [nachfolgend unter (2)].
68(1) Bei der Ausübung der Tätigkeit war der Beigeladene zu 1) einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterworfen. Diese Weisungen bezogen sich nicht nur auf (a) Frachtgut, Empfänger und Lieferfrist (§§ 407, 418, 423 HGB), sondern auch (b) auf den zu benutzenden Lkw, den Ort der Übergabe dieses Lkws, die Übernahme der Fahrzeugschlüssel, den Ort der Abgabe des Lkws nach Erledigung des Auftrags und die Verpflichtung zur Übermittlung von Tankbelegen.
69Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die unter (a) genannten Weisungen auch einem selbständigen Frachtführer erteilt werden können. Auch Transportfahrer können nämlich - selbst bei einer für Frachtführer geltenden gesetzgeberischen Wertung als selbständige Gewerbetreibende bei weit reichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes - jedenfalls dann sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte einzuordnen sein, wenn sich die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nicht auf die jeden Frachtführer treffenden gesetzlichen Bindungen beschränken, sondern wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, die die Tätigkeit engeren Bindungen unterwerfen (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, a.a.O.). So liegt es hier. Denn der dem Leitbild der §§ 407 ff. HGB nach selbständige Frachtführer unterliegt den unter (b) genannten Weisungen typischerweise nicht. Die Gesamtbetrachtung der Weisungsbefugnisse der Klägerin lässt indessen nennenswerte Entscheidungsspielräume des Beigeladenen zu 1) nicht mehr erkennen.
70Gegen diese Beurteilung spricht auch nicht das Argument der Klägerin, der Beigeladene zu 1) habe über die Annahme eines ihm angetragenen Transportangebotes frei entscheiden dürfen. Jenseits des Umstandes, dass sich derartige Ablehnungen von Angeboten der Rechtsvorgängerin der Klägerin angesichts des dokumentierten Umfangs der tatsächlichen Inanspruchnahme des Beigeladenen zu 1) erkennbar auf Ausnahmefälle beschränkt haben und für die Beziehung der Vertragsbeteiligten nicht prägend war, spricht das Recht zur Ablehnung von einzelnen Arbeitsangeboten bzw. -aufträgen nicht gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses bzw. einer abhängigen Beschäftigung (vgl. EuGH, Vorabentscheidung v. 26.2.1992, C-357/89, Slg. 1992 I, 1027 ff.; BAG, Urteil v. 17.4.2013, 10 AZR 272/12, AP Nr. 125 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
71(2) Der Beigeladene zu 1) war zudem in den für ihn fremden Betrieb der Rechtsvorgängerin der Klägerin als der Weisungsgeberin und demnach in die ihm einseitig durch sie vorgegebene Arbeitsorganisation eingegliedert (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.).
72Er hat unter Inanspruchnahme eines von der Unternehmensgruppe der Klägerin gehaltenen Fahrzeugs Transportaufträge nach Maßgabe der von ihr festgelegten Tourenpläne ausgeführt und hierbei an der Erfüllung ihrer speditionsvertraglichen Pflichten gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern mitgewirkt. Hierbei sind ihm die zu erledigenden Transportaufträge durch die Disponenten der Klägerin detailliert vorgegeben worden. Seine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin wird auch dadurch offenbar, dass er (zumindest auch dann) gezielt beauftragt wurde, wenn es zu krankheits- oder urlaubsbedingten Personalengpässen bei den festangestellten Kräften kam. Dieser betriebliche Hintergrund der Zusammenarbeit zwischen ihm und der Rechtsvorgängerin der Klägerin lässt zur Überzeugung des Senats ohne Weiteres den Schluss zu, dass er Teil des Personaltableaus der Klägerin war, auf das diese zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Speditionsaufträgen zurückgriff. Seine Integration in die betriebliche Organisation der Rechtsvorgängerin der Klägerin manifestiert sich auch durch die von dem Zeugen S glaubhaft beschriebene Übung, wonach er das ihm zugewiesene Fahrzeug nach Beendigung eines Auftrags zu einem bestimmten Platz zu bringen hatte, damit dieses von dem nächsten Fahrer übernommen werden konnte. Auch dies zeigt, dass er arbeitsteilig in die personelle Gesamtstruktur der Rechtsvorgängerin der Klägerin eingebunden war.
73Schließlich zeigen die beigezogenen Rechnungen des Beigeladenen zu 1), dass dieser einer genauen Kontrolle seiner Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht unterlag, die ebenfalls für eine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Klägerin spricht. Neben der bereits erwähnten gekürzten Rechnung v. 10.8.2008 spricht hierfür auch der aktenkundige "Arbeitszeitennachweis für die 12. KW", der eine detaillierte Dokumentation der Arbeits- und Fahrzeiten, der Stehzeiten einschließlich des Grundes sowie der Pausenzeiten enthält.
74cc) Für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Merkmale sind nicht in einem Maße vorzufinden, dass diese im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung aller für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit relevanten Tatsachen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien maßgeblich zurückdrängen würden.
75(1) Dass der Beigeladene zu 1) über eine eigene, unabhängig von dem Betrieb der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin bestehende Betriebsstätte, verfügen konnte, wird weder von den Beteiligten des Statusfeststellungsverfahrens behauptet, noch ist dies ersichtlich. Über wesentliche eigene Betriebsmittel, insbesondere über einen auf ihn zugelassenen Lkw, verfügte er ebenfalls nicht.
76(2) Den Beigeladenen zu 1) traf auch kein für eine selbständige Tätigkeit sprechendes, maßgebliches Unternehmerrisiko. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium dafür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, wobei die Belastung mit Risiken im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft nur dann für Selbständigkeit spricht, wenn ihr eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenüber steht (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, a.a.O., BSG, Urteil v. 25.1.2001, B 12 KR 17/00 R; BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R; jeweils juris).
77Der Beigeladene zu 1) hat zur Ausübung der streitbefangenen Tätigkeit jedoch weder Kapital noch Arbeit mit der - ein unternehmerisches Risiko begründenden - Gefahr des Verlustes eingesetzt.
78(a) Der Beigeladene zu 1) setzte zur Erfüllung der streitbefangenen Transportaufträge weder ein eigenes Transportfahrzeug, noch sonstige Betriebsmittel ein. Er hat vielmehr durch den Verzicht auf die Anschaffung eines eigenen Speditionsfahrzeugs ein solches Risiko gerade vermieden. Das für die Ausführung der Transportaufträge erforderliche Fahrzeug ist ihm vielmehr von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gestellt worden. Soweit die Klägerin behauptet hat, der Beigeladene zu 1) habe wegen der Bereitstellung der Fahrzeuge Mietzahlungen leisten müssen, hat sich dieser Vortrag - worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat - im gerichtlichen Verfahren nicht bestätigt.
79(b) Zudem wurde der Beigeladene zu 1) nach einem festen Stundenlohn vergütet, sodass der Einsatz seiner Arbeitskraft unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg seiner Tätigkeit für die Klägerin vergütet wurde. Der vereinbarte Stundenlohn von (lediglich) 13,00 EUR lässt nennenswerte eigene unternehmerische Gestaltungsräume zugunsten des Beigeladenen zu 1) auch nicht zu.
80Soweit die Klägerin geltend macht, der Beigeladene zu 1) sei einem Risiko der Insolvenz seines Auftraggebers ausgesetzt, trifft ein solches Risiko auch eine Vielzahl von Beschäftigten, die gleichfalls der Gefahr ausgesetzt sind, im Falle einer Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers einen aus der Bereitstellung der Arbeitsleistung erworbenen Vergütungsanspruch nicht realisieren zu können.
81(c) Soweit die Klägerin eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) schließlich damit zu begründen versucht, es seien weder Ansprüche auf Inanspruchnahme von Erholungsurlaub noch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall begründet worden, rechtfertigt dieser Umstand nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos in einem von der Rechtsprechung geklärten Sinne. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.
82(3) Der Beigeladene zu 1) verfügte hinsichtlich der Arbeitszeit und der Ausgestaltung der Tätigkeit für die Rechtsvorgängerin der Klägerin auch nicht über nennenswerte unternehmertypische Freiheiten. Er war nach dem Ergebnis der Feststellungen im gerichtlichen Verfahren aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht wie ein selbständiger Frachtführer im Wesentlichen frei, seine Tätigkeit zu gestalten und seine Arbeitszeit zu bestimmen. Vielmehr war er während der Dauer der Zusammenarbeit mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin umfassend in deren Betriebsorganisation eingebunden und von der Bereitstellung der für die Transportaufträge erforderlichen Betriebsmittel durch die Klägerin abhängig. Letztere gab zudem durch ihre Disponenten dem Beigeladenen zu 1) die Tourenplanung und das zu verwendenden Fahrzeugs verbindlich vor.
83(4) Die vor Aufnahme der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Rechtsvorgängerin der erfolgte Gewerbeanmeldung mit den Tätigkeiten "Dienstleistungen aller Art, überwiegend Fahrdienstleistung" spricht gleichfalls nicht entscheidend für eine selbständige Tätigkeit, da die formale Anmeldung eines Gewerbes für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der zu beurteilenden Tätigkeit ohne jede Aussagekraft ist. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers in einer konkreten Rechtsbeziehung zu seinem Auftraggeber wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft.
84dd) In der Gesamtabwägung sprechen gewichtige Aspekte für eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die betriebliche Organisation der Rechtsvorgängerin der Klägerin und eine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1). Demgegenüber sind für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmale in einem allenfalls marginalen Umfang gegeben. In der gebotenen Gesamtabwägung überwiegen zur Überzeugung des Senats die für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sprechenden Merkmale eindeutig.
853. Die Beklagte hat den Eintritt der Versicherungspflicht zutreffend beginnend mit dem 3.9.2007, dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung, festgestellt.
86Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV kommt nicht in Betracht, da der Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a Abs. 1 SGB IV vom 19.6.2008 nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit für die Klägerin (3.9.2007) gestellt worden ist.
87Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
88Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
89Die Festsetzung des Streitwertes richtet sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1, 3, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz und damit nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden (wirtschaftlichen) Bedeutung der Angelegenheit nach Ermessen des Gerichts. Bei einem Statusfeststellungsverfahren liegt das wirtschaftliche Interesse des potentiellen Arbeitgebers in der Vermeidung einer Beitragslast (vgl. Senat, Beschluss v. 14.5.2012, L 8 R 158/12 B, zitiert nach juris). Maßgebend für die Festsetzung des Streitwerts im Statusfeststellungsverfahren ist damit die mögliche Höhe des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Heranzuziehen ist das gesamte mögliche Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 SGB IV, begrenzt auf die Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze. Der maßgebliche Zeitraum richtet sich bei längerfristigen Arbeitsbeziehungen in der Regel nach deren absehbarer Dauer, begrenzt auf einen Zeitraum von drei Jahren.
90Die von der Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beigeladenen zu 1) im Zeitraum vom 3.9.2007 bis zum 30.10.2008 geleisteten Zahlungen summieren sich auf 38.717,25 EUR. Ausgehend von diesem Betrag ergibt sich eine etwaige Beitragsbelastung der Klägerin von 15.486,90 EUR. Den auf den nächsten vollen hundert Euro gerundeten Betrag hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten als Streitwert festgesetzt.
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.3.2012 geändert. Unter entsprechender Teilaufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 wird festgestellt, dass die Klägerin für die Zeit vom 1.10.2009 bis zum 31.10.2009 nicht wegen einer Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat. Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob für die von der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ausgeübte Tätigkeit als Hygieneauditorin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
3Die 1976 geborene Klägerin ist Diplom-Ökotrophologin. Seit dem 1.4.2007 ist sie als solche freiberuflich in der Ernährungswirtschaft sowie im Rahmen der Ernährungsberatung für eine hausärztliche Praxis in N und als Dozentin in der Erwachsenenbildung tätig. Bei der Beigeladenen zu 1) handelt es sich um ein Prüf-, Testier- und Zertifizierungsunternehmen, welches sich u.a. mit der Prüfung der Einhaltung von Hygienestandards der Lebensmittelbranche im Bereich der gesamten Nahrungsmittelkette, angefangen vom Tierfutter über die Tierhaltung bis zur Produktion und zum Verkauf in Lebensmittelmärkten beschäftigt. Im letztgenannten Bereich bietet die Beigeladene zu 1) ihren Endkunden u.a. in vertraglich vereinbarten Zeitabständen visuelle Hygienekontrollen einschließlich mikrobiologischer Probenentnahmen und Etikettierungskontrollen für Filialen selbständiger Einzelhändler oder Regiebetriebe entsprechender Einzelhandelsketten an. Sind die Voraussetzungen erfüllt, wird ein Hygienezertifikat vergeben. Die Hygienekontrollen werden dabei auf der Grundlage sog. "T-Checklisten" (nachfolgend: Checklisten) durchgeführt, die die Beigeladene zu 1) gemäß den Kundenwünschen, den Zertifizierungsvoraussetzungen und den gesetzlichen Vorgaben zusammenstellt. Nach Kontrolle und Probenentnahme wird ein Abschlussgespräch mit dem jeweiligen Verantwortlichen vor Ort geführt und ein (vorläufiger) (Mängel-)Bericht überlassen. Die gewonnenen Ergebnisse erfasst die Beigeladene zu 1) in einer Datenbank, zu welcher der Endkunde Zugriffsrechte erhält. Für die Ausführung der angebotenen Leistungen setzt die Beigeladene zu 1) sog. Auditoren ein, von denen sie acht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und 33 als sog. freie Mitarbeiter beschäftigt. Die letztgenannten Auditoren - unter ihnen die Klägerin - sind regional verteilt; für Nordrhein-Westfalen sind neun freie Mitarbeiter tätig.
4Die Klägerin schloss mit der Beigeladenen zu 1) am 1. bzw. 16.10.2009 eine Rahmenvereinbarung, in der es auszugsweise wie folgt heißt:
5"1. Vereinbarungsgegenstand
61.1 Der Auftragnehmer übernimmt mit Wirkung zum 1.10.2009 für den Auftragsgeber die Durchführung von Kontrolltätigkeiten gemäß Anlage 1.
71.2 Die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung gem. Punkt 1.1 nach Art, Ziel und Umfang ergeben sich aus den jeweiligen Einzelaufträgen.
81.3 Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, den Auftragnehmer gem. Punkt 1.1 zu beauftragen; gleichfalls ist der Auftragnehmer nicht verpflichtet, ihm vom Auftraggeber angetragene Aufgaben zu übernehmen.
91.4 Der Auftragnehmer hat das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen.
102. Weisungsrecht
112.1 Der Auftragnehmer unterliegt bei der Durchführung der von ihm übernommenen Aufgaben gem. Punkt 1 keinen Weisungen des Auftraggebers. Er ist vielmehr hinsichtlich der Durchführung der Rahmenvereinbarung frei.
122.2. Nicht als Weisungen im vorstehenden Sinne gelten jedoch allgemein von dem Auftraggeber erlassene Regelungen, die auf dem Betriebsgelände für jeden Dritten (z.B. Sicherheitsanforderungen, Verkehrsregelungen, etc.) gelten sowie sonstige Vorgaben, die für die Durchführung der Tätigkeit dem Auftragnehmer in allgemeiner Form gegeben werden.
132.3 Im Gegenzug ist der Auftragnehmer nicht befugt, gegenüber Mitarbeitern des Auftraggebers irgendwelche Weisungen auszusprechen.
143. Durchführung der Rahmenvereinbarung
153.1. [ ]
163.2 Der Auftragnehmer hat bei einer evtl. Unterbeauftragung bzw. Einschaltung von Dritten mit Ausnahme evtl. eigener Arbeitskräfte die vorherige schriftliche Zustimmung des Auftraggebers einzuholen, die dieser nur aus wichtigem Grund verweigern darf.
173.3 Der Auftraggeber wird den Auftraggeber - sofern erforderlich - rechtzeitig über die für seine Tätigkeiten relevanten betrieblichen Gegebenheiten informieren, Hintergrundinformationen mitteilen und gegebenenfalls erforderliche Unterlagen übergeben.
183.4 Sofern zwischen den Parteien ein Terminplan/Fristen vereinbart wurde, kommt der Auftragnehmer bei Nichterfüllung einer fälligen Leistung ohne gesonderte Mahnung in Verzug.
193.5 Beabsichtigt der Auftragnehmer, einen Auftrag für den Auftraggeber gemäß Punkt 1.3 nicht zu übernehmen, so hat er dies dem Auftraggeber unverzüglich nach Auftragsübermittlung mündlich oder schriftlich mitzuteilen.
203.6 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich auf dem vertragsgegenständlichen Gebiet fortzubilden und insofern im Rahmen der Durchführung der Vereinbarung den jeweils neuesten Stand der Entwicklung und Erkenntnisse zu berücksichtigen und einfließen zu lassen.
213.7 Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er die nötigen Qualifikationen, Zulassung etc. für die ordnungsgemäße Durchführung der Kontrollen hat.
224. Erfüllungsort
23Der Auftragnehmer ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes frei, sofern sich nicht aus der Besonderheit der übernommenen Tätigkeit etwas anderes notwendigerweise ergibt.
245. Arbeitszeit
255.1 Der Auftragnehmer unterliegt hinsichtlich seiner Arbeitszeit keinen Beschränkungen oder Auflagen des Auftraggebers. Der Auftraggeber erstellt für den Auftraggeber jeweils monatlich eine Liste der zu erfüllenden Aufträge. In der Einteilung seiner Zeit zur Erfüllung seiner Aufgaben ist der Auftragnehmer frei und vereinbart selbstständig die Termine. Sollte der jeweilige Zeitplan vom Auftragnehmer nicht eingehalten werden können, wird er den Auftraggeber hierüber rechtzeitig und unverzüglich unterrichten unter Angabe eines nächstmöglichen Nachholtermins.
265.2 Generell wird der Auftragnehmer dem Auftraggeber eine länger andauernde Verhinderung an der Ausübung seiner Tätigkeit jeweils schnellstmöglich anzeigen. [ ].
277. Honorar
287.1 Der Auftragnehmer erhält für die von ihm übernommene und erledigte Tätigkeit eine entsprechend vereinbarte Vergütung gemäß Anlage 1. Der Auftragnehmer wird die Aufstellung der geleisteten Tätigkeiten der Rechnung gemäß Punkt 8.1 als Anlage beifügen.
297.2. Die Regelung des § 616 BGB (Vergütungspflicht bei vorübergehender Dienstverhinderung) wird ausdrücklich ausgeschlossen.
308. Rechnungsstellung/Zahlung
318.1 Der Auftragnehmer wird dem Auftraggeber jeweils bis zum 25. eines Monats für den vorhergehenden Monat eine Rechnung übermitteln unter offenem Ausweis der gesetzlichen Umsatzsteuer.
328.2 Der entsprechende Rechnungsbetrag ist vom Auftraggeber innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungseingang ohne Abzüge mit schuldbefreiender Wirkung auf ein vom Auftragnehmer noch zu benennendes Konto dort eingehend zu überweisen.
338.3 Mit der Zahlung der Vergütung und der eventuell zu erstattenden Reisekosten sowie sonstigen Aufwendungen sind die Leistungen des Auftragnehmers gemäß Punkt 1.1 abgegolten.
349. Reisekosten und sonstige Aufwendungen
35Die Erstattung von Reisekosten und sonstigen Auslagen ist in der Anlage 1 geregelt.
3610. Haftung
3710.1 Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers beschränken sich zunächst auf Nachbesserung. Sollte dies nicht möglich sein, mindert sich das Honorar des Auftragnehmers entsprechend.
3810.2 Im Übrigen haftet der Auftragnehmer nach den gesetzlichen Bestimmungen nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit.
3911. Sozialversicherung/Steuern/Abgaben
4011.1 Nach Aussage des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber hat er den Status eines selbständigen Unternehmers und ist damit nicht sozialversicherungspflichtig. Der Auftragnehmer wird kurzfristig mit der BfA eine Klärung seines Status herbeiführen. Der Auftraggeber ist unverzüglich darüber zu unterrichten. Sollte ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis festgestellt werden, so hat der Auftraggeber in Abweichung von Punkt 16 im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ein Recht zur sofortigen Kündigung dieser Rahmenvereinbarung. Der Auftragnehmer ermächtigt den Auftraggeber, das Ergebnis der Prüfung selbst bei der zuständigen Stelle zu erfragen und weitere sachdienliche Hinweise geben zu dürfen. Der Auftraggeber wird im Übrigen - soweit möglich - den Auftragnehmer im Rahmen der versicherungsrechtlichen Klärung unterstützen.
4111.2 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, dem Auftraggeber Kenntnis von allen weiteren Beschäftigungen und Aufträgen zu verschaffen und ihm hierüber im Falle der Durchführung eines Prüfverfahrens durch die BfA Unterlagen und Belege zur Verfügung zu stellen. Änderungen der Verhältnisse des Auftragnehmers sind dem Auftraggeber unverzüglich und unaufgefordert schriftlich anzuzeigen. Verstößt der Auftraggeber gegen seine Verpflichtung gemäß Punkt 11.2 kann der Auftraggeber die Auftragnehmer-Anteile zur Sozialversicherung rückerstattet und künftig erstattet verlangen, falls die BfA nach der Vermutungswirkung des § 7 Abs. 4 SGB IV ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellt. [ ]."
42Im Übrigen wird auf den Inhalt des Vertrags und seine Anlagen Bezug genommen.
43Am 28.10.2009 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Sie übe für die Beigeladene zu 1) die Tätigkeit eines Auditors Lebensmittel/Hygiene aus. Sie führe selbständig sog. Hygiene-Audits (Hygienekontrollen) und Probennahmen (z.B. bei Fleischwaren) vor Ort im Lebensmitteleinzelhandel durch. Anhand einer Checkliste würden verschiedene Kriterien überprüft wie z.B. Personalhygiene, Ordnung und Sauberkeit der Räume und Kühlhäuser, Temperaturkontrolle der Produkte, Rohstoffe und Kühlgeräte und Kennzeichnungskontrollen (Überprüfung der Etiketten bzw. Preisschilder) an Lebensmitteln. Sie habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Sie könne entscheiden, wann, wo und wie viel sie arbeite. Dies seien durchschnittlich 15 bis 20 Stunden pro Woche. Im Fall der Verhinderung müsse sie niemanden informieren. Sie könne die Aufträge ohne Grund jederzeit stornieren. Eine Vertretung müsse von ihr nicht gestellt werden. Die Aufträge erhalte sie per Mail bzw. über ein SAP-Programm. Bei den Kunden trete sie im Namen des Auftraggebers auf. Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Tätigkeit würden nicht erteilt. Eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern finde nicht statt. Es gebe aber telefonische Rücksprachen zum Erfahrungsaustausch. Übergaben, Kontrollen und Abnahmen ihrer Arbeit gebe es nicht. Für die Tätigkeit würden bestimmte Arbeitsmitteln benötigt, von denen die Beigeladene zu 1) ihr lediglich Styroporkartons und Kühlakkus zur Versendung der Proben, Stomacherbeutel, Rodacplatten und Frachtbriefe zur Verfügung stelle.
44Die Beklagte hörte sie mit Schreiben vom 7.1.2010 zum Erlass eines Bescheides an, mit welchem sie beabsichtigte, das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.2009 festzustellen. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche, dass die Klägerin nach Auftragsannahme vorgeschriebene Arbeitstage und -zeiten einzuhalten habe. Sie werde bei den Kunden des Auftraggebers tätig und somit eingesetzt, um dessen vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Sie sei dadurch in seine Arbeitsorganisation eingegliedert. Es würden Fahrtkosten erstattet. Zudem trete sie als Mitarbeiterin des Auftraggebers auf und habe entsprechende Arbeitskleidung tragen. Demgegenüber seien Merkmale für eine selbständige Tätigkeit nicht ersichtlich.
45Die Klägerin teilte daraufhin mit, dass die Beklagte den Sachverhalt teilweise falsch wiedergegeben habe. Arbeitstage und Arbeitszeiten würden ihr nicht vorgeschrieben. Das Tragen einer weißen Oberbekleidung sei in der Lebensmittelbranche durch den Gesetzgeber vorgeschrieben. Sie stelle für ihre Leistung ordnungsgemäß eine Rechnung an die Beigeladene zu 1), die die gesetzliche Mehrwertsteuer ausweise. Fahrtkosten seien bereits im Pauschalbetrag enthalten. Sie zahle Umsatz- und Einkommensteuer anstelle von Lohnsteuer. Sie führe Geschäftsbücher und habe eine eigene Buchhaltung.
46Die Beigeladene zu 1) teilte auf die Anhörung mit, dass ein unternehmerisches Risiko der Klägerin darin liege, keine weiteren Aufträge akquirieren zu können. Zudem hafte sie auf Schadensersatz. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub. Es bestehe keine Eingliederung in die Arbeitsorganisation. Die Arbeitszeit werde frei gestaltet.
47Mit Bescheid vom 1.3.2010 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.10.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig sei. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Ein späterer Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV komme nicht in Betracht, da die Klägerin ihm nicht zugestimmt habe.
48Am 22.3.2010 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein. Sie wiederholte und vertiefte ihr Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren. Sie kontrolliere vorwiegend Edeka-Märkte. Es gebe dafür eine Checkliste mit ca. 200 Punkten, die in dem jeweiligen Einzelhandelsgeschäft überprüft werde. Sie ziehe zudem Proben in den Geschäften und überprüfe die Dokumente. Die Proben würden nach I in das Labor der Beigeladenen zu 1) verschickt, wo sie ausgewertet würden. Am Ende der Dokumentenprüfung und Probenentnahmen schreibe sie einen (vorläufigen) Bericht für das jeweilige Einzelhandelsgeschäft, welcher der Beigeladenen zu 1) in digitaler Form zur Verfügung gestellt werde. Von der Beigeladenen zu 1) werde ihr nur vorgegeben, wo die Kontrollen durchzuführen seien. Sie erhalte ein Pauschalhonorar, welches unabhängig davon sei, wie viel Zeit sie in einem Markt tatsächlich verbringe. Sie trete nicht als Mitarbeiterin der Beigeladenen zu 1) auf. Sie nutze ihren eigenen Pkw.
49Mit Datum vom 18.5.2010 änderte die Beklagte zunächst den Bescheid vom 1.3.2010 dahingehend ab, dass in der seit dem 1.10.2009 ausgeübten Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.8.2010 wies sie den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid ging der Klägerin am 25.8.2010 zu.
50Dagegen hat die Klägerin am 27.9.2010 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Sie hat ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Zu berücksichtigen sei zudem, dass sie die Pauschalpreise einzeln mit dem Zeugen X ausgehandelt habe.
51Die Klägerin hat beantragt,
52die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 zu verurteilen festzustellen, dass ihre Tätigkeit bei der Beigeladenen selbständig ausgeübt wird.
53Die Beklagte hat beantragt,
54die Klage abzuweisen.
55Sie hat zunächst auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Es sei von einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) auszugehen. Die Endkunden würden die Beigeladene zu 1) mit der Prüfung der Einhaltung der Hygienestandards beauftragen, welche diese weiterleite. Sofern die Klägerin diese Aufträge annehme, sei die Erledigung fristgebunden. Zwar stehe es ihr frei, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Jedoch werde damit lediglich die Entschließungsfreiheit begründet, nach Ende einer Vertragsbeziehung eine neue zu begründen oder abzulehnen. Bestehende Freiheiten hinsichtlich der Terminierung der einzelnen Prüfungen würden dagegen nicht über die Freiheit einer abhängig Beschäftigten hinausgehen. Die Klägerin habe zudem unter Verwendung der durch die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel Proben entnommen, die dann auf Kosten der Beigeladenen zu 1) in deren Labor untersucht würden. Sie habe die Leistungen zwar nicht persönlich erbringen müssen. Allerdings wäre beim Einsatz dritter Arbeitskräfte zunächst die schriftliche Zustimmung des Auftraggebers erforderlich gewesen, der diese erst nach Prüfung der fachspezifischen Eignung der Person erteile. Dies spreche eindeutig gegen eine Selbständigkeit der Klägerin, die als Selbständige die fachliche Eignung des von ihr eingesetzten Personals selbst prüfen müsste.
56Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen. Ihren bisherigen Vortrag vertiefend hat sie ausgeführt, dass die Klägerin ihre Aufträge per E-Mail bzw. über ein SAP-Programm erhalte. Der Zeitraum, der für die Aufträge angesetzt werde, werde vermerkt. Innerhalb dieses Zeitrahmens könne sie ihre Tätigkeit frei einteilen. Sie sei nicht in den Betriebsablauf eingegliedert. Sie plane die Routen für die von ihr übernommenen Aufträge selbst und könne die für sie optimale Gestaltung im Hinblick auf einen möglichst geringen Zeitaufwand und Fahrweg frei wählen. Sie trage auch ein unternehmerisches Risiko, denn bei mangelnden Aufträgen erziele sie kein Einkommen. Die Klägerin verfüge über eigene Büroräume und damit über eine eigene Betriebsstätte.
57Mit Beschluss vom 7.12.2010 hat das SG die Beigeladene zu 1) beigeladen und mit Urteil vom 27.3.2012 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
58Die Klägerin hat gegen das ihr am 13.4.2012 zugestellte Urteil am 9.5.2012 und die Beigeladene zu 1) hat gegen das ihr ebenfalls am 13.4.2012 zugestellte Urteil am 4.5.2012 Berufung eingelegt. Klägerin und Beigeladene zu 1) wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend tragen sie vor, dass das SG zu Unrecht den Willen der vertragsschließenden Parteien nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt habe. Ferner schließe die auszuübende Tätigkeit aufgrund ihrer Art und Komplexität Weisungen der Beigeladenen zu 1) aus. Die Klägerin habe ein unternehmerisches Risiko. Sie habe einen Dienstwagen im Wert von 15.000 Euro, eine Kühlbox für ca. 50 Euro, mobile Drucker für etwa 300 Euro und Arbeitskleidung für 200 bis 300 Euro angeschafft. Hinzu kämen Verbrauchsutensilien sowie weitere Gegenstände, wie etwa ein Thermometer, das alleine etwa 200 bis 300 Euro koste. In ihrem Betriebsvermögen befänden sich zwei Laptops, wobei sie extra für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) zwei mobile Drucker sowie einen Laptop angeschafft habe, auf dem sie eine spezielle Software habe installieren müssen. Ergänzend verweisen sie insbesondere auf ein Urteil des BSG v. 28.9.2011 (B 12 R 17/09 R, USK 2011-125).
59Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) beantragen,
60das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 27.3.2012 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 festzustellen, dass für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.10.2009 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
61Die Beklagte beantragt,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
64Mit Beschluss vom 14.11.2012 hat der Senat die Beigeladenen zu 2) bis 4) beigeladen. Auf Anforderung hat die Klägerin einige Einzelaufträge, Rechnungen, exemplarische Audit-Berichte und ihre Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 sowie die Beigeladene zu 1) ihren Integritäts- und Berufskodex eingereicht.
65Der Senat hat am 29.10.2013 ein Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt, in diesem die Klägerin angehört und den präsenten Zeugen X, der als Divisionsmanager für den Außendienst der Beigeladenen zu 1) zuständig ist, uneidlich vernommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 5.3.2014 hat der Senat die Klägerin und den Vertreter der Beigeladenen zu 1) angehört sowie die Zeugen X und X1, den Disponenten der Beigeladenen zu 1), uneidlich vorgenommen. Auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
66Im Nachgang hat die Beigeladene zu 1) auf Nachfrage des Senats mitgeteilt, dass die angestellten Auditoren ausgehend von ihrem Wohnort in einem sog. Home Office regional im Umkreis von ca. 150 Kilometern (km) und auch überregional in Deutschland eingesetzt würden. Dies setze der zuständige Einsatzplaner (Disponent) anhand der Qualifikation und Auftragslage in Abstimmung mit dem disziplinarischen Vorgesetzten fest. Sie verfügten überwiegend über ein abgeschlossenes Studium, mehrjährige Berufserfahrung und müssten ihre Qualifikation über Seminare und Trainings erhalten. Ihnen würden Dienstfahrzeug (einschließlich der Verbrauchskosten), EDV (Hard-/Software), Mobilfunkgerät und Büromaterialien zur Verfügung gestellt. Exemplarische Anstellungsverträge hat die Beigeladene zu 1) vorgelegt. Die Planung der zu prüfenden Märkte erfolge durch die angestellten Auditoren wöchentlich, wobei dies in Absprache mit dem Disponenten erfolge. Ihnen werde die Route vorgeplant. Sie müssten die Wochenplanung abarbeiten. Alle Prüfaufträge hätten einen Endtermin, der bei der Wochenplanung zu berücksichtigen sei. Ad hoc-Aufträge könnten zu einer kurzfristigen Änderung der Wochenplanung führen. Die festangestellten Mitarbeiter seien verpflichtet, ihre Prüfberichte und Checklisten täglich in die EDV der Beigeladenen zu 1) hochzuladen. Die Disposition überprüfe, ob die Wochenplanung abgearbeitet werde. Die festangestellten Auditoren seien verpflichtet, die Beigeladene zu 1) zu kontaktieren, wenn ein Markt nicht entsprechend der Vorplanung besucht werden könne und einen täglichen Stundennachweis/Tagesbericht auszufüllen, der wöchentlich zum disziplinarischen Vorgesetzten gesandt werde. Die Audits fänden bei angestellten Mitarbeitern vorwiegend montags bis donnerstags statt. Freitags werde die Wochenplanung für die nächste Woche erstellt. Ein freier Auditor erhalte hingegen Angebote für Aufträge gemäß Rahmenvereinbarung und Qualifikation unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben. Er könne diese ablehnen oder annehmen. Freien Mitarbeitern würden die Aufträge Anfang Januar eines jeden Jahres mitgeteilt und es stehe hinsichtlich der daraus gewählten Aufträge zur Durchführung ein Zeitraum von mehreren Monaten zur Verfügung. Eine Überprüfung bzgl. des Fortschritts der übernommenen Aufträge finde hinsichtlich der freien Mitarbeiter nicht statt. Es werde lediglich am Enddatum geprüft, ob durch den freien Mitarbeiter übernommene Aufträge noch offen seien. Der Disponent könne jedoch den Auftragsstand der freien Auditoren über das SAP-System abrufen. Folgender Status sei ersichtlich "angenommen, in Planung, abgelehnt, erledigt". Über das Hochladen der Prüfberichte nach Erledigung des Auftrages sei es für die Beigeladene zu 1) erkennbar, dass dieser Prüfauftrag durch den freien Mitarbeiter bereits erledigt worden sei.
67Im weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23.4.2014 hat der Senat den Beigeladenen zu 1) angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen X und des präsenten Zeugen T, Teamleiter des Customer Services der Beigeladenen zu 1). Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
68Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
69Entscheidungsgründe:
70Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er sie mit den ordnungsgemäßen Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
71Die nach §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässigen Berufungen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des SG Münster vom 27.3.2012 sind hinsichtlich des bereits für den Monat Oktober 2009 festgestellten Beginns der Versicherungspflicht begründet, für die Zeit fortlaufend ab November 2009 allerdings unbegründet.
72Das SG hat die Klage dabei zunächst zu Recht für zulässig erachtet. Sie ist insbesondere fristgerecht durch die Klägerin eingelegt worden. Ihrer Prozessbevollmächtigten ist der Widerspruchsbescheid vom 20.8.2010 am 25.8.2010 zugegangen. Damit endete die Klagefrist grundsätzlich am 25.9.2010. Da es sich dabei jedoch um einen Sonnabend gehandelt hat, lief sie erst am ersten darauffolgenden Werktag und somit am 27.9.2010 ab. Damit ist die Frist von einem Monat durch Einreichung der Klage am 27.9.2010 gewahrt worden, §§ 87 Abs. 1, 2, 85 Abs. 3, 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGG.
73Für die Zeit ab November 2009 hat das SG die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide vom 1.3.2010 und 18.5.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.8.2010 verletzen die Klägerin nur hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht im Oktober 2009 nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in ihren Rechten. Im Übrigen sind die streitgegenständlichen Bescheide jedoch rechtmäßig. Die Beklagte hat insofern nach § 7a Abs. 1 SGB IV bezüglich der von der Klägerin ab November 2009 ausgeübten Beschäftigung als Hygiene-Auditorin bei der Beigeladenen zu 1) rechtmäßig die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen. Die Versicherungspflicht ergibt sich in der Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), in der Kranken- und Pflegeversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, da die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt ist.
74Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
75Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
76Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
77Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das SG zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin seit November 2009 fortlaufend bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt ist. Der Senat geht dabei nach der Beweisaufnahme für die Bewertung der vertraglichen wie der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) von den insoweit übereinstimmenden Angaben der Klägerin, der Beigeladenen zu 1) und den glaubhaften Bekundungen der glaubwürdigen Zeugen X, X1 und T sowie den von den Beteiligten eingereichten Unterlagen aus.
78Danach stellt sich das gelebte Vertragsverhältnis so dar, dass der Customer Service der Beigeladenen zu 1) nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen T zunächst mit dem Endkunden den Inhalt der jeweiligen Projekte aushandelt. Es werden dort u.a. die Zahl der Kontrollen, ihr Inhalt und die anzuwendenden Systeme festgelegt. Auf Grundlage der mit dem Endkunden getroffenen Vereinbarungen und der gesetzlichen Vorgaben erstellt der Customer Service die von den Auditoren abzuarbeitenden Checklisten. Die Aufträge werden dann unter Angabe der im Einzelfall zur Durchführung der Aufträge bei dem jeweiligen Auditor benötigten Qualifikationen an den zur Verteilung zuständigen Außendienst weitergeleitet.
79Im Außendienst sind u.a. der Zeuge X als Divisionmanager und damit disziplinarischer Vorgesetzter der Teamleiter, die wiederum ihrerseits disziplinarische Vorgesetzte der festangestellten Auditoren sind, und der Zeuge X1 als Disponent tätig und für die Verteilung zuständig. Die Auswahl des jeweils einzusetzenden Auditors erfolgt durch den Disponenten zum einen nach der erforderlichen Qualifikation und zum anderen nach der Ortsnähe des Auditors zum Prüfbetrieb, denn die Aufträge werden grundsätzlich nach Postleitzahlen vergeben. Dabei werden Aufträge zunächst an festangestellte Mitarbeiter verteilt. Danach werden die Aufträge den sog. freien Mitarbeitern per E-Mail angeboten. Zu Beginn eines Jahres bietet die Beigeladene zu 1) dabei üblicherweise Auftragspakete an, in denen sie die Prüfungen diverser Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte auflistet, für deren Bearbeitung jeweils mehrere Monate bzw. teilweise ein Zeitraum bis Ende November eines Jahres zur Verfügung stehen. Diese Form des Paketangebots erfolgt ausschließlich individuell. Darüber hinaus ergeben sich Angebote im laufenden Jahr, die sich ebenso an mehrere Auditoren wenden können und für die bei Annahme ebenfalls teils mehrere Wochen und teils mehrere Monate Bearbeitungsdauer gewährt werden. Die Klägerin hat teilweise Angebote der Beigeladenen zu 1) im Paket, einzelne Aufträge daraus sowie einzeln angebotene Aufträge nicht angenommen bzw. zurückgegeben.
80Die Beigeladene zu 1) unterhält ein Internetportal, zu welchem die einzelnen Auditoren einen geschützten Zugang erhalten. Einblick in Aufträge anderer Auditoren wird ihnen nicht gewährt; der Disponent der Beigeladenen zu 1) hat umfassenden Zugriff. Die Auditoren können dort die ihnen angebotenen Aufträge und den Auftragsstatus ersehen, der mit "angenommen", "in Planung", "abgelehnt" und "erledigt" bezeichnet wird. Sie fragen zudem die benötigten Zusatzinformationen ab und erhalten die durch den Customer Service erstellten Checklisten. Der Projektleiter bzw. Projektmanager im Customer Service ist zudem Ansprechpartner für die Auditoren bei Rückfragen. Diese fachliche Leitung ist für freie wie für festangestellte Auditoren identisch. Bei den Auditoren, die auf Grund einer Rahmenvereinbarung für die Beigeladene zu 1) tätig sind, wird zur Prüfung des Auftragsfortschritts nach Aussage des Zeugen X ein regelmäßiges Monitoring durchgeführt. Erscheint die Auftragserfüllung bis zum Endzeitpunkt nicht mehr realistisch, hält die Beigeladene zu 1) mit dem betroffenen Auditor Rücksprache.
81Vor Ort führt die Klägerin namens der Beigeladenen zu 1) unangemeldet die Kontrolle durch, wobei sie die zur Verfügung gestellte Checkliste abarbeitet. Sie fertigt einen vorläufigen Bericht, der mit dem Marktleiter besprochen wird. Diesen Bericht lädt sie in die Datenbank der Beigeladenen zu 1) hoch, welche ihr die dafür benötigte Software zur Verfügung stellt. Die entnommenen Proben leitet sie an das Labor der Beigeladenen zu 1) weiter, wo sie analysiert werden. Ihre Leistungen enden grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt und werden von ihr sodann in Rechnung gestellt.
82In der Regel wird die Probenanalyse nach Eingabe der Ergebnisse durch die EDV der Beigeladenen zu 1) automatisch generiert und ggf. in den vorläufigen Bericht integriert. Die hochgeladenen Berichte der Auditoren durchlaufen einen sog. Technical Review nach dem Vier-Augen-Prinzip durch den Customer Service, der die Plausibilität des Audits überprüft. Im Anschluss an den beanstandungslosen Technical Review wird im Customer Service entschieden, ob dem Endkunden eine Zertifizierung erteilt wird. Diese wird dann ggf. mit dem Bericht an den Kunden geleitet. Werden hingegen Mängel des Berichtes festgestellt, kommt es zu einer Rücksprache. Diese wird zum Teil über den Teamleiter und zum Teil unmittelbar mit dem betroffenen Auditor selbst durchgeführt. Dabei hat der Zeuge T glaubhaft bekundet, dass er diesbezüglich im Prozedere keinen Unterschied zwischen festangestellten und sog. freien Auditoren macht. Nach den weiteren Erläuterungen des Zeugen T führt der Customer Service zudem Jahresgespräche mit den Endkunden. Dort kommt es vor, dass Bitten oder Beschwerden geäußert werden, die er sodann für die Einsatzplanung an den Zeugen X weitergibt. Es gibt im Customer Service jedoch kein System, mit dem Fehlerhäufungen einzelner Auditoren festgehalten werden. Sog. freie Auditoren erhalten nach den glaubhaften Angaben des Zeugen X zwar keine Leistungsbeurteilungen und es wird für sie auch keine dokumentierte Evaluation durchgeführt, allerdings werden Erfahrungswerte über die Zusammenarbeit mit ihnen gesammelt.
83Diese Grundlage in Verbindung mit den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen sind Ausgangspunkt der Prüfung zunächst die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Dabei ist die Klägerin zur Überzeugung des Senats im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit daraus erwachsenden Leistungspflichten ihrerseits für die Beigeladene zu 1) tätig geworden. Dieses Dauerschuldverhältnis haben die Klägerin und die Beigeladene zu 1) allerdings nicht bereits durch ihre Vereinbarung vom 1. bzw. 16.10.2009 begründet. Hierbei handelt es sich aus Sicht des Senats vielmehr um einen Rahmenvertrag. Ein solcher eröffnet eine auf Dauer angelegte Geschäftsverbindung, legt jedoch (im Voraus) nur bestimmte Einzelheiten künftig noch abzuschließender Verträge fest [BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Bundesgerichtshof (BGH), Urteil v. 30.4.1992, VII ZR 159/91, NJW-RR 1992, 977, 978]. Das ist vorliegend der Fall. Die Vertragsparteien haben sich nach dem Wortlaut der Vereinbarung in dieser gerade noch nicht auf eine Leistungspflicht der Klägerin und damit korrespondierend auf ein allgemeines Heranziehungsrecht der Beigeladenen zu 1) geeinigt. Nach Ziff. 1.3 der Vereinbarung war weder die Beigeladene zu 1) verpflichtet, die Klägerin zu beauftragen, noch die Klägerin verpflichtet, angetragene Aufträge anzunehmen. Dafür spricht auch, dass der jeweilige tatsächliche Vertragsgegenstand erst noch konkretisiert werden musste (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 14.2.2012, L 11 KR 3007/11, juris). Es standen nach dem Vertrag weder Dauer, Ort noch die konkrete Anzahl der "Einzelaufträge" fest, die abgewickelt werden sollten. Daher vereinbarten die Vertragsparteien in Ziff. 1.2 der Vereinbarung zudem, dass sich die einzelnen Spezifikationen der Aufgabenstellung nach Art, Ziel und Umfang aus den jeweiligen Einzelaufträgen ergeben werden.
84Werden jedoch "unter dem Dach" eines Rahmenvertrags einzelne, gesonderte, (nur) kurze Vertragsverhältnisse begründet, sind grundsätzlich jeweils nur diese einzelnen "Einsatzaufträge" am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu bewerten (BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.). Der Rahmenvertrag tritt daher - trotz der sich vorliegend daraus ergebenden Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit (z.B. Weisungsfreiheit in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht, kein Anspruch auf Urlaubsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Weihnachtsgratifikation, Firmenwagen und Überstundenvergütung, keine feste Arbeitszeit, kein festes monatliches Gehalt, Rechnungsstellung mit USt.) - in den Hintergrund und übt damit keinen maßgeblichen Einfluss mehr auf die Beurteilung der konkreten Beauftragung aus.
85Die vorliegend zu beurteilende Ausgestaltung von tatsächlicher Beauftragung und Durchführung dieser "Einzelaufträge" stellt sich allerdings nicht als "kurzes" Vertragsverhältnis im o.g. Sinne dar. Denn bei den durch die Beigeladene zu 1) erteilten Paketaufträgen und den üblicherweise vorgegebenen monatelangen Laufzeiten kann der Senat diese nur als sich "überschneidende" und damit jährliche Auftragsverhältnisse werten, die bei wertender Betrachtung zu einem einheitlichem Dauerschuldverhältnis zusammenzufassen sind. Dass sich darunter zusätzlich sog. Ad hoc-Aufträge befinden, die von der Klägerin kurzfristig abzuarbeiten sind, hindert diese Einschätzung nicht. Die bereits begründete dauerhafte Leistungspflicht der Klägerin wird dadurch lediglich überlagert, ist aber nicht anders zu beurteilen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass grundsätzlich Auftragslaufzeiten maximal bis Ende November eines jeden Jahres angesetzt werden. Nach übereinstimmender Auskunft der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) sowie nach Einsicht in das Fahrtenbuch der Klägerin für das Jahr 2012 steht für den Senat fest, dass üblicherweise im Dezember eines Jahres die noch offenen Kontrollen abgearbeitet werden, so dass diesbezüglich keine Beauftragungslücke entsteht und eine durchgängige Leistung der Klägerin erfolgt. Da nach Angaben der Klägerin, denen die übrigen Beteiligten nicht entgegengetreten sind und an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, die erste Beauftragung erst im November 2009 stattgefunden hat, besteht für den Oktober 2009 keine Versicherungspflicht.
86Im Rahmen des festgestellten Sachverhaltes und des o.g. Prüfungsmaßstabs zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem eines abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegendem Umfang vorhanden sind.
87Nach dem festgestellten Sachverhalt ist der Senat vielmehr davon überzeugt, dass die Klägerin in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) eingegliedert ist und dabei deren Weisungsrecht unterliegt.
88Für die Beurteilung, ob jemand in einer von anderer Seite vorgegebenen Arbeitsorganisation eingegliedert ist, muss auf die Verhältnisse abgestellt werden, die nach Annahme des Vertragsverhältnisses im Hinblick hierauf bestanden (BSG, Urteil v. 12.2.2004, B 12 KR 26/02 R, juris; BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Die Klägerin ist zunächst in einen fremden Betrieb, nämlich in den der Beigeladenen zu 1) und folglich in eine ihr einseitig durch diese vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Dagegen spricht zunächst nicht, dass sie nicht am Sitz der Beigeladenen zu 1) tätig ist, sondern maßgeblich bei deren Endkunden und in einem sog. Home-Office. Denn insoweit besteht kein Unterschied zu den unstreitig abhängig beschäftigten Auditoren der Beigeladenen zu 1).
89Der Klägerin ist allerdings zuzugeben, dass sie nicht wie die angestellten Auditoren einer mit dem Disponenten abgestimmten Wochen- und vorgegebenen Routenplanung unterliegt. Sie erhält auch keine schriftliche Leistungsbeurteilung und hat keinen sog. disziplinarischen Vorgesetzten. Ihr werden weder Dienstwagen, Dienstausweis bzw. Visitenkarten zur Verfügung gestellt noch das Home-Office ausgestattet und sie unterliegt auch nicht der Schulungspflicht wie festangestellte Auditoren.
90Diese Umstände stehen der Annahme einer Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) jedoch nicht durchgreifend entgegen. Zunächst kann die Klägerin ihre Tätigkeit nur über die Beigeladene zu 1) ausüben, da diese über die dafür nötigen Zertifizierungen verfügt, sie aber nicht. Ihr allein wäre es daher nicht möglich, auf dem Markt erfolgreich entsprechende Leistungen anzubieten. Sie bedarf dafür zudem des Rückgriffs auf Kundenstamm, Know-how (Checklisten) und Infrastruktur (Labor) der Beigeladenen zu 1). Dies bestätigend hat die Klägerin vorgetragen, dass ihr das Material für die Probenentnahmen von der Beigeladenen zu 1) gestellt werden müsse, da diese ihr nicht zugänglich seien.
91Die Klägerin ist ferner in die elektronische Infrastruktur der Beigeladenen zu 1) eingebunden. Über das Internetportal der Beigeladenen zu 1), zu welchem ihr Zugriffsrechte erteilt wurden, muss sich die Klägerin zunächst die auszuführenden Checklisten herunterladen, die sie dann bei dem Endkunden der Beigeladenen zu 1) abarbeitet. Zudem lädt sie mit Hilfe der zur Verfügung gestellten Software ihre Berichte in die Datenbank der Beigeladenen zu 1) hoch.
92Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin lediglich ein von der Beigeladenen zu 1) vorgehaltenes System ohne Vorliegen weiterer, für eine Einbindung in die organisatorische Einheit des "Systemgebers" sprechende Umstände, nutze (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., m.V.a BSG, SozR 4-2600 § 2 Nr. 15; Franchise-System: BSG, SozR 4-2600 § 2 Nr. 12; Charterflug-Netz: BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Dienste einer privaten Pflege-Agentur: BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Denn dieser Annahme steht die tatsächliche Ausgestaltung des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses entgegen.
93Zunächst nutzt die Beigeladene zu 1) die von der Klägerin und die über sie erhaltenden Daten zur Auftragsüberwachung. Sie registriert in ihrer Datenbank die jedem Auditor angebotenen Aufträge und damit auch die der Klägerin. Der Status der Aufträge wird mit "angenommen", "in Planung", "abgelehnt" und "erledigt" gekennzeichnet. Aus den von der Klägerin hochgeladenen Auditberichten kann zudem teilweise Beginn und Ende des Audits vor Ort ersehen werden (vorgelegter Auditbericht vom 19.4.2010). Es erfolgt über diese Datenbank eine ständige und für die Beigeladene zu 1) verfolgbare Rückkopplung. Sie kann dort ersehen, ob und wie oft die Klägerin ihr angebotene Aufträge en bloc oder einzeln annimmt, sie ablehnt oder durch Hochladen ihrer Auditberichte Erledigung anzeigt. Der Klägerin gewährt die Beigeladene zu 1) einen geschützten Zugriff und stellt ihr die benötigte Software zur Verfügung. Diese Rückkopplung nutzt die Beigeladene zu 1) nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade dazu, den Fortschritt der Auftragsabwicklung der sog. freien Auditoren und damit auch den der Klägerin zu überwachen. Der Zeuge X hat von einem sog. regelmäßigen Monitoring zur Prüfung des Auftragsfortschritts und Rücksprachen für den Fall gesprochen, dass eine rechtzeitige Auftragsabwicklung nicht mehr realistisch erscheint. Zudem werden Erfahrungswerte bezüglich der sog. freien Auditoren durchaus registriert, auch wenn dies nicht durch eine dokumentierte Evaluation erfolgt. Ergänzend hat der Zeuge T bekundet, dass im Rahmen der Jahresgespräche mit den Endkunden deren Wünsche oder Beschwerden über die Auditoren an den Zeugen X weitergeleitet werden. Daraus zeigt sich, dass auch die sog. freien Auditoren und damit auch die Klägerin Bestandteil eines umfangreichen Qualitätssicherungsmanagement der Beigeladenen zu 1) sind.
94Die Klägerin ist ferner in die Arbeitsabläufe der Beigeladenen zu 1) eingebunden und wird darin im Wege arbeitsteiligen Zusammenwirkens eingesetzt. Sie erhält die seitens des Customer Service der Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe der Kundenwünsche, Zertifizierungsnotwendigkeiten und gesetzlichen Vorgaben erstellten Checklisten und führt diese vor Ort aus. Dabei fertigt sie lediglich einen vorläufigen Bericht, da in diesen die Analyse der entnommenen Proben noch nicht eingeflossen ist. Mit dem Hochladen dieser Berichtsversion ist grundsätzlich ihre (Teil-)Leistung erfüllt. Bei der Beigeladenen zu 1) werden anschließend die Probenentnahmen analysiert, dem Bericht zugeführt und sodann die Ergebnisse im Rahmen des Technical Review überprüft. Bei Mängeln erfolgt eine Rücksprache. Ferner stehen Qualifizierungsmaßnahmen der Beigeladenen zu 1) auch der Klägerin, mit Ausnahme des sog. Career Centers, (unentgeltlich) offen.
95Der Einwand, dass die Umstände der klägerischen Leistung als nicht für eine abhängige Beschäftigung sprechende Merkmale anzusehen seien, weil die Einbindung der Klägerin über das sich allein aus der Art der zu leistenden Tätigkeit ergebende Maß nicht hinausgegangen sei, kann gleichfalls nicht überzeugen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurücktritt, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O., juris).
96Die Klägerin unterliegt daran anknüpfend einem Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit.
97Die Art der Tätigkeit bestimmt sich jeweils aus den von der Beigeladenen zu 1) zu den jeweiligen Prüfmärkten erstellten Checklisten und den fachlichen Weisungen der Projektmanager. Bei den durch den Customer Service erstellten Checklisten handelt es sich um Einzelweisungen an den jeweiligen Auditor. Da die Auftragsvergabe an die einzelnen Auditoren jedoch erst nach Checklistenerstellung und Auftragsweiterleitung erfolgt, ist im Zeitpunkt der Erstellung noch unbekannt, ob die Checklisten einem festangestellten oder einem sog. freien Auditor zur Verfügung gestellt werden, d.h. sie weisen in beiden Konstellationen eine identische Weisungsdichte auf. Da diese Checklisten zudem das genaue Prüfprogramm darstellen, welches die Beigeladene zu 1) mit ihrem Endkunden vereinbart hat, ist jeder Auditor und damit auch die Klägerin verpflichtet, sie genauestens abzuarbeiten. Gestaltungsfreiheiten obliegen ihr diesbezüglich gerade nicht. Entsprechendes ist auch nicht vorgetragen worden. Würde die Beigeladene zu 1) diese zulassen, wäre die von ihr auf die Klägerin ausgelagerte Leistung nicht mehr im Rahmen des dem Endkunden geschuldeten Gesamtergebnisses nutzbar. Vor dem Hintergrund des umfangreichen Prüfprogramms, welches die zusammengestellten Checklisten enthalten, können sie aus Sicht des Senats auch nicht mehr als lediglich den groben Inhalt der Tätigkeit vorgebende "Eckpunkte" qualifiziert werden, die zwar eine geminderte Autonomie hervorrufen, von denen aber gerade nicht auf eine Weisungsgebundenheit geschlossen werden kann (dazu: BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.).
98Der Ort der auszuführenden Tätigkeit ergibt sich aus dem angenommenen Auftrag. Das gilt sowohl für die Klägerin als auch für die bei der Beigeladenen zu 1) festangestellten Auditoren. Zudem schränkt die Beigeladene zu 1) durch die regionale Aufteilung der freien Auditoren und die entsprechende Steuerung der Auftragsangebote nach Postleitzahlen den Ort der Tätigkeit ein.
99In zeitlicher Hinsicht mag die Weisungsdichte gegenüber der Klägerin geringer sein als diejenige gegenüber den festangestellten Auditoren der Beigeladenen zu 1). Insbesondere ist sie nicht einer stringenten Wochen- und Routenplanung durch die Beigeladene zu 1) unterworfen. Die Klägerin ist damit nur verpflichtet, die Aufträge binnen eines oftmals großzügig vorgegebenen Zeitfensters abzuarbeiten. Allerdings verfolgt die Beigeladene zu 1) den Fortschritt der Auftragsabarbeitung im Wege eines Monitorings und schreitet bei Gefährdung der Zeitvorgabe ein. Im Hinblick darauf gebietet die gelockerte Weisungsdichte (lediglich) im Bereich der Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Arbeitszeit nicht die Beurteilung, die Klägerin sei selbstständig. Denn es ist unbedenklich möglich, innerhalb eines Unternehmens verschiedene Gruppen von abhängig Beschäftigten auch bei ähnlicher Tätigkeit unterschiedlich dichten Weisungen zu unterwerfen, ohne dass dies sozialversicherungsrechtlich statusrelevant wird.
100Die Klägerin beziffert zudem den Umfang ihrer Tätigkeit auf bis zu 20 Wochenstunden, was einer Teilzeittätigkeit entspricht. Es sind gerade auch in abhängigen Beschäftigungen häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsystem etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um zum Beispiel zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiver einzusetzen (Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris).
101Soweit die Klägerin einwendet, dass ihr bislang keine Weisungen erteilt worden seien, ergibt sich daraus nichts anderes. Denn der Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris; Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12).
102Letztlich ist ein stark abgeschwächtes Weisungsrecht für die ausgeübte Tätigkeit ebenso wie z.B. bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Dennoch werden auch Tätigkeiten für leitende Angestellte im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr. seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr. 2 zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG SozR 3-2940 § 3 Nr. 2 S. 9 m.w.N.; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 S. 80; vgl. - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O., juris). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr. BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr. 48 S. 125; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S. 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6 Rdnr. 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (BSG, Urteil v. 18.12.2001, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O, juris). Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten.
103Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, liegen nicht vor.
104Die Tätigkeit wird von allen Auditoren vor Ort beim Endkunden bzw. im Home-Office durchgeführt. Vor diesem Hintergrund ist der Tatsache, dass die Klägerin über eine eigene Betriebsstätte, nämlich ein Büro mit Lagermöglichkeiten für die entnommenen Proben, verfügt, kein maßgebliches Gewicht zuzubilligen. Auch die weiteren Indizien für eine selbständige Tätigkeit, nämlich die steuerliche Erfassung als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die Rechnungsstellung mit Mehrwertsteuer und das Vorhalten einer Buchhaltung, weisen kein überwiegendes Gewicht in der Gesamtabwägung auf.
105Alsdann ist zur Überzeugung des Senats ein Unternehmerrisiko der Klägerin nicht in erheblichem Umfang festzustellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist (Senat, Beschluss v. 9.1.2013, a.a.O., juris). Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.).
106Die Klägerin erhält eine pauschale Vergütung nach Rechnungsstellung. Über den praktizierten Abrechnungsmodus wird ein regelmäßiger Zahlungsfluss sichergestellt. Aufgrund der stetigen Auftragslage setzt die Klägerin ihre Arbeitskraft damit nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Das Risiko, dass die Beigeladene zu 1) nicht oder verspätet die Rechnungen begleicht, entspricht dem Risiko eines abhängigen Beschäftigten, dessen Arbeitgeber mit der Lohnzahlung in Verzug gerät.
107Das weitere Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, a.a.O.; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, jeweils juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
108Zwar hat die Klägerin eigenes Kapital aufgewandt. Sie hat zunächst Betriebsmittel angeschafft, die sie steuerlich als Betriebsausgaben geltend macht. Dazu gehören ein Pkw im Wert von 15.000,00 Euro sowie PC, Drucker, Arbeitskleidung sowie weitere benötigte Verbrauchsutensilien und Büromaterialien. Zudem hat sie sich ein Arbeitszimmer eingerichtet. Sie hat ferner in ihre Fortbildung insoweit investiert, als sie zur Teilnahme an den von der Beigeladenen zu 1) - im Übrigen kostenfrei - angebotenen Schulungen Fahrt- und Übernachtungskosten selbst tragen musste.
109Dem Einsatz des eigenen Fahrzeugs ist allerdings kein maßgebliches Gewicht beizumessen. Denn auch viele Arbeitnehmer nutzen zumindest den eigenen Pkw, um den Weg zur Arbeit anzutreten (vgl. Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 532/10, juris; BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 5).
110Eine Steigerung der unternehmerischen Chancen kann die Klägerin im Rahmen dieser Investitionen ferner kaum generieren. Denn mangels eigener Zertifizierung ist sie zunächst auf die Aufträge der Beigeladenen zu 1) angewiesen und kann sich keinen eigenen Kundenstamm aufbauen. Die angebotenen Aufträge beschränken sich grundsätzlich auf ortsnahe Prüfobjekte, so dass eine Vergrößerung des Prüfradius nicht in Betracht kommt. Auftragspakete werden grundsätzlich nicht mehreren Auditoren gleichzeitig angeboten, sondern durch die Beigeladene zu 1) zugeteilt. Damit ist es der Klägerin auch nicht möglich, durch schnellen und geschickten Zugriff auf die gesamten Angebote ihren Verdienst zu steigern. Die Klägerin selbst hat die Frage des Senates, ob sie von sich aus freie Kapazitäten mitgeteilt habe, verneint.
111Verdienststeigerungen sind ihr damit nur in äußerst geringem Maße möglich, so z.B. mit einer verbrauchssparenden Routenplanung. Dabei zeigt eine Einsicht in das Fahrtenbuch der Klägerin für das Jahre 2012 allerdings exemplarisch, dass sie an vielen Tagen lediglich einen Markt, mehrfach zwei und selten drei Märkte an einem Tag geprüft hat, was die entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten als eher gering erscheinen lässt.
112In beschränktem Maße bieten sich unternehmerische Chancen über den Besuch von Schulungen, denn über den Erwerb zusätzlicher Qualifikationen kann die Klägerin sich weitere Auftragsgebiete erschließen. Allerdings haben auch abhängig beschäftigte Auditoren die Möglichkeit, durch Verbesserung ihrer Qualifikation Gehaltssteigerungen zu erzielen. Da sich die auf die Schulungen entfallenden Fahrt- und Unterbringungskosten zudem nach der vorgelegten BWA-Jahresübersicht der Jahre 2009 bis 2012 auf Beträge zwischen 0,00 Euro bis 220,99 Euro jährlich belaufen, fällt das Investitionsvolumen nicht so maßgeblich ins Gewicht, dass vor diesem Hintergrund zwingend von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen wäre.
113Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vereinbarten Haftung auf Schadensersatz bei Schlechtleistung (BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.). Die Haftung für Pflichtverletzungen ist für Arbeitnehmer nicht untypisch. So haftet der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) im Rahmen eines dreistufigen Haftungsmodells nicht für leichte Fahrlässigkeit und anteilig für mittlere Fahrlässigkeit. Die volle Haftung muss er für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz übernehmen (BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP N r. 111 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; Griese in: Küttner, Personalbuch 2012, Arbeitnehmerhaftung, Rdnr. 12f.). Demgegenüber ist vorliegend die Haftung sogar noch eingeschränkt, da die Klägerin nur auf Schadenersatz für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz haften sollte.
114Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass die Klägerin zur Ablehnung und Rückgabe von Aufträgen an die Beigeladene zu 1) berechtigt ist und entsprechendes auch mehrfach getan hat. Die Ablehnung bzw. Rückgabe der Aufträge erfolgen nach Angaben der Klägerin zunächst, wenn sie die entsprechenden Berechtigungen und Erfahrungen für die durchzuführenden Prüfungen nicht hat. Ihre Ablehnung beruht damit nicht auf ihrem Status, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) sie zur Erfüllung einer subjektiv unmöglichen Leistung auffordert. In einem solchen Fall steht auch einem abhängig Beschäftigten ein Ablehnungsrecht zu. Darüber hinaus hat die Klägerin von diesem Recht Gebrauch gemacht, wenn sie aus Überlastungsgründen nicht in der Lage gewesen ist, die angebotenen Aufträge anzunehmen bzw. bereits übernommene Aufträge fristgerecht durchzuführen. Überlastungsanzeigen kommen jedoch ebenfalls im Rahmen von abhängigen Beschäftigungen vor [vgl. Arbeitsgericht (ArbG) Köln, Urteil v. 17.2.2009, 14 Ca 5366/08, juris]. Sie sind daher kein zwingendes Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit.
115Der Einwand, dass die Klägerin berechtigt gewesen ist, mit Zustimmung der Beigeladenen zu 1) einen Dritten zur Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen einzusetzen, spricht gleichfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit. Tatsächlich hat sie die Arbeiten ausschließlich selbst erledigt. Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal (also nicht höchstpersönlich) durchführen lassen zu können, ist zwar grundsätzlich ein Anhaltspunkt für eine selbständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von Personal sind nämlich unabhängig von der Auftragslage laufende Ausgaben und die wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und damit letztlich ein Unternehmerrisiko darstellen. Davon zu unterscheiden ist aber die bloß formale vertragliche Berechtigung, die Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Derartige formale Berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum Tragen kommen, nicht als Indiz für eine selbständige Tätigkeit, sondern allenfalls als Ausdruck des Wunsches, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (vgl. insgesamt: Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117).
116Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Angesichts des eindeutigen Überwiegens der Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäftigung kommt dem in der Rahmenvereinbarung geäußerten Wunsch, eine selbständige Tätigkeit zu begründen, keine entscheidende Bedeutung zu.
117Die Beklagte hat die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung zu Recht ab dem 1.11.2009 festgestellt. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn gemäß § 7a Abs. 6 SGB IV liegen bereits mangels Zustimmung der Klägerin nicht vor.
118Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG. Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat von einer Kostenquotelung aufgrund der Geringfügigkeit des Obsiegens abgesehen.
119Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
Tenor
Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1), die ihre Kosten selbst trägt. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.563,02 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Streitig ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.563,02 EUR für die Zeit 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens.
3Die Beigeladene zu 1) war in den Büroräumen des Klägers, eines Rechtsanwaltes, als Reinigungskraft tätig. Ihre Beschäftigung begann ab dem 1.3.1993 als Arbeitnehmerin des Klägers aufgrund eines Arbeitsvertrags. Nach diesem übernahm die Beigeladene zu 1) die wöchentliche Reinigung der sich damals noch im Obergeschoss seines Hauses befindlichen Kanzleiräume des Klägers sowie alle damit zusammenhängenden Arbeiten (Ziff. I. des Arbeitsvertrags). Die Reinigung war außerhalb der Bürozeiten nach Absprache des genauen Wochentages zu erledigen. Tatsächlich wurde die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags tätig. Hilfs- und Reinigungsmittel wurden ihr gestellt. Dafür erhielt die Beigeladene zu 1) einen monatlichen Arbeitslohn in Höhe von brutto DM 231,00, dem die Annahme einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 3,5 Zeitstunden zugrunde lag (Ziff. II. des Arbeitsvertrags). Die Beteiligten gingen von einer nicht sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aus (Ziff. II.3. des Arbeitsvertrags). Die Beigeladene zu 1) hatte Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und war unfallversichert (Ziff. II.5., III des Arbeitsvertrags). Zudem musste sie sich nach Ziff. IV. des Arbeitsvertrages zur Verschwiegenheit "gegenüber jedermann hinsichtlich aller bürospezifischen Wahrnehmungen, die sie gelegentlich der Arbeitsverrichtungen" mache, verpflichten. Im Übrigen wird auf die weiteren Regelungen des Arbeitsvertrags Bezug genommen.
4Zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fand sodann anlässlich des Umzugs der Kanzleiräume in Erd- und Kellergeschoss desselben Hauses am 4.10.1999 ein Gespräch statt, dessen Inhalt der Kläger in einem Schreiben vom 18.10.1999 festhielt. In diesem heißt es u.a. wörtlich:
5"[ ] Wir sind übereingekommen, dass Sie die neuen Kanzleiräume im Keller- und Erdgeschoss des Hauses ab Oktober 1999 eigenverantwortlich und selbstständig auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis reinigen und pflegen. Ihr Werklohn dafür beträgt DM 110,- pro Kanzleireinigung; die Reinigungsintervalle sollen jeweils eine Woche betragen. Reinigungszeiten sowie Art und Weise der Raumpflege werden Ihnen eigenverantwortlich überlassen, wobei meine geschäftsüblichen Bürozeiten für den Kundenverkehr bitte von Ihnen berücksichtigt werden.
6Sie erhalten monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von DM 476,66 und jeweils zum Jahresende erfolgt eine konkrete Abstimmung und Abrechnung über Mehr- bzw. Minderleistungen. Falls Sie aus persönlichen Gründen verhindert sind, sagen Sie bitte rechtzeitig Bescheid.
7Im Übrigen regelt sich unser Rechtsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen des Werkvertrages gemäß §§ 631 ff. BGB.
8Zum Zeichen Ihres Einverständnisses bitte ich Sie, mir das beiliegende Doppel unterschrieben zurück zu reichen - vielen Dank."
9Die Beigeladene zu 1) bestätigte den Inhalt des Schreibens, meldete ein Gewerbe jedoch zunächst nicht an. Der Kläger zahlte für ihre Leistung monatliche Abschläge in Höhe von 141,00 EUR in den Jahren 2004 und 2005 und sodann in Höhe von 130,00 EUR in den Folgejahren. Am Ende des Jahres erstellte er sog. Putzwerklohnabrechnungen. Nach ihnen beliefen sich die Entgelte in den Jahren 2004 und 2005 auf jeweils 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 auf 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 auf 1.560,00 EUR und nach Angaben des Klägers im Jahr 2008 auf 1.248,00 EUR. Die Beigeladene zu 1) beteiligte sich anteilig an den Reinigungsmitteln in Höhe von 30,00 EUR bis 35,00 EUR jährlich. Im Jahr 2008 endete das Vertragsverhältnis.
10Mit Bescheid vom 9.4.2008 schloss die Beklagte eine bei dem Kläger für den Prüfzeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2007 durchgeführte Betriebsprüfung ab. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) wurde in diesem Verfahren nicht thematisiert. Im Rahmen des Fragebogens der Beklagten, der verschiedene Kategorisierungsmöglichkeiten für in einem Betrieb tätige Personen, u.a. die "Ziff. 2" für "Selbstständige", vorsah, hatte der Kläger die Beigeladene zu 1) nicht eingetragen. In dem Bescheid heißt es dann u.a. wörtlich:
11"Die stichprobenweise durchgeführte Prüfung hat folgende Feststellungen ergeben:
12- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2004 keine Umlagebeträge U1 zu entrichten.
13- Für die Arbeitnehmerin waren für das Jahr 2005 keine Umlagebeiträge zu entrichten.
14Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit
15Nach unseren Feststellungen sind Sie bei der Beschäftigung Ihrer Ehefrau, von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen.
16Unsere Prüfung ergab, dass die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses Beschäftigungsverhältnisses zutreffend erfolgte."
17Am 8.9.2008 wandte sich das Finanzamt E an die Beklagte und wies auf die Vertragsbeziehung des Klägers zu der Beigeladenen zu 1) hin, deren einziger Auftraggeber er sei. Mit Schreiben vom 6.10.2008 wandte sich die Beklagte durch ihren Prüfdienst unter Angabe der klägerischen Betriebsnummer und unter Hinweis auf die Finanzverwaltung E an den Kläger und bat ihn, Abrechnungen für erbrachte Arbeitsleistungen der Beigeladenen zu 1) zur Prüfung einzureichen. Es heißt es dort u.a. wörtlich:
18"Nach meinen Ermittlungen haben Sie Angaben über Frau G meinen KollegenInnen in N zur Prüfung nach § 28p SGB IV nicht gemacht, bzw. keine Unterlagen darüber eingereicht."
19Der Kläger teilte daraufhin mit, die Beigeladene zu 1) habe gegenüber dem Finanzamt ihre Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit angezeigt und ihre Krankenkasse informiert. Sie habe lediglich aus Unkenntnis kein Gewerbe angemeldet. Es handele sich nicht um eine abhängige Beschäftigung. Die Beigeladene zu 1) werde eigenverantwortlich und selbstständig tätig. Sie bestimme allein Zeitpunkt, Art und Weise sowie Dauer der Tätigkeit. Es gebe keine festen Arbeitszeiten. Sie habe keinen Anspruch auf Urlaub, Überstundenvergütung, Fortzahlung im Krankheitsfall u.ä.
20Am 4.11.2008 meldete die Beigeladene zu 1) rückwirkend zum 10.10.1999 ein Gewerbe (Raum- und Büropflege) im Nebenerwerb an.
21Die Beklagte hörte den Kläger zunächst mit Schreiben vom 1.12.2008 zu der beabsichtigten Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung an. Der Kläger erklärte daraufhin, dass er bei der vorangegangenen Betriebsprüfung keine unvollständigen Angaben gemacht habe, da nach selbstständigen Beschäftigten nicht gefragt worden sei. Die nunmehrige Betriebsprüfung sei formell rechtswidrig, da sie vorher nicht angekündigt worden sei. Im Übrigen sei Verjährung im Sinne des § 25 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eingetreten. Vorsatz liege nicht vor. Die Säumniszuschläge seien daher ebenfalls unberechtigt. Die Raumpflege sei regelmäßig außerhalb fester Tageszeiten, aber nicht ausnahmslos in seiner Abwesenheit und ohne seine Aufsicht und Direktion rein ergebnisorientiert durchgeführt worden. Das Ergebnis, einen hygienisch einwandfreien Zustand, habe er zur Kenntnis genommen. Der Beigeladenen zu 1) sei es gestattet gewesen, im Verhinderungsfall eine Ersatzkraft zu stellen, deren Auswahl ihm gleichgültig gewesen sei. Eine formale Schweigepflichterklärung habe die Beigeladene zu 1) nicht abgegeben. Er habe allerdings erwartet, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Die Bezahlung sei erst nach ordnungsgemäßer Erfüllung erfolgt.
22Die Beigeladene zu 1) erklärte sodann auf Anfrage der Beklagten, dass sie seit dem 10.10.1999 die Raum- und Büropflege der Kanzleiräume des Klägers übernommen habe, was die Reinigung und Hygiene von Raumflächen und mobilen Gegenständen beinhalte. Weitere Auftraggeber habe sie nicht. Vor ihrer Selbstständigkeit habe sie zwar als Arbeitnehmerin für den Kläger gearbeitet. Der Arbeitsvertrag habe jedoch ein anderes Reinigungsobjekt betroffen. Damals seien ihr die zur Erledigung notwendigen Reinigungsmittel kostenfrei zur Verfügung gestellt worden. Arbeitszeit und Arbeitsdauer seien ihr vorgeschrieben gewesen. Die Stellung einer Vertretung sei ihr nicht erlaubt gewesen. Sie habe ihre Einnahmen lohnversteuern müssen. Der Kläger habe eine Personalakte über sie geführt und sie sei in der Lohnbuchhaltung berücksichtigt worden. Sie arbeite weiterhin am Betriebssitz des Klägers, müsse aber keine regelmäßigen Arbeits-/Anwesenheitszeiten einhalten. Der Kläger könne ihr Einsatzgebiet nicht ohne ihre Zustimmung verändern. Sie habe keine Schweigepflichterklärung mehr abgeben müssen. Die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften sei nicht von der Zustimmung des Klägers abhängig gewesen. Mit den Beschäftigten in der Kanzlei habe sie weder organisatorisch noch arbeitstechnisch etwas zu tun.
23Daraufhin hörte die Beklagte den Kläger erneut mit Schreiben vom 26.2.2009 an. Sie beabsichtige für den Zeitraum Januar 2004 bis einschließlich Oktober 2008 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 2.563,02 EUR zu erheben. In dieser Forderung seien Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR enthalten. Gegenstand der Prüfung sei die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) gewesen. Diese übe bei ihm eine geringfügig entlohnte Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aus. Sie sei ausschließlich für ihn tätig. Sie unterhalte keine eigene Betriebsstätte. Sie mache keine Werbung in eigener Sache. Sie setze kein eigenes Kapital ein. Sie schulde ausschließlich ihre Arbeitskraft, wofür sie nach Rechnungslegung bezahlt werde. Sie unterliege keinem unternehmerischen Risiko. Es seien daher pauschale Sozialversicherungsbeiträge an die Beigeladene zu 2) zu entrichten. Ferner fielen nach § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) die Umlage im Krankheitsfall (U1-Verfahren) und Mutterschaftsgeld (U2-Verfahren) an. Säumniszuschläge seien ebenfalls zu erheben, denn als Jurist habe der Kläger damit rechnen können, dass es auch Zweifel an der rechtlichen Einordnung der Selbstständigkeit gebe.
24Die Beklagte forderte sodann nach vertiefender Stellungnahme des Klägers mit Bescheid vom 20.3.2009 von ihm für den Zeitraum 1.1.2004 bis zum 31.10.2008 rückständige Sozialversicherungsbeiträge für die Beigeladene zu 1) in Höhe von 2.563,02 EUR einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 547,00 EUR nach.
25Der Kläger legte dagegen am 14.4.2009 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er seinen bisherigen Vortrag und verwies darauf, dass der Prüfzeitraum bereits durch eine vorangegangene Betriebsprüfung bestandskräftig geprüft worden sei.
26Nachdem die Beklagte die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, stellte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Detmold am 28.4.2009 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 19 R 94/09 ER) und erhob am 25.5.2009 eine Untätigkeitsklage (S 19 R 117/09). Das SG ordnete mit Beschluss vom 17.6.2009 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 14.4.2009 gegen den Bescheid vom 20.3.2009 an. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Dagegen erhob die hiesige Beklagte am 9.7.2009 Beschwerde vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW; L 8 R 13/09 R ER). Der Senat änderte den Beschluss des SG und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ab (Beschluss vom 18.2.2010). Auf die Gründe wird Bezug genommen.
27Das Hauptzollamt (HZA) Bielefeld leitete im Oktober 2009 gegen den Kläger wegen des Verdachtes der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) ein Strafverfahren ein, welches nach § 153 Strafprozessordnung (StPO) im Jahr 2010 eingestellt worden ist (Staatsanwaltschaft [StA] E, 000).
28Mit Widerspruchsbescheid vom 26.4.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Dagegen hat der Kläger am 27.5.2010 vor dem SG Detmold Klage erhoben. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und insbesondere unter Bezugnahme auf ein Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 (L 5 KR 7/06, juris; SG Lübeck, Urteil v. 25.11.2005, S 9 KR 600/06, BSG, Sitzungsprotokoll, B 12 KR 17/07 R) vorgetragen, dass die Beklagte nicht zum Erlass des Bescheides zuständig gewesen sei. Diesen habe vielmehr die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle erlassen müssen.
29Der Kläger hat beantragt,
30den Bescheid der Beklagten vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 aufzuheben.
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen
33Sie hat zur Begründung auf ihre bisherigen Ausführungen in Verwaltungsverfahren sowie auf den Beschluss des Senats im Beschwerdeverfahren verwiesen. Die Beigeladene zu 2) ist der Auffassung der Beklagten beigetreten.
34Das SG hat die Beiladungen der Beigeladenen zu 1) und 2) beschlossen (Beschlüsse v. 22.12.2010 und 23.7.2012) und am 2.2.2011 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Mit Urteil vom 26.10.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Es habe sich nicht um eine Betriebsprüfung gehandelt, daher sei die Beklagte nicht zuständig gewesen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
35Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.11.2012 zugestellte Urteil am 5.12.2012 und die Beigeladene zu 2) gegen das ihr am 13.11.2012 zugestellte Urteil am 20.11.2012 Berufung eingelegt. Die Beklagte trägt vor, dass eine Betriebsprüfung auch außerhalb der Vierjahresrhythmen stattfinden könne. Gegenstand der Prüfung sei die Kontrolle der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten nach § 28a SGB IV. Das bedeute nicht, dass die Überprüfung einzelner Beschäftigungsverhältnisse und die damit verbundenen versicherungsrechtlichen Bewertungen nicht Prüfungsgegenstand sein könnten. Nach § 11 Abs. 1 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) könne die Prüfung auf Stichproben begrenzt werden. Sobald die Beklagte die Prüfung aufgenommen und ein Betriebsprüfungsverfahren eingeleitet habe, sei sie allein zur Entscheidung über den Status einer Einzelperson zuständig. Die Beigeladene zu 2) verweist insbesondere darauf, dass das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 24.4.2007 einen anderen Sachverhalt betreffe.
36Die Beklagte beantragt,
37das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 26.10.2012 zu ändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufungen zurückzuweisen.
40Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
41Der Senat hat am 29.11.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt und in diesem den Kläger sowie die Beigeladene zu 1) angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen. Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten, die Verfahrensakten S 7 KN 17/11, S 19 R 94/09 ER, S 19 R 117/09 (jeweils SG Detmold) und die Akte der StA E mit dem Az. 000 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf den Inhalt dieser Akten wird Bezug genommen. Auf Nachfrage hat die Beigeladene zu 1) ergänzend mitgeteilt, dass sie im Jahr 2007 aus einer weiteren geringfügigen Beschäftigung ein Jahresbruttoentgelt in Höhe von 820,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 2.460,00 EUR erzielt habe.
42Entscheidungsgründe:
43Die Berufungen haben Erfolg. Sie sind gemäß §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und zudem begründet. Der angefochtene Bescheid vom 20.3.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.4.2010 beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 SGG in seinen Rechten, denn er erweist sich als rechtmäßig.
44Ermächtigungsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht ist § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung gegenüber den Arbeitsgebern.
45Zunächst ist die Beklagte und - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht die Beigeladene zu 2) als Einzugsstelle für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides zuständig gewesen.
46Verfahren der Einzugsstellen nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV sowie der prüfenden Rentenversicherungsträger nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV und § 7a Abs. 1 SGB IV stehen gleichberechtigt nebeneinander (std. Rspr.; zuletzt: BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2400 § 27 Nr. 5 vorgesehen; Senat, Urteil v. 18.12.2013, L 8 R 683/13, juris). Zwar entscheidet grundsätzlich die Einzugsstelle über Versicherungspflicht und Beitragshöhe, §§ 28h Abs. 2 Satz 1, 28i Satz 5 SGB IV. Die Rentenversicherungsträger sind jedoch zuständig für die Prüfung bei den Arbeitgebern. Die Entscheidungskompetenz geht mit Eröffnung des Prüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV auf sie über (Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 80. Ergänzungslieferung 2013, SGB IV, § 28p Rdnr. 6, 12a).
47Dabei kann sich der Kläger nicht auf das Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 25.4.2007 (a.a.O.) stützen, denn dieses betrifft eine andere Fallgestaltung. In dem dort zu entscheidenden Fall wurden allein der sozialversicherungsrechtliche Status und die Versicherungspflicht beurteilt. Eine Nachforderung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages wurde nicht erhoben. Dementsprechend hatte bereits die Vorinstanz, das SG Lübeck in seinem Urteil vom 25.11.2005 (S 9 KR 600/03) beanstandet, dass es sich gerade nicht um eine Prüfung des Arbeitgebers gehandelt habe, obgleich § 28p SGB IV sich an diesen richte. Das LSG Schleswig-Holstein verwies darauf, dass Betriebsprüfungen sich grundsätzlich auf Stichproben beschränken können. Das beziehe sich jedoch nicht auf Fälle, in denen es allein um die originäre Überprüfung der Versicherungspflicht gehe.
48Der Senat hat angesichts der Gleichwertigkeit der Verfahren nach §§ 7a, 28h Abs. 2, 28p Abs. 1 SGB IV erhebliche Bedenken, sich dieser Rechtsprechung anzuschließen. Letztlich kann diese Frage jedoch im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn jedenfalls hat die Beklagte sich gerade nicht allein auf die Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) konzentriert sondern den für die Beschäftigung fälligen Beitrag zur Sozialversicherung erhoben.
49Soweit der Kläger einwendet, dass das Betriebsprüfungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden sei, geht er gleichfalls fehl. § 28p Abs. 1 Satz 3 SGB IV erlaubt auch außerhalb der turnusmäßigen Betriebsprüfungen sog. Ad-hoc-Prüfungen, soweit eine alsbaldige Prüfung beim Arbeitgeber erforderlich ist. Nach Ziff. 1.1.2 des Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenverbände vom 30.10.2003 kommen solche Prüfungen "in erster Linie" u.a. bei Hinweisen der Arbeitsämter, Behörden der Zollverwaltung, Kriminalpolizei, StA oder des Versicherten in Betracht. Schon seinem Wortlaut nach ist dieser Katalog indessen nicht abschließend, so dass auch Hinweise anderer Stellen - z.B. wie vorliegend der Finanzbehörden nach § 31a Abs. 1 Nr. 1a), Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) - eine solche Prüfung auslösen (Schafhausen in: Plagemann, Münchner Anwaltshandbuch Sozialrecht, § 11 Rdnr. 10).
50Über die Einleitung der Betriebsprüfung ist der Kläger auch rechtzeitig informiert worden. § 7 Abs. 1 Satz 1 BVV bestimmt, dass die Rentenversicherungsträger anstehende Betriebsprüfungen grundsätzlich dem Arbeitgeber gegenüber mindestens 14 Tage vorher anmelden sollen. Eine solche Ankündigung ist hier durch das Schreiben der Beklagten vom 6.10.2008 erfolgt. Dagegen kann der Kläger nicht einwenden, dass die Beklagte nicht ausdrücklich auf die erneute Einleitung eines Betriebsprüfungsverfahrens hingewiesen habe. Es reicht vielmehr aus, dass sie sich nach förmlichen Abschluss des vorangegangen Betriebsprüfungsverfahren durch Bescheid vom 9.4.2008 mit diesem Schreiben erneut an ihn wandte. Denn diesem konnte der Kläger nicht nur die ihm bekannte Betriebsnummer entnehmen, unter der die Beklagte ihn führt, sondern auch, dass sich erneut der Prüfdienst an ihn wandte. Es wurde ferner ausdrücklich auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und § 28p SGB IV Bezug genommen. Vom Empfängerhorizont des Klägers ausgehend, bei dem es sich um einen Fachanwalt für Steuerrecht handelt, war daher die Einleitung einer Ad-hoc-Prüfung erkennbar. Dementsprechend hat er in seiner Stellungnahme vom 5.11.2008 auch nicht die Beweggründe der Beklagten erfragt.
51Lediglich ergänzend weist der Senat auf § 42 SGB X hin, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
52Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
53Soweit der Kläger vorträgt, es sei eine Bindungswirkung (§ 77 SGG) durch den vorangegangenen Betriebsprüfungsbescheid vom 9.4.2008 dahingehend eingetreten, dass die Behandlung der Beigeladenen zu 1) als selbständig nicht mehr beanstandet werden dürfe, ist dem nicht zu folgen.
54Die Bindungswirkung eines Bescheides erfasst grundsätzlich nur dessen Verfügungssatz bzw. -sätze, nicht hingegen die Gründe, die zu der Regelung geführt haben (vgl. BSG, Urteil v. 20.6.1984, 7 RAr 91/83, SozR 4100 § 112 Nr. 23 m.w.N.; Urteil v. 28.6.1990, 7 RAr 22/90, SozR 3-4100 § 137 Nr. 1, BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, a.a.O.). Ein der Bestandskraft fähiger Verfügungssatz dahingehend, dass der Kläger im Prüfzeitraum sämtliche nicht gesondert erwähnten Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt habe (vgl. § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), lässt sich ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch) nicht entnehmen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass in dem fraglichen Bescheid die Beklagte auf den stichprobenartigen Charakter der Betriebsprüfung hingewiesen und eine Prüfung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) unzweifelhaft gerade nicht vorgenommen hat. Davon konnte der Kläger auch nicht ausgehen, da er trotz entsprechender Möglichkeit im Fragebogen auch selbstständige Personen anzugeben, davon keinen Gebrauch gemacht hat.
55Eine dahingehende Bindungswirkung folgt auch nicht aus Sinn und Zweck der Betriebsprüfung. Betriebsprüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1; Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1; Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; Senat, Urteil v. 27.8.2010, L 8 R 203/09, juris; Jochim in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 28p Rdnr. 70; im Ergebnis a.A. Bayerisches LSG, Beschluss v. 22.3.2012, L 5 R 138/12 B ER, juris; Urteil v. 18.1.2011, L 5 R 752/08, ASR 2011, 250). Einer solchen Entlastung bedarf es über die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen hinaus auch nicht. Denn der Arbeitgeber hat es in der Hand, eine verbindliche Entscheidung der Einzugsstelle herbeizuführen (§ 28h Abs. 2 SGB IV). Darüber hinaus wird er durch das Institut der Verjährung (§ 25 SGB IV) ausreichend vor zu weit in die Vergangenheit reichenden Nachforderungen geschützt (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., juris).
56Der angefochtene Bescheid erweist sich auch im Übrigen als rechtmäßig.
57Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind [§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)]. Das gilt nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine zur Entgeltgeringfügigkeit führende Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vorliegt, die nach § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III, § 7 SGB V und § 5 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI zur grundsätzlichen Versicherungsfreiheit in den jeweiligen Zweigen der Sozialversicherung führt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400,00 EUR nicht übersteigt. In diesem Fall besteht lediglich die Pflicht zur Abführung pauschaler Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitgeber in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung (§ 249b Satz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI).
58Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Arbeitgeber der Beigeladenen zu 1) und als solcher zur Abführung dieser pauschalen Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Als Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist regelmäßig derjenige anzusehen, zu dem ein anderer - der Beschäftigte - in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht (BSG, Urteil v. 27.7.2011, B 12 KR 10/09 R, SozR 4-2400 § 28e Nr. 4). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
59Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, USK 2012-82; BSG, Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v.11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; Senat, Beschluss vom 7.1.2011, L 8 R 864/10 B ER, NZS 2011, 906; Senat, Urteil v. 17.10.2012, L 8 R 545/11, juris; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
60Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt dabei den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, a.a.O., juris; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, juris; Senat, Urteil v. 29.6.2011, L 8 (16) R 55/08, juris).
61Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Beklagte zunächst zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum bei dem Kläger abhängig beschäftigt gewesen ist. Die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale zeigt, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, nicht in relevantem Umfang vorhanden sind.
62Basis der Prüfung sind die vertraglichen Grundlagen der zu prüfenden Rechtsbeziehung. Dabei ist die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses tätig geworden. Rechtlicher Ausgangspunkt für dieses ist die Vereinbarung vom 18.10.1999. Dieser ging ein Arbeitsvertrag über eine geringfügige Beschäftigung voraus, welche zunächst bis zum 31.3.1999 nicht der Versicherungspflicht und ab dem 1.4.1999 der Erhebung von Pauschalbeiträgen des Arbeitgebers zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung unterlag. Sodann schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) die o.g. neue Vereinbarung. Entgegen den sich aus dieser ergebenden Anhaltspunkten dafür, dass eine selbstständige Tätigkeit dem Willen der Vertragsparteien entsprach, nämlich Reinigung auf Erfolgs- und Werkvertragsbasis, freie Zeiteinteilung, freie Gestaltung der Art der Tätigkeit, Werklohn, kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Urlaub, sprechen in erheblichem Maße nicht nur Gesichtspunkte der vertraglichen (Vorgabe der Reinigungszeiten außerhalb der geschäftsüblichen Bürozeiten, Vorgabe von wöchentlichen Reinigungsintervallen, etc.), sondern insbesondere die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit für eine abhängige Beschäftigung.
63Auf der beschriebenen vertraglichen Grundlage ist die Beigeladene zu 1) tatsächlich in einem fremden Betrieb, nämlich in dem des Klägers, tätig geworden. Während der Tätigkeit war sie vollständig in dessen Betrieb und folglich in eine ihr einseitig vorgegebene Organisation eingegliedert (vgl. BSG, Urteil v. 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 17 m.w.N.). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess im Sinne abhängiger Beschäftigung liegt in der Regel vor, wenn das Arbeitsziel und die Mittel zu seiner Bewältigung, also der betriebliche Rahmen, vom Auftraggeber gestellt wird oder auf seine Rechnung organisiert werden kann (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 113f.). Das ist hier der Fall. Denn die Beigeladene zu 1) ist zur Ausführung ausschließlich in den Betriebsräumen und mit den dortigen Betriebsmitteln tätig geworden. Der Kläger hat ihr nicht nur das Reinigungsobjekt, sondern auch die Reinigungsutensilien zur Verfügung gestellt. Sie hat sich lediglich anteilig und nachträglich an den Reinigungsmitteln beteiligt.
64Soweit geltend gemacht wird, dass die Leistung zwingend in den klägerischen Räumlichkeiten zu erbringen gewesen ist, ist dies nicht maßgeblich. Eine tatsächliche bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn tritt nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurück, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist (BSG, Urteil v. 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R, juris; Senat, Beschluss v. 18.2.2010, L 8 R 13/09 R ER).
65Die Beigeladene zu 1) unterlag daran anknüpfend einem Weisungsrecht des Klägers bezüglich Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit, denn allein ihm oblag die abstrakte Rechtsmacht.
66Nach dem mit dem Kläger geschlossenen Vertrag war die Beigeladene zu 1) verpflichtet, in wöchentlichen Intervallen Reinigungsarbeiten in den Kanzleiräumen durchzuführen. Sie hatte in zeitlicher Hinsicht zudem die geschäftsüblichen Bürozeiten zu beachten. Dementsprechend ist sie daher zumeist Mittwochsnachmittags oder am Wochenende tätig geworden. Die Reinigung dauerte zwischen zwei bis zweieinhalb Stunden.
67Wenn der Kläger ausführt, dass aus der veränderten vertraglichen Gestaltung eine erhebliche zeitliche Flexibilität der Beigeladenen zu 1) erwachsen sei, so ist dies für den Senat nicht erkennbar. Bereits im vorangegangenen Arbeitsverhältnis ist die Beigeladene zu 1) Mittwochsnachmittags für den Kläger tätig geworden. Doch selbst wenn eine gewisse Freiheit in zeitlicher Hinsicht anzunehmen ist, entspricht dies einer solchen, die auch bei Teilzeitbeschäftigungen zu finden ist. Bei ihnen wie auch in anderen abhängigen Beschäftigungen sind häufig flexible Arbeitszeiten anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeitsystem etc. den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um zum Beispiel zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abzufedern und teure Arbeitskraft effektiver einzusetzen (Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris).
68Der Ort der Tätigkeit ergab sich grundsätzlich aus der Tätigkeit selbst. Ihre Art und Weise wurde durch den Kläger dahingehend definiert, dass ein ansprechendes Reinigungsergebnis erzielt werden sollte. Zudem waren grundsätzlich die Räumlichkeiten zu reinigen, zu denen Mandanten Zutritt bzw. Einblick hatten. Hinsichtlich der Räumlichkeiten, in denen kein Mandantenverkehr zu erwarten war, war die Beigeladene zu 1) in der Arbeitseinteilung freier.
69Die Einwendung des Klägers, dass er keine einzelnen Anweisungen zur Reinigungstechnik oder Reinigungsorten gegeben habe, steht dem nicht entgegen. Zunächst ist es unerheblich, ob der Kläger von seinem Weisungsrecht in der täglichen Arbeitsroutine tatsächlich Gebrauch gemacht bzw. die Beigeladene zu 1) ihren Zuständigkeitsbereich alleinverantwortlich und regelmäßig ohne Weisungen ausgeführt hat. Denn der Gebrauch bestehender Rechtsmacht ist unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung sonst wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtsmachtinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde (vgl. LSG NRW, Urteil v. 25.3.2010, L 16 (5) KR 190/08, juris; Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12). Darüber hinaus arbeitete die Beigeladene zu 1) bereits seit dem Jahr 1993 für den Kläger. Sie führte, bis auf die Änderung des Reinigungsobjektes, seit dieser Zeit die gleiche Tätigkeit aus. Die fortdauernde Notwendigkeit von ständigen Weisungen hinsichtlich der Art der Tätigkeit ist aufgrund der sich einstellenden täglichen Arbeitsroutine bei gleichbleibendem Aufgabenbereich nicht ersichtlich.
70Bestehen danach an der Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in den fremden Betrieb und an einem Weisungsrecht ihr gegenüber keine Zweifel, ist es unerheblich, ob die Vertragsparteien keine abhängige Beschäftigung vereinbaren wollten. Der sozialversicherungsrechtliche Status unterliegt nicht der Dispositionsfreiheit der beteiligten Personen, sondern ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen in Verbindung mit den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung dazu herausgearbeiteten Beurteilungskriterien (Senat, Beschluss v. 14.10.2013, L 8 R 230/13 B ER).
71Wesentliche Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, und im Rahmen der Gesamtabwägung dermaßen überwiegen, dass nicht von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, sind nicht ersichtlich.
72Im Hinblick auf die vorliegend maßgeblich zu beurteilende Tätigkeit verfügte die Beigeladene zu 1) über keine eigene Betriebsstätte. Das Gewerbe hat sie erst nachträglich zu einem Zeitpunkt angemeldet, zu der die Tätigkeit bei dem Kläger bereits beendet gewesen ist. Zudem erfolgte durch die Beigeladene zu 1) keine eigene Rechnungslegung. Vielmehr erstellte der Kläger die Jahresabrechnungen, die sie auch zur Angabe ihrer Einkünfte beim zuständigen Finanzamt nutzte.
73Für sie bestand in ihrer Tätigkeit für den Kläger auch kein maßgeblich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45 m.w.N.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O., BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.).
74Ein Vergütungsrisiko ist mit Ausnahme des auch von einem abhängig Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers nicht ersichtlich. Die Beigeladene zu 1) wurde erfolgsunabhängig mit einem monatlichem "Abschlag" für die wöchentlichen Reinigungen honoriert. Eine Möglichkeit zur unternehmerischen Preisgestaltung ist nicht ersichtlich. Als Aufwendungen hat sie dem Kläger nur anteilig die gestellten Reinigungsmittel rückvergütet. Aus den Abrechnungen ergeben sich lediglich jährliche Beträge zwischen 30,00 EUR und 35,00 EUR. Daraus kann weder ein maßgeblicher Kapitaleinsatz ersehen werden, noch können daraus unternehmerische Chancen erwachsen. Eigenes Kapital wurde darüber hinaus weder in Form von Investitionen in Werbung und Fortbildung in Bezug auf die konkret übernommene Tätigkeit noch in Form von zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln eingesetzt.
75Das weitere Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
76Ferner wendet der Kläger ein, dass die Beigeladene zu 1) eine dritte Person hätte stellen können, die die Arbeiten erledigt. Die Möglichkeit, Arbeiten laufend durch eigenes Personal (also nicht höchstpersönlich) erledigen lassen zu können, ist grundsätzlich ein Anhaltspunkt für eine selbstständige Tätigkeit. Mit der Einstellung von Personal sind unabhängig von der Auftragslage, laufende Ausgaben und wirtschaftliche Verpflichtungen verbunden, die das Risiko in sich bergen, Kapital mit dem Risiko eines Verlustes einzusetzen und damit letztendlich ein Unternehmerrisiko darstellen. Davon zu unterscheiden ist die bloß formale vertragliche Berechtigung, die Arbeiten auch durch andere durchführen zu lassen, wenn von dieser tatsächlich nie Gebrauch gemacht wird und die persönliche Leistungserbringung die Regel ist (BSG, Urteil v. 19.8.2003, B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Derartige formale Berechtigungen können, wenn sie tatsächlich nicht zum Tragen kommen, nicht als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, sondern allenfalls als Ausdruck des Wunsches, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegen soll, gewertet werden (Segebrecht in: a.a.O., § 7 Rdnr. 117). Vorliegend hat die Beigeladene zu 1) mehrfach erklärt, dass sie sich zu keiner Zeit habe vertreten lassen. Ist sie einmal verhindert bzw. urlaubsbedingt abwesend gewesen, hat sie die Arbeiten nach Rückkehr persönlich nachgeholt. Zwar meinte sich der Kläger zu erinnern, dass der Ehemann der Beigeladenen zu 1) diese einmal vertreten habe. Dies konnte er jedoch zum einen selbst nicht mit Sicherheit bekunden und zum anderen stehen dem die wiederholten gegenteiligen Äußerungen der Beigeladenen zu 1) entgegen.
77Zudem ist der Vortrag des Klägers, es sei ihm letztlich gleich gewesen, welche (ihm ggf. unbekannten) dritten Personen die Reinigung seiner Kanzlei vornähmen, mit Blick auf seine in § 43a Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), § 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) und § 203 Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) geregelte Verschwiegenheitspflicht kaum nachvollziehbar. Danach hat der Kläger als Rechtsanwalt u.a. dafür zu sorgen, dass Unbefugte keinen Einblick in Mandantenunterlagen und Mandanten betreffende Unterlagen erhalten. Die Beigeladene zu 1) wurde daher zunächst im Arbeitsvertrag ausdrücklich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Später fehlte es an einer schriftlichen Regelung. Jedoch erwartete der Kläger nach eigenem Vortrag, dass sie keine "Aktenschau" betreibe. Dem Senat ist vor dem Hintergrund der langjährigen Zusammenarbeit weder ersichtlich noch wurde dies vorgetragen, dass die Beigeladene zu 1) an dieser Verpflichtung ihrerseits jemals zweifelte. Dass der Kläger allerdings nur im Vertrauen auf die Menschenkenntnis der Beigeladenen zu 1) tatsächlich unbekannten Dritte, gegebenenfalls noch mit entsprechenden Schlüsseln ausgestattet, den alleinigen Zutritt zu den Kanzleiräumen gewährt hätte, erscheint lebensfremd.
78Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
79Die Höhe der Nachforderung ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich aus § 249b Absatz 1 SGB V, § 172 Abs. 3 Satz 1 SGB VI sowie aus § 7 Abs. 2 AAG. Das zugrunde gelegte Arbeitsentgelt hat die Beklagte zutreffend berechnet. Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beklagte hat zu Recht für die Jahre 2004 und 2005 Entgelte in Höhe von 1.690,00 EUR, im Jahr 2006 in Höhe von 1.655,00 EUR, im Jahr 2007 in Höhe von 1.560,00 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 1.248,00 EUR ihrer Berechnung zugrunde gelegt.
80Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ist auch nicht durch die weitere, in den Jahren 2007 und 2008 ausgeübte Tätigkeit durch Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze versicherungspflichtig geworden. Nach § 8 Abs. 2 SGB IV sind bei der Anwendung von § 8 Abs. 1 SGB IV mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 oder Nr. 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nr. 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nr. 1 und nicht geringfügige Beschäftigung zusammenzurechnen. Die Entgelte für beide Tätigkeiten beliefen sich im Jahr 2007 auf insgesamt 2.380,00 EUR und im Jahr 2008 auf 3.708,00 EUR und lagen damit unter der jährlichen Grenze von 4.500,00 EUR.
81Die Nachforderung ist zudem nicht verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV wurden bis zum 31.12.2005 Beiträge spätestens am 15. des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Ab dem 1.1.2006 werden Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig, § 23 Abs. 1 SGB IV. Vorliegend greift die vierjährige Verjährungsfrist ein. Nach § 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ist die Verjährung für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt ist. Da eine Prüfung auch mit der Aufforderung beginnen kann, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen (§ 98 Abs. 1 Satz 3 SGB X), ist bereits die Verjährung der ersten Beiträge für das Jahr 2004, die bis zum 31.12.2008 lief, mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 6.10.2008 gehemmt worden.
82Die erhobenen Säumniszuschläge sind gleichfalls nicht zu beanstanden. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). Eine dahingehende Glaubhaftmachung ist dem Kläger hier nicht gelungen.
83Der Senat kann dabei dahinstehen lassen, ob verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV erst bei (zumindest bedingtem) Vorsatz (so der 12. Senat BSG, Urteil v. 26.1.2005, B 12 KR 3/04 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 7; Urteil v. 9.11.2011, B 12 R 18/09 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 13) oder schon bei Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Bürgerliches Gesetzbuch (so der 13. Senat des BSG, Urteil v. 1.7.2010, B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5; aus der Literatur Segebrecht in jurisPK-SGB IV, § 24 Rdnr. 60 m.w.N.) vorliegt. Denn der Kläger hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er seine Beitragspflicht nicht vorsätzlich (sondern lediglich fahrlässig) verletzt hat.
84Vorsätzlich in diesem Sinne handelt bereits, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf nimmt. Dazu muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d.h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner individuell ermittelt werden. Zwar sind allgemein geltende Aussagen zum Vorliegen des subjektiven Tatbestandes ausgeschlossen. Jedoch wird Vorsatz regelmäßig vorliegen, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden (BSG, Urteil v. 30.3.2000, B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit die Möglichkeit hat, darüber im Einzugsstellen- (vgl. § 28h SGB IV) und/oder Anfrageverfahren (vgl. § 7a SGB IV) Gewissheit durch Herbeiführung der Entscheidung einer fachkundigen Stelle zu erlangen; der Verzicht auf einen entsprechenden Antrag kann auf bedingten Vorsatz schließen lassen (BSG, Urteil v. 9.11.2011, a.a.O.).
85Nach diesen Maßstäben spricht im vorliegenden Fall alles dafür, dass der Kläger seine Beitragspflicht mindestens für möglich gehalten und die Nichtabführung von Beiträgen zumindest billigend in Kauf genommen hat. Der Kläger, der Fachanwalt für Steuerrecht ist und schon aus diesem Grund berufsbedingt mit der Abgrenzung von nichtselbständiger und selbständiger Arbeit vertraut ist, hat trotz Vorliegens zahlreicher für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Indizien keinerlei Anstrengungen unternommen, den Status der Beigeladenen zu 1) klären zu lassen. Dass er dies in der Überzeugung unterlassen hat, die Beigeladene zu 1) sei nunmehr selbständig für ihn tätig und es bestehe nicht einmal die Möglichkeit, dass sie auch weiterhin abhängig beschäftigt sei, ist in keiner Weise glaubhaft. Das gilt umso mehr, als nach § 7 Abs. 4 Satz 1 SGB IV in der vom 1.4.1999 bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte v. 19.12.1998 (BGBl I 1998, S. 3843) eine Beschäftigung bei Personen vermutet wurde, die zwei der folgenden vier Kriterien erfüllten: Sie beschäftigten im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Nr. 1). Sie wurden regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig (Nr. 2). Sie erbrachten für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen (Nr. 3). Sie traten nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auf (Nr. 4). In der Person der Beigeladenen zu 1) waren seinerzeit alle vier genannten Merkmale erfüllt, unzweifelhaft jedoch die Kriterien nach Nr. 1, 2 und 4.
86Dieser Beurteilung kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass das SG im Eilverfahren zu seinen Gunsten entschieden und seine rechtliche Beurteilung geteilt habe. Denn er hat diese Beurteilung maßgeblich aufgrund falscher Angaben mit herbeigeführt, indem er - zumindest "ins Blaue hinein" - vorgetragen hat, die Beigeladene zu 1) habe sich bei ihrer Tätigkeit für ihn regelmäßig vertreten zu lassen. Zudem ist das SG seinerzeit aufgrund der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung noch - wie sich später herausstellte, unzutreffend - davon ausgegangen, dass die Beigeladene zu 1) im Zusammenhang mit der Aufnahme ihrer (vermeintlich) selbständigen Tätigkeit für den Kläger ein Gewerbe angemeldet hatte, obwohl dies erst Jahre später rückwirkend geschehen ist.
87Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
88Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des BSG.
89Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.1.2010 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob hinsichtlich der von der Klägerin seit dem 1.1.2005 bis zum 30.6.2008 ausgeübten Tätigkeit als Buchführungshilfe für den Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
3Die am 00.00.1964 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur Steuerfachgehilfin absolviert. Sie war bis zum 31.12.2004 bei dem Beigeladenen zu 1) als Buchführungshelferin abhängig beschäftigt. Klägerin und Beigeladener zu 1) vereinbarten mündlich, dass die Klägerin für den Beigeladenen zu 1) ab dem 1.1.2005 nunmehr als selbständige Mitarbeiterin tätig sein solle. Sie verrichtete Arbeiten, die sie auch zuvor schon ausgeübt hatte. Sie bearbeitete einen festen zugewiesenen Mandantenstamm, wozu auch die Aufrechterhaltung des telefonischen Kontakts z.B. zur Klärung von Rückfragen hinsichtlich der Buchhaltung gehörte. Nach Eingang der Unterlagen der von ihr betreuten Mandanten in der Kanzlei des Beigeladenen zu 1) wurde sie unter Mitteilung einzuhaltender Fristen verständigt. Diese betrugen in der Regel etwa einen Monat, damit die Termine für die Umsatzsteuervoranmeldungen eingehalten werden konnten. Sie wurde dann auch gebeten, einen Termin für die Erledigung der Buchhaltung anzumelden, damit ihr ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden konnte. Hierzu führte die Ehefrau des Beigeladenen zu 1) einen Mitarbeiterkalender, in den der betreffende Termin als belegt eingetragen wurde, wenn der betreffende freie Mitarbeiter sich angemeldet hatte. Tätig war sie nach von der Auftragslage abhängigen Anforderungen des Beigeladenen zu 1), die regelmäßig zweimal wöchentlich erfolgten. Regelmäßig arbeitete sie an zwei Nachmittagen pro Woche und zwar ausschließlich im Büro des Beigeladenen zu 1) unter Nutzung der von diesem verwendeten Buchhaltungssoftware "Agenda", über die die Klägerin selbst nicht verfügte. Die von den Mandanten für die Buchführung hereingereichten Unterlagen kontierte sie, gab sie ein und wertete sie aus, stellte sie danach in einen Schrank und verständigte den Mandanten über die Erledigung des Auftrags. Bei telefonischen Mandantenkontakten teilte sie mit, dass sie für den Beigeladenen zu 1) anrief, in dessen Auftrag dies auch geschah. Eine Ersatzkraft durfte die Klägerin nicht stellen. Über ihre Tätigkeit stellte sie dem Beigeladenen zu 1) monatliche Rechnungen. Neben ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) war die Klägerin für weitere Auftraggeber tätig. Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) beschäftigte sie keinen Arbeitnehmer.
4Sie erhielt im Streitzeitraum vom Beigeladenen zu 1) folgende Netto-Entgelte, d.h. Vergütungen ohne Umsatzsteuer:
52005 Januar 455,00 EUR Februar 406,00 EUR März 448,00 EUR April 448,00 EUR Mai 413,00 EUR Juni 392,00 EUR Juli 308,00 EUR August 511,00 EUR September 525,00 EUR Oktober 462,00 EUR November 420,00 EUR Dezember 399,00 EUR
62006 Januar 392,00 EUR Februar 413,00 EUR März 462,00 EUR April 399,00 EUR Mai 504,00 EUR Juni 455,00 EUR Juli 56,00 EUR August 567,00 EUR September 441,00 EUR Oktober 448,00 EUR November 497,00 EUR Dezember 336,00 EUR
72007 Januar 448,00 EUR Februar 448,00 EUR März 441,00 EUR April 448,00 EUR Mai 553,00 EUR Juni 441,00 EUR Juli 399,00 EUR August 504,00 EUR September 434,00 EUR Oktober 504,00 EUR November 448,00 EUR Dezember 336,00 EUR
82008 Januar 497,00 EUR Februar 448,00 EUR März 336,00 EUR April 504,00 EUR Mai 392,00 EUR Juni 441,00 EUR
9Am 16.12.2004 beantragte die Klägerin die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Hierzu gab sie an, sie sei als Buchführungshelferin tätig, ihre Arbeit bestehe in der Erfassung und Eingabe von Finanzbuchhaltungen und Abstimmung von Auswertungen, der Vorbereitung und Erstellung von Einkommensteuererklärungen. Ihre Tätigkeit übe sie nicht nur für den Beigeladenen zu 1), sondern auch für eine selbständige Buchhalterin aus. Daneben sei geplant, für die vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. selbständig im Rahmen eines Beratervertrages tätig zu sein. Die Klägerin gab ferner an, sie besitze ein eigenes Büro mit vorhandenem Computer und den dazu gehörigen Geräten. Kopierer, Fax und Auto würden ebenfalls von ihr eingesetzt. Sie stelle das erforderliche Büromaterial. Die Arbeiten führe sie selber durch. Für den Kläger und die weitere Auftraggeberin, die selbständige Buchhalterin, erledige sie die Arbeiten fast ausschließlich in den jeweiligen Büros. Im Verhältnis zum Beigeladenen zu 1) trage sie alleine die Verantwortung für alle ihre steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten.
10Mit Schriftsatz vom 27.5.2005 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) zur Absicht an, in einem Bescheid das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) festzustellen. In Ihrer Stellungnahme vom 4.6.2005 führte die Klägerin aus, die Aufträge würden nicht nur am Betriebssitz des Auftraggebers ausgeführt, sondern auch in ihrem eigenen Büro. Hier erledige sie vorbereitende Arbeiten (z.B. Kontierung, Abstimmung, Schreibarbeiten etc.). Die Entgegennahme und Fertigstellung der Aufträge erfolge am Betriebssitz des Auftraggebers. PC-Arbeiten würden dort vorgenommen, um das umständliche Überspielen von Daten etc. zu vermeiden. Sie sei, was die Arbeitszeit sowie die Anwesenheit im Betrieb des Beigeladenen zu 1) anbelange, vollkommen unabhängig. Die Anwesenheit hänge von der Menge der vorhandenen Arbeit und der Auftragslage von Seiten ihrer zwei weiteren Auftraggeber ab. Sie besitze einen eigenen Pkw und bekomme für die gefahrenen Kilometer keine Fahrtkostenerstattung. Sie trage z.B. bei Erkrankung das Risiko des Honorarausfalls selbst. Sie werbe um weitere Auftraggeber. Sie stehe am Anfang ihrer Existenzgründung, von daher könne sie noch nicht mit einer großen Zahl von Aufträgen rechnen. Sie habe eine Werbeaktion durchgeführt, um weitere Auftraggeber zu gewinnen.
11Der Beigeladene zu 1) führte in seiner Stellungnahme vom 10.6.2005 aus, bis zum 31.12.2004 habe ein Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Klägerin bestanden. Durch einen Aufhebungsvertrag sei dieses im gegenseitigen Einvernehmen beendet worden. Hintergrund sei einerseits das Interesse der Klägerin gewesen, ihre Tätigkeit und damit ihren Verdienst auszudehnen, was er ihr zur Zeit aber nicht habe bieten können, und andererseits sein Interesse, die Klägerin als Mitarbeiterin zu behalten, wenn auch auf anderer rechtlicher Grundlage. Für die freie Mitarbeit ab dem 1.1.2005 seien Verhandlungen zu neuen Vertragsbedingungen zwischen ihm und der Klägerin geführt worden. Danach sei es der Klägerin gestattet gewesen, weitere Aufträge von anderen Auftragnehmern entgegenzunehmen. Eine freie Zeiteinteilung sei vereinbart worden verbunden mit der Möglichkeit, die Übernahme von Aufträgen, insbesondere dann, wenn die Überarbeitung mit den Verpflichtungen aus anderen Auftragsverhältnissen kollidiere, abzulehnen. Das Aushandeln eines Honorarsatzes, der erheblich über dem Stundensatz aus der vorherigen nicht selbständigen Arbeit liege, sei verbunden mit dem Wegfall von Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfall und der Gewährung von bezahltem Urlaub gewesen. Der Klägerin sei ferner freigestellt, wo sie die von ihm erteilten Aufträge erledige, es sei denn, aus Sachgesichtspunkten ergebe sich zwingend ein bestimmter Ort. Zweckmäßig sei es auch, dass die Klägerin im Allgemeinen die Eingabe der Finanz- oder Lohnbuchführung an seinen, des Beigeladenen zu 1), Datenverarbeitungseinrichtungen vornehme. So würden zusätzliche Arbeitszeit und Kosten durch Zwischenspeicherung u.a. gespart. Deshalb habe die Klägerin die Möglichkeit, die Aufträge andernorts zu erledigen, noch nicht in Anspruch genommen. Sowohl er, der Beigeladene zu 1), als auch die Klägerin seien von einem neuen Rechtsverhältnis im Zusammenhang mit der Auflösungsvereinbarung ausgegangen, weil das nunmehrige Auftragsverhältnis in wesentlichen Vertragspunkten nicht mit den vorangegangenen Arbeitsverhältnissen übereinstimme. Mit Erklärung vom 5.7.2005 stimmte die Klägerin einem Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe des Bescheides über die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zu. Gegen das finanzielle Risiko von Krankheit sei sie ohne Anspruch auf Krankengeld abgesichert.
12Mit Bescheiden vom 13.7.2005 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) als Adressaten fest, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Buchführungshilfe für den Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und die Versicherungspflicht dem Grunde nach mit der Aufnahme der Tätigkeit beginne. Sie unterliege in der Zeit seit dem 1.1.2005 dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
13Gegen diese Bescheide legten sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1) jeweils am 8.8.2005 Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) bemängelte, in dem angefochtenen Bescheid sei eine Auseinandersetzung mit der von ihm abgegebenen Darstellung des Vertragsverhältnisses nicht erfolgt. Auch habe eine Überprüfung der zugrundeliegenden tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses nicht stattgefunden.
14Die Klägerin machte zur Begründung ihres Widerspruches geltend, nach den ihr vorliegenden Informationen werde in einem Statusfeststellungsverfahren eine allgemeine Feststellung vorgenommen. Wenn man alle drei festen Auftraggeber daraufhin prüfen würde, wäre es kein Wunder, wenn sie bei jedem sozialversicherungspflichtig sei. Sie könne nicht nachvollziehen, dass allein der Nachweis von mehreren Auftraggebern nicht ausreiche. Sie sei gegenüber keinem ihrer Auftraggeber hinsichtlich des zeitlichen Umfanges noch, was die Arbeit selber anbelange, weisungsgebunden. Sämtliche benötigten Arbeitsgeräte seien vorhanden. Im nächsten Quartal stehe die Anschaffung eines neuen Computers an, auf den z.B. von ihrem Auftraggeber in L die Datev-Programme aufgespielt würden, so dass sie fast ausschließlich nur noch zum Daten- und Belegaustausch dort hinfahren werde.
15Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19.6.2006 zurück. Sie führte zur Begründung aus: Im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens werde ausschließlich das im Statusantrag angegebene Auftragsverhältnis geklärt. Seien im Antrag auf Statusfeststellung mehrere Auftragsverhältnisse angegeben worden, sei für jedes Auftragsverhältnis rechtlich getrennt festzustellen, ob der Auftragnehmer abhängig beschäftigt sei. Falls ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber tätig sei, schließe diese Tatsache das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgegners folge. Auch Arbeitnehmer hätten vor Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis anzunehmen bzw. abzulehnen, die Modalitäten auszuhandeln und zu kündigen, sollte kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit bestehen. Sozialversicherungsrechtlich relevant seien die Umstände ab Annahme des Einzelauftrages, insbesondere bei der tatsächlichen Leistungserbringung. Das Weisungs- und Direktionsrecht des Arbeitgebers sei wesentlicher Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses. Es erlaube dem Arbeitgeber, die im Arbeitsvertrag meist nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht nach Art, Zeit und Ort zu konkretisieren. Es sei dabei nicht entscheidend, dass das Weisungsrecht laufend ausgeübt werde. Es genüge vielmehr, dass der Beschäftigende nach der jeweiligen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit habe, die Durchführung der Beschäftigung entscheidend zu bestimmen. Der Klägerin würden Weisungen erteilt, die zu einer Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu 1) führten. Die Tätigkeit als Buchführungshelferin werde am Betriebssitz des Beigeladenen zu 1) ausgeübt. Eine ordentliche Ausübung der der Klägerin übertragenden Aufgaben sei ihr auch nach den Angaben des Beigeladenen zu 1) nur an seinem Betriebssitz möglich. Ebenso sei davon auszugehen, dass sie bestimmte Arbeits-/Anwesenheitszeiten einzuhalten habe, auch wenn diese einvernehmlich vereinbart worden seien. Hinsichtlich der Arbeitszeit sei der Klägerin nur scheinbar eine Gestaltungsmöglichkeit eingeräumt worden. Die freie Entscheidung über den zeitlichen Rahmen der Tätigkeit erfahre durch die vom Beigeladenen zu 1) vorgegebenen Geschäftszeiten eine zeitliche Begrenzung. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit sei zwar nicht exakt nach Tagen, Stunden oder Minuten bestimmt, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der Rechtsprechung zur persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Die Übernahme eines solchen Risikos z.B. durch den Einsatz von eigenem Kapital oder Arbeitsmaterial sei nicht nachgewiesen. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolge. Die Vergütung werde somit erfolgsabhängig gezahlt. Die Bezahlung lediglich nach dem Erfolg der Arbeit sei nach der Rechtsprechung des BSG kein zwingender Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit des Beschäftigten. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg des Auftragnehmers von dessen beruflicher Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers, sie habe auch jeder Beschäftigte. Dieses Risiko des Einkommens sei von dem bei einem selbständigen Beruf typischen Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Die Klägerin setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Die Selbständigkeit eines Dienstverpflichteten werde nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen, Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernehme, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgingen. Es seien kaum Unterschiede zur vorherigen Beschäftigung der Klägerin erkennbar. Die Aufgabenbereiche hätten sich nicht verändert. Es ergäben sich lediglich Änderungen, die den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit beträfen. Vergleichbar sei die nunmehr ausgeübte Tätigkeit derjenigen als Buchführungshelferin mit einer Teilzeitbeschäftigung.
16Mit Ihrer am 18.7.2006 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt.
17Der Beigeladene zu 1) erhob seinerseits am 21.7.2006 zum SG Düsseldorf Klage (Aktenzeichen - Az. - S 5 R 119/06). Seine Klage wies hat das SG Köln mit Urteil vom 4.6.2008 ab. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen. Im Berufungsverfahren L 16 R 51/08 nahm der Beigeladene zu 1) im Hinblick auf das Streitverfahren der Klägerin die Klage im Erörterungstermin am 30.10.2008 zurück.
18Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin zunächst auf ihr Vorbringen sowie das Vorbringen des Beigeladenen zu 1) im Vorverfahren verwiesen. Sie hat ergänzend vorgetragen, dass der Buchführungshelfer ein eigenständiger anerkannter freier Beruf sei. Hierzu hat sie das Merkblatt "Fragen zum Thema Buchführungshelfer und Buchhalter (Steuerberatungsgesetz)" der Industrie- und Handelskammer zu L (Stand: März 2008) vorgelegt. Ihre Wahl, aus der abhängigen Beschäftigung in die Selbständigkeit als Buchführungshelferin zu wechseln, sei von Artikel 12 und 2 Grundgesetz (GG) geschützt. Sie habe sich so die Möglichkeit eröffnet, für eine Vielzahl von Auftraggebern tätig zu sein. Dieses Ziel habe sie auch erreicht. Die Anzahl der Auftraggeber habe sich über die Jahre entwickelt. Jeder, der in eine Selbständigkeit wechsele, bedürfe einer gewissen Anlaufzeit, bis das Gewerbe floriere. Sie sei so dem Risiko entgangen, aus betriebsbedingten Gründen als abhängig Beschäftigte gekündigt zu werden und zwingend in die Arbeitslosigkeit zu wechseln. Seit Mai 2008 beschäftige sie auch eine eigene Angestellte auf 400-Euro-Basis. Zur Erledigung ihrer selbständigen Tätigkeit als Buchführungshelferin verfüge sie über die Buchführungsprogramme "DATEV" und "Lexware". Dies sei notwendig, da die verschiedenen Auftraggeber auch mit verschiedenen Buchführungsprogrammen arbeiteten. Der Beigeladene zu 1) arbeite mit dem Buchführungsprogramm "Agenda". Dieses Programm besitze sie nicht. Deswegen sei es schon notwendig gewesen, dass sie ihre selbständige Tätigkeit als Buchführungshelferin am PC des Beigeladenen zu 1) ausübe. Im Übrigen sei es völlig normal, dass ein selbständiger Buchführungshelfer in den Räumlichkeiten des Auftraggebers arbeite. Dies sei charakteristisch für dieses Berufsbild. Häufig seien die Auftraggeber nicht bereit, die Unterlagen, die für die Buchführung notwendig seien, herauszugeben. Dies sei auch wirtschaftlich unzweckmäßig. Warum solle ein Buchführungshelfer die Unterlagen sämtlich wegtransportieren, um sie dann später wieder zurückzubringen, wenn die Buchführungstätigkeit auch in den Räumlichkeiten des Auftraggebers durchgeführt werden könne. Sie trage ein eigenes unternehmerisches Risiko. Dieses sei schon dann zu bejahen, wenn der Tätige das Risiko des Lohnausfalls durch mangelnde Aufträge bzw. Krankheit trage, wie dies bei ihr gegeben sei. Allein schon der hier eingeräumte zeitliche Spielraum bei der Ausführung ihrer Tätigkeit spricht gegen eine Weisungsabhängigkeit vom Beigeladenen zu 1) bzw. gegen eine Eingliederung in dessen Betrieb. Auch die Tatsache, dass sie jederzeit einen Auftrag durch den Beigeladenen ablehnen könne, auch wenn sie dies bisher nicht getan haben möge, spreche klar gegen eine abhängige Beschäftigung. Der Umstand, dass sie bei dem Beigeladenen zu 1) aufgrund dessen Auftragsvorgabe eine bestimmte Tätigkeit ausführe, führe nicht zu einer Weisungsgebundenheit. Auftragsvorgaben und Weisungsgebundenheit seien stark zu unterscheiden. Sie habe aus Praktikabilitätsgründen und aus Gründen der Kostenersparnis am Computer des Beigeladenen zu 1) gearbeitet. Dies bedeute allerdings nicht, dass sie nicht auch dieselbe Tätigkeit zu Hause habe ausführen dürfen. Wichtig sei auch die Tatsache, dass sie für mehrere Auftraggeber tätig werde. Schon das Gesetz gehe in § 2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) davon aus, dass sich Selbständigkeit durch das Tätigwerden für mehrere Auftraggeber auszeichne. Gerade der Umstand, für mehrere Auftraggeber tätig zu sein, erfordere von ihr, weisungsungebunden und zeitlich frei zu sein. Ihre Tätigkeit habe sie mit den verschiedenen Auftraggebern jeweils zeitlich und örtlich frei vereinbart. In der Beziehung zwischen ihr und dem Beigeladenen zu 1) fehle jede Regelung zu einer Vergütung während des Urlaubs bzw. während einer Erkrankung. Auch dies spreche klar für eine selbständige Tätigkeit. Dies sei zwischen von ihr und dem Beigeladenen zu 1) auch klar gewollt und vereinbart gewesen. Sie habe sich beruflich verändern und erweitern wollen. Aufgrund der Auftragslage und der vorhandenen personellen Ausstattung der umsatzmäßig kleinen Kanzlei habe der Beigeladene zu 1) eine weitergehende Beschäftigung auf Dauer nicht bieten können. Deshalb hätten beide auch extra eine höhere Stundenvergütung vereinbart. Dies deshalb, damit diese nur selber ihre notwendigen Sozialabgaben zahlen könne.
19Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.1.2010 hat die Klägerin wie folgt vorgetragen: Sie sei zunächst bei dem Beigeladenen zu 1) als Vollzeitkraft tätig gewesen, und zwar seit 1990. Sie hätten ein ausgesprochen gutes Verhältnis gehabt, das sie als Vertrauensverhältnis bezeichnen würde. Dann habe sie im Laufe der Jahre durch ihre Familienplanung die Tätigkeit etwa in den Jahren 1999/2000 auf halbtags reduziert. Sie habe für den Beigeladenen zu 1) Buchhaltertätigkeiten verrichtet. Die Halbtagsbeschäftigung habe so ausgesehen, dass sie 1 ½ Tage im Büro des Beigeladenen zu 1) tätig gewesen sei. Da es ihr ihre Familie anschließend ermöglicht habe, in größerem Umfang tätig zu sein, habe sie sich an den Beigeladenen zu 1) gewandt und ihm dieses vorgetragen. Für ihn habe allerdings zum damaligen Zeitpunkt im Jahre 2004 keine Möglichkeit bestanden, ihre Tätigkeit wieder auszudehnen, weil er anderweitig disponiert gehabt habe. Aufgrund ihres vertrauensvollen Verhältnisses hätten sie vereinbart, dass sie evtl. für mehrere Auftraggeber als freie Mitarbeiterin tätig sein solle. Sie habe zum 1.1.2005 auch angefangen, ihre selbständige Tätigkeit aufzubauen. Sie habe zum damaligen Zeitpunkt noch zwei weitere Auftraggeber gehabt. Sie habe zu Hause in ihrem Haus mit Beginn der Selbständigkeit ein eigenes Büro eingerichtet. Sie habe stundenweise für den Beigeladenen zu 1) gearbeitet, und zwar nicht an einem festen Wochentag, sondern nach freier Gestaltung. Sie habe natürlich auch alle Aufträge für ihre anderen Auftraggeber koordinieren müssen. Sie meine, sie habe jeweils für zwei Nachmittage für den Beigeladenen zu 1) gearbeitet, genau wisse sie das nicht mehr. Sie habe hauptsächlich die Arbeiten im Büro des Beigeladenen zu 1) ausgeführt und dort auch den PC und das Computerprogramm genutzt. Ihrer Erinnerung nach habe ihr ursprünglicher Verdienst bis zum 31.12.2004 800,00 bis 900,00 EUR brutto betragen. Sie hätten dann im Hinblick auf ihre selbständige Tätigkeit einen höheren Stundensatz vereinbart, wohl 450,00 EUR bis 600,00 EUR monatlich an Honorar gezahlt worden zzgl. Mehrwertsteuer. Sie habe jeweils bestimmte Mandanten zugewiesen bekommen. Sie habe ihrem Wissen nach keine Aufträge abgelehnt. Es sei nie in der streitigen Zeit zu einem Konflikt mit anderen Auftraggebern gekommen.
20Die Klägerin hat beantragt,
21den Bescheid vom 13.7.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006 aufzuheben.
22Die Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
25Die Beklagte hat geltend gemacht, dass aus einer abhängigen Beschäftigung keine selbständige Tätigkeit werde, wenn man lediglich seine Arbeitszeit reduziere, diese flexibel einteilen könne und nebenher für andere Vertragspartner selbständig tätig sei. Die Klägerin habe für den Beigeladenen zu 1) tatsächlich ausschließlich vor Ort, in seinen Betriebsräumen gearbeitet. Sie habe kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Der von ihr angeschaffte Computer werde für die streitgegenständliche Tätigkeit nicht benötigt. Sämtliche Arbeitsmittel seien ihr am Betriebssitz des Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt worden. Die Klägerin fülle die Stelle aus, die sie zuvor inne gehabt habe und sei weiterhin in die Arbeitsorganisation des Beigeladenen zu 1) eingegliedert und unterliege hinsichtlich Ort sowie Art und Weise der Tätigkeit dessen Weisungen. Die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren angegeben, dass ihre Anwesenheit vor Ort von der vorhandenen Arbeit abhängig sei. Die Arbeitszeit richte sich somit, wie auch bei jedem Beschäftigten, nach den Belangen des Arbeitgebers. Im Übrigen hat die Beklagte inhaltlich auf die Entscheidungsgründe des Urteils des SG Düsseldorf vom 4.6.2008 in dem Verfahren S 5 R 119/06 des Beigeladenen zu 1) Bezug genommen.
26Die Beklagte hat weiter vorgetragen, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht ausschließe. Die Regelung des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sei vielmehr erst dann anwendbar, wenn zuvor festgestellt worden sei, dass kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vorliege. Andernfalls wäre die Regelung des § 8 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV (Zusammenrechnung mehrere geringfügiger Beschäftigungen) und § 22 SGB IV (Entstehen der Beitragsansprüche bei Zusammentreffen mehrerer Versicherungsverhältnisse) entbehrlich. Mithin könne ein Auftragnehmer für mehrere Auftraggeber als abhängig Beschäftigter tätig sein.
27Das SG Köln hat mit Urteil vom 12.1.2010 den Bescheid der Beklagten vom 13.7.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.6.2006 aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
28Gegen das ihr am 27.1.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 18.2.2010 Berufung eingelegt.
29Mit Bescheiden vom 26.4.2010 hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide dahingehend abgeändert, dass in der vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 ausgeübten Beschäftigung der Klägerin als Buchführungshilfe bei dem Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -), der Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -), der Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -) bestanden hat.
30Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Klägerin sei - wie bisher auch - zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Eine Ersatzkraft habe sie nicht stellen dürfen. Tatsächlich habe sie weiterhin Buchführungsarbeiten für einen festen Mandantenstamm ausschließlich im Büro des Auftraggebers und unter Nutzung des dortigen speziellen Computerprogramms ausgeführt und dafür im Ergebnis einen Stundenlohn erhalten. Sie habe - unabhängig vom Erfolg - weiterhin lediglich das Tätigwerden als Buchführungshilfe, und zwar ohne die bei Werkvertragsleistungen üblichen Abzüge bzw. Gewährleistungsverpflichtungen gegenüber dem Auftraggeber bei etwaigen Schlechtleistungen, geschuldet. Der Auftraggeber habe sie bedarfsweise regelmäßig zweimal wöchentlich angefordert. Aufträge habe die Klägerin nach eigenen Angaben tatsächlich nie abgelehnt. Im Ergebnis sei das bisherige Arbeitsverhältnis inhaltlich unverändert beibehalten worden. Die einzige Änderung habe sich aus der möglichen flexibleren Einteilung der wöchentlichen Arbeitszeit ergeben. Dabei sei die Klägerin aber weiterhin regelmäßig zweimal wöchentlich für den Auftraggeber tätig gewesen und habe die Arbeitsleistung auch weiterhin bis zu einem bestimmten Termin zu erbringen gehabt. Größere Gestaltungsfreiheiten in Bezug auf die zu erbringende Arbeitsleistung hätten sich für die Klägerin ab 1.1.2005 nicht ergeben, Inhalt, Ort und zeitlicher Rahmen seien ihr tatsächlich vorgegeben gewesen. Die weisungsgebundene Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers habe somit fortbestanden. Lohnfortzahlungen und bezahlter Urlaub in Höhe der gesetzlichen Mindestansprüche seien beim Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht abdingbar. Entgegen der Auffassung des SG hätten fehlende Vereinbarungen der Beteiligten hierzu die Beschäftigteneigenschaft der Klägerin nicht aufgehoben. Der Umstand, dass die Klägerin schon aus technischen Gründen gezwungen gewesen sei, auf das nur im Büro des Auftraggebers zur Verfügung stehende Computerprogramm zurückzugreifen, zeige hingegen gerade deutlich, dass bezogen auf das zu beurteilende Auftragsverhältnis die tatsächlichen Verhältnis für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sprächen. Auch habe die Klägerin kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Vielmehr habe sie darauf verzichtet, ein eigenes Computerprogramm anzuschaffen. Dass sie zu Hause über einen Arbeitsplatz verfügt habe, an dem sie Aufträge für weitere Auftraggeber ausgeführt habe, sei in Bezug auf das zu beurteilende Auftragsverhältnis irrelevant, da jedes einzelne Auftragsverhältnis separat zu beurteilen sei. Dem SG müsse widersprochen werden, wenn es die Tatsache, dass die Klägerin nebenher für weitere Auftraggeber tätig gewesen sei, als Indiz für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit ansehe. Von der Möglichkeit der Ausübung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse gehe das Gesetz selbst aus; anderenfalls wären die Regelungen der §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 SGB IV entbehrlich. In seiner Entscheidung vom 23.2.1988, 12 RK 43/87 (USK 8804) gehe das BSG sogar soweit, dass derjenige, der Arbeitnehmer im geringfügigen Umfang beschäftige, regelmäßig damit rechnen müsse, dass diese Arbeitnehmer früher oder später daneben weitere Beschäftigungen aufnähmen. Dem SG könne auch nicht gefolgt werden, wenn es feststelle, die Tatsache, dass die Klägerin jederzeit einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) habe ablehnen können, spreche gegen eine abhängige Beschäftigung. Da kein schriftlicher Vertrag geschlossen worden sei, seien die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Danach habe die Klägerin nach den in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben nie einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) abgelehnt. Das Recht, einzelne Aufträge abzulehnen, stehe auch einer Eingliederung in den Betrieb nicht entgegen. Das BSG habe in seinem Urteil zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Ausbeinern (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 4.6.1998, B 12 KR 5/97 R, USK 98135) insoweit festgestellt, die Ausbeiner hätten zwar darüber entscheiden können, ob sie eine von der dortigen Klägerin angebotenen Tätigkeit übernehmen wollten oder nicht. Nach Bereiterklärung seien sie aber dem dortigen Weisungsrecht der dortigen Klägerin unterworfen gewesen. Das sich das Weisungsrecht regelmäßig lediglich auf allgemeine organisatorische Fragen bezogen habe und fachliche Einzelanweisungen nicht geboten gewesen seien, entspreche der Typik bei fachlich qualifizierten Personal. Im Übrigen verweist die Beklagte erneut auf das Urteil des SG Düsseldorf in dem Verfahren S 5 R 119/06 des Beigeladenen zu 1).
31Die Beklagte beantragt,
32das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.1.2010 zu ändern und die Klage abzuweisen.
33Die Klägerin beantragt,
34die Berufung zurückzuweisen.
35Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Sie trägt ergänzend vor, dass Urteil des SG Düsseldorf, auf das sich die Beklagte wiederum beriefe, habe keinen Bestand und dürfe daher keine Berücksichtigung finden. Falsch sei auch die Darstellung der Beklagten, dass sie, die Klägerin, zu einer höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen sei und keine Ersatzkraft für die Ausübung ihrer Tätigkeit bei dem Beigeladenen zu 1) habe stellen dürfen. Solche Feststellungen seien im hiesigen zur Entscheidung stehenden Verfahren nicht getroffen worden. Die Beklagte greife hier in unzulässiger Weise auf falsche Erkenntnisse aus dem Verfahren vor dem SG Düsseldorf zurück. Das Arbeitsverhältnis zwischen ihr, der Klägerin, und dem Beigeladenen zu 1) sei auch nicht, wie die Beklagte glaubhaft machen wolle, inhaltlich unverändert beibehalten worden. Konkret habe sich ihre Arbeitszeit geändert. Diese sei nun frei eingeteilt worden. Sie habe diese jederzeit verändern können und habe hiervon auch Gebrauch gemacht. Sonst hätte sie nicht für ihre anderen Auftraggeber hätte tätig werden können. Eine Absprache der einzelnen Auftraggeber untereinander habe es ja nicht gegeben. Auch habe sie ein höheres Stundenhonorar erhalten. Es werde noch einmal explizit der Vortrag aus der ersten Instanz wiederholt, dass der Buchführungshelfer ein anerkannter freier Beruf sei. Für diesen Beruf sei es geradezu charakteristisch, dass man in den Räumlichkeiten des Auftraggebers an dessen EDV-Anlage seine Arbeit verrichte. Nach der Auffassung der Beklagten wäre der Wechsel eines angestellten Buchführungshelfers in die Tätigkeit eines selbständigen Buchführungshelfers nie möglich. Dies wäre verfassungswidrig und würde gegen Art. 12 GG verstoßen. Das von der Beklagten weiter aufgeführte Argument, sie, die Klägerin, habe tatsächlich nie einen Auftrag des Beigeladenen zu 1) abgelehnt, sei rechtlich und sachlich unerheblich. Kaum ein selbständig Tätiger lehne einen Auftrag ab. Im Übrigen seien die von der Beklagten an das Unternehmerrisiko gestellten Anforderungen weit überspannt.
36Der Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Klägerin voll inhaltlich angeschlossen.
37Der Senat hat Aufstellungen der an die Klägerin gezahlten Vergütung für die Jahre 2005 bis 2008 sowie einen Auszug aus dem Lohnkonto für das Jahr 2004 und die Einkommensteuerbescheide der Klägerin der Jahre 2005 bis 2008 beigezogen. Die Beklagte hat zur Frage der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorgetragen, die Ermittlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts sei vorausschauend bei Beginn der Beschäftigung bzw. erneut bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen vorzunehmen. Das gelte auch dann, wenn die Entscheidung über die Feststellung der Versicherungsfreiheit auch erst im Nachhinein getroffen werden solle. Es komme dann für die Prognose auf den damaligen Erkenntnisstand an. Würden keine gleichbleibenden Bezüge gewährt, sei eine Schätzung des Arbeitsentgelts vorzunehmen. Als Schätzungszeitraum gälten der Monat der Prüfung und die folgenden elf Monate. Im vorliegenden Fall sei nach ihrer Auffassung eine Prognose, dass das regelmäßige Arbeitsentgelt unter 400,00 EUR liege und damit Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit vorliege, nicht angezeigt gewesen. Insoweit sei eine geringfügige Tätigkeit auch nicht für einzelne Monate festzustellen. Die sich später ergebenen tatsächlichen Entgelte hätten auf die versicherungsrechtliche Beurteilung keinen Einfluss mehr, selbst wenn sie von der vorausschauenden Schätzung abwichen. Die Beklagte hat ergänzend einen Versicherungsverlauf vom 13.9.2013 betreffend die Klägerin beigebracht.
38Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 4.12.2013 die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) ergänzend gehört. Hinsichtlich des Inhalts der Erklärungen beider Beteiligter wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Streitakten S 5 R 119/06 des SG Düsseldorf (L 16 R 51/08, Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - LSG NRW -), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
40Entscheidungsgründe:
41Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da diese mit den ordnungsgemäß zugestellten Terminsnachrichten auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
42Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
43Bezüglich des Bescheides vom 26.4.2010, der gem. §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden ist, entscheidet der Senat auf Klage.
44Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Denn die Beklagte hat zu Recht die Versicherungspflicht der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchführungshilfe vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 beim Beigeladenen zu 1) in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt, da die Klägerin diese Tätigkeit auch seit dem 1.1.2005 bis zum 30.6.2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
451. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken- (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) und Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 SGB III) der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl zum Ganzen z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr. 4 Rdnr. 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rdnr. 14 m.w.N.; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 19 S. 69 f., Nr 13 S 31 f. und Nr. 4 S. 13, jeweils m.w.N.; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5 S. 26 f mwN; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
46Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr. 17; ebenso Urteil v. 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R - USK 2006-8 = ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 66, und Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl z.B. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125 = Juris Rdnr. 17; ferner auch BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17).
472. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom 1.1.2005 bis 30.6.2008 ihre Tätigkeit als Buchführungshilfe beim Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat, da die für eine abhängige Beschäftigung typischen Merkmale deutlich überwiegen. Anknüpfungspunkt für diese Gesamtabwägung ist die einzelne konkrete Tätigkeit bzw. Vertragsbeziehung.
48a) Vertragliche Regelungen zur Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) ab dem 1.1.2005 existieren nicht in schriftlicher Form. Mündlich wurde nur vereinbart, dass die Klägerin ab dem 1.1.2005 ihre Tätigkeit als Buchführungshelferin im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausüben solle. Aus dem Umstand, dass die Klägerin regelmäßig an zwei Nachmittagen pro Woche für den Beigeladenen zu 1) tätig war und einen festen Mandantenstamm bearbeitete, folgt, dass die Tätigkeit der Klägerin für den Beigeladenen zu 1) als Dauerschuldverhältnis gewollt war und gelebt wurde. Mangels weiterer vertraglicher Regelungen ist daher die tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin maßgeblich. Diese weist weit überwiegend Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung der Klägerin in ihrer Tätigkeit als Buchführungshelferin für den Beigeladenen zu 1) auf.
49b) Die Tätigkeit der Klägerin ist dadurch geprägt, dass sie in einen fremden Betrieb, den der Steuerberatungskanzlei des Beigeladenen zu 1), und dessen organisatorische Strukturen in erheblichem Umfang eingegliedert war und einem entsprechenden Weisungsrecht unterlag.
50aa) Dies gilt zunächst für den Ort der Arbeitsleistung, da sie ausschließlich in den Räumen des Beigeladenen zu 1) tätig war. Zudem war sie in die von dem Beigeladenen zu 1) vorgegebene Betriebsorganisation eingebunden. Sie erhielt von diesem die zu bearbeitenden Unterlagen der Mandanten, arbeitete mit den von ihm zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln, insbesondere Hard- und Software, z.B. dem Buchführungsprogramm "Agenda", nutzte dessen Telefonanlage und stimmte ihre Termine mit der Ehefrau des Beigeladenen zu 1) ab. Auch in zeitlicher Hinsicht war die Klägerin weitgehend in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert. Da sie für ihre Tätigkeit auf die Betriebsräume und -mittel des Beigeladenen zu 1) angewiesen war, konnte sie nur zu den Zeiten arbeiten, zu denen ihr vom Beigeladenen zu 1) ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wurde. Die Klägerin konnte nicht nach eigener freier Entscheidung auf einen Arbeitsplatz zurückgreifen, da dieser Arbeitsplatz von mehreren Mitarbeitern des Beigeladenen zu 1) genutzt wurde. Sie musste also Rücksprache mit der Kanzlei des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich der Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes halten und konnte dort nur nach Absprache entsprechend der bei Inanspruchnahme durch mehrere Mitarbeiter eingeschränkten zeitlichen Verfügbarkeit eines Arbeitsplatzes tätig werden. Hinsichtlich der Art ihrer Tätigkeit war sie ebenfalls vollständig in den Betrieb des Beigeladenen zu 1) eingegliedert, da sie Tätigkeiten für Mandanten des Beigeladenen zu 1) und nicht für eigene Mandanten vornahm.
51bb) Sie unterlag zudem in erheblichem Maße einem Weisungsrecht des Beigeladenen zu 1) hinsichtlich Ort, Zeit, Dauer und Art ihrer Tätigkeit. Hinsichtlich des Ortes ergibt sich dies bereits daraus, dass sie ihre Tätigkeit mit dem vom Beigeladenen zu 1) verwendeten Buchführungsprogramm "Agenda" verrichten musste. Daraus folgte zwangsläufig, dass die Arbeiten in den Betriebsräumen und mit Betriebsmitteln des Beigeladenen zu 1) ausgeübt werden mussten, da die Klägerin selbst über dieses Programm nicht verfügte. In zeitlicher Hinsicht war die Klägerin ebenfalls in erheblichem Maße weisungsgebunden. Wegen der Abhängigkeit vom Arbeitsplatz beim Beigeladenen zu 1) und dessen betriebsorganisatorischer Entscheidung, für mehrere Mitarbeiter nur einen Arbeitsplatz vorzuhalten, bestimmte er im Wesentlichen den zeitlichen Rahmen des Tätigwerdens der Klägerin für ihn. Weitere Einschränkungen für die Klägerin gab es durch den Umfang der ihr vom Beigeladenen zu 1) zugewiesenen Arbeit, die zum Teil auch fristgebunden war. In der praktischen Umsetzung erforderte dies ein regelmäßiges Tätigwerden der Klägerin an zwei Nachmittagen pro Woche. In Bezug auf die Art der Tätigkeit bestimmte der Beigeladene zu 1), welche Mandate die Klägerin zu bearbeiten hatte. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin das Recht hatte, einzelne Mandate abzulehnen, da eine Ablehnung durch sie nie vorkam.
52c) Die für eine selbständige Tätigkeit typischen Merkmale sind nicht in erheblichem Umfang vorhanden. Die Klägerin verfügte im Hinblick auf ihre Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) weder über eine eigene Betriebsstätte, noch über eigene Betriebsmittel. Sie konnte nicht im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen. Sie unterlag auch keinem nennenswerten unternehmerischen Risiko.
53Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. u.a. BSG, Urteil v. 28.5.2008, juris, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Arbeitseinsatzes und der tatsächlichen persönlichen Mittel also ungewiss ist. Eine solche Ungewissheit ist jedoch nicht erkennbar.
54So wurde von der Klägerin schon kein eigenes Kapital in nennenswertem Umfang eingesetzt. Sie musste weder Räumlichkeiten vorhalten, da ihr diese von dem Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt wurden. Sie lief also nicht Gefahr, z.B. Zahlungen für angemietete Räumlichkeiten frustriert aufzuwenden. Auch sonstige Anschaffungen, z.B. für das Buchführungsprogramm "Agenda", wurden von der Klägerin nicht getätigt. Sämtliche Betriebsmittel wurden ihr vielmehr von dem Beigeladenen zu 1) zur Verfügung gestellt. Auch beschäftigte die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) nicht selbst Arbeitnehmer mit dem damit verbundenen risikobehafteten Kapitaleinsatz.
55Ein Vergütungsrisiko war mit Ausnahme des auch von jedem abhängigen Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr konnte sich die Klägerin darauf verlassen, dass die von ihr erbrachten Arbeiten auch vergütet wurden. Da sie einen festen Mandantenstamm zu bearbeiten hatte, konnte sie mit einer gewissen, zwar Schwankungen unterworfenen aber doch regelmäßigen Vergütung rechnen. Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich genommen hingegen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung ist nämlich nur dann ein Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer weiteren Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, Senat, Urteil v. 20.7.2011, L 8 R 534/10, jeweils Juris). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
56Die Klägerin konnte ihre Arbeitszeit nicht im Wesentlichen frei bestimmen. Sie war hinsichtlich des Umfangs vollständig an die Vorgaben des Beigeladenen zu 1) gebunden, da dieser bestimmte, welche Mandanten sie zu betreuen hatte. Im Hinblick auf die Lage ihrer Arbeitszeit unterlag sie den dargestellten Einschränkungen infolge der eingeschränkten Verfügbarkeit ihres Arbeitsplatzes beim Beigeladenen zu 1) und der teilweisen Fristengebundenheit der übertragenen Arbeiten. Aufgrund der in erheblichem Maß gegebenen Eingliederung und Weisungsgebundenheit war es der Klägerin nicht möglich, ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten.
57Kein für Selbständigkeit sprechender Gesichtspunkt stellt das Tätigwerden für mehrere Auftrag- bzw. Arbeitgeber dar. Es ist nach den gesetzgeberischen Wertungen sowohl möglich, dass bei der Tätigkeit für nur einen Auftraggeber Selbständigkeit gegeben ist (vgl. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI), als auch bei parallelen Tätigkeiten für mehrere Arbeitgeber abhängige Beschäftigungen vorliegen (vgl. §§ 8 Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Demzufolge können natürlich auch abhängige Beschäftigungen neben selbständigen Tätigkeiten ausgeübt werden.
58d) Insgesamt überwiegen deutlich die Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung und Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen sprechen.
59Bei der Beurteilung kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die von der Klägerin ab dem 1.1.2005 verrichtete Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1) ohne wesentliche Unterschiede bis zum 31.12.2004 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt wurde. Der einzige nennenswerte Unterschied bestand in einer Flexibilisierung der Arbeitszeit. Im Übrigen bestand die bereits zuvor vorhandene Eingliederung und Weisungsgebundenheit der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fort. Auch ergaben sich ab dem 1.1.2005 weiterhin keine typischen Merkmale für eine selbständige Tätigkeit.
60Für ihre Rechtsauffassung kann die Klägerin keine Gesichtspunkte aus dem beigebrachten Merkblatt der IHK L herleiten. In diesem Merkblatt kommt zum Ausdruck, dass ein Buchführungshelfer selbständig tätig sein darf. Dem Merkblatt ist allerdings nichts dazu zu entnehmen, welche rechtlichen und/oder tatsächlichen Voraussetzungen für Selbständigkeit in Abgrenzung zur abhängigen Beschäftigung vorliegen müssen. Maßgeblich bleiben die oben dargestellten Abgrenzungskriterien, wie sie aus der ständigen Rechtsprechung des BSG herzuleiten sind. Hiermit stimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) überein. Es sind danach durchaus Fallgestaltungen denkbar, in denen die Ausübung des Berufs des Buchführungshelfers im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit - bei dem Vorliegen einer eigenen Betriebsstätte, eines Unternehmerrisikos, einer Tätigkeit im eigenen Betrieb, eines eigenen Mandantenstammes etc. - erfolgt (vgl. BGH, Urteil v. 14.10.2010, I ZR 95/09, juris).
61Die Klägerin ist durch die Feststellung der Beklagten auch nicht in ihrem Grundrecht auf Gewerbefreiheit und Unternehmensfreiheit im Sinne der freien Gründung und Führung von Unternehmen nach Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Verfassungsgerichtlich ist geklärt, dass die im Rahmen des § 7 SGB IV nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien vorzunehmende Abgrenzung verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Der Gesetzgeber bedient sich der Rechtsfigur des Typus, der durch die äußeren Merkmale des vom Gesetzgeber als bekannt vorausgesetzten Normalfalls einer "nichtselbstständigen Tätigkeit" bestimmt ist. Aus den prägenden Indizien des Einzelfalls entsteht ein Gesamtbild, das diesem Typus weithin entspricht. Abgrenzungsschwierigkeiten in Rand- und Übergangsbereichen der abhängigen Beschäftigung zur selbstständigen Tätigkeit, zu denen vorliegender Fall jedoch nicht gehört, sind verfassungsrechtlich nicht bedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 1). Gerade der Verwendung der Rechtsfigur des Typus ist es zu verdanken, dass die Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragspflicht trotz ihres Festhaltens an Begriffen wie u.a. Arbeitsverhältnis oder Beschäftigungsverhältnis in Verbindung mit ihrer Konkretisierung durch Rechtsprechung und Literatur über Jahrzehnte hinweg auch bei geänderten sozialen Strukturen ihren Regelungszweck erfüllen und insbesondere die Umgehung der Versicherungs- und Beitragspflicht zum Nachteil abhängig beschäftigter Personen, z.B. durch der Realität nicht entsprechender, einseitig bestimmter Vertragsgestaltungen, verhindern konnten (vgl. BVerfG a.a.O.). Selbst wenn danach anknüpfend an die Feststellung der Versicherungspflicht manche "Dienstleistungen" praktisch nur in der Form einer abhängigen Beschäftigung verrichtet werden können, würde dadurch ein Grundrecht der Klägerin nicht verletzt (vgl. BSG, Beschluss v. 11.5.1993, 12 BK 62/91, juris).
62Die selbständige Ausübung der Tätigkeit als Buchführungshelferin wird entgegen der Auffassung der Klägerin auch bei Anwendung der verfassungsrechtlich unbedenklichen Abgrenzungskriterien nicht generell verhindert. Ausschlaggebend ist allein die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung, die von der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nach Maßgabe der für eine selbständige Tätigkeit typischen Merkmale hätte vorgenommen werden können, aber nicht wurde. Nur diese im Hinblick auf eine Selbständigkeit fehlgeschlagene Ausgestaltung führt zu dem Ergebnis der vom Senat vorgenommenen Gesamtabwägung und statusrechtlichen Beurteilung.
633. Es besteht keine Versicherungsfreiheit wegen Entgeltgeringfügigkeit gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in den im Streitzeitraum geltenden Fassungen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei der vorzunehmenden vorausschauenden Betrachtungsweise die Klägerin ab Januar 2005 monatliche Entgelte von regelmäßig weniger als 400 Euro erhalten würde. In dem vorgenannten Zeitraum hat die Klägerin tatsächlich ausgehend von den Entgelten in den Kalenderjahren 2005 bis 2008 nicht regelmäßig im Monat weniger als 400 Euro erhalten.
644. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183 Abs. 1, 193 Abs. 1 SGG.
65Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.3.2011 geändert und der Tenor wie folgt gefasst: Der Bescheid vom 30.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2008 sowie der Änderungsbescheide vom 23.11.2011 und 30.9.2015 wird aufgehoben, soweit er Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung feststellt. Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5 mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird in beiden Rechtszügen auf 25.400,00 Euro festgesetzt.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) darüber, ob der Beigeladene zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin als Arzt im Bereitschafts- und Tagesdienst der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
3Bei der Klägerin handelt es sich um die Trägerin des St. F-Hospitals in C, eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung mit den Fachabteilungen Chirurgie, Innere Medizin, Geriatrie, Urologie, Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie einer Belegabteilung im Bereich der Orthopädie. Das Krankenhaus verfügt über ca. 228 Betten und 350 Mitarbeiter. Gesellschafter der Klägerin sind die St. G-Stiftung N (51 % der Anteile) und die Stiftung St. F-Hospital C (49 % der Anteile).
4Seit dem Jahr 1983 ist die Klägerin aufgrund einer "Vereinbarung über die Bereithaltung von Notärzten im Rettungsdienst" mit der Stadt C als Trägerin der Rettungswache nach § 2 des Gesetzes über den Rettungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (RettGNW) verpflichtet. In der Vereinbarung heißt es u.a. wörtlich wie folgt:
5"§ 1 Das Krankenhaus verpflichtet sich, einen Arzt für die Notfallversorgung im Rahmen des Notarztwageneinsatzes der Stadt als Notarzt bereitzustellen. Der Notarztbeauftragte des Krankenhauses erstellt verantwortlich in Absprache mit den Beteiligten niedergelassenen Ärzten den Dienstplan der Notärzte. ( ...).
6§ 3 Der Notarzt kann jederzeit von der für das Versorgungsgebiet zuständigen Einsatzzentrale der Stadt eingesetzt werden. Die Einsatznotwendigkeit wird, außer bei unklaren Notrufen, in einem Indikationenkatalog in Absprache mit dem Notarztbeauftragten festgelegt. Das Krankenhaus setzt den diensthabenden Notarzt nur in solchen Arbeitsbereichen ein, in denen eine jederzeitige Abkömmlichkeit gewährleistet ist. [ ...]."
7Im Übrigen wird auf die Vereinbarung sowie auf ihre Ergänzung vom 1.3.2007 Bezug genommen.
8Der 1975 geborene Beigeladene zu 1) ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er war bei der Klägerin zunächst bis zum 30.6.2006 als Assistenzarzt im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung in der Inneren Abteilung tätig. In der Zeit vom 1.7.2006 bis zum 28.2.2007 war er als angestellter Assistenzarzt in einer allgemeinmedizinischen Praxis in I in einem Umfang von 38,5 Stunden in der Woche beschäftigt. Es folgte vom 1.3.2007 bis zum 31.3.2008 eine weitere Anstellung in der Praxis Dr. M in C im gleichen zeitlichen Umfang. Seit dem 1.4.2008 nimmt der Beigeladene zu 1) als zugelassener Vertragsarzt in einer Berufsausübungsgemeinschaft an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
9Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) schlossen am 1.7.2006 einen Vertrag über freie Mitarbeit, in dem es wörtlich u.a. wie folgt heißt und auf den im Übrigen Bezug genommen wird:
10"§ 1 Honorarauftrag Die St. F-Hospital GmbH beauftragt Herrn Dr. L mit nachfolgend aufgeführter Tätigkeit:
11Übernahme von ärztlicher Tätigkeit im Tag- wie im Bereitschaftsdienst.
12Die zeitliche und sonstige organisatorische Planung verbleibt beim freien Mitarbeiter. Er ist verpflichtet, den Auftraggeber unverzüglich über eine Verhinderung oder eine mögliche Verzögerung der Ausführung der vereinbarten Tätigkeit zu unterrichten.
13In der Tätigkeit als Arzt erklärt der freie Mitarbeiter, dass er die Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes in der BRD besitzt und als Arzt über die notwendigen fachlichen Kenntnisse zur Erfüllung der ihn übertragenen Aufgaben verfügt. Er erklärt, dass er nicht vorbestraft ist und insbesondere, dass gegen ihn kein Verfahren zur Entziehung der ärztlichen Berufserlaubnis derzeit läuft oder jemals angestrebt wurde.
14§ 2 Weisungsfreiheit Der freie Mitarbeiter ist eigenverantwortlich tätig und unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers. Ebenfalls hat er gegenüber den anderen Angestellten des Auftraggebers keine Weisungsbefugnis. Er verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft persönlich wahrzunehmen, mit dem Leitenden Arzt der Abteilung und dem übrigen Personal der Abteilung und den sonstigen Mitarbeitern der Klinik zusammen zu arbeiten.
15§ 3 Tätigkeit bei anderen Auftraggebern Der freie Mitarbeiter kann uneingeschränkt neben der Tätigkeit für das St. F-Hospital auch Tätigkeiten bei anderen Auftraggebern wahrnehmen, soweit hierdurch nicht die vertragsgerechte Ausführung der vereinbarten Tätigkeit beeinträchtigt wird. Er kann uneingeschränkt Werbung zum Zwecke der Akquisierung am Markt betreiben.
16§ 4 Verschwiegenheit Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, über im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt gewordene betriebliche Interna Stillschweigen zu bewahren.
17§ 5 Haftpflichtversicherung Honorarärzte sind durch die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses versichert. Es wird den freien Mitarbeitern jedoch empfohlen zur Abdeckung der Risiken aus seiner Tätigkeit eine eigene Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen.
18§ 6 Vergütung Der freie Mitarbeiter erstellt über den geleisteten Dienst dem Auftraggeber eine Rechnung, sofern mehrwertsteuerpflichtig, mit ausgewiesener Mehrwertsteuer.
19Er erhält für seine Tätigkeit einen Stundenlohn von 35,00 Euro im Tagdienst und 28,00 Euro für den Bereitschaftsdienst.
20Der Auftraggeber verpflichtet sich, das Honorar auf das vom freien Mitarbeiter angegebene Konto innerhalb von 4 Wochen zu überweisen. Mit der Zahlung des vereinbarten Honorars sind alle Ansprüche des freien Mitarbeiters gegen den Auftraggeber aus diesem Vertrag erfüllt. Die für die Ausführung der vereinbarten Tätigkeit erforderlichen Arbeitsmittel stellt der freie Mitarbeiter selbst.
21§ 7 Steuern/Versicherung Soweit für die Vergütung des freien Mitarbeiters Steuern und sonstige sozialversicherungspflichtige Abgaben anfallen, werden diese vom freien Mitarbeiter getragen und abgeführt. Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, sein Honorar zur Einkommensteuer anzumelden. Sollten Sozialabgaben - gleich aus welchem Rechtsgrund - zu zahlen sein, werden diese ausschließlich vom freien Mitarbeiter entrichtet. Eine gleichwie geartete Beteiligung des St. F-Hospitals als Arbeitgeber findet nicht statt.
22§ 8 Vertretung Der freie Mitarbeiter kann im Benehmen mit dem Auftraggeber die vereinbarte Tätigkeit in Absprache durch andere - geeignete - dem Auftraggeber bekannte - Honorarkräfte ausführen lassen. Kann die vereinbarte Tätigkeit wegen Krankheit oder sonstiger persönlicher Verhinderung des freien Mitarbeiters oder eines seiner Vertretungskräfte nicht ausgeführt werden, entfällt für die ausgefallene Tätigkeit ein Honoraranspruch.
23§ 9 Urlaub Der freie Mitarbeiter hat die Möglichkeit Urlaub nach eigenen Vorstellungen zu nehmen. Ein Anspruch auf bezahlten Urlaub besteht nicht. Gleiches gilt für die Hinzuziehung dritter Personen.
24§ 10 Gesundheitliche Unbedenklichkeit [...].
25§ 11 Dauer des Vertrages Dieser Vertrag wird unbefristet abgeschlossen. Er kann mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende eines Monats von beiden Vertragsnehmern durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden.
26§ 12 Sonstiges Von der Möglichkeit des Abschlusses einer Anstellung ist in Anwendung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bewusst kein Gebrauch gemacht worden. Eine Umgehung arbeitsrechtlicher oder arbeitsgesetzlicher Schutzvorschriften ist nicht beabsichtigt. Dem freien Mitarbeiter soll vielmehr die volle Entscheidungsfreiheit bei der Verwertung seiner Arbeitskraft belassen werden. Eine über den Umfang dieser Vereinbarung hinausgehende, persönliche, wirtschaftliche oder soziale Abhängigkeit wird nicht begründet.
27§ 13 Nebenabreden [...]."
28Der Beigeladene zu 1) versah im Januar 2007 am 12., 19., 24. und 25.1.2007 Bereitschaftsdienste in der Abteilung für Innere Medizin und am 17. und 31.1.2007 in der Abteilung für Chirurgie. An den genannten Tagen war er zudem im Bereitschaftsdienstplan für interne Notarzteinsätze vorgesehen. Zudem leistete er vom 8. bis zum 12.1.2007 in der Abteilung für Innere Medizin Tagesdienste. Dies wurden wie folgt abgerechnet:
29Bereitschaftsdienste Datum - Abteilung - Std. - Std.satz in Euro 12.1.2007 - Innere - 19,25 - 28 17.1.2007 - Chirurgie - 16,5 - 28 19.1.2007 - Innere - 19,25 - 28 24.1.2007 - Innere - 16,5 - 28 25.1.2007 - Innere - 16,5 - 28 31.1.2007 - Chirurgie - 16,5 - 28 Insgesamt = 2.926,00 Euro
30interne Notarzteinsätze = 9 Einsätze a 48,57 Euro = insgesamt: 437,13 Euro
31Tagesdienste Datum - Abteilung - Std. - Std.satz in Euro 8.1.2007 - Innere - 8,5 - 35 9.1.2007 - Innere - 8,5 - 35 10.1.2007 - Innere - 8,5 - 35 11.1.2007 - Innere - 8,5 - 35 12.1.2007 - Innere - 4,75 - 35 Insgesamt = 1.356,25 Euro Gesamtsumme Januar 2007 = 4.719,38 Euro
32Am 4.3.2008 stellte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV mit dem Begehren, dass keine abhängige Beschäftigung als Bereitschafts- und Notarzt vorliege. Er sei hauptberuflich als angestellter Arzt in einer Praxis tätig. Er arbeite zudem freiberuflich als Vertretungsarzt in weiteren Praxen, Krankenhäusern und als Notarzt für Kommunen. Er sei bei der Klägerin weisungsungebunden als Honorarkraft neben seiner angestellten Tätigkeit tätig.
33Mit Schreiben vom 24.7.2008 hörte die Beklagte die Klägerin sowie den Beigeladenen zu 1) zu der beabsichtigten Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) als Bereitschaftsarzt ab dem 1.6.2006 an. Seine Dienste würden gemäß dem Bedarf der Klinik und den eigenen zeitlichen Möglichkeiten abgesprochen. Nach Übernahme bestimmter Bereitschaftsdienstzeiten bestehe Anwesenheitspflicht des Beigeladenen zu 1). Als Vergütung werde ein nach geleistetem Dienst bemessenes Honorar gewährt. Dadurch werde nicht der Erfolg der Arbeitsleistung, sondern die Anwesenheit honoriert. Der Beigeladene zu 1) trete gegenüber den Patienten der Klinik ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin auf. Während der Bereitschaftsdienste sei er gegenüber dem Stationspflegepersonal weisungsbefugt. Alle benötigten Arbeits- und Betriebsmittel würden von der Klägerin gestellt. Seine Leistungen rechne er nicht direkt gegenüber der Krankenkasse bzw. dem Patienten ab.
34Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 6.8.2008 wie folgt Stellung: Der Beigeladene zu 1) sei nicht abhängig beschäftigt. Es handele sich um eine Nebentätigkeit. Sie sei auch nicht seine alleinige Auftraggeberin. Er sei gegenüber dem Krankenhauspersonal nicht weisungsbefugt. Er könne lediglich auf dessen Mithilfe zurückgreifen. Er bestimme, wann er in der Klinik seine Tätigkeit aufnehme, und werde immer nur nach Anforderung durch den Patienten tätig. Er versteuere seine Einkünfte selbst, leiste Beiträge zur Sozialversicherung sowie zur berufsständigen Ärzteversorgung.
35Der Beigeladene zu 1) nahm mit Schreiben vom 12.8.2008 Stellung. Er unterliege keiner Weisungspflicht in Bezug auf Dauer, Zeit und Art der Tätigkeit. Stattdessen bestehe ein Auftrag zur Patientenversorgung nach den allgemeingültigen medizinischen Leitlinien. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit werde den Kundenwünschen angepasst. Die Tätigkeit sei im Krankenhaus auszuführen, was in der Natur der Sache liege. Er leiste keine Regelversorgung der stationären Patienten, wie planbare Operationen oder andere Eingriffe, sondern lediglich Hilfe bei Notfällen. Zudem komme zu dem Honorar für die Bereitschaftsdienste noch das Honorar für die Notarzteinsätze, welches in Art und Häufigkeit nicht kalkulierbar sei, hinzu. Kleinere Arbeitsmittel - wie persönliche Schutzkleidung, Stethoskop, Orthoskop, etc. - würden von ihm gestellt, sonst greife er auf die Gerätschaften der Klägerin zurück. Eine direkte Abrechnung gegenüber dem Patienten sei vergütungsrechtlich nicht möglich.
36Mit Bescheid vom 30.8.2008 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Bereitschaftsarzt bei der Klägerin seit dem 1.6.2006 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Zwar unterliege der Beigeladene zu 1) als Arzt im Rahmen seiner medizinischen Tätigkeit keinen Weisungen. Allerdings ergebe sich die Weisungsgebundenheit bei Diensten höherer Art aus der funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Er werde zudem in den Räumlichkeiten des Krankenhauses tätig und nutze die dortigen medizinischen Geräte und Medikamente. Er erhalte eine erfolgsunabhängige Pauschalvergütung.
37Dagegen legte die Klägerin am 25.9.2008 Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) unterstütze lediglich hin und wieder das Krankenhaus im Bereitschaftsdienst. Er sei für mehrere Auftraggeber tätig. Das spreche für seine Unabhängigkeit und Selbständigkeit. Der Beigeladene zu 1) erhob am 23.10.2008 ebenfalls Widerspruch.
38Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 18.12.2008 unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Argumentation als unbegründet zurück.
39Dagegen hat die Klägerin am 21.1.2009 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben, mit welcher sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in die Betriebsorganisation des Krankenhauses eingegliedert. Dies ergebe sich auch nicht daraus, dass er kostenfrei Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt erhalte und seine Tätigkeit in den Klinikräumen ausübe. Denn wenn er einen Auftrag als Bereitschaftsarzt übernehme, ergebe sich aus der Natur der Sache, dass er vor Ort verfügbar sein müsse. Er sei frei darin gewesen, ihm erteilte Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Er habe frei seinen Urlaub planen können. Er habe das wirtschaftliche Risiko des Einsatzes seiner Arbeitskraft getragen, denn wenn er einen von ihm übernommenen Dienst nicht wahr genommen habe, sei kein Honoraranspruch entstanden. Er sei frei darin gewesen zu entscheiden, für wen und für wie viele Auftraggeber er tatsächlich tätig werde. Zudem sei zu beachten, dass er auch Notarztdienste wahrgenommen habe. Auch die bei der Klägerin angestellten Krankenhausärzte nähmen am Rettungsdienst teil. Der Notarzt werde durch den Krankenwagen der Stadt am Krankenhaus abgeholt. Er sei über die Stadt versichert. Die Vergütung werde über die Klägerin an den Notarzt für seine Tätigkeit gezahlt. Die Kosten würden von der Stadt an die Klägerin erstattet.
40Die Klägerin hat beantragt,
41den Bescheid der Beklagten vom 30.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Bereitschaftsarzt in der Ambulanz und Notarzt bei der Klägerin seit dem 1.6.2006 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist.
42Die Beklagte hat beantragt,
43die Klage abzuweisen.
44Sie hat im Wesentlichen auf ihre Bescheide Bezug genommen und ergänzend vorgetragen, dass es für die Beurteilung des vorliegenden Falles unerheblich sei, ob der Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber tätig werde bzw. als niedergelassener Arzt selbständig sei.
45Der durch Beschluss vom 23.1.2009 am Verfahren beteiligte Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
46Das SG hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 21.3.2011 den Beigeladenen zu 1) sowie die Personalleiterin der Klägerin angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
47Das SG hat sodann mit Urteil vom 21.3.2011 die streitigen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit als Bereitschaftsarzt in der Ambulanz und als Notarzt bei der Klägerin seit dem 1.6.2006 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung sozialversicherungspflichtig ist. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
48Gegen das der Beklagten am 28.4.2011 zugestellte Urteil hat diese am Montag, dem 30.5.2011 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, den Rechnungen des Beigeladenen zu 1) an die Klägerin sei ein umfassender Einsatz im Bereitschaftsdienst auf der Inneren und der Chirurgischen Station zu entnehmen. Zudem ergäben sich daraus interne sowie externe Notarzteinsätze. Die Tätigkeit in der Ambulanz an der Klinik erfordere sachlogisch eine Zusammenarbeit mit weiterem Personal der Klinik. Bereits aus den eigenen Äußerungen des Beigeladenen zu 1) ergebe sich, dass dieser in den Arbeitsablauf der Klägerin eingebunden gewesen sei. Entsprechendes zeige sich im Vertrag vom 1.7.2006. Der durch das SG herangezogene Vergleich einer konsiliarischen Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) sei rechtlich unzutreffend. Nicht glaubhaft sei ebenfalls die Angabe des Beigeladenen zu 1), er sei gegenüber dem Pflegepersonal nicht weisungsbefugt. Unerheblich seien darüber hinaus die anderweitig ausgeübten Nebentätigkeiten des Beigeladenen zu 1), die Gründe, die zu der vertraglichen Gestaltung geführt hätten, sowie der Mangel an Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ein Unternehmerrisiko könne nicht darin gesehen werden, dass im Falle der Schlechtleistung die Nachfrage nachlasse.
49Die Beklagte hat durch Bescheide vom 23.11.2011 und 30.9.2015 die streitigen Bescheide abgeändert. Sie hat nunmehr festgestellt, dass in der vom 1.7.2006 bis zum 31.1.2011 ausgeübten Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin Versicherungspflicht nach dem Recht zur Arbeitsförderung bestanden habe. In der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung habe demgegenüber Versicherungsfreiheit bestanden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte klargestellt, dass diese Feststellungen ausschließlich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Arzt im Tages- und Bereitschaftsdienst und innerhalb des internen Notdienstes, nicht hingegen seine externen Notdiensteinsätze betreffen.
50Daraufhin hat die Klägerin ihren Klageantrag dahingehend angepasst, dass sie nunmehr beantragt,
51den Bescheid vom 30.8.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2008 in der Gestalt der Bescheide vom 23.11.2011 und 30.9.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit im Rahmen von Bereitschaftsdiensten am 12., 17., 19., 24., 25. und 31.1.2007 sowie in seiner Tätigkeit im Tagesdienst der Inneren Abteilung vom 8. bis 12.1.2007 bei der Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
52Die Beklagte beantragt vor diesem Hintergrund,
53das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.3.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
54Die Klägerin beantragt,
55die Berufung zurückzuweisen.
56Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Beigeladene zu 1) sei weisungsfrei gewesen. Sie habe sich aufgrund seiner Qualifikation als Arzt darauf verlassen, dass dieser ordnungsgemäße ärztliche Entscheidungen treffe. Ein Letztentscheidungsrecht des Chefarztes bestehe nicht. Der Beigeladene zu 1) habe seine Dienste ohne Einschränkungen tauschen können. Der krankenhausinterne Tausch unterliege demgegenüber immer den Einschränkungen des Arbeitszeitrechtes. Der Gesetzgeber habe mit der Änderung des § 2 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntG) ab dem 1.1.2013 zudem klargestellt, dass der Einsatz von selbständig tätigen Honorarärzten in Krankenhäusern zulässig sei.
57Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.
58Auf Anforderung des Senates hat die Klägerin für den streitigen Zeitraum die Bereitschaftsdienstpläne mit der Notarztdienstplanung sowie die Dienstpläne der Abteilungen für Innere Medizin und Chirurgie, ihre Leitbild-Broschüren und Betriebsprüfungsbescheide sowie die Rechnungen des Beigeladenen zu 1) vorgelegt. Der Beigeladene zu 1) hat auf Anforderung eine Auflistung seiner Honorartätigkeiten, Unterlagen zum Umfang der Absicherung durch eine private Kranken- und Pflegeversicherung sowie seine Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2011 zum Verfahren gereicht. Ferner hat der Senat einen Handelsregisterauszug der Klägerin, deren Qualitätsberichte der Jahre 2008 und 2010 und einen unverschlüsselten Versicherungsverlauf des Beigeladenen zu 1) beigezogen sowie mit Beschluss vom 27.6.2014 die Beigeladenen zu 2) bis 4) an dem Verfahren beteiligt.
59In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Zeugen Dr. C, Chefarzt der Inneren Abteilung der Klägerin, und Dr. P, ehemaliger Chefarzt der Klägerin für Anästhesiologie und Intensivmedizin, vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe:
62Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) verhandeln und entscheiden können, da er diese mit ordnungsgemäßer Terminsnachricht auf die Möglichkeit hingewiesen hat.
63Die am Montag, den 30.5.2011, bei dem erkennenden Landessozialgericht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das ihr am 28.4.2011 zugestellte Urteil des SG Münster ist zulässig, insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, 64 Abs. 1 Abs. 2, 63 SGG).
64Streitgegenstand ist, nachdem die Klägerin ihren Antrag entsprechend beschränkt hat, nur noch die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit als Bereitschaftsarzt im Rahmen von Diensten am 12., 17., 19., 24., 25. und 31.1.2007 sowie in seiner Tätigkeit im Tagesdienst der Inneren Abteilung vom 8. bis 12.1.2007.
65Ausgehend hiervon ist die Berufung der Beklagten erfolglos, soweit die Beklagte sich gegen die Aufhebung der in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellung wendet, dass im Streitzeitraum (durchgängig) Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe (1.). Soweit demgegenüber die Klägerin im Rahmen ihres zulässigerweise nach §§ 153, 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG beschränkten Feststellungsantrages die Feststellung begehrt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit im Rahmen von Bereitschaftsdiensten am 12., 17., 19., 24., 25. und 31.1.2007 in der Inneren und der Chirurgischen Abteilung des St. F-Hospitals sowie in seiner Tätigkeit im Tagesdienst der Inneren Abteilung vom 8. bis 12.1.2007 nicht der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag, ist die Berufung begründet, weil die Klage unbegründet ist (Ziff. 2).
661. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Aufhebung der streitigen Bescheide im beschriebenen Umfang wendet. Denn die auf Aufhebung des Bescheids vom 30.8.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2008 sowie der nach §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide vom 23.11.2011 und 30.9.2015 gerichtete Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 1. Alt. SGG ist zulässig und begründet. Diese Bescheide beschweren die Klägerin im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da sie rechtswidrig sind.
67a) Zulässiger Gegenstand einer Statusfeststellung nach § 7a SGB IV ist allein die Feststellung von Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit in der konkreten Rechtsbeziehung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2; Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R; Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Die Beiträge Beilage 2014, 387). Besteht zwischen ihnen keine Dauerbeziehung, sondern wird der Auftragnehmer auf der Grundlage von Einzelaufträgen für den Auftraggeber tätig, sind nur diese am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zu bewerten (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O., Rdnr. 25; Urteil v. 18.9.2011, a.a.O., juris Rdnr. 17; jeweils m.w.N.; Senat, Urteil v. 17.12.2014, L 8 R 463/11, juris). Die streitgegenständlichen Bescheide sind vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Adressaten (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) dahingehend auszulegen, dass die Beklagte das Vorliegen eines Dauerrechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) festgestellt hat. Für dieses Verständnis sprechen bereits die jeweiligen Verfügungssätze, aber auch - im Umkehrschluss - der Umstand, dass die Beklagte die einzelnen Einsatztage bzw. - zeiträume des Beigeladenen zu 1) nicht gesondert aufgeführt hat.
68b) Die Feststellung eines Dauerschuldverhältnisses ist indes rechtswidrig.
69aa) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Beigeladene zu 1) für die Klägerin im Rahmen von Einzelaufträgen tätig geworden, welche die Beklagte dementsprechend jeweils als rechtlichen Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung hätte zugrunde legen müssen. Denn die jeweils im Vorfeld eines Dienstes getroffenen Absprachen lassen zur Überzeugung des Senats nicht die Annahme zu, dass der Beigeladene zu 1) und die Klägerin eine im Sinne eines Dauerschuldverhältnisses zu würdigende Vertragsbeziehung begründet haben oder begründen wollten. Die monatsweise u.a. durch den Zeugen Dr. C gefertigten Dienstpläne wurden bei der Klägerin ab Mitte des Vormonats für den Folgemonat erstellt. Sie wurden zuletzt an den Chefarzt der Anästhesiologie und Notarztbeauftragten, den Zeugen Dr. P, weitergeleitet, der diese um die Dienste seiner Abteilung anreicherte und im Anschluss den internen Notarzt einteilte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beigeladene zu 1) mit einem Monat Vorlauf in den Sekretariaten der jeweiligen für ihn in Betracht kommenden Abteilungen des Hospitals bereits seine Vakanzen mitgeteilt und konnte bei Bedarf auf dieser Grundlage im Dienstplan Berücksichtigung finden. Dementsprechend ist zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin als Trägerin des Krankenhauses jeweils neu über die Übernahme einzelner Dienste entschieden worden.
70bb) Ein Dauerschuldverhältnis ergibt sich auch nicht aus dem als Rahmenvertrag zu wertenden Honorarvertrag vom 1.7.2006. Ein solcher eröffnet eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung, legt jedoch (im Voraus) nur bestimmte Einzelheiten künftig abzuschließender Verträge fest (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 30.4.1992, VII ZR 159/91 NJW-RR 1992, 977, 978). Vorliegend haben sich die Vertragsparteien nach dem Wortlaut der Vereinbarung in dieser gerade nicht auf eine übergeordnete Leistungspflicht des Beigeladenen zu 1) und damit korrespondierend auf ein allgemeines Heranziehungsrecht der Klägerin, auf welches sich das St. F-Hospital hätte stützen können, geeinigt (hierzu BSG, Urteil v. 20.3.2013, B 12 R 13/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 19). Weder aus den schriftlichen und mündlichen Vereinbarungen noch aus der tatsächlich geübten Praxis der Zusammenarbeit der an der maßgeblichen Rechtsbeziehung beteiligten Personen lässt sich schließen, dass zwischen den konkreten Einsatztagen des Beigeladenen zu 1) eine Verpflichtung zu einer Rufbereitschaft bestehen sollte, kraft derer die Klägerin innerhalb einer vereinbarten Dienstzeit über die Erbringung von Arbeitsleistungen des Beigeladenen zu 1) nach konkretem Arbeitsanfall hätte bestimmen dürfen (Senat, Urteil v. 17.12.2014, a.a.O.; BSG, Urteil v. 20.3.2013, a.a.O.).
71cc) Ebenso wenig hat die zwischen der Klägerin, vertreten durch das St. F-Hospital, und dem Beigeladenen zu 1) praktizierte Rechtsbeziehung das charakteristische Gepräge eines Dauerschuldverhältnisses mit Arbeit auf Abruf aus unbezahlter Freizeit (§ 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz [TzBfG]) gehabt. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Beteiligten auf eine bestimmte Tätigkeit und ein bestimmtes Arbeitsdeputat verständigt hätten, welches die Klägerin kraft eines etwaigen Direktionsrechts in einem bestimmten Bezugszeitraum abrufen können sollte (vgl. hierzu Laux, in: Laux/Schlachter, Teilzeit- und Befristungsgesetz, 2. Aufl. 2011, § 12 Rn. 32; allgemein zur Abgrenzung zwischen Bereitschaftsdienst mit Arbeitseinsätzen innerhalb einer vereinbarten Dienstzeit und Arbeit auf Abruf i.S.d. § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG, der den Abruf aus unbezahlter Freizeit erfasst, auch Linck, in: Schaub, in: Arbeitsrechtshandbuch, 15. Aufl. 2013, § 43 Rn. 21a m.w.N.; Jacobs, in: Annuß/Thüsing, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 12 Rn. 10 m.w.N., Arnold, in: Arnold/Gräfl, TzBfG, 3. Aufl. 2012, § 12 Rn. 26, Senat, Urteil v. 1.4.2015, L 8 R 517/14, juris).
72c) Die streitgegenständlichen Bescheide sind daher im tenorierten Umfang rechtswidrig und aufzuheben. Sie können insbesondere nicht insoweit aufrecht erhalten bleiben, als die Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung seit dem 1.7.2006 bis zum 31.1.2011 jedenfalls auch die nunmehr noch streitgegenständlichen Einsatztage im Januar 2007 umfasst, in denen der Beigeladene zu 1) tatsächlich für die Klägerin tätig geworden ist.
73Wie schon allein die Bestimmungen über die unständige Beschäftigung in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung zeigen (§§ 186 Abs. 2 SGB V, 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III), knüpfen sich ggf. an die Feststellung, ob ein Dauerrechtsverhältnis oder eine Mehrzahl von Einzelaufträgen vorliegt, bereits in versicherungsrechtlicher Hinsicht wesentliche Rechtsfolgen. Gleiches gilt im Einzelfall für die Frage der Geringfügigkeit wegen kurzfristiger Beschäftigung (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Das gilt erst recht eingedenk des Umstandes, dass die Entscheidungen der Versicherungsträger über das Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht im Falle ihrer Bestandskraft auch beitragsrechtlich verbindlich sind (BSG, Urteil v. 4.6.2009, B 12 R 6/08 R, USK 2009-72). Auch insoweit ist eine Feststellung des genauen Beschäftigungszeitraums von erheblicher Bedeutung (z.B. für die Frage, in welchen Zeiträumen bei Mehrfachbeschäftigungen die anteilige Beitragsbemessungsgrenze zu beachten ist, oder für die Anwendung von §§ 232 SGB V, 163 Abs. 1 SGB VI (Senat, Urteil v. 17.12.2014, a.a.O., juris).
742. Soweit die Beklagte sich mit der Berufung gegen die Feststellung des SG wendet, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht unterliegt, ist die Berufung im tenorierten Umfang begründet. Denn die nach § 55 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Feststellungsklage der Klägerin ist unbegründet. Der Beigeladene zu 1) unterlag in seiner Tätigkeit im Rahmen von Bereitschaftsdiensten einschließlich der internen Notarzteinsätze am 12., 17., 19., 24., 25. und 31.1.2007 sowie in seiner Tätigkeit im Tagesdienst auf der Inneren Abteilung vom 8. bis zum 12.1.2007 bei der Klägerin der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung.
75a) Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen und unterlagen im Streitzeitraum nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungspflicht (§ 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).
76Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer solchen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 30.12.2013, B 12 KR 17/11 R, juris; Urteil v. 30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17; Urteil v. 25.4.2012, B 12 KR 24/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15; BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
77Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. insoweit insbesondere BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.).
78b) Im Rahmen des festgestellten Sachverhaltes und des o.g. Prüfungsmaßstabs zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale, dass das vertraglich vereinbarte und tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis im Wesentlichen dem eines abhängig Beschäftigten entspricht, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegendem Umfang vorhanden sind.
79aa) Dabei handelt es sich bei den an die Bereitschaftsdienste gekoppelten (internen) Notarztdienste des Beigeladenen zu 1) zunächst nicht um eine separiert zu betrachtende Tätigkeit sondern um ein damit einheitliches Beschäftigungsverhältnis. Ein solches ist dann anzunehmen, wenn eine Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung derart verbunden ist, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann (BSG, Urteil v. 31.10.2012, B 12 R 1/11 R, SozR 4-2400 § 14 Nr. 16; BSG, Urteil v. 27.6.2012, B 12 KR 28/10 R, SozR 4-2400 § 8 Nr. 5 m.w.N.). Das ist hier der Fall, denn die internen Notarztdienste wurden durch die diensthabenden Bereitschaftsärzte verrichtet, waren mit diesen insofern zeitlich, organisatorisch und örtlich verbunden.
80bb) Ausgangspunkt der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung ist das praktizierte Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es sich aus den getroffenen Vereinbarungen ergibt bzw. aus der gelebten Beziehung erschließen lässt.
81(1) Bei Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art ist dabei nicht auf den gesamten vom Vertrag über freie Mitarbeit erfassten Zeitraum abzustellen, sondern jeweils auf die Verhältnisse, die nach Annahme eines Auftrags durch den Beigeladenen zu 1) während dessen Durchführung herrschen (vgl. BSG Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, juris). Über die einzelnen Einsätze sind keine gesonderten schriftlichen Vereinbarungen getroffen worden. Vielmehr wurden die wesentlichen für sie maßgebenden Vertragsbedingungen zum einen durch den Vertrag über freie Mitarbeit vom 1.7.2006 festgelegt. Zum anderen ergeben sie sich aus der ständigen Vertragspraxis der Beteiligten, so wie sie insbesondere auch in der Beweisaufnahme durch den Senat vom Beigeladenen zu 1) und den hierzu gehörten Zeugen beschrieben worden sind.
82(2) Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1) während der von ihm angenommenen Aufträge einem - zumindest im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinerten - Weisungsrecht der Klägerin nach Ort, Zeit, Dauer und Art der Arbeitsleistung unterlegen hat.
83(a) Was den Ort der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) angeht, so war dieser kraft Natur der ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus und zwar dort auf der Inneren Abteilung bzw. der Abteilung für Chirurgie zu verrichten. Zwar führt die Ortsgebundenheit der Tätigkeit für sich genommen noch nicht zur Annahme eines entsprechenden Weisungsrechts. Allerdings wird ein solches dadurch auch nicht ausgeschlossen. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob nach den konkreten Vereinbarungen ein Weisungsrecht hinsichtlich aller Modalitäten (also auch hinsichtlich Zeit, Dauer und Art der Arbeit) besteht oder ob dieses ausgeschlossen ist.
84(b) Hinsichtlich der Arbeitszeit schuldete der Beigeladene zu 1) seine Anwesenheit und Tätigkeit grundsätzlich während der gesamten Schicht, für die er eingeteilt war. Das ergibt sich schon aus der Notwendigkeit einer kontinuierlichen medizinischen Versorgung, wie sie in der Beweisaufnahme durch den Senat von den Zeugen Dres. C und P bestätigt worden ist. Dementsprechend enthält § 1 des Vertrages über freie Mitarbeit auch die Verpflichtung, die Klägerin unverzüglich über eine Verhinderung oder eine mögliche Verzögerung der Ausführung der vereinbarten Tätigkeit zu unterrichten.
85Dem steht nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 1) für teilweise von den normalen Bereitschaftsdienstzeiten abweichende Zeiten zur Verfügung gestanden hat, beispielsweise an Dienstagen erst später, da er bis 18:00 Uhr Praxisdienst hatte. Das spricht zur Überzeugung des Senates jedoch nicht entscheidend gegen die Annahme einer Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich vorliegend um eine Nebentätigkeit des Beigeladenen zu 1) gehandelt hat. Zudem ist Rücksichtnahme auf individuelle Wünsche zur zeitlichen Einsatzplanung auch bei (sonstigen) Beschäftigten in der modernen Arbeitswelt vorstellbar. Auch bei der Einsatzplanung dieses Personenkreises werden gegebenenfalls in vertretbaren Umfang individuelle Interessen z.B. aus familiären Gründen berücksichtigt werden können (Senat, Urteil v. 26.11.2014, a.a.O.). Dass dies vorliegend auch tatsächlich geschehen ist, zeigt sich an den handschriftlichen Namensänderungen in den vorgelegten Bereitschaftsdienstplänen.
86(c) Es bestand ferner ein Weisungsrecht in inhaltlicher Hinsicht. Dieser Beurteilung steht insbesondere die in § 2 Satz 1 des Vertrages über freie Mitarbeit getroffene Regelung, wonach der Beigeladene zu 1) "eigenverantwortlich tätig" ist und "bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeit keinen Weisungen des Auftraggebers" unterliegt, nicht entgegen. Denn jedenfalls war der Beigeladene zu 1) vereinbarungsgemäß im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe an den Klinikprozessen einem verfeinerten Weisungsrecht der Klägerin ausgesetzt. Dieses wird in ihren groben Zügen bereits in § 2 Satz 3 des Vertrages über freie Mitarbeit dahingehend beschrieben, dass der Beigeladene zu 1) sich verpflichtete, die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft persönlich wahrzunehmen, mit dem Leitenden Arzt der Abteilung und dem übrigen Personal der Abteilung und den sonstigen Mitarbeitern der Klinik zusammenzuarbeiten.
87Zunächst schloss sich der Berücksichtigung des Beigeladenen zu 1) im Bereitschaftsdienstplan ggf. auch die Einteilung während dieser Schicht als interner Notarzt durch den Zeugen Dr. P an, ohne dass der Beigeladene zu 1) auf diese Tätigkeitserweiterung maßgeblichen Einfluss hätte nehmen können. Die Bestimmung des Notarztes erfolgte unter Berücksichtigung, welche Abteilung im Rotationsverfahren zu dessen Stellung an der Reihe gewesen ist und ob der dort zur Bereitschaft eingeteilte Arzt über einen Rettungsschein verfügte, was bei dem Beigeladenen zu 1) der Fall gewesen ist.
88Hinzu kommt, dass sich der Beigeladene zu 1) grundsätzlich zu Dienstbeginn bei dem zuständigen Ober- oder Chefarzt zu melden hatte, der ihn mit den notwendigen Informationen zur Dienstübernahme versah. Das dies ggf. aufgrund der hauptberuflichen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) zu leicht angepassten Dienstzeiten auch teilweise durch einen Assistenzarzt im Auftrag des bereits die Klinik verlassenen Oberarztes geschehen ist, ist ebenso wenig entscheidend wie, dass der Beigeladene zu 1) zugunsten dieses von dem Zeugen Dr. C als "Kurzübergabe" bezeichneten Procedere nicht an der Intensivübergabe bei Beginn des Dienstes und der Frühbesprechung am nächsten Morgen teilnehmen musste. Denn dies lag nach den Auskünften des Zeugen weniger in seinem Status als in der Tatsache begründet, dass er aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Assistenzarzt die Eigenarten der Klinik, die Leitlinien der Klägerin und die dortigen strukturierten Behandlungspfade nicht nur verinnerlicht sondern teilweise auch mitentwickelt hatte. Vor diesem Hintergrund ging die Klägerin aufgrund seiner Kompetenz - und nicht hingegen aufgrund des gewünschten Status - davon aus, ohne einen Qualitätsverlust befürchten zu müssen, sich von dem üblichen Ablauf lösen zu können. Wäre sich die Klägerin dem nicht sicher gewesen, hätte sie die Kontrolle der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) verschärft, wie sie dies grundsätzlich nach den Bekundungen des Zeugen Dr. C bei Ärzten tat, die ihm "wenig sicher erschienen." Das bedeutet allerdings wiederum nicht, dass der Beigeladene zu 1) nicht verpflichtet gewesen wäre, bei bestimmten schweren Krankheitsbildern, den hintergrunddiensthabenden Ober- oder Chefarzt zu benachrichtigen.
89In der Gesamtbewertung gewinnt damit ebenfalls kein maßgebliches Gewicht, dass die Ausgestaltung der konkret vorzunehmenden Tätigkeiten im Verhältnis zu den Patienten auch aufgrund der dem Arzt zuzugestehenden Therapiefreiheit durch Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit des Beigeladenen zu 1) geprägt war. Denn auch eine eigenständige Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis bei der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit führt regelmäßig nicht zur Selbständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit. Vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung mit dem Grad der Qualifikation des Mitarbeiters und seiner Verantwortung für den Erfolg des Gesamtunternehmens wächst. Dabei wird das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht dadurch beseitigt, dass es nicht in jedem Detail ausgeübt wird. Dies ist bei Diensten höherer Art sogar regelmäßig der Fall, so dass sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, wenn der Betreffende in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 21.2.1990, 12 RK 47/87, SozR 3-2940 § 3 Nr. 1; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 1052/12, juris).
90(d) Soweit § 9 Satz 1 des Vertrages über freie Mitarbeit es dem Beigeladenen zu 1) gestattet, Urlaub nach eignen Vorstellungen zu nehmen, und die Klägerin ergänzend vorträgt, dass der Beigeladene zu 1) zur Ablehnung von Aufträgen berechtigt gewesen sei, ist das vorliegend kein entscheidendes Kriterium. Da nicht von einer Dauerrechtsbeziehung sondern von der Vereinbarung von Einzelaufträgen hinsichtlich der einzelnen Dienste auszugehen ist, gab es kein grundsätzliches (einseitiges) Heranziehungsrecht der Klägerin. Da jeder Einzelauftrag neu vereinbart werden musste, wird auch nur die Tätigkeit innerhalb dieser Aufträge im Rahmen des Statusverfahrens geprüft. Aus dem Umstand jedoch, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können (zwingende) Schlüsse weder in der einen - abhängige Beschäftigung - noch in der anderen Richtung - selbständige Tätigkeit - gezogen werden (BSG, Urteil v. 20.3.2013, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 22.10.2014, L 2 R 5/14, juris).
91(e) Dass der Beigeladene zu 1) hingegen nach Auftragsannahme entsprechend den getroffenen Vereinbarungen berechtigt gewesen ist, einen Einsatz ohne Begründung und Folgen für spätere Einsatzoptionen abzubrechen, ist nicht ersichtlich (BSG, Urteil v. 25.4.2012, a.a.O.). Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum einen einmal übernommenen Auftrag tatsächlich nicht mehr durchgeführt und zurückgegeben hat.
92(3) Die in § 8 des Vertrages über freie Mitarbeit geregelte Befugnis, die Tätigkeit auch durch andere Honorarkräfte ausüben zu lassen, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
93(a) Zunächst ist diese Befugnis - für eine selbständigen Unternehmer untypisch - bereits vertraglich dadurch eingeschränkt gewesen, dass die Ersatzkräfte der Klägerin bekannt sein mussten und dass ein Einsatz durch sie nur im Benehmen mit der Klägerin zulässig war.
94(b) Zudem ist nicht ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) von seiner vertraglich eingeräumten Delegationsbefugnis jemals Gebrauch gemacht hätte, erst recht nicht in einem Ausmaß, dass die Delegation als vertragsprägend im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit angesehen werden könnte.
95(4) Der in §§ 8 Satz 2, 9 Satz 2 des Vertrages über freie Mitarbeit geregelte Ausschluss von Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall führt ebenfalls nicht zu einem abweichenden Ergebnis. Die Bedeutung solcher Regelungen erschöpft sich darin, den Willen der Vertragsparteien zu dokumentieren, eine selbständige Tätigkeit zu begründen [hierzu unter ff)].
96(5) Mit einer zeitbezogenen Vergütung in Gestalt eines erfolgsunabhängigen Stundenlohns i.H.v. 35,00 EUR im Tagdienst und 28,00 EUR im Bereitschaftsdienst (§ 6 des Vertrages über freie Mitarbeit) sowie der Möglichkeit, die Haftpflichtversicherung der Klägerin in Anspruch zu nehmen (§ 5 des Vertrages über freie Mitarbeit) wurden schließlich Regelungen getroffen, die sich ohne weiteres mit der Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses vereinbaren lassen.
97cc) Auf dieser Grundlage ist der Beigeladene zu 1) in dem streitbefangenen Zeitraum eingegliedert in einem fremden Betrieb, nämlich in dem von der Klägerin getragenen St. F-Hospital tatsächlich tätig geworden.
98(1) Der Beigeladene zu 1) hat die von dem Krankenhaus der Klägerin bereitgestellte organisatorische, personelle und sächliche Infrastruktur nicht etwa zur Erbringung eigener Leistungen im eigenen Namen genutzt. Vielmehr ist er von der Klägerin zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten gegenüber ihren Patienten im Sinne funktionsgerecht dienender Teilnahme am therapeutischen Prozess eingesetzt worden. Dies entspricht auch dem sich aus den Qualitätsberichten sowie dem Leitbild der Klägerin ergebenden Selbstverständnis, die sich danach als kompetenter Anbieter in der medizinischen Betreuung von Patienten versteht und deren Abteilungen mit Schnittstellen wie der Notfall-Ambulanz und der interdisziplinären Intensivstation untereinander vernetzt sind. Letzteres wurde nicht zuletzt durch die Aussage des Zeugen Dr. C bestätigt, wonach der Bereitschaftsdienst nicht nur die jeweilige Abteilung sondern auch die Intensivstation mit betreut. Die umfassende und systematische Integration auch nur kurzzeitig im Tages- und Bereitschaftsdienst eingesetzter Ärzte in die personelle und organisatorische Klinikstruktur der Klägerin ist dabei zur Überzeugung des Senates insbesondere deshalb unverzichtbar, weil der umfassende Wissenstransfer zwischen allen für die medizinische Betreuung der Patienten Verantwortlichen maßgeblicher Teil des Qualitätssicherungsprozesses ist. Dies ist Standard eines jeden Qualitätsmanagements in diesem Bereich. Nicht zuletzt deshalb sind im Rahmen der Qualitätsberichte der Klägerin Fragen der Prozessorientierung und des Risikomanagements zentrale Schwerpunkte.
99(2) Die Eingliederung des Beigeladenen zu 1) in die Funktionsabläufe der Klägerin wird dabei auch durch die Möglichkeit und Notwendigkeit unterstrichen, auf deren Pflegepersonal zurückzugreifen. Dass der Beigeladene zu 1) nach dem klägerischen Vortrag bei der Ausübung seiner Tätigkeit lediglich auf die freiwillige Kooperation des Pflegepersonals angewiesen war, ist lebensfremd. Der Beigeladene zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst die automatisierten Abläufe bei Einlieferung eines Notfalls geschildert. Allein die Tatsache jedoch, dass Abläufe routiniert durchgeführt und nicht hinterfragt werden, bedeutet nicht, dass im Fall einer (auch vor den sich ggf. anschließenden strafrechtlichen Konsequenzen fragwürdigen) Weigerung des Pflegepersonals eine ärztliche Anweisung des Beigeladenen zu 1) nicht durchsetzbar gewesen wäre. Dementsprechend hat der Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, dass regelmäßig gemacht werde, was er sage.
100(3) Nicht ins Gewicht fällt weiterhin, dass der Beigeladene zu 1) während der übernommenen Tagesdienste nicht an den dort stattfindenden Röntgen- und Stationsbesprechungen teilzunehmen hatte. Zunächst nahmen auch die angestellten Ärzte nur teilweise an der erstgenannten Besprechungsform teil. Darüber hinaus hat sich der Beigeladene zu 1) in dieser Zeit stattdessen nach der Aussage des Zeugen Dr. C als einer der klägerischen "Gastärzte [ ...] auf der Station weiter um den Routinekram gekümmert". Dies spricht nicht gegen eine abhängige Beschäftigung. Im Gegenteil zeigt sich hier, dass die Klägerin die ihr in Form des Beigeladenen zu 1) zur Verfügung stehenden zeitlichen Kapazitäten optimal ausnutzte, indem sie ihn gerade nicht für ihn nicht tangierende Besprechungen sondern für die Patientenbetreuung entlohnen wollte.
101dd) Der Senat hat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) während eines übernommenen Tages- und Bereitschaftsdienstes von dem eines angestellten Arztes unterschied. Vielmehr wurde er statt eines angestellten Arztes eingesetzt, da aufgrund von Personalengpässen der Einsatz solcher nicht in Betracht kam. Er verrichtete damit unter Berücksichtigung der Dienstpläne nicht nur in Zusammenarbeit mit angestellten Ärzten seine Dienste sondern trat auch an ihre Stelle und erledigte nach beschriebener Übergabe ihre Tätigkeit fort.
102ee) Hinzu kommt, dass für eine selbständige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sprechende Gesichtspunkte nicht in einem Maße vorhanden sind, die die vorangegangenen Gesichtspunkte im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit relevanten Umstände überwiegen würden.
103Weder verfügte der Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum über eine eigene Betriebsstätte - in Bezug auf die Tages- und Bereitschaftsdienste -, noch ist ein eigenes maßgebliches Unternehmerrisiko bei ihm zu erkennen. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 117). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O.; BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.).
104Der Beigeladene zu 1) hat zunächst keine wesentlichen sächlichen Mittel mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt Das gilt namentlich für den Einsatz eigener Betriebsmittel. Das wesentliche Equipment, insbesondere die behandlungsrelevanten medizintechnischen Instrumente und Geräte, das Verbrauchsmaterial sowie die erforderlichen Medikamente sind ihm von der Klägerin gestellt worden. Die wenigen von ihm selbst beschafften bzw. ihm von dritter Seite zugewandten Arbeitsmittel (Stethoskop, Arbeitskleidung, etc.) rechtfertigen nicht die Annahme eines Unternehmerrisikos von wesentlichem Gewicht, zumal eine Erweiterung seiner unternehmerischen Chancen daraus nicht ersichtlich ist.
105Ein Vergütungsrisiko ist mit Ausnahme des auch von einem abhängig Beschäftigten zu tragenden Insolvenzrisikos des Gläubigers gleichfalls nicht ersichtlich. Der Beigeladene zu 1) wurde für die Tages- und Bereitschaftsdienste stundenweise und für die Tätigkeit als Notarzt pro Einsatz vergütet. Da der interne Notarztdienst im Rahmen der Bereitschaftsdienste stattfand, wurden ihm dadurch auch die Wartezeiten mit vergütet.
106Eigenes Kapital hat der Beigeladene zu 1) in Bezug auf die Tätigkeit bei der Klägerin nicht in Form von Investitionen in Werbung etc. eingesetzt. Unerheblich ist, dass während der Ausübung der einzelnen Dienste das durch langjährige Ausbildung und mit hohen Investitionen erworbene Fachwissen nicht vermarktet werden kann.
107ff) Der Wille und die Vereinbarung der Beteiligten, dass der Beigeladene zu 1) selbständig tätig sein solle, sind grundsätzlich allerdings nicht geeignet, Selbständigkeit zu begründen. Entscheidend sind allein die maßgeblichen Grundlagen. Nur wenn der Abwägungsprozess - was hier nicht der Fall ist - kein Überwiegen von Gesichtspunkten für einen Status ergibt, gibt der Wille der Beteiligten den Ausschlag. Ansonsten unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, SGB IV, 2.Auflage, § 7 Rn. 116). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 9/14 R, WM 2014, 1883).
108gg) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich aus der ab dem 1.1.2013 in Kraft getretenen Änderung des § 2 Abs. 1, 3 KHEntgG keine gesetzgeberische Wertung entnehmen, die entscheidend zur Statusbestimmung des Beigeladenen zu 1) herangezogen werden könnte. Zunächst ist die Änderung erst nach Ablauf des noch streitigen Zeitraums erfolgt. Zudem kann offen bleiben, ob der Schluss zu ziehen ist, wenn § 2 Abs. 1, 3 KHEntgG von "nicht fest angestellten Ärztinnen und Ärzten" spricht, dass damit auch ärztliche Behandlungen durch nicht angestellte Ärzte zulässig sein sollen. Denn jedenfalls kann dem für die Unterscheidung der jeweiligen Tätigkeitsarten nichts entnommen werden (vgl. BT-Drucksache 17/9992, S. 26; Berchtold, Aktuelle Abgrenzungsprobleme der abhängigen Beschäftigung § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV, DAI, 26. Sozialrechtliche Jahresarbeitstagung, S. 241, 257).
109c) Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) nach dem Recht der Arbeitsförderung entfällt auch nicht nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III, weil es sich nicht um eine unständige Beschäftigung in diesem Sinne handelt. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben. Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 SGB III). Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht allerdings zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin grundsätzlich davon ausging, dass sie bei festgestellten Kapazitätsengpässen versuchen würde, auf den Beigeladenen zu 1) zurückzugreifen. Dafür spricht insbesondere die Aussage des Zeugen Dr. C, der die dringende Bedarfssituation der Klägerin nach geeigneten Ärzten und die Vorzüge des Beigeladenen zu 1) beschrieben hat, die ihn zu einem sehr willkommenen Bereitschaftsarzt gemacht haben.
110Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der Senat hat diesbezüglich das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten berücksichtigt.
111Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
112Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
(1) Versicherungspflichtig sind
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, - 4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, - 10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren, - 11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend, - 11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch - a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder - b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
- 12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben, - 13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und - a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder - b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.
(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für
- 1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder - 2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.
(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.
(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.
(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.
(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.
(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.
(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.
(10) nicht belegt
(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.
(1) Versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung sind die versicherungspflichtigen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sind:
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind; für die Zeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bleibt die Versicherungspflicht unberührt, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, auch wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler, die nach § 2 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig sind, - 4.
selbständige Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Berufsbildungswerken oder in ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Berufsfindung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Leistungen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
Behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen, - 10.
Personen, die zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt beschäftigt sind oder die eine Fachschule oder Berufsfachschule besuchen oder eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten (Praktikanten), längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres; Auszubildende des Zweiten Bildungsweges, die sich in einem nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnittes befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, soweit sie nach § 5 Abs. 1 Nr. 11, 11a, 11b oder 12 des Fünften Buches der Krankenversicherungspflicht unterliegen, - 12.
Personen, die, weil sie bisher keinen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hatten, nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 des Fünften Buches oder nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Krankenversicherungspflicht unterliegen.
(2) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat haben, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(2a) Als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 gelten Personen, die als nicht satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften oder ähnlicher religiöser Gemeinschaften für den Dienst in einer solchen Genossenschaft oder ähnlichen religiösen Gemeinschaft außerschulisch ausgebildet werden.
(3) Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung.
(4) Nehmen Personen, die mindestens zehn Jahre nicht in der sozialen Pflegeversicherung oder der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine dem äußeren Anschein nach versicherungspflichtige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung auf, besteht die widerlegbare Vermutung, daß eine die Versicherungspflicht begründende Beschäftigung nach Absatz 1 Nr. 1 oder eine versicherungspflichtige selbständige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 oder 4 tatsächlich nicht ausgeübt wird. Dies gilt insbesondere für eine Beschäftigung bei Familienangehörigen oder Lebenspartnern.
Versicherungspflichtig sind
- 1.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind; während des Bezuges von Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch besteht die Versicherungspflicht fort, - 2.
behinderte Menschen, die - a)
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - b)
in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung,
- 3.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe oder in Berufsbildungswerken oder ähnlichen Einrichtungen für behinderte Menschen für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen; dies gilt auch für Personen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, - 3a.
(weggefallen) - 4.
Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung.
- 1.
Auszubildende, die in einer außerbetrieblichen Einrichtung im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(1) Versicherungspflichtig sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(2) Bei Wehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden, denen nach gesetzlichen Vorschriften für die Zeit ihres Dienstes Arbeitsentgelt weiterzugewähren ist, gilt das Beschäftigungsverhältnis durch den Wehrdienst oder Zivildienst als nicht unterbrochen. Personen, die nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes Wehrdienst leisten, sind in dieser Beschäftigung nicht nach Absatz 1 versicherungspflichtig; sie gelten als Wehrdienst Leistende im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Personen in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes, wenn sie den Einsatzunfall in einem Versicherungspflichtverhältnis erlitten haben.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).