Sozialgericht Detmold Urteil, 28. Okt. 2014 - S 2 SO 103/12
Gericht
Tenor
Der Bescheid vom 21.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2012 wird abgeändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung durch Übernahme der angefallenen Kosten des Integrationshelfers im Zeitraum vom 27.09.2011 bis 22.12.2011 auch für die Stunden, da der Kläger an der Mittags- und Nachmittagsbetreuung in der Schule teilgenommen hat, zu gewähren. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form eines Integrationshelfers auch für den Zeitraum der Nachmittagsbetreuung über den Pflichtunterricht am Vormittag hinaus im Rahmen des Schulbesuchs einer Hauptschule in der Sekundarstufe 1.
3Der am 00.00.1998 geborene, schwerbehinderte Kläger leidet bei Zustand nach extremer Frühgeburt seit seiner Geburt an einer spastischen Cerebralparese mit spastischen Diplegien und Innenrotationsgangbild, sowie sensomotorischen Entwicklungsstörungen, Koordinationsstörungen, Sehstörungen und bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) nach Langzeitbeatmung. Die Beine des Klägers waren verdreht und wurden im Juli 2011 im Wege einer Derotations-OP am linken Bein im orthopädischen Zentrum B korrigiert. Danach bestand eine starke Einschränkung der Mobilität. Der Kläger besucht die Q-L-Schule, eine Hauptschule in I. Dort wird in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Gütersloh eine Mittags- und Hausaufgabenbetreuung angeboten, an der auch der Kläger teilnimmt.
4Am 01.09.2011 beantragte der Kläger durch seine Eltern die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Bewilligung eines Integrationshelfers. Seit der Operation sei das linke Bein geschient und dadurch bis zur Hüfte fixiert. Er könne nicht auf Krücken gehen, da ihm die Koordination und das nötige Gleichgewicht fehlten. Dies begründe sich in der nicht korrekten Stellung des verbleibenden rechten Beines. Dieser Zustand bestehe mindestens für die nächsten drei Monate. Zum Nachweis legte der Kläger eine ärztliche Bescheinigung des örtlichen Kinder- und Jugendmediziners Dr. L1 vor.
5Mit Bescheid vom 20.02.2012 übernahm der Beklagte zunächst die Kosten des Integrationshelfers für die Vormittagsstunden, in denen der schulpflichtige Unterricht stattfindet. Auf den Bescheid vom 20.02.2012 wird Bezug genommen.
6Mit weiterem Bescheid vom 21.02.2012 lehnte der Beklagte die Übernahme der angefallenen Kosten des Integrationshelfers für die Nachmittagsstunden nach Ende der Schulpflicht ab. Der Kläger habe den Integrationshelfer ohnehin nur für einen Zeitraum von drei Monaten, mithin weniger als sechs Monate, benötigt. Die Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag in der Schule stelle keinen schulpflichtigen Unterricht dar. Es handle sich bei den Kosten des Integrationshelfers insoweit nicht um eine Hilfe zur angemessenen Schulausbildung. Es handle sich nicht um Teilnahme am Unterricht im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Kosten müsse der Kläger daher direkt mit dem Leistungsanbieter abrechnen. Auf den Bescheid vom 21.02.2012 wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
7Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Mutter des Klägers wies darauf hin, dass sie bei den Vorgesprächen mitgeteilt habe, dass ihr Sohn gegen 15 Uhr abgeholt werde. Eine Rückfrage, wie sich die Zeit vom Schulbeginn bis zur Abholung aufteile, habe es damals nicht gegeben. Durch die Operation seien der Familie ohnehin zusätzliche größere Kosten entstanden, die die Haushaltskasse außergewöhnlich belasten. Selbst wenn sie wollten, sähen sie sich nicht in der Lage, weitere außergewöhnliche Kosten zu tragen.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 17.04.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Menschen seien gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit, oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft eingeschränkt ist. Die Teilhabeeinschränkung des Klägers, die die Unterstützung durch einen Integrationshelfer habe notwendig werden lassen, sei unterhalb der gesetzlich normierten sechs Monate anzusetzen gewesen. Die Übernahme der Kosten des Integrationshelfers für den Schulbesuch erfolge nur aufgrund der bereits erteilten mündlichen Zusage. Eine Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer für die Mittags- und Hausaufgabenbetreuung falle nicht unter die allgemeine Schulpflicht. Die mündliche Zusage habe sich nur auf den reinen Schulbesuch bezogen. Nach 12:40 Uhr erfolge lediglich ein freiwilliges Betreuungsangebot der Schule. Dieses sei jedoch nicht Teil der allgemeinen Schulpflicht. Diese Kosten könnten nicht im Wege der Quersubventionierung übernommen werden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 17.04.2012 Bezug genommen.
9Mit der dagegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Anliegen weiter.
10Der Kläger beantragt sinngemäß,
11den Bescheid vom 21.02.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kostenübernahme für eine Integrations- bzw. Assistenzkraft für die Randstunden- und Hausaufgabenbetreuung außerhalb des regulären Schulbesuchs zu bewilligen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Auch er wiederholt seine bisherigen Ausführungen.
15Für die weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Akte des Verwaltungsverfahrens. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Die Beteiligten haben einer gerichtlichen Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
16Entscheidungsgründe:
17Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dem zugestimmt haben.
18Der zulässige Antrag ist begründet. Der Kläger ist im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.04.2012 ist rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt, indem dort die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für einen Integrationshelfer für die Randstunden- und Hausaufgabenbetreuung versagt wurde.
19Der Anspruch ergibt sich zwar noch nicht etwa aus einer mündlichen Zusicherung, deren Reichweite dann im Wege der Auslegung ermittelt werden müsste. Denn eine Zusicherung bedarf nach § 34 SGB X jedenfalls der Schriftform. Daran fehlt es bei der mündlichen Zusage, die Kosten des Integrationshelfers für den Schulbesuch zu übernehmen.
20Der Kläger hat jedoch einen materiellen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe unter dem Aspekt der angemessenen Schulbildung auch für die Stunden der Randstunden- und Hausaufgabenbetreuung in der Hauptschule, vergleichbar der Situation in der Offenen Ganztagsschule an einer Grundschule.
21Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körper-lichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Von einer Behinderung bedroht sind gemäß § 53 Abs. 2 SGB XII Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Men-schen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.
22Leistungen der Eingliederungshilfe sind gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere
231. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt, 2. Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule, 3. Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, 4. Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56, 5. nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben. Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben ent-sprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit.
24Erfordert die Behinderung Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, sind die Leistungen hierfür gemäß § 92 Abs. 1 SGB XII auch dann in vollem Umfang zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. In Höhe dieses Teils haben sie zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen; mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner. Den in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist die Aufbringung der Mittel gemäß § 92 Abs. 2 SGB XII nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten 1. bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, 2. bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu,
253. bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll, 4. bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden, 5. bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 des Neunten Buches), 6. bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 des Neunten Buches), 7. bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 des Neunten Buches und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten (§ 56), 8. bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden. Die in Satz 1 genannten Leistungen sind ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen. Die Kosten des in einer Einrichtung erbrachten Lebensunterhalts sind in den Fällen der Nummern 1 bis 6 nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen anzusetzen; dies gilt nicht für den Zeitraum, in dem gleichzeitig mit den Leistungen nach Satz 1 in der Einrichtung durchgeführte andere Leistungen überwiegen. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 Nr. 7 und 8 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn das Einkommen des behinderten Menschen insgesamt einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt.
26Hiervon ausgehend gehört der Kläger zunächst einmal zu dem Personenkreis, der nach § 53 SGB XII Eingliederungshilfe erhalten kann. Denn er ist mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen bei Zustand nach extremer Frühgeburt schon seit der Geburt und somit länger als sechs Monate behindert. Insoweit kommt es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf an, dass er auf den Integrationshelfer als konkrete Maßnahme weniger als sechs Monate angewiesen war, nämlich nur in der Heilungsphase nach der Umstellungsoperation. Die Eingliederungshilfe für die gesamte Nachmittagsbetreuung stellt dabei insgesamt eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung dar. Insoweit ist es unerheblich, dass der Beklagte hier unter Zugrundelegung seiner eigenen Auffassung versäumt hat, dann wenigstens zu prüfen, ob es sich bei dem Integrationshelfer für den Nachmittagsunterricht um eine dann allerdings unter dem Vorbehalt der Subsidiarität stehende Leistung der Teilhabe zum Leben in der Gemeinschaft handelt.
27Denn es handelt es sich bei den Kosten für einen Integrationshelfer für die Nachmittagsstunden vergleichbar der Offenen Ganztagsschule in der Grundschule (im Folgenden: OGS) um eine Hilfe für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Dies ergibt sich bei der Auslegung dieser Norm zur Überzeugung der hiesigen Kammer insbesondere im Lichte der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22.03.2012 zum Verfahren B 8 SO 30/10 R.
28Dies wird zunächst für die OGS in der Grundschule als Primarstufe und in einem zweiten Schritt für die Nachmittagsbetreuung an der Hauptschule in der Sekundarstufe I dargelegt werden, da die Einordnung der sogenannten Hausaufgabenbetreuung nicht ohne die Bedeutung der OGS zu verstehen ist. Die Problematik der Grenzziehung kommt schon darin zum Ausdruck, dass eine vergleichbare Veranstaltung einmal als Offene Ganztagsschule und einmal als Hausaufgabenbetreuung bezeichnet wird, wobei erstere Bezeichnung offensichtlich nach Schule und letztere Bezeichnung eher nach Privatbereich klingt.
29Grundsätzlich kommen als angemessene Schulbildung ausweislich der oben genannten BSG-Entscheidung alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSG, Urteil vom 22.03.2012, Az.: B 8 SO 30/10 R). Ausgeschlossen sind hiernach lediglich solche Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, da § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII ausdrücklich die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt lässt, mithin die schulrechtlichen Verpflichtungen neben den sozialhilferechtlichen stehen (BSG, a.a.O.). Die Vorschrift normiert lediglich unterstützende Leistungen, überlässt die Schulbildung aber den Schulträgern (BSG, a.a.O.). Der Begriff der Schulbildung ist bei behinderten Kindern weit zu verstehen. Erforderlich ist aber, dass im Rahmen der in Rede stehenden Förderung Maßnahmen erfolgen, die den Schulbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.10.2008, Az.: L 9 SO 8/08). Ausgangspunkt ist dabei, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt ist und zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung führt. Es muss ein überwiegender Bezug zur schulischen Ausbildung bestehen. Nicht ausreichend ist dagegen, dass im Rahmen einer Maßnahme positive Nebeneffekte auch für die schulische Entwicklung eintreten können.
30Hiervon ausgehend stellt zunächst einmal in der Primarstufe die OGS für die Grundschule zur Überzeugung der hiesigen Kammer inzwischen die typische Alltagssituation des Schulbesuchs dar und ist somit ein angemessener Schulbesuch im Sinne des § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII i.V.m. § 12 EinglHV. Zwar besteht keine schulrechtliche Pflicht zur Teilnahme an der OGS. Das könnte dagegen sprechen, dass es sich kurz gesagt um "Schule" handelt. Allerdings handelt es sich um eine freiwillige Schulveranstaltung, die letztlich den wesentlichen Schulalltag abbildet, wie heutzutage "Schule" angeboten werden soll. Unter Beachtung des besonderen Sinn und Zwecks der Eingliederungshilfe, gerade dem jungen, behinderten Menschen zu ermöglichen, seinen optimalen Platz im Leben in der Gemeinschaft zu finden, ist die OGS in der Primarstufe eine regelmäßige schulische Veranstaltung und somit "Schule" im alltäglichen Sinne, wie bereits auch der Alltagsbegriff "Offene Ganztagsschule" deutlich zeigt. Die Offene Ganztagsschule ist ein Element des modernen Schulunterrichts, das den Schulalltag prägt und im oben genannten Sinne im überwiegenden Bezug zur schulischen Ausbildung steht.
31Nichts anderes gilt für die Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe I an der Hauptschule. Die Zweckrichtung ist die gleiche. Und in der Sekundarstufe I sind die reinen Lerninhalte in der Gewichtung zu den außerunterrichtlichen Angeboten sogar deutlich in der Überzahl, indem die Gewichtung nun bei mindestens 4:1 statt wie in der Primarstufe 1:1 liegt.
32Bei der Frage der Einordnung freiwilliger Angebote an den Schulen war eine Abgrenzung vorzunehmen, ob es sich insoweit um Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung oder um Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft handelt. Auf den Punkt gebracht geht es um die Frage, ob die Nachmittagsveranstaltung in der Schule nun "Schule" oder "Freizeit" ist. Es kann auch Eingliederungshilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft gewährt werden. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch hinsichtlich der Rechtsfolgen dann in der Bestimmung des oben genannten § 92 Abs. 2 SGB XII, der die Hilfen zu den dort genannten schulischen und beruflichen Maßnahmen bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung privilegiert, während die Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft dort nicht privilegiert wird. Konkret bedeutet dies, dass die Hilfen zum Leben in der Gemeinschaft zuzahlungspflichtig sind, während die Hilfen zur angemessenen Schulbildung einkommens- und vermögensunabhängig gewährt werden. Da das Ausmaß der Zuzahlung beträchtlich ist, kann daher nicht dahin stehen, ob es sich bei den Hilfen für die Teilnahme an der OGS in der Grundschule bzw. des Ganztags der anderen Schulformen der Regelschule um Maßnahmen zu einer angemessenen Schulbildung oder zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft handelt. Denn Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
33Die Bestimmung des § 19 Abs. 3 SGB XII besagt letztlich, dass die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen im Grundsatz nach den gleichen Regeln wie die Gewährung von Sozialhilfe im engeren, landläufigen Sinne der staatlichen Unterstützungsleistung der Grundsicherung erfolgt. Lediglich die §§ 92, 92a SGB XII modifizieren diese Regelung im Sinne einer Abmilderung. Auch wenn es also mit dem SGB IX scheinbar ein eigenes Buch über die Rechte behinderter Menschen gibt, so ist dieses SGB IX nicht als Leistungsrecht ausgestaltet, wenn es um die Tragung der Kosten einer Behinderung geht. Hier werden der behinderte Mensch und seine Angehörigen im Grundsatz auf die Sozialhilfe mit dem dortigen Subsidiaritätsprinzip verwiesen, so dass der behinderte Menschen die Kosten der Behinderung jenseits der Akutbehandlung erst einmal selbst zu tragen hat. Hiervon nimmt § 92 SGB XII die schulische und berufliche Bildung strukturell aus.
34Bei der Eingliederungshilfe für die Teilnahme an der OGS handelt es sich zur Überzeugung der Kammer, die sich bereits in dem Urteil S 2 SO 285/12 manifestiert hat, um eine Eingliederungshilfe zur angemessenen Schulbildung, so dass es sich um eine einkommens- und vermögensunabhängige Leistungsgewährung aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII handelt. Nichts anderes gilt zur Überzeugung der hiesigen Kammer für die Nachmittagsbetreuung in der Hauptschule.
35Wird ein Mensch mit Behinderung in eine Regelschule aufgenommen, hat er im Grundsatz bis zur Grenze des Tatsächlichen das Recht wie jeder andere Schüler mitzumachen. Er darf von einzelnen Veranstaltungen nicht ausgeschlossen werden. Er darf weder unmittelbar noch mittelbar diskriminiert werden. Er darf uneingeschränkt in der Grundschule und ebenso auch in der hier im konkreten Fall maßgeblichen Schulform der Hauptschule lediglich beschränkt durch seine eigenen, nicht durch Hilfe kompensierbaren Möglichkeiten und ggfs. gleichrangige Rechte anderer Schüler auf Bildung "mitmachen". Es bedarf also einer inklusiven Betrachtung jedenfalls der Grundschule. Deshalb darf zur Überzeugung der Kammer die Veranstaltung "Grundschule" nicht in einzelne Elemente zerpflückt werden, an denen ein Schüler mit Behinderung nur teils teilnehmen und teilweise nicht teilnehmen dürfte. Vielmehr kommt bei der Vermeidung von Diskriminierung dem subjektiven Empfinden eines objektiven Empfängerhorizontes besondere Bedeutung zu. Im Sinne dieser generalisierenden Betrachtung nimmt ein Schüler die Veranstaltung "Grundschule" als eine Einheit wahr. Nichts anderes gilt für die Veranstaltung "Hauptschule". Da die Kosten eines Integrationshelfers gemessen an den Möglichkeiten eines durchschnittlichen Privathaus-haltes beträchtlich sind, kommt die Zuordnung der Hilfen zur OGS in der Grundschule bzw. zum Ganztag anderer Schulformen der Regelschule zu den Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in ihren faktischen Auswirkungen einem Verbot der Teilnahme an der OGS bzw. dem Ganztag für einen Schüler mit Behinderung, der aus durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen stammt, sehr nahe.
36Aus den Resteinkommen auf Sozialhilfeniveau müssten zugleich sämtliche Kosten für das behinderte Kind, die nicht von staatlichen Trägern übernommen werden, wie etwa individuell gewünschte Therapien, wie etwa therapeutisches Reiten, oder sonstige Fördermaßnahmen bestritten werden, die in ihren Kosten regelmäßig deutlich höher liegen als die Aufwendungen, die Eltern mit durchschnittlichem Einkommen für die Freizeitaktivitäten ihrer gesunden Kinder tätigen. Die Eltern würden also annähernd so dastehen, als wären sie nicht berufstätig und würden von der seitens des Staats gezahlten Grundsicherung leben, wenn sie die Gestellung eines Integrationshelfers für die OGS bzw. den Ganztag anderer Schulformen der Regelschule für ihr behindertes Kind in Anspruch nehmen wollen würden.
37Wenn ein Schüler, der am Ganztag selbst teilnehmen möchte, auch wenn dieser nur freiwillig ist, daran aus wirtschaftlichen Gründen faktisch nicht teilnehmen kann, weil dann die gesamte Familie wegen seiner Behinderung wirtschaftlich betrachtet auf Sozialhilfeniveau leben muss, um den Integrationshelfer mitzufinanzieren, so wird der Kläger jedenfalls mit-telbar benachteiligt. Das läuft dem Gedanken der Eingliederungshilfe zuwider.
38Das Problem bei der Fragestellung, ob die OGS in der Primarstufe und in einem weiteren Schritt die Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe I Schulbildung im Sinne des § 54 SGB XII ist, beruht im Kern auf dem unterschiedlichen Blickwinkel, den Juristen einerseits und Pädagogen und Soziologen andererseits auf das Gebiet Schule von ihrer unterschiedlichen Aufgabenstellung her beinahe zwangsläufig haben. Die unterschiedlichen Blickwinkel müssen bei größeren gesellschaftlichen Neuentwicklungen erst noch harmonisiert werden.
39Die Pädagogen formulieren zunächst die Ziele und Chancen einer Neuerung und überlegen, wer sich noch alles in das Projekt mit einbringen kann. Die Juristen hingegen wollen eine präzise Antwort darauf geben, wer die einzelnen Dinge tun und finanzieren soll. Beide Methoden haben ihre Berechtigung. Dies zeigt sich an dem aktuellen gesellschaftspolitischen Thema der Inklusion deutlich. Die Rechtsfragen rund um die Inklusion als Methode der Integration behinderter Menschen werden gerade erst aufgearbeitet. Der Gesetzgeber ist vielfach noch nicht klarstellend tätig geworden, indem er seinen Willen bei der Auslegung einzelner Bereiche im Lichte der Inklusion aktualisiert hätte. Dies zeigt sich an der Problematik um die Auslegung der Kostentragung der Integrationshelfer für behinderte Kinder, die die OGS in der Primarstufe oder die Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe I besuchen wollen, geradezu exemplarisch.
40Die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe, die in ihren Ursprüngen zunächst scharf zwischen Arbeitswelt und Privatwelt unterschieden hat, überträgt diesen Gedanken in § 54 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII auf die Hilfe zur angemessenen Schulbildung. § 54 SGB XII ist also noch von einer Dialektik von Arbeits- und Privatwelt bzw. Schule und Privatleben geprägt. Diese strenge Entweder-Oder-Betrachtung besteht im Bereich der OGS bzw. des Ganztags anderer Schulformen der Regelschule nicht. In den Empfehlungen der Bildungskonferenz "Zusammen Schule machen für Nordrhein-Westfalen" zum Thema "Ganztag weiterentwickeln" vom 12.05.2011, abrufbar über die Internetseite des Schulministeriums NRW (schulminsterium.nrw.de) heißt es: "Der quantitative und qualitative Ausbau des Ganztags ist heute ein Anliegen aller gesellschaftlichen Gruppen. Gleichwohl gibt es noch unterschiedliche Auffassungen und Lebensentwürfe zur Frage, ob und wenn ja, ab wann der Ganztag für jedes Kind und jeden Jugendlichen verpflichtend sein sollte und könnte. Dies spiegelt sich auch in dem aktuellen Ausbaustand in Nordrhein-Westfalen wider. ( ...) Zentrale Grundlage für Konzeption und Umsetzung des Ganztags ist die Zusammenarbeit von Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, Kultur und Sport, Wirtschaft und Handwerk etc. sowie die Beteiligung von Eltern, Kindern und Jugendlichen. Im Ganztag arbeiten verschiedene Berufsgruppen aus diesen Bereichen gleichberechtigt in multiprofessionellen Teams zusammen. Kristallisationspunkt der Ganztagsentwicklung in der Schule ist die selbstständige, eigenverantwortliche und für das sozialräumliche Umfeld und außerschulische Partner offene Schule. Der Ganztag entwickelt sich immer mehr zu einem wesentlichen Beitrag zur Wahrnehmung der pädagogischen Gesamtverantwortung aller Beteiligten, auch der Eltern. ( ...) Die Schule soll ein Haus der Lernens und Lebens werden, das formelles und informelles Lernen in einem kohärenten Gesamtkonzept von Bildung, Erziehung und Betreuung verknüpft. Dabei bedarf es einer gemeinsamen Willens- und Organisationsanstrengung aller Betroffenen und Beteiligten, d.h. der Zusammenarbeit der staatlichen, der kommunalen, der privaten und der bürgerschaftlichen Akteure. Ganztag ist in diesem Sinne ein wesentlicher Baustein einer zukunftsfähigen Entwicklung gleichermaßen von Schulen und außerschulischen Einrichtungen in einer kommunalen Bildungslandschaft. Im Ganztag entstehen neue Lernkulturen, die sich an den individuellen und örtlichen Bedarfen und Bedürfnissen orientieren. Der Ganztag trägt dazu bei, die verwandten Ziele der Integration, der Inklusion und des Gender Mainstreaming im Sinne einer geschlechtergerechten Förderung besser zu erreichen, vor allem unter verantwortlicher Mitwirkung und Partizipation der betroffenen Eltern, Kindern und Jugendlichen."
41An diesen Aussagen zeigt sich bereits der oben geschilderte soziologische Betrachtungswinkel, der einerseits die Ziele formuliert, andererseits aber noch nicht klärt, welche gesellschaftliche Gruppe dann was am gemeinsamen runden Tisch genau finanzieren soll. Desweiteren formulieren die genannten Empfehlungen der Bildungskonferenz eine finan-zielle und fachliche Unterstützung. Hierbei ist Unterstützung wieder ein eher soziologischer Begriff, während der Jurist sich die Formulierung von klaren und vollständigen Zuständigkeiten wünschen würde. Die Integrationshelfer finden in dem genannten Papier keine Erwähnung. Das Thema Inklusion wird als Ziel erwähnt, ohne Wege zu konkretisieren. Hinzu kommt aus juristischer Sicht noch das Problem, dass es sich bei der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII um Bundesrecht handelt. Allerdings wird das Projekt der Ganztagsschulen auch bundesweit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, das hierzu sogar die eigene Internetseite Ganztagsschulen.org unterhält.
42Desweiteren heißt es zum Entwicklungsstand der Schule im Ganztag in dem oben genannten Papier: "Solange es Eltern gibt, die für ihre Kinder keinen Ganztagsplatz wünschen, muss man bei der Weiterentwicklung des Ganztags von einer Aufbau- bzw. Übergangsphase sprechen." Die Verfasser der Empfehlungen sind sich also durchaus bewusst, dass sich die Schule im Ganztag sowohl organisatorisch als auch gesellschaftspolitisch noch in der Aufbauphase befindet. Dies ist der eigentliche Grund, warum sie derzeit noch freiwillig und nicht etwa verpflichtend stattfindet.
43So formulieren die Empfehlungen auch kurz das Problem der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII im Rahmen des Aufbaus der Schule im Ganztag allerdings in einem Atemzug mit Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII und im Rahmen der Formulierung einer weiteren Neuerung, nämlich der verstärkten Elternbeteiligung, die dann aber zugleich einen verstärkten Beratungsbedarf nach sich ziehe. So heißt es dann: " In diesem Rahmen könnte man Leistungen der Jugendhilfe zur erzieherischen Förderung, u.a. nach dem SGB VIII, mit den Angeboten einer Ganztagsschule fachlich und strukturell verknüpfen. Dies gilt auch für die besonderen Leistungen für Kinder mit Behinderungen, beispielsweise durch Integrati-onshilfe gemäß SGB XII."
44Ferner heißt es in dem genannten Papier, dass Ganztagsschule unter dem zeitlichen Aspekt gerade bei regelmäßiger und nicht nur gelegentlicher Teilnahme erfolgreich ist. Und zur Teilnehmergruppe äußert sich das Papier dahin, dass der Rhythmisierung (im Sinne der Entwicklung von Lerngewohnheiten oder des Lernenlernens) Grenzen gesetzt sind, wenn nur ein Teil der Kinder der jeweiligen Schule am Ganztag teilnimmt. In diesem Sinne postulieren die Empfehlungen der Bildungskonferenz die Teilnahme aller Schüler an der Schule im Ganztag.
45Mangels klarer Entweder-Oder-Struktur zwischen schulischem und gesellschaftlichem Leben bei der Schule im Ganztag und mangels einer echten Teilnahmepflicht an der OGS bzw. Nachmittagsbetreuung bedarf es letztlich einer wertenden, systematischen Betrachtung, was unter das Tatbestandsmerkmal der "angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" fällt, solange der Gesetzgeber nicht seinen gesetzgeberischen Willen zur Eingliederungshilfe im Lichte der Inklusion und sei es nur klarstellend, aktualisiert.
46Dass die OGS in der Primarstufe und die Nachmittagsbetreuung in der Sekundarstufe I Neuerungen sind, die noch in der Entwicklung befindlich sind, darf zur Überzeugung der hiesigen Kammer nicht zulasten der behinderten Schüler gehen. Das gebietet auch der Wortlaut des § 54 SGB XII nicht. Vielmehr sind die einzelnen Regelungsbereiche der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII unter Berücksichtigung dieser Neuerung auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es erklärtes Ziel des Landes NRW ausweislich der Empfehlungen der Bildungskonferenz vom 12.05.2011 ist, für alle Kinder und Jugendliche bis 2015 ein erreichbares Ganztagsangebot in Wohnortnähe zur Verfügung zu stellen und für einen weiteren Ausbau des Angebots an Ganztagsschulen im Primarbereich und in der Sekundarstufe I zu sorgen. Auch die Sekundarstufe II (gymnasiale Oberstufe, Berufskollegs und Weiterbildungskollegs) soll einbezogen werden. Dies bedeutet im Ergebnis nichts anderes, als dass das Land den Ganztag in allen gängigen Schulformen der Regelschule zum Standard erheben möchte.
47Bei der Auslegung der Abgrenzung von § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und Leistungen zur Teilhaben am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB IX geht das Gericht zusammengefasst von folgenden Überlegungen aus: Das SGB IX als Buch über die Rehabilitation und Teilhabe von behinderten Menschen ist kein Regelungswerk mit finanziellen Anspruchsgrundlagen. Die monetären Rechte sind insoweit vielmehr im SGB XII unter lediglich gelegentlicher Modifikation des Subsidiaritätsgrundsatzes geregelt. Die Zuzahlungspflicht der Eltern behinderter Kinder zu den Kosten eines Integrationshelfers in der OGS der Grundschule bzw. im Ganztag anderer Schulformen der Regelschule führt bei gewöhnlichen Einkommensverhältnissen dazu, dass die Familie sich den Integrationshelfer faktisch nicht leisten kann. Es sei denn, sie lebt trotz guter Berufsausbildung und Er-werbstätigkeit der Eltern mit guter Bezahlung auf Sozialhilfeniveau bzw. dem formal ge-ringfügig höheren Niveau der Aufstocker wegen der erwerbstätigkeitsbezogenen Absetzungsbeträge des § 11b SGB II bei Erwerbstätigkeit mit der Folge, dann nicht einmal freiwillige, individuell für gut befundene Dinge für das behinderte Kind oder gar ein neues (gebrauchtes) Alltagsauto für die Familie finanzieren zu können, obwohl die Eltern erwerbstätig sind. Die Teilnahme am "Ganztag" durch alle Kinder ist seitens der Schule erwünscht und erklärtes Ziel der Schulpolitik insbesondere des Landes NRW. Auch Inklusion ist ausdrücklich ein Ziel der OGS bzw. des Ganztags anderer Schulformen der Regelschule. Der Gedanke der Inklusion hebt allgemein die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, behinderte Menschen in die Gemeinschaft aktiv zu integrieren, hervor. Die Frage, ob vor diesem Hintergrund die finanzielle Versorgung wesentlich behinderter Menschen im Hinblick auf den behinderungsbedingten Bedarf grundsätzlich noch unter dem Vorbehalt der Subsidiarität im Sinne des SGB XII stehen kann oder einer völlig eigenständigen Regelung, wenngleich nicht zwingend ohne jede Selbstbeteiligung, zuzuführen ist, könnte sich stellen bzw. gegebenenfalls zum Gebot einer verfassungskonformen Auslegung führen.
48Hiervon ausgehend umfasst die Regelung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII nicht nur den Pflichtunterricht in der Schule. Denn dort heißt es lediglich: "insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht". Denn die OGS in der Grundschule und wie oben aufgezeigt auch der Ganztag in den anderen gängigen Schulformen der Regelschule ist ein integraler Be-standteil der neuen Lernkultur im kohärenten Gesamtkonzept, bei dem sich Schule nun als ein Haus des Lernens und Lebens versteht. Dass dabei auch Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenlebens zum Tragen kommen, ist gerade Teil des pädagogischen Gesamtkonzepts, das gerade in der Primarstufe natürlich dem jungen Alter der Schüler besondere Rechnung trägt und sie im Rahmen der Rhythmisierung des Lernens in der OGS noch nicht mit reinen Lerninhalten überfordern will. Nur deshalb besteht das Angebot zwischen Unterrichtsinhalten im engeren Sinne und außerunterrichtlichen Angeboten in einem Verhältnis von 1:1, während es in der Sekundarstufe I dann bereits auf ein Verhältnis von 4:1 oder 5:1 zugunsten der Unterrichtsinhalte verschoben wird. Das ist für die OGS der Grundschule aber gerade Teil des schulischen Konzepts und kein aliud zur Schule. Und in der Sekundarstufe I überwiegen die Lerninhalte ohnehin deutlich.
49Dass der Kläger individuell geeignet ist, an dem Schulunterricht einer Regelschule teilzunehmen, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer bereits aus der Tatsache, dass er er-folgreich die Grundschule absolviert hat und in der Hauptschule bis zu seiner Umstellungsoperation sogar ohne Integrationshelfer ausgekommen ist. Dass der Kläger während der Genesungsphase nach der Umstellungsoperation, da das operierte Bein bis zur Hüfte unbeweglich war und das andere Bein behinderungsbedingt auch instabil ist, sich nicht alleine durch das Gebäude und insbesondere auf Treppen bewegen konnte, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch für das Gericht anhand des ärztlichen Berichts des behandelnden Kinderarztes überzeugend.
50Darüber hinaus muss er seinen Wunsch, am Ganztag teilnehmen zu wollen, nicht weiter rechtfertigen. Insoweit bedurfte es zur Überzeugung der Kammer keiner weiteren Ermittlungen, etwa vergleichbar mit der Frage, ob ein Schüler auf die Bereitstellung von Nachhilfeunterricht angewiesen wäre. Im vorliegenden Einzelfall hat der Kläger ohnehin auch schon vor der Umstellungsoperation, als er noch keinen Integrationshelfer benötigte, am Ganztag teilgenommen. Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Eingliederungshilfe in Form des Integrationshelfers für den Ganztag ergibt sich daraus, dass der Kläger damit insgesamt seine Rechte, seine Schule mit all ihren Angeboten zu besuchen, ausüben kann. Diese Maßnahme ist auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne der allgemeinen rechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung, ob eine Maßnahme völlig außer Verhältnis zu ihrem Nutzen stünde. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass der Schüler mit Behinderung selbst die Auswirkungen unmittelbar spüren würde, indem er zwar in die Schule aufgenommen wäre, aber tatsächlich in seiner Genesungsphase nicht am Nachmittag mitmachen könnte, obwohl er dies möchte. Dies wäre dann nicht etwa nur ein rechtlicher Vorgang, von dem das Kind selbst etwa nichts mitbekommen würde, sondern der Kläger bekäme dies unmittelbar tagtäglich zu spüren.
51Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), bedarf zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Ist vor dem Erlass des zugesicherten Verwaltungsaktes die Anhörung Beteiligter oder die Mitwirkung einer anderen Behörde oder eines Ausschusses auf Grund einer Rechtsvorschrift erforderlich, darf die Zusicherung erst nach Anhörung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behörde oder des Ausschusses gegeben werden.
(2) Auf die Unwirksamkeit der Zusicherung finden, unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1, § 40, auf die Heilung von Mängeln bei der Anhörung Beteiligter und der Mitwirkung anderer Behörden oder Ausschüsse § 41 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 sowie Abs. 2, auf die Rücknahme §§ 44 und 45, auf den Widerruf, unbeschadet des Absatzes 3, §§ 46 und 47 entsprechende Anwendung.
(3) Ändert sich nach Abgabe der Zusicherung die Sach- oder Rechtslage derart, dass die Behörde bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Zusicherung nicht gegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte geben dürfen, ist die Behörde an die Zusicherung nicht mehr gebunden.
(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.
(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.
(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Vom Einkommen abzusetzen sind
- 1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern, - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, - 3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge - a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, - b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
- 4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, - 5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, - 6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3, - 7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, - 8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.
(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.
(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die
- 1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen, - 2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen, - 3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder - 4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich
- 1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent, - 2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und - 3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.