Sozialgericht Detmold Beschluss, 20. Feb. 2015 - S 8 SO 5/15 ER
Gericht
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung durch Übernahme der Kosten des Integrationshelfers für die Teilnahme am Offenen Ganztag der I-Schule ab dem 23.02.2015 bis zum 13.03.2015 montags bis donnerstags in der Zeit von 15:00 bis 16:00 Uhr sowie freitags für die gesamte Teilnahme an der OGS und ab dem 16.03.2015 für die gesamte Teilnahme an der OGS bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 3/4.
1
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung durch die Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für die Teilnahme an der Offenen Ganztagsschule.
4Der Antragsteller wurde am 00.00.2007 geboren. Er leidet an einer muskulären Dystrophie. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80 sowie den Nachteilsausgleichen G, B und H. Von der Pflegeversicherung wurde ihm die Pflegestufe 1 zuerkannt. Er besucht seit dem Schuljahr 2014/2015 die I-Schule in H.
5Am 25.06.2014 beantragte der Antragsteller durch seine gesetzlichen Vertreter die Gewährung von Eingliederungshilfe zur Finanzierung eines Integrationshelfers während des Schulbesuchs. Mit Bescheid vom 29.10.2014 gewährte der Antragsgegner Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung für den Einsatz einer Integrationskraft für die Pflichtschulstunden. Abgelehnt wurde die Gewährung von Leistungen für einen Integrationshelfer für die Randstunden oder die Zeiten des offenen Ganztages, da es sich hierbei nicht um Teilnahme am Unterricht im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht handele. Hiergegen hat der Antragsteller am 12.11.2014 Widerspruch eingelegt. Am 07.01.2015 hat der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Zur Begründung führt er aus: Es handele sich auch bei Kosten für einen Integrationshelfer für die Nachmittagsstunden der OGS in der Grundschule um eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung. Ausgeschlossen seien hier nach der Rechtsprechung des BSG lediglich solche Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien. Die OGS sei ein Element des modernen Schulalltages. Der überwiegende Bezug zur Schulausbildung ergäbe sich im Falle der OGS der I-Schule insbesondere aus dem Ganztagskonzept; insbesondere seien auch die Schulregeln vormittags wie nachmittags zu befolgen. Deutlich werde die Kooperation auch durch die Schaffung einer sogenannten OGS-Klasse. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf profitierten auch im Hinblick auf ihre Fortschritte im Rahmen der Schulbildung von der OGS. Verwiesen werde auch auf den Erlass zum Offenen Ganztag, wonach Angebote außerschulischer Träger als schulische Veranstaltung gelten. Unerheblich sei, ob für die OGS eine Schulpflicht bestünde. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung seien inzwischen zahlreiche Sozialgerichte der Auffassung, dass auch die OGS der angemessenen Schulbildung zuzuordnen sei. Es bestünde auch ein Anordnungsgrund, da der Antragsteller diskriminiert und damit erheblich in seinen grundrechtlich geschützten Rechten beeinträchtigt sei. Es sei seinen Eltern zudem nicht möglich, die Kosten für die Eingliederungshilfe im Nachmittagsbereich selbst zu tragen. Der Antragsteller werde derzeit während der OGS von der Frau T B betreut, die als 450 EUR - Kraft von der AWO beschäftigt werde. Sie begleite den Antragsteller von montags bis donnerstags in der Zeit von 12:30 Uhr bis 15:00 Uhr. Beschäftigungsbeginn sei der 08.01.2015 gewesen; eine Beschäftigung könne für allenfalls zehn Stunden wöchentlich erfolgen. Für die letzte Stunde der OGS von 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr sowie freitags sei der Antragsteller von der Teilnahme an der OGS ausgeschlossen. Der Arbeitsvertrag der Frau B sei befristet bis zum 13.03.2015; die Eilbedürftigkeit sei daher gegeben. Der Antragsteller sei seit seinem Besuch in der OGS seit dem 08.01.2015 erheblich aufgeblüht.
6Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,
7den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung zur Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für Stunden, die der Antragsteller an der Offenen Ganztagsschule teilnimmt, zu gewähren bis zur Entscheidung über die Kostentragungspflicht des Antragsgegners, längstens bis Ende des Schuljahres 2014/2015. Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich,
8den Antrag abzulehnen.
9Zur Begründung führt er aus: Es liege keine Eilbedürftigkeit vor; zudem werde eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache begehrt. Der Antragsteller nehme erst seit dem 08.01.2015 am Angebot des Offenen Ganztags teil und werde dort auch begleitet; die Finanzierung sei laut Mitteilung der Schule gesichert. Der Antragsteller sei - entgegen seinem Vortrag - nicht in einer sogenannten OGS-Klasse; aus der Klasse des Antragstellers nähmen lediglich sechs Kinder am Angebot des Offenen Ganztags teil. Darüber hinaus sei die Teilnahme am Offenen Ganztag keinesfalls erforderlich, um dem Antragsteller den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Es handele sich um eine freiwilliges, außerunterrichtliches Angebot, wie sich auch aus § 9 Abs. 2 SchulG NW ergäbe. Damit sei im Grundsatz davon auszugehen, dass das maßgebliche Bildungsziel auch ohne die Inanspruchnahme der OGS erreicht werden könne. Im vorliegenden Fall sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsteller lediglich durch die Teilnahme der OGS eine angemessene Schulbildung erreichen könne. Die Teilnahme des Antragstellers am Offenen Ganztag diene vordringlich dazu, seine Beaufsichtigung und Erziehung während der Zeiten der Berufstätigkeit der Eltern sicherzustellen. Hierfür sei vielmehr der Träger der Jugendhilfe zuständig.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Antragsgegners, die bei der Entscheidung vorgelegen hat, Bezug genommen.
11II.
12Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet; im Übrigen ist er unbegründet.
13Gemäß § 86 b Abs. 2 S. 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.
14Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung derart, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG - Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnrn. 27 und 29 m. w. N.). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05).
15Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86 b Abs. 2 S. 4 SGG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40).
16Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch auf Eingliederungshilfe in Form der Hilfe zur angemessenen Schulbildung durch Übernahme der Kosten des Integrationshelfers für Teilnahme am Offenen Ganztag der I-Schule glaubhaft gemacht.
17Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Von einer Behinderung bedroht sind gemäß § 53 Abs. 2 SGB XII Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch. Leistungen der Eingliederungshilfe sind gemäß § 54 Abs. 1 SGB XII neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt (Nr. 1), Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule (Nr. 2), Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (Nr. 3), Hilfe in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten nach § 56 (Nr. 4), nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe der behinderten Menschen am Arbeitsleben (Nr. 5). Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben entsprechen jeweils den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit.
18Erfordert die Behinderung Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, sind die Leistungen hierfür gemäß § 92 Abs. 1 SGB XII auch dann in vollem Umfang zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist. In Höhe dieses Teils haben sie zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen; mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner. Den in § 19 Abs. 3 genannten Personen ist die Aufbringung der Mittel gemäß § 92 Abs. 2 SGB XII nur für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten bei heilpädagogischen Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind (Nr. 1), bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu (Nr. 2), bei der Hilfe, die dem behinderten noch nicht eingeschulten Menschen die für ihn erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ermöglichen soll (Nr. 3), bei der Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit, wenn die hierzu erforderlichen Leistungen in besonderen Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 4), bei Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 des Neunten Buches) (Nr. 5), bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 des Neunten Buches) (Nr. 6), bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 des Neunten Buches und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten (§ 56) (Nr. 7), bei Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen, soweit diese Hilfen in besonderen teilstationären Einrichtungen für behinderte Menschen erbracht werden (Nr. 8). Die in Satz 1 genannten Leistungen sind ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen. Die Kosten des in einer Einrichtung erbrachten Lebensunterhalts sind in den Fällen der Nummern 1 bis 6 nur in Höhe der für den häuslichen Lebensunterhalt ersparten Aufwendungen anzusetzen; dies gilt nicht für den Zeitraum, in dem gleichzeitig mit den Leistungen nach Satz 1 in der Einrichtung durchgeführte andere Leistungen überwiegen. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 Nr. 7 und 8 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn das Einkommen des behinderten Menschen insgesamt einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt.
19Hiervon ausgehend handelt es sich bei den Kosten für einen Integrationshelfer für die Nachmittagsstunden der Offenen Ganztagsschule in der Grundschule (im Folgenden: OGS) um eine gemäß § 92 Abs. 2 SGB XII einkommens- und vermögensunabhängig zu gewährende Hilfe für eine angemessene Schulbildung im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Dies ergibt sich bei der Auslegung dieser Norm zur Überzeugung des Gerichts insbesondere im Lichte der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22.03.2012 zum Verfahren B 8 SO 30/10 R. (vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, Urteil vom 28.10.2014, Az.: S 2 SO 285/12; ebenso zu den Randstunden der Hauptschule SG Detmold, Urteil vom 28.10.2014, Az.: S 2 SO 103/12).
20Da der Antragsteller in die Grundschule I aufgenommen wurde, hat er im Grundsatz bis zur Grenze des Tatsächlichen das Recht wie jeder andere Schüler mitzumachen. Er darf von einzelnen Veranstaltungen nicht ausgeschlossen werden. Er darf weder unmittelbar noch mittelbar diskriminiert werden. Er darf uneingeschränkt in der Grundschule, lediglich beschränkt durch seine eigenen, nicht durch Hilfe kompensierbaren Möglichkeiten und ggfs. gleichrangige Rechte anderer Schüler auf Bildung "mitmachen". Es bedarf also einer inklusiven Betrachtung der Grundschule. Deshalb darf zur Überzeugung des Gerichts die Veranstaltung "Grundschule" nicht in einzelne Elemente zerpflückt werden, an denen der Kläger nur teils teilnehmen und teilweise nicht teilnehmen dürfte. Vielmehr kommt bei der Vermeidung von Diskriminierung dem subjektiven Empfinden eines objektiven Empfängerhorizontes besondere Bedeutung zu. Im Sinne dieser generalisierenden Betrachtung nimmt ein Schüler die Veranstaltung "Grundschule" als eine Einheit wahr. Da die Kosten eines Integrationshelfers gemessen an den Möglichkeiten eines durchschnittlichen Privathaushaltes beträchtlich sind, kommt die Zuordnung der Hilfen zur OGS zu den Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in ihren faktischen Auswirkungen einem Verbot der Teilnahme an der OGS für einen Schüler mit Behinderung, der aus durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen stammt, sehr nahe. Wenn ein Schüler, der an der OGS selbst teilnehmen möchte, auch wenn sie nur freiwillig ist, an dieser aus wirtschaftlichen Gründen faktisch nicht teilnehmen kann, weil dann die gesamte Familie wegen seiner Behinderung wirtschaftlich betrachtet auf Sozialhilfeniveau leben muss, um den Integrationshelfer mitzufinanzieren, so wird der Kläger jedenfalls mittelbar benachteiligt. Das läuft dem Gedanken der Eingliederungshilfe zuwider. (vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, Urteil vom 28. Oktober 2014, Az.: S 2 SO 285/12).
21Eine enge Auslegung des Begriffs der angemessenen Schulausbildung ist hier nicht geboten. Auch bedarf es dabei nicht einmal einer besonders weiten Auslegung im Lichte des Zeitgeistes der Inklusion entgegen dem Wortlaut. Beides lässt sich vielmehr bereits jetzt in Einklang bringen, wenngleich eine gesetzgeberische Klarstellung oder Neuordnung des größeren Kontextes der finanziellen Versorgung behinderter Menschen in Bezug auf die behinderungsspezifischen Bedarfe vielleicht wünschenswert wäre. § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII spricht von Hilfen zur angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen. Die Formulierung "insbesondere" schafft bereits eine Öffnungsklausel. Es kommt also gar nicht darauf an, ob für die OGS eine Schulpflicht besteht. Und das Kriterium des BSG für die Abgrenzung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, dass Ausgangspunkt dabei sein muss, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt ist und zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung führt und ein überwiegender Bezug zur schulischen Ausbildung bestehen muss, während nicht ausreichend sei, dass im Rahmen einer Maßnahme positive Nebeneffekte auch für die schulische Entwicklung eintreten können, ist bei der OGS offensichtlich gegeben. Schulische Bildung ist nicht bloß ein positiver Nebeneffekt der OGS, sondern ein elementarer Bestandteil des Konzepts der OGS. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.)
22Das Problem bei der Fragestellung, ob OGS Schulbildung im Sinne des § 54 SGB XII ist, beruht im Kern auf dem unterschiedlichen Blickwinkel, den Juristen einerseits und Pädagogen und Soziologen andererseits auf das Gebiet Schule von ihrer unterschiedlichen Aufgabenstellung her beinahe zwangsläufig haben und die bei größeren gesellschaftlichen Neuentwicklungen erst noch harmonisiert werden müssen. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.)
23Die Pädagogen formulieren zunächst die Ziele und Chancen einer Neuerung und überlegen, wer sich noch alles in das Projekt mit einbringen kann. Die Juristen hingegen wollen eine präzise Antwort darauf geben, wer die einzelnen Dinge tun und finanzieren soll. Beide Methoden haben ihre Berechtigung. Dies zeigt sich an dem aktuellen gesellschaftspolitischen Thema der Inklusion deutlich. Die Rechtsfragen rund um die Inklusion als Methode der Integration behinderter Menschen werden gerade erst aufgearbeitet. Der Gesetzgeber ist vielfach noch nicht klarstellend tätig geworden, indem er seinen Willen bei der Auslegung einzelner Bereiche im Lichte der Inklusion aktualisiert hätte. Dies zeigt sich an der Problematik um die Auslegung der Kostentragung der Integrationshelfer für behinderte Kinder, die die OGS besuchen wollen, geradezu exemplarisch. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.)
24Die sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe, die in ihren Ursprüngen zunächst scharf zwischen Arbeitswelt und Privatwelt unterschieden hat, überträgt diesen Gedanken in § 54 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII auf die Hilfe zur angemessenen Schulbildung. § 54 SGB XII ist also noch von einer Dialektik von Arbeits- und Privatwelt bzw. Schule und Privatleben geprägt. Diese strenge Entweder-Oder-Betrachtung besteht im Bereich der OGS nicht. In den Empfehlungen der Bildungskonferenz "Zusammen Schule machen für Nordrhein-Westfalen" zum Thema "Ganztag weiterentwickeln" vom 12.05.2011, abrufbar über die Internetseite des Schulministeriums NRW (schulminsterium.nrw.de) heißt es: "Der quantitative und qualitative Ausbau des Ganztags ist heute ein Anliegen aller gesellschaftlichen Gruppen. Gleichwohl gibt es noch unterschiedliche Auffassungen und Lebensentwürfe zur Frage, ob und wenn ja, ab wann der Ganztag für jedes Kind und jeden Jugendlichen verpflichtend sein sollte und könnte. Dies spiegelt sich auch in dem aktuellen Ausbaustand in Nordrhein-Westfalen wider. ( ...) Zentrale Grundlage für Konzeption und Umsetzung des Ganztags ist die Zusammenarbeit von Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, Kultur und Sport, Wirtschaft und Handwerk etc. sowie die Beteiligung von Eltern, Kindern und Jugendlichen. Im Ganztag arbeiten verschiedene Berufsgruppen aus diesen Bereichen gleichberechtigt in multiprofessionellen Teams zusammen. Kristallisationspunkt der Ganztagsentwicklung in der Schule ist die selbstständige, eigenverantwortliche und für das sozialräumliche Umfeld und außerschulische Partner offene Schule. Der Ganztag entwickelt sich immer mehr zu einem wesentlichen Beitrag zur Wahrnehmung der pädagogischen Gesamtverantwortung aller Beteiligten, auch der Eltern. ( ...) Die Schule soll ein Haus der Lernens und Lebens werden, das formelles und informelles Lernen in einem kohärenten Gesamtkonzept von Bildung, Erziehung und Betreuung verknüpft. Dabei bedarf es einer gemeinsamen Willens- und Organisationsanstrengung aller Betroffenen und Beteiligten, d.h. der Zusammenarbeit der staatlichen, der kommunalen, der privaten und der bürgerschaftlichen Akteure. Ganztag ist in diesem Sinne ein wesentlicher Baustein einer zukunftsfähigen Entwicklung gleichermaßen von Schulen und außerschulischen Einrichtungen in einer kommunalen Bildungslandschaft. Im Ganztag entstehen neue Lernkulturen, die sich an den individuellen und örtlichen Bedarfen und Bedürfnissen orientieren. Der Ganztag trägt dazu bei, die verwandten Ziele der Integration, der Inklusion und des Gender Mainstreaming im Sinne einer geschlechtergerechten Förderung besser zu erreichen, vor allem unter verantwortlicher Mitwirkung und Partizipation der betroffenen Eltern, Kindern und Jugendlichen."
25An diesen Aussagen zeigt sich bereits der oben geschilderte soziologische Betrachtungswinkel der einerseits die Ziele formuliert, andererseits aber noch nicht klärt, welche gesellschaftliche Gruppe dann was am gemeinsamen runden Tisch genau finanzieren soll. Desweiteren formulieren die genannten Empfehlungen der Bildungskonferenz eine finanzielle und fachliche Unterstützung. Hierbei ist Unterstützung wieder ein eher soziologischer Begriff, während der Jurist sich die Formulierung von klaren und vollständigen Zuständigkeiten wünschen würde. Die Integrationshelfer finden in dem genannten Papier keine Erwähnung. Das Thema Inklusion wird als Ziel erwähnt, ohne Wege zu konkretisieren. Hinzu kommt aus juristischer Sicht noch das Problem, dass es sich bei der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII um Bundesrecht handelt. Allerdings wird das Projekt der Ganztagsschulen auch bundesweit vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, das hierzu sogar die eigene Internetseite Ganztagsschulen.org unterhält. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.).
26Desweiteren heißt es zum Entwicklungsstand der OGS in dem oben genannten Papier: "Solange es Eltern gibt, die für ihre Kinder keinen Ganztagsplatz wünschen, muss man bei der Weiterentwicklung des Ganztags von einer Aufbau- bzw. Übergangsphase sprechen." Die Verfasser der Empfehlungen sind sich also durchaus bewusst, dass sich die OGS sowohl organisatorisch als auch gesellschaftspolitisch noch in der Aufbauphase befindet. Dies ist der eigentliche Grund, warum sie derzeit noch freiwillig und nicht etwa verpflichtend stattfindet. So formulieren die Empfehlungen auch kurz das Problem der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII im Rahmen des Aufbaus der OGS allerdings in einem Atemzug mit Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII und im Rahmen der Formulierung einer weiteren Neuerung, nämlich der verstärkten Elternbeteiligung, die dann aber zugleich einen verstärkten Beratungsbedarf nach sich ziehe. So heißt es dann: "In diesem Rahmen könnte man Leistungen der Jugendhilfe zur erzieherischen Förderung, u.a. nach dem SGB VIII, mit den Angeboten einer Ganztagsschule fachlich und strukturell verknüpfen. Dies gilt auch für die besonderen Leistungen für Kinder mit Behinderungen, beispielsweise durch Integrationshilfe gemäß SGB XII." Ferner heißt es in dem genannten Papier, dass Ganztagsschule unter dem zeitlichen Aspekt gerade bei regelmäßiger und nicht nur gelegentlicher Teilnahme erfolgreich ist. Und zur Teilnehmergruppe äußert sich das Papier dahin, dass der Rhythmisierung (im Sinne der Entwicklung von Lerngewohnheiten oder des Lernenlernens) Grenzen gesetzt sind, wenn nur ein Teil der Kinder der jeweiligen Schule am Ganztag teilnimmt. In diesem Sinne postulieren die Empfehlungen der Bildungskonferenz die Teilnahme aller Schüler an der OGS. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.).
27Mangels klarer Entweder-Oder-Struktur zwischen schulischen und gesellschaftlichem Leben bei der OGS und mangels einer echten Teilnahmepflicht an der OGS bedarf es letztlich einer wertenden, systematischen Betrachtung, was unter das Tatbestandsmerkmal der "angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht" fällt, solange der Gesetzgeber nicht seinen gesetzgeberischen Willen zur Eingliederungshilfe im Lichte der Inklusion, und sei es nur klarstellend, aktualisiert. (Vgl. zum Vorstehenden SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.)
28Dass die OGS eine Neuerung ist, die noch in der Entwicklung befindlich ist, darf zur Überzeugung des Gerichts nicht zulasten der behinderten Schüler gehen. Das gebietet auch der Wortlaut des § 54 SGB XII nicht. Vielmehr sind die einzelnen Regelungsbereiche der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII unter Berücksichtigung dieser Neuerung auszulegen. Bei der Auslegung der Abgrenzung von § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII und Leistungen zur Teilhaben am Leben in der Gemeinschaft im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB IX geht das Gericht zusammengefasst von folgenden Überlegungen aus: Das SGB IX als Buch über die Rehabilitation und Teilhabe von behinderten Menschen ist kein Regelungswerk mit finanziellen Anspruchsgrundlagen. Die monetären Rechte sind insoweit vielmehr im SGB XII unter lediglich gelegentlicher Modifikation des Subsidiaritätsgrundsatzes geregelt. Die Zuzahlungspflicht der Eltern behinderter Kinder zu den Kosten eines Integrationshelfers in der OGS führt bei gewöhnlichen Einkommensverhältnissen dazu, dass die Familie sich den Integrationshelfer faktisch nicht leisten kann. Es sei denn sie lebt trotz guter Berufsausbildung und Erwerbstätigkeit der Eltern mit guter Bezahlung auf Sozialhilfeniveau bzw. dem formal geringfügig höheren Niveau der Aufstocker wegen der erwerbstätigkeitsbezogenen Absetzungsbeträge des § 11b SGB II bei Erwerbstätigkeit mit der Folge, dann nicht einmal freiwillige, individuell für gut befundene Dinge für das behinderte Kind oder gar ein neues (gebrauchtes) Alltagsauto für die Familie finanzieren zu können, obwohl die Eltern erwerbstätig sind. Die Teilnahme an der OGS durch alle Kinder ist seitens der Schule erwünscht. Auch Inklusion ist ausdrücklich ein Ziel der OGS. Der Gedanke der Inklusion hebt allgemein die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, behinderte Menschen in die Gemeinschaft aktiv zu integrieren, hervor. Die Frage, ob vor diesem Hintergrund die finanzielle Versorgung wesentlich behinderter Menschen im Hinblick auf den behinderungsbedingten Bedarf grundsätzlich noch unter dem Vorbehalt der Subsidiarität im Sinne des SGB XII stehen kann oder einer völlig eigenständigen Regelung, wenngleich nicht zwingend ohne jede Selbstbeteiligung, zuzuführen ist, könnte sich stellen bzw. gegebenenfalls zum Gebot einer verfassungskonformen Auslegung führen. (Vgl. SG Detmold, 2. Kammer, a.a.O.).
29Hiervon ausgehend umfasst die Regelung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII nicht nur den Pflichtunterricht in der Schule. Denn dort heißt es lediglich: "insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht". Denn die OGS ist ein integraler Bestandteil der neuen Lernkultur im kohärenten Gesamtkonzept, bei dem sich Schule nun als ein Haus des Lernens und Lebens versteht. Dass dabei auch Aspekte der gesellschaftlichen Zusammenlebens zum Tragen kommen, ist gerade Teil des pädagogischen Gesamtkonzepts, das gerade in der Primarstufe natürlich dem jungen Alter der Schüler besondere Rechnung trägt und sie im Rahmen der Rhythmisierung des Lernens in der OGS noch nicht mit reinen Lerninhalten überfordern will. Nur deshalb besteht das Angebot zwischen Unterrichtsinhalten im engeren Sinne und außerunterrichtlichen Angeboten in einem Verhältnis von 1:1, während es in der Sekundarstufe I dann bereits auf ein Verhältnis von 4:1 oder 5:1 zugunsten der Unterrichtsinhalte verschoben wird. Das ist aber gerade Teil des schulischen Konzepts und kein aliud zur Schule.
30Ausgehend von diesen Erwägungen hat der Antragsteller einen Anspruch auf Gewährung einkommens- und vermögensunabhängiger Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten eines Integrationshelfers für die OGS. Zur Realisierung des Anspruchs des Antragstellers hält das Gericht im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die aus dem Tenor ersichtlichen Anordnungen für erforderlich, aber auch ausreichend, um die vollumfängliche Teilnahme des Antragstellers an der OGS sicherzustellen. Der Antragsteller nimmt seit dem 08.01.2015 tatsächlich an der OGS teil und wird von der Frau T B begleitet, deren Arbeitsvertrag bis zum 13.03.2015 befristet ist. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Betreuung des Antragstellers während der Zeit der OGS montags bis donnerstags bis 15:00 Uhr gesichert, sodass es diesbezüglich einer einstweiligen Anordnung nicht bedarf. Die Frau B wird von der AWO beschäftigt und bezahlt, sodass dem Antragsteller diesbezüglich auch keine Kosten entstehen, sondern vielmehr sein Bedarf gedeckt ist. Nicht gedeckt ist der Bedarf betreffend die Begleitung des Antragstellers während der Zeit der OGS von montags bis donnerstags von 15:00 Uhr bis 16:00 Uhr und freitags sowie ab Montag, dem 16.03.2015. Das Gericht hält es daher für erforderlich, die Gewährung von Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer für die OGS in dem entsprechenden Umfang anzuordnen, in dem die Begleitung des Antragstellers nicht anderweitig, nämlich durch die Frau B aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses mit der AWO, sichergestellt ist. Da die Teilnahme des Antragstellers an der OGS in der Vergangenheit nun nicht mehr nachholbar ist, erachtet das Gericht es für ausreichend, die Gewährung der Leistungen ausgehend vom Datum des Beschlusses ab dem folgenden Montag, dem 23.02.2015, anzuordnen.
31Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens unter Berücksichtigung der Dauer eines Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar. Eine Entscheidung in der Hauptsache wird nicht in kürzester Zeit zu treffen sein, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bislang nicht einmal das Widerspruchsverfahren abgeschlossen ist. Der Besuch der OGS ist für den Antragsteller aber nicht mehr nachholbar.
32Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG in entsprechender Anwendung.
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(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Erhält eine Person, die nicht in einer Wohnung nach § 42a Absatz 2 Satz 2 lebt, Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Fünften, Siebten, Achten oder Neunten Kapitel oder Leistungen für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen, so kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel von ihr und den übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Für Leistungsberechtigte nach § 27c Absatz 1 und die übrigen in § 19 Absatz 3 genannten Personen sind Leistungen nach § 27c ohne die Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen; Absatz 2 findet keine Anwendung. Die Aufbringung der Mittel nach Satz 1 ist aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn Personen, bei denen nach § 138 Absatz 1 Nummer 3 und 6 des Neunten Buches ein Beitrag zu Leistungen der Eingliederungshilfe nicht verlangt wird, einer selbständigen und nicht selbständigen Tätigkeit nachgehen und das Einkommen aus dieser Tätigkeit einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 nicht übersteigt; Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel aus dem gemeinsamen Einkommen der leistungsberechtigten Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners verlangt werden, wenn die leistungsberechtigte Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf. Bei der Prüfung, welcher Umfang angemessen ist, ist auch der bisherigen Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen, nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie der im Haushalt lebenden minderjährigen unverheirateten Kinder Rechnung zu tragen.
(3) Hat ein anderer als ein nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger nach sonstigen Vorschriften Leistungen für denselben Zweck zu erbringen, wird seine Verpflichtung durch Absatz 2 nicht berührt. Soweit er solche Leistungen erbringt, kann abweichend von Absatz 2 von den in § 19 Absatz 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel verlangt werden.
(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.
(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.
(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.
(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.
(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten
- 1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen, - 2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen, - 3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie - 4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.
(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.
(1) Vom Einkommen abzusetzen sind
- 1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern, - 2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung, - 3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge - a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind, - b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,
- 4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, - 5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben, - 6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach Absatz 3, - 7.
Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag, - 8.
bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, deren Einkommen nach dem Vierten Abschnitt des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder nach § 67 oder § 126 des Dritten Buches bei der Berechnung der Leistungen der Ausbildungsförderung für mindestens ein Kind berücksichtigt wird, der nach den Vorschriften der Ausbildungsförderung berücksichtigte Betrag.
(2) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 Euro monatlich von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit mehr als 400 Euro, gilt Satz 1 nicht, wenn die oder der erwerbsfähige Leistungsberechtigte nachweist, dass die Summe der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 den Betrag von 100 Euro übersteigt.
(2a) § 82a des Zwölften Buches gilt entsprechend.
(2b) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist anstelle der Beträge nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 5 der Betrag nach § 8 Absatz 1a des Vierten Buches von dem Einkommen aus Erwerbstätigkeit abzusetzen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die
- 1.
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen, - 2.
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen, - 3.
einem Freiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder dem Jugendfreiwilligendienstegesetz nachgehen oder - 4.
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen außerhalb der in § 11a Absatz 7 genannten Zeiten erwerbstätig sind; dies gilt nach dem Besuch allgemeinbildender Schulen auch bis zum Ablauf des dritten auf das Ende der Schulausbildung folgenden Monats.
(3) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, ist von dem monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit ein weiterer Betrag abzusetzen. Dieser beläuft sich
- 1.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 100 Euro übersteigt und nicht mehr als 520 Euro beträgt, auf 20 Prozent, - 2.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 520 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 000 Euro beträgt, auf 30 Prozent und - 3.
für den Teil des monatlichen Erwerbseinkommens, der 1 000 Euro übersteigt und nicht mehr als 1 200 Euro beträgt, auf 10 Prozent.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.