Sozialgericht Aachen Urteil, 23. Aug. 2016 - S 13 KR 337/15
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 27.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2015 verurteilt, der Klägerin vom 08.08. 2015 bis 26.04.2016 Krankengeld zu gewähren. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Beklagte.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Krankengeld über den 07.08.2015 hat.
3Die am 00.00.0000 geborene Klägerin war zuletzt bis 09.06.2015 als Servicekraft beschäftigt; an diesem Tag endete die versicherungspflichtige Beschäftigung wegen einer betriebsbedingten Kündigung. Bereits am 16.05.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig wegen eines Hirninfarktes. Sie befand sich deshalb in stationärer Krankenhausbehandlung vom 16.05. bis 28.05.2015. Im Anschluss daran nahm sie zu Lasten der Beklagten vom 28.05. bis 05.07.2015 an einer Anschlussheilbehandlung in der Odeborn-Klinik in Bad Berleburg teil. Übergangslos erhielt sie sodann vom 06.07. bis 07.08.2015 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland. Der (ehemalige) Arbeitgeber der Klägerin zahlte Entgelt weiter bis 09.06.2016; die Beklagte zahlte Krankengeld ab 10.06.2016; vom 06.07. bis 07.08.2015 erhielt die Klägerin Übergangsgeld von der DRV Rheinland.
4Ausweislich des Entlassungsberichts der Odeborn-Klinik vom 06.08.2015 wurde die Klägerin dort als weiter arbeitsunfähig entlassen. Es heißt in dem Entlassungsbericht unter der Überschrift: "Sozialmedizinische Epikrise" u.a.: "Frau I. wird zunächst arbeitsunfähig entlassen. Mittelfristig besteht eine positive Erwerbsprognose, es ist von weiterer Rückbildung der Symptomatik auszugehen. Daher wird sie ihre letzte berufliche Tätigkeit als Servicekraft in der Gastronomie nicht mehr ausüben können. Frau I. ist optimistisch, wieder am Erwerbsleben teilnehmen zu können."
5Nach ihrer Entlassung aus der Reha-Klinik am Freitag, 07.08.2015, stellte sich die Klägerin am Montag, 10.08.2015, und danach wieder am Mittwoch, 19.08.2015 bei ihrer Hausärztin vor. Erst am Freitag, 21.08.2015 bescheinigte die Ärztin unter Angabe der Untersuchungstermine vom 10.08. und 19.08.2015 weitere Arbeitsunfähigkeit der Klägerin bis 30.09.2015.
6Durch Bescheid vom 27.08.2015 stellte die Beklagte das Ende des Krankengeldanspruchs und der beitragsfreien Mitgliedschaft zum 07.08.2015 fest. Sie wies daraufhin, dass die Klägerin am 07.08.2015 aus der Klinik entlassen worden ist, und behauptete: "Bis zu diesem Tag wurde Ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Ihre weitere Arbeitsunfähigkeit wurde jedoch erst am 21. August 2015 festgestellt." Die Beklagte meinte, vor Ablauf der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit sei eine rechtzeitige Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit festzustellen; die Klägerin habe sich spätestens am sechsten Werktag, der dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit folge, die weitere Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen lassen müssen, wobei Samstage nicht als Werktage gelten würden.
7Dagegen erhob die Klägerin am 02.09.2015 Widerspruch, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13.10.2015 zurückwies.
8Dagegen hat die Klägerin am 04.11.2015 Klage erhoben. Sie trägt vor, ihr Sohn habe sie am 07.08.2015 aus der Reha-Klinik abgeholt; am 10.08.2015 habe sie sich zur Aktualisierung der AU zu ihrer Hausärztin begeben. Bei ihre Vorstellungen bei der Ärztin am 10. und 19.08.2015 habe sie noch keinen Auszahlschein für Krankengeld gehabt; als dieser dann in der Folgewoche angekommen sei, habe ihr Mann diesen am 21.08.2015 in der Praxis der Hausärztin vorgelegt, wo er dann ausgefüllt worden sei. Ihr Mann sei anschließend direkt zur Knappschaft B. gefahren und habe die Bescheinigung dort eingereicht.
9Die Klägerin beantragt,
10die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.08.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2015 zu verurteilen, ihr ab 08.08.2015 Krankengeld zu gewähren.
11Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
12Sie verbleibt auch im Hinblick auf die vom Gericht eingeholten Auskünfte der Hausärztin bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung. Sie meint, selbst wenn seinerzeit ein Auszahlschein für Krankengeld noch nicht vorgelegen habe, hätte die Hausärztin die weitere AU auch auf dem dafür vorgesehenen Muster 1a bestätigen können, wie dies in der Folgezeit auch mehrfach so geschehen sei. Die Beklagte meint, wenn die Hausärztin zwar am 10.08.2015 weitere AU der Klägerin (im Sinne einer medizinisch-fachlichen Würdigung des Gesundheitszustandes) festgestellt habe, dies jedoch erst am 19.08. bzw. am 21.08.2015 zur Papier gebracht habe, spreche dies für ihrer Auffassung, dass die AU nicht lückenlos attestiert worden sei.
13Die Klägerin und die Beklagte haben weitere über den 30.09.2015 hinaus ausgestellt AU-Bescheinigungen der Hausärzte der Klägerin vorgelegt, darunter eine AU-Bescheinigung des Vertretungsarztes Dr. P. vom 29.12.2015, in der weitere AU bis "29.12.2016" bescheinigt worden ist. Ausweislich dieser AU-Bescheinigungen wurde vertragsärztlich weitere AU der Klägerin festgestellt &61485; am 30.09.2015 bis 31.10.2015, &61485; am 30.10.2015 bis 30.11.2015, &61485; am 30.11.2015 bis 31.12.2015, &61485; am 29.12.2015 bis "29.12.16" (von Dr. P.), &61485; am 01.02.2016 bis 01.03.2016, &61485; am 29,02.2016 bis 03.04.2016, &61485; am 29.03.2016 bis 26.04.2016, &61485; am 28.04.2016 bis 31.05.2016, &61485; am 30.05.2016 bis 30.06.2016, &61485; am 29.06.2016 bis 02.08.2016, &61485; am 02.08.2016 bis 30.08.2016.
14Das Gericht hat zu den Umständen der Vorstellung der Klägerin in der Praxis ihrer Hausärztin, den Daten, der Untersuchung und der Feststellung sowie Bescheinigung von AU Auskünfte eingeholt von Dr. L ... Diese hat am 17.03.2016 mitgeteilt, sie habe die Klägerin am 10.08. und 19.08.2015 gesehen und Arbeitsunfähigkeit festgestellt; den sog. Auszahlungsschein habe sie am 21.08.2015 ausgestellt, weil er dann erst vorgelegt worden sei (soweit die Hausärztin bei den mitgeteilten Daten jeweils statt 2015 die Jahreszahl "2016" verwandt hat, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibefehler). Die Hausärztin hat ihrer Auskunft einen Ausdruck ihrer Patientenkartei beigefügt; daraus ergibt sich, dass die Klägerin u.a. am 10.08. und 19.08.2015 in der Praxis war und dort untersucht worden ist; für den 21.08.2015 findet sich lediglich der Eintrag "AZ-Schein".
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang auch begründet.
18Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da sie rechtswidrig sind. Die Klägerin hat über den 07.08.2015 hinaus Anspruch auf Krankengeld, und zwar bis einschließlich 26.04.2016.
19Versicherte haben gemäß § 44 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld war aufgrund der in Folge des Hirninfarkts am 16.05.2015 eingetretenen AU und der an diesem Tag begonnenen Krankenhausbehandlung gem. § 46 Satz 1 Nr. 1 SGB V am 16.05.2015 entstanden. Während der Zeit der Entgeltfortzahlung bis 09.06.2015 und des Bezugs von Übergangsgeld durch die DRV Rheinland vom 06.07. bis 07.08.2015 ruhte der Krankengeldanspruch gem. § 49 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 SGB V. Auch wenn das die Krankenversicherungspflicht gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V begründende Beschäftigungsverhältnis am 09.06.2015 geendet hatte, bestand die versicherungspflichtige Mitgliedschaft der Klägerin fort, solange ihr Anspruch auf Krankengeld bestand (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
20Grundsätzlich setzt der weitere Anspruch auf Krankengeld die vorherige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Einzelheiten zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) sowie im Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) geregelt. Gemäß § 31 Satz 1 BMV-Ä darf die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer sowie die Ausstellung der Bescheinigung nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen (vgl. auch § 5 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien). Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für Krankengeld-Bezieher ist gemäß § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien auf der "Bescheinigung für die Krankengeldzahlung" (sog. Auszahlschein) zu attestieren. Dementsprechend wird das Krankengeld jeweils aufgrund der vom Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bzw. dem Auszahlschein für Krankengeld entsprechend der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit abschnittsweise gezahlt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist in der Auszahlung bzw. Gewährung von Krankengeld regelmäßig die Entscheidung der Krankenkasse zu sehen, dass dem Versicherten ein Krankengeldanspruch für die laufende Zeit der vom Vertragsarzt bestätigten Arbeitsunfähigkeit zusteht und somit ein entsprechender Verwaltungsakt über die zeitlich befristete Bewilligung von Krankengeld vorliegt (BSG, Urteil vom 22.03.2005 – B 1 KR 22/04 R – SozR 4-2500 § 44 Nr. 6; BSG, Urteil vom 26.11.1991 – 1/3 RK 25/90 – SozR 3-2500 § 48 Nr. 1). Damit wird mit der Krankengeldbewilligung jeweils auch über das vorläufige Ende der Krankengeld-Bezugszeit entschieden. Legt der Versicherte keinen weiteren Auszahlschein vor, endet der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes; eines Entziehungsbescheides nach § 48 SGB X bedarf es nicht (BSG a.a.O.).
21Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit ausgehend von dem Tag der tatsächlichen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen. Dies folgt aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V; diese Vorschrift ist auch für den Umfang des Versicherungsschutzes maßgeblich. Sie ist keine bloße Zahlungsvorschrift, sondern regelt das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld (BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 R); dies gilt auch, wenn es sich um eine Folgebescheinigung aufgrund derselben Krankheit handelt (Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. 2010, § 46 Rdnr. 4 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG). Gemäß § 46 Satz 2 SGB V (in der hier maßgeblichen ab 23.07.2015 geltenden Fassung) bleibt der Anspruch auf Krankengeld jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.
22Entgegen der von der Beklagten im Bescheid vom 27.08.2015 aufgestellten Behauptung war die AU der Klägerin, als sie am 07.08.2015 aus der Reha-Klinik entlassen wurde, nicht nur "bis zu diesem Tag" bescheinigt. Im Gegenteil: Ausweislich des Reha-Entlassungsberichtes vom 06.08.2015 wurde die Klägerin dort als weiter arbeitsunfähig entlassen. In dem Bericht stellten die Reha-Ärzte ausdrücklich fest: "Frau I ... wird zunächst arbeitsunfähig entlassen. Mittelfristig besteht eine positive Erwerbsprognose, es ist von weiterer Rückbildung der Symptomatik auszugehen. Daher wird sie ihre letzte berufliche Tätigkeit als Servicekraft in der Gastronomie nicht mehr ausüben können. Frau I. ist optimistisch, wieder am Erwerbsleben teilnehmen zu können." Dass die über den 07.08.2015 fortbestehende AU nicht auf dem dafür vorgesehenen Vordruck bescheinigt wurde, ist unschädlich. Die ärztliche AU-Feststellung und deren Bescheinigung stellen zwar grundlegende materielle Voraussetzungen des Leistungsanspruchs (aus § 44 Abs. 1 1. Alt. SGB V) dar. Im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Krankenversicherung als staatliche Pflichtversicherung mit Beitragszwang ausgestaltet ist, sind aber auch bei der Auslegung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V die aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bzw. aus dem (grundrechtlichen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden Maßgaben zu beachten. Überzogene formale Anforderungen dürfen an die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung daher nicht gestellt werden, erst Recht nicht, wenn dies dazu führen kann, dass sich der Versicherungsstatus des (Pflicht-)Versicherten ändert und er mit der Zahlung der (Pflicht-)Beiträge erworbene Leistungsansprüche, wie den Anspruch auf Krankengeld als Entgeltersatzleistung zur sozialen Absicherung im Krankheitsfall, verliert. Arbeitsunfähigkeit kann daher durch jeden Arzt, auch etwa durch einen Krankenhausarzt und auch durch einen Arzt des MDK oder einen Arzt einer Reha-Klinik festgestellt werden. Anlass und Zweck der ärztlichen Äußerung zur Arbeits(un)fähigkeit sind unerheblich. Auch auf die Verwendung des (für Vertragsärzte) in den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien vorgeschriebenen Vordrucks kommt es nicht an. Unschädlich ist schließlich, wenn – was allgemeiner Übung entspricht – unmittelbar Arbeitsunfähigkeit festgestellt wird, obwohl es sich hierbei um einen Rechtsbegriff handelt, sofern die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit die Schlussfolgerung aus einer persönlichen ärztlichen Untersuchung ist. Ob einer ärztlichen Erklärung, einer Bescheinigung oder auch einer gutachterlichen Äußerung, der Erklärungswert und der (notwendige) Inhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zukommt, muss im Zweifel durch Auslegung nach Maßgabe der in §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) niedergelegten Auslegungsgrundsätze festgestellt werden (so: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.05.2016 – L 5 KR 1063/15). Wenn die Reha-Ärzte im vor dem Entlassungstag unterschriebenen Reha-Entlassungsbericht die Klägerin als weiter arbeitsunfähig entlassen und ausdrücklich erklären, trotz mittelfristig bestehender positiver Erwerbsprognose werde sie ihre letzte berufliche Tätigkeit als Servicekraft nicht mehr ausüben können, folgt daraus nichts anderes als die Feststellung von AU der Klägerin über den 07.08.2015 hinaus. Denn da die Klägerin bei Beginn der AU versicherungspflichtig als Servicekraft gearbeitet hat, war diese Tätigkeit auch nach dem 07.08.2015 der Maßstab für die Beurteilung ihrer AU.
23Selbst wenn man aber die im Reha-Entlassungsbericht attestierte AU – entgegen den dortigen Feststellungen der Reha-Ärzte – nur auf die Zeit bis 07.08.2015 begrenzen würde, hätte die Klägerin gleichwohl das Erfordernis lückenloser Feststellung der AU über dieses Datum hinaus bis 26.04.2016 erfüllt.
24Das Gesetz und die AU-Richtlinien unterscheiden zwischen der ärztlichen Feststellung und der Bescheinigung (Attestierung) der AU. Während die Feststellung der AU auf die ärztliche Untersuchung abstellt und darauf gründet (vgl. § 31 Satz 1 BMV-Ä) und § 4 Abs. 1 AU-Richtlinien), ist die Attestierung der AU auf der dafür vorgesehenen AU-Bescheinigung der sich aus der ärztlichen Feststellung der AU ergebende formale Akt. Für die Aufrechterhaltung des KG-Anspruchs maßgeblich ist, dass die ärztliche Feststellungen der AU und damit die dazu notwendigen ärztlichen Untersuchungen lückenlos im Sinne von § 46 Satz 2 SGB V (und dieser Vorschrift folgend § 5 Abs. 3 Satz 5 der AU-Richtlinien) sind.
25Im Fall der Klägerin wäre es – wenn man die Feststellungen im Reha-Entlassungsbericht nicht als Feststellung weiterer AU über den 07.08.2015 genügen ließe – nach dem 07.08.2015 (Freitag), bis zu dem unzweifelhaft AU bescheinigt war, erforderlich gewesen, dass die ärztliche Feststellung der weiteren AU spätestens am nächsten Werktag im Sinne von § 46 Satz 2 SGB V, das heißt am Montag, 10.08.2015 hätte erfolgen müssen, um den Anspruch auf Krankengeld (und damit das Fortbestehen der Mitgliedschaft aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung) aufrecht zu erhalten. Dies war der Fall. Denn an diesem Tag war die Klägerin ausweislich der vorgelegten Patientenkartei bei ihrer Hausärztin, die sie untersucht und – wie die Ärztin auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich erklärt hat – weitere AU festgestellt hat. Dasselbe war am 19.08.2015 der Fall; zu diesem Datum war sie wieder einbestellt worden, hat die Ärztin sie untersucht und weitere AU festgestellt. Allein der Umstand, dass an diesen beiden Tagen die tatsächlich aufgrund jeweils ärztlicher Untersuchung erfolgte ärztliche Feststellung der AU nicht attestiert worden ist, steht dem weiteren Krankengeldanspruch nicht entgegen. Weder das Gesetz noch die AU-Richtlinien fordern eine lückenlose Attestierung der AU nach den Vorgaben des § 46 Satz 2 SGB V. Die Klägerin und die Hausärztin haben übereinstimmend und glaubhaft dargelegt, dass an den beiden Tagen (10.08. und 19.08.2015) kein damals noch gebräuchlicher Auszahlschein für Krankengeld ("Bescheinigung für die Krankengeldzahlung, Muster 17") vorhanden war und die Klägerin diesen erst bei der Beklagten anfordern musste. Als dieser dann am 21.08.2015 bei ihr einging, hat ihr Ehemann den Vordruck unverzüglich – noch am selben Tag – bei der Hausärztin zwecks Attestierung der am 10.08. und 19.08.2015 festgestellten AU (bis 30.09.2015) und danach – ebenfalls noch am selben Tag – bei der Beklagten vorgelegt. Damit hat sie den Nachweis lückenloser Feststellung ihrer AU über den 07.08.2015 erbracht.
26Es ist gerade im vorliegenden Fall und im Hinblick auf die geschilderten Umstände für die Kammer weder nachvollziehbar noch verständlich, warum die Beklagte auf der formalen Bescheinigung der (neben der ärztlichen Feststellung der AU) spätestens am 10.08.2015 beharrt. Gerade in dem hier maßgeblichen Zeitraum – zwei Wochen nach der Gesetzesänderung in § 46 SGB V – bestanden erhebliche Unsicherheit und Klärungsbedarf bei Ärzten, Krankenkassen und Versicherten Vgl. instruktiv das Rundschreiben RS 2015/236 des GKV-Spitzenverbandes vom 01.06.2015 betreffend "Neue Muster für die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit" nebst Anlagen).
27Der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld über den 07.08.2015 hinaus besteht jedoch nur bis 26.04.2016 (einem Dienstag). Denn nur bis zu diesem Datum ist ihre AU lückenlos festgestellt worden. Soweit der (Vertretungs-)Arzt Dr. Oppitz am 29.12.2015 weitere AU bis "29.12.16" bescheinigt hat, handelt es bei der Monatsangabe um einen offensichtlichen Schreibfehler; gemeint war nach Überzeugung der Kammer ersichtlich der 29.01.2016 (Freitag). Indem sich die Klägerin danach am 01.02.2016 (Montag) wieder zum Arzt begab und dieser weitere AU bescheinigte, ist dem Erfordernis des lückenlosen Nachweises der Feststellung von AU zu diesem Zeitpunkt und weiter bis 26.04.2016 genügt. Um aber sodann ihren Anspruch (und damit ihre Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld) über den 26.04.2016, bis zu dem lückenlos AU festgestellt worden ist, zu erhalten, hätte sich die Klägerin (vgl. § 46 Satz 2 SGB V) spätestens am folgenden Werktag, dem 27.04.2016 (Mittwoch), zum Arzt begeben müssen, um ihre weitere AU feststellen zu lassen. Sie tat dies jedoch erst am 28.04.2016 (Donnerstag). Daraus ergibt sich weder ein neuer noch ein weiterer Anspruch auf Krankengeld, da der bis 26.04.2016 bestehende Krankengeldanspruch mit Ablauf dieses Tages geendet hatte und am 28.04.2016 ebenso wenig wie am 29.04.2016 eine Versicherung/Mitgliedschaft mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestand. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der die Kammer folgt, ist das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld wegen ärztlich festgestellter Arbeitsunfähigkeit ausgehend von dem Tag der tatsächlichen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen. Dies folgt aus § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V, der regelt, dass der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an entsteht, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Er ist für den Umfang des Versicherungsschutzes maßgeblich. Diese Vorschrift ist keine bloße Zahlungsvorschrift, sondern regelt das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld (BSG, Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 R); dies gilt auch, wenn es sich um eine Folgebescheinigung aufgrund derselben Krankheit handelt (Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. 2010, § 46 Rdnr. 4 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG). Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (zuletzt: BSG, Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R).
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt werden.
(2) Keinen Anspruch auf Krankengeld haben
- 1.
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a, 5, 6, 9, 10 oder 13 sowie die nach § 10 Versicherten; dies gilt nicht für die nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 Versicherten, wenn sie Anspruch auf Übergangsgeld haben, und für Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13, sofern sie abhängig beschäftigt und nicht nach den §§ 8 und 8a des Vierten Buches geringfügig beschäftigt sind oder sofern sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und eine Wahlerklärung nach Nummer 2 abgegeben haben, - 2.
hauptberuflich selbständig Erwerbstätige, es sei denn, das Mitglied erklärt gegenüber der Krankenkasse, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll (Wahlerklärung), - 3.
Versicherte nach § 5 Absatz 1 Nummer 1, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts auf Grund des Entgeltfortzahlungsgesetzes, eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder anderer vertraglicher Zusagen oder auf Zahlung einer die Versicherungspflicht begründenden Sozialleistung haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll. Dies gilt nicht für Versicherte, die nach § 10 des Entgeltfortzahlungsgesetzes Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages zum Arbeitsentgelt haben, - 4.
Versicherte, die eine Rente aus einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe oder von anderen vergleichbaren Stellen beziehen, die ihrer Art nach den in § 50 Abs. 1 genannten Leistungen entspricht. Für Versicherte nach Satz 1 Nr. 4 gilt § 50 Abs. 2 entsprechend, soweit sie eine Leistung beziehen, die ihrer Art nach den in dieser Vorschrift aufgeführten Leistungen entspricht.
(3) Der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach arbeitsrechtlichen Vorschriften.
(4) Versicherte haben Anspruch auf individuelle Beratung und Hilfestellung durch die Krankenkasse, welche Leistungen und unterstützende Angebote zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Maßnahmen nach Satz 1 und die dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit schriftlicher oder elektronischer Einwilligung und nach vorheriger schriftlicher oder elektronischer Information des Versicherten erfolgen. Die Einwilligung kann jederzeit schriftlich oder elektronisch widerrufen werden. Die Krankenkassen dürfen ihre Aufgaben nach Satz 1 an die in § 35 des Ersten Buches genannten Stellen übertragen.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht
- 1.
bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an, - 2.
im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.
(1) Versicherungspflichtig sind
- 1.
Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, - 2.
Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch beziehen oder nur deshalb nicht beziehen, weil der Anspruch wegen einer Sperrzeit (§ 159 des Dritten Buches) oder wegen einer Urlaubsabgeltung (§ 157 Absatz 2 des Dritten Buches) ruht; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 2a.
Personen in der Zeit, für die sie Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 des Zweiten Buches bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist, - 3.
Landwirte, ihre mitarbeitenden Familienangehörigen und Altenteiler nach näherer Bestimmung des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte, - 4.
Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes, - 5.
Personen, die in Einrichtungen der Jugendhilfe für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, - 6.
Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung, es sei denn, die Maßnahmen werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes erbracht, - 7.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches tätig sind, - 8.
behinderte Menschen, die in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten in gleichartiger Beschäftigung entspricht; hierzu zählen auch Dienstleistungen für den Träger der Einrichtung, - 9.
Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigen, - 10.
Personen, die eine in Studien- oder Prüfungsordnungen vorgeschriebene berufspraktische Tätigkeit ohne Arbeitsentgelt verrichten, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, sowie zu ihrer Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt Beschäftigte; Auszubildende des Zweiten Bildungswegs, die sich in einem förderungsfähigen Teil eines Ausbildungsabschnitts nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz befinden, sind Praktikanten gleichgestellt, - 11.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens neun Zehntel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder nach § 10 versichert waren, - 11a.
Personen, die eine selbständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit vor dem 1. Januar 1983 aufgenommen haben, die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie mindestens neun Zehntel des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1985 und der Stellung des Rentenantrags nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert waren; für Personen, die am 3. Oktober 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten, ist anstelle des 1. Januar 1985 der 1. Januar 1992 maßgebend, - 11b.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch - a)
auf eine Waisenrente nach § 48 des Sechsten Buches oder - b)
auf eine entsprechende Leistung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn der verstorbene Elternteil zuletzt als Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Sechsten Buches befreit war,
- 12.
Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, wenn sie zu den in § 1 oder § 17a des Fremdrentengesetzes oder zu den in § 20 des Gesetzes zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung genannten Personen gehören und ihren Wohnsitz innerhalb der letzten 10 Jahre vor der Stellung des Rentenantrags in das Inland verlegt haben, - 13.
Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und - a)
zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder - b)
bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.
(2) Der nach Absatz 1 Nr. 11 erforderlichen Mitgliedszeit steht bis zum 31. Dezember 1988 die Zeit der Ehe mit einem Mitglied gleich, wenn die mit dem Mitglied verheiratete Person nicht mehr als nur geringfügig beschäftigt oder geringfügig selbständig tätig war. Bei Personen, die ihren Rentenanspruch aus der Versicherung einer anderen Person ableiten, gelten die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 11 oder 12 als erfüllt, wenn die andere Person diese Voraussetzungen erfüllt hatte. Auf die nach Absatz 1 Nummer 11 erforderliche Mitgliedszeit wird für jedes Kind, Stiefkind oder Pflegekind (§ 56 Absatz 2 Nummer 2 des Ersten Buches) eine Zeit von drei Jahren angerechnet. Eine Anrechnung erfolgt nicht für
- 1.
ein Adoptivkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat, oder - 2.
ein Stiefkind, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung mit dem Elternteil des Kindes bereits die in § 10 Absatz 2 vorgesehenen Altersgrenzen erreicht hat oder wenn das Kind vor Erreichen dieser Altersgrenzen nicht in den gemeinsamen Haushalt mit dem Mitglied aufgenommen wurde.
(3) Als gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Arbeiter und Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten Bezieher von Vorruhestandsgeld, wenn sie unmittelbar vor Bezug des Vorruhestandsgeldes versicherungspflichtig waren und das Vorruhestandsgeld mindestens in Höhe von 65 vom Hundert des Bruttoarbeitsentgelts im Sinne des § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes gezahlt wird.
(4) Als Bezieher von Vorruhestandsgeld ist nicht versicherungspflichtig, wer im Ausland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hat, mit dem für Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Staat keine über- oder zwischenstaatlichen Regelungen über Sachleistungen bei Krankheit bestehen.
(4a) Die folgenden Personen stehen Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 gleich:
- 1.
Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, - 2.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen und - 3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen).
(5) Nach Absatz 1 Nr. 1 oder 5 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist. Bei Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer mehr als geringfügig beschäftigen, wird vermutet, dass sie hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind; als Arbeitnehmer gelten für Gesellschafter auch die Arbeitnehmer der Gesellschaft.
(5a) Nach Absatz 1 Nr. 2a ist nicht versicherungspflichtig, wer zuletzt vor dem Bezug von Bürgergeld privat krankenversichert war oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte. Satz 1 gilt nicht für Personen, die am 31. Dezember 2008 nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a versicherungspflichtig waren, für die Dauer ihrer Hilfebedürftigkeit. Personen nach Satz 1 sind nicht nach § 10 versichert. Personen nach Satz 1, die am 31. Dezember 2015 die Voraussetzungen des § 10 erfüllt haben, sind ab dem 1. Januar 2016 versicherungspflichtig nach Absatz 1 Nummer 2a, solange sie diese Voraussetzungen erfüllen.
(6) Nach Absatz 1 Nr. 5 bis 7 oder 8 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 versicherungspflichtig ist. Trifft eine Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 6 mit einer Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 7 oder 8 zusammen, geht die Versicherungspflicht vor, nach der die höheren Beiträge zu zahlen sind.
(7) Nach Absatz 1 Nr. 9 oder 10 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 8, 11 bis 12 versicherungspflichtig oder nach § 10 versichert ist, es sei denn, der Ehegatte, der Lebenspartner oder das Kind des Studenten oder Praktikanten ist nicht versichert oder die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nummer 11b besteht über die Altersgrenze des § 10 Absatz 2 Nummer 3 hinaus. Die Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 9 geht der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 10 vor.
(8) Nach Absatz 1 Nr. 11 bis 12 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist. Satz 1 gilt für die in § 190 Abs. 11a genannten Personen entsprechend. Bei Beziehern einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31. März 2002 nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon an diesem Tag bestand und die bis zu diesem Zeitpunkt nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte versichert waren, aber nicht die Vorversicherungszeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 in der seit dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung erfüllt hatten und deren Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte nicht von einer der in § 9 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 in der am 10. Mai 2019 geltenden Fassung genannten Personen abgeleitet worden ist, geht die Versicherung nach § 10 oder nach § 7 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte der Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 vor.
(8a) Nach Absatz 1 Nr. 13 ist nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 versichert ist. Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten und Siebten Kapitel des Zwölften Buches, dem Teil 2 des Neunten Buches und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird. Der Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 gilt nicht als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von Absatz 1 Nr. 13, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht.
(9) Kommt eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nach Kündigung des Versicherungsvertrages nicht zu Stande oder endet eine Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit nach § 9, ist das private Krankenversicherungsunternehmen zum erneuten Abschluss eines Versicherungsvertrages verpflichtet, wenn der vorherige Vertrag für mindestens fünf Jahre vor seiner Kündigung ununterbrochen bestanden hat. Der Abschluss erfolgt ohne Risikoprüfung zu gleichen Tarifbedingungen, die zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden haben; die bis zum Ausscheiden erworbenen Alterungsrückstellungen sind dem Vertrag zuzuschreiben. Wird eine gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 nicht begründet, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach der Beendigung des vorhergehenden Versicherungsvertrages in Kraft. Endet die gesetzliche Krankenversicherung nach Satz 1 vor Erfüllung der Vorversicherungszeit, tritt der neue Versicherungsvertrag am Tag nach Beendigung der gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Die Verpflichtung nach Satz 1 endet drei Monate nach der Beendigung des Versicherungsvertrages, wenn eine Versicherung nach den §§ 5, 9 oder 10 nicht begründet wurde. Bei Beendigung der Versicherung nach den §§ 5 oder 10 vor Erfüllung der Vorversicherungszeiten nach § 9 endet die Verpflichtung nach Satz 1 längstens zwölf Monate nach der Beendigung des privaten Versicherungsvertrages. Die vorstehenden Regelungen zum Versicherungsvertrag sind auf eine Anwartschaftsversicherung in der privaten Krankenversicherung entsprechend anzuwenden.
(10) nicht belegt
(11) Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes besteht. Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist. Bei Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz liegt eine Absicherung im Krankheitsfall bereits dann vor, wenn ein Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt nach § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes dem Grunde nach besteht.
(1) Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibt erhalten, solange
- 1.
sie sich in einem rechtmäßigen Arbeitskampf befinden, - 2.
Anspruch auf Krankengeld oder Mutterschaftsgeld besteht oder eine dieser Leistungen oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Pflegeunterstützungsgeld bezogen wird, - 2a.
von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, von einem Beihilfeträger des Bundes, von sonstigen öffentlich-rechtlichen Trägern von Kosten in Krankheitsfällen auf Bundesebene, von dem Träger der Heilfürsorge im Bereich des Bundes, von dem Träger der truppenärztlichen Versorgung oder von einem öffentlich-rechtlichen Träger von Kosten in Krankheitsfällen auf Landesebene, soweit das Landesrecht dies vorsieht, Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes bezogen werden oder diese beansprucht werden können, - 3.
von einem Rehabilitationsträger während einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gezahlt wird oder - 4.
Kurzarbeitergeld nach dem Dritten Buch bezogen wird.
(2) Während der Schwangerschaft bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger auch erhalten, wenn das Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber zulässig aufgelöst oder das Mitglied unter Wegfall des Arbeitsentgelts beurlaubt worden ist, es sei denn, es besteht eine Mitgliedschaft nach anderen Vorschriften.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht
- 1.
bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an, - 2.
im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Anspruch auf Krankengeld entsteht
- 1.
bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) von ihrem Beginn an, - 2.
im Übrigen von dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.