Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Aug. 2009 - 4 W 54/09

ECLI: ECLI:DE:POLGZWE:2009:0811.4W54.09.0A
published on 11.08.2009 00:00
Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 11. Aug. 2009 - 4 W 54/09
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Gericht

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Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit der Behauptung, der Beklagte habe sie im Jahr 2004 mehrfach vergewaltigt und außerdem genötigt, für ihn der Prostitution nachzugehen, beansprucht die Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von wenigstens 20.000,00 €.

2

Durch Urteil der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 5. Oktober 2006 in dem Verfahren 7125 Js 20029/04.KLs ist der Beklagte wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und schweren Menschenhandels jeweils zum Nachteil der Klägerin (geahndet mit Einzelfreiheitsstrafen von zweimal 4 Jahren und 6 Monaten und von 3 Jahren) und wegen weiterer Straftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 10 Monaten verurteilt worden; zudem hat die Strafkammer seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

3

Der Beklagte verteidigt sich gegen die Schmerzensgeldklage mit dem Vorbringen, er sei im Strafprozess wegen der hier interessierenden Taten zu Unrecht auf Grund von Falschangaben der Klägerin als Zeugin verurteilt worden. Zum Geschlechtsverkehr zwischen den Parteien sei es ohne Gewaltanwendung gekommen. Prostituiert habe sich die Klägerin aus eigenem Antrieb und ohne sein Zutun zwecks Finanzierung ihrer Drogensucht; er habe daraus auch keinen finanziellen Vorteil gezogen.

4

Das Landgericht hat nach Beiziehung der Strafakten das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde.

II.

5

Das Rechtsmittel ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft, wahrt die gesetzliche Frist und Form (§§ 569 Abs. 1 und Abs. 2, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich bedenkenfrei. In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.

6

Der Senat stimmt mit der Zivilkammer darin überein, dass die von dem Beklagten beabsichtigte Rechtsverteidigung nach derzeitiger Aktenlage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und es damit für die Bewilligung der nachgesuchten Prozesskostenhilfe an den sachlichen Voraussetzungen des § 114 ZPO fehlt.

7

Im Einzelnen gilt dazu folgendes:

8

1. Der Beklagte widerspricht der Verwertung der Strafakten im Wege des Urkundsbeweises und verteidigt sich gegen die Klage mit der Behauptung, die Klägerin bezichtige ihn, wie schon im Strafprozess, bewusst der Wahrheit zuwider, um den geltend gemachten Schadensersatz zu erlangen. Er benennt Zeugen zum angeblich schlechten Leumund der Klägerin und insbesondere dafür, dass diese sich im tatkritischen Zeitraum in seinem Beisein nicht wie das Opfer einer gerade stattgefundenen Vergewaltigung verhalten habe. Weil für die ihm vorgeworfenen Taten außer den belastenden Angaben der Klägerin keine sonstigen Beweismittel vorhanden seien, stehe letztlich Aussage gegen Aussage. Deshalb müsse Prozesskostenhilfe für die Abwehr der Klage bewilligt werden.

9

Dieser Auffassung ist, wie bereits die Zivilkammer zutreffend ausgeführt hat, nicht zu folgen.

10

Bei vorausschauender Würdigung des wahrscheinlichen Ausgangs einer im Fortgang des Rechtsstreits möglicherweise durchzuführenden Beweisaufnahme liegen nämlich konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Beweiserhebung mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beklagten ausgehen würde. Denn das dem Beklagten angelastete Tatgeschehen war bereits Gegenstand eines Strafverfahrens, welches nach in der Hauptverhandlung vor der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz durchgeführter Beweisaufnahme – insbesondere durch die Vernehmung der Klägerin als Opferzeugin – mit der rechtskräftig gewordenen Verurteilung des Beklagten wegen Verbrechen der zweimaligen Vergewaltigung und des schweren Menschenhandels zum Nachteil der Klägerin geendet hat. Der streitige Sachverhalt ist mithin bereits schon einmal im vollen Strengbeweisverfahren (§ 244 Abs. 2 StPO) aufgearbeitet worden, so dass der Ausgang des vorangegangenen Strafverfahrens eine erhöhte Richtigkeitsgewähr bietet (zur Zulässigkeit der Berücksichtigung des Ergebnisses eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens bei der Prüfung des Prozesskostenhilfegesuchs eines deliktisch in Anspruch genommenen Beklagten (vgl. insbesondere OLG Bamberg, VersR 2008, 986 = ZfS 2008, 84 mit Anmerkung von Diehl, ZfS 2008, 86; ebenso: Senat, Beschluss vom 7. August 2008 – 4 W 71/08).

11

Dem steht vorliegend auch nicht der Umstand entgegen, dass sich – wie zuvor schon im Strafprozess – die Beweislage in Bezug auf das eigentliche Tatgeschehen voraussichtlich auf die Konstellation "Aussage gegen Aussage" zuspitzen wird. Denn insoweit ist von ausschlaggebender Bedeutung, dass das Strafurteil vom 5. Oktober 2006 eine eingehende und sorgfältige Würdigung der belastenden Aussage der Klägerin beinhaltet, worin auf sämtliche in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten strengen Beweis(würdigungs-)kautelen für diese Beweissituation (Aussagegenese und -entwicklung, Aussagekonstanz und Überprüfung der belastenden Angaben der Geschädigten nach objektiven Glaubhaftigkeitskriterien) erschöpfend eingegangen wird (Seiten 48 – 64 des Strafurteils) und die deshalb den strafrichterlichen Feststellungen zum Schuldspruch bezüglich der Taten zum Nachteil der Klägerin ein hohes Maß an Zuverlässigkeit sichert (so zutreffend OLG Bamberg aaO).

12

2. Im Verfahren zur Prüfung der Erfolgsaussicht eines Prozesskostenhilfeantrages ist es statthaft, Erkenntnisse und Beweisergebnisse aus anderen Verfahren zu verwerten (OLG München, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 1 W 612/09, in juris; vgl auch OLG Koblenz OLGR 2008, 530). Das von der Klägerin zur Stützung ihres Sachvortrages in den Zivilprozess eingebrachte Strafurteil darf und muss deshalb im Wege des Urkundsbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO verwertet und in die freie Beweiswürdigung der Zivilgerichte (§ 286 Abs. 1 ZPO) einbezogen werden, ohne dass dem Beklagten hiergegen ein Widerspruchsrecht zusteht (BGH WM 1973, 560, 561; OLG Koblenz NJW-RR 1995, 727, 728 und AnwBl. 1990, 215, 216; Diehl ZfS 2008, 86 m.w.N.).

13

3. Die nach dem vorstehend Ausgeführten negative Prognose hinsichtlich des Prozessausgangs für den Beklagten ist unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht unzulässig, weil das Verbot einer Beweisantizipation im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nur begrenzt gilt (BVerfG NJW–RR 2004, 61, 62; NJW 2003, 2976, 2977; NJW 1997, 2745, 2746; NVwZ 1987, 786; BGH NJW 1960, 98,99; NJW 1988, 266, 267 m.w.N. = MDR 1988, 209; MünchKomm/Wax ZPO 3. Aufl. § 114 Rn. 64; Zöller/Philippi ZPO 27. Aufl. § 114 Rn. 26, 26a; Musielak/Fischer ZPO 6. Aufl. § 114 Rn. 21). Das folgt aus dem Wortlaut des § 114 ZPO, wonach Prozesskostenhilfe nur bei hinreichender Aussicht auf Erfolg bewilligt werden darf. Die Erfolgsprognose ist dabei nicht nur zur Schlüssigkeit bzw. Erheblichkeit des Vorbringens anzustellen, sondern auch zu dessen Beweisbarkeit. Zwar sind die Gerichte verpflichtet, einen von einer Partei beantragten Beweis grundsätzlich selbst dann zu erheben, wenn sie die Richtigkeit bzw. Erweislichkeit der Beweisbehauptung für sehr unwahrscheinlich halten. Weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mit denen für eine Beweiserhebung identisch sind, begründet dies aber nicht zugleich das Gebot, die Vorschrift des § 114 ZPO dahin auszulegen, dass ein Gericht, das eine Beweiserhebung beschließt, dann auch stets dem Prozesskostenhilfegesuch des Beweisführers stattgeben müsse. Denn anderenfalls hätte es die bedürftige Partei in der Hand, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit jedem fadenscheinigen, aber formell korrekten und damit prozessual nicht übergehbaren Beweisantritt zu erzwingen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 114 Rn. 87, 88).

14

4. Die Rechtsverteidigung erscheint bei der derzeit möglichen summarischen Prüfung auch mit Blick auf die Höhe des Schmerzensgeldverlangens nicht erfolgversprechend. Die Begehrensvorstellung der Klägerin ist angesichts des Umstands, dass mehrere rechtlich selbständige Straftaten des Beklagten gegen ihre sexuelle Selbstbestimmung im Raum stehen und unter weiterer Berücksichtigung der im Strafurteil getroffenen Feststellungen zu Art und Weise der Tatbegehung sowie zu den Begleitumständen nicht von vornherein übersetzt.

15

5. Prozesskostenhilfe muss dem Beklagten schließlich auch nicht deshalb bewilligt werden, weil die Klägerin den Rechtsstreit ohne Offenbarung ihrer ladungsfähigen Anschrift führen will. Zwar bestehen in einem solchen Fall grundsätzlich Zweifel an der Zulässigkeitsvoraussetzung einer Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung i.S. des § 253 Abs. 2 Nr.1 , Abs.4 ZPO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO (BGH NJW-RR 2004, 1503 m.w.N.; Zöller/Greger a.a.O. § 253 Rn. 8). Anders liegen die Dinge jedoch, wenn die klagende Partei im Einzelfall triftige Gründe für die Vorenthaltung ihrer Adresse anführen kann (BGH NJW-RR 2004 a.a.O.). So verhält es sich hier, weil die Klägerin aufgrund ihrer Angaben als Belastungszeugin im Strafprozess Repressalien aus dem Umfeld des Beklagten befürchten muss und sie deshalb von den zuständigen Behörden in das Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden ist. Das begründet ihr schutzwürdiges Interesse an der Führung des Prozesses aus dem Verborgenen.

16

6. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil eine Kostenerstattung nicht erfolgt (§ 127 Abs. 4 ZPO) und sich die Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten aus dem Gesetz ergibt (§ 22 GKG).

17

Auch eine Wertfestsetzung des Beschwerdeverfahrens ist nicht veranlasst, weil für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde gegen eine Entscheidung im Verfahren über die Prozesskostenhilfe eine Festgebühr bestimmt ist (KV 1812 Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Annotations

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen vollen Beweis ihres Inhalts.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten mit Ausnahme der Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung sowie in Verfahren nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 14, Absatz 2 Nummer 1 bis 3 sowie Absatz 4 schuldet die Kosten, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Im Verfahren, das gemäß § 700 Absatz 3 der Zivilprozessordnung dem Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Vollstreckungsbescheid beantragt hat. Im Verfahren, das nach Einspruch dem Europäischen Mahnverfahren folgt, schuldet die Kosten, wer den Zahlungsbefehl beantragt hat. Die Gebühr für den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs schuldet jeder, der an dem Abschluss beteiligt ist.

(2) In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen ist Absatz 1 nicht anzuwenden, soweit eine Kostenhaftung nach § 29 Nummer 1 oder 2 besteht. Absatz 1 ist ferner nicht anzuwenden, solange bei einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz nicht feststeht, wer für die Kosten nach § 29 Nummer 1 oder 2 haftet, und der Rechtsstreit noch anhängig ist; er ist jedoch anzuwenden, wenn das Verfahren nach Zurückverweisung sechs Monate geruht hat oder sechs Monate von den Parteien nicht betrieben worden ist.

(3) In Verfahren über Anträge auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 1079 der Zivilprozessordnung, einer Bescheinigung nach § 1110 der Zivilprozessordnung oder nach § 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes schuldet die Kosten der Antragsteller.

(4) Im erstinstanzlichen Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ist Absatz 1 nicht anzuwenden. Die Kosten für die Anmeldung eines Anspruchs zum Musterverfahren schuldet der Anmelder. Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde nach § 20 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes schuldet neben dem Rechtsbeschwerdeführer auch der Beteiligte, der dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Rechtsbeschwerdeführers beigetreten ist, die Kosten.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.