Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 10. Okt. 2011 - 3 W 23/11

ECLI:ECLI:DE:POLGZWE:2011:1010.3W23.11.0A
10.10.2011

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf bis zu 1.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 2. Juni 2010 wurde die Beteiligte zu 2 als neue Geschäftsführerin der im Rubrum genannten Firma im Handelsregister eingetragen und die Eintragung des Beteiligten zu 1 als bisheriger Geschäftsführer gelöscht. Der Beteiligte zu 1 hat den Gesellschafterbeschluss vom 2. Juni 2010 vor dem Landgericht Kaiserslautern angefochten (2 O 450/10).

2

Mit Beschluss vom 6. Juli 2010 hat die Gesellschafterversammlung den (angefochtenen) Beschluss vom 2. Juni 2010 bestätigt; am 9.Juli 2010 haben die Gesellschafter die Änderung der Firma beschlossen. Zu beiden Versammlungen hatte die Beteiligte zu 2 als Geschäftsführerin eingeladen. Sie hat nunmehr die Änderung der Firma und (erneut) die Änderung in der Person des Geschäftsführers (auf der Grundlage des unangefochten gebliebenen Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 6. Juli 2010) zur Eintragung im Handelsregister angemeldet.

3

Mit Beschluss vom 11. November 2010 hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Kaiserslautern das Registerverfahren gem. § 21 FamFG bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage des Beteiligten zu 1 gegen den Gesellschafterbeschluss vom 2. Juni 2010 ausgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auch wenn die Gesellschafterversammlung mit dem unangefochten gebliebenen Beschluss vom 6. Juli 2010 den von dem Beteiligten zu 1 angefochtenen Beschluss vom 2. Juni 2010 bestätigt habe, seien die den Anmeldungen zugrunde liegenden Beschlüsse ggf. wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist und eventueller Einladung durch eine nicht befugte Person streitig.

4

Mit der Beschwerde wendet sich die beteiligte GmbH gegen die Aussetzung. Vor dem Landgericht Kaiserslautern haben die Parteien des Anfechtungsverfahrens widerruflich einen Vergleich geschlossen, in dessen Ziffer 3 sich die Parteien sowie die diesem Verfahren beigetretene Beteiligte zu 2 u. a. darüber einig sind, dass der Beteiligte zu 1 zum 2. Juni 2010 als Geschäftsführer abberufen, die Beteiligte zu 2 zum 2. Juli 2010 als neue Geschäftsführerin bestellt und die GmbH zu diesem Datum in -I… F… M… GmbH- umbenannt worden sei. Der Vergleich wurde widerrufen.

II.

5

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 22 Abs. 2 FamFG i. V. m. § 567, 569 ZPO zulässig.

6

Die beteiligte GmbH ist ordnungsgemäß vertreten. Die Beteiligte zu 2 konnte den Verfahrensbevollmächtigten wirksam zur Einlegung der Beschwerde bevollmächtigen. Eine GmbH wird nach § 35 GmbHG im Prozess durch ihre Geschäftsführer vertreten. Ist -wie hier- die Stellung als Geschäftsführer im Streit, ist derjenige gesetzlicher Vertreter, der bei Obsiegen der Gesellschaft als deren Geschäftsführer anzusehen ist (OLG Köln NZG 2000, 773 zit.n.juris unter Hinweis auf BGH NJW 1981, 1041; OLG Hamm GmbHR 1993, 743; Hanseat OLG GmbHR 1992, 43). Dies ist hier die Beteiligte zu 2.

7

Da der vor dem Landgericht Kaiserslautern im Rahmen des Beschlussanfechtungsverfahrens abgeschlossene Vergleich widerrufen wurde, ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aussetzung des vorliegenden Registerverfahrens nicht entfallen.

8

In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Die Aussetzung des Registerverfahrens durch die Rechtspflegerin ist zu Recht erfolgt.

9

Im Einzelnen gilt Folgendes:

10

Nach § 21 FGG kann das Gericht ein Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen bis über ein streitiges Rechtsverhältnis im Wege des Rechtsstreits entschieden ist, von dessen Beurteilung das Verfahren abhängt. Das bedeutet nicht, dass es im Belieben des Registergerichts steht, ob es nach eigener Beurteilung der Sach- und Rechtslage über die Anmeldung entscheidet oder es die streitenden Beteiligten auf den Klageweg verweist oder den Ausgang eines bereits schwebenden Rechtsstreites abwartet. Grundsätzlich hat das Registergericht die Sach- und Rechtslage selbständig zu prüfen und ggf. Ermittlungen anzustellen. Von der Aussetzungsbefugnis soll es nur aus besonders triftigen sachlichen und im Einzelnen darzulegenden Gründen Gebrauch machen (OLG Hamm FGPrax 1998, 190). Die Entscheidung über die Aussetzung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Registergerichts. Es hat die sachlichen Gründe abzuwägen, die für oder gegen die Zurückstellung der Verfügung bis zu einer Entscheidung des Prozessgerichts sprechen. Hierbei bedarf es einer gewissen Prüfung der Gewichtigkeit der Bedenken, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen gegen das Bestehen oder Nichtbestehen des streitigen Rechtsverhältnisses bestehen oder vorgebracht werden. Bestehen berechtigte Zweifel muss das Registergericht klären, ob eine alsbaldige Entscheidung geboten ist oder eine Zurückstellung bis zur Klärung im Prozessweg vertretbar ist (OLG Hamm aaO).

11

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Aussetzung vor. Der Rechtsbestand der angemeldeten Tatsachen (Wechsel in der Person des Geschäftsführers; Änderung der Firma) hängt von der Gültigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 2. Juni 2010 ab, der Gegenstand des streitigen Verfahrens vor dem Landgericht Kaiserslautern ist. Stellt sich heraus, dass der Beschluss vom 2. Juni 2010 unwirksam ist und die Beteiligte zu 2 nicht zur Geschäftsführerin bestellt wurde, war sie, wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht berechtigt, die weiteren Gesellschafterversammlungen vom 2. Juli und 9. Juli 2010 einzuberufen, in denen der Wechsel in der Person des Geschäftsführers bestätigt sowie die Änderung der Firma beschlossen wurde. Wird eine Gesellschafterversammlung durch eine nicht hierzu befugte Person einberufen, sind ihre Beschlüsse analog § 241 Nr. 1 AktG nichtig (BGHZ 1987, 2; Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 9. Mai 2006 - 4 U 338/2005 m. w. N., zitiert nach Juris; Zöller in Baumbach/Hueck GmbHG 19. Aufl. § 49, Rdnr. 11). Angesichts dieser Umstände war eine Zurückstellung der Entscheidung bis zur Klärung dieser Frage im Prozesswege auch im Hinblick auf das grundsätzliche Gebot einer baldigen Entscheidung vertretbar.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

13

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus § 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 Satz 2 KostO.

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Referenzen - Gesetze

Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 10. Okt. 2011 - 3 W 23/11 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


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Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


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Aktiengesetz - AktG | § 241 Nichtigkeitsgründe


Ein Beschluß der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des § 192 Abs. 4, §§ 212, 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 nur dann nichtig, wenn er 1. in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 21 Aussetzung des Verfahrens


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(1) Das Gericht kann das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. § 249 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(2) Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Ein Antrag kann bis zur Rechtskraft der Endentscheidung zurückgenommen werden. Die Rücknahme bedarf nach Erlass der Endentscheidung der Zustimmung der übrigen Beteiligten.

(2) Eine bereits ergangene, noch nicht rechtskräftige Endentscheidung wird durch die Antragsrücknahme wirkungslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Das Gericht stellt auf Antrag die nach Satz 1 eintretende Wirkung durch Beschluss fest. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(3) Eine Entscheidung über einen Antrag ergeht nicht, soweit sämtliche Beteiligte erklären, dass sie das Verfahren beenden wollen.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

Ein Beschluß der Hauptversammlung ist außer in den Fällen des § 192 Abs. 4, §§ 212, 217 Abs. 2, § 228 Abs. 2, § 234 Abs. 3 und § 235 Abs. 2 nur dann nichtig, wenn er

1.
in einer Hauptversammlung gefaßt worden ist, die unter Verstoß gegen § 121 Abs. 2 und 3 Satz 1 oder Abs. 4 und 4b Satz 1 einberufen war,
2.
nicht nach § 130 Absatz 1 bis 2 Satz 1 und Absatz 4 beurkundet ist,
3.
mit dem Wesen der Aktiengesellschaft nicht zu vereinbaren ist oder durch seinen Inhalt Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutz der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind,
4.
durch seinen Inhalt gegen die guten Sitten verstößt,
5.
auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist,
6.
nach § 398 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Grund rechtskräftiger Entscheidung als nichtig gelöscht worden ist.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.