Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken Beschluss, 07. März 2016 - 2 UF 5/16
Gericht
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Landau in der Pfalz vom 17. November 2015 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf
2.241,00 €
festgesetzt.
5. Der Antrag des Antragsgegners, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen wird zurückgewiesen.
Gründe
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Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich wendet, ist förmlich nicht zu beanstanden, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2, 65 Abs. 1, 228 FamFG. In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die im angefochtenen Verbundbeschluss getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist nicht zu beanstanden.
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1. Die auszugleichenden Anrechte sind auf der Grundlage der Auskünfte der Versorgungsträger rechnerisch zutreffend ermittelt. Der Antragsgegner erhebt demgegenüber auch keine Einwendungen.
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2. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners liegen die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder einen Wegfall des Versorgungsausgleichs i.S.v. § 27 VersAusglG nicht vor.
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Gemäß § 27 findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dabei gilt ein strenger Maßstab. Eine grobe Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widerspräche (st. Rspr. vgl. etwa BGH vom 18. Januar 2012 - XII ZB 213/11; BGH vom 9. September 2015 - XII ZB 211/15, jew. zit. n. Juris m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
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Der Antragsgegner begründet seine gegenteilige Auffassung im Wesentlichen damit, die Antragstellerin sei während der Ehe der Prostitution nachgegangen, habe sich nicht im erforderlichen Umfang um die beiden gemeinsamen Kinder gekümmert, habe nur unregelmäßig zum Familienunterhalt beigetragen und auch keine angemessene eigene Altersversorgung aufgebaut. Sie habe Gelder nach Thailand transferiert, wo sie über ein Haus verfüge, durch das sie im erforderlichen Maße abgesichert sei. Er selbst sei mit einem Grad der Behinderung von 50 % an Diabetes mellitus erkrankt, so dass nicht sicher sei, ob er überhaupt bis zur Regelaltersgrenze werde arbeiten können.
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Dieses Vorbringen vermag eine Anwendung von § 27 VersAusglG nicht zu rechtfertigen.
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a. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin der Prostitution nachgegangen ist, rechtfertigt die Anwendung des § 27 VersAusglG nicht. Denkbar wäre dies allenfalls dann, wenn es ohne Kenntnis und ohne Einverständnis des Antragsgegners geschehen und dadurch die eheliche Treuepflicht nachhaltig und in besonders kränkender Weise verletzt worden wäre (vgl. dazu OLG Hamburg vom 7. Juli 2009 - 4 UF 30/09 zit. n. Juris). So liegen die Dinge im hier zu entscheidenden Falle jedoch nicht. Dem Antragsgegner war die sich über Jahre hinweg erstreckende Tätigkeit der Antragstellerin bekannt. Zwar behauptet er, er sei damit nicht einverstanden gewesen und habe das Verhalten der Antragstellerin nur deshalb hingenommen, weil er sich nicht zu helfen gewusst habe. Allein daraus ergibt aber keine Unbilligkeit der Durchführung des Versorgungsausgleichs. Dem steht entgegen, dass der Antragsgegner sich auch nach seinem eigenen Vorbringen jedenfalls über Jahre hinweg auf das Verhalten der Antragstellerin eingerichtet hatte. Es kann deshalb dahinstehen, ob seine von der Antragstellerin bestrittene Behauptung, er habe sein Einverständnis verweigert, überhaupt zutrifft und ob nicht gerade auch der Umstand, dass er dem Scheidungsantrag zunächst entgegengetreten ist, gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht.
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b. Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe ihre Pflichten als Mutter der gemeinsamen Kinder vernachlässigt und nur unregelmäßig zum Familienunterhalt beigetragen, ist sein Vorbringen streitig geblieben. Konkrete Anknüpfungstatsachen oder Beweismittel, die dazu dienen könnten, die Richtigkeit seiner Behauptungen aufzuklären, hat der Antragsgegner nicht benannt. Solche Anhaltspunkte sind auch sonst nicht ersichtlich. Schon deshalb vermag sein Vorbringen auch in diesem Punkt keine grobe Unbilligkeit zu begründen. Dabei kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen in der Sache überhaupt zur schlüssigen Darlegung einer gröblichen Verletzung der Unterhaltspflicht ausreichen würde, wie sie für eine Anwendung von § 27 VersAusglG erforderlich wäre.
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c. Für die Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin habe es versäumt, eine eigene angemessene Altersversorgung aufzubauen, gilt entsprechendes. Die von einem Selbstständigen unterlassene Altersvorsorge rechtfertigt nur dann einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs, wenn das Unterlassen als illoyal und grob leichtfertig zu bewerten ist (OLG Karlsruhe vom 4. April 2006 - 2 UF 267/04, zit. n. Juris; Palandt/Brudermüller, BGB 75. Aufl. § 27 VErsAusglG Rdn. 20, jew. m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann nicht festgestellt werden. Notwendig dafür wäre zum einen der Vortrag von Anhaltspunkten, die Anlass zur Ermittlung über die konkrete Einkommenshöhe der Antragstellerin geben könnten. Zum anderen wäre es erforderlich, den Einwand der Antragstellerin auszuräumen, sie habe ihre Einkünfte gerade dazu verwendet, zum Familienunterhalt beizutragen.
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d. Soweit der Antragsgegner behauptet, die Antragstellerin habe in erheblichem Umfang Gelder nach Thailand transferiert, vermag auch dies für sich allein keinen Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu begründen. Erforderlich dafür wäre, dass der Antragsgegner Anhaltspunkte darlegt, auf deren Grundlage die Behauptung der Antragstellerin auszuräumen ist, die Zahlungen hätten sich im Rahmen des Üblichen bewegt und seien in seinem Einverständnis erfolgt.
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e. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, das es einer Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht bedürfe, weil die Antragstellerin unter Einbezug ihres sonstigen Vermögens über eine angemessene Altersversorgung verfüge, während der Antragsgegner auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte dringend angewiesen sei.
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Ohne Durchführung des Versorgungsausgleichs verfügt der Antragsgegner über Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung von insgesamt 43,6823 Entgeltpunkten aus der sich bei einem Rentenwert von 29,21 € eine monatliche Rente von 1.275,96 € errechnet. Darüber hinaus hat er garantierte Rentenansprüche bei der W. Lebensversicherung AG von monatlich 20,03 € und aus seiner betrieblichen Altersversorgung von monatlich 373,20 €. Insgesamt ergibt sich daraus eine Altersversorgung von monatlich 1.669,19 €.
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Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs hat der Antragsgegner davon 8,4961 Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung abzugeben, denen bei einem Rentenwert von 29,21 € eine Monatsrente von 248,17 entspricht. Zudem hat er aus seiner betrieblichen Altersversorgung einen Teil zur Ausgleichung zu bringen, der sich auf monatlich 75,04 € errechnet. Dem stehen 3,2391 Entgeltpunkte gegenüber, die er von der Antragstellerin erhält und die sich bei einem Rentenwert von 29,21 € auf monatlich 94,61 € belaufen. Insgesamt verbleiben dem Antragsgegner nach Durchführung des Versorgungsausgleichs selbst ohne Berücksichtigung des krankheitsbedingt unsicheren Verlaufs seiner weiteren Erwerbsbiografie monatlich immer noch 1.440,59 €, die sich als angemessene Altersversorgung darstellen.
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Demgegenüber würde die Antragstellerin ohne Durchführung des Versorgungsausgleichs lediglich über die während der Ehezeit erworbenen Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung verfügen. Sie belaufen sich auf 6,4782 Entgeltpunkte, aus denen sich bei einem Rentenwert von 29,21 € lediglich eine monatliche Rente von 189,23 € errechnet. Bei einer Durchführung des Versorgungsausgleichs würde sich dieser Betrag unter Einbeziehung der von ihr abzugebenden Anwartschaften und der vom Antragsgegner hinzu erworbenen Anwartschaften auf insgesamt 417,83 € monatlich erhöhen. Angesichts der Größenordnung dieser Beträge kann auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Antragstellerin mit einem Alter von 47 Jahren ihre Altersversorgung noch weiter ausbauen kann, nicht davon ausgegangen werden, sie sei auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht angewiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Behauptung des Antragsgegners, die Antragstellerin verfüge über Vermögen in Form eines Hauses in Thailand. Die Antragstellerin bestreitet diese Behauptung. Anknüpfungstatsachen, die eine zuverlässige Aufklärung erwarten lassen könnten, sind auch insoweit weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Selbst wenn es zuträfe, dass die in erster Instanz vorgelegte Skizze und das vorgelegte Foto entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht lediglich eine Kinderkritzelei und ein beliebiges aus dem Internet heruntergeladenes Foto wiedergeben, sondern tatsächlich ein in ihrem Eigentum stehendes Hausanwesen zum Gegenstand haben, ergäbe sich daraus keine Versorgungsdifferenz, die eine Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig erscheinen lassen würde. Dies gilt umso mehr, als dann das nach dem Vorbringen des Antragsgegners während der Ehe erworbene Hausanwesen in den güterrechtlichen Ausgleich einzubeziehen wäre, so dass der Antragsgegner daran partizipieren würde.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
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4. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebieten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 70 Abs. 2 FamFG.
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5. Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG bemessen.
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6. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung über keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verfügt, §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO.
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Annotations
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
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Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.
(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.
(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.
(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.