Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 06. Aug. 2015 - 2 M 54/15
Gericht
Gründe
I.
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Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Burkina Faso und reiste im Januar 2012 unter falschen Personalien in das Bundesgebiet ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 06.03.2012 ab. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Wegen eines fehlenden Passdokuments wurde der Antragsteller seit April 2012 geduldet.
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Am (...). 2014 heiratete er in der Botschaft von Burkina Faso in Paris eine kroatische Staatsangehörige, die nach einer am 17.11.2013 von der Freien und Hansestadt B-Stadt – Bezirksamt (…) – ausgestellten Bescheinigung ein Daueraufenthaltsrecht gemäß Kapitel IV der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.04.2004/§ 4a FreizügG hat und in B-Stadt ihren Wohnsitz hat. Am 21.05.2014 beantragte er unter Vorlage eines Reisepasses und eines Auszugs aus der Heiratsurkunde die Erteilung einer Aufenthaltskarte nach dem FreizügG/EU, da er nunmehr freizügigkeitsberechtigt sei.
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Mit Bescheid vom 13.01.2015 stellte Antragsgegner fest, dass die Voraussetzungen für den Aufenthalt des Antragstellers gemäß § 5 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 FreizügG/EU nicht vorliegen, lehnte die Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU ab und drohte dem Antragsteller die Abschiebung nach Burkina Faso an. Zugleich ordnete er die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte er u. a. aus: Das Nichtvorliegen des Freizügigkeitsrechts könne gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU festgestellt werden. Der Antragsteller habe kein Freizügigkeitsrecht aufgrund der in der konsularischen Vertretung von Burkina Faso geschlossenen Ehe, weil die Eheschließung nicht wirksam sei. Sie genüge nicht den Anforderungen des Ortsrechts. Nach französischem Recht würden Amtshandlungen von diplomatischem oder konsularischem Personal der Vertretung ausländischer Staaten in Frankreich auf dem Gebiet des Personenstandsrechts nur anerkannt, wenn sie Personen betreffen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich haben. Dies treffe sowohl für den Antragsteller als auch für seine Verlobte nicht zu. Auch die jeweiligen Heimatrechte verwiesen auf das Recht bzw. die Formvorschriften am Ort des Geschehens. Damit könne dem Antragsteller auch keine Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU ausgestellt werden. Das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung ergebe sich daraus, dass der vom Staat ursprünglich gewährte Schutz nicht über Gebühr in Anspruch genommen werde. Des Weiteren sei die sofortige Vollziehung auch aus generalpräventiven Gründen geboten. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 26.01.2015 Widerspruch erhoben, über den noch nicht entschieden ist.
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Auf den Antrag des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland wiederhergestellt und hinsichtlich der Abschiebungsandrohung angeordnet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Dem Antragsteller fehle nicht das für das vorliegende Verfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil er nach Angaben des Antragsgegners „untergetaucht“ sei. Zum Einen habe der Antragsgegner nicht belegt, dass der Antragsteller tatsächlich „untergetaucht“ sei. Allein der Umstand, dass sich der Antragsteller nicht in der Gemeinschaftsunterkunft aufhalte und daher von dort von Amts wegen abgemeldet worden sei, reiche dafür schon deshalb nicht aus, weil der Kläger verheiratet sei und die naheliegende Möglichkeit bestehe, dass er sich bei seiner Ehefrau aufhalte. Zudem habe sein Prozessbevollmächtigter glaubhaft mitgeteilt, dass der Antragsteller telefonisch über ihn erreichbar sei. Dem Antragsteller fehle aber auch deshalb nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm beim jetzigen Verfahrensstand nicht zugemutet werden könne, „aufzutauchen“ und damit zugriffsbereit für den Antragsgegner zu sein. Das Risiko einer Abschiebung sei ihm nicht zuzumuten, zumal er wegen seiner bestehenden Ehe, die der Antragsgegner nicht ohne weitere Ermittlungen anzuerkennen bereit sei, einen Anspruch auf das Freizügigkeitsrecht habe.
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Der Antragsteller habe als Ehegatte einer freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerin einen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik. Der Antragsgegner sei verpflichtet, den verfassungsrechtlichen Schutz der Ehe gemäß Art. 6 Abs. 1 GG zu beachten und die zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau geschlossene Ehe anzuerkennen. Es sei davon auszugehen, dass die eheliche Gemeinschaft vollends angestrebt und nach Erreichen eines sicheren Status des Antragstellers auch gelebt werde. Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung sei vom Vorliegen einer wirksamen Ehe auszugehen. Für die hier im Ausland geschlossene Ehe sei an das Formstatut gemäß Art. 11 EGBGB anzuknüpfen, der auch auf die Eheschließung anzuwenden sei. Danach sei eine Eheschließung im Ausland rechtswirksam, wenn entweder kumulativ die Formerfordernisse des für beide Verlobte inhaltlich maßgeblichen Geschäftsrechtes oder aber die Formerfordernisse des Rechtes am Ort der Vornahme der Eheschließung erfüllt seien. Die Formerfordernisse der Eheschließung in Frankreich seien in Art. 165 und 169 des Code Civil (CC) geregelt. Danach sei allein Voraussetzung, dass die Trauung in einer republikanischen Zeremonie vor dem Standesbeamten vollzogen werde. Vom Aufgebot, jeder Frist und auch vom Aushang des Aufgebots könne nach Art 169 CC Befreiung erteilt werden. Die Wohnsitznahme sei ebenso wenig erforderlich wie eine Mindestaufenthaltszeit. Diesen Formerfordernissen des Ortsrechts genüge die Eheschließung des Antragstellers. Die Trauung sei ausweislich der vorgelegten Urkunde durch den allein berufenen „l'officier de l'etat civil“ (Standesbeamter) vorgenommen worden. Dass die Trauung in der Auslandsvertretung des Landes des Ehemannes stattgefunden habe, sei für die Einhaltung der Ortsform unschädlich.
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Der Antragsteller könne sich auch auf einen unionsrechtlichen Aufenthaltsanspruch nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 3 Abs. 2 Nr. 1, § 4 FreizügG/EU, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 berufen. Insoweit sei allein maßgeblich, dass der Antragsteller durch die nunmehr erfolgte Eheschließung Familienangehöriger einer Unionsbürgerin geworden sei. Ihm könne auch nicht entgegen gehalten werden, dass er ohne ein Visum nach Deutschland eingereist sei oder dass aufgrund dieser Einreise ein Ausweisungsgrund vorliege. Das Freizügigkeitsrecht eines drittstaatsangehörigen Ehegatten eines Unionsbürgers sei von der Einhaltung einer nationalen Visumspflicht unabhängig und auch sonst grundsätzlich an keine weiteren Voraussetzungen als das Bestehen einer Ehe und den Nachweis der Identität geknüpft.
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Nach alldem bedürfe es keiner Prüfung, ob zugunsten der Ehefrau des Antragstellers die behauptete Beistandsgemeinschaft einen mit einer einstweiligen Anordnung zu sichernden Anspruch auf vorübergehende Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG angesichts eines ärztlichen Attests vom 04.03.2015 begründe. Die wenig substantiierte Stellungnahme des behandelnden Arztes mit dem deutlichen Hinweis, dass die Ehefrau erheblich erkrankt und dringend auf den Beistand durch ihren Ehemann angewiesen sei, wäre aber geeignet, auch insoweit zumindest Anlass für eine weitere Aufklärung zu geben.
II.
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A. Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, beschränkt ist, rechtfertigen im Ergebnis keine abweichende Entscheidung.
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1. Zu Unrecht wendet der Antragsgegner ein, dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzinteresse, weil der Antragsteller unbekannten Aufenthalts und damit „untergetaucht“ sei.
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Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 03.04.2006 – 2 M 82/06 –, juris, RdNr. 8, m.w.N.; Beschl. v. 20.01.2009 – 2 M 288/08 –, juris, RdNr. 3, m.w.N.) führt allein das „Untertauchen“ des Ausländers grundsätzlich nicht dazu, dass ihm das Rechtsschutzinteresse für einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes fehlt. Will ein Gericht an ein Verhalten eines Beteiligten während eines zulässigerweise anhängig gemachten Verfahrens die weit reichende Folge einer Abweisung des Rechtsschutzbegehrens als unzulässig mangels Rechtsschutzinteresses und damit die Verweigerung effektiven Rechtsschutzes in der Sache knüpfen, ohne den Beteiligten vorher auf Zweifel am fortbestehenden Rechtsschutzinteresse hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, sie auszuräumen, so müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die den sicheren Schluss zulassen, dass den Beteiligten an einer Sachentscheidung des Gerichts in Wahrheit nicht mehr gelegen ist. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Ausländer „untergetaucht“ ist. Hinzukommen muss jedoch, dass der Ausländer trotz Aufforderung des Gerichts seinen wahren Aufenthaltsort (ladungsfähige Anschrift) nicht offenbart.
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Gemessen daran, kann ein Rechtsschutzinteresse hier schon deshalb nicht verneint werden, weil es an einer verwaltungsgerichtlichen Aufforderung fehlt, den (wahren) Aufenthaltsort des Antragstellers zu benennen.
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2. Nicht stichhaltig ist auch der Einwand des Antragsgegners, es fehle mangels Dringlichkeit an dem für den Erlass der einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund weil sich der Antragsteller der im März 2015 geplanten Abschiebung entzogen habe. Gleiches gilt für seinen Vortrag, es fehle an einem Anordnungsanspruch auf Aussetzung der Abschiebung, weil die unwirksame Eheschließung und die Pflegebedürftigkeit seiner Partnerin nicht zur Unmöglichkeit der Abschiebung führten. Der Antragsteller hat nicht den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 13.01.2005 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt. Diesem Antrag hat das Verwaltungsgericht in der Sache auch entsprochen.
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3. Die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt auch unter Berücksichtigung des weiteren Beschwerdevorbringens des Antragsgegners zu Gunsten des Antragstellers aus, weil der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand offen ist (dazu 3.1.) und das Interesse des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an seiner sofortigen Ausreise überwiegt (dazu 3.2).
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3.1. Rechtsgrundlage für die streitige Feststellung ist § 5 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern vom 30.07.2004 (BGBl I S. 1950 [1986]), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des FreizügG/EU und weiterer Vorschriften vom 02.12.2014 (BGBl I S. 1922) – FreizügG/EU. Danach kann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen sind oder nicht vorliegen, der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt und bei Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, die Aufenthaltskarte eingezogen werden. Durch die Einfügung der Worte „oder liegen diese nicht vor“ durch Art. 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes vom 02.12.2014 (a.a.O.) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass eine entsprechende Feststellung gemäß § 5 Abs. 4 FreizügG/EU auch dann getroffen werden kann, wenn die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU zu keinem Zeitpunkt bestanden haben (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22.09.2014, BT-Drs. 18/2581, S. 16).
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Gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG/EU sind Familienangehörige unter den Voraussetzungen der §§ 3 und 4 FreizügG/EU unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU haben Familienangehörige der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Unionsbürger das Recht nach § 2 Abs. 1, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen. In § 3 Abs. 1 FreizügG nicht ausdrücklich geregelt ist der Familiennachzug zu daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgern. Da Familienangehörige von Daueraufenthaltsberechtigten nach § 4a FreizügG/EU im Falle des Nachzugs nicht sogleich ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU erwerben, besteht eine Regelungslücke, die aber durch eine entsprechende Anwendung des § 3 Abs. 1 FreizügG/EU zu schließen sein dürfte (vgl. Epe, in: GK-FreizügG/EU, IX - 2 § 3 RdNr. 45; VG Hamburg, Urt. v. 04.07.2014 – 9 K 2066/12 –, juris). Zu den Familienangehörigen im Sinne des FreizügG/EU zählt gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU auch der Ehegatte.
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Von den vorgenannten Voraussetzungen für das Bestehen eines Aufenthaltsrechts stellt der Antragsgegner in seiner Beschwerde lediglich den Status des Antragstellers als Ehegatte einer Unionsbürgerin in Abrede, weil die am (…). 2014 in der Botschaft Burkina Fasos in Paris geschlossene Ehe unwirksam sei. Diese Frage bleibt indes nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung offen.
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Der Begriff des Ehegatten im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist in einem streng formalen Sinne zu verstehen und daher bis zu einer rechtskräftigen Scheidung der Ehe oder deren Nichtigerklärung zu bejahen (Epe, a.a.O., § 3 RdNr. 11, m.w.N.). Die Einstufung einer Person als „Familienangehöriger“ eines Unionsbürgers nach Art. 2 Nr. 2 lit. a der Richtlinie 2004/38/EG (Ehegatte) und dem entsprechend auch nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU setzt nichts weiter voraus als ihre Ehegatteneigenschaft (vgl. EuGH, 3. Kammer, Urt. v. 08.11.2012 – C-40/11 [Yoshikazu Iida / Stadt Ulm] –, NVwZ 2013, 357 [359], RdNr. 57). Die Wirksamkeit einer Ehe zwischen Ausländern bestimmt sich nach Art. 13 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 EGBGB (Epe, a.a.O., § 3 RdNr. 11).
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Art. 13 Abs. 1 EGBGB regelt – unabhängig vom Ort der Eheschließung – die materiellen Voraussetzungen einer Eheschließung in den Fällen mit Auslandsberührung (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 09.11.1999 – 15 W 240/99 –, juris, RdNr. 22). Danach unterliegen die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten dem Recht des Staates, dem er angehört. Dass materielle Voraussetzungen für eine Eheschließung nach dem Recht Kroatiens oder von Burkina Faso fehlen, insbesondere Eheverbote bestehen, ist nicht ersichtlich und wird vom Antragsgegner in seiner Beschwerdebegründung auch nicht geltend gemacht.
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Die Formgültigkeit der Eheschließung der im Ausland geschlossenen Ehe richtet sich, wovon der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen sind, nicht nach Art. 13 Abs. 3 EGBGB, weil diese Vorschrift nur auf in Deutschland geschlossene Ehen Anwendung findet; vielmehr ist das Formstatut nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB maßgeblich (OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.01.2014 – 20 W 397/12 –, juris, RdNr. 17, m.w.N.; OLG Hamm, Beschl. v. 09.11.1999, a.a.O.). Danach ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist, oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird. Damit ist die Eheschließung im Ausland rechtswirksam, wenn entweder kumulativ die Formerfordernisse des für beide Verlobte inhaltlich maßgebenden Geschäftsrechts oder aber die Formerfordernisse des Rechts am Ort der Vornahme der Eheschließung erfüllt sind (vgl. Palandt/Thorn, BGB, 74. Aufl., Art. 11 EGBGB RdNr. 6 ff.).
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Die erste Alternative dürfte hier schon deshalb nicht erfüllt sein, weil die Eheschließung nach kroatischem Recht nicht gültig sein dürfte. Nach der Auskunft der Botschaft der Republik Kroatien vom 23.01.2015 (Bl. 380 des Verwaltungsvorgangs) können nach Art 102 des Gesetzes über Interessenkonflikte mit den Regelungen anderer Länder in bestimmten Beziehungen (Amtsblatt „Narodne novine“ Nr. 53/91) kroatische Staatsbürger im Ausland die Ehe vor einer berechtigten/autorisierten konsularischen oder diplomatischen Vertretung der Republik Kroatien schließen, die für die Durchführung konsularischer Angelegenheiten verantwortlich ist, wenn sich der Empfangsstaat nicht widersetzt, in dem die Vertretung der Republik liegt, oder wenn dies durch einen internationalen Vertrag vorgesehen ist. Daraus ergebe sich (so heißt es in der Auskunft weiter), dass kroatische Staatsbürger eine konsularische Ehe, die in der Republik Kroatien anerkannt wäre, mit einem kroatischen Staatsbürger und nur von einer berechtigten/autorisierten konsularischen Vertretung der Republik Kroatien und nicht vor der diplomatischen oder konsularischen Vertretung eines anderen Staates schließen dürfen. Aus diesem Grund habe die in der Botschaft von Burkina Faso geschlossene konsularische Ehe keine rechtliche Wirkung und könne nicht in die staatlichen Register in der Republik Kroatien eingetragen werden.
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Ob die Formerfordernisse des Rechts am Ort der Vornahme der Eheschließung, also des französischen Rechts, erfüllt sind und damit die zweite Alternative des Art. 11 Abs. 1 EGBGB greift, ist hingegen nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand offen.
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Dabei ist zunächst klarzustellen, dass die Ermittlung ausländischen Rechts sowie der ausländischen Rechtspraxis nicht dem Bereich der Rechtserkenntnis zuzuordnen, sondern wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln ist. § 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO verpflichtet das Gericht im Verwaltungsprozess, ausländisches Recht unter Ausnutzung aller ihm zugänglichen Erkenntnisquellen von Amts wegen zu ermitteln. Dabei hat es nicht nur die ausländischen Rechtsnormen, sondern auch ihre Umsetzung in der Rechtspraxis zu betrachten. Der an diese Ermittlungspflicht anzulegende Maßstab ist streng. Es gilt der Grundsatz der größtmöglichen Annäherung an das ausländische Recht, das in seinem systematischen Kontext, mit Hilfe der im ausländischen Rechtssystem gebräuchlichen Methoden und unter Einbeziehung der ausländischen Rechtsprechung erfasst werden muss. Mit welchen Erkenntnismitteln das maßgebliche ausländische Recht festzustellen ist, hat das Tatsachengericht nach seinem Ermessen zu entscheiden. Je komplexer und „fremder" im Vergleich zum deutschen Recht das anzuwendende Recht ist, desto höhere Anforderungen sind an die richterliche Ermittlungspflicht zu stellen. Eine Beweiserhebung zur Bestimmung des ausländischen Rechts und der maßgeblichen Rechtspraxis ist statthaft, aber nur erforderlich, soweit das ausländische Recht dem Gericht unbekannt ist (vgl. § 293 Satz 1 ZPO), etwa weil es aufgrund sprachlicher Barrieren keinen unmittelbaren Zugang dazu hat (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.07.2012 – BVerwG 10 C 2.12 –, BVerwGE 143, 369 [373 ff.], RdNr. 14 ff.; vgl. auch Beschl. v. 01.09.2014 – BVerwG 1 B 13.14 –, juris, RdNr. 18).
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Die bislang vorliegenden und die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren greifbaren Erkenntnisquellen genügen nicht, um die zwischen den Beteiligten streitige Frage der formellen Wirksamkeit der am (...). 2014 erfolgten Eheschließung zuverlässig zu beantworten.
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Die Förmlichleiten der Eheschließung sind im französischen Recht in den Art. 165, 166 des Code Civil – CC – (in deutscher Übersetzung abgedruckt in: Bergmann/Ferid, Internationals Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. VI, S. 72) geregelt. Beizupflichten ist dem Antragsgegner darin, dass Art. 165 CC zwingend die Eheschließung vor dem „zuständigen“ Standesbeamten vorschreibt. Nach dieser Norm ist die Eheschließung öffentlich in einer republikanischen Zeremonie vor dem Standesbeamten (officier de l’etat civil) der Gemeinde zu vollziehen, in der einer der Eheschließenden oder ihrer Eltern seinen Wohnsitz (domicile) oder seinen Aufenthaltsort (résidence) zur Zeit des in Art. 63 vorgeschriebenen Aufgebots hat, im Fall der Befreiung vom Aufgebot zur Zeit der in Art. 169 vorgesehenen Befreiung. Zuzustimmen ist dem Antragsgegner auch darin, dass die vom Antragsteller und seiner Partnerin vorgenommene Eheschließung dieser Form nicht entspricht. Nach dem vorliegenden Auszug aus der Heiratsurkunde vom (...). 2014 ist zwar ein Herr (…) (Chevalier de l’Ordre National) als „L’Officier d’Etat Civil“, d.h. als Standesbeamter tätig geworden. Es handelte sich aber um keinen Standesbeamten einer Gemeinde, in denen der Antragsteller und seine Verlobte oder deren Eltern einen Wohnsitz oder ihren Aufenthaltsort hatten, sondern um einen Angehörigen der Botschaft von Burkina Faso, der möglicherweise nach seinem Heimatrecht mit standesamtlichen Befugnissen ausgestattet war.
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Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch die vom Antragsgegner eingeholte Verbalnote des französischen Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten und internationale Entwicklung vom 21.07.2014 (Bl. 315 f. des Verwaltungsvorgangs). Danach sei generell Voraussetzung für ein konsularisches Tätigwerden auf personenstandsrechtlichem Gebiet, dass (1.) eine gesetzlich begründete Ermächtigung des entsprechenden Entsandten vorliege, (2.) diese Kompetenz durch ein französisches Gesetz anerkannt sei und innerhalb dieser Grenzen ausgeübt werde, (3.) der Ermächtigte innerhalb seines Amtsbezirks nur für jemanden tätig werde, der sein „domicile“ oder seine „résidence“ in dessen Amtsbezirk habe und (4.) die übertragenen Funktionen innerhalb des ordre public Frankreichs ausgeübt werden. Für konsularische Eheschließungen werde speziell vorausgesetzt, dass (1.) eine Ermächtigung zur Eheschließung seitens des Entsendestaates vorliege, (2.) keiner der künftigen Ehegatten die französische Staatsangehörigkeit habe und weder politisch verfolgt noch staatenlos sei und (3.) die übertragenen Funktionen innerhalb des ordre public Frankreichs entsprechend Art. 5f des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963 ausgeübt werden. Nach Art. 5f des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.04.1963 (BGBl II S. 1585) bestehen die konsularischen Aufgaben u. a. darin, notarielle, standesamtliche und ähnliche Befugnisse wahrzunehmen, soweit die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats dem nicht entgegenstehen. Das französische Ministerium kommt abschließend zu folgendem Schluss: Da der Antragsteller und seine Partnerin weder französische Staatsangehörige noch politische Flüchtlinge seien, müsste man sich davon überzeugen, dass die burkinische Botschaft ermächtigt ist, eine Ehe zwischen einem deutschen (gemeint ist wohl kroatischen) und einem burkinische Staatsangehörigen zu schließen. Unter der Voraussetzung, dass die Verlobten ihr „domicile“ oder ihre „résidence“ im Amtsbezirk hätten, wäre dann die burkinische Botschaft nach französischen Recht in der Lage, eine solche Ehe zu schließen.
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Hiernach dürfte die formelle Wirksamkeit der Eheschließung des Antragstellers mit seiner Partnerin maßgeblich von der bislang nicht geklärten Frage abhängen, ob der Botschaftsmitarbeiter, der die Eheschließung durchgeführt hat, von seinem Heimatstaat Burkina Faso dazu ermächtigt war, als Standesbeamter eine Eheschließung in der Botschaft in Paris vorzunehmen. Der Umstand, dass der Antragsteller und seiner Partnerin ihren Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort jeweils in Deutschland und damit nicht im (möglichen) Amtsbezirk des als Standesbeamter handelnden Botschaftsmitarbeiters hatten, dürfte zwar – wie der Antragsgegner einwendet – dazu führen, dass die Eheschließung an einem Formmangel leidet. Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob dieser Formmangel per se zur Unwirksamkeit der Eheschließung führt. Nach Art. 191 CC kann jede Ehe, die nicht öffentlich und nicht vor dem zuständigen öffentlichen Beamten geschlossen worden ist, innerhalb einer dreißigjährigen Frist von der Eheschließung an von den Ehegatten selbst, von den Eltern, von den Verwandten aufsteigender Linie, von allen, welche daran ein schon vorhandenes und gegenwärtiges Interesse haben, sowie von der Staatsanwaltschaft angefochten werden. Dies dürfte bedeuten: Wurde die Ehe nicht vor dem zuständigen Standesbeamten geschlossen, ist sie zwar nichtig (Fall der sog. nullité absolue), bis zur Durchführung des Klageverfahrens auf Nichtigerklärung der Ehe aber als wirksam anzusehen sein (vgl. dazu VG München, Urt. v. 24.04.2007 – M 3 K 05.2690 –, juris, RdNr. 22). Es erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass Art. 191 CC auch auf diejenigen Fälle Anwendung findet, in denen – wie hier – beide Eheschließenden ihren Wohnsitz außerhalb Frankreichs haben und deshalb eine Zuständigkeit eines in Frankreich tätigen Standesbeamten nicht besteht. Ferner ist auch Art. 201 CC zu berücksichtigen, wonach die für nichtig erklärte Ehe gleichwohl die bürgerlich-rechtlichen Wirkungen in Ansehung der Ehegatten erzeugt, wenn sie in gutem Glauben geschlossen wurde. Mit der sich aus den Artt. 191, 202 CC ergebenden Problematik befasst sich der vom Antragsgegner vorgelegte Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 02.04.2015 (Az.: 60 III 153/14), der die Nachbeurkundung einer Eheschließung zum Gegenstand hatte, nicht. Sollten sich die noch offenen Fragen nicht mit Hilfe der der Widerspruchsbehörde bzw. dem Gericht zugänglichen Erkenntnisquellen zuverlässig beantworten lassen, muss ggf. ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.
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3.2. Ist hiernach der Ausgang des Widerspruchs- und eines ggf. nachfolgenden gerichtlichen Hauptsacheverfahrens offen, ist das Interesse des Antragstellers am Verbleib im Bundesgebiet bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache mit dem vom Antragsgegner geltend gemachten (besonderen) öffentlichen Interesse an der sofortigen Ausreise des Antragstellers aus dem Bundesgebiet abzuwägen. Gegenüberzustellen sind dabei auf der einen Seite diejenigen Folgen, die voraussichtlich eintreten, wenn der Antragsteller sofort ausreisen müsste, sein Widerspruch oder eine ggf. nachfolgende Anfechtungsklage aber Erfolg haben, und auf der anderen Seite diejenigen Folgen, die voraussichtlich eintreten, wenn der Antragsteller im Bundesgebiet verbleibt, Widerspruch oder Anfechtungsklage aber letztlich erfolglos bleiben. Die nach diesem Maßstab vorzunehmende Abwägung fällt zugunsten des Antragstellers aus. Denn es kann dem Antragsteller für den Fall, dass die Ehe tatsächlich wirksam ist und er eine eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner Ehefrau führt und weiter zu führen beabsichtigt, nicht zugemutet werden, infolge seiner Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland von seiner Ehefrau bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren getrennt zu werden. Dabei fällt zu seinen Gunsten auch ins Gewicht, dass seine (mögliche) Ehefrau erkrankt ist und zumindest zeitweise auch die psychische Unterstützung des Antragstellers benötigen dürfte, die andere in B-Stadt lebende Verwandte (Eltern und Geschwister) nicht in gleicher Weise leisten können. Nach dem Attest des Facharztes für Neurologie & Psychiatrie Dr. med. (…) vom 26.02.2015 (Bl. 536 des Verwaltungsvorgangs) leidet sie an den Folgen eines Hirninfarktes und einer depressiven Störung; zusätzlich sei es Ende Dezember (2014) zu einem subakuten, vermutlich mikroangiopathisch bedingten Hirninfarkt rechts unter Einschluss des vorderen Schenkels der Capsula interna gekommen; sie sei gegenwärtig psychophysisch erheblich minderbelastbar. Dem gegenüber ist das öffentliche Interesse an der Verhinderung eines unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet im Fall der Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von geringerem Gewicht.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat schließt sich der Streitwertbemessung der Vorinstanz an.
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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.
(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.
(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.
(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.
(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.
(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.
(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.
(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.
(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.
(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn
- 1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, - 2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder - 3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, wird von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie die erforderlichen Angaben gemacht haben, eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern ausgestellt, die fünf Jahre gültig sein soll. Eine Bescheinigung darüber, dass die erforderlichen Angaben gemacht worden sind, erhält der Familienangehörige unverzüglich.
(2) Die zuständige Ausländerbehörde kann verlangen, dass die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 drei Monate nach der Einreise glaubhaft gemacht werden. Für die Glaubhaftmachung erforderliche Angaben und Nachweise können von der zuständigen Meldebehörde bei der meldebehördlichen Anmeldung entgegengenommen werden. Diese leitet die Angaben und Nachweise an die zuständige Ausländerbehörde weiter. Eine darüber hinausgehende Verarbeitung oder Nutzung durch die Meldebehörde erfolgt nicht.
(3) Das Vorliegen oder der Fortbestand der Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Absatz 1 kann aus besonderem Anlass überprüft werden.
(4) Sind die Voraussetzungen des Rechts nach § 2 Abs. 1 innerhalb von fünf Jahren nach Begründung des ständigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet entfallen oder liegen diese nicht vor, kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 festgestellt und bei Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, die Aufenthaltskarte eingezogen werden. § 4a Abs. 6 gilt entsprechend.
(5) Auf Antrag wird Unionsbürgern unverzüglich ihr Daueraufenthaltsrecht bescheinigt. Ihren daueraufenthaltsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, wird innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung eine Daueraufenthaltskarte ausgestellt.
(6) Für den Verlust des Daueraufenthaltsrechts nach § 4a Abs. 7 gilt Absatz 4 Satz 1 entsprechend.
(7) Bei Verleihung des Rechts nach § 3a Absatz 1 stellt die zuständige Behörde eine Aufenthaltskarte für nahestehende Personen, die nicht Unionsbürger sind, aus, die fünf Jahre gültig sein soll. Die Inhaber des Rechts dürfen eine Erwerbstätigkeit ausüben. Absatz 5 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.