Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 20. Jan. 2015 - 1 KN 74/13

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2015:0120.1KN74.13.0A
bei uns veröffentlicht am20.01.2015

Tenor

Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Antragsgegner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung. Ziel dieser Teilfortschreibung ist es einerseits, zu den aufgrund früherer Planung bereits bestehenden Windeignungsflächen weitere Windeignungsflächen hinzuzufügen, so dass ca. 1,5 % der Landesfläche als Windeignungsflächen ausgewiesen werden. Andererseits soll die Windenergienutzung auf diese Eignungsflächen konzentriert werden.

2

Die Eignungsgebiete sind für das Teilgebiet I in einer Karte zeichnerisch dargestellt, u.a. auch das Gebiet Nr. ..., das in der Nähe des Grundstücks des Antragstellers liegt. Der Antragsteller betreibt dort eine Pferdeklinik. Textlich ist als Ziel der Raumordnung in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 Folgendes geregelt:

3

„Innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete stimmt die Errichtung von Windenergieanlagen mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung überein. Sofern und soweit die Windenergienutzung in einem Eignungsgebiet kleinräumig gesteuert oder darüber hinaus in ihrem flächenmäßigen Umfang eingeschränkt werden soll oder artenschutzrechtliche Belange dies erfordern, ist ein Flächennutzungsplanverfahren (§ 35 Absatz 3 Satz 3 gegebenenfalls in Verbindung mit § 5 Absatz 2 b BauGB) erforderlich. Eine flächenmäßige Einschränkung ist zu begründen und muss beachten, dass das landesplanerische Ziel der Windenergienutzung erhalten bleibt. Dieses Ziel wird durch eine angemessene begrenzte Einschränkung der Eignungsgebiete im Wege der Flächennutzungsplanung der einzelnen Gemeinden nicht in Frage gestellt. Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange können im Wege der Abwägung eine Reduzierung der Eignungsgebiete rechtfertigen.“

4

Als Grundsatz der Raumordnung heißt es in Ziffer 6.4.2.4, dass sich die Eignungsgebiete in einigen Gemeinden mit Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz beziehungsweise mit potenziellen Beeinträchtigungsbereichen empfindlicher und geschützter Vogelarten überschnitten. Weiterhin lägen die Eignungsgebiete einiger Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kompensationsflächen von Straßenbauprojekten, die artenschutzrechtliche Entwicklungsziele hätten. Der Antragsgegner wies ferner als Grundsatz der Raumordnung in Ziffer 6.4.2.5 darauf hin, dass sich in verschiedenen Eignungsgebieten sowie in der Nähe verschiedener Eignungsgebiete eingetragene Kulturdenkmale befänden. Ziffer 6.4.2.4 und 6.4.2.5 sehen für die betroffenen Gebiete arten- und denkmalschutzrechtliche Vorbehalte vor.

5

Die Feststellung der Teilfortschreibung wurde am 17. Dezember 2012 im Amtsblatt veröffentlicht (Amtsbl. S. 1330).

6

Der Antragsteller hat am 17. Dezember 2013 gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung der Zulässigkeit des Antrages macht er sinngemäß geltend, dass er durch die Planung möglicherweise in seinem Recht auf gerechte Abwägung verletzt worden sei. Dies folge daraus, dass der Antragsgegner mit der Teilfortschreibung die Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB beabsichtigt habe. Diese Wirkung lasse sich nur rechtfertigen, wenn die Errichtung von Windenergieanlagen in der Konzentrationszone gesichert sei und nicht an entgegenstehenden Belangen von Nachbarn scheitere. Deshalb seien auch die Rechte des Antragstellers in die Abwägung einzubeziehen gewesen. Der Antrag sei auch begründet. Die Festsetzung der Windeignungsflächen sei abwägungsfehlerhaft vorgenommen worden. Die Abwägung entspreche insbesondere nicht den sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebenden Kriterien, nach denen Konzentrationszonen mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu ermitteln seien.

7

Der Antragsteller beantragt,

8

die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung für unwirksam zu erklären.

9

Der Antragsgegner beantragt,

10

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

11

Der Antragsgegner zieht die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht in Zweifel. Er hält den Antrag aber für unbegründet.

12

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verfahrensakten zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans 2010 sowie der Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für alle Planungsräume, die der Senat beigezogen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

13

Der Antrag ist unzulässig, denn dem Antragsteller fehlt die gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Der angefochtene Raumordnungsplan kann seine Rechte nicht verletzen.

14

Raumordnungspläne richten sich gemäß § 4 ROG nur an öffentliche Stellen und sind deshalb im Grundsatz nicht dazu geeignet, Rechte von Privaten zu beeinträchtigen. Da die Planungsbehörde mit der Planung die Konzentrationswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB beabsichtigt, ist es allerdings möglich, dass Grundstückseigentümer oder andere Berechtigte, die beabsichtigen, außerhalb der vorgesehenen Konzentrationszonen Windenergieanlagen zu betreiben, durch den Regionalplan unmittelbar in ihren Rechten verletzt werden. Zu diesem Personenkreis gehört der Antragsteller aber nicht.

15

Die Möglichkeit der Verletzung der Rechte des Antragstellers lässt sich auch nicht aus dem Abwägungsgebot des § 7 Abs. 2 ROG ableiten. Eine Verletzung des Abwägungsgebots kommt zu Lasten von Nachbarn nur dann in Betracht, wenn deren Interessen an der Abwehr planbedingter Folgemaßnahmen zum notwendigen Abwägungsmaterial gehören (BVerwG, Beschl. v. 30.07.2014 - 4 BN 1/14 - Juris). Nachbarinteressen gehören dann zum notwendigen Abwägungsmaterial, wenn gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 ROG Vorranggebiete für Nutzungen, die geeignet sind, Störungen für die Nachbarschaft zu verursachen, ausgewiesen werden - so z.B Vorranggebiete für die Windenergienutzung (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 17.10.2013-12 KN 277/11 - BRS 81 Nr. 228 - Juris Rn. 29). Eine solche innergebietliche Zielbestimmung darf nämlich gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG nur dann getroffen werden, wenn mögliche Konflikte mit konkurrierenden Nutzungen abschließend abgewogen worden sind. Die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans enthält aber keine Ausweisung von Vorranggebieten, sondern nur von Eignungsgebieten. Ziel eines Eignungsgebiets gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG ist nur eine außergebietliche Ausschlusswirkung, die die Rechte von Nachbarn nicht betrifft. Diese Wirkung folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus dem in § 8 Abs. 7 S. 1 ROG statuierten Rangverhältnis zwischen Vorranggebieten (Nr. 1), Vorbehaltsgebieten (Nr. 2) und Eignungsgebieten (Nr. 3): In Vorranggebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen als die als vorrangig bestimmten Nutzungen und Funktionen ausgeschlossen, soweit diese anderen Nutzungen mit den vorrangigen Nutzungen und Funktionen nicht vereinbar sind. In Vorbehaltsgebieten ist den vorbehaltenen raumbedeutsamen Nutzungen und Funktionen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen - immerhin - ein besonderes Gewicht beizumessen. Dagegen beinhaltet die Ausweisung als Eignungsgebiet nur die Feststellung, dass das Gebiet für bestimmte raumbedeutsame, nach § 35 BauGB zu beurteilende Maßnahmen oder Nutzungen geeignet ist und diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Aus diesem Rangverhältnis folgt, dass in einem Eignungsgebiet auch andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen zugelassen werden können, wenn nur - keine besondere, sondern nur "einfache" - Rücksicht auf die für dieses Gebiet bestimmte Eignung genommen wird (Senat, Urteil vom 01.07.2011 - 1 KS 20/10 - Juris Rn. 23 - allerdings mit missverständlichem Hinweis auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB im Rahmen eines obiter dictums; so ebenfalls: OVG Sachsen-Anhalt Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 - Juris Rn. 56; mit ausführlichen Begründungen: Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl 2013 Rn. 155 ff; Wetzel, Rechtsfragen einer projektbezogenen Raumordnung, Diss. 2010, S. 174 ff). Ob Eignungsgebieten, die nicht zugleich gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 ROG als Vorranggebiet ausgewiesen werden, eine solche Wirkung beigemessen werden kann, kann dahingestellt bleiben. Sie käme hier allenfalls dann in Betracht, wenn die Landesplanungsbehörde neben der in § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG vorgesehenen Ausschlusswirkung inhaltlich auch den Vorrang der Windenergienutzung mit der von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG geforderten Verbindlichkeit, die dann eine abschließende Abwägung (auch in Bezug auf erhebliche Nachbarbeeinträchtigungen) gefordert hätte, festgesetzt hätte. Dies wäre zwar erforderlich gewesen, um die beabsichtigte Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu erzielen (vgl. dazu Urteil des Senats vom heutigen Tage in dem Verfahren 1 KN 6/13). In Verkennung der Anforderungen dieser Vorschrift, hat der Antragsgegner aber von der gebotenen Regelung eines Vorrangs zu Gunsten der Windenergie abgesehen.

16

Die planerischen Festsetzungen beinhalten die von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG für eine inner- gebietliche Zielbestimmung geforderten verbindlichen Vorgaben zugunsten der Windenergienutzung nicht. Der Plangeber weist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen der Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I lediglich darauf hin, dass die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung unter verschiedenen Vorbehalten (vgl. 6.4.2.1 Abs. 6; 6.4.2.4; 6.4.2.5 der textlichen Festsetzungen) übereinstimme und bestätigt in der Planbegründung das sich bereits aus der Festsetzung eines Eignungsgebiets ergebende Ziel des außergebietlichen Ausschlusses (§ 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG). Die planerischen Festsetzungen bestimmen aber nicht, dass die Windeignungsgebiete verbindlich für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehen sein sollen und dass sich die Windenergienutzung dort gegenüber anderen Nutzungen, die mit der Windenergienutzung konfligieren, durchsetzen kann und soll. Im Gegenteil: Die sachlich gar nicht und räumlich nur unbestimmt (Erhaltung des landesplanerischen Ziels der Windenergienutzung) begrenzten Einschränkungsmöglichkeiten offenbaren, dass die Eignungsgebiete nicht verbindlich der Windenergienutzung zugewiesen worden sind. Der Antragsgegner hat die kleinräumige Steuerung in vollem Umfang den Gemeinden überlassen. Gründe für die Einschränkung können „Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange“ sein. Anhaltspunkte, weshalb diese Belange auf der Ebene der Regionalplanung nicht erkennbar gewesen sein sollten, hat der Antragsgegner nicht dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat sich damit der eigenen Abwägung von Belangen, die bereits auf der Ebene der Regionalplanung erkennbar waren, enthalten und die Konfliktbewältigung vollständig auf die kommunale Bauleitplanung und die Genehmigungsbehörden verlagert (vgl. zu ähnlichen planerischen Festsetzungen OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.09.2010 - 2 A 5.10, Juris Rn. 35). Dies ist mit einer Zielbestimmung gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG nicht vereinbar.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

18

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

19

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


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Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;2. Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmte

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 7 Allgemeine Vorschriften über Raumordnungspläne


(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und F

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 4 Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung


(1) Bei 1. raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,2. Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,3. Entscheidungen öffentlicher Stellen über die

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 8 Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen


(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf1.Menschen, einschließlich der men

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Tenor Die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung wird für unwirksam erklärt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsicht

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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) In Raumordnungsplänen sind für einen bestimmten Planungsraum und einen regelmäßig mittelfristigen Zeitraum Festlegungen als Ziele und Grundsätze der Raumordnung zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums, insbesondere zu den Nutzungen und Funktionen des Raums, zu treffen. Es kann festgelegt werden, dass bestimmte Nutzungen und Funktionen des Raums nur für einen bestimmten Zeitraum oder ab oder bis zum Eintritt bestimmter Umstände vorgesehen sind; eine Folge- oder Zwischennutzung kann festgelegt werden. Die Festlegungen nach Satz 1 und 2 können auch in räumlichen und sachlichen Teilplänen getroffen werden. Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind als solche zu kennzeichnen.

(2) Bei der Aufstellung der Raumordnungspläne sind die öffentlichen und privaten Belange, soweit sie auf der jeweiligen Planungsebene erkennbar und von Bedeutung sind, gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Ergebnis der Umweltprüfung nach § 8 sowie die Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren nach § 9 sind in der Abwägung nach Satz 1 zu berücksichtigen. Raumordnungspläne benachbarter Planungsräume sind aufeinander abzustimmen.

(3) Die Festlegungen nach Absatz 1 können auch Gebiete bezeichnen. Insbesondere können dies Gebiete sein,

1.
die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind (Vorranggebiete),
2.
die bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen vorbehalten bleiben sollen, denen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist (Vorbehaltsgebiete),
3.
in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nutzungen, die städtebaulich nach § 35 des Baugesetzbuchs zu beurteilen sind, andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete),
4.
die im Meeresbereich liegen, und in denen bestimmten raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen andere raumbedeutsame Belange nicht entgegenstehen, wobei diese Funktionen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (Eignungsgebiete für den Meeresbereich).
Bei Vorranggebieten kann festgelegt werden, dass sie zugleich die Wirkung von Eignungsgebieten nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 haben.

(4) Die Raumordnungspläne sollen auch diejenigen Festlegungen zu raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen von öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts nach § 4 Absatz 1 Satz 2 enthalten, die zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und zur Koordinierung von Raumansprüchen erforderlich sind und die durch Ziele oder Grundsätze der Raumordnung gesichert werden können.

(5) Den Raumordnungsplänen ist eine Begründung beizufügen.

(6) Soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann, sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen nach den § 13 und § 17 Absatz 1 und 2 die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit und Durchführung von derartigen Eingriffen einschließlich der Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission anzuwenden.

(7) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Aufstellung von Raumordnungsplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(8) Raumordnungspläne nach § 13 Absatz 6 und § 17 sind mindestens alle zehn Jahre zu überprüfen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsgegner beimisst.

3

a) Zum Themenkomplex „Antragsbefugnis" (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) wirft der Antragsgegner folgende Fragen auf:

Steht dem Eigentümer eines Wohngrundstücks in der Nachbarschaft eines von einem regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) festgesetzten Vorranggebiets generell eine Antragsbefugnis für eine Normenkontrolle gegen die Festsetzung des Vorranggebiets zu oder ist sie grundsätzlich zu verneinen?

Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft eines durch ein RROP festgesetzten Vorranggebiets für Windenergieanlagen gegen den Planungsträger auf der Grundlage von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG einen allgemeinen Rechtsanspruch darauf, dass Vorranggebiete bestimmte Abstände zu seinem Grundstück und/oder Wohnhaus einhalten?

Scheitert ein allgemeiner Anspruch des Grundstückseigentümers in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet auf Festlegung von Abständen zu seinem Grundstück und/oder Wohnhaus daran, dass Abstände im Sinne der Rechtsprechung des Senats „weiche Ausschlusskriterien" sind, deren Anwendung individuellen Anforderungen unterliegen, u.a. der notwendigen Substanz der privilegierten Windenergie in einem Plangebiet, so dass die Ausweisung der Konzentrationszone noch keine Planungsebene ist, bei der private Belange in Bezug auf Abstandsflächen noch nicht generell erkennbar im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG sind?

4

Auf die erste Frage lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Wer die Ausweisung eines Vorranggebiets in einem Regionalplan als mittelbar Betroffener angreift, muss sich nicht von vornherein entgegenhalten lassen, eine Rechtsverletzung und damit auch das Erfordernis einer Rechtsschutzgewährung könnten sich – je nach Sachlage - erst durch den Erlass eines nachfolgenden Bebauungsplans oder die Erteilung einer Anlagengenehmigung ergeben. Wenn und soweit das Interesse des Antragstellers an der Abwehr planbedingter Folgemaßnahmen zum notwendigen Abwägungsmaterial gehört, wird es von dem durch § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG vermittelten Recht auf gerechte Abwägung erfasst, dessen mögliche Verletzung die Antragsbefugnis begründet (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 4 CN 10.02 - BVerwGE 119, 312 <322> und Beschluss vom 14. Mai 2014 - BVerwG 4 BN 10.14 - juris Rn. 7). Ob das der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

5

Die beiden anderen Fragen würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Antragsbefugnis eines Grundstückseigentümers nicht mit einem allgemeinen Rechtsanspruch des Inhalts begründet, dass Vorranggebiete für Windenergieanlagen bestimmte Abstände zum Grundstück oder zum Wohnhaus einhalten, sondern sie für den Fall bejaht, dass der Antragsteller einen Sachverhalt darlegt, der es als möglich erscheinen lässt, dass zu seinen Lasten das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist bzw. eine nachteilige Betroffenheit oberhalb der Zumut-barkeitsschwelle vorliegt.

6

b) Zum Thema „Rechtsschutzbedürfnis" formuliert der Antragsgegner als Fragen:

Hat der Eigentümer eines Grundstücks, das in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet für Windenergieanlagen liegt, ein Rechtsschutzbedürfnis für die Unwirksamkeitserklärung dieser Festsetzung oder fehlt es, weil die Unwirksamkeitserklärung des Vorranggebiets für das Grundstück keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringt?

Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft eines vom RROP festgesetzten Vorranggebiets ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Normenkontrolle gegen die Festsetzung des Vorranggebiets, wenn dessen Unwirksamkeitserklärung die Unwirksamkeit des gesamten RROP nach sich zieht, weil die Festsetzung eines Vorranggebiets durch das RROP nicht von den Festsetzungen der übrigen Vorranggebiete abgeteilt werden kann?

Hat der Eigentümer eines Grundstücks in der Nachbarschaft zu einem Vorranggebiet ein Rechtsschutzbedürfnis für dessen Unwirksamkeitserklärung durch Normenkontrolle, wenn sie die Unwirksamkeit des gesamten RROP nach sich zieht?

7

Die erste Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie keinen Bedarf nach grundsätzlicher Klärung auslöst. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 28. April 1999 - BVerwG 4 CN 5.99 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 134 S. 11 m.w.N.) ist von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag u.a. dann auszugehen, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller mit der begehrten Entscheidung seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass diese Rechtsprechung der Korrektur oder Weiterentwicklung bedarf. Sie wendet sich vielmehr im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Erklärung der teilweisen Unwirksamkeit der angegriffenen Rechtsvorschrift für den Antragsteller nicht nutzlos sei. Mit einer Kritik an der Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache aber nicht darlegen.

8

Die zweite und dritte Frage sind nicht entscheidungserheblich. Sie gehen am Inhalt des Normenkontrollurteils vorbei, weil das Oberverwaltungsgericht die Feststellung der Unwirksamkeit der Festlegung des Standorts BI-01-V04 als kombiniertes Vorrang- und Eignungsgebiet in der 1. Änderung des RROP 2000 des Antragsgegners nicht zum Anlass genommen hat, die Änderung des RROP insgesamt für unwirksam zu erklären.

9

c) Der Antragsgegner möchte im Revisionsverfahren ferner geklärt wissen:

Ist eine Normenkontrolle unbegründet, wenn der geltend gemachte Nachteil im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, der zu ihrer Zulässigkeit führt, nicht vorliegt?

Reicht die Geltendmachung eines Nachteils, die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Zulässigkeit führt, aus, um der Normenkontrolle zum Erfolg zu verhelfen, auch wenn feststeht, dass der geltend gemachte Nachteil nicht vorliegt?

Kann sich das Normenkontrollurteil vollständig von dem geltend gemachten Nachteil nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO lösen oder muss zwischen dem geltend gemachten Nachteil und dem Aufhebungsgrund ein Zusammenhang bestehen, um sicherzustellen, dass die Normenkontrolle nur aufgrund einer Betroffenheit durch die angegriffene Norm Erfolg hat?

10

Alle drei Fragen, die trotz unterschiedlicher Formulierung auf dasselbe hinauslaufen, rechtfertigen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie zu auslaufendem Recht gestellt sind. Seit Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 1. November 1996 (BGBl I 1626) ist die Antragsbefugnis für einen Normenkontrollantrag nicht mehr davon abhängig, dass der Antragsteller durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, sondern daran geknüpft, dass der Antragsteller geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden.

11

Die Zulassung der Revision ist auch dann nicht geboten, wenn die Fragen der jetzigen Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO angepasst werden. Sie lassen sich bereits im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beantworten.

12

Das Normenkontrollverfahren dient sowohl dem subjektiven Rechtsschutz als auch der objektiven Rechtskontrolle. Das Zulässigkeitserfordernis der Geltendmachung einer eingetretenen oder bevorstehenden Rechtsverletzung soll Popularanträge ausschließen. Es hat die Funktion, den Anstoß für ein Normenkontrollverfahren in bestimmtem Maße von einer subjektiven Betroffenheit des Antragstellers abhängig zu machen (Urteil vom 18. Juli 1989 - BVerwG 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <232 f.>). Für die materielle Entscheidung hat es keine Entsprechung. Eine dem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO vergleichbare Regelung, wonach das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt aufhebt, soweit er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, existiert für das Normenkon-trollverfahren in § 47 VwGO nicht. Die Erklärung einer Rechtsvorschrift für unwirksam nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO setzt daher eine Verletzung eigener Rechte des Antragstellers nicht voraus (Urteil vom 9. April 2008 - BVerwG 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 13). Darin kommt die objektive Seite des Normenkontrollverfahrens zum Ausdruck.

13

Die Rechtslage ist eindeutig. Mit dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - (BVerwGE 147, 184) lassen sich Zweifel nicht rechtfertigen, weil das Urteil nicht in einem Normenkontrollverfahren, sondern in einem Anfechtungsprozess gegen einen Verwaltungsakt in der Gestalt eines Planfeststellungsbeschlusses ergangen ist.

14

d) Der Antragsgegner sieht zudem grundsätzlichen Klärungsbedarf bei den Fragen:

Ist es im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB rechtlich zulässig, die Unwirksamkeitserklärung eines RROP auf eines von mehreren Eignungs- und Vorranggebieten zu beschränken?

Entsteht durch die Unwirksamkeitserklärung eines einzelnen Eignungs- und Vorranggebiets ein „weißer" Bereich? Entfällt dadurch allein die mit seiner Ausweisung verbundene „positive" Wirkung?

Ist die Unwirksamkeitserklärung eines einzelnen Eignungs- und Vorranggebiets jedenfalls nur dann im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zulässig, wenn dies dem (mutmaßlichen) Willen des Planungsträgers entspricht?

15

Die erste und dritte Frage führen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie von der unzutreffenden Prämisse ausgehen, dass sich die Frage, ob sich ein Normenkontrollgericht auf die Erklärung der Unwirksamkeit einer einzelnen Regelung in einem regionalen Raumordnungsplan beschränken darf, im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist eine Vorschrift, die nicht für die Planungsebene, sondern für die nachfolgende Ebene der Vorhabenzulassung von Bedeutung ist. Die Revision ist aber auch nicht zuzulassen, wenn § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB aus der Fragestellung ausgeblendet wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit eines Teils eines Plans die Unwirksamkeit des gesamten Plans nicht zur Folge hat, wenn die verbleibenden Festsetzungen ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle Ordnung bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass der Planungsträger den Plan auch mit dem eingeschränkten Inhalt beschlossen hätte (Urteil vom 9. April 2008 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt der Antragsgegner nicht auf, sondern beschränkt sich darauf zu kritisieren, dass das Oberverwaltungsgericht einen untrennbaren Zusammenhang zwischen der umstrittenen Festsetzung des Vorrang- und Eignungsgebiets und den übrigen Regelungen der 1. Änderung des RROP verneint hat.

16

Die weitere Frage zielt darauf, welche Rechtsfolge die Unwirksamkeitserklärung in einem Normenkontrollantrag hinsichtlich eines Eignungs- und Vorranggebiets hat. Sie würde sich in einem Revisionsverfahren indes nicht stellen, weil sie - worauf das Oberverwaltungsgericht zutreffend hinweist (UA S. 15) - nicht die Entscheidung als solche, sondern die Auslegung des Tenors betrifft. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Annahme einer „weißen Fläche" (vgl. Beschluss vom 28. November 2005 - BVerwG 4 B 66.05 - NVwZ 2006, 339) wegen der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB dem Interesse des Antragsgegners eher entsprechen dürfte als die Annahme des Antragstellers, für die Fläche gelte nunmehr § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.

17

e) Der Antragsgegner hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob für die mögliche Betroffenheit eines Natura 2000-Gebiets im Sinne von § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG allein die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Gebiete maßgebend sind, die ihrerseits durch das Prüfprogramm der Gebiete festgelegt werden, und ob daher (von Vögeln genutzte) Flugkorridore außerhalb der Schutzgebiete, die nicht vom Prüfprogramm erwähnt werden, nicht zum Schutzgegenstand des § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG gehören;

ob eine erhebliche Beeinträchtigung der Natura 2000-Gebiete im Sinne von § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG nur vorliegt, wenn sie von Vorhaben innerhalb des Gebiets ausgehen, zwar von Vorhaben außerhalb des Gebiets ausgelöst werden, aber in das Gebiet selbst hineinwirken, und ob die Voraussetzungen derartiger Auswirkungen auf ein Schutzgebiet dann nicht gegeben sind, wenn Flugkorridore und andere Vernetzungen nicht von den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck der Schutzgebiete erfasst werden;

ob die Möglichkeit einer Beeinträchtigung nach § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG für den Planungsträger auf der jeweiligen Planungsebene im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 ROG erkennbar sein muss.

18

Der erste Teil der ersten Frage löst die Zulassung der Revision nicht aus, weil sie anhand des Gesetzes im Sinne des Antragsgegners zu beantworten ist. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG sind bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen bestimmte Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes anzuwenden, soweit ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein europäisches Vogelschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt werden kann. Auf den zweiten Teil der ersten Frage, der im Kern mit der zweiten Frage identisch ist, ist mit dem 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zu antworten, dass sich das Regime des Gebietsschutzes flächenmäßig grundsätzlich auf das Gebiet in seinen administrativen Grenzen beschränkt, dass sich aber das Konzept des Gebietsschutzes auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet, zur dauerhaften Erhaltung von Arten innerhalb der Schutzgebiete der Schutz von Austauschbeziehungen unverzichtbar ist und Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, dem Schutzregime des Gebietsschutzes unterfallen (Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 32 f.). Dem vom Antragsgegner ins Feld geführten Urteil des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - (BVerwGE 147, 184) ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren ging es um die naturschutzrechtliche Vereinbarkeit der Durchquerung eines Vogelschutzgebiets durch eine Hochspannungsleitung (Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - NVwZ 2013, 1605 Rn. 46 ff. ). Betroffenheiten von Austauschbeziehungen zwischen Vogelschutzgebieten spielten keine Rolle.

19

Die dritte Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Oberverwaltungsgericht keinen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt hat, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines europäischen Vogelschutzgebiets selbst dann zur Anwendung der in § 7 Abs. 6 Satz 1 ROG genannten Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zwingt, wenn sie für den Planer nicht erkennbar ist.

20

f) Ob die Fragen:

Erfordert die Änderung eines Planentwurfs nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung ohne Änderung des Regelungsgehalts der Satzung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung oder ist die Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG wie die von § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB auf Fälle beschränkt, in denen sich der Satzungs- oder Verordnungstext selbst ändert?

Erfordert auch die Änderung einer Begründung und die darauf zurückzuführende Änderung der Abwägung ohne Änderung des Regelungsgehalts der Satzung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 Abs. 1 Satz 4 ROG oder ist eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung deshalb nicht notwendig, weil der Regelungsgehalt der Satzung auch nach Änderung der Begründung und erneuter Abwägung unverändert geblieben ist, die Änderung der Begründung und Abwägung also keine neuen Betroffenheiten auslöst?

grundsätzlicher Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfen, braucht nicht entschieden zu werden.

21

Das Oberverwaltungsgericht hat die Unwirksamkeit der Festlegung des Vorrang- und Eignungsgebiets für die Windenergienutzung am Standort BI-01-V04 sowohl mit einer unzureichenden Prüfung einer Beeinträchtigung von FFH- und Vogelschutzgebieten als auch mit einem rechtswidrigen Verzicht auf eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit vor dem Beschluss des Kreistages des Antragsgegners über die 1. Änderung des RROP 2000 begründet. Ist die vorinstanzliche Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4; stRspr). Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. Da der Antragsgegner das erste Begründungselement nicht mit einem Grund für die Zulassung der Revision erschüttert, braucht den Rügen, die sich auf das zweite Begründungselement beziehen, nicht nachgegangen zu werden.

22

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

23

a) Der Antragsgegner meint, das Oberverwaltungsgericht habe die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verfahrensfehlerhaft bejaht. Denn das Grundstück des Antragstellers liege im Außenbereich, seine Belange seien daher in der Abwägung ausreichend berücksichtigt. Dies führt nicht auf einen Verfahrensfehler. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist es, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wird (Urteil vom 18. November 2002 - BVerwG 9 CN 1.02 - BVerwGE 117, 209 <211>). Es verbietet sich daher eine prozessuale Handhabung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, die im Ergebnis dazu führt, die an sich gebotene Sachprüfung als Frage der Zulässigkeit des Antrags zu behandeln (Urteil vom 24. September 1998 - BVerwG 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217 f.>). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht ist das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Zulässigkeit nicht abschließend der Frage nachgegangen, ob das Grundstück des Klägers innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt.

24

b) Der Antragsgegner hält es ferner für verfahrensfehlerhaft, dass das Oberverwaltungsgericht vor einer Bejahung des Rechtsschutzinteresses der Teilbarkeit des RROP nicht abschließend nachgegangen ist. Dies führt gleichfalls nicht auf einen Verfahrensfehler.

25

Nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist das RROP teilbar (UA S. 33 f.). Diese Auffassung wäre für die Beurteilung, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, selbst dann zugrunde zu legen, wenn sie rechtlichen Bedenken begegnete (stRspr; Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). Für den Fall einer Teilbarkeit des RROP zieht aber auch der Antragsgegner das Rechtsschutzbedürfnis nicht in Zweifel. Die Annahme der Teilbarkeit selbst betrifft eine materiell-rechtliche Frage, die nicht Gegenstand einer Verfahrensrüge sein kann (vgl. Beschluss vom 21. Januar 1993 - BVerwG 4 B 206.92 - Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 188).

26

c) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe sich zu Unrecht nicht der Einschätzung der Planungsgruppe Umwelt und des Antragsgegners angeschlossen, wonach keine Beeinträchtigungen von Korridoren zwischen Natura 2000-Gebieten zu erwarten seien, betrifft als Kritik an der Beweiswürdigung die Anwendung materiellen Rechts und führt nicht auf einen möglichen Verfahrensfehler.

27

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 15. Januar 2010 für den Neubau einer 110-kV-Freileitung zwischen den Umspannwerken B. und F. (Länge: 27,1 km, Übertragungskapazität: 2 x 380 MVA). Weiter beinhaltet das Projekt im Wesentlichen den Neubau einer 110-kV-Freileitung als Abzweig zum Umspannwerk S. (Länge: ca. 0,8 km) sowie den Ausbau des Umspannwerks F. zum Verknüpfungspunkt mit dem 380-kV-Netz und den Bau einer ca. 1 km langen 380-kV-Freileitung als Anschluss an die bestehende 380-kV-Freileitung A.-K.. Die planfestgestellten Freileitungen sollen mit zwei Übertragungssystemen ausgestattet werden. Ein System besteht bei der 110-kV-Leitung aus 2 x 3 Leiterseilen, so dass an einem Mast, inklusive Blitzschutzseil (Erdseil), 13 Seile hängen. Als Masttyp ist überwiegend ein Stahlgittermast nach "Donaubauweise" vorgesehen. Er ist - in der Standardform - im Mittel vom Erdboden bis zur Mastspitze etwa 33 m hoch und besitzt 2 Traversen, von denen die untere je Seite ca. 8 m breit ist. Der Abstand von Mast zu Mast beträgt etwa 360 m. Für den 380-kV-Anschluss sind größere Masten notwendig. Sie sind etwa 42 m hoch, die untere Traverse ist - je Seite - etwa 16 m breit, so dass sich - insgesamt - eine Traversenbreite von über 32 m ergibt.

2

Anlass für das planfestgestellte Vorhaben ist vor allem die Errichtung neuer Windenergieanlagen in den von der Regionalplanung im Kreis Nordfriesland ausgewiesenen Windenergieeignungsgebieten und der Ersatz bestehender Anlagen durch größere und leistungsfähigere Neubauten (sog. Repowering). Beide Entwicklungen haben zur Einspeisung wachsender Strommengen geführt, denen - vor Ort - keine entsprechende Nachfrage gegenüber steht. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, die erzeugte Energie in das überregionale 380-kV-Netz einzuspeisen und zu den großen Verbraucherzentren zu transportieren. Das bestehende Übertragungsnetz reicht dafür nicht aus.

3

Der Kläger, ein …, wird durch die 110-kV-Leitung wie folgt betroffen: Er ist Eigentümer der Flurstücke …, … und … der Flur … der Gemarkung …, die von der Freileitung überspannt werden sollen. Auf dem Flurstück … soll zudem - unmittelbar neben dem Grenzknick zum östlich benachbarten Flurstück - der Mast Nr. … errichtet und eine dauerhafte Zuwegungsmöglichkeit zum Mast und zum Leitungsschutzbereich geschaffen werden. Er ist ferner Eigentümer der Flurstücke … der Flur … der Gemarkung … und … der Flur … der Gemarkung …, die in der Nähe der Leitung liegen. Die Hofstelle seines landwirtschaftlichen Betriebes - mit der Wohnung der Mutter - befindet sich auf dem Grundstück … in … (Entfernung zur Leitung: ca. 140 m). Sein Wohnhaus steht auf dem Grundstück ... in … (Entfernung zur Leitung: ca. 850 m). Dort befinden sich nach den Angaben in der Klageschrift auch Ferienwohnungen.

4

Der Kläger erhob während des Planfeststellungsverfahrens sowohl persönlich als auch durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten Einwendungen gegen den Plan. Auf die entsprechenden Schreiben bzw. Schriftsätze (nebst Anlagen) wird Bezug genommen.

5

Der Beklagte wies die Einwendungen zurück (Planfeststellungsbeschluss, S. 300 ff.). Der Planfeststellungsbeschluss wurde vom 16. Februar 2010 bis zum 02. März 2010 öffentlich bekannt gemacht.

6

Am 01. April 2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend: In objektiv-rechtlicher Hinsicht verstoße der Planfeststellungsbeschluss gegen artenschutzrechtliche Vorschriften. Das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (a.F.) werde verletzt; denn es sei absehbar, dass Vögel mit der Freileitung, insbesondere dem Erdseil, kollidieren würden und sich dabei tödlich verletzten. Diese Gefahr sei deshalb groß, weil im Trassenbereich ausgeprägter Vogelzug stattfinde. Aber auch Brutvögel seien betroffen. Die vorgesehene Markierung des Erdseils mit schwarz-weißen, ca. 0,50 m langen Kunststoffstäben - in einem Abstand von 25 bis 30 m - reiche nicht aus, um das Kollisions- und damit das Tötungsrisiko auf ein Maß herabzudrücken, dass der Tötungstatbestand nicht mehr erfüllt wäre. Zu Unrecht habe der Beklagte auch den Rückbau von alten und durch Erdkabel zu ersetzenden Mittelspannungsleitungen als gefahrensmindernd anerkannt. Eine Ausnahme oder Befreiung vom Tötungsverbot komme schon deshalb nicht in Betracht, weil in der Form des Erdkabels eine technisch gleichwertige und auch im Übrigen zumutbare Alternative zur Verfügung stehe. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße ferner gegen Ziele der Raumordnung, weil die Trasse der Freileitung ein im Regionalplan für den Planungsraum V ausgewiesenes Eignungsgebiet für die Windenergienutzung durchschneide. Diese objektiv-rechtlichen Verstöße gegen zwingendes Recht könne er - der Kläger - auch geltend machen; denn er sei bezüglich der o.g. Flurstücke mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen.

7

Des Weiteren meint der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss ihm gegenüber das - drittschützende - Gebot gerechter Abwägung verletze: Die Verlegung eines Erdkabels anstelle des Baus der Freileitung wäre vor allem für seine Belange, aber auch für die Belange des Landschaftsschutzes (Erhaltung des Landschaftsbildes) und des Natur- und Artenschutzes die deutlich schonendere und damit bessere Alternative gewesen. Es hätte auch berücksichtigt werden müssen, dass bereits die naturschutzrechtlichen Genehmigungen für die Verlegung eines Erdkabels - einschließlich der Einverständniserklärungen der betroffenen Grundstückseigentümer für die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke - vorgelegen hätten. Die Inhaberin dieser Genehmigungen, die Fa. …, sei bereit (gewesen), diese gegen Kostenerstattung auf die Beigeladene zu übertragen. Die Mehrkosten eines Erdkabels, wenn sie denn bei einer betriebs- und energiepolitischen Betrachtungsweise im nennenswerten Umfang anfielen, dürften bei der Abwägung nicht berücksichtigt werden; denn sie seien nach dem Energiewirtschaftsgesetz auf die Netz-Nutzer und damit letztlich auf die Strom-Endverbraucher abwälzbar. Ein Erdkabel sei auch eine technisch gleichwertige Alternative. Der Abzweig zum Umspannwerk S. sei möglich, der Kostenaufwand dafür sei im Vergleich zum Bau des Abzweigs als Freileitung vertretbar. Ein Erdkabel hätte auch nicht zu einer Wertminderung seiner Grundstücke geführt. Das sei bei der Freileitung anders, und zwar nicht nur bezüglich der unmittelbar betroffenen Grundstücke, sondern auch für die in der Nähe gelegenen. Er fürchte ferner die von der Freileitung ausgehenden Emissionen, vor allem die Auswirkungen der elektromagnetischen Felder. Zwar seien nach dem eingeholten Gutachten die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten. Im Rahmen der Abwägung hätten jedoch seine Bedenken, die auf den bisher nicht ausreichend untersuchten und erforschten Langzeitwirkungen derartiger elektromagnetischer Felder beruhten, stärker berücksichtigt werden müssen. Entsprechendes gelte für die Berücksichtigung der Lärmimmissionen, insbesondere des bei bestimmten Witterungsverhältnissen an Freileitungen auftretenden sog. Korona-Effekts, der in einem Knistern, Prasseln, Rauschen oder ausnahmsweise in einem tiefen Brummen bestehen könne. Nicht ausreichend berücksichtigt worden sei schließlich, dass durch die Leitung die bauliche Nutzbarkeit seiner Grundstücke eingeschränkt sowie durch die Masten, die Überspannungen und die Zuwegungen die Bewirtschaftung seiner landwirtschaftlich genutzten Grundstücke erheblich erschwert werde. Durch Oxidation der Leiterseile und der Metall-Masten entstehe saurer, metallhaltiger Regen, durch den die Böden verseucht würden. Zusätzlich würden die Böden, vor allem rund um die Masten, durch bei Maler- und anderen Wartungsarbeiten anfallende Schadstoffe belastet. Die verseuchten Böden wirkten sich - im Zusammenspiel mit den elektromagnetischen Strahlen - negativ auf weidende Pferde und Rinder aus (Gefahr von Verfohlungen, schlechtere Milchleistung). Bei widrigen Witterungsverhältnissen bestehe die Gefahr, dass die Masten umknicken und die Leiterseile beschädigt würden. Seine Ferienwohnungen wären nach der Errichtung der Leitung nur noch schwer vermietbar. Die in Aussicht gestellten Entschädigungen reichten als Kompensation nicht aus.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 15. Januar 2010 für den Neubau einer 110-kV-Freileitung zwischen den Umspannwerken B. und F. aufzuheben,

10

hilfsweise: den vorgenannten Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

11

weiter hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über Schutzauflagen und Entschädigungen zu seinen Gunsten zu befinden.

12

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

13

die Klage abzuweisen.

14

Der Beklagte hält den Planfeststellungsbeschluss für rechtmäßig: Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen griffen nicht durch. Das artenschutzrechtliche Tötungsverbot sei nicht verletzt. Die vorgesehenen Markierungen des Erdseils seien geeignet, das Kollisionsrisiko für Zug- und Brutvögel um über 90 % und damit auf ein Maß zu senken, das dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen sei. Die Prüfung, ob eine Ausnahme vom Tötungsverbot zu erteilen gewesen wäre, sei somit entbehrlich gewesen. Im Übrigen verweise er insoweit auf die im Planfeststellungsverfahren eingeholten Fachgutachten, die von der Methodik her nicht zu beanstanden und deren Aussagen und Ergebnisse nachvollziehbar und fachlich vertretbar seien. Seine ihm insoweit zustehende Beurteilungs- bzw. Einschätzungsprärogative habe er nicht überschritten. Der Rückbau von Mittelspannungsfreileitungen und deren Ersetzung durch Erdkabel seien von ihm nicht als artenschutzrechtliche Maßnahme zur Vermeidung von Anflugsopfern bewertet und behandelt worden, sondern richtigerweise als Kompensationsmaßnahme im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Der vom Kläger gerügte Verstoß gegen Ziele der Raumordnung liege nicht vor. Die Ausweisung einer Fläche als Windenergieeignungsgebiet bedeute nicht, dass dort nicht auch andere Nutzungen zulässig wären. Maßgeblicher Gesichtspunkt dafür, dass sich der Vorhabenträger, die Beigeladene, für die Freileitung und gegen ein Erdkabel entschieden habe, seien die deutlich geringeren Kosten der Freileitung. Das sei unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Dass die Kosten der Freileitung tatsächlich wesentlich geringer seien - das Kostenverhältnis betrage etwa 1 : 2 zu Ungunsten des Erdkabels -, habe ein von ihm, dem Beklagten, beauftragter Sachverständiger bestätigt. Die erforderliche Einschleifung des Erdkabels in das Umspannwerk S., die technisch besonders aufwendig wäre, würde das Kostenverhältnis weiter zu Lasten des Erdkabels verschieben. Die Mehrkosten des Erdkabels seien zwar auf die Endverbraucher abwälzbar, soweit das Kabel in den 20 km-Küstenkorridoren verlaufe (was bis auf ein 3,7 km langes Zwischenstück der Fall wäre). Trotz dieser (überwiegenden) Abwälzbarkeit dürften die Mehrkosten jedoch im Rahmen der Abwägung als Effizienzkriterium berücksichtigt werden. Auf die Genehmigungen der Fa. … für ein Erdkabel habe er die Beigeladene nicht verweisen können, weil diese über keine Zugriffsrechte auf diese Genehmigungen verfüge. Zudem sei das damit genehmigte Vorhaben technisch nicht vergleichbar und gleichwertig mit dem jetzt planfestgestellten Vorhaben (u.a. keine Anbindungen an das Umspannwerk S. und das 380-kV-Netz). Was die Berücksichtigung der von der Freileitung einwirkenden elektromagnetischen Felder angehe, sei die Abwägung ebenfalls nicht fehlerhaft. Zum einen seien nach den eingeholten Gutachten die Grenzwerte der 26. BImSchV - deutlichst - eingehalten. Zum anderen habe er Vorsorgegesichtspunkte in der Weise berücksichtigt, dass er die Trasse der Freileitung so gelegt habe, dass dicht besiedelte Gebiete umgangen und Wohnhäuser im Außenbereich nicht überspannt würden. Zu den vom Kläger speziell für seine Grundstücke vorgebrachten Einwendungen (Maststandorte und dadurch bedingte Bewirtschaftungserschwernisse usw.) habe er im Planfeststellungsbeschluss im Einzelnen Stellung genommen. Darauf nehme er Bezug.

15

Die Beigeladene hält den Planfeststellungsbeschluss ebenfalls für rechtmäßig und schließt sich den Ausführungen des Beklagten an und vertieft diese in ihren Schriftsätzen vom 18. Februar 2011 und 17. Juni 2011. Zum Beleg dafür, dass die vorgesehenen Erdseilmarkierungen geeignet sind, das Kollisionsrisiko für Vögel zu minimieren, legt sie eine Studie der Dipl.-Biologen … und … vor ("Überprüfung der Wirksamkeit von neu entwickelten Vogelabweisern an Hochspannungsfreileitungen anhand von Flugverhaltensbeobachtungen rastender und überwinternder Vögel am Alfsee / Niedersachsen").

16

Die Beigeladene ist ferner der Auffassung, dass sich der Kläger auf den - angeblichen - Verstoß gegen Ziele der Raumordnung, auch wenn er durch den Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen sei, nicht mehr berufen könne: Dieser Verstoß, der darin bestehen solle, dass die Leitungstrasse ein Windenergieeignungsgebiet durchschneide, sei präkludiert. Das Einwendungsschreiben der jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20. März 2006 habe insoweit nur den allgemeinen Hinweis enthalten, dass ein Raumordnungsverfahren durchzuführen sei und dabei raumordnerische Konfliktpotentiale herauszuarbeiten seien. Diese Konfliktpotentiale seien jedoch nur darin gesehen worden, dass die durch Windenergieanlagen bereits vorhandene Belastung des Landschaftsbildes durch die Freileitung weiter verstärkt würde. Der Verstoß gegen Ziele der Raumordnung sei auch eine Einwendung, die präklusionsfähig sei; denn er bzw. sie beinhalte nicht nur rein rechtliche, sondern auch tatsächliche Aspekte. Die Präklusionsvorschriften seien auch europarechtskonform und damit wirksam.

17

Der Kläger ist demgegenüber der Auffassung, dass die Präklusionsvorschriften gegen europarechtliche Vorgaben verstießen. Als reiner Rechtsverstoß unterliege die Einwendung, dass der Planfeststellungsbeschluss gegen Ziele der Raumordnung verstoße, nicht der Präklusion.

18

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung Beweisanträge gestellt. Der Senat hat diese abgelehnt. Auf das Verhandlungsprotokoll nebst Anlagen wird insoweit Bezug genommen.

19

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen. Deren Inhalt ist - soweit erforderlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO: Er macht geltend in seinen Eigentumsrechten aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG verletzt zu sein. Ferner sieht er sich in seinem Recht auf gerechte Abwägung aus § 43 S. 2 EnWG, das drittschützende Wirkung hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BRS 60 Nr. 46), verletzt. Die Verletzung dieser Rechte erscheint angesichts dessen, dass die in seinem Eigentum stehenden Flurstücke …, … und … der Flur … der Gemarkung … von der planfestgestellten Freileitung überspannt werden sollen und auf dem Flurstück … zudem der Mast Nr. … errichtet und eine dauerhafte Zuwegungsmöglichkeit zu diesem Mast und zum Leitungsschutzbereich zur Verfügung stehen soll, auch möglich (zur sog. Möglichkeitstheorie, vgl. z.B. das Urteil des BVerwG vom 22.02.1994 - 1 C 24.92 - BVerwGE 95, 133).

21

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

22

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht deshalb gegen § 4 Abs. 1 S. 1 ROG, d.h. gegen Ziele der Raumordnung, weil die Trasse der 110-kV-Freileitung zwischen den Masten Nr. 15 und 21 ein im Regionalplan für den Planungsraum V (Neufassung 2002, Amtsblatt S. 747 ff.) ausgewiesenes Eignungsgebiet für Windenergie durchschneiden wird. Zwar könnte sich der Kläger auf einen solchen Verstoß ungeachtet dessen, dass die raumordnerischen Ziele nicht (unmittelbar) dem Schutze seiner Rechte dienen, berufen; denn er ist durch den Planfeststellungsbeschluss bezüglich der in der Zulässigkeitsprüfung benannten Flurstücke mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen (vgl. § 43 c EnWG i.V.m. § 75 Abs. 1 VwVfG). Jedoch liegt dieser Verstoß nicht vor, so dass der Senat auch die Frage, ob der Verstoß präkludiert ist, dahingestellt lassen kann.

23

Der Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 1 ROG ist deshalb nicht gegeben, weil die Landesplanungsbehörde der Ausweisung von Windenergieeignungsgebieten nicht Zielqualität beigemessen hat. Ziele der Raumordnung sind nach der Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Diese Begriffsbestimmung wird in Ziff. 2 (5) des Regionalplans für den Planungsraum V wiederholt und hinzugefügt, dass nur sog. Vorranggebiete im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG als "abschließend abgewogen" die Ziel-Voraussetzungen erfüllten; im Übrigen konkretisiere der Regionalplan landesplanerische Grundsätze zu einzelnen Fragen der räumlichen Entwicklung (Ziffer 2 (6) ). Die Ausweisung der Eignungsgebiete für Windenergienutzung ist in Ziffer 5.8 (1) des Regionalplans lediglich als Grundsatz, nicht als Ziel, der Raumordnung gekennzeichnet. Der Hinweis des Klägers auf Ziffer 5.8 (2), nach der es ein landesplanerisches Ziel darstelle, dass die flächenmäßige Einschränkung von Eignungsgebieten nur im Weg eines Flächennutzungsplanverfahrens erfolgen könne, bei der das landesplanerische Ziel der Windenergienutzung beachtet werden müsse, verfängt nicht. Es geht hier nicht um eine flächenmäßige Einschränkung des in Frage stehenden Eignungsgebiets, sondern um die Frage, ob dort auch eine andere raumbedeutsame Maßnahme - raumordnerisch - zulässig ist. Dass diese Frage zu bejahen ist, ergibt sich zunächst daraus, dass Grundsätze der Raumordnung nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 ROG lediglich Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen sind. Das ergibt sich ferner - besonders deutlich - aus dem in § 8 Abs. 7 S. 1 ROG statuierten Rangverhältnis zwischen Vorranggebieten (Nr. 1), Vorbehaltsgebieten (Nr. 2) und Eignungsgebieten (Nr. 3): In Vorranggebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen als die als vorrangig bestimmten Nutzungen und Funktionen ausgeschlossen, soweit diese anderen Nutzungen mit den vorrangigen Nutzungen und Funktionen nicht vereinbar sind. In Vorbehaltsgebieten sind den vorbehaltenen raumbedeutsamen Nutzungen und Funktionen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen - immerhin - ein besonderes Gewicht beizumessen. Dagegen beinhaltet die Ausweisung als Eignungsgebiet nur die Feststellung, dass das Gebiet für bestimmte raumbedeutsame, nach § 35 BauGB zu beurteilende Maßnahmen oder Nutzungen geeignet ist und diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB). Aus diesem Rangverhältnis folgt, dass in einem Eignungsgebiet auch andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen zugelassen werden können, wenn nur - keine besondere, sondern nur "einfache" - Rücksicht auf die für dieses Gebiet bestimmte Eignung genommen wird. Das ist hier geschehen. Die Trasse der Freileitung zerschneidet das im Regionalplan in den Gemeinden V., H. und D. ausgewiesene Eignungsgebiet für Windenergie nicht zentral und in voller Ausdehnung, sondern lediglich im Süden. Der Beklagte hat bei der Festlegung der Trasse zudem darauf geachtet, dass die in der DIN EN 50341-3-4 geforderten Mindestabstände zu vorhandenen Windenergieanlagen eingehalten werden (Planfeststellungsbeschluss, S. 137). Er hat sich des Weiteren versichert, dass kein Genehmigungsverfahren für die Errichtung neuer bzw. die Aufrüstung (Repowering) vorhandener Anlagen anhängig ist (Planfeststellungsbeschluss, S. 137). Er hat schließlich berücksichtigt, dass die planfestgestellte Freileitung gerade zur Ab- bzw. Weiterleitung von durch Windenergieanlagen erzeugtem Strom dienen soll und aus diesem Grunde erforderlich ist (Planfeststellungsbeschluss, S. 137 u./138 o.). Dass das ein sachgerechter und zulässiger Abwägungsgesichtspunkt ist, ergibt sich aus der Erläuterung zu den Absätzen 2 und 4 der Ziff. 7.4 des o.g. Regionalplans. Dort heißt es:

24

"Ziff. 7.6 des Landesraumordnungsplans enthält den vor dem Inkrafttreten des EEG formulierten landesplanerischen Grundsatz, dass die Aufnahme von Windstrom möglichst ohne wesentlichen Zubau im Hochspannungsnetz auskommen soll. Im Zuge der neuen bundesrechtlichen Vorgaben ist dieser Grundsatz ergänzend auszulegen und so anzuwenden, dass er nach Maßgabe der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Satz 3 EEG einem Leitungszubau zur Aufnahme von Windstrom nicht entgegengehalten werden kann."

25

In diesem Zusammenhang auch die Alternative "Erdkabel" zu berücksichtigen, musste sich dem Beklagten nicht aufdrängen; denn auch im Bereich einer Erdkabel-Trasse könnten keine Windenergieanlagen errichtet werden, diese Alternative würde die Nutzung des Eignungsgebiets für Windenergie also in annähernd vergleichbarer Weise einschränken.

26

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (a.F.) (das für den Kläger wiederum nur rügefähig ist wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Beschlusses, vgl. o.). Nach dieser Vorschrift ist es u.a. verboten, wildlebende Tiere der besonders geschützten Arten zu töten. Zu den besonders geschützten Arten gehören auch die "europäischen Vogelarten" (§ 10 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b bb BNatSchG a.F.).

27

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Tötungstatbestand als erfüllt anzusehen ist, hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 09. Juli 2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ff. für den Fall der Planfeststellung für ein Straßenbauvorhaben (Nordumfahrung Bad Oeynhausen) unter Rn. 91 Folgendes ausgeführt:

28

"Der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist individuenbezogen. Dabei ist dieser Tatbestand nach der Rechtsprechung des EuGH auch dann erfüllt, wenn sich die Tötung als unausweichliche Konsequenz eines im Übrigen rechtmäßigen Verwaltungshandelns - hier: der Zulassung eines Straßenbauvorhabens - erweist … Dass einzelne Exemplare besonders geschützter Arten durch Kollision mit Kraftfahrzeugen zu Schaden kommen können, dürfte indes bei lebensnaher Betrachtung nie völlig auszuschließen sein. Das gilt sowohl für die (erstmalige) Aufnahme von Straßenverkehr in Folge der Zulassung eines neuen Verkehrswegs in einem bislang (an diesem Ort) nicht von einer Straße durchzogenen Naturraum als auch für die Zunahme von Verkehr beim Ausbau einer vorhandenen Straße. Solche kollisionsbedingten Einzelverluste sind zwar nicht "gewollt" im Sinne eines zielgerichteten "dolus directus", müssen aber - wenn sie trotz aller Vermeidungsmaßnahmen doch vorkommen - als unvermeidlich hingenommen werden. Wäre der Tatbestand des Tötungsverbots bereits bei der Kollision eines Einzelexemplars mit einem Kraftfahrzeug erfüllt, könnten Straßenbauvorhaben stets und ausschließlich nur noch im Wege der Befreiung … oder in Anwendung von § 42 Abs. 5 bzw. § 43 Abs. 8 BNatSchG n.F. zugelassen werden. Damit würden diese nach dem artenschutzrechtlichen Regelungsgefüge als Ausnahmen konzipierten Vorschriften zum Regelfall. Ihren strengen Voraussetzungen würde eine Steuerungsfunktion zugewiesen, für die sie nach der Gesetzessystematik nicht gedacht sind und die sie nicht sachangemessen erfüllen können. Ein sachgerechtes Verständnis des Gesetzes führt daher zu der Auslegung, dass der Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG nur erfüllt ist, wenn sich das Kollisionsrisiko für die betroffenen Tierarten durch das Straßenbauvorhaben in signifikanter Weise erhöht. Dabei sind Maßnahmen, mittels derer solche Kollisionen vermieden oder dieses Risiko zumindest minimiert werden soll, wie Überflughilfen, Leitstrukturen u.ä., in die Betrachtung einzubeziehen … Hiernach ist das Tötungsverbot nicht erfüllt, wenn das Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung jedenfalls aufgrund der im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen kein signifikant erhöhtes Risiko kollisionsbedingter Verluste von Einzelexemplaren verursacht, mithin unter der Gefahrenschwelle in einem Risikobereich bleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem ebenfalls stets gegebenen Risiko, dass einzelne Exemplare einer Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens Opfer einer anderen Art werden …"

29

Diese Interpretation des Tötungstatbestands, von der das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung ausgeht (neben dem zitierten Urteil vom 09.07.2008, vgl. die Urteile vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ff., Rn. 219, vom 18.03.2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ff., Rn. 58, vom 13.05.2009 - 9 A 73.07 - NuR 2010, 711 ff., Rn. 86 und vom 12.08.2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 ff., Rn. 56), ist gemeinschaftsrechtskonform. Die Vorschrift des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (a.F.) mit dem darin enthaltenen Tötungsverbot dient der Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der FFH-Richtlinie, der alle absichtliche Formen der Tötung der im Anhang IV Buchst. a genannten Tierarten verbietet. Das Merkmal der Absichtlichkeit ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 18.05.2006 - C - 221/04 - juris, Rn. 71) erfüllt, wenn nachgewiesen ist, dass der Handelnde die Tötung eines Exemplars einer geschützten Tierart gewollt oder zumindest in Kauf genommen hat. Von einem In-Kauf-Nehmen kann nicht ausgegangen werden, wenn sich durch (angeordnete) Vermeidungsmaßnahmen ausschließen lässt, dass sich das Risiko tödlicher Kollisionen im Sinne der vom Bundesverwaltungsgericht beschriebenen Vergleichsmaßstäbe signifikant erhöht (Thüringer OVG, Urt. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 -, juris, Rn. 36).

30

Bei Zugrundelegung dieser Interpretation bzw. dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die sich auf Planfeststellungen für Hochspannungsfreileitungen ohne Weiteres übertragen lässt, lässt sich nicht feststellen, dass durch die hier in Frage stehende Freileitung das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (a.F.) verletzt würde. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss, im avifaunistischen Fachbeitrag des Dipl.-Biologen … vom August 2007, in der Prüfung der besonderen Artenschutzbelange im Rahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans vom Dezember 2007, ebenfalls erstellt vom Dipl.-Biologen …, im landschaftspflegerischen Begleitplan selbst sowie in den zusammenfassenden Darstellungen der Umweltauswirkungen gem. § 6 UVPG vom August 2007, gem. § 11 UVPG vom Juli 2009 und in der Bewertung der Umweltauswirkungen gem. § 12 UVPG vom Juli 2009. Aus diesen Unterlagen ergibt sich, dass sich durch das planfestgestellte Vorhaben nach naturschutzfachlicher Einschätzung bzw. Prognose das Risiko, dass Vögel durch Leitungsanflug getötet werden, nicht signifikant erhöht, wenn das Erdseil - wie in Ziff. 2 des Abschnitts 2.3.2.3 ("Nebenbestimmungen") des Planfeststellungsbeschlusses vorgeschrieben - im gesamten Trassenverlauf im Abstand von 25 m bis 30 m mit bestimmten Markierungen ausgestattet wird (Planfeststellungsbeschluss, S. 126 bis 128, 178 bis 181; zur Minimierung des Anflugrisikos durch Markierung des Erdseils, vgl. avifaunistischer Fachbeitrag, S. 51, 53 u., Prüfung der besonderen Artenschutzbelange, S. 23 f, 83 f, 87, landschaftspflegerischer Begleitplan, S. 53 f, 62 f, 78, 95, Darstellung gem. § 6 UVPG, S. 18, 21, Darstellung gem. § 11 UVPG, S. 20 f, 25, Bewertung der Umweltauswirkungen gem. § 12 UVPG, S. 2).

31

Die vom Kläger gegen diese naturschutzfachliche Einschätzung bzw. Prognose und die ihr zugrunde liegenden naturschutzfachlichen Stellungnahmen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.

32

Die Kritik des Klägers an dem methodischen Ansatz vor allem im avifaunistischen Fachbeitrag und in der Prüfung der besonderen Artenschutzbelange im Rahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans - der sie verfassende Dipl.-Biologe habe verkannt, dass der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (a.F.) individuenbezogen sei, sondern habe stattdessen die Auswirkungen der Freileitung populationsbezogen geprüft - ist (nur) insofern berechtigt, als sich darin zahlreiche populationsbezogene Aussagen finden. Das ist jedoch - im Ergebnis - unschädlich; denn den genannten Beiträgen lässt sich - auch - entnehmen, dass sich das Tötungsrisiko für die einzelnen Individuen (Vögel) unter den oben beschriebenen Voraussetzungen nicht signifikant erhöht. Dabei ist der Begriff der nicht signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos gleichzusetzen mit dem in den Beiträgen verwendeten, aus einer Rundverfügung des Beklagten übernommenen Begriff des allgemeinen Lebensrisikos, innerhalb dessen sich das Tötungsrisiko - bezogen auf das einzelne Individuum - bewegt. Im Übrigen erklären sich die populationsbezogenen Aussagen daraus, dass der Verfasser der Beiträge für den (nicht eingetretenen) Fall "vorsorgen" musste, dass die Planfeststellungsbehörde von der Verwirklichung des Tötungstatbestands ausgegangen wäre: Dann wäre es bei der Prüfung, ob eine Ausnahme vom Tötungsverbot hätte zugelassen werden können, auf die populationsbezogenen Aussagen möglicherweise angekommen (vgl. § 43 Abs. 8 S. 2 BNatSchG a.F.).

33

Die (weitere) Kritik des Klägers, die o.g. Beiträge und Stellungnahmen, aus denen der Beklagte herleite, dass sich durch die planfestgestellte Freileitung das Tötungsrisiko für Vögel nicht signifikant erhöhen werde, beruhten auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage, teilt der Senat nicht. Was den Vogelzug angeht, hat der Verfasser des avifaunistischen Fachbeitrags und der Prüfung der besonderen Artenschutzbelange im Rahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans die dazu vorhandene Literatur ausgewertet (vgl. die Aufstellung der ausgewerteten Literatur, die dem Fachbeitrag und der "Prüfung" jeweils beigefügt ist, sowie Ziff. 4.1.1 des Fachbeitrags sowie Ziff. 2.4 der "Prüfung"). Aufgrund neuerer, aus 2007 stammender Literatur (Berndt, Zugbeobachtungen auf der Geest - Zwischenbericht 2004 bis 2006) erfolgte im Rahmen der 1. Planänderung eine Aktualisierung und Neubewertung des Zugvogelgeschehens (Planfeststellungsbeschluss, S. 179). Weitere Aktualisierungen erfolgten in diesem Rahmen bezüglich einzelner im Trassenverlauf brütender Großvogelarten (Planfeststellungsbeschluss, S. 179, Ziff. 4.3.1 des Fachbeitrags). Was die sonstigen Brutvögel betrifft, wurden sie nicht flächendeckend entlang der gesamten Länge der Leitungstrasse, sondern in ausgewählten, repräsentativen Probeflächen innerhalb eines 600 m breiten Korridors - jeweils 300 m auf jeder Seite der Leitung - erfasst, und zwar durch drei Begehungen je Probefläche zwischen Mitte April bis Mitte Juni 2002. Die Auffassung des Klägers, diese Begehungen lägen zu weit zurück, um eine taugliche Grundlage für die Erfassung des Brutvogelvorkommens zu bilden, ist unbegründet. Zum einen sind die Daten bezüglich einzelner Großvogelarten, wie schon dargelegt, in den Jahren 2004 und 2005 aktualisiert worden. Zudem beruhen die Daten nicht allein auf den Begehungen, sondern - gerade bei fehlenden Brutnachweisen oder fehlenden anderen Hinweisen für den Brutstatus einer beispielsweise nur einmal beobachteten Art - zusätzlich auf einer avifaunistischen Plausibilitätskontrolle bzw. einer avifaunistischen Potentialabschätzung der betroffenen Probefläche, d.h. es wurden auch Arten als Brutvögel "geführt", deren Brutstatus zwar nicht nachgewiesen war, die jedoch nach ihren Habitatansprüchen auf der Probefläche hätten brüten können (Fachbeitrag, S. 16, 18). Aufgrund dieser zusätzlichen avifaunistischen Potentialabschätzung war es auch unschädlich, dass nur 3 - statt üblicherweise, je nach Lebensraumtyp, 5 bis 8 - Begehungen durchgeführt wurden (Fachbeitrag, S. 15 u.). Dies war auch deshalb unschädlich, weil die Populationsgröße einer Art nach der bei den Begehungen maximal festgestellten Zahl bestimmt wurde (Fachbeitrag, S. 16). Auch der für die Beschränkung auf 3 Begehungen angegebene Grund - die empfindlich gegenüber Freileitungen reagierenden Offenlandarten seien einfach zu erfassen, die gehölzbewohnenden Singvogelarten, bei denen die Erfassung schwieriger sei, seien aufgrund der Gewöhnungseffekte dagegen kaum durch Freileitungen gefährdet, so dass insoweit etwaige Erfassungsdefizite unerheblich seien (Fachbeitrag, S. 16) - überzeugt. Er hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, a.a.O., Rn. 36 ff.), nach der eine "am Maßstab praktischer Vernunft" ausgerichtete Bestandsaufnahme der durch das jeweilige Projekt gefährdeten Arten ausreichend ist. Für die gegenteilige Auffassung - keine ausreichende Bestandsaufnahme - spricht auch nicht, dass das Brutvorkommen des Seeadlers bei D. / B. in den artenschutzrechtlichen Beiträgen und Studien nicht berücksichtigt worden ist, ebenso nicht die Kraniche, die nach den Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 07. Juli 2010 (im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes) in den letzten 5 Jahren zunehmend beobachtet worden sind und ein Biotop zwischen den Masten Nr. 45 und 46, in einem Abstand von ca. 300 m von der Leitungstrasse, als Rastplatz nutzen sollen: Eine Bestandsaufnahme, die sich - zulässigerweise - am Maßstab der praktischen Vernunft ausrichtet, wird niemals alle möglicherweise betroffenen Arten erfassen können, zumal - gerade bei länger dauernden Planfeststellungsverfahren - die Bestandsaufnahme nicht fortlaufend aktualisiert werden und sich außerdem das Artenvorkommen aufgrund verschiedenster Umstände und Einflüsse ändern kann. Die dadurch bedingten Defizite abzubauen bzw. zu kompensieren, ist mit Sinn und Zweck der öffentlichen Auslegungen der Planentwürfe und der dazu gehörigen Unterlagen. Beim Seeadler hat das ja auch "geklappt". Seine Berücksichtigung jedenfalls im Planfeststellungsbeschluss (S. 180) beruhte u.a. auf dem entsprechenden Hinweis des Klägers des Verfahrens 1 KS 20/10, bei den Kranichen dagegen - wie dargelegt - nicht.

34

Die vom Beklagten aus den o.g. Unterlagen (Fachbeitrag, "Prüfung", UVS bzw. deren Zusammenfassungen) gezogene Schlussfolgerung - keine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos für Zug- und Brutvögel durch Leitungsanflug und damit keine Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots, wenn das Erdseil im gesamten Trassenverlauf im Abstand von 25 m bis 30 m mit noch näher zu beschreibenden Markierungen versehen wird - hält der Senat für richtig.

35

Der Beklagte geht aufgrund der Aussagen in der "Prüfung", die wiederum auf einer Auswertung der dazu vorliegenden ornithologischen Literatur beruhen (S. 14 bis 16 o.; vgl. auch die Darstellung gem. § 11 UVPG, S. 20), "trotz des deutlichen Vogelfluggeschehens" von ca. 20 bis 70 Anflugs- bzw. Kollisionsopfern pro - unmarkiertem - Leitungskilometer und Jahr aus. Der Kläger hält diese Zahl für viel zu niedrig: Aufgrund dessen, dass der Trassenbereich "ein zentraler Punkt der Drehscheibe des Vogelzugs über Schleswig-Holstein darstellt, der wiederum weit über 100 Millionen ziehende Vögel umfasst", sei eine Verlustrate von ca. 400 Vögeln / km / Jahr oder mehr realistisch. Dem folgt der Senat nicht. Es ist zwar richtig, dass auch über der schleswig-holsteinischen Geest Vogelzug stattfindet, nach neueren ornithologischen Untersuchungen in weitaus größerem Umfang als bisher angenommen (Koop, Der Vogelzug über Schleswig-Holstein, November 2002; Berndt, Zugbeobachtungen auf der Geest - Zwischenbericht 2004 bis 2006, vom November 2006; ders., Zugbeobachtungen auf der Geest - Zwischenbericht 2004 - 2007, vom Februar 2008; ders., Sichtbeobachtungen von Vögeln in Schleswig-Holstein - mit einem aktuellen Beispiel von der Geest, teilweise veröffentlicht unter dem Titel "Zugbeobachtungen auf der mittleren Geest - Zwischenbericht 2004 bis 2008", im Rundschreiben 2/09 der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft für Schleswig-Holstein und Hamburg). Trotzdem ist das Gefährdungspotential der hier planfestgestellten Freileitung für Zugvögel nicht so hoch wie der Kläger meint. Das liegt darin begründet, dass im Trassenbereich sog. Breitfrontzug stattfindet, d.h. die Leitung verläuft außerhalb von tradierten Zugkorridoren mit den dort gegebenen besonders starken Zugintensitäten ("Prüfung", S. 15). Die Trasse ist zudem überwiegend in südwestlicher Richtung ausgerichtet und verläuft damit im Wesentlichen in der Hauptzugrichtung der Wasservögel (Heimzug) sowie parallel zur Zugrichtung des Teils der Landvögel, der den Geestrücken in südwestlicher bzw. nordöstlicher Richtung überquert ("Prüfung", S. 15). Bei dem Teil der Landvögel, der südliche bzw. nördliche Zugrichtungen bevorzugt oder von dem ein erheblicher Teil der Population in diesen Richtungen, also quer zur Trasse, zieht, handelt es sich überwiegend um gegenüber Leitungsanflug weniger empfindliche Singvögel wie Rauchschwalben, Rohrammern, Erlenzeisige, Buch- und Bergfinken, Wiesenpieper und Bachstelzen (Berndt, Zugebeobachtungen auf der Geest, Zwischenbericht 2004 bis 2006, Tabelle 3). Schließlich befinden sich im Trassenbereich keine bedeutsamen Rastgebiete für Wasser- und Watvögel oder Einflugschneisen zu diesen Rastgebieten. Die Ostenau-Niederung zwischen V. und Kolkerheide, die als Rastgebiet ohnehin nur lokale Bedeutung besitzt, wird entgegen ursprünglichen Planungen umgangen ("Prüfung", S. 15). Auch Richarz/Hormann (Wie kann das Vogelschlagsrisiko an Freileitungen eingeschätzt und minimiert werden?, in: Vogel und Umwelt, Bd. 9 [1997], Sonderheft: Vögel und Freileitungen, S. 263 ff., 265 f.) vertreten die Auffassung, dass Freileitungen für den Vogelzug nicht automatisch ein erhöhtes Risiko darstellen, sondern nur in bestimmten Problemgebieten zu einer Gefahr für durchziehende und rastende Vögel werden können. Als solche Problemgebiete sehen sie - nur - küstennahe Niederungen und im Binnenland Feuchtgebiete und Gewässer sowie deren Einflugschneisen an (S. 268). Auch sie gehen deshalb davon aus, dass außerhalb solcher Problemgebiete, bei denen Verlustraten zwischen 200 bis 700 Vögeln / km / Jahr festgestellt worden sind, die Verlustrate "zumindest" um das Zehnfache niedriger anzusetzen sei, also mit höchstens 20 bis 70. Bernshausen u.a. (Vogelverhalten an Hochspannungsfreileitungen - Auswirkungen von elektrischen Freileitungen auf Vögel in durchschnittlich strukturierten Kulturlandschaften, in: Vögel und Umwelt, Sonderheft, S. 59 ff., 90) gehen sogar nur von einer mittleren Verlustrate von 6,5 Vögeln / km / Jahr aus. Sie betonen allerdings auch, dass es nicht möglich sei, generelle Aussagen zu machen, sondern stets eine gründliche Untersuchung der Verhältnisse vor Ort erforderlich sei. Die Studie von Hoerschelmann u.a. über Verluste und Verhalten von Vögeln an einer 380-kV-Freileitung (in: Ökol. Vögel, 1988, Heft 10, S. 85 ff., 101), nach der die Verlustrate ca. 400 Vögel / km / Jahr beträgt - u.a. auf diese Studie stützt sich der Kläger -, ist nicht vergleichbar und damit auf die hier planfestgestellte Leitung nicht übertragbar. Das folgt bereits daraus, dass es sich bei dieser - bis auf einen 1 km langen Abschnitt - um eine 110-kV-Leitung handelt, deren Masten deutlich weniger hoch sind als die einer 380-kV-Leitung. Vor allem aber ist das von Hoerschelmann untersuchte Gebiet ein sog. Problemgebiet, nämlich die Haseldorfer Marsch an der Elbe, die für Wiesen- und Wasservögel als Nahrungs- und Rastraum hochbedeutsam ist und in der es auch deshalb zu einer besonderen Konzentration von Zugvögeln kommt, weil die Elbe eine Leitlinie für den Vogelzug ist (S. 86). Außerdem verläuft die Trasse der 380-kV-Leitung in der Haseldorfer Marsch überwiegend quer zur Hauptzugrichtung der Vögel (S. 87). Auch aus der vom Kläger angeführten Abhandlung "Hochspannungsfreileitungen und Vogelschutz: Minimierung des Kollisionsrisikos" von Bernshausen / Kreuziger / Uther / Wahl (in: Naturschutz und Landschaftsplanung 2007, S. 5 ff.) ergibt sich nichts für dessen Auffassung: Darin wird zwar wiederum die Verlustrate von bis zu 400 Anflugopfern / km / Jahr aus der Studie von Hoerschelmann, betreffend die Leitung in der Haseldorfer Marsch, zitiert und deren Richtigkeit auch nicht in Frage gestellt. Ihre Übertragbarkeit auf andere Gebiete außerhalb der vogelreichen Küstenregionen bzw. außerhalb der oben beschriebenen Problemgebiete wird jedoch gerade verneint (S. 5). Nach allem ist die vom Beklagten angenommene Verlustrate von 20 bis 70 Anflugsopfern / km / Jahr naturschutzfachlich vertretbar, sie ist von der ihm insoweit zustehenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative gedeckt (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., Rn. 65).

36

Die Verlustrate von 20 bis 70 Anflugopfern / km / Jahr wird durch die Markierungen, mit denen das Erdseil nach Ziff. 2 des Abschnitts 2.3.2.3 ("Nebenbestimmungen") des Planfeststellungsbeschlusses im gesamten Trassenverlauf in einem Abstand von 25 m bis 30 m ausgestattet werden muss, drastisch reduziert werden, auf ein Maß, bei dem nicht (mehr) davon ausgegangen werden kann, dass sich durch die planfestgestellte Freileitung das Risiko für Brut-, Zug- und Rastvögel, durch Leitungsanflug getötet zu werden, signifikant erhöht.

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Die Markierung gerade des Erdseils ist deshalb zielführend, weil von diesem die größte Gefahr ausgeht: Es ist dünner als die Leiterseile und verläuft solitär, so dass es für die Vögel schlechter wahrzunehmen ist. Gerade Großvögel, die Hindernissen grundsätzlich nach oben ausweichen, kollidieren, wenn sie den Leiterseilen ausweichen wollen, mit dem Erdseil, das sie nicht mehr rechtzeitig wahrnehmen oder auf das sie nicht mehr rechtzeitig reagieren können (Fachbeitrag, S. 2 u. / 3 o.; Darstellung gem. § 11 UVPG, S. 21 o.; Richarz / Hormann, a.a.O., S. 267; Bernshausen / Kreuziger / Uther / Wahl, a.a.O., S. 5). Zum Einsatz kommen sollen hier Markierungen, die von Haack - in Anlehnung an von bei auffällig vielen Arten anzutreffenden kontrastreichen Gefiederfarben, vornehmlich schwarz - weiß, die Anordnung dieser Farben auf dem Vogelkörper und deren Erkennbarkeit beim Flug (vgl. dazu i.e.: Haack, Gefiederfarben und Flugverhalten europäischer Vogelarten als Vorbild für die Markierung von Hochspannungsfreileitungen zur Vermeidung von Vogelschlag, in: Vogel und Umwelt, Sonderheft, S. 239 ff.) - entwickelt worden sind. Sie bestehen aus beweglich aufgehängten, abwechselnd schwarzen und weißen, ca. 0,50 m langen Kunststoffstäben, die auf einer Trägerkonstruktion vormontiert sind, am Erdseil eingehängt und daran mit zwei Aluminium-Spiralen befestigt werden (Bernshausen / Kreuziger u.a., a.a.O., S. 9, vgl. auch das dort abgedruckte Foto; Ziff. 6.5, S 62 f. des landschaftspflegerischen Begleitplans). Die bewegliche Aufhängung der Kunststoffstäbe bewirkt den von Haack (a.a.O.) als vorteilhaft identifizierten "Blinkeffekt", so dass eine hohe Erkennbarkeit für Vögel unter verschiedensten Lichtbedingungen gegeben ist.

38

Dass Markierungen am Erdseil - generell - geeignet sind, das Anflugrisiko deutlich zu reduzieren, steht aufgrund von Untersuchungen fest, deren Ergebnisse veröffentlich worden sind. So wird beispielsweise nach Koops (Markierung von Hochspannungsfreileitungen in den Niederlanden, in: Vogel und Umwelt, Sonderheft, S. 276 ff.) durch die Markierungen die Zahl der Anflugopfer um etwa 90 % gesenkt. Diese Aussage ist deshalb bemerkenswert, weil sie zu Markierungen gemacht worden ist, die noch nicht so "ausgereift" und damit nicht so wirksam waren wie die, die im vorliegenden Fall eingesetzt werden sollen (vgl. die dort abgebildete, nicht kontrastreiche, nicht bewegliche Kunststoff-Markierungsspirale). Insofern sind die Ergebnisse erster Untersuchungen an Leitungen am Niederrhein, die mit den hier zur Verwendung anstehenden Markierungen ausgestattet waren - Reduzierung der Kollisionsrate um 93 %, der Mortalitätsrate sogar um 96 % - und der daraus von Bernshausen / Kreuziger u.a. (a.a.O., S. 11) gezogene Schluss, dass diese von Haack entwickelten Markierungen generell geeignet seien, das Vogelschlagsrisiko um über 90 %, wahrscheinlich sogar um über 95 %, zu senken, ohne Weiteres plausibel und nachvollziehbar. Die Richtigkeit dieser Schlussfolgerung wird bestätigt durch das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten (Überprüfung der Wirksamkeit von neu entwickelten Vogelabweisern an Hochspannungsfreileitungen anhand von Flugverhaltensbeobachtungen rastender und überwinternder Vögel am Alfsee / Niedersachsen), erstellt von Bernshausen und Kreuziger im Dezember 2009: Ohne Markierungen wurden 28 Vogelschlagsopfer ermittelt, nach Anbringung der Markierungen kein einziges mehr, obwohl dort die Bedingungen für das Auffinden von Anflugopfern besonders günstig sind, u.a. deshalb, weil der Trassenbereich für Prädatoren kaum zugänglich ist (S. 9; vgl. auch die auf S. 28 dargestellten Ergebnisse weiterer Untersuchungen - auch mit andersartigen Markern - mit vergleichbaren Ergebnissen).

39

Die Zweifel, die der Kläger an der Wirksamkeit der Markierungen allgemein, d.h. nicht speziell bezüglich einzelner Vogelarten, geäußert hat, greifen nicht durch. Die Markierungen wirken auch zur Nachtzeit, in der der Hauptteil des Vogelzugs stattfindet (Fachbeitrag, S. 23; Koop, Vogelzug über Schleswig-Holstein, S. 2, 166), und bei widrigen Wetterverhältnissen. Zur Begründung verweist der Senat auf die Ausführungen bei Haack (a.a.O., S. 250), wo - überzeugend - erklärt wird, warum schwarz-weiße, bewegliche Markierungen bei den unterschiedlichsten Licht- und Witterungsverhältnissen für Vögel sichtbar sind. Zur Sichtbarkeit bei Nacht heißt es, dass Schwarz zwar nicht mehr zu sehen sei, Weiß hingegen mäßig bis gut, wenn der Himmel bzw. der Hintergrund dunkel sei, bzw. sogar sehr gut bei sternenklarer Nacht; im Übrigen gebe es auch nachts keine absolute Dunkelheit (S. 247). Die Sichtbarkeit bei bedecktem Himmel und bei Regen wird dahingehend erläutert, dass Weiß dann etwa so hell sei wie der Himmel und deshalb schlecht, z.T. sehr schlecht zu sehen sei, Schwarz hingegen gut, das - bei beweglichen Markierungen - dann auch "blinke". Dass die Markierungen auch nachts und bei schlechten Wetterverhältnissen von den Vögeln wahrgenommen werden, ergibt sich auch aus dem Alfsee-Gutachten: Bei den Vogelarten, zu denen es belastbare Aussagen enthält, war festzustellen, dass sich das Flugverhalten (auch) in der Nacht und bei schlechten Wetterverhältnissen nach Anbringen der Markierungen änderte. Ein erheblich größerer Anteil der Vögel überquerte das Erdseil statt es zu unterfliegen. Es waren auch deutlich weniger, vor allem weniger starke (Ausweich-) Reaktionen zu beobachten, was zeigt, dass die Vögel die Leitung - frühzeitig - wahrgenommen haben, sich somit mit ihrem Flugverhalten - rechtzeitig - auf dieses Hindernis einstellen konnten und deshalb nicht zu besonderen Ausweichreaktionen gezwungen waren (S. 27, vgl. insoweit auch Planfeststellungsbeschluss, S. 180). Es ist auch nicht ersichtlich - und vom Kläger ist dazu auch nichts vorgetragen worden -, aus welchen Gründen die Sichtbarkeit für andere hier relevante Vogelarten anders zu beurteilen sein sollte. Die Gutachter im Alfsee-Fall haben sich mit Aussagen zu den anderen Arten nur deshalb zurückgehalten, weil sie dafür die Zahl der beobachteten Exemplare der jeweiligen Art für zu gering hielten, nicht jedoch haben sie sachliche Gründe für die Nicht-Übertragbarkeit der Ergebnisse auf diese anderen Arten genannt (vgl. S. 27). Die Sichtbarkeit der Markierungen bei Nebel ist in der Abhandlung von Haack (a.a.O.) allerdings nicht angesprochen. Das war aber auch nicht notwendig; denn bei sehr dichtem Nebel bis in größere Höhen hinein kommt der Vogelzug vollständig zum Erliegen und auch bei Bodennebel mit Sichtweiten von bis zu 100 m findet nur noch ein geringer Zug statt (Koop, Der Vogelzug über Schleswig-Holstein, S. 159/160). Das gleiche - nur geringes Zuggeschehen - gilt im Übrigen für Tage mit anhaltend starken Niederschlägen, für sehr diesige Tage und für Tage mit starkem Gegenwind (Koop, S. 160).

40

Ausgehend von 20 bis 70 Anflugopfern / km / Jahr bei der unmarkierten Leitung sowie davon, dass die hier zum Einsatz kommenden Markierungen geeignet sind, die Zahl der Anflugopfer um über 90 %, wahrscheinlich sogar um über 95 %, zu senken, wird sich die Zahl der Anflugopfer auf 2 bis (maximal) 7 / km / Jahr reduzieren. Das ist eine Zahl, die nicht als signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos bewertet werden kann.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch nicht bestimmte Vogelarten trotz der Markierungen in einem - überdurchschnittlichen - Umfang anfluggefährdet, so dass bezüglich dieser Arten die Verletzung des Tötungsverbots anzunehmen wäre.

42

Der vom Kläger insoweit zunächst benannte Seeadler ist nicht überdurchschnittlich gefährdet. Zwar bezeichnen ihn Bernshausen / Kreuziger u.a. (a.a.O., S. 11) als die einzige Greifvogelart in Deutschland, für die eine gewisse Vogelschlagproblematik bestehe, weil er aufgrund seiner Größe und Masse eine vergleichsweise schlechte Manövrierfähigkeit besitze. Sie relativieren die Aussage jedoch sofort unter Hinweis auf eine Untersuchung von Langgemach u.a. (Gefährdung und Schutz von Großvögeln an Freileitungen in Brandenburg, in: Naturschutz und Landschaftspflege Brandenburg, 6/3 [1997], 82 ff.), nach der der Anteil der Leitungsanflüge bei den Verlustursachen nur 2 % betrage. Im vorliegenden Fall kann eine überdurchschnittliche Gefährdung des Seeadlers auch deshalb ausgeschlossen werden, weil der Horststandort ca. 3,5 km von der Trasse entfernt ist und die Hauptjagdgebiete - in der Marsch und den Kögen - erreicht werden können, ohne dass die Leitung überquert werden muss. Aufgrund dieser Umstände ist auch eine besondere Gefährdung von Jungvögeln ausgeschlossen (Planfeststellungsbeschluss, S. 180). Die Gefährdung des Seeadlers erscheint ferner deshalb gering, weil er wie alle Greifvögel über ein hervorragendes binokulares Sehvermögen verfügt. Sieht er die Leitung rechtzeitig - und das ist, wie dargelegt, aufgrund der beschriebenen Markierungen gewährleistet - spielt seine vergleichsweise schlechte Manövrierfähigkeit keine Rolle.

43

Die weiteren Vogelarten, die der Kläger für überdurchschnittlich anfluggefährdet hält, hat er in der Begründung zu dem zum Themenkomplex "Tötungsverbot" gestellten (einen) Beweisantrag benannt. Der Senat hat diesen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob während des Betriebs der planfestgestellten Freileitung wildlebende Vogelarten im Sinne der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02. April 1979 mit der Leitung kollidieren und dadurch getötet werden, abgelehnt: Er hat unterstellt bzw. geht davon aus, dass es Kollisionen und Anflugopfer geben wird. Das konnte und durfte er unterstellen, weil er - wie dargelegt - der Auffassung ist, dass aufgrund der im Planfeststellungsbeschluss vorgeschriebenen Vermeidungsmaßnahme, der Markierung des Erdseils, das Tötungsrisiko für den einzelnen die Leitung querenden Vogel in einem Risikobereich bleibt, der mit einer solchen Anlage im Naturraum immer verbunden ist. Bezüglich der auf S. 3 des Beweisantrags ausdrücklich benannten Arten ist zunächst anzumerken, dass der Kläger, soweit er sich zur Begründung ihrer besonderen Gefährdung auf Aussagen aus der "Prüfung" der besonderen Artenschutzbelange bezieht, selbst einräumt, dass sich diese Aussagen auf eine nicht markierte Leitung beziehen ("… losgelöste von den erhofften Effekten einer Leiterseilmarkierung …"). Eine (andere) naturschutzfachliche Stellungnahme oder Untersuchung, aus der sich ergibt, dass die Markierungen für die benannten Arten nicht wirksam wären, hat er nicht nur nicht benannt, er übergeht auch, dass der Verfasser der "Prüfung" in der Zusammenfassung die Auffassung vertritt, dass eine Verletzung des Tötungsverbots weder bei Brut- noch bei Zugvögeln zu befürchten sei, wenn die Leitung - wie vorgesehen - markiert werde (S. 83 ff.). Zu den einzelnen benannten Arten: Das Weißstorch-Paar, das in Sillerup ca. 1 km von der Trasse entfernt brütet, wird zwar, da seine Nahrungshabitate größtenteils jenseits der Trasse liegen, regelmäßig die Leitung queren. Der Verfasser der "Prüfung" hält die Markierungen jedoch für geeignet und ausreichend, um das Tötungsrisiko durch Leitungsanflug nicht signifikant zu erhöhen (S. 24, 83 u., 84, 85). Das erscheint ohne Weiteres plausibel, weil Weißstörche über ein gutes Sehvermögen verfügen und zudem tagaktiv sind. Die Wiesenweihe mag aufgrund ihres leichten Körperbaus und ihrer verhältnismäßig langen Flügel windanfällig sein ("Prüfung", S. 25). Da ihre Brutstandorte jedoch relativ weit von der Trasse entfernt sind und es auch keine optimalen Nahrungshabitate im Trassenbereich gibt ("Prüfung", S. 25; Fachbeitrag, S. 31), ist ihre Gefährdung, gerade auch die von Jungvögeln, schon deshalb als gering einzustufen. Zudem verfügt sie über ein gutes binokulares Sehvermögen und kann deshalb die - markierte - Leitung frühzeitig erkennen und Ausweichmanöver rechtzeitig einleiten, so dass ihre Windanfälligkeit - so wie beim Seeadler seine schlechte Manövrierfähigkeit - ihr Risiko, mit der Leitung zu kollidieren, nicht erhöht (vgl. "Prüfung", S. 51 u., 52 o.). Die Gefährdung des Kiebitzes während der teilweise auch nachts stattfindenden Balzflüge wird durch die Markierungen, die ja auch nachts sichtbar sind (vgl. o.), auf ein artenschutzrechtlich nicht relevantes Maß gesenkt ("Prüfung", S. 27 u., 85). Altemüller / Reich (in: Vogel und Umwelt, Sonderheft, S. 111 ff., 116) berichten, dass ein Einfluss der im Untersuchungsgebiet vorhandenen 110-kV-Leitung auf Kiebitze zu keinem Zeitpunkt erkennbar gewesen sei; die Leitung - dass deren Erdseil markiert gewesen wäre, wird nicht erwähnt - sei bei Balzflügen und zur Nahrungssuche regelmäßig unterquert worden. Der Große Brachvogel wurde im Untersuchungsgebiet lediglich als vereinzelter Rastvogel bzw. Nahrungsgast festgestellt ("Prüfung", S. 28). Die dort zitierte (und vom Kläger für sich in Anspruch genommene) Studie von Heijnis aus dem Jahre 1980, nach der die Zahl der Anflugopfer vergleichsweise hoch war, betraf eine - nicht oder nicht effektiv markierte - Freileitung in unmittelbarer Nähe zu Feuchtgebieten, die eine hohe Bedeutung als Rast- und Brutgebiet für zahlreiche Wasser- und Watvogelarten besaßen, und ist schon deshalb für den vorliegenden Fall nicht aussagekräftig. Altemüller / Reich (a.a.O., S. 118) haben keine besondere Gefährdung festgestellt: Beim reviermarkierenden Ausdrucksflug sei die Leitung stets mit mehr als 10 m Abstand überflogen, bei sonstigen Flügen ebenso deutlich unterflogen worden. Durchflüge zwischen den Leiterseilen oder den Leiterseilen und dem Erdseil seien nicht beobachtet worden, die Leitung sei also offenbar als deutliches Hindernis wahrgenommen worden. Auch als Zugvogel tritt der Große Brachvogel im Untersuchungsraum nicht in großer Zahl auf ("Prüfung", S. 65). Er erreicht zudem während des Heimzugs regelmäßig sehr große Flughöhen ("Prüfung", S. 65). Aufgrund dessen und aufgrund der Wirksamkeit der Markierungen ist eine artenschutzrechtlich relevante Gefährdung dieser Art auszuschließen. Entsprechendes gilt für die Bekassine. Ihre Gefährdung, durch Leitungsanflug getötet zu werden, ist jedoch nicht nur wegen der Markierungen als gering einzustufen, sondern auch deshalb, weil im Trassenbereich keine bedeutenden Rastgebiete liegen - die Ostenau-Niederung wird, wie dargelegt, umgangen - und weil die Trasse in der Hauptzugrichtung dieser Art verläuft ("Prüfung", S. 63). Was den Goldregenpfeifer (Zugvogel) angeht, ist dieser schon wegen seiner im Binnenland hohen Zughöhe und der im Trassenbereich nicht vorhandenen Rastgebiete nicht gefährdet ("Prüfung", S. 57). Bei der Feldlerche schließlich, die im gesamten Trassenverlauf anzutreffen ist, ist das Problem nicht in erster Linie die Gefährdung durch Leitungsanflug, sondern die Scheuchwirkung, die darauf beruht, dass die Männchen im Nahbereich der Leitung nicht ihren territorialen Balz- und Singflug ausführen können ("Prüfung, S. 29; Altemüller / Reich, a.a.O., S. 118). Das zeigt aber auch, dass die Leitung für sie gut erkennbar ist. Durch die Markierung des Erdseils wird die Erkennbarkeit weiter verbessert.

44

Den weiteren Antrag, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis über die Frage zu erheben, ob das unmittelbare Umfeld der geplanten Freileitung in einem Abstand von ca. 300 m zur Trasse südwestlich der Standorte der Masten Nr. 45 und 46 von Kranichen als Raststandort genutzt wird, hat der Senat ebenfalls abgelehnt: Die Beweiserhebung war nicht erforderlich, weil der Senat unterstellt, dass der beschriebene Bereich von Kranichen zum Rasten genutzt wird. Er konnte das tun, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Markierung des Erdseils Kraniche nicht genauso wirksam gegen Leitungsanflug schützt wie andere Vogelarten. Auch der Kläger hat einen solchen nicht benannt. Die Vogelart "Kraniche" ist bezeichnenderweise in seinem zuvor behandelten Beweisantrag, in dem er die Vogelarten bezeichnet hat, die er für besonders anfluggefährdet hält, nicht aufgeführt. Dass der als vorhanden unterstellte Kranich-Rastplatz auch kein durchschlagendes Indiz dafür ist, dass der avifaunistische Fachbeitrag und die "Prüfung", in denen der Rastplatz nicht behandelt ist, auf einer unzureichend ermittelten Tatsachengrundlage beruhen, ist bereits dargelegt worden. Abgesehen davon, hat der Kläger erstmals in seinem Schriftsatz vom 07. Juli 2010 (im vorläufigen Rechtsschutzverfahren) auf den Kranich-Rastplatz hingewiesen, nach Ablauf der Klagebegründungsfrist des § 43 e Abs. 3 S. 1 EnWG. Der Rastplatz war auch nicht - darauf ist ebenfalls bereits hingewiesen worden - Gegenstand der Einwendungen des Klägers im Planfeststellungsverfahren, obwohl er schon seit einigen Jahren genutzt werden soll (vgl. § 43 a Nr. 7 S. 1 EnWG).

45

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen die Vorschrift des § 12 Abs. 1 S. 1 LNatSchG (a.F.), nach der der Verursacher eines Eingriffs in Natur und Landschaft zu verpflichten ist, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen). Das ist hier geschehen. Die - vom Kläger nur angesprochenen - Ersatz- bzw. Kompensationsmaßnahmen, die der Beklagte der Beigeladen aufgegeben hat, sind in Ziff. 2.1.6 (S. 5) des Planfeststellungsbeschlusses aufgeführt und im landschaftspflegerischen Begleitplan unter Ziff. 9 (S. 92 f.) zusammenfassend aufgelistet. Danach sollen der Eingriff in das Schutzgut "Tiere / Brut- und Zugvögel", der zwar - wie dargelegt - nicht das artenschutzrechtliche Tötungsverbot verletzt, der sich jedoch - neben dem "Restrisiko" des Leitungsanflugs - auch in anderen Wirkfaktoren äußert wie der Scheuch- und der Zerschneidungswirkung, und der Eingriff in das Schutzgut "Landschaft / Mensch" (durch Beeinträchtigung des Landschaftsbildes) durch den Abbau bestimmter, im landschaftspflegerischen Begleitplan i.e. aufgeführter Leitungen kompensiert werden (S. 85 ff., 92 f.). Der Einwand des Klägers, ein Teil dieser Leitungen sei bereits - ohne dass ein Zusammenhang bestünde mit der hier in Frage stehenden Freileitung - "sowieso" abgebaut und durch Erdkabel ersetzt worden bzw. werde "sowieso" abgebaut, greift nicht durch. Die Leitungen, auf die sich dieser Einwand bezieht, sind von der Beigeladenen ohne öffentlich-rechtliche Verpflichtung abgebaut worden bzw. werden ohne eine solche Verpflichtung abgebaut und sind deshalb von den zuständigen Naturschutzbehörden der Kreise Nordfriesland und Schleswig-F. in ein sog. Ökokonto aufgenommen worden (Planfeststellungsbeschluss, S. 128 u. / 129 o.; landschaftspflegerischer Begleitplan, S. 86 u.). Der Rückgriff auf dieses Ökokonto bzw. dessen Inanspruchnahme für die erforderliche Kompensation für die Eingriffe in die oben genannten Schutzgüter ist nach § 12 Abs. 6 S. 1 LNatSchG (a.F.) zulässig und vom Beklagten somit zu Recht anerkannt worden (vgl. dazu auch Planfeststellungsbeschluss, S. 161 f., 183 u. ff.). Der weitere Einwand des Klägers, der Beklagte habe den Abbau vorhandener Leitungen bei einigen Arten zu Unrecht auch als artenschutzrechtliche Vermeidungs- bzw. Minimierungsmaßnahme berücksichtigt, ist ebenfalls unberechtigt. Das ergibt sich insbesondere aus Ziff. 6.5 (S. 62 f.) des landschaftspflegerischen Begleitplans. Dort ist bezüglich des Schutzguts "Tiere" nur die Markierung des Erdseils als Vermeidungsmaßnahme aufgeführt. Auch im Planfeststellungsbeschluss (S. 161 f.) wird ausdrücklich zwischen dem Abbau bestehender Freileitungen als Kompensationsmaßnahmen und der Markierung des Erdseils als Vermeidungsmaßnahme unterschieden. Das ist auch bei der Bewertung der Auswirkungen der Leitung auf den Weißstorch geschehen ("Prüfung", S. 24). Die Markierung des Erdseils wird dort als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme eingestuft, der Abbau einer bestehenden Leitung dagegen lediglich als sich auf die "Gesamtsituation" des Weißstorch-Habitats begünstigend auswirkend bezeichnet, eine typische Beschreibung der sich von einer Kompensationsmaßnahme erhofften Wirkung (vgl. § 12 Abs. 1 S. 3 LNatSchG a.F.).

46

Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen das Gebot gerechter Abwägung aus § 43 S. 2 EnWG, das die Planfeststellungsbehörde verpflichtet, die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange zu berücksichtigen und gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dabei ist für die Frage, ob dieses Gebot verletzt ist, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses maßgebend (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., Rn. 256, VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 -, juris, Rn. 81). Mängel der Abwägung sind nach § 43 e Abs. 4 S. 1 EnWG nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Gemessen an diesen gesetzlichen Vorgaben, lässt sich ein - beachtlicher - Abwägungsfehler nicht feststellen.

47

Im Mittelpunkt der Abwägung stand - weil die Notwendigkeit des Ausbaus des Übertragungsnetzes nicht streitig ist - die Frage, ob die Leitung als Freileitung oder in der Form eines Erdkabels ausgeführt werden sollte. Die Beigeladene hat ihre Entscheidung, die Planfeststellung für eine Freileitung zu beantragen, "im Wesentlichen" auf Kostengesichtspunkte gestützt: Ein Erdkabel wäre bei Betrachtung der Gesamtkosten erheblich teurer als die Freileitung, nämlich etwa doppelt so teuer (Planfeststellungsbeschluss, S. 146). Dieser Argumentation ist der Beklagte gefolgt, u.a. deshalb, weil die Mehrkosten des Erdkabels eine Strompreiserhöhung zur Folge hätte: Das widerspreche den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 EnWG, der die Energieversorgungsunternehmen u.a. verpflichte, eine preisgünstige Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität sicherzustellen (Planfeststellungsbeschluss, S. 159u. / 160 o.). Der Kläger hält dem zum einen entgegen, dass die (unterstellten) Mehrkosten des Erdkabels bei der Abwägung keine Rolle spielen dürften: Diese Mehrkosten könnten nach den gesetzlichen Vorgaben - insgesamt - auf die Netznutzer und damit letztlich auf die Endverbraucher abgewälzt werden, und der darin zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, das Erdkabel zu privilegieren bzw. - kostenmäßig - mit der Freileitung gleichzustellen, würde ad absurdum geführt, wenn im Rahmen der Abwägung die Mehrkosten dennoch zu Lasten des Erdkabels berücksichtigt werden dürften. Zum anderen behauptet der Kläger, das Erdkabel verursache keine bzw. nicht so hohe Mehrkosten, wie bei der Abwägung - tragend - zugrunde gelegt. Beide Einwände des Klägers sind unbegründet.

48

Die (unterstellten) Mehrkosten des Erdkabels wären abwälzbar, wenn sie in die Entgelte für den Netzzugang, obwohl diese nach § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen und u.a. unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung gebildet werden, eingestellt werden dürften. Das wäre der Fall, wenn die Mehrkosten nicht den Effizienzvorgaben unterlägen. Nach § 21 a Abs. 4 S. 6 EnWG beziehen sich die Effizienzvorgaben nur auf den beeinflussbaren, nicht dagegen auf den nicht beeinflussbaren Kostenanteil. Zu den nicht beeinflussbaren Kostenanteilen zählen nach der gesetzlichen Fiktion des § 21 a Abs. 4 S. 3 EnWG die Mehrkosten eines Erdkabels, das nach § 43 S. 3 EnWG planfestgestellt worden ist, d.h. eines Erdkabels (mit einer Nennspannung von 110 kV), das in einem 20 km breiten Korridor, der längs der Küstenlinie landeinwärts verläuft, verlegt werden soll. Daraus folgt zunächst, dass die Mehrkosten eines Erdkabels, soweit es nicht im Küstenkorridor bzw. - im im Westen und Osten von Meeren umgebenden Schleswig-Holstein - in den Küstenkorridoren verläuft, nicht in die Entgelte für den Netzzugang eingestellt werden können und damit nicht abwälzbar sind. Das betrifft im vorliegenden Fall das ca. 3,7 km lange "Mittelstück" der Leitung, das - als Erdkabel - (Investitions-) Mehrkosten in Höhe von 2,1 bis 2,5 Mio. EURO verursachen würde (Planfeststellungsbeschluss, S. 157 o.). Der eindeutige Gesetzeswortlaut lässt es nicht zu, diese Mehrkosten in die Fiktion des § 21 a Abs. 4 S. 3 EnWG einzubeziehen. Im Übrigen - soweit die Trasse in den 20 km breiten Küstenkorridoren verläuft - sind die Mehrkosten nach den obigen Ausführungen dagegen wegen ihres gesetzlich fingierten Status als nicht den Effizienzvorgaben unterliegende nicht beeinflussbare Kostenanteile abwälzbar. Davon ist der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss (S. 159 u.) auch ausgegangen. Die gegenteilige Auffassung der Beigeladenen, zu deren Begründung sie sich im Wesentlichen auf Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung - ARegV - beruft, überzeugt nicht. Die gesetzliche Fiktion des § 21 a Abs. 4 S. 3, S. 6 EnWG ist eindeutig. Sie lässt keinen Raum, sie durch die ARegV, einer untergesetzlichen Norm, einzuschränken. Das ist jedoch auch nicht geschehen. Der Zusatz in § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ARegV "… und soweit die Kosten bei effizientem Netzbetrieb entstehen …" ist vor dem Hintergrund der Regelung in § 21 a Abs. 4 S. 3, S. 6 EnWG einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Mehrkosten nicht höher sein dürfen als die, die bei einem an Kostengesichtspunkten orientierten, d.h. effizienten, Bau und Betrieb eines Erdkabels entstehen (z.B. keine Verlegung eines Erdkabels aus Kupfer, wenn ein anderes, billigeres Material, wie Aluminium, technisch gleichwertig ist). Auch aus der Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 ARegV ergibt sich nichts für die Auffassung der Beigeladenen. Im Gegenteil: Darin differenziert der Verordnungsgeber zwischen Erdkabeln außerhalb der Küstenkorridore und Erdkabeln nach § 43 S. 3 EnWG, also Erdkabeln innerhalb der Küstenkorridore. Für erstere sieht er den Effizienzgrundsatz nur gewahrt, wenn die Mehrkosten des Erdkabels gegenüber den Kosten einer technisch gleichwertigen Freileitung den Faktor von 1,6 nicht überschreiten, für Erdkabel nach § 43 S. 3 EnWG enthält die Vorschrift gerade keine vergleichbaren Vorgaben oder Beschränkungen.

49

Die Möglichkeit, die Mehrkosten des Erdkabels, soweit es in den Küstenkorridoren verläuft, in das Entgelt für den Netzzugang einzustellen und damit auf die Netznutzer, die Stromversorgungsunternehmen, und - über diese - letztlich auf die Endverbraucher abzuwälzen, hat entgegen der Auffassung des Klägers jedoch nicht zur Folge, dass die Mehrkosten im Rahmen der Abwägung (überhaupt) keine Rolle mehr spielen dürften. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung dieser Möglichkeit das Erdkabel nicht gegenüber der Freileitung privilegieren wollen, sondern damit den Netzbetreibern lediglich die Planfeststellung für eine weitere technische Alternative zur Verfügung stellen wollen, eine Alternative, die sich in der Regel - weil Erdkabel meist auf weniger Widerstand in der betroffenen Bevölkerung und, gerade in den Küstenkorridoren, seitens der Naturschutzbehörden und -verbände treffen - auch schneller verwirklichen lässt: Die Entscheidung für diese Alternative sollte nicht dadurch erschwert bzw. versperrt werden, dass die Netzbetreiber die Mehrkosten nicht auf die Netznutzer abwälzen können, also quasi auf ihnen "sitzenbleiben". Darin - in der Zurverfügungstellung einer zusätzlichen technischen, kostenmäßig nicht dem Effizienzkriterium unterliegenden Alternative auch zur Beschleunigung des Leitungsausbaus, der wegen des fortschreitenden Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung und der meist dezentralen Standorte der diese Energien produzierenden Anlagen erforderlich ist (vgl. dazu die BT-Drucksache 16/10491, S. 1, 18, zum Entwurf des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze) - erschöpft sich jedoch die die Abwälzbarkeit ermöglichende gesetzliche Regelung. Das ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber in § 43 S. 3 EnWG die Wahl zwischen Freileitung und Erdkabel - trotz der Abwälzbarkeit der Mehrkosten eines in den Küstenkorridoren verlaufenden Erdkabels infolge seiner Freistellung von den Effizienzvorgaben - in das freie Ermessen des Netzbetreibers bzw. Vorhabenträgers gestellt hat (vgl. den Wortlaut dieser Vorschrift: "… kann ergänzend … beantragt werden …"). Bei der Ausübung dieses Ermessens haben der Vorhabenträger und - bei der Prüfung, ob sie dessen Ermessensentscheidung für richtig hält und übernehmen will - auch die Planfeststellungsbehörde u.a. die mit dem Energiewirtschaftsgesetz verfolgten, in dessen § 1 Abs. 1 aufgeführten Zwecke zu berücksichtigen. Zu diesen Zwecken gehören nicht nur die effiziente, sondern auch die preisgünstige und verbraucherfreundliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität. Die Berücksichtigung der Mehrkosten des Erdkabels unter den beiden zuletzt genannten Gesichtspunkten in der Abwägung, wie es der Beklagte getan hat (vgl. o.), ist somit zulässig.

50

Der Beklagte ist bei der Abwägung davon ausgegangen, dass die Ausführung des Vorhabens in der Form einer Erdkabel-Trasse in etwa doppelt so hohe (Gesamt-) Kosten verursachen würde wie in der planfestgestellten Form, als Freileitung (Planfeststellungsbeschluss, S. 146). Das ist nicht zu beanstanden, dieses Kostenverhältnis von 1 : 2 zu Lasten des Erdkabels durfte er zugrunde legen.

51

Zur Ermittlung des Kostenverhältnisses zwischen Freileitung und Kabel lagen dem Beklagten zahlreiche Gutachten bzw. Fachbeiträge vor, die er entweder selbst in Auftrag gegeben oder beigezogen hatte oder die von der Beigeladenen oder Betroffenen in das Planfeststellungsverfahren eingeführt worden waren (B. II, das auf einer Studie desselben Verfassers - B. I - aufbaut: Kostenvergleich alternativer Ausführungen windbedingter Netzverstärkungsmaßnahmen im Hochspannungsnetz in Schleswig-Holstein, Juli 2005, der die 110-kV-Leitung zwischen B. und F. betrifft; B. III, Kosten- und magnetfeldorientierte Aktualisierung der Ausführungsvarianten einer windbedingten Netzverstärkungsmaßnahme in Schleswig-Holstein, November 2006; B. IV, Priorität für Erdkabel beim Ausbau der Stromnetze in Schleswig-Holstein, Juli 2006, Stellungnahme zum entsprechenden Antrag der Landtagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen; Oswald, Stellungnahme zum selben Antrag; ders., Gutachten zur Bewertung einer alternativen Verkabelung der geplanten 110-kV-Hoch-spannungsfreileitungen Baumstraße - Löstringen und Pkt. Belm - Powe, Oktober 2007; Paul, Kabel oder Freileitung, 2007; Jarass / Obermair, Netzeinbindung von Windenergie in Schleswig-Holstein, März 2005, betr. die in Frage stehende Leitung; dies., Wirtschaftliche Zumutbarkeit des Netzausbaus für erneuerbare Energien, in: ZfE 2005, 3 ff.; dies., Untersuchung derselben Frage im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Mai 2007; IEBT, Ergänzende betriebswirtschaftliche Betrachtungen zu den relevanten netzverstärkenden Investitionsalternativen, Juli 2009; Kostenvergleiche der Beigeladenen vom 24. November 2005, in: Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 17 f., und vom 21. Dezember 2007, in: Anlage 4 zum Erläuterungsbericht [Gesamtabwägung], S. 5 f., letzterer zugleich Auseinandersetzung mit den Studien von B.). Die Bandbreite des in diesen Gutachten und Fachbeiträgen ermittelten Kostenverhältnisses zwischen Freileitung und Kabel reicht von "nahezu Vollkostengleichheit" (Jarras / Obermair) bis 1 : 3,3 (Oswald, Gutachten zu den Leitungen Baumstraße - Löstringen u.a.). Das beruht auf den verschiedensten Ursachen, beispielsweise darauf, dass technisch nicht in jeder Hinsicht identische und gleichwertige Leitungs- und Kabelsysteme verglichen werden, dass die angesetzten Rohstoffpreise variieren, dass die sog. Übertragungsverluste, die bei einer 110-kV-Freileitung höher sind als bei vergleichbaren Erdkabeln, auf der Grundlage unterschiedlich hoher Strompreise (in ct/kWh) berechnet werden, dass die sog. sozialen Kosten, d.h. die für den Ausgleich und die Kompensation von Umweltbelastungen anfallen, teils nicht, teils in unterschiedlicher Höhe eingestellt werden und dass teilweise in dem Kostenvergleich - zu Lasten der Freileitung - auch die Kosten von Einspeisebehinderungen für durch Windenergieanlagen erzeugten Strom berücksichtigt werden, die darauf beruhen, dass die Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsverfahren in der Regel länger dauern als die für Erdkabel. Trotz der beschriebenen Bandbreite ist allerdings eine Tendenz oder ein Trend dahingehend erkennbar, dass die (Gesamt-) Kosten eines Erdkabels höher sind als die einer Freileitung. Wenn man einen Durchschnitt bilden würde, ergibt sich - überschlägig gerechnet - in etwa ein Kostenverhältnis von 1 : 2 zu Lasten des Erdkabels, von dem der Beklagte ja auch ausgegangen ist. Auch der Kläger räumt - in seinem Schriftsatz vom 26. Juli 2010 im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes - ein, dass der vom Beklagten und der Beigeladenen für richtig gehaltene Mehrkostenfaktor von 100 % dem Durchschnitt des in öffentlich erhältlichen Publikationen vertretenen Spektrums entspreche.

52

Mit der Auswertung der dargestellten Gutachten und Fachbeiträge hat sich der Beklagte jedoch nicht zufrieden gegeben, sondern ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt. Der von ihm beauftragte Gutachter, Prof. Dr. P., kommt in seiner "Gutachterlichen Beurteilung des Projekts 110-kV-Leitung B. - F. unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten" (vom September 2009) - (auch) in Auseinandersetzung mit den Gutachten von B. und den Kostenvergleichen der Beigeladenen - zu dem Ergebnis, dass bei Berücksichtigung aller Kosten über ein Zeitraum von 40 Jahren mittels der Barwertmethode (vgl. dazu IEBT, S. 1) das Kostenverhältnis 1 : 2 bis 2,5 zu Lasten des Erdkabels betrage: Zwar sei das Verhältnis bei den Investitionskosten höher, nämlich 1 : 3 bis 4. Jedoch verbessere sich das Verhältnis zu Gunsten des Kabels - auf den angegebenen Wert - durch die ca. 2,8 fach höheren Betriebskosten der Freileitung. Diese beruhten im Wesentlichen auf den höheren Kosten für die Übertragungsverluste, aber auch auf den um ca. 2/3 höheren Wartungskosten. Berechne man die Kosten für die Übertragungsverluste statt mit 4,5 ct/kWh z.B. mit 7,5 ct/kWh, könne das Kostenverhältnis auch kleiner als 1 : 2 werden (S. 39). Im Übrigen weist der Gutachter darauf hin, dass die Ergebnisse betriebswirtschaftlicher Prüfungen nie den Genauigkeitsgrad hätten wie die technischer Prüfungen, weil die Eingangsdaten - z.B. die Kupfer- bzw. Aluminiumpreise für das Erdkabel, die schon erwähnten Strompreise, Zinssätze für das aufzunehmende Kapital usw. - starken Schwankungen unterworfen seien und man deshalb Schwankungsbreiten von 10 bis 20 %, in Sonderfällen sogar von bis zu 50 %, einkalkulieren müsse (S. 27 o., vgl. auch Planfeststellungsbeschluss, S. 146 u.).

53

Das Gutachten "P.", dessen Ergebnis - Kostenverhältnis 1 : 2 bis 2,5 - in der (durchschnittlichen) Tendenz der bis dahin vorliegenden Gutachten und Fachbeiträge liegt, ist nachvollziehbar und plausibel. Die Kritik daran, dass der Gutachter zur Ermittlung der Investitionskosten für die beiden Erdkabelvarianten - Kupfer bzw. Aluminium - aktuelle Angebote von Kabelfirmen eingeholt und seinen Berechnungen zugrunde gelegt hat (S. 18, 29), ist nicht berechtigt. Es mag zwar sein, dass die Kupfer- bzw. Aluminiumpreise bei Einholung der Angebote höher waren als zu der Zeit, als B. seine Gutachten erstellt hat. Es ist jedoch genauso nicht ausgeschlossen, dass die Preise im Zeitpunkt des Baus der Leitung noch höher sein könnten. Das genau sind die Schwankungen bzw. Unwägbarkeiten, auf die der Gutachter hingewiesen hat und die darauf beruhen, dass zwischen der Variantenprüfung im Planfeststellungsverfahren und der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens erhebliche Zeit verstreichen kann. Aus demselben Grund ist es nicht zu beanstanden, dass der Gutachter die Übertragungsverluste auf der Grundlage eines Strompreises von 4,5 ct/kWh berechnet hat, eines Preises, der bei betriebs- bzw. marktwirtschaftlicher Betrachtung seinerzeit angemessen erschien (S. 34). Die Auffassung des Klägers, die Übertragungsverluste hätten auf der Grundlage von 7,5 ct/kWh, dem im EEG festgesetzten Preis für erzeugten Windstrom, berechnet werden müssen, überzeugt nicht. Zwar soll die Leitung im Wesentlichen der Übertragung bzw. der Weiterleitung von durch Windenergieanlagen erzeugtem Strom dienen, der bei der Übertragung teilweise verloren geht (Stichwort: Verlorene Windenergie). Der hier in Rede stehende Kostenvergleich zwischen Freileitung und Kabel hat jedoch nach betriebs- und marktwirtschaftlichen Grundsätzen und Regeln zu erfolgen. Für energiepolitische Erwägungen, die der Festlegung der (Abnahme-) Vergütung im EEG zugrunde liegen, haben der Gutachter und - ihm folgend - der Beklagte somit zu Recht keinen Raum gesehen (S. 34, Planfeststellungsbeschluss, S. 158). Die Kosten, die als Folge der erwähnten Einspeisebehinderungen durch die vermeintlich spätere Fertigstellung der Freileitung entstehen könnten, hat der Gutachter ebenfalls zu Recht unberücksichtigt gelassen. Die hier - wie dargelegt - maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Regeln lassen deren Berücksichtigung nicht zu. Davon geht auch - unter Verwerfung des hinter dem Verlangen nach Berücksichtigung dieser Kosten stehenden gesamt-volkswirtschaftlichen Ansatzes - der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss aus (S. 158; vgl. dazu auch Anlage 4 zum Erläuterungsbericht [Gesamtabwägung], S. 6 f.). Der Gutachter hat auch die sog. sozialen Kosten, d.h. die bei der Freileitungsvariante entstehenden Kosten für Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen, in den Kostenvergleich eingestellt. Das hat er in seinem Gutachten zwar nicht ausdrücklich gesagt. Das ergibt sich jedoch daraus, dass er hinsichtlich der Investitionskosten für die Freileitung von den - als richtig erachteten - Angaben der Beigeladenen ausgegangen ist (9.555.000,-- EURO insgesamt = 353.000,-- EURO / km). In diesen Kosten sind die Kosten für Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen bereits enthalten (Planfeststellungsbeschluss, S. 155 o., 184 u.), des Weiteren auch die Kosten für zu leistende Entschädigungen (Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 17). Für die Erdkabelvariante hat der Gutachter diese Kosten, obwohl sie auch beim Erdkabel - wenn auch wohl in geringerer Höhe - anfallen, nicht berücksichtigt (S. 28 u. bis 32). Nicht berücksichtigt hat der Gutachter auch die Mehrkosten - dies allerdings bewusst, weil diese auch in die von ihm auf ihre Plausibilität hin überprüften Kostenvergleiche von B. und der Beigeladenen nicht eingestellt worden sind (für letztere: Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 18) -, die durch den Anschluss des Umspannwerks S. bei der Erdkabelvariante entstünden. Dieser Anschluss ist als Freileitung unproblematisch zu realisieren, der Anschluss per Erdkabel ist dagegen technisch schwieriger (vgl. dazu Gutachten, S. 26; Planfeststellungsbeschluss, S. 117). Die größeren technischen Schwierigkeiten bedingen auch höhere Kosten. Der Vortrag des Klägers (aus seinem Schriftsatz vom 07. Juli 2010 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes), der Anschluss könne - statt mittels der vom Beklagten für erforderlich gehaltenen Einschleifung des Erdkabels - mittels von in einem sog. Dupré-Tunnel verlegter Abzweigmuffen hergestellt werden und die dafür erforderliche Tunnellänge von 10 bis 20 m verursache nur Mehrkosten von 10.000,-- bis 20.000,-- EURO, berücksichtigt nicht die Kosten der Abzweigmuffen. Diese betragen - nach den Angaben der Beigeladenen in ihrem Schriftsatz vom 18. Februar 2011 (S. 33), denen der Kläger nicht widersprochen hat - ca. 572.000,-- EURO. Die Gerätekosten für die Ausführung des Abzweigs als Freileitung belaufen sich dagegen nur auf ca. 132.000,-- EURO. Bei Einstellung der beiden zuletzt genannten Kostenpositionen - Kosten für Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen und Entschädigungen / Mehrkosten für den Anschluss an das Umspannwerk S. - in den Kostenvergleich verschöbe sich das vom Gutachter ermittelte Kostenverhältnis von 1 : 2 bis 2,5 weiter zu Lasten des Erdkabels. Diese - nicht berücksichtigten - Kosten sind auch geeignet, die Schwankungen, die sich bezüglich verschiedener Kostenpositionen nach den obigen Ausführungen ergeben können - z.B. höherer Ansatz als 4,5 ct/kWh bei Berechnung der Kosten der Übertragungsverluste -, in gewissem Umfang auszugleichen bzw. "aufzufangen". Abschließend sei zum Komplex des Kostenverhältnisses zwischen Freileitung und Kabel darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage verschiedener Abgeordneter und der Fraktion Die Linke zu den Auswirkungen des Gesetzes zum Ausbau von Energieleitungen ebenfalls davon ausgeht, dass das Kostenverhältnis 1 : 2 beträgt (BT-Drucksache 17/4131 vom 07. Dezember 2010, S. 5, wobei mit dem dort verwendeten Begriff "Investitionskosten" nur die Gesamtkosten gemeint sein können, denn in sämtlichen Publikationen wird bezüglich der - reinen - Investitionskosten stets von einem deutlich schlechteren Verhältnis zu Lasten des Erdkabels ausgegangen, z.B. im Gutachten "P." von einem von 1 : 3,1 bis 3,7).

54

Der Versuch des Klägers, durch die mit Schriftsatz vom 01. Februar 2011 vorgelegte - erst nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses veröffentlichte - Studie der Universität Duisburg / Essen und der Fa. … (Naturschutzfachliche Analyse von küstennahen Stromleitungen) und das mit Schriftsatz vom 18. April 2011 eingeführte Urteil des Schweizer Bundesgerichts vom 05. April 2011 zu belegen, dass das vom Beklagten bei der Abwägung zugrunde gelegte Kostenverhältnis zwischen Freileitung und Kabel falsch sei, berücksichtigt nicht, dass es - wie dargelegt - für die Frage, ob das Gebot gerechter Abwägung verletzt ist, auf den Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ankommt. Zu diesem Zeitpunkt, am 15. Januar 2010, lagen die Studie und das Urteil, aus dem der Kläger herleitet, dass das Kostenverhältnis längst nicht so weit auseinanderklafft wie vom Beklagten zugrunde gelegt, das Erdkabel möglicherweise sogar günstiger ist, noch nicht vor. Ein auf das Kostenverhältnis bezogenes Ermittlungsdefizit lässt sich auch sonst nicht feststellen. Unterstellt, es gäbe es dennoch, wäre es angesichts der Vielzahl der vom Beklagten ausgewerteten Gutachten und Fachbeiträge und des von ihm zusätzlich eingeholten Gutachtens "P." jedenfalls nicht im Sinne des § 43 e Abs. 4 S. 1 EnWG "offenbar" und damit unerheblich. Im Übrigen hat Prof. Dr. P. - wie schon ausgeführt - in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass man an die Genauigkeit betriebswirtschaftlicher Vergleiche nicht technische oder naturwissenschaftliche Maßstäbe anlegen, sondern es bei den Ergebnissen auch gewisse, auch größere, Schwankungsbreiten geben könne (S. 27). Variantenprüfungen im laufenden Planfeststellungsverfahren können nur Kostenschätzungen mit notwendigerweise prognostischem Gehalt zugrunde gelegt werden. Diese Kostenschätzungen können - eben wegen dieses prognostischen Gehalts - nur dann gerichtlich beanstandet werden, wenn keine geeigneten Erkenntnismittel herangezogen worden oder die gezogenen Schlüsse nicht plausibel und nachvollziehbar sind (BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, UPR 2011, 390 ff., 395, Rn. 90, VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 -, juris, Rn. 81). Das ist nach den obigen Ausführungen nicht der Fall.

55

Dem Antrag des Klägers, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis über die Frage zu erheben, ob die Gesamtkosten für die Ausführung des Vorhabens als Erdkabel bei der Betrachtung eines Zeitraums von 40 Jahren und unter Berücksichtigung der Stromverlustkosten höher als der 1,6 fache Betrag der Freileitung sind, hat der Senat nicht entsprochen und musste das auch nicht: Ein solches Gutachten wäre genauso wenig zu berücksichtigen wie die oben erwähnte Studie der Universität Duisburg / Essen und der Fa. …: Wie vorstehend dargelegt, ist der Beklagte im für die Abwägung maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zulässigerweise von einem Kostenverhältnis von 1 : 2 zu Lasten des Erdkabels ausgegangen. Beweis über die Frage, ob ein alternativ zu verwirklichendes Erdkabel in der 110-kV-Spannungsebene im Vergleich zur planfestgestellten Freileitung wartungs- und störungsanfälliger ist, musste der Senat ebenfalls nicht erheben. Er hat als richtig unterstellt, dass die Freileitung wartungs- und störungsanfälliger ist. Er durfte das tun, weil auch der vom Beklagten beauftragte Gutachter, Prof. Dr. P., von einer höheren Wartungs- und Störanfälligkeit der Freileitung ausgegangen ist. Das ergibt sich daraus, dass er um 2/3 höhere Wartungskosten zugrunde gelegt hat. Soweit der Beweisantrag dem Zweck dient zu belegen, dass das Erdkabel eine technisch gleichwertige Alternative zur Freileitung ist (vgl. die Begründung des Antrags), ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte die technische Gleichwertigkeit - obwohl er das, wie er in der mündlichen Verhandlung nochmals betont hat, sachlich anders beurteilt - im Rahmen der Abwägung unterstellt hat (Planfeststellungsbeschluss, S. 147, vorletzter Absatz, a.E.). Gegenstand des Beweisantrags war nicht, welche Folgen Störungen oder Beschädigungen der Freileitung oder des Erdkabels, gerade im Hinblick auf damit verbundene Ausfallzeiten, haben (vgl. dazu Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 14).

56

Dass der Beklagte seine Entscheidung für die Freileitung und gegen das Erdkabel "im Wesentlichen" auf Kostengesichtspunkte, hier das Kostenverhältnis von 1 : 2, gestützt hat, ist - wie dargelegt - unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität (vgl. § 1 Abs. 1 EnWG) im Grundsatz nicht zu beanstanden. Diese Kostengesichtspunkte sind ferner als Belange der Beigeladenen zu berücksichtigen, die unter dem Aspekt der - allgemeinen - Wirtschaftlichkeit ein Interesse daran hat, den von ihr zu finanzierenden finanziellen Aufwand für das Vorhaben möglichst gering zu halten (zur Berücksichtigung von Kostengesichtspunkten in der Abwägung, vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 - 9 A 8.10 -, a.a.O., Rn. 98 f., u. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, Rn. 37, 40). Sie haben hier angesichts der Höhe der (Gesamt-) Mehrkosten, die nach der Anlage 1 zum Erläuterungsbericht (Vergleich Freileitung - Kabel, S. 3, 17 f.) für ein Aluminiumkabel ca. 17 bis 18 Mio. EURO, für ein Kupferkabel ca. 23 Mio. EURO beträgt, erhebliches Gewicht. Prof. Dr. P. hat die Berechnungsgrundlagen, nach denen diese Zahlen ermittelt worden sind, in seinem Gutachten als "gut mit den aktuellen Werten noch übereinstimmend und plausibel" bezeichnet (S. 32). Die in der Anlage 4 zum Erläuterungsbericht (Gesamtabwägung, S. 5) angeführten Mehrkosten aus der B. III - Studie für ein Aluminiumkabel von "nur" 12, 6 Mio EURO sind lt. Prof. Dr. P. zu niedrig, weil die in die Berechnung eingestellten Aluminiumpreise nicht den aktuellen - höheren - Preisen entsprechen.

57

Schon die Kostengesichtspunkte lassen es auch nicht zu - wollte sich der Beklagte nicht den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens aussetzen -, die Beigeladene auf die Inanspruchnahme der der Fa. … erteilten naturschutzrechtlichen Genehmigungen für ein Erdkabel und den Eintritt in die mit den von der Kabeltrasse betroffenen Grundstückseigentümern geschlossenen Gestattungsverträge zu verweisen; denn für den Bau des Erdkabels aufgrund dieser Genehmigungen entstünden ja ebenfalls entsprechende Mehrkosten. Diese wären zudem für die Beigeladene nicht einmal abwälzbar, weil sich die Vorschrift des § 21 a Abs. 4 S. 3 EnWG nur auf Erdkabel innerhalb der Küstenkorridore bezieht, die nach § 43 S. 3 EnWG planfestgestellt worden sind (vgl. o.). Abgesehen davon, hat die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 18. Februar 2011 (S. 43) mit beachtlichen Gründen die technische Gleichwertigkeit des der Fa. … genehmigten Erdkabels mit der planfestgestellten Freileitung in Frage gestellt. Auch der Beklagte hält die technische Gleichwertigkeit für nicht gegeben (Planfeststellungsbeschluss, S. 144).

58

Durchsetzen können sich die Kostengesichtspunkte gegen die anderen zu berücksichtigenden privaten und öffentlichen Belange in der Abwägung jedoch nur dann, wenn dabei die objektive Gewichtigkeit dieser anderen Belange nicht verkannt wird (zum Abwägungsgebot allgemein, vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309). Dafür, dass der Beklagte (andere) Belange nicht mit dem ihnen gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt hätte, ist nichts ersichtlich. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die Passagen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses, in denen er sich mit diesen Belangen auseinandergesetzt und erläutert hat, warum er sich - in Ausübung seines ihm insoweit zustehenden, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Planungsermessens - für deren Zurückstellung entschieden hat (Planfeststellungsbeschluss, S. 141 - 143, S. 144 - 152, S. 161 - 178, S. 181 - 183, S. 186 - 195). Ferner verweist der Senat auf die Anlage 1 zum Erläuterungsbericht (Vergleich Freileitung - Kabel), in der auch die unterschiedlichen Auswirkungen auf die umweltbezogenen Schutzgüter dargestellt sind (S. 14 ff.), sowie auf die Anlage 4 zum Erläuterungsbericht (Gesamtabwägung).

59

Ungeachtet dieser Generalverweisung nimmt der Senat zu - öffentlichen und privaten - Belangen, die Betroffene, teilweise auch der Kläger, in der Abwägung - insbesondere - nicht ausreichend behandelt und berücksichtigt gesehen haben, im Folgenden ergänzend Stellung:

60

Die artenschutzrechtlichen, vor allem die avifaunistischen, Belange sind in die Abwägung mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden. Das ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte der Beigeladenen mit der Markierung des Erdseils eine Maßnahme aufgegeben hat, die verhindert, dass sich das Kollisionsrisiko - und damit das Tötungsrisiko - signifikant erhöht (vgl. o.). Das schließt es zwar nicht aus, im Rahmen der Abwägung noch "mehr" für diese Belange zu tun. Dass der Beklagte das nicht getan, d.h. die Beigeladene nicht auf die Erdkabelvariante verwiesen, hat, ist jedoch nicht zu beanstanden. Die Verbesserungen, die mit dem Erdkabel für das Schutzgut "Vögel" nur noch hätten erreicht werden können, sind verhältnismäßig gering. Sie hätten außer Verhältnis zu den erheblichen Mehrkosten gestanden, die die Erdkabelvariante verursacht hätte. Abgesehen davon, kann nicht außer Acht gelassen werden, dass auch das Erdkabel negative Auswirkungen auf umweltrelevante Schutzgüter hätte, vor allem die Schutzgüter "Boden" (einschließlich der Bodelebewesen), "Wasser" und "Pflanzen", die sogar stärker betroffen wären als sie es durch die Freileitung sind (Planfeststellungsbeschluss, S. 151, 161; Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 15).

61

Was die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (und - damit zusammenhängend - den Erholungswert der Landschaft) angeht, hat der Beklagte - natürlich - erkannt, dass diese Beeinträchtigung im Wesentlichen nur durch die Freileitung verursacht wird (Planfeststellungsbeschluss, S. 151, 161 f., 177 f.). Um die Beeinträchtigung so gering wie möglich zu halten, sie im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 LNatSchG (a.F.) zu minimieren, haben sich der Beklagte und die Beigeladene darauf verständigt, den relativ schlank wirkenden Masttyp "Donau" zum Einsatz zu bringen, der auch - im Vergleich zu anderen Masttypen - eine geringere Überspannungsfläche hat (Planfeststellungsbeschluss, S. 177). Im Übrigen hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Eingriff in das Landschaftsbild - durch den Abbau von Hoch- und Mittelspannungsfreileitungen - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kompensiert wird (Planfeststellungsbeschluss, S. 161 u., 177; landschaftspflegerischer Begleitplan, S. 90 f., 93). Nach diesen Vorgaben ist ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen Eingriff und Kompensationsmaßnahmen, der hier nur teilweise gegeben ist, nicht erforderlich (§ 12 Abs. 1 S. 4 LNatSchG (a.F.)). Dass der Beklagte im Rahmen der Abwägung nicht - was, wie dargelegt, möglich gewesen wäre - über die gesetzlichen Vorgaben hinausgegangen ist, sondern sich angesichts der erheblichen Mehrkosten des Erdkabels für die Bevorzugung der finanziellen Interessen der Beigeladenen und des öffentlichen Interessen an der preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität entschieden hat, ist nicht zu beanstanden. Diese Entscheidung und die darin zum Ausdruck kommende Gewichtung der konkurrierenden Belange ist durch sein Planungsermessen gedeckt.

62

Soweit Beeinträchtigungen der menschlichen Gesundheit durch Elektrosmog bzw. elektromagnetische Felder geltend gemacht werden, ist zunächst festzustellen, dass sowohl direkt unter der Freileitung als auch neben der Freileitung die Grenzwerte des Anhangs 2 zur Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV - für Niederfrequenzanlagen (wie die hier in Frage stehende 110-kV-Leitung, vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 a der Verordnung) selbst bei höchster betrieblicher Auslastung deutlich unterschritten werden. Bei normalem Dauerbetrieb, bei dem die tatsächlich auftretenden Betriebsströme nur maximal 60 % der höchsten betrieblichen Auslastung erreichen, fällt die Unterschreitung der Grenzwerte noch deutlicher aus. Das alles ergibt sich aus der Planfeststellungsunterlage 16.1 "Immissionen" (Ziff. 2.2., vgl. insbesondere die Tabelle 1 auf S. 12, wobei anzumerken ist, dass bei der Berechnung der in der Tabelle 1 angegebenen Werte noch von einem Mindest-Bodenabstand der Leiterseile von 7 m ausgegangen worden ist, dieser nach Ziffer 2.1.1 Buchstabe b des Planfeststellungsbeschl. jedoch 8 m betragen muss, was - wie auf S. 7 der genannten Planfeststellungsunterlage dargelegt ist - die Werte weiter reduziert). Gegen die Richtigkeit dieser Planfeststellungsunterlage hat der Kläger keine Einwände geltend gemacht. Er vertritt jedoch die Auffassung, dass bei der Abwägung nach § 43 S. 2 EnWG im Hinblick auf die noch anhaltende wissenschaftliche Diskussion über die Richtigkeit der Grenzwerte und die nicht ausreichend untersuchten Langzeitwirkungen von elektromagnetischen Feldern seine Bedenken und Ängste stärker hätten berücksichtigt werden müssen. Diese Auffassung teilt der Senat nicht; denn bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV bestehen nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand, der dem Erlass der Verordnung zugrunde lag, keine Gefahren für die Gesundheit (BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010 - 7 VR 4.10 -, ZUR 2010, 533). Dass dieser wissenschaftliche Kenntnisstand mittlerweile überholt wäre, hat die Strahlenschutzkommission des Bundes in ihrer Empfehlung vom 21./22. Februar 2008 - unter Auseinandersetzung mit internationalen Standards - nicht feststellen können (BVerwG, Beschl. v. 22.07.2010, a.a.O., S. 535). Auch das Bundesverfassungsgericht (Beschl. v. 21.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805) sieht die Pflicht des Verordnungsgebers, den Erkenntnisstand der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten, erst als verletzt an, wenn eine ursprünglich rechtmäßige Regelung aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich evident untragbar geworden ist. Angesichts der Empfehlung der Strahlenschutzkommission aus dem Februar 2008 ist eine solche Situation hier nicht gegeben. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 03. Juli 2007 - 32015/02 - NVwZ 2008, 1215 eine Verletzung von Art. 2 (Recht auf Leben), von Art. 8 (Achtung des Privat- und Familienlebens) der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und des Protokolls Nr. 1 zur Konvention (Schutz des Eigentums) durch die Anwendung der Grenzwerte der 26. BImSchV nicht erkennen können. Der Staat (hier: der Beklagte) ist auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eben gerade nicht verpflichtet, Vorsorge gegen rein hypothetische Gesundheitsgefahren zu treffen (BVerwG, Beschl. v. 09.03.2011 - 4 B 46.10 -, BauR 2011, 1150). Abgesehen davon, hat der Beklagte mehr getan als nur auf die Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV zu achten bzw. deren Einhaltung sicherzustellen. Er hat bei der Festlegung der Trasse vermieden, dass Wohnhäuser oder andere schutzbedürftige, dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienende Gebäude durch die Leitung überspannt werden oder die Leitung nahe an sie heranrückt, obwohl - wie die Berechnungen für von der Leitung zwischen den Masten Nr. 3 und 4 überspannte Gewächshäuser ergeben haben - auch dann die Grenzwerte der 26. BImSchV eingehalten werden (Planfeststellungsbeschluss, S. 169 ff, 172 f.). Auch das Wohnhaus des Klägers (auf dem Grundstück … in …) und die Hofstelle mit der dort befindlichen Wohnung seiner Mutter (auf dem Grundstück … in …) werden nicht überspannt. Sie sind zudem so weit von der Leitung entfernt, dass auf sie keine relevanten elektromagnetischen Felder einwirken bzw. die einwirkenden vernachlässigenswert gering sind (vgl. die Tabelle 1, S. 12, in der Planfeststellungsunterlage 16.1 "Immissionen"). Letzteres gilt auch für das Flurstück … der Flur … der Gemarkung … und - erst recht - für das Flurstück … der Flur … der Gemarkung …, das nördlich der Hofstelle liegt und damit noch weiter von der Leitung entfernt ist als diese. Dass die Grenzwerte der 26. BImSchV - deutlich - unterschritten werden, ergibt sich des Weiteren aus der Anlage 1 zum Erläuterungsbericht (Vergleich Freileitung - Kabel, S. 11 ff.). Daraus ist im Übrigen auch ersichtlich, dass der Grenzwert für die magnetische Flussdichte in 1 m Höhe über Terrain sowohl direkt unter der Freileitung als auch direkt über dem Erdkabel zwar deutlich eingehalten wird, der Wert beim Erdkabel jedoch fast doppelt so hoch ist wie bei der Freileitung. In 0,2 m Höhe über Terrain wird beim Kabel der Grenzwert von 100 Mikrotesla auf einer Breite von 1,64 m mit einem Höchstwert von 134 Mikrotesla sogar überschritten. Das zeigt, dass unter dem Gesichtspunkt des Elektrosmogs das Erdkabel ebenfalls nicht die in jeder Hinsicht bessere Alternative gegenüber der Freileitung ist. Angesichts dessen und der - deutlichen - Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV bestand für den Beklagten kein Anlass, dem Thema "Elektrosmog" und dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit in der Abwägung besondere oder gar entscheidende Bedeutung beizumessen.

63

Entsprechendes gilt für die Befürchtung, die von der Freileitung ausgehenden elektromagnetischen Felder könnten sich negativ auf Nutztiere auswirken (z.B. bei Rindern: niedrigere Milchleistung, Gefahr des Verkalbens, geringere Fruchtbarkeit usw.). Der Beklagte geht davon aus, dass es solche Auswirkungen nicht gibt, wenn die Grenzwerte der 26. BImSchV - auch wenn diese im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit festgelegt worden sind - eingehalten werden (Planfeststellungsbeschluss, S. 183). Diese Auffassung wird vom Bundesamt für Strahlenschutz geteilt: In seiner in den Planfeststellungsunterlagen befindlichen Stellungnahme vom 15. Oktober 2008 zur Frage möglicher Wirkungen hochfrequenter und niederfrequenter Felder auf Tiere und Pflanzen heißt es, dass es nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand keine belastbaren Hinweise dafür gebe, dass - bei Einhaltung der Grenzwerte - die Gesundheit von Tieren gefährdet sein könnte.

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Was die befürchteten Auswirkungen der elektromagnetischen Felder auf die Elektronik landwirtschaftlicher Fahrzeuge, Maschinen und sonstiger Anlagen (z.B. Fütterungs- und Melkanlagen) betrifft, weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass der Hersteller dieser Fahrzeuge usw. dazu verpflichtet ist auszuschließen, dass sie durch andere elektromagnetische Felder gestört werden (Planfeststellungsbeschluss, S. 191).

65

Die von der Freileitung einwirkenden Lärmimmissionen sind nach der Planfeststellungsunterlage 16.1 "Immissionen" ebenfalls vernachlässigenswert gering (Ziff. 2.1.2, S. 5 ff.). Zwar kann es bei sehr feuchter Witterung, wie Regen oder hoher Luftfeuchtigkeit, an der Oberfläche der Leiterseile zu sog. Korona-Entladungen kommen, die - zeitlich begrenzt - Geräusche verursachen. Diese erreichen aber selbst vor dem Umspannwerk B., wo sich mehrere Freileitungen konzentrieren, in unmittelbarer Leitungsnähe nicht einmal den Wert von 26 dB(A), der die niedrigsten Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für reine Wohngebiete und Kurgebiete (nachts) von 35 dB(A) um mindestens 9 dB(A), den für Wohnhäuser im Außenbereich maßgebenden Nacht-Richtwert von 45 dB(A) um mindestens 19 dB(A) unterschreitet (S. 6). Dort, wo die Freileitung allein verläuft - wie bei den Grundstücken des Klägers - sollen aufgrund der Bündelleiteranordnung mit ihrer geringen Randfeldstärke keine geräuschrelevanten Korona-Effekte auftreten. Selbst wenn das jedoch der Fall wäre, betrüge der dadurch direkt unterhalb der Leitung verursachte Schallpegel praktisch kaum nachweisbare 10 dB(A) (S. 6) (vgl. dazu auch S. 175 u./176 des Planfeststellungsbeschlusses). Gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen hat der Kläger nichts vorgebracht. Auf seinem ca. 850 m von der Leitung entfernten Wohngrundstück werden die durch Korona-Entladungen verursachten Geräusche, wenn es denn überhaupt zu diesen Entladungen kommt, nicht wahrnehmbar sein, auf seiner ca. 140 m entfernten Hofstelle werden sie nach dem zuvor Ausgeführten zu vernachlässigen sein, sie werden nicht ansatzweise das Ausmaß einer erheblichen Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG erreichen. Ergänzender Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung bedurften die Lärmimmissionen daher nicht.

66

Dass es beim Anstrich der Leitungsmasten zu Bodenverunreinigungen und unter den Leiterseilen infolge der Oxidation der Metalllegierung, aus dem die Seile bestehen, zum Eintrag von Schwermetallen in den Boden kommen könnte, ist nach den - überzeugenden - Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss allenfalls bei nicht fachgerechter Durchführung der Anstricharbeiten, von der nicht auszugehen ist, möglich, ansonsten ausgeschlossen (S. 165). Dieser Einwand ist deshalb nicht abwägungsbeachtlich. Auch die immer wieder vorgebrachte - und nur deshalb hier nochmals gesondert angesprochene - Befürchtung, die Masten der Freileitung könnten bei Stürmen oder sonstigen widrigen Witterungsverhältnissen umknicken, die Leiterseile abreißen und dadurch Menschen, Tiere und Gebäude gefährdet werden, rechtfertigt keine (Abwägungs-) Entscheidung gegen die Freileitung. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf den Planfeststellungsbeschluss (S. 194 f.). Die dort gemachten Ausführungen bedürfen keiner Ergänzung. Der gleichfalls häufig vorgebrachte Einwand, die Freileitung entziehe Flächen der baulichen Nutzung und behindere dadurch die Entwicklungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe, hat der Beklagte - soweit er ihm nicht aus besonderen einzelfallbezogenen Gründen entsprechen konnte - mit zutreffenden Erwägungen zurückgewiesen (Planfeststellungsbeschluss, S. 192, 194). Zudem hat er in diesem Zusammenhang zu Recht zu Gunsten der Freileitung und zu Lasten des Kabels berücksichtigt, dass unter den Leiterseilen bauliche Anlagen, wenn auch in der Höhe beschränkt, errichtet werden könnten, während die Überbauung von Erdkabeln nicht möglich ist (Planfeststellungsbeschluss, S. 148 f.). Auch die landwirtschaftliche Nutzung der Flächen unter der Freileitung ist, was das Wachstum des Getreides und sonstiger Nutzpflanzen oder die Nutzung als Weidefläche angeht, problemlos möglich. Das ist beim Kabel anders, weil es in dessen Umgebung zu einer Temperaturerhöhung kommt und dadurch der Boden schneller austrocknet (Planfeststellungsbeschluss, S. 148, Anlage 1 zum Erläuterungsbericht [Vergleich Freileitung - Kabel], S. 15 f.).

67

Was die unmittelbaren Betroffenheiten speziell des Klägers angeht, gilt Folgendes:

68

Der mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Eingriff in das dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG unterliegende Eigentumsrecht an den Flurstücken …, … und … der Flur … der Gemarkung … durch deren Inanspruchnahme als Maststandort, durch Überspannungen und durch Belastung mit einer dauerhaften Zuwegungsmöglichkeit ist durch die mit dem planfestgestellten Vorhaben verfolgten Ziele, die Sicherstellung der preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und der Einspeisung von umweltfreundlich erzeugter Elektrizität in das allgemeine Stromnetz, gerechtfertigt. Diese Ziele hat der Beklagte zu Recht in der Abwägung höher bewertet als die entgegenstehenden Interessen des Klägers. Davon ist zunächst deshalb auszugehen, weil der Verlust des Maststandortes für die landwirtschaftliche Nutzung - flächenmäßig - vernachlässigenswert gering ist. Ferner sind die Flächen unter den Leiterseilen - wie dargelegt - weiterhin, wenn auch mit gewissen Einschränkungen bzw. Erschwernissen hinsichtlich des Maschineneinsatzes, landwirtschaftlich nutzbar. Die Zufahrtsmöglichkeit, die durch die Eintragung von Grunddienstbarkeiten gesichert werden soll, wird zudem nur in der Bauphase, d.h. nicht dauerhaft, befestigt, so dass die Fläche danach wie zuvor landwirtschaftlich genutzt werden kann. Ihre im Rahmen von Unterhaltungs- und Wartungsarbeiten notwendige Inanspruchnahme soll nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Betroffenen erfolgen (zur Abwägung der Rechte aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG mit den öffentlichen Interessen an der Errichtung der Leitung, s. auch die Ausführungen auf S. 142 des Planfeststellungsbeschlusses).

69

Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Wertminderung seiner Grundstücke ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (u.a. Beschl. v. 09.02.1995 - 4 NB 17.94 - BRS 57 Nr. 42) eine solche keinen eigenständigen Abwägungsposten darstellt, weil sich die Frage der Wesentlichkeit der Auswirkungen einer Planung auf benachbarte Grundstücke grundsätzlich nicht nach dem Umfang einer möglichen Verkehrswertminderung beurteilt, sondern nach dem Grad der faktischen und unmittelbaren, sozusagen "in natura" gegebenen Beeinträchtigungen, die durch die angegriffene Planung zugelassen werden. Die Beeinträchtigungen durch Elektrosmog sind, soweit sie überhaupt auftreten, äußerst gering, ebenso etwaig eintretende Lärmbeeinträchtigungen (vgl. o.). Die durch die Überspannungen und den Mast bedingten Erschwernisse bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen und deren Auswirkungen sind nicht so schwerwiegend wie es der Kläger darzustellen versucht. Das gilt insbesondere, nachdem der Mindestbodenabstand der Leiterseile von 7 m auf 8 m erhöht worden ist (Planfeststellungsbeschluss, S. 189). Auch der Mast Nr. .. behindert die Bewirtschaftung nur unwesentlich, weil er nicht mitten auf der Fläche, sondern direkt am Grenzknick zum östlich benachbarten Grundstück stehen wird. Zudem werden die Auswirkungen der Bewirtschaftungserschwernisse dadurch abgemildert, dass die Beigeladene erklärt hat, dafür Entschädigungen zu zahlen (Planfeststellungsbeschluss, S. 17). Verbleiben die sich aus der "Nachbarschaft" zu einer solch großen, die Landschaft dominierenden technischen Anlage ergebenden - optischen - Beeinträchtigungen, falls man diese überhaupt zu den - unmittelbaren - Beeinträchtigungen im o.g. Sinne zählen kann (vgl. dazu Planfeststellungsbeschluss, S. 186, zu Ziff. 5.1.34; zu damit im Zusammenhang stehenden - möglichen - psychischen Beeinträchtigungen, vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 176). Auch diese Beeinträchtigungen durfte der Beklagte im Rahmen der Abwägung zugunsten der mit dem Vorhaben verfolgten erheblichen öffentlichen Interessen zurückstellen. Das gilt insbesondere deshalb, weil er versucht hat, die Beeinträchtigungen durch die Wahl eines relativ schlank wirkenden Masttyps abzumildern, und darauf geachtet hat, dass die Leitung Wohngebäude nicht überspannt und nicht zu nahe an sie heranrückt (vgl. insbesondere die obigen Ausführungen zur Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.). An dieser Beurteilung ändern auch die Ferienwohnungen des Klägers nichts. Wenn diese sich tatsächlich - wie in der Klageschrift vorgetragen - auf dem Grundstück … befänden, wäre eine relevante - optische - Beeinträchtigung, die sich auf deren Vermietbarkeit auswirken könnte, schon wegen der Entfernung zur Leitung nicht anzunehmen. Wenn die Ferienwohnungen dagegen - wie im Erörterungstermin vom 17. Januar 2007 behauptet - nur ca. 200 m von der Leitung entfernt wären, wäre die Beeinträchtigung "ernster" zu nehmen. Das hat der Beklagte jedoch auch getan. Er ist in der Abwägung von einem Abstand von ca. 200 m ausgegangen, hat diesen aber noch für ausreichend erachtet, um die Leitung nicht optisch bedrängend oder erdrückend und den freien Blick in die Landschaft nicht als zu sehr eingeschränkt und zu stark beeinträchtigt erscheinen zu lassen. Diese Einschätzung teilt der Senat. Sie rechtfertigt zusammen mit den Gründen, die für die Beurteilung maßgebend sind, den durch die Freileitung bewirkten Eingriff in das Landschaftsbild - um den es hier letztlich geht - nicht als Verstoß gegen das Gebot gerechter Abwägung zu bewerten, auch in diesem Zusammenhang die (Abwägungs-) Entscheidung zu Lasten des Klägers (Planfeststellungsbeschluss, S. 303 f, vgl. auch S. 178 zum Verlust der Naherholungseignung).

70

Ergänzend nimmt der Senat, was speziell die Behandlung und Berücksichtigung der Belange des Klägers angeht, auf die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss, mit denen die von diesem im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen zurückgewiesen worden sind (S. 300 - 306), sowie auf die Gründe seines Beschlusses im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug.

71

Die vom Kläger hilfsweise gestellten Klaganträge können ebenfalls keinen Erfolg haben. Das ergibt sich - konkludent - aus den Ausführungen, mit denen der Senat den Hauptantrag abgewiesen hat: Angesichts dessen, dass die Einwendungen des Klägers nicht durchgreifen bzw. in nicht zu beanstandender Weise in der Abwägung berücksichtigt / behandelt worden sind, kann er weder verlangen, dass der Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt wird, noch die Verpflichtung beanspruchen, dass der Beklagte erneut über Schutzauflagen und Entschädigungen zu seinen Gunsten entscheidet.

72

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).

73

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Das erscheint deshalb billig, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

74

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO (in analoger Anwendung).

75

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsgegner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abzuwenden, wenn nicht die Antragstellerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung. Gleichzeitig mit dieser Teilfortschreibung erfolgten auch die Teilfortschreibungen des Regionalplans 2012 für die übrigen Planungsräume (Planungsräume II bis V). Ziel dieser Teilfortschreibung ist es einerseits, zu den aufgrund früherer Planung bereits bestehenden Windeignungsflächen weitere Windeignungsflächen hinzuzufügen, so dass insgesamt ca. 1,5 % der Landesfläche als Windeignungsflächen ausgewiesen werden. Andererseits soll die Windenergienutzung auf diese Eignungsflächen konzentriert werden. Die Antragstellerin fühlt sich durch diese Planung beeinträchtigt, weil sie außerhalb der Windeignungsflächen Windenergieanlagen errichten und betreiben möchte. Sie hat für die dafür vorgesehenen Flächen langfristige Nutzungsverträge mit den Grundeigentümern geschlossen.

2

Grundlage der Teilfortschreibung ist der am 13. Juli 2010 veröffentlichte (Amtsbl. S. 719) Landesentwicklungsplan 2010 (LEP). In Ziffer 3.5.2 sind dort die Grundsätze und Ziele der Raumordnung in Bezug auf die Windenergie geregelt. Darin ist die Zielbestimmung getroffen, dass ca. 1,5 % der Landesfläche in den Regionalplänen als Eignungsgebiete für die Windenergienutzung festzulegen sind (Ziffer 3.5.2 Abs. 3). Ferner sind dort unter anderem folgende Regelungen als Ziele der Raumordnung festgesetzt:

3

„6 Bei der Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergie gelten die Empfehlungen der entsprechenden Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen in der jeweils aktuellen Fassung.

4

5

8 Die Festlegung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung gemäß Ziffer 3.5.2 Absatz 3 ist in folgenden Gebieten nicht zulässig (Ausschlussgebiete):

6
- im Gebiet des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer sowie in der Nordsee bis zur Hoheitsgrenze;
7
- auf den Nordfriesischen Inseln und Halligen;
8
- in der Ostsee bis zur Hoheitsgrenze;
9
- in der Elbe bis zur Hoheitsgrenze sowie auf sonstigen Wasserflächen (Seen und Flüsse);
10
- innerhalb der in den Regionalplänen festgelegten Siedlungsachsen und Besonderen Siedlungsräumen;
11
- auf Vordeichflächen aller Art;
12
- in bestehenden Naturschutzgebieten sowie in Gebieten, die die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung nach § 23 LNatSchG in Verbindung mit § 13 LNatSchG erfüllen, für die ein Verfahren nach § 22 Absatz 2 Satz 1 BNatSchG in Verbindung mit § 19 LNatSchG eingeleitet ist oder die nach § 22 BNatSchG in Verbindung mit § 12 LNatSchG einstweilig sichergestellt sind;
13
- in gesetzlich geschützten Biotopen, europäischen Vogelschutzgebieten und FFH-Gebieten;
14
- in Wäldern;
15
- auf größeren, regelmäßig aufgesuchten bevorzugten Nahrungs- und Rastflächen sowie im Bereich zugeordneter Vogelflugfelder.“

16

Absatz 9 benennt als Ziel der Raumordnung bestimmte Gebietstypen, in denen die Festlegung von Windenergieeignungsgebieten nur zulässig ist, wenn dies im Einzelfall mit dem Schutz- und Nutzungszweck dieser Gebiete vereinbar ist (Ausschlussgebiete mit der Möglichkeit der Feinsteuerung auf der Regionalplanebene). Als Grundsatz der Raumordnung räumt Absatz 10 der Regionalplanung die Befugnis ein, für bestimmte charakteristische Landschaftsräume Ausschlussgebiete festzusetzen.

17

Mit der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I, die die Ziffer 6.4.2 des Regionalplans für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998, vom 16. Juli 1998 (Amtsblatt S. 751) ersetzt, und den entsprechenden Regelungen für die vier weiteren Planungsräume setzte der Antragsgegner die Regelungen des LEP wie folgt um:

18

In allen fünf Teilgebieten wurden insgesamt 13.300 ha Eignungsflächen neu ausgewiesen, so dass nach der Teilfortschreibung aller Planungsräume insgesamt ca. 1,7 Prozent der Landesfläche als Windeignungsgebiete festgesetzt sind. Die Eignungsgebiete sind für jedes Teilgebiet jeweils in einer Karte zeichnerisch dargestellt. Für die jeweiligen Teilgebiete sind die Grundsätze und Ziele der Raumordnung im Einzelnen textlich dargelegt. Für das Teilgebiet I ist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 3 die Geltung der „Empfehlungen des entsprechenden Runderlasses zur Planung von Windenergieanlagen in der jeweils geltenden Fassung“ als Ziel der Raumordnung bestimmt. Als Ziel der Raumordnung ist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 ferner geregelt:

19

„Innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete stimmt die Errichtung von Windenergieanlagen mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung überein. Sofern und soweit die Windenergienutzung in einem Eignungsgebiet kleinräumig gesteuert oder darüber hinaus in ihrem flächenmäßigen Umfang eingeschränkt werden soll oder artenschutzrechtliche Belange dies erfordern, ist ein Flächennutzungsplanverfahren (§ 35 Absatz 3 Satz 3 gegebenenfalls in Verbindung mit § 5 Absatz 2 b BauGB) erforderlich. Eine flächenmäßige Einschränkung ist zu begründen und muss beachten, dass das landesplanerische Ziel der Windenergienutzung erhalten bleibt. Dieses Ziel wird durch eine angemessene begrenzte Einschränkung der Eignungsgebiete im Wege der Flächennutzungsplanung der einzelnen Gemeinden nicht in Frage gestellt. Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange können im Wege der Abwägung eine Reduzierung der Eignungsgebiete rechtfertigen.“

20

Als Grundsatz der Raumordnung heißt es in Ziffer 6.4.2.4, dass sich die Eignungsgebiete in einigen Gemeinden mit Gebieten mit besonderer Bedeutung für den Vogelschutz beziehungsweise mit potenziellen Beeinträchtigungsbereichen empfindlicher und geschützter Vogelarten überschnitten. Weiterhin lägen die Eignungsgebiete einiger Gemeinden in unmittelbarer Nachbarschaft zu Kompensationsflächen von Straßenbauprojekten, die artenschutzrechtliche Entwicklungsziele hätten. Der Antragsgegner wies ferner als Grundsatz der Raumordnung in Ziffer 6.4.2.5 darauf hin, dass sich in verschiedenen Eignungsgebieten sowie in der Nähe verschiedener Eignungsgebiete eingetragene Kulturdenkmale befänden. Ziffer 6.4.2.4 und 6.4.2.5 sehen für die betroffenen Gebiete arten- und denkmalschutzrechtliche Vorbehalte vor. Vergleichbare artenschutzrechtliche und denkmalschutzrechtliche Vorbehalte gibt es auch für zahlreiche Eignungsgebiete in den übrigen Planungsräumen.

21

Die Teilfortschreibungen des Regionalplans wurden - parallel mit der Aufstellung des Landesentwicklungsplans und der Änderung der Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen - seit 2009 vorbereitet. Der Antragsgegner bat die Kreise, sogenannte Kreiskonzepte zu erstellen. Dabei sollten die Kreise die Ziffer 7.5.2 Abs. 8 bis 10 des damaligen Entwurfs des LEP 2010, die weitgehend den Absätzen 8 bis 10 der Ziffer 3.5.2 des geltenden LEP entsprechen, sowie die im damals noch geltenden gemeinsamen Runderlass verschiedener Ministerien vom 04. Juli 1995 geregelten Abstände zu schutzwürdigen Nutzungen (Bl. 102 der Verfahrensakte) zu Grunde legen. Unabhängig von der fachlichen Eignung sollten keine Flächen aus Gemeinden in die Eignungsflächen einbezogen werden, die die Errichtung von Windkraftanlagen ablehnen; demgemäß wurde verfahren. Parallel zur Erstellung der Kreiskonzepte ermittelte die Landesplanung ohne Berücksichtigung des Gemeindewillens allein nach fachlichen Gesichtspunkten Potenzialflächen. Bei einem Vergleich der Kreiskonzepte mit den Potenzialflächen der Landesplanung stellte sich heraus, dass sowohl die von den Kreisen gemeldeten Potenzialflächen als auch die Potenzialflächen der Landesplanung für sich genommen mehr als ausreichend für die erforderlichen Neuausweisungen (11.300 ha = 0,72 %) zur Erreichung des im LEP genannten Ziels (23.600 ha = 1,5 % der Landesfläche) gewesen wären. Eine Verschneidung der Flächen ergab allerdings, dass lediglich 3.452 ha = 0,22 % der Landesfläche deckungsgleich waren. Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass die Kreise wegen negativer Voten der Gemeinden viele von der Landesplanung benannte Potenzialflächen nicht gemeldet hatten (Bl. 6094 der Planungsvorgänge). Daraufhin wurden sämtliche von den Kreisen und Gemeinden benannten Flächen überprüft. Ergebnis der Überprüfung war ein erster Vorentwurf der Landesplanung, der nochmals mit den Kreisen und verschiedenen Landesbehörden abgestimmt wurde.

22

Das Verfahren zur Teilfortschreibung der Regionalpläne wurde förmlich durch Runderlass des Innenministeriums vom 19. Juli 2011 eingeleitet (Amtsblatt, S. 458). Gleichzeitig wurde das Verfahren zur Anhörung der Öffentlichkeit bekannt gemacht (Amtsblatt, S. 461); die Planentwürfe wurden anschließend öffentlich ausgelegt.

23

Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahmen überarbeitete und änderte der Antragsgegner die Planentwürfe; er strich verschiedene zunächst ausgewiesene Eignungsräume in Gemeinden, die sich zwischenzeitlich gegen eine Windkraftnutzung ausgesprochen hatten. Anregungen, weitere Eignungsräume auszuweisen, wurden abgelehnt, wenn die betroffenen Gemeinden damit nicht einverstanden waren. Der Antragsgegner legte die geänderten Pläne erneut aus. Nach Durchführung der 2. Öffentlichkeitsbeteiligung änderte der Antragsgegner die Pläne nochmals. Im Planungsraum I wurden die Gebiete 248 und 308 aufgrund nachträglicher ablehnender Gemeindevoten gestrichen; für das Gebiet 204 wurde die Abgrenzung geändert.

24

Die Feststellung der Teilfortschreibung wurde am 17. Dezember 2012 im Amtsblatt öffentlich bekannt gemacht (für den Planungsraum I S. 1318).

25

Die Antragstellerin hat am 18. Februar 2013 gegen die Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie macht unter anderem geltend:

26

Die Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I leide an mehreren beachtlichen formellen Fehlern. Sie sei auch materiell mangelhaft. Die Planung entspreche nicht den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an ein schlüssiges gesamträumliches Plankonzept. Den in dieser Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Potenzialflächenfindung werde der Antragsgegner aus mehreren Gründen nicht gerecht. Zum einen unterscheide er nicht zwischen harten und weichen Tabuzonen, sondern behandele alle Ausschluss- und Abstandsflächen als harte Tabuzonen, weil er sich fälschlicher Weise an die Vorgaben des Landesentwicklungsplans (LEP) gebunden sehe. Eine Bindung an die Ziffern 3.5.2 Abs. 6 und Abs. 8 LEP habe aber nicht bestanden, denn es handele sich hierbei - trotz ihrer Bezeichnung als Ziele der Raumordnung - nur um Grundsätze der Raumordnung. Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels habe, hänge nicht von der Bezeichnung, sondern dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst ab. Die Rechtsqualität eines Zieles erlange eine als solche gekennzeichnete Planaussage nur, wenn die sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG ergebenden Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung erfüllt seien. Anderenfalls handele es sich nur um einen planerischen Grundsatz. Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfülle die Voraussetzungen eines Ziels der Raumordnung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG nicht, weil diese Vorschrift eine dynamische Verweisung enthalte. Zum Zeitpunkt der Abwägung sei für den Plangeber nicht erkennbar gewesen, welche Ausschlussgebiete und welche Abstände von schutzwürdigen Nutzungen festgelegt würden. Tatsächlich hätten sich auch die Abstände zur Wohnbebauung im Runderlass vom 22. März 2011 gegenüber dem Runderlass vom 04. Juli 1995, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der Abwägung über den LEP in Kraft gewesen sei, nicht unerheblich ausgeweitet. So sei der Abstand zu Einzelhäusern von 300 auf 400 m und der Abstand zu ländlichen Siedlungen von 500 auf 800 m erhöht worden. Grundsätze der Raumordnung hätten aber keine Bindungswirkung, sondern seien lediglich Vorgaben für die nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidung. Selbst wenn Ziffer 3.5.2 Abs.6 LEP gleichwohl als Ziel der Raumordnung angesehen werde, entfalte dieses Ziel keine Bindungswirkung für den Regionalplan. Weil dem Plangeber im Zeitpunkt der Abwägung nicht bekannt gewesen sei, über welche Ausschlussgebiete und Abstandskriterien er letztlich eine Entscheidung treffe, sei diese Zielbestimmung rechtswidrig. Bindungswirkung könnten aber nur rechtmäßige Ziele der Raumordnung entfalten.

27

Die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP aufgezählten Ausschlussgebiete habe der Antragsgegner zu Unrecht als harte Tabuzonen eingeordnet. Tatsächlich handele es sich dabei aber überwiegend um sogenannte weiche Tabuzonen, die der Abwägung zugänglich seien.

28

Die Regionalplanung stelle auch nicht sicher, dass der Windenergienutzung in substantieller Weise Raum verschafft werde. Ob dies der Fall sei, hänge nicht allein von quantitativen Kriterien ab, sondern auch von den bauplanungsrechtlichen Vorgaben und qualitativen Kriterien. Hier sei zu beanstanden, dass der Antragsgegner lediglich Eignungsgebiete gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG, nicht aber zugleich auch Vorranggebiete gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 ROG ausgewiesen habe. Die Ausweisung eines Eignungsgebiets als Ziel der Raumordnung führe aber nicht dazu, dass die genannten Nutzungen sich gegen innergebietliche konkurrierende Nutzungen durchsetzen könnten. Innergebietlich bleibe die Bindungswirkung noch hinter derjenigen eines Vorbehaltsgebietes gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 ROG zurück. Es fehle damit an einer schlussabgewogenen Verplanung der Fläche des Eignungsgebiets für die gesteuerte Nutzung.

29

Selbst wenn Eignungsgebiete innergebietlich als Ziel der Raumordnung wirken könnten, fehle eine durch raumordnerische Abwägung gesicherte positive Nutzungszuweisung, die im Rahmen der gemeindlichen Bauleitplanung nicht mehr zur Disposition stehe und durch die der Planvorbehalt gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ausgefüllt werden könne. Schon anhand des Wortlauts der Regelungen zur Windenergienutzung im angefochtenen Plan zeige sich, dass die Abwägung des Antragsgegners bei der Festsetzung der Eignungsgebiete nicht die nötige Dichte habe, um eine innergebietliche Schlussabgewogenheit zu erzeugen. Aus Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 für den Planungsraum I ergebe sich lediglich, dass innerhalb der ausgewiesenen Eignungsgebiete die Errichtung der Windenergieanlagen mit den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung übereinstimme. Eine Regelung zum Konflikt mit anderen Nutzungen fehle. Auch die dynamischen Verweisungen auf die Runderlasse und die vollständige Offenheit der Einschränkungsmöglichkeiten der Windenergienutzung durch die Gemeinden zeigten, dass es an der erforderlichen Schlussabgewogenheit fehle. Hinzu kämen noch die weiteren Spielräume für die nachfolgenden Planungs- und Genehmigungsbehörden durch die Vorbehalte für den Artenschutz und den Denkmalschutz. Diese generellen Vorbehalte seien unzulässig. Eventuelle Konflikte mit dem Denkmalschutz und dem Artenschutz müssten auf der Ebene der Regionalplanung abgewogen werden und dürften nicht auf das Genehmigungsverfahren oder auf die kommunale Ebene verlagert werden.

30

Die Abwägung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner die Ausweisung von Windeignungsgebieten von dem politischen Willen der betroffenen Gemeinden abhängig gemacht habe. Dies sei unzulässig. Es sei bereits fraglich, ob das Einvernehmen einer Gemeinde überhaupt ein Auswahlkriterium bilden könne. Zweifelsfrei könne der Wunsch der Gemeinden aber nicht vorrangiges oder ausschlaggebendes Kriterium für oder gegen die Ausweisung einer Fläche sein. So sei hier jedoch verfahren worden. Gegen ein negatives Gemeindevotum hätten sich andere abwägungsrelevante Belange nicht durchsetzen können.

31

Die Antragstellerin beantragt,

32

die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum I zur Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung für unwirksam zu erklären.

33

Der Antragsgegner beantragt,

34

den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

35

Der Antragsgegner hält den Normenkontrollantrag für unzulässig. Der Antragstellerin fehle das Rechtsschutzbedürfnis, denn bei Feststellung der Unwirksamkeit des angefochtenen Regionalplans seien die Regelungen des Regionalplans in der bisherigen Fassung anzuwenden. Dieser habe ebenfalls die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB.

36

Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet.

37

Die geltend gemachten formellen Fehler lägen nicht vor. Die in der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt enthaltenen Hinweise zum ersten Planentwurf seien nicht zu beanstanden. Diese Hinweise seien mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu vereinbaren, denn sie seien nicht geeignet, interessierte Bürger an der Erhebung von Stellungnahmen abzuhalten. Er - der Antragsgegner - sei damit lediglich seiner Verpflichtung nachgekommen, auf das Substantiierungserfordernis und eine ordnungsgemäße Durchführung des Beteiligungsverfahrens hinzuwirken. Er sei auch nicht verpflichtet gewesen, eine dritte Anhörung gemäß § 10 Abs. 1 ROG durchzuführen, denn die nach der zweiten Anhörung erfolgten Änderungen berührten die Grundzüge der Planung nicht. Die mit Kabinettsbeschluss verabschiedete Teilfortschreibung sei eine Zusammenführung von Flächen, wie sie im ersten und zweiten Planentwurf dargestellt worden seien. Die Größe und Lage der Flächen variiere zwar vom ersten zum zweiten Planentwurf an einigen Stellen. Die Teilfortschreibung enthalte aber keine Flächen, die nicht entweder im ersten oder zweiten Planentwurf enthalten gewesen bzw. dort Gegenstand von Prüfungen oder Abwägungen gewesen seien. Erster und zweiter Entwurf und die in beiden Anhörungen erlangten Abwägungsmaterialien bildeten in der Gesamtschau eine lückenlose Sammlung. Daraus folge, dass für die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten Träger öffentlicher Belange die Gelegenheit bestanden habe, zu allen in der Teilfortschreibung getroffenen Entscheidungen ihre sich aus § 10 Abs. 1 S. 4 ROG ergebenden Beteiligungsrechte wahrzunehmen.

38

Die Regionalpläne seien auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

39

Die Festlegung von Windeignungsgebieten entfalte die in § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB normierte Ausschlusswirkung. Den Teilfortschreibungen des Regionalplans lasse sich entnehmen, dass mit den Eignungsgebieten Ziele der Raumordnung festgelegt werden sollten. Die außergebietliche Ausschlusswirkung ergebe sich aus § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG. Innergebietlich träfen die Eignungsgebiete eine Eignungsaussage für bestimmte raumbedeutsame Nutzungen. Sie erklärten einen bestimmten Standort für grundsätzlich unbedenklich für eine definierte Nutzung. Hierin lägen die landesplanerische Letztentscheidung und damit auch eine Zielsetzung. Eine auf der Gemeindeebene erfolgende Planung könne die Eignung eines Gebietes nicht mehr gänzlich zur Disposition stellen. Nur die inner- gebietliche Ausgestaltung im Detail bleibe der nachfolgenden Planungsebene überlassen.

40

Für die Konzentrationsflächenplanung in Schleswig-Holstein sei zu beachten, dass sich bereits im Landesentwicklungsplan 2010 strenge Vorgaben für die Ausweisung von Eignungsgebieten befänden. Diese Vorgaben seien bei der Aufstellung der Teilfortschreibung für die Landesplanungsbehörde bindend gewesen. Mit den Angriffen gegen die Ausweisungskriterien greife die Antragstellerin inzident die Ziele der Raumordnung aus dem LEP an. Dies sei nicht berechtigt, denn die Ziele des LEP seien rechtmäßig. Die Ansicht, dem LEP liege kein schlüssiges räumliches Gesamtkonzept zugrunde, sei falsch. Die in Ziffer 3.5.2 LEP formulierten Ziele, zu denen insbesondere ein Katalog von harten und weichen Ausschlusskriterien gehöre, seien eine Weiterentwicklung der bisherigen Regionalpläne, in denen bis dahin in einer sehr ähnlichen Systematik diese Ausschlussgebiete formuliert gewesen seien.

41

Im Landesentwicklungsplan werde in rechtlich zulässiger Weise nach harten und weichen Tabukriterien unterschieden. Bei den in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP genannten Ausschlussgebieten handele es sich um harte Tabuzonen, in denen entweder arten- und naturschutzrechtliche Belange oder andere nicht mit der Windenergienutzung vereinbare Ziele der Raumordnung der Windenergienutzung faktisch oder aus begründeten planerischen Vorsorgeerwägungen heraus entgegenstünden. Die in Ziffer 3.5.2 Abs. 9 LEP genannten Ausschlussgebiete seien weiche Tabuzonen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Dokumentation hinsichtlich der Unterscheidung zwischen harten und weichen Tabuzonen sei auf der Ebene des LEP erfolgt. Dass der LEP und die Teilfortschreibung des Regionalplans die Begriffe „weiche" und „harte" Tabuzonen nicht ausdrücklich benennen, sei ohne Bedeutung. Entscheidend sei, dass der Antragsgegner sich bei der Planerstellung an den von der Rechtsprechung erstellten Kriterien orientiert habe.

42

Bei der Aufstellung des LEP seien Flächen ermittelt worden, auf denen die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen schlechthin ausgeschlossen sei. In einem zweiten Schritt seien im LEP diejenigen Flächen benannt worden, auf denen nach städtebaulichen bzw. raumordnerischen Vorstellungen Windkraftanlagen in der Regel nicht gebaut werden sollten. Die Runderlasse, auf die Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP verweise, seien harte Tabukriterien, denn die Erlasse seien für die Landesplanungsbehörde als staatliche Behörde bindend. Sie dürfe davon nicht abweichen. FFH-Gebiete seien in Nr. 3.5.2 Abs. 8 LEP zu Recht als harte Tabuzonen eingeordnet worden. Windkraftanlagen seien dort zwar nicht zwingend ausgeschlossen. Bei Berücksichtigung der konkreten Planungssituation und der vorliegenden Zusammenhänge könne es aber gerechtfertigt sein, die genannten Schutzgebiete den Flächen zuzuordnen, auf denen Windenergieanlagen tatsächlich oder rechtlich ausgeschlossen seien. Die Landesplanung habe sich hier von dem Gedanken der Vorsorgeplanung leiten lassen und die raumplanerische Prämisse zugrunde gelegt, dass Schutzgebiete grundsätzlich wertvolle Naturräume seien, die von technischen Eingriffen unberührt bleiben sollten. Nur so könnten sie auch den allgemeineren, für alle naturschutzfachlichen Schutzgebiete geltenden Funktionen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie dem Erholungswert von Natur und Landschaft gerecht werden. Diese Funktionen würden durch die Windkraftanlagen, die mit ihrer Gesamthöhe von bis zu 200 m und ihrer Rotorbewegung für ein Element der Unruhe in der Landschaft sorgten, gefährdet werden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass eine jeweils gebietsbezogene Einzelfallprüfung zu der Frage erforderlich wäre, ob die Errichtung von Windkraftanlagen mit den Erhaltungszielen des Gebiets vereinbar sei und ob sie zu einer Verschlechterung der zu schützenden Lebensraumtypen und -arten führen werde. Eine solche Verträglichkeitsprüfung könne nicht auf der Ebene der Regionalplanung durchgeführt werden. Möglicherweise hätte dieser Weg gleichwohl beschritten werden müssen, wenn im Laufe des Planungsprozesses festgestellt werde, dass bei einem vorsorgenden Pauschalausschluss aller Natura-2000 Gebiete nicht genug Raum für die Windenergienutzung verbleibe. Diese Gefahr habe aber in Schleswig-Holstein von vornherein nicht bestanden. Im Landesentwicklungsplan 2010 - Ziffer 5.2.1 Abs. 1 - komme das Ziel der Freihaltung auch dadurch zum Ausdruck, dass die Gebiete des Netzes Natura 2000 als Vorranggebiete für den Naturschutz darzustellen seien. Im Sinne einer schlüssigen Gesamtsystematik des LEP sei es nur folgerichtig, die FFH-Gebiete als Ausschlussgebiete für die Errichtung von Windkraftanlagen zu definieren, da nur so der Vorrang „Schutz der Natur“ umsetzbar sei. Insgesamt habe die Landesplanung damit plausibel begründet, weshalb sie aus übergeordneten raumplanerischen Gesichtspunkten die FFH-Gebiete als harte Tabukriterien festgelegt habe.

43

Die Berücksichtigung des Gemeindewillens sei nicht zu beanstanden. Der Ausschluss von Gebieten wegen des Gemeindewillens sei lediglich aufgrund eines Überangebotes an geeigneten Flächen erfolgt. Übergeordnetes Ziel der Planung sei es gewesen, der Windkraft zur Erfüllung des raumordnerischen Zieles (ca. 1,5 % der Landesfläche) in substantieller Weise Raum zu schaffen. Bei der Festlegung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen hätten die Wünsche der Gemeinden keinen pauschalen Vorrang gehabt. Die Landesplanung habe diesen Aspekt aber gleichwohl möglichst weitgehend im Planungsprozess verankern wollen, um am Ende einen auf breiter Basis akzeptierten Plan zu haben und um sicherzustellen, dass auf den ausgewiesenen Flächen der Windenergienutzung auf der Ebene der kommunalen Bauleitplanung möglichst weitgehend Raum verschafft werde. Die Landesplanung halte es für zulässig, die Gemeindebeschlüsse in der vorgenommenen Weise in die Abwägung einzubeziehen. In den Gemeindebeschlüssen drücke sich die bürgerschaftlich getragene Selbstbestimmung zur Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft nach Art. 28 Abs. 2 GG aus. Die Landesplanung halte es dabei auch für gerechtfertigt, in geringem Umfang potenziell gut geeignete Flächen allein aufgrund des ablehnenden Gemeindevotums zu verwerfen, dafür aber Flächen mit artenschutzrechtlichen oder denkmalschutzrechtlichen Vorbehalten aufzunehmen. An dieser Stelle fließe das Kriterium der Akzeptanz in der Bevölkerung für das gesamträumliche Konzept mit in die Planung ein. Die Akzeptanz bei den von den Planungszielen betroffenen Menschen stelle dabei einen Wert dar, der für die Umsetzungsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit des Planes eine den klassischen Schutzgütern vergleichbare Bedeutung habe. Wenn es um die Einbeziehung von basisdemokratischen Entscheidungen gehe (bei denen Gemeindebeschlüsse und Bürgerentscheide kommunalrechtlich gleichwertig seien), so handele es sich hierbei um eine politische Willensbildung, die gerade auf dieser Planungsebene sinnvoll berücksichtigt werden könne, da es hier um eine gesamträumliche Betrachtung in größerem, regionalem Maßstab gehe. Das gewählte Beschlussgremium der Gemeinde habe bei seinen Entscheidungen immer das Gemeinwohl im Blick (§ 1 Abs. 1 GO). Dies werde auch dadurch sichergestellt, dass Vorteilsnahme nach § 22 Abs. 1 GO ausgeschlossen werde. Insofern könne die Landesplanung davon ausgehen, dass Gemeindebeschlüsse das abgewogene Ergebnis einer nicht von Einzelinteressen geprägten Entscheidungsfindung seien.

44

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verfahrensakten zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans 2010 sowie der Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für alle Planungsräume, die der Senat beigezogen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1) Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

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Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft, denn die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans weist Windeignungsgebiete aus, die Ziele der Raumordnung im Sinne von § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG darstellen. Derartige Regelungen sind auch dann gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO mit der prinzipalen Normenkontrolle anfechtbar, wenn sie nicht förmlich als Rechtsvorschrift ergangen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 - 4 CN 6.03 -, DVBl. 2004, 629).

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Die Antragstellerin ist auch gemäß § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, denn der Antragsgegner bezweckt mit der Teilfortschreibung des Regionalplans eine Konzentration von Windkraftanlagen auf die Eignungsgebiete. Angesichts der Privilegierung von Windkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB würde dieser Zweck allein durch eine planerische Bindung der Gemeinden gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 ROG nicht zuverlässig erreicht. Eine effektive Konzentrationswirkung ist nur gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB möglich. Diese Wirkung sollte durch die angefochtene Planung erzielt werden. Dies hat der Antragsgegner im Normenkontrollverfahren schriftsätzlich und nochmals in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Da die Antragstellerin außerhalb der Windeignungsflächen Windkraftanlagen errichten möchte und dazu zivilrechtlich befugt ist, wird sie durch die beabsichtigte Ausschlusswirkung unmittelbar in ihren Rechten betroffen.

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Die Antragstellerin hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag. Bei Feststellung der Unwirksamkeit der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans ersetzt dieser zwar nicht mehr die Ziffer 6.4.2 des Regionalplans für den Planungsraum I, Fortschreibung 1998, vom 16. Juli 1998 (Amtsbl. 751). Diese Regelung, die ebenfalls eine Konzentrationswirkung bezweckt (vgl. Ziffer 6.4.2 Abs. 2 der alten Fassung), gilt dann fort (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.08.1990 - 4 C 3/90 - BVerwGE 85, 289 - Juris Rn. 21; 23.04.2002 - 4 CN 3/01 - NVwZ 2002, 1126 - Juris Rn. 9 - beide zur Fortwirkung früherer Bebauungspläne; Sächs. OVG, Urt. v. 25.03. 2014 - 1 C 4/11 - Juris Rn. 37 zur Fortwirkung eines früheren Regionalplans). Dieser Zusammenhang lässt aber das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag nur dann fehlt, wenn der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung der beanstandeten Rechtsnorm seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Steht die angefochtene Rechtsnorm der baulichen Nutzung eines Grundstücks entgegen, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn unzweifelhaft ist, dass der Antragsteller seinem Ziel durch die Feststellung der Unwirksamkeit der Norm nicht näher kommt. Dem Zulässigkeitserfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses ist bereits dann genügt, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732 zur Anfechtung eines Bebauungsplans; Beschl. v. 25.05.1993 - 4 NB 50/92 - NVwZ 1994, 268, 269 für den Fall einer Fortgeltung eines durch den angefochtenen Bebauungsplan ersetzten Bebauungsplans). Der Vorteil einer stattgebenden Sachentscheidung des Senats für die Antragstellerin liegt hier zum einen darin, dass die Urteilsgründe ihr möglicherweise die inzidente Überprüfung der Wirksamkeit und der Wirkung (Konzentrationswirkung) der bisherigen Regelungen erleichtern. Zum anderen erhält die Antragstellerin nach Feststellung der Unwirksamkeit der angefochtenen Teilfortschreibung die Chance, dass der Antragsgegner die Flächen der Antragstellerin bei einer erneuten Planung in ein Windeignungs- und / oder Vorranggebiet einbezieht (vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschl. v. 25.05.1993 aaO; Urt. v. 23.04.2002 - 4 CN 3/01 - NVwZ 2002, 1126).

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2) Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

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a) Die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans leidet an zwei erheblichen Verfahrensfehlern.

51

Die Bedenken der Antragstellerin gegen die Wirksamkeit der Bekanntmachung der Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 teilt der Senat zwar nicht. Die Teilfortschreibung wurde im Amtsblatt wirksam bekanntgemacht (für den Planungsraum I im Amtsblatt 2012, 1318). Dies gilt auch für die Planzeichnung, die dem Amtsblatt als Anlage beigefügt und damit Bestandteil des Amtsblatts geworden ist. Auf die Anlage wurde auch in der Bekanntmachung hingewiesen. Einer Ersatzbekanntmachung der Karte bedurfte es deshalb nicht.

52

Die Antragstellerin rügt aber zu Recht Verfahrensfehler, die die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 1 ROG betreffen und deshalb gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 1. Hs. ROG beachtlich sind. Da bei Inkraftsetzung der Fortschreibung des Regionalplans nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf die Jahresfrist des § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 ROG hingewiesen worden ist, kommt es nicht darauf an, ob die Rüge fristgemäß erhoben worden ist.

53

Die öffentliche Bekanntmachung der Auslegung des ersten Planentwurfs im Amtsblatt vom 01. August 2011 (S. 461) enthält den Zusatz, dass die Stellungnahmen sich nur auf den Zielteil des Entwurfs, nicht aber auf den Begründungsteil beziehen sollen. Der Antragsgegner hat damit die Öffentlichkeit beeinflusst, keine Stellungnahmen zur Begründung der planerischen Festsetzungen abzugeben. Die Begründung ist aber der zentrale Anknüpfungspunkt für die Beurteilung planerischer Festsetzungen und muss deshalb Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung sein. § 10 Abs. 1 S. 1 2. Hs. ROG sieht dies auch ausdrücklich vor. Der Zusatz ist dazu geeignet, die gesetzlich vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung zu beschränken und führt deshalb zur Unwirksamkeit der angefochtenen Fortschreibung des Regionalplans (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.04.1978 - 4 B 37.78 - Juris zu § 3 BauGB). Dieser Fehler wird nicht durch die zweite Öffentlichkeitsbeteiligung, deren Bekanntmachung (Amtsbl. v. 21. Mai 2012, S. 471) den einschränkenden Zusatz nicht enthält, geheilt. Eine Heilung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, auf die im zweiten Entwurf getroffenen Änderungen beschränkt worden ist.

54

Nach Durchführung der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung wäre eine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit erforderlich gewesen, denn der Planentwurf wurde durch die nachträgliche Streichung der Gebiete 248 und 308 und die Änderung der Abgrenzung des Gebiets 204 nochmals geändert. Die Auffassung des Antragsgegners, dass eine weitere Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erforderlich gewesen sei, weil sämtliche Eignungsflächen Gegenstand der bisherigen Auslegungen gewesen seien, überzeugt nicht. Die maßgebliche Änderung liegt in der Streichung von Eignungsflächen, von der die Öffentlichkeit nicht unterrichtet worden ist. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Klarstellung ohne materiellen Regelungsgehalt, sondern um erhebliche Änderungen mit nachteiligen Wirkungen für die betroffenen Grundstückseigentümer. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine beschränkte Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 10 Abs. 1 S. 4 ROG zulässig gewesen wäre. Ein vollständiger Verzicht ist im Gesetz nicht vorgesehen und deshalb unzulässig (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Loseblatt, Stand Oktober2014, §4 a Rn. 20 zur ähnlich geregelten Öffentlichkeitsbeteiligung bei Bauleitplänen).

55

Im Hinblick auf die oben festgestellten Mängel der Öffentlichkeitsbeteiligung, die jeweils für sich die Unwirksamkeit des angefochtenen Plans zur Folge haben, sieht der Senat davon ab, den weiteren, die Öffentlichkeitsbeteiligung betreffenden Rügen der Antragstellerin nachzugehen.

56

b) Die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans ist auch aus materiellen Gründen unwirksam, denn der Antragsgegner hat die öffentlichen und privaten Belange nicht gerecht abgewogen, wie dies gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 ROG erforderlich gewesen wäre. Es handelt sich dabei um erhebliche Mängel im Abwägungsvorgang gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 ROG. Ob die Mängel gemäß § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 ROG innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung gerügt worden sind, ist unerheblich, weil der Antragsgegner bei der Inkraftsetzung der Teilfortschreibung nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf die Frist hingewiesen hat (s.o.).

57

aa) Die Abwägung ist fehlerhaft, weil die planerischen Festsetzungen nicht geeignet sind, das mit der Planung bezweckte Ziel, die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB herbeizuführen, zu erreichen. Will der Plangeber die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erzielen, so muss er die der Ausschlusswirkung unterliegenden raumbedeutsamen Vorhaben (hier der Windenergieanlagen) an anderer Stelle als Ziele der Raumordnung ausweisen. Eine solche innergebietliche Zielbestimmung zugunsten der Windenergie setzt voraus, dass der Träger der Raumordnung in Bezug darauf verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, abschließend abgewogenen Festlegungen vornimmt (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG). Er muss die auf seiner Ebene erkennbaren öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abschließend abwägen (§ 7 Abs. 2 S. 2. Hs. ROG). Durch diese Vorgaben muss sichergestellt sein, dass sich die privilegierte Nutzung an den ihr zugewiesenen Standorten gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.20034 C 3/02 - NVwZ 2003, 1261 - Juris Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 20.05.2010 - 4 C 7/09 - BVerwGE 137, 74 - Juris Rn. 46 zu Flächennutzungsplänen). Eine derartige innergebietliche Zielbestimmung zugunsten der Windenergie ist in der angefochtenen Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I nicht enthalten.

58

Dagegen spricht bereits, dass der Antragsgegner keine Vorranggebiete im Sinne von § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 ROG, sondern lediglich Eignungsgebiete ausgewiesen hat. Ziel eines Eignungsgebiets gemäß § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG ist aber nur die außergebietliche Ausschlusswirkung. Dies folgt nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus dem in § 8 Abs. 7 S. 1 ROG statuierten Rangverhältnis zwischen Vorranggebieten (Nr. 1), Vorbehaltsgebieten (Nr. 2) und Eignungsgebieten (Nr. 3): In Vorranggebieten sind andere raumbedeutsame Nutzungen als die als vorrangig bestimmten Nutzungen und Funktionen ausgeschlossen, soweit diese anderen Nutzungen mit den vorrangigen Nutzungen und Funktionen nicht vereinbar sind. In Vorbehaltsgebieten ist den vorbehaltenen raumbedeutsamen Nutzungen und Funktionen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen - immerhin - ein besonderes Gewicht beizumessen. Dagegen beinhaltet die Ausweisung als Eignungsgebiet nur die Feststellung, dass das Gebiet für bestimmte raumbedeutsame, nach § 35 BauGB zu beurteilende Maßnahmen oder Nutzungen geeignet ist und diese Maßnahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind. Aus diesem Rangverhältnis folgt, dass in einem Eignungsgebiet auch andere raumbedeutsame Maßnahmen oder Nutzungen zugelassen werden können, wenn nur - keine besondere, sondern nur "einfache" - Rücksicht auf die für dieses Gebiet bestimmte Eignung genommen wird (Senat, Urteil vom 01.07.2011 - 1 KS 20/10 - Juris Rn. 23 - allerdings mit missverständlichem Hinweis auf § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB im Rahmen eines obiter dictums; so ebenfalls: OVG Sachsen-Anhalt Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 - Juris Rn. 56; mit ausführlichen Begründungen: Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl 2013 Rn. 155 ff; Wetzel, Rechtsfragen einer projektbezogenen Raumordnung, Diss. 2010, S. 174 ff). Ob Eignungsgebieten, die nicht zugleich ausdrücklich gemäß § 8 Abs. 7 S. 2 ROG als Vorranggebiet ausgewiesen werden, gleichwohl die gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erforderliche innergebietliche Zielwirkung beigemessen werden kann (so OVG NRW, Urt. v. 06.09.2007- 8 A 4566/04 - Juris Rn. 124; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.01.2010 - 12 KN 65/07 - Juris Rn. 34; offengelassen vom BVerwG, Beschl. v. 23.07.2008 - 4 B 20/08 - Juris Rn. 3), kann dahingestellt bleiben. Diese Wirkung kann allenfalls dann eintreten, wenn die sachlichen Regelungen des Regionalplans für das Eignungsgebiet inhaltlich den Vorrang der Windenergienutzung mit der von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG geforderten Verbindlichkeit festsetzen und die für den Plangeber erkennbaren Belange gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG abschließend abgewogen worden sind. Diesen Anforderungen wird der Inhalt der angefochtenen Teilfortschreibung offensichtlich nicht gerecht.

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Die planerischen Festsetzungen beinhalten die von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG für eine inner- gebietliche Zielbestimmung geforderten verbindlichen Vorgaben zugunsten der Windenergienutzung nicht. Der Plangeber weist in Ziffer 6.4.2.1 Abs. 4 der textlichen Festsetzungen der Teilfortschreibung des Regionalplans für den Planungsraum I lediglich darauf hin, dass die Errichtung von Windenergieanlagen innerhalb der in der Karte ausgewiesenen Eignungsgebiete mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung unter verschiedenen Vorbehalten (vgl. 6.4.2.1 Abs. 6; 6.4.2.4; 6.4.2.5 der textlichen Festsetzungen) übereinstimme und bestätigt in der Planbegründung das sich bereits aus der Festsetzung eines Eignungsgebiets ergebende Ziel des außergebietlichen Ausschlusses (§ 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 ROG). Die planerischen Festsetzungen bestimmen aber nicht, dass die Windeignungsgebiete verbindlich für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehen sein sollen und dass sich die Windenergienutzung dort gegenüber anderen Nutzungen, die mit der Windenergienutzung konfligieren, durchsetzen kann und soll. Im Gegenteil: Die sachlich gar nicht und räumlich nur unbestimmt (Erhaltung des landesplanerischen Ziels der Windenergienutzung) begrenzten Einschränkungsmöglichkeiten offenbaren, dass die Eignungsgebiete nicht verbindlich der Windenergienutzung zugewiesen worden sind. Der Antragsgegner hat die kleinräumige Steuerung in vollem Umfang den Gemeinden überlassen. Gründe für die Einschränkung können „Inhalte der Landschaftsplanung, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange“ sein. Anhaltspunkte, weshalb diese Belange auf der Ebene der Regionalplanung nicht erkennbar gewesen sein sollten, hat der Antragsgegner nicht dargelegt; sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat sich damit der eigenen Abwägung von Belangen, die bereits auf der Ebene der Regionalplanung erkennbar waren, enthalten und die Konfliktbewältigung vollständig auf die kommunale Bauleitplanung und die Genehmigungsbehörden verlagert (vgl. zu ähnlichen planerischen Festsetzungen OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.09.2010 - 2 A 5.10 - Juris Rn. 35). Dies ist mit einer Zielbestimmung gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG nicht vereinbar.

60

bb) Die angefochtene Fortschreibung des Regionalplans erfüllt auch sonst nicht die Voraussetzungen, die an eine planerische Entscheidung zur Herbeiführung der Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB zu stellen sind. Dafür bedarf es eines schlüssigen gesamträumlichen Planungskonzepts (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - 4 C 3.02 - NVwZ 2003, 1261). Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie folgt vorzugehen (BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017):

61

„Um den Anforderungen gerecht zu werden, die an den Abwägungsvorgang zu stellen sind, muss das Konzept nicht nur Auskunft darüber geben, von welchen Erwägungen die positive Standortzuweisung getragen wird, sondern auch die Gründe für die beabsichtigte Freihaltung des übrigen Planungsraums von Windenergieanlagen aufzeigen. Nach der Rechtsprechung des Senats ... vollzieht sich die Ausarbeitung des Planungskonzepts abschnittsweise (vgl. Beschluss vom 15. September 2009 - BVerwG 4 BN 25.09 - BRS 74 Nr. 112): In einem ersten Arbeitsschritt sind diejenigen Bereiche als "Tabuzonen" zu ermitteln, die für die Nutzung der Windenergie nicht zur Verfügung stehen. Die Tabuzonen lassen sich in "harte" und "weiche" untergliedern (Beschluss vom 15. September 2009 a.a.O.). Der Begriff der harten Tabuzonen dient der Kennzeichnung von Teilen des Planungsraums, die für eine Windenergienutzung, aus welchen Gründen immer, nicht in Betracht kommen, mithin für eine Windenergienutzung "schlechthin" ungeeignet sind (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2002 - BVerwG 4 C 15.01 - BVerwGE 117,287 <295, 299>), mit dem Begriff der weichen Tabuzonen werden Bereiche des Gemeindegebiets erfasst, in denen nach dem Willen des Plangebers aus unterschiedlichen Gründen die Errichtung von Windenergieanlagen "von vornherein" ausgeschlossen werden "soll" (vgl. Urteil vom 21. Oktober 2004 - BVerwG 4 C 2.04 - BVerwGE 122, 109 <112>). Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig bleiben, sind in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung zu setzen, d.h. die öffentlichen Belange, die gegen die Ausweisung eines Landschaftsraums als Konzentrationszone sprechen, sind mit dem Anliegen abzuwägen, der Windenergienutzung an geeigneten Standorten eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB gerecht wird.
... Wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 4 CN 1.11 - NVwZ 2013, 519; zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen), muss sich der Plangeber zur Vermeidung eines Fehlers im Abwägungsvorgang den Unterschied zwischen harten und weichen Tabuzonen bewusst machen und ihn dokumentieren. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die beiden Arten der Tabuzonen nicht demselben rechtlichen Regime unterliegen. Bei den harten Tabuzonen handelt es sich um Flächen, auf denen die Windenergienutzung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Sie sind einer Abwägung zwischen den Belangen der Windenergienutzung und widerstreitenden Belangen entzogen. Demgegenüber sind weiche Tabuzonen zu den Flächen zu rechnen, die einer Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung zugänglich sind. Zwar dürfen sie anhand einheitlicher Kriterien ermittelt und vorab ausgeschieden werden, bevor diejenigen Belange abgewogen werden, die im Einzelfall für und gegen die Nutzung einer Fläche für die Windenergie sprechen. Das ändert aber nichts daran, dass sie der Ebene der Abwägung zuzuordnen sind. Sie sind disponibel, was sich daran zeigt, dass raumplanerische Gesichtspunkte hier nicht von vornherein vorrangig sind und der Plangeber die weichen Tabuzonen einer erneuten Betrachtung und Bewertung unterziehen muss, wenn er als Ergebnis seiner Untersuchung erkennt, dass er für die Windenergienutzung nicht substanziell Raum schafft (vgl. Urteil vom 24. Januar 2008 - BVerwG 4 CN 2.07 - NVwZ 2008, 559 <560>). Seine Entscheidung für weiche Tabuzonen muss der Plangeber rechtfertigen. Dazu muss er aufzeigen, wie er die eigenen Ausschlussgründe bewertet, d.h. kenntlich machen, dass er - anders als bei harten Tabukriterien - einen Bewertungsspielraum hat, und die Gründe für seine Wertung offen legen.“

62

Diesen Anforderungen wird die angefochtene Teilfortschreibung des Regionalplans insbesondere deshalb nicht gerecht, weil die Landesplanungsbehörde der Fortschreibung des Regionalplans die in Ziffer 3.5.2 LEP Abs. 6 und 8 geregelten Ausschlussgebiete ohne Weiteres zu Grunde gelegt hat. Die Regelungen der Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP stellen aber der Sache nach Tabuzonen für das gesamte Land im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar. Dasselbe gilt für die in den Erlassen vorgeschriebenen Abstände der Windeignungsgebiete zu anderen baulichen Nutzungen, auf die Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP verbindlich Bezug nimmt.

63

Der Antragsgegner räumt ein, dass er bei der Aufstellung der Teilfortschreibung des Regionalplans den vom Bundesverwaltungsgericht gestellten Anforderungen nicht gerecht geworden sei. Er hält dies allerdings für unbedenklich, weil die Ausschlussgründe bereits durch den LEP als Ziele der Raumordnung festgeschrieben worden seien und die Regionalplanung daran gebunden gewesen sei. Diese Auffassung ist zwar im Grundsatz nicht zu beanstanden, denn Regionalpläne sind gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 ROG aus dem Raumordnungsplan für das Landesgebiet zu entwickeln. Die Regionalplanung darf die im LEP als Ziele der Raumordnung festgesetzten Ausschlussgründe (Tabukriterien) aber nur dann zu Grunde legen, wenn es sich bei den oben genannten Vorschriften des LEP um rechtmäßig festgesetzte Ziele der Raumordnung handelt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.06.2007 - 4 BN 17.07 - Juris Rn. 9 zu § 1 Abs. 4 BauGB). Maßgeblich ist vor allem, dass die Landesplanungsbehörde bei der Festlegung von Tabuzonen, die nicht bereits zwingend aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen folgen, die gemäß § 7 Abs. 2 ROG erforderliche Abwägung durchgeführt hat. Wenn für das gesamte Land Tabukriterien als Ziele der Raumplanung festgeschrieben werden, die für die Regionalplanung verbindlich sein sollen, müssen auf dieser Ebene (LEP) die vom Bundesverwaltungsgericht für die Flächennutzungsplanung und die Regionalplanung benannten Grundsätze (s.o) angewendet werden, denn für den Landesraumordnungsplan gilt das Abwägungsgebot ebenso wie für Regionalpläne. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners betreffen diese Grundsätze nicht nur Planungen von Kollegialgremien, sondern auch solche, die - wie bei der Regionalplanung in Schleswig-Holstein - unmittelbar von staatlichen Behörden vorgenommen werden. Der Grund für die Trennung und Dokumentierung der harten von den weichen Tabukriterien gilt gleichermaßen für staatliche Behörden. Auch diese müssen sich bei der Regelung von - hier landesweiten - Ausschlussgebieten Klarheit darüber verschaffen, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen die Ausschlüsse vorgenommen werden und - bei nicht zwingenden (weichen) Ausschlussgründen - die für einen generellen Ausschluss sprechenden Gründe gegen das Interesse, dort Windenergie zu erzeugen, abwägen. Diesen Anforderungen ist die Landesplanung bei der Aufstellung des LEP nicht gerecht geworden. Die bei der Aufstellung des LEP entstandenen Abwägungsfehler sind beachtlich, obwohl die Mängel nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 ROG innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung gerügt worden sind. Der Antragsgegner hat bei der Inkraftsetzung des LEP nämlich nicht gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ROG auf diese Frist hingewiesen.

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Die Landesplanung hat bei Regelung der Ausschlussgebiete gemäß Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP sowie der Anordnung der Anwendbarkeit der Runderlasse zur Planung von Windenergieanlagen in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP, die wegen der darin enthaltenen Abstandsregeln ebenfalls Tabuzonen festsetzen, die oben genannten Grundsätze nicht beachtet. Sie hat hierbei nicht nach harten und weichen Tabukriterien differenziert. Weder die Planbegründung noch der Umweltbericht oder sonstige Planungsvorgänge weisen auf eine solche Differenzierung hin. Es hat auch keine, jedenfalls keine dokumentierte, für den Senat nachvollziehbare Abwägung stattgefunden. Diese Verfahrensweise wäre nur dann unbedenklich, wenn, wie der Antragsgegner meint, die festgelegten Ausschlussgebiete ausschließlich auf harten Tabukriterien beruhen würden. Dies trifft jedoch nicht zu.

65

So beruhen die im Erlass vom 04. Juli 1995 (Amtsblatt S. 893) vorgesehenen Abstandsregelungen, die bei der Entscheidung über den LEP noch anwendbar waren, nicht auf harten Tabukriterien. Dasselbe gilt für die durch Erlass vom 22. März 2011 (Amtsblatt S. 196) geänderten Abstandsregelungen, die aufgrund der in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfolgten dynamischen Verweisung bei der Entscheidung über die Teilfortschreibung des Regionalplans zu Grunde gelegt wurden. Diese Abstände gehen über das rechtlich zwingend Notwendige (z.B. das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot) hinaus und werden im Erlass vom 22. März 2011 auch als Vorsorgeabstände bezeichnet. Die landeseinheitliche Regelung derartiger Abstandsvorschriften mag zwar sinnvoll sein. Da ihre Festsetzung nicht auf zwingendem Recht beruht, hätte die Landesplanungsbehörde aber unter Berücksichtigung aller Belange die Entscheidung über das Ob und das Ausmaß derartiger einheitlicher Mindestabstandsregelungen abwägen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 - NVwZ 2013, 1017 - Juris Rn. 8). Dies ist nicht geschehen. Der LEP hat die im Erlass vorgesehenen Abstände vielmehr ohne weiteres übernommen. Die Auffassung des Antragsgegners, die aus den Runderlassen folgenden Abstandsvorschriften seien harte Tabukriterien, weil die Landesplanung innerbehördlich an diese Erlasse gebunden sei, ist nicht richtig. Sofern eine innerbehördliche Bindungswirkung besteht, ist sie rechtswidrig und im Außenrechtsverhältnis nicht maßgeblich. Eine solche Bindungswirkung würde nämlich das Abwägungserfordernis des § 7 Abs. 2 S. 1 ROG vollständig unterlaufen (vgl. dazu auch Thür. OVG, Urt. v. 08.04.2014 - 1 N 676/12 - Juris Rn. 84 a.E.; OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 144/01 - Juris Rn. 54). Eine rechtmäßige Übernahme derartiger Abstandsregelungen anderer Behörden setzt voraus, dass die Landesplanungsbehörde zuvor eine Abwägung der widerstreitenden Belange vornimmt. Dies ist bereits deshalb nicht geschehen, weil die Landesplanungsbehörde von einer strikten Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen für die Landesplanung ausgegangen ist. Selbst wenn die Landesplanungsbehörde bei der Entscheidung über den LEP die damals nach dem Erlass vom 04. Juli 1995 maßgeblichen Abstände (zu Einzelhäusern und Siedlungssplittern 300 m, zu ländlichen Siedlungen 500 m, zu städtischen Siedlungen und Ferienhausgebieten u.ä. 1.000 m) ordnungsgemäß abgewogen hätte, so führt jedenfalls die in Ziffer 3.5.2 Abs. 6 LEP erfolgte dynamische Verweisung zu einer rechtswidrigen Regionalplanung. Mit der angeordneten Dynamik hat sie sich von vornherein der Abwägung begeben und ihre planerische Entscheidung in die Hände anderer Behörden gegeben. Durch die in Ziffer 3.5.2. Abs. 6 LEP erfolgte Bindung der Regionalplanung an die zukünftigen Erlasse und die Anwendung des nach Inkrafttreten des LEP geänderten Erlasses vom 22. März 2011 im Regionalplanverfahren ist die gebotene Abwägung vollständig ausgeblieben.

66

Auch die Auffassung des Antragsgegners, dass die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP geregelten Ausschlussgebiete ausnahmslos auf harten Tabukriterien im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beruhten, so dass eine Differenzierung nach harten und weichen Tabugründen, eine Dokumentation und Abwägung nicht erforderlich gewesen seien, ist nicht richtig. Der Antragsgegner hat weder bei der Aufstellung des LEP noch bei der Fortschreibung des Regionalplans zwingende tatsächliche oder rechtliche Gründe für die jeweiligen Ausschlussgründe dargelegt. Tatsächlich handelt es sich bei vielen Gebieten, die in Ziffer 3.5.2 Abs. 8 LEP geregelt sind, um Bereiche, in denen die Belange des Natur-, Arten- oder Landschaftsschutzes zwar häufig mit der Errichtung und dem Betrieb von Windenergieanlagen konfligieren, ihnen aber nicht zwangsläufig entgegenstehen und deshalb nicht ohne Abwägung generell aus der Windenergienutzung ausgeschlossen werden dürfen. Dies gilt zum Beispiel für die Nordfriesischen Inseln, denn es gibt keine tatsächlichen oder rechtlichen Gründe, die der Windenergienutzung in diesem Bereich schlechthin entgegenstehen. Auch die Antragserwiderung legt solche Gründe weder für diese Bereiche noch für die übrigen Ausschlussgebiete dar. Die Ausführungen des Antragsgegners, mit denen er beispielhaft auf die mit der Errichtung von Windkraftanlagen zu befürchtenden Konflikte mit Natura-2000 Gebieten eingeht, stützen im Übrigen seine Annahme, dass es sich hierbei um harte Tabuzonen handele, nicht, sondern weisen auf ihre Abwägungsbedürftigkeit hin. So zeigt der Antragsgegner - zu Recht - auf, dass Windkraftanlagen dort nicht generell, sondern nur dann unzulässig sind, wenn sie zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können (§ 34 Abs. 2 BNatSchG; vgl. dazu auch Thür. OVG, Urt. v. 08.04.2014 - 1 N 676/12 - Juris Rn. 78 ff; Gatz, aaO, S. 41). Auch der Hinweis darauf, dass die Landesplanung Windkraftanlagen aus Gründen der Vorsorge in Natura-2000 Gebieten schlechthin ausgeschlossen habe, macht deutlich, dass der Antragsgegner dort den generellen Ausschluss von Windkraftanlagen selbst nicht als zwingend ansieht.

67

Ein Verzicht auf die oben genannten Anforderungen, insbesondere auf die Durchführung einer Abwägung bei der Entscheidung über weiche Tabuzonen, lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die meisten Tabuzonen bereits in den vorherigen Fassungen der Regionalpläne vorgesehen waren. Unabhängig davon, ob die bisher ausgewiesenen weichen Tabuzonen jemals ordnungsgemäß abgewogen worden sind, war eine neue Abwägung jedenfalls deshalb geboten, weil die bisherigen regionalplanerischen Regelungen für alle Planungsräume ersetzt und die für die Windenergienutzung vorgesehenen Flächen nahezu verdoppelt werden sollten. Dies erfordert ein vollständig neues gesamträumliches Konzept, das auch die Überprüfung der bisherigen Tabuzonen notwendig macht.

68

cc) Die Abwägung leidet schließlich auch auf der letzten Stufe an einem erheblichen Fehler. Der vom Antragsgegner angeführte Gesichtspunkt des Überangebots - gemeint ist offenbar, dass nach Abzug der Ausschlussflächen mehr als 1,5 % potentielle Eignungsflächen ermittelt wurden - rechtfertigt es nicht, bei der weiteren Auswahl auf eine Abwägung zu verzichten und potenzielle Eignungsflächen nur wegen eines entgegenstehenden Gemeindewillens auszuklammern. Die Potenzialflächen, die nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen übrig blieben, hätten in einem weiteren Arbeitsschritt zu den auf ihnen konkurrierenden Nutzungen in Beziehung gesetzt werden müssen (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 11.04.2013 - 4 CN 2/12 aaO). Dies ist hier jedenfalls in Bezug auf die zahlreichen Gemeinden, die sich gegen eine Windkraftnutzung ausgesprochen haben, nicht geschehen.

69

Die Landesplanungsbehörde hat während des gesamten Planungsverfahrens zum Ausdruck gebracht, dass gegen den Gemeindewillen keine Windeignungsflächen ausgewiesen werden. Bereits im Rahmen der Erstellung der Kreiskonzepte wurde deutlich gemacht, dass die Kreise keine Windeignungsflächen aus Gemeinden aufnehmen sollten, die damit nicht einverstanden seien. Danach wurde während der gesamten Planung strikt verfahren. So wurden im Abwägungsverfahren Flächen nachträglich gestrichen, wenn Gemeinden erstmals auf Grund nachträglicher Meinungsänderung ihre ablehnende Haltung im Beteiligungsverfahren kundgetan hatten. Dieses Prinzip wurde nach Inkrafttreten der Teilfortschreibung von der Landesplanung als gelungener Prozess der Bürgerbeteiligung bezeichnet. Gemeinden, die mit einer Windkraftnutzung nicht einverstanden waren, wurden wie Tabuzonen behandelt. Eine Abwägung von Belangen im Sinne von § 7 Abs. 2 S. 1 ROG blieb somit vollständig aus.

70

Dabei sei zur Klarstellung darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse von schlichten Mehrheitsentscheidungen einer Gemeindevertretung oder eines Bürgerentscheids keine maßgeblichen Belange für eine durch Abwägung gesteuerte Planung sind. Das Abwägungserfordernis ist Ausfluss des Rechtsstaatsgebots gemäß Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301; Ernst-Zinkahn-Bielenberg- Krautzberger, aaO, § 1 Rn. 179 mit zahlreichen Nachweisen). Deshalb müssen alle planerischen Festsetzungen auf nachvollziehbaren sachlichen Gründen beruhen. Erst Recht darf der bloße Gemeindewille nicht das allein maßgebliche Kriterium einer Abwägungsentscheidung über einen Regionalplan mit der Wirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB sein, denn die damit verbundene Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG bedarf ebenfalls zwingend einer sachlichen Rechtfertigung. Abwägungserhebliche Belange können deshalb nur nachvollziehbare private oder öffentliche Interessen sein, wie sie zum Beispiel in § 2 Abs. 2 ROG als Grundsätze der Raumordnung oder in § 1 Abs. 6 BauGB als Planungsleitsätze für eine Bauleitplanung dargestellt sind. Nach § 7 Abs. 1 S. 3 LaPlaG in der bei Erlass des Regionalplans noch geltenden Fassung vom 10. Februar 1996 hätten die Gemeinden derartige Belange in die Planung einbringen können, die dann gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 ROG von der für die Abwägung allein zuständigen Landesplanungsbehörde mit allen anderen Belangen in die Abwägung einzustellen gewesen wären. So ist sie aber nicht verfahren. Sie hat lediglich auf das von den Gemeinden mitgeteilte Ergebnis abgestellt, ohne auch nur ansatzweise zu erforschen, ob es von raumordnungsrechtlich erheblichen Belangen getragen wird. Dadurch wurden alle für und gegen die Windenergienutzung sprechenden Belange vollständig ignoriert (vgl. zur Unzulässigkeit dieser Verfahrensweise: OVG Lüneburg, Beschl. v. 20.12.2001 - 1 MA 3579/01 - Juris Rn. 5; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.02.2003 - 1 A 11406/01- Juris Rn. 105 ff; Thüringer OVG, Urt. v. 19.03.2008 - 1 KO 304/06 - Juris Rn. 95; OVG Lüneburg, Urt. v. 28.01.2010 - 12 KN 65/07 Rn. 43; sinngemäß auch BVerwG, Urteil vom 13.03.2003 - 4 C 4/02 - Juris Rn. 38 f).

71

Diese Verfahrensweise widerspricht auch der Funktion der Regionalplanung. Aufgabe der Regionalplanung ist es, eine übergeordnete, zusammenfassende Planung für Teilräume des Landes vorzunehmen (vgl. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 LaPLaG in der bei Erlass des Regionalplans noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 10.02.1996). Diese Funktion wird konterkariert, wenn die Singularinteressen einzelner Gemeinden, die die Windkraftnutzung in ihrem Gebiet ablehnen, alle anderen Aspekte überlagern.

72

Der Abwägungsausfall verletzt nicht nur das den Eigentümern und sonstigen Berechtigten zustehende Recht auf gerechte Abwägung ihres privaten Belangs, Windkraftanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zu errichten. Sie wird auch den öffentlichen Belangen, die auf der Ebene des LEP keineswegs abschließend abgearbeitet, sondern bei der Regionalplanung untereinander abzuwägen sind, nicht gerecht. Dass eine solche Abwägung hier nicht nur erforderlich war, um abstrakten rechtlichen Anforderungen zu genügen, sondern aus sachlichen Gründen dringend notwendig gewesen wäre, ergibt sich insbesondere daraus, dass sich im Planungsverfahren tatsächlich kein Überangebot an fachlich geeigneten Flächen abgezeichnet hat. Die Landesplanung hatte bei Anlegung ihrer planerischen Grundsätze durchaus Schwierigkeiten, die nach dem LEP vorgesehene Gesamtfläche von 23.600 ha (1,5 % der Landesfläche) zu ermitteln. Zu den 12.300 ha (0,78 % der Landesfläche) der bisher vorhandenen Eignungsflächen sollten 11.300 ha (0,72 % der Landesfläche) zusätzlich ausgewiesen werden. Aus den von der Landesplanung ermittelten 19.800 ha (1,26 % der Landesfläche) Potenzialflächen und den unter Berücksichtigung des Gemeindewillens ermittelten 18.428 ha (1,17 % der Landesfläche) Potenzialflächen der Kreise ergab sich aber lediglich eine Schnittmenge von 3.452 ha (0,22 % der Landesfläche). Ein wesentlicher Grund hierfür war, dass viele von der Landesplanung ermittelte Potenzialflächen nicht mit den Wünschen der Gemeinden übereinstimmten (vgl. Zusammenfassung der Landesplanung v. 13.07.2010, Bl. 6094 d.A.). Nach ausführlichen Erörterungen mit den Kreisen kam es schließlich zu den veröffentlichten ersten Entwürfen für die fünf Teilgebiete, die insgesamt das im LEP vorgesehene Soll (ca. 1,5 % der Landesfläche) erfüllten. Da in allen Planungsräumen zahlreiche Eignungsflächen mit artenschutzrechtlichen und denkmalschutzrechtlichen Vorbehalten aufgenommen worden sind, wird deutlich, dass diese Gebiete aus der Sicht der Landesplanungsbehörde jedenfalls nicht vorbehaltlos für die Windenergiegewinnung geeignet sind. Aus fachlichen Gründen musste es sich in dieser Situation aufdrängen, zu prüfen, ob in denjenigen Gemeinden, die die Windkraftgewinnung schlechthin abgelehnt haben, Flächen vorhanden sind, die besser - vorbehaltlos - für die Windenergiegewinnung geeignet sind.

73

dd) Die Mängel im Abwägungsvorgang sind nach § 12 Abs. 3 Satz 2 ROG erheblich, denn sie sind offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

74

Die Offensichtlichkeit ergibt sich daraus, dass die Mängel ohne weiteres nach Aktenlage ohne Ausforschung der Entscheidungsträger über deren Planungsvorstellungen für den Senat erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 1981 - 4 C 57.80 - BVerwGE 64, 33 <38>).

75

Die Mängel hatten auch Einfluss auf das Abwägungsergebnis, denn es besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Planung bei Vermeidung der Abwägungsfehler anders ausgefallen wäre (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - 4 BN 47.03 - BauR 2004, 1130).

76

Dies gilt insbesondere für die Konkretisierung der innergebietlichen Zielbestimmung der Eignungsgebiete. Da der Antragsgegner durch die Planung die Rechtsfolge des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erreichen wollte, spricht alles dafür, dass er bei richtiger Beurteilung der Anforderungen dieser Vorschrift gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 7 Abs. 2 S. 1 2. Hs. ROG abschließend abgewogen verbindlich einen Vorrang zu Gunsten der Windenergie für die zu dieser Nutzung vorgesehenen Gebiete geregelt hätte.

77

Ebenso eindeutig ist die Ergebnisrelevanz des Abwägungsfehlers auf der letzten Stufe der Abwägung. Dies folgt schon daraus, dass nach der Beurteilung des Antragsgegners viele ausgewiesene Eignungsgebiete nicht vorbehaltlos für die Windenergie genutzt werden können und andererseits viele Potenzialflächen der Landesplanung nur wegen der ablehnenden Stellungnahmen der Gemeinden nicht berücksichtigt wurden. Danach besteht die konkrete Möglichkeit, dass die Landesplanung eine andere Flächenauswahl getroffen hätte, wenn sie ihre Entscheidung ausschließlich auf raumordnungsrechtlich erhebliche Belange gestützt hätte.

78

Nicht so eindeutig ist die Erheblichkeit des Abwägungsausfalls bei der Festsetzung der Tabuzonen, denn es spricht einiges dafür, dass der Träger der Regionalplanung bei ordnungsgemäßer Differenzierung der Tabuzonen die weichen Ausschlussgebiete gleichwohl - im Wege der Abwägung - festgesetzt hätte. Andererseits erscheint es durchaus möglich, dass das im LEP festgesetzte Ziel (ca. 1,5 Prozent der Landesfläche Windeignungsflächen) bei Berücksichtigung aller Ausschlussgebiete und der gebotenen abschließenden innergebietlichen Abwägungen (s.o.), insbesondere bei Berücksichtigung der vielfältigen denkmal- und artenschutzrechtlichen Vorbehalte, nicht erreichbar gewesen wäre. Dies hätte die Landesplanungsbehörde möglicherweise veranlasst, Ausschlussgebiete restriktiver festzusetzen. Danach besteht auch insoweit die konkrete Möglichkeit, dass die Landesplanung die Tabuzonen bei ordnungsgemäßer Differenzierung und Abwägung anders festgesetzt und im Ergebnis eine andere Flächenauswahl getroffen hätte.

79

3) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

80

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

81

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Erfordernisse der Raumordnung:Ziele der Raumordnung, Grundsätze der Raumordnung und sonstige Erfordernisse der Raumordnung;
2.
Ziele der Raumordnung:verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Raumordnung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums;
3.
Grundsätze der Raumordnung:Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen; Grundsätze der Raumordnung können durch Gesetz oder als Festlegungen in einem Raumordnungsplan aufgestellt werden;
4.
sonstige Erfordernisse der Raumordnung:in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung, Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie des Raumordnungsverfahrens und landesplanerische Stellungnahmen;
5.
öffentliche Stellen:Behörden des Bundes und der Länder, kommunale Gebietskörperschaften, bundesunmittelbare und die der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts;
6.
raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen:Planungen einschließlich der Raumordnungspläne, Vorhaben und sonstige Maßnahmen, durch die Raum in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung oder Funktion eines Gebietes beeinflusst wird, einschließlich des Einsatzes der hierfür vorgesehenen öffentlichen Finanzmittel;
7.
Raumordnungspläne:zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Pläne nach den §§ 13 und 17.

(2) Werden die Begriffe nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 in anderen Bundesgesetzen verwandt, sind sie, soweit sich aus diesen Bundesgesetzen nicht etwas anderes ergibt, im Sinne von Absatz 1 auszulegen.

(1) Bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen ist von der für den Raumordnungsplan zuständigen Stelle eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplans auf

1.
Menschen, einschließlich der menschlichen Gesundheit, Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt,
2.
Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft,
3.
Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie
4.
die Wechselwirkung zwischen den vorgenannten Schutzgütern
zu ermitteln und in einem Umweltbericht frühzeitig zu beschreiben und zu bewerten sind; der Umweltbericht enthält die Angaben nach der Anlage 1. Der Untersuchungsrahmen der Umweltprüfung einschließlich des erforderlichen Umfangs und Detaillierungsgrads des Umweltberichts ist festzulegen; die öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, sind hierbei zu beteiligen. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Raumordnungsplans angemessenerweise verlangt werden kann.

(2) Bei geringfügigen Änderungen von Raumordnungsplänen kann von einer Umweltprüfung abgesehen werden, wenn durch eine überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 genannten Kriterien festgestellt wurde, dass sie voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen haben werden. Diese Prüfung ist unter Beteiligung der öffentlichen Stellen, deren umwelt- und gesundheitsbezogener Aufgabenbereich von den Umweltauswirkungen des Raumordnungsplans berührt werden kann, durchzuführen. Sofern festgestellt wurde, dass keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind, sind die zu diesem Ergebnis führenden Erwägungen in die Begründung des Plans aufzunehmen.

(3) Die Umweltprüfung soll bei der Aufstellung eines Raumordnungsplans auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden, wenn in anderen das Plangebiet ganz oder teilweise umfassenden Plänen oder Programmen bereits eine Umweltprüfung nach Absatz 1 durchgeführt wurde. Die Umweltprüfung kann mit anderen Prüfungen zur Ermittlung oder Bewertung von Umweltauswirkungen verbunden werden.

(4) Die erheblichen Auswirkungen der Durchführung der Raumordnungspläne auf die Umwelt sind auf Grundlage der in der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 3 genannten Überwachungsmaßnahmen von der in den Landesplanungsgesetzen genannten Stelle, oder, sofern Landesplanungsgesetze keine Regelung treffen, von der für den Raumordnungsplan zuständigen oder der im Raumordnungsplan bezeichneten öffentlichen Stelle zu überwachen, um insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen frühzeitig zu ermitteln und um in der Lage zu sein, geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen unterrichten die öffentliche Stelle nach Satz 1, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Raumordnungsplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(5) Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorgaben zu erlassen zur Berücksichtigung von artenschutzrechtlichen Belangen im Rahmen der Umweltprüfung bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen. Sofern dabei auch Fragen der Windenergie an Land berührt sind, sind die Vorgaben auch im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zu erlassen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.