Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 18. Dez. 2018 - 8 A 11049/18

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2018:1218.8A11049.18.00
bei uns veröffentlicht am18.12.2018

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 18. Juni 2018 wird abgelehnt.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Berufungszulassungsantrag hat keinen Erfolg.

I.

2

Die Kläger begehren ein bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen die Nutzung des ihrem Hausgrundstück benachbarten Gebäudes des Beigeladenen durch die „Wohngemeinschaft P.“.

3

Beide Häuser, die zueinander jeweils nur einen Bauwich von 3 m einhalten, liegen in einem 1983 durch Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet. Die „Wohngemeinschaft P.“ besteht aus 9 älteren, überwiegend pflegebedürftigen Personen, die sich zu einer Wohngemeinschaft zusammengeschlossen haben. Durch einen Betreuungsvertrag hat die Wohngemeinschaft die Ökumenische Sozialstation L. e.V. (im Folgenden: Sozialstation) mit der 24-stündigen Betreuung beauftragt, die von wechselnden Mitarbeitern im Schichtdicht wahrgenommen wird. Die Betreuungsleistungen umfassen u.a. hauswirtschaftliche Unterstützungsleistungen, die Förderung des Gemeinschaftslebens sowie organisatorische Tätigkeiten unter Einbindung der Angehörigen und ehrenamtlicher Helfer. Daneben haben die einzelnen Bewohner separat ebenfalls die Sozialstation mit unterschiedlichen Pflegeleistungen beauftragt. Hierzu zählen etwa die Morgen-und Abendtoilette, Hilfen bei Ausscheidungen, Reinigung der Wohnung, Zubereitung von Mahlzeiten und Betreuungsleistungen für Demenzkranke.

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Mitte 2015 beantragten die Kläger, dem Beigeladenen die Nutzung des Hauses durch die „Wohngemeinschaft P.“ zu untersagen, weil dies mit der Gebietsfestsetzung im Bebauungsplan unvereinbar sei. Bei den Bewohnern des Hauses handele es sich sämtlich um verwirrte Personen, die zu einem selbstbestimmten Wohnen nicht mehr in der Lage seien. Besonders beeinträchtigend sei die Nutzung der Außenwohnbereiche, vor allem wegen der zum Teil unartikulierten Rufe und Laute der Bewohner.

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Dieses Begehren lehnte die Bauaufsichtsbehörde mit Bescheid vom Juli 2016 ab. Das Widerspruchsverfahren blieb ebenfalls erfolglos (Bescheid vom 12. April 2017). Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines klageabweisenden Urteils vom 18. Juni 2018 im Wesentlichen ausgeführt:

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Die Kläger hätten keinen Anspruch auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 81 Satz 1 LBauO. Denn die von ihnen beanstandete Nutzung des Hauses des Beigeladenen verletzte sie nicht in ihren Nachbarrechten. Zunächst könnten die Kläger sich nicht auf den Gebietsbewahrungsanspruch berufen. Denn die Nutzung des Hauses des Beigeladenen sei mit der Festsetzung des reinen Wohngebiets vereinbar. Hinsichtlich des Inhalts dieser Festsetzung sei auf den Wohnbegriff im Sinne der BauNVO 1977 abzustellen, ohne Anwendung der Regelung in § 3 Abs. 4 BauNVO 1990. Nach diesem Festsetzungsinhalt seien zwar Altenwohnheime und Altenheime in einem reinen Wohngebiet zulässig, nicht aber Altenpflegeheime, bei denen der Versorgungs-, Pflege- und Betreuungscharakter im Vordergrund stehe. Von der letztgenannten Einrichtung unterscheide sich allerdings die selbst organisierte Wohngemeinschaft im Haus des Beigeladenen. Die Mitglieder der Gemeinschaft lebten freiwillig in dem Haus, wobei es unschädlich sei, dass der freie Wille zum Teil nur mit Hilfe eines Betreuers umgesetzt werde. Ferner sei die für den Wohnbegriff geforderte selbstbestimmte Häuslichkeit hinreichend erfüllt. Jeder Bewohner habe ein eigenes Zimmer, das er mit eigenen Möbeln und mit persönlichen Dingen ausstatten könne. Eine Mehrfachbelegung der Zimmer finde nicht statt. Es gebe keine vorgegebenen Schlaf- oder Ruhezeiten. Spezielle Pflege- oder Funktionsräume seien nicht vorhanden. Die Nutzung der Gemeinschaftsküche stehe jedem Bewohner offen. Feste Essenszeiten oder vorgegebene Speisepläne existierten nicht. Über die Aufnahme neuer Bewohner entschieden die Mitglieder der Wohngemeinschaft selbstständig durch Mehrheitsbeschluss. Auch unter Berücksichtigung der Pflegebedürftigkeit der einzelnen Bewohner (vier Bewohner mit Pflegegrad 5, drei leichte und drei schwere Fälle von Demenz) überwiege das Wohnelement deutlich. Die Wohngemeinschaft sei nach ihrem Nutzungskonzept und auch dessen tatsächlicher Umsetzung nicht auf solche Personen ausgerichtet, die überhaupt nicht mehr zu eigener Gestaltung der Haushaltsführung in der Lage seien. Die Wohngemeinschaft unterscheide sich deutlich von Pflegeeinrichtungen, die funktionsbedingt die Lebensführung der jeweiligen Bewohner vorgäben und denen sich die Bewohner unterzuordnen hätten. Eine Unzulässigkeit der beanstandeten Nutzung ergebe sich auch nicht aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Denn sie stelle auch von ihrer Intensität her keine gegenüber der üblichen Nutzung von Einfamilienhäusern deutlich andersartige Nutzung dar. Auch die intensivere Wohnnutzung eines Einfamilienhauses durch mehrere Personen wahre ohne Weiteres die Eigenart des reinen Wohngebiets. Die von den Klägern geschilderten Immissionen der Wohngemeinschaft seien grundsätzlich sozialadäquat und auch in einem reinen Wohngebiet hinzunehmen. Von einer Erhöhung des Kraftfahrzeugverkehrs durch die Betreuungspersonen oder durch Angehörige würden die Kläger, deren Haus über die Nachbarstraße erschlossen sei, schon nicht betroffen. Im Übrigen halte sich dieser Verkehr in einem verträglichen Rahmen.

II.

7

Die von den Klägern geltend gemachten Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor.

8

1. Zunächst begründen die von den Klägern vorgebrachten, für die Prüfung des Berufungszulassungsantrags nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO maßgeblichen Gründe, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

9

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die Kläger keinen Anspruch auf das begehrte bauaufsichtsbehördliche Einschreiten. Denn durch die beanstandete Nutzung des Wohnhauses des Beigeladenen werden sie nicht in ihren Rechten verletzt. Zur Begründung kann zunächst auf die ausführliche Begründung im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren führt der Senat ergänzend aus:

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a) Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die Kläger nicht mit Erfolg auf den Gebietsbewahrungsanspruch berufen können.

11

Denn die beanstandete Nutzung ist mit der Festsetzung eines reinen Wohngebiets vereinbar. Für den Inhalt dieser Festsetzung ist die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über den Bebauungsplan im Jahr 1983 gültige Vorschrift in § 3 BauNVO 1977 maßgeblich. Danach diente das reine Wohngebiet „ausschließlich dem Wohnen“; neben Anlagen zur Kinderbetreuung waren lediglich Wohngebäude zulässig. § 3 Abs. 4 BauNVO 1990, wonach zum reinen Wohngebiet auch Wohngebäude gehören, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen, verändert den Inhalt eines unter der Geltung der BauNVO 1977 zustande gekommenen Bebauungsplans nicht. Diese Vorschrift kann daher nur als Auslegungshilfe für den Begriff des Wohngebäudes i.S.v. § 3 BauNVO 1977 Bedeutung erlangen (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996 – 4 B 302.95 – [ausgelagerte Wohngruppe eines Kinderheims mit 9 Kindern und Jugendlichen], ZfBR 1996, 228 und juris, Rn. 11; Beschluss vom 20. Dezember 2016 – 4 B 49.16 – [psychotherapeutische Jugendgruppe mit 7 Kindern und Jugendlichen], ZfBR 2017, 269 und Rn. 9). Der Begriff des Wohnens i.S.v. § 3 Abs. 1 BauNVO 1977 ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016, a.a.O., juris, Rn. 7 m.w.N.). Der Wohnbegriff ist abzugrenzen von anderen Nutzungsformen, die bloß der Unterbringung, des Verwahrens unter gleichzeitiger Betreuung oder als Schlafstätte dienen und daher als soziale Einrichtungen einzustufen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., juris, Rn. 12; Külpmann, jurisPr-BVerwG, 13/2017 Anm. 2, B.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wurde der Begriff des Wohngebäudes unter Geltung des § 3 BauNVO 1977 nach der allgemeinen Rechtsauffassung so verstanden, dass ihm Altenpflegeheime wegen des im Vordergrund stehenden Betreuungszwecks nicht mehr zugeordnet wurden (vgl. VGH BW, Urteil vom 17. Mai 1989 – 3 S 3650/88 –, NJW 1989, 2278 und juris, Rn. 23; Uechtritz, BauR 1989, 519 [526]; OVG Nds., Urteil vom 21. August 2002 – 1 LB 140/02 –, juris, Rn. 20).

12

Die heute anzutreffenden Wohnformen älterer Menschen, die ihren Haushalt nicht mehr uneingeschränkt eigenständig führen können, weisen eine große Bandbreite auf. Es beginnt mit dem Verbleib der Menschen in ihrer bisherigen häuslichen Umgebung unter Inanspruchnahme von mehr oder weniger umfangreichen Pflege- und Betreuungsleistungen. Solche Betreuungsleistungen – von Familienangehörigen oder von professionellen Hilfsdiensten – gehören seit jeher zum Begriff des Wohnens (vgl. Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 3, Rn. 21.1; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., juris, Rn. 13). Ferner ist an den Wechsel des angestammten Umfelds in eine „betreute Wohnung“ zu denken, gegebenenfalls wieder unter Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen und/oder der Mahlzeiten in einem benachbarten Altenheim. Schließlich wechseln ältere Menschen vollständig in ein Altenwohnheim, bei denen es allerdings wiederum eine große Formenvielfalt gibt und die nicht selten über ergänzende Pflegeeinrichtungen bzw. Pflegeabteilungen verfügen (vgl. Determann/Stühler, a.a.O., BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 3, Rn. 11.3; OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2016 – 8 B 10411/16.OVG – [Zulässigkeit von Alten- und Pflegewohnheim aufgrund § 3 BauNVO 1990], BauR 2016, 1732 und juris, Rn. 15).

13

Bei der hier zu beurteilenden ambulant betreuten Wohngemeinschaft handelt es sich um eine neue Form des Aufenthalts älterer Menschen, auf die der Gesetzgeber im Jahr 2012 mit der Einführung eines Wohngruppenzuschlags in der Pflegeversicherung reagiert hat (vgl. § 38a SGB XI, eingeführt durch Gesetz vom 23. Oktober 2012 [BGBl. I S. 2246]). Für die städtebauliche Zuordnung einer solchen Nutzungsform zu einem festgesetzten reinen Wohngebiet, d.h. hier für die Frage, ob die im Haus des Beigeladenen praktizierte Nutzung noch dem Wohngebäudebegriff i.S.v. § 3 BauNVO 1977 unterfällt, kommt es darauf an, ob und inwieweit die konkrete Wohngruppe die Kriterien des Wohnbegriffs erfüllt. Maßgeblich dafür ist das „Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung, nicht das individuelle und mehr oder weniger spontane Verhalten einzelner Bewohner“ (so: BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., juris, Rn. 12). Hierbei kommt es auf den Nutzungsschwerpunkt der Einrichtung und darauf an, ob die für das Wohnen konstituierenden Merkmale zumindest noch in einem Mindestmaß erfüllt sind oder ob die bloße Unterbringung und fremdbestimmte Verwahrung und Behandlung überwiegen (vgl. VGH BW, Urteil vom 17. Mai 1989, a.a.O. [Unzulässigkeit von Altenpflegeheimen nach § 3 BauNVO 1968], juris, Rn. 22; BayVGH, Beschluss vom 25. August 2009 – 1 CS 09.287 – [Zulässigkeit von Einrichtung für sozialpsychiatrisch betreute Wohnung gemäß § 3 BauNVO 1990], juris, Rn. 33; auch: BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., juris, Rn. 13; ferner: OVG RP, Urteil vom 22. Juni 2016, a.a.O., juris, Rn. 15 bis 18).

14

Gemessen hieran teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der von den Klägern beanstandeten Nutzung im Haus des Beigeladenen um eine Wohnnutzung i.S.v. § 3 Abs. 1 BauNVO 1977 handelt.

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(1) Hierfür spricht zunächst das Nutzungskonzept.

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Die Gemeinschaft der 9 Bewohner ist selbst organisiert. Sie ist durch freiwilligen Zusammenschluss der Bewohner zustande gekommen und in ihrer Existenz nicht durch einen externen Träger bestimmt und gesteuert. Dass einzelne Bewohner bei dem Zusammenschluss von ihren Angehörigen oder sonstigen Betreuern unterstützt wurden, ändert nichts an der Freiwilligkeit des Eintritts in diese Wohnform (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Oktober 1999 – 1 ZR 99.2460 –, juris, Rn. 7; OVG Hamburg, Beschluss vom 27. April 2004 – 2 Bs 108/04 –, BauR 2004, 1571 und juris, Rn. 4; OVG RP, Beschluss vom 22. Juni 2016, a.a.O., juris, Rn. 15). Auch schließt eine Betreuung nicht aus, dass der Betreute – wenn auch eventuell eingeschränkt – zu einer eigenständigen Gestaltung seines Lebensbereichs noch in der Lage ist. Vielmehr zielt die Betreuung gerade darauf ab, dem Betreuten eine im Rahmen seiner Fähigkeiten eigenständige Gestaltung seines Lebens entsprechend seinen Wünschen und Vorstellungen zu ermöglichen (§ 1901 Abs. 2 BGB).

17

Auch der Fortbestand der „Wohngemeinschaft P.“ ist selbst organisiert, stimmen die Bewohner (eventuell mit Hilfe ihrer Betreuer) doch durch Mehrheitsentscheidung über die zukünftige Zusammensetzung der Gruppe ab. Dies hat nach der vom Verwaltungsgericht angeforderten Stellungnahme der Sozialstation etwa dazu geführt, dass die Gemeinschaft nach dem Freiwerden eines der Zimmer einen ersten Bewerber um die Aufnahme abgelehnt hat.

18

Dass die Bewohner der Gruppe Leistungen eines Betreuungs- und Pflegedienstes in Anspruch nehmen, stellt das Konzept einer primär auf (gemeinsames) Wohnen ausgerichteten Nutzung nicht in Frage. Denn auch insofern handelt es sich um unterstützende Leistungen, die – ähnlich wie bei dem pflegebedürftig gewordenen Menschen in seiner angestammten Wohnung – einen Verbleib in einem Wohnumfeld erst ermöglichen sollen. Eine solche Unterstützungsleistung kann auch beim Verbleib in der angestammten Wohnung in Form einer 24-Stunden-Anwesenheit erfolgen, etwa durch die Aufnahme einer Betreuungsperson in den Haushalt des älteren Menschen oder in der Einrichtung einer 24-Stunden-Betreuung im Schichtdienst, wie die Sozialstation ausgeführt hat.

19

(2) Die Zuordnung der „Wohngemeinschaft P.“ zu einer eigengestalteten Wohnform im Sinne des § 3 BauNVO 1977 und nicht zu einer überwiegend fremdbestimmten Pflegeeinrichtung eines Sozialträgers wird auch durch die „grundsätzliche Verwirklichung des Nutzungskonzepts“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., Rn. 12) im Haus des Beigeladenen nicht in Frage gestellt.

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Dies lässt sich aufgrund der zahlreich in den Behörden- und Gerichtsakten vorhandenen Pläne, Grundrisszeichnungen, Fotos und Beschreibungen und nicht zuletzt aufgrund der gerichtsbekannten Kenntnis vom Zustand älterer, auch mehr oder weniger pflegebedürftiger und auch mehr oder weniger dementer Menschen ohne Weiteres beurteilen. Wie das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für die städtebauliche Beurteilung nicht auf die momentane Situation der Gruppe und den aktuellen Zustand der Menschen an, sondern darauf, ob das auf gemeinsames selbstorganisiertes Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept durch die tatsächliche Nutzungspraxis „grundsätzlich“ verwirklicht und nicht in Frage gestellt wird. Auch insofern teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass im Anwesen des Beigeladenen das auf ein gemeinsames Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept grundsätzlich verwirklicht wird.

21

Nach den ausführlichen Darlegungen der Sozialstation zu Art und Umfang der erbrachten Unterstützungs-, Betreuungs- und Pflegeleistungen wurden in dem durch Vorlage sämtlicher Rechnungen belegten Referenzmonat Juli 2017 zwar durchaus in großem Umfang Hilfen geleistet. So wurden insbesondere für die damals 4 Personen mit einem Pflegegrad 5 umfangreiche Hilfen etwa bei der Morgen- und Abendtoilette, bei Ausscheidungen sowie bei der Zubereitung von Mahlzeiten erbracht. Insgesamt handelte es sich indes sämtlich um ambulante Dienstleistungen, wie sie auch für ältere Menschen in anderen Privatwohnungen erbracht werden. Das auf ein selbstorganisiertes Wohnen ausgerichtete Nutzungskonzept wird auch durch einen aktuell erhöhten Pflegebedarf infolge der Verschlechterung des Gesundheitszustandes einzelner Bewohner nicht grundsätzlich in Frage gestellt. So ist denn auch mittlerweile nach dem Oktober 2017 eine Person neu in die Wohngemeinschaft aufgenommen worden, die kein Pflegefall ist, wie die Sozialstation ausgeführt hat. Nach der Stellungnahme dieser Station steht in der täglichen Praxis ihrer Arbeit das Ziel im Vordergrund, die Bewohner mit Hilfe der ambulanten Unterstützungsleistungen in die Lage zu versetzen, im Rahmen ihrer Fähigkeiten und unterstützt durch ihre Angehörigen ein möglichst eigenständiges Leben zu führen.

22

(3) Insgesamt ist der Senat daher mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass die „Wohngemeinschaft P.“ auch in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung auf ein gemeinschaftliches Wohnen ausgerichtet ist und sich von Pflege- und Betreuungseinrichtungen unterscheidet, bei denen der fremdbestimmte Versorgungscharakter im Vordergrund steht. Diese Einschätzung wird durch die Feststellung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung vom 27. September 2016 (Bl. 300 der Behördenakte) bestätigt. Darin heißt es:

23

„Nach eingehender Prüfung der uns vorliegenden Unterlagen Mietvertrag, Betreuungsvertrag, Vereinbarung/Prinzipien der Mieter und Mieterinnen in der Wohngemeinschaft „P.“ und unserem Besuch in der benannten Wohngemeinschaft stellen wir fest, dass [es sich bei der Wohngemeinschaft weiterhin um] eine selbst organisierte Wohngemeinschaft für volljährige Menschen mit Behinderung oder pflegebedürftige volljährige Menschen [i.S.v. § 3 Abs. 2 des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe – LWTG – handelt].“

24

b. Wenn auch im Berufungszulassungsantrag nicht angesprochen, sei ergänzend bemerkt, dass der Senat die derzeit praktizierte Nutzung im Haus des Beigeladenen auch im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht als bauplanungsrechtlich unzulässig bewertet.

25

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt ein Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 2002 – 4 B 86/01 –, NVwZ 2002, 1384 – Leitsatz –; OVG Hamburg, Beschluss vom 13. August 2009 – 2 Bs 102/09 –, BauR 2009, 1867) dann in Betracht, wenn ein Bauvorhaben, das der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung entspricht – wie hier –, sich im Einzelfall deshalb als unzulässig erweist, weil es nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspricht. Die Vorschrift geht davon aus, dass im Einzelfall – ausnahmsweise – „Quantität in Qualität umschlagen“ kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1995 – 4 C 3.94 –, NVwZ 1995, 899, juris Rn. 1 f.; OVG NDS, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 1 ME 47/14 –, BauR 2014, 1910 und juris Rn. 13).

26

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Anzahl der Bewohner insofern ein maßgebliches Kriterium für den Nutzungsumfang sein kann oder ob § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO nicht vielmehr nur auf Faktoren für das Maß der baulichen Nutzung abstellt. Denn weil es sich bei § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist ein Widerspruch zur Eigenart der baulichen Nutzung nur unter strengen Voraussetzungen anzunehmen. Der Widerspruch der im Baugebiet hinzukommenden baulichen Anlage oder deren Nutzung muss sich daher bei objektiver Betrachtungsweise offensichtlich aufdrängen; dass das Neubauvorhaben oder die neue Nutzung nicht in jeder Hinsicht mit der vorhandenen Bebauung „im Einklang steht“, genügt dafür nicht (vgl. OVG RP, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 8 A 10680/16.OVG –, juris Rn. 11; Determann/Stühler, in: Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 15 Rn. 9.1). Eine derart auffällige Unverträglichkeit liegt hier auch im Hinblick auf die Zahl der Bewohner im Wohnhaus des Beigeladenen nicht vor (vgl. zu diesem Aspekt auch: OVG RP, Beschluss vom 8. Dezember 2016 – 8 A 10680/16.OVG – [studentische Wohngemeinschaft mit 11 Personen im reinen Wohngebiet], juris, Rn. 12).

27

c. Auch im Hinblick auf die Beachtung des Rücksichtnahmegebots gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO finden sich im Berufungszulassungsbegehren der Kläger keine weiteren Ausführungen. Auch insofern kann daher auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen werden.

28

2. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

29

Der geltend gemachte Aufklärungsmangel ist nicht gegeben. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Sachaufklärung grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter - wie hier - nicht ausdrücklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 4 B 20.12 –, BRS 79 Nr. 73, Rn. 6 m.w.N.). Eine lediglich schriftsätzliche Beweisanregung (wie hier im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Kläger vom 26. September 2017, Bl. 57 der GA) genügt insofern nicht (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 124, Rn. 191).

30

Im Übrigen war eine weitere Aufklärung der Nutzungsverhältnisse im Haus des Beigeladenen auch nicht entscheidungserheblich. Der Sachverhalt ist aufgrund der zahlreich vorhandenen Pläne und Fotos sowie gerade durch die vom Verwaltungsgericht veranlasste ergänzende, in ihrem Inhalt nicht bestrittene Stellungnahme der Sozialstation gut aufgeklärt. Wie oben bereits ausgeführt, ist der Zustand älterer Menschen mit mehr oder weniger großem Pflegebedarf und mit oder weniger fortgeschrittener Demenz im Allgemeinen gerichtsbekannt. Auf den konkreten und aktuellen Zustand der Bewohner im Haus des Beigeladenen kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an. Denn danach ist für die städtebauliche Beurteilung maßgeblich auf das „Nutzungskonzept und seine grundsätzliche Verwirklichung, nicht aber auf das individuelle und mehr oder weniger spontane Verhalten einzelner Bewohner [abzustellen]“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. März 1996, a.a.O., juris, Rn. 12).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gründe dafür, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, liegen nicht vor, da der Beigeladene mangels eigener Antragstellung seinerseits kein Kostenrisiko getragen hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

32

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47, 52 GKG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 122


(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse. (2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 3 Reine Wohngebiete


(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen


(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn 1. sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der ge

Referenzen

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.