Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 10. Juni 2013 - 6 B 10351/13

ECLI:ECLI:DE:OVGRLP:2013:0610.6B10351.13.0A
bei uns veröffentlicht am10.06.2013

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 8. März 2013 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 190.558,12 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners bleibt ohne Erfolg. Die von ihm dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ausschließlich den Gegenstand der Überprüfung durch den Senat darstellen, führen nicht zu einer von dem angefochtenen Beschluss abweichenden Entscheidung. Mit ihm hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner vorläufig eine Sicherheitsleistung durch Hinterlegung eines Betrags in Höhe von 762.232,51 Euro nebst Zinsen auf einem Sperrkonto aufgegeben.

2

I. Der mit diesem Ziel gestellte Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig.

3

1. Wie das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, fehlt dem Antragsteller nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse für die begehrte einstweilige Anordnung. Zwar kann er als Mitglied des Antragsgegners die Umsetzung der Negativentscheidung der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C 19/2010) (exNN 23/2010) durch Rückzahlung der Umlagebeträge betreiben. Erzwingen kann er eine solche Umsetzung jedoch gegen den Widerstand der übrigen Verbandsmitglieder nicht.

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2. Dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren kann auch nicht der Einwand des Verbots einer Vorwegnahme der Hauptsache entgegen gehalten werden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sich der Antragsgegner durch Vereinbarungen vom 5. Dezember 2012 verpflichtet hat, Sicherheit auch im Hinblick auf die von seinen übrigen Mitgliedern gezahlten Umlagebeträge zu leisten, wenn er im vorliegenden Verfahren unterliegt. Denn die Einzahlung auf ein Sperrkonto kann vergleichsweise einfach rückgängig gemacht werden. Über einen Geldbetrag auf einem Sperrkonto kann der Antragsteller zudem einstweilen nicht verfügen.

5

Ob eine solche Sicherheitsleistung den Antragsgegner finanziell überfordert und seine wirtschaftliche Existenz gefährdet, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Einerseits wird dadurch die auf eine Geldleistung gerichtete Klage im Verfahren 1 K 1053/12.TR nicht in der Hauptsache vorweggenommen. Andererseits erscheint es dem Senat – ungeachtet der Vereinbarungen vom 5. Dezember 2012 – nicht ausgeschlossen, dass sich der Antragsgegner gegenüber den Hinterlegungsbegehren seiner übrigen Verbandsmitglieder in weiteren Verfahren auf Erlass einstweiliger Anordnungen auf die Bestandskraft der Umlagebescheide, mit denen die als Beihilfe qualifizierten Geldbeträge festgesetzt wurden, berufen kann (vgl. BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris, Rn. 15). Mit der vorliegenden Beschwerde wurde dieser Einwand jedenfalls nicht i.S.d. § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO dargelegt.

6

II. Der Antragsteller kann sich auch auf einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund i.S.d. § 123 Abs. 1 VwGO berufen.

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Anders als der Antragsgegner meint, steht dem Antragsteller nämlich nach der im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Prüfung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch aufgrund der Negativentscheidung der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 zu. Mit dieser Entscheidung wurde die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die Umlagezahlungen, die dem Antragsgegner nach Auffassung der Kommission unter Verletzung von Art. 106 Abs. 2, 107 Abs. 1, 108 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union- AEUV - seit dem 26. Mai 1998 gewährt wurden, zuzüglich Zinsen von diesem Begünstigten sofort zurückzufordern. Die effektive Umsetzung dieser Verpflichtung wird durch die begehrte einstweilige Anordnung erreicht.

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1. Die ausdrücklich gegenüber dem Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland ausgesprochene Verpflichtung trifft den Antragsteller als eine derjenigen Körperschaften des öffentlichen Rechts unmittelbar, welche die als Beihilfe qualifizierten öffentlichen Mittel an den begünstigten Antragsgegner gezahlt haben. Demgegenüber wird der Antragsgegner als „Begünstigter“ durch die Entscheidung der Kommission vom 25. April 2012 nicht unmittelbar verpflichtet, wie sich aus Art. 2 Abs. 1 dieser Entscheidung ergibt (vgl. hierzu EuGH, C-344/98 – Masterfoods –, Slg. 2000, I-11369, juris, Rn. 50). Diese Negativentscheidung ist unverzüglich und effektiv umzusetzen (vgl. EuGH, C-232/05 - Scott Paper -, Slg. 2005, I-10017, juris, Rn. 41 f.), und zwar grundsätzlich nach mitgliedstaatlichem Verfahrensrecht, soweit es – wie hier – an unionsrechtlichen Bestimmungen dazu fehlt (BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris). Ein einstweiliger Rechtsschutzantrag mit dem Ziel, den Rückforderungsbetrag auf ein Sperrkonto einzuzahlen, steht dem aufgrund der Negativentscheidung verpflichteten Beihilfengeber dabei als Handlungsmöglichkeit offen.

9

2. Das Verwaltungsgericht hat die von den mitgliedstaatlichen Gerichten zu beachtenden Besonderheiten der Gewährung vorläufigen bzw. einstweiligen Rechtsschutzes, der die effektive Durchsetzung des Unionsrechts berühren kann, zutreffend dargestellt. Ausgehend von der Verpflichtung der nationalen Gerichte, die volle Wirksamkeit der Entscheidung zu gewährleisten, mit der die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wurde (EuGH, C-304/09 - Kommission ./. Italien -, Slg. 2010, I-13903, juris, Rn. 45), kann auch nach Auffassung des Senats eine Vollzugsaussetzung oder die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, mit der die Durchsetzung der Negativentscheidung verfolgt wird, nach Maßgabe der Beschwerdebegründung allenfalls unter den Voraussetzungen erfolgen, die der Europäische Gerichtshof in den Rechtssachen Zuckerfabrik Süderdithmarschen und Zuckerfabrik Soest (EuGH, C-143/88 und C-92/89, Slg. 1991, I-415, juris) sowie Atlanta (EuGH, C-465/93, Slg. 1995, I-3761, juris) aufgestellt hat.

10

Danach muss erstens das mitgliedstaatliche Gericht erhebliche Zweifel an der Gültigkeit der Handlung der Union haben und diese Gültigkeitsfrage, sofern der Gerichtshof mit ihr noch nicht befasst ist, diesem selbst vorlegen. Das mitgliedstaatliche Gericht muss angeben, weshalb es meint, dass der Gerichtshof die Ungültigkeit der Handlung der Union feststellen muss (EuGH, C-304/09 - Kommission ./. Italien -, Slg. 2010, I-13903, juris, Rn. 46). Zweitens muss die Entscheidung dringlich sein, um einen schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden zu vermeiden. Dabei ist drittens das Interesse der Union angemessen zu berücksichtigen, und viertens sind bei der Prüfung dieser Voraussetzungen die Entscheidungen des Gerichtshofs oder des Gerichts erster Instanz über die Rechtmäßigkeit der Handlung der Union oder ein Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend gleichartige einstweilige Anordnungen auf der Ebene der Europäischen Union zu beachten.

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3. Nach diesen Maßstäben bestehen an der – noch nicht bestandskräftigen – Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 keine erheblichen rechtlichen Zweifel.

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Gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Zahlungen gleich welcher Art unzulässige Beihilfen, wenn sie durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Eine staatliche Maßnahme fällt jedoch nicht unter Art. 107 Abs. 1 AEUV, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugute kommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen (EuGH, C-280/00 - Altmark-Trans -, Slg. 2000, I-7747, juris, Rn. 87).

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a) Dass es sich bei den Umlagen, die die Mitglieder des Antragsgegners zur Deckung des Finanzbedarfs des Zweckverbands gemäß § 10 des Landesgesetzes über die kommunale Zusammenarbeit i. V. m. der Verbandsordnung des Antragsgegners - VerbO - an diesen geleistet haben, um staatliche Mittel i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt.

14

b) Der Antragsgegner ist auch als Unternehmen i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV zu betrachten. Im Kontext des Wettbewerbsrechts umfasst der Begriff des Unternehmens - unabhängig von Rechtsform und Art der Finanzierung - jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, also eine Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (EuGH, C-82/01 P - Aéroports de Paris -, Slg. 2002, I-9297, juris, Rn. 75, 79). Nehmen Unternehmen nur mit einzelnen Unternehmenszweigen am Wettbewerb teil, ist nur auf diese abzustellen (vgl. EuGH, C-49/07 – MOTOE –, Slg. 2008, I-4863, juris, Rn. 25).

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aa) Der Antragsgegner betreibt die Tierkörperbeseitigung und die Verarbeitung von Schlachtabfällen der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 vom 3. Oktober 2002 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 vom 21. Oktober 2009 im Bereich seiner Mitglieder als öffentliche Aufgabe. Gleichzeitig hält er Beseitigungskapazitäten für den Fall von Tierseuchen vor. Daneben verarbeitet er aber in Konkurrenz mit anderen Marktteilnehmern auch Schlachtabfälle der Kategorie 3. Außerdem hat er die Fremdentsorgung im Auftrag baden-württembergischer Entsorgungsverpflichteter und die Entsorgung tierischer Nebenprodukte in den Regierungsbezirken Kassel und Gießen übernommen.

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bb) Der Unternehmenszweig des Antragsgegners, dem die Beseitigung der Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 sowie die Seuchenreserve obliegt, nimmt nicht am Wettbewerb teil (vgl. BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris, Rn. 27). Vielmehr handelt es sich dabei um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Antragsgegners, mit denen dieser aufgrund europäischer und nationaler Rechtsvorschriften betraut ist (vgl. BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris, Rn. 30 ff.). Denn das diesen zugrunde liegende Interesse unterscheidet sich erheblich von anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens (vgl. hierzu EuGH, C-242/95 – GT-Link –, Slg. 1997, I-4449, juris, Rn. 53). Zwar dürfen die Mitgliedstaaten nicht jedwede Tätigkeit zur öffentlichen Aufgabe machen und durch staatliche Mittel (mit-)finanzieren, wie die Kommission in Erwägungsgrund 167 ihrer Negativentscheidung ausführt. Allerdings steht ihnen ein großer Ermessensspielraum zu, welche Arten von Leistungen sie als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrachten. Davon ist kein offenkundiger Fehlgebrauch gemacht worden, als die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 und die Seuchenvorsorge dem Antragsgegner durch Rechtsvorschriften übertragen wurden, und zwar angesichts der auch von der Kommission in Erwägungsgrund 171 bestätigten Gefahren, die für die Gesundheit von diesem Material ausgehen. Dass dem zwingendes Unionsrecht entgegensteht, ist nicht ersichtlich.

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Der Antragsgegner hat diese Aufgaben auch nicht aufgrund seiner erfolgreichen Beteiligung an einer Ausschreibung, also im Wettbewerb mit anderen Bietern erlangt, sondern aufgrund gesetzlicher bzw. staatsvertraglicher Festlegung. Das Absehen von einer möglich gewesenen Ausschreibung und die Entscheidung für eine „In-house-Lösung“ ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden, da – wie die Kommission in Erwägungsgrund 148 ihrer Negativentscheidung bestätigt – insoweit für die Gebietskörperschaften eine Wahlfreiheit besteht. Dass ein Wettbewerb durch eine – unionsrechtlich nicht zwingend durchzuführende – Ausschreibung hätte entstehen können, bedeutet nicht, dass ein solcher entstanden ist.

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cc) Eine Marktbeeinflussung durch den genannten Unternehmenszweig kann auch nicht damit begründet werden, die Kosten der Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 sowie der Seuchenreserve müssten von den Landwirten und Schlachtbetrieben getragen werden.

19

Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH, C-126/01 – GEMO –, Slg. 2003, I-13769, juris, Rn. 30) entschieden, dass die finanzielle Belastung, die durch die Beseitigung von Tierkörpern und Schlachtabfällen entsteht, ein Kostenpunkt ist, der mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Viehzüchtern und Schlachthöfen zwangsläufig verbunden ist und diese durch den Verzicht auf kostendeckende Entgelte eine Vergünstigung erhalten, die sie sonst zu tragen hätten. Diese Vergünstigung ermögliche ihnen, ihre Produkte günstiger als andere anzubieten, und beeinflusse damit den innergemeinschaftlichen Fleischhandel.

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Diese Entscheidung lässt den Schluss zu, durch Umlagezahlungen, die der Antragsgegner erhält und für eine Absenkung der Entsorgungsgebühren verwendet, würden Landwirte und Schlachtbetriebe von Kosten entlastet, die von ihnen eigentlich übernommen werden müssten. Von einer Begünstigung des Antragsgegners durch die Umlagen für die Beseitigung von verbandseigenem Material der Kategorien 1 und 2 sowie der Seuchenvorsorge kann aber nicht gesprochen werden, weil er dadurch nicht von einer Belastung befreit wird, die er sonst zu tragen hätte. Dass nicht der Antragsgegner, sondern die Landwirte und Schlachtbetriebe diese Kosten eigentlich zu übernehmen haben, entspricht auch der Auffassung der Kommission in Erwägungsgrund 187 ihrer Negativentscheidung. Damit fehlt es gegenüber dem Antragsgegner insoweit an einem Merkmal der Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV (vgl. EuGH, C-126/01 – GEMO -, Slg. 2003, I-13769, juris, Rn. 28).

21

Zudem ergeben sich aus der Begründung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache GEMO (EuGH, C-126/01, Slg. 2003, I-13769, juris, Rn. 32), durch die von den Viehzüchtern und Schlachthöfen ausgeübten Tätigkeiten entstünden nicht verwendbare und vor allem umweltschädliche Produkte und Rückstände, deren Beseitigung ihrem Verursacher obliege, erhebliche Zweifel, ob damit auch die Aufwendungen für die Seuchenreserve gemeint sind. Denn anders als die Kosten für die Beseitigung von Schlachtabfällen und von einzelnen verendeten Tieren sind die Aufwendungen, die im Seuchenfall entstehen, mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Landwirten und Schlachtbetrieben keinesfalls zwangsläufig verbunden. Sie entstehen regelmäßig nicht durch deren wirtschaftliche Tätigkeit und werden von diesen meist nicht „verursacht“. Dem entspricht, dass die Kosten der Seuchenvorsorge nicht gebührenfähig sind, weil ihnen keine Gegenleistung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung des Antragsgegners gegenüber steht.

22

Ferner wird in der Entscheidung in der Rechtssache GEMO (EuGH, C-126/01 – GEMO –, Slg. 2003, I-13769, juris) eine Beeinflussung des Wettbewerbs der Unternehmen, die Schlachtabfälle beseitigen, nicht erwähnt. Ihr ist insbesondere nichts für Umlagen, die der Beseitigung von verbandseigenem Material der Kategorien 1 und 2 sowie der Seuchenvorsorge dienen, zu entnehmen.

23

c) Gleichwohl bestehen an der Auffassung der Kommission, der Antragsgegner sei in einer den Wettbewerb verfälschenden Weise durch die Umlagezahlungen begünstigt worden, keine erheblichen rechtlichen Zweifel. Denn die einem Unternehmen, das mit bestimmten Unternehmensbereichen nicht auf einem Markt tätig ist, i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV gewährten Mittel können nur dann ohne Einfluss auf den Wettbewerb sein, wenn sie ausschließlich für die nicht am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmenszweige vorgesehen sind (vgl. EuGH, C-39/94 – SFEI –, Slg. 1996, I-3547, juris, Rn. 62). Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

24

So dienten die in den Wirtschaftsjahren 1998 bis 2009 angeforderten Umlagen sämtlichen Unternehmenszweigen des Antragsgegners. Für diese Wirtschaftsjahre sah die Verbandsordnung vor, dass die Umlage erhoben wird, wenn die Einnahmen des Antragsgegners insgesamt zur Bestreitung der Ausgaben nicht ausreichten. Insoweit fehlte es an der Zweckbindung der Umlage für den außerhalb des Marktes arbeitenden Unternehmenszweig der Beseitigung von verbandseigenem Material der Kategorien 1 und 2 sowie der Seuchenvorsorge, die auch ohne ausdrückliche normative Erwähnung als selbstverständlicher Bestandteil der öffentlichen Aufgabe der Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 zu betrachten ist (BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris).

25

Hinsichtlich der Wirtschaftsjahre 2010 bis 2012 sollten die Umlagezahlungen zwar nach ihrer Wirkung, auf die es entscheidend ankommt (EuGH, C-382/99 – Niederlande ./. Kommission –, Slg. 2002, I-5163, juris, Rn. 61), die Erfüllung der dem Antragsgegner gesetzlich übertragenen öffentlichen Aufgabe, Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 im Bereich seiner Mitglieder zu beseitigen und insoweit auch eine Seuchenreserve vorzuhalten, herbeiführen. Dies ist in § 9 Abs. 3 VerbO 2010 ausdrücklich festgelegt. Gemäß § 9 Abs. 2 VerbO 2010 wird die Umlage für jedes Wirtschaftsjahr im Voraus durch Satzung festgesetzt. Allerdings ist die Seuchenreservekapazität in § 10 VerbO 2010 durch die Angabe bestimmter Beseitigungsmengen geregelt. Dass die Umlagen aber für die Seuchenvorsorge in dem festgelegten Umfang benötigt und verwendet wurden, hat die Kommission in ihrer Negativentscheidung ausführlich und in einer Weise widerlegt, die jedenfalls keine erheblichen Zweifel auslöst.

26

Es ist zwar allein Sache der Mitglieder des Antragsgegners, ob sie Überkapazitäten zu finanzieren bereit sind oder auf deren Abbau drängen, um ihre Umlagepflicht zu reduzieren (BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris, Rn. 34). Wenn aber - wie hier durch § 10 VerbO 2010 geschehen - die Seuchenreservekapazität der Menge nach ausdrücklich bestimmt worden ist, bleibt kein Raum für die Finanzierung einer darüber hinausgehenden zusätzlichen Kapazität durch Erhebung einer Umlage. Vielmehr kann unter diesen Umständen die Kommission in den Erwägungsgründen 216 ff. ihrer Negativentscheidung dem Antragsgegner entgegen halten, die in § 10 VerbO 2010 vorgeschriebene Seuchenreserve könne bereits aus den betriebsbedingt vorhandenen Leerkapazitäten abgedeckt werden. Soweit der Antragsgegner mit seiner Beschwerdebegründung darauf hinweist, § 10 VerbO 2010 sei dahingehend zu verstehen, dass die dort der Menge nach ausdrücklich bestimmte Seuchenreservekapazität zusätzlich zu den Leerkapazitäten vorgehalten werden solle, findet sich dafür kein eindeutiger Anhaltspunkt im Wortlaut der §§ 9 f. VerbO. Angesichts des Umstands, dass der Antragsgegner die von ihm selbst in ihrem konkreten Umfang festgelegte Seuchenreservekapazität schon durch einen Drei-Schicht-Betrieb an sieben Tagen einer Woche abdecken kann, bestehen keine erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung der Kommission, dem Antragsgegner entstünden keine Nettokosten für die Sicherstellung der Seuchenreserve.

27

Nicht überzeugend ist der dagegen in der Beschwerdebegründung erhobene Einwand, an der Zweckbestimmung einer Umlage zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe ändere sich nichts durch die nachträglich gewonnene Erkenntnis, dass diese Aufgabe auch ohne die umlagefinanzierten Kapazitäten allein aufgrund der Leerkapazitäten der am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmenszweige hätte erfüllt werden können. Denn einerseits sind dem Antragsgegner die Leerkapazitäten bekannt, die durch zusätzliche Verarbeitungsschichten genutzt werden können. Andererseits kann eine ins Einzelne gehende Überprüfung der Berechnung, die die Kommission in ihrer Negativentscheidung hierzu vorgenommen hat, nur im Hauptsacheverfahren erfolgen. Die im vorliegenden Verfahren für die Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung zur Durchsetzung der Kommissionsentscheidung erforderlichen erheblichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Berechnung sind jedenfalls nicht hinreichend deutlich.

28

d) Angesichts dessen vermag sich der Antragsgegner auch nicht auf die Bestimmung des Art. 106 AEUV zu berufen. Danach gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert, wobei die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden darf, das dem Interesse der Union zuwiderläuft. Unabhängig von weiteren Fragen nach dem Vorliegen der sog. Altmark-Kriterien (vgl. EuGH, C-280/00 - Altmark-Trans -, Slg. 2000, I-7747, juris) hat der Antragsgegner – wie ausgeführt – bis zum Jahr 2009 die Umlagen nicht ausschließlich für die nicht am Wettbewerb teilnehmenden Unternehmenszweige vorgesehen. Es fehlte aber auch – wie oben ausgeführt – für die Wirtschaftsjahre 2010 bis 2012 voraussichtlich an Nettokosten, die Umlagezahlungen für eine Seuchenreserve hätten rechtfertigen können.

29

4. Anders als der Antragsgegner meint, ist sein Vertrauen, die Umlagezahlungen dauerhaft behalten zu dürfen, nicht schutzwürdig.

30

Der Europäische Gerichtshof (C-91/01 - Italien/Kommission -, Slg. 2004, I-4355, Rn. 66 und 67) hat entschieden, dass der Empfänger einer Beihilfe, solange die Kommission keine Genehmigungsentscheidung erlassen hat und solange die Klagefrist gegen eine solche Entscheidung nicht abgelaufen ist, keine Gewissheit über die Rechtmäßigkeit der geplanten Beihilfe hat, so dass weder eine Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch auf den Grundsatz der Rechtssicherheit möglich ist. Vertrauensschutz kann nur durch Handlungen der Unionsorgane ausgelöst werden, nicht jedoch durch solche der Mitgliedstaaten (vgl. EuGH, C-5/89 – BUG-Alutechnik –, Slg. 1990, I-3437, juris, Rn. 16). Die der Kommission nicht notifizierten Umlagen sind weder von ihr noch von einem anderen Unionsorgan – auch nicht vorläufig – gebilligt worden.

31

Erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Negativentscheidung, wonach der Antragsgegner aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren 3 C 44.09 (BVerwGE 138, 322, juris) keinen Vertrauensschutz ableiten kann, sind ebenso wenig dargelegt. Mit diesem Urteil wurde das von Konkurrentinnen des Antragsgegners geltend gemachte Rückzahlungsbegehren für die Jahre 2005 bis 2008 – lediglich – mit der Begründung zurückgewiesen, die den Umlagen zugrunde liegenden Bescheide seien nicht angefochten worden. Das Feststellungsbegehren, dass die Umlage im Wirtschaftsjahr 2009 eine Beihilfe darstellte, wurde als unzulässig erachtet. Für die Jahre 2005 bis 2009 fehlt damit ein Anknüpfungspunkt für ein Vertrauen des Antragsgegners, die Umlagen seien in der Sache nicht zu beanstanden.

32

Hinsichtlich der Wirtschaftsjahre ab 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht zwar entschieden, in ihrer Ausgestaltung durch die Neufassung der Verbandsordnung vom 2. Februar 2010 sei die Umlage nicht als Beihilfe im Sinne des Unionsrechts anzusehen und eine Überdimensionierung der Seuchenreserve habe keinen Einfluss auf die Gebührengestaltung des Antragsgegners in Ansehung der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 und schon gar keinen Einfluss auf die Preisgestaltung bei der Verarbeitung von Material der Kategorie 3 (BVerwG, 3 C 44.09, BVerwGE 138, 322, juris, Rn. 36). Diese Entscheidung erging aber, bevor die Kommission den Beihilfencharakter der Umlagezahlungen und deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt abschließend geprüft hatte. Während dieses förmlichen Prüfungsverfahrens durch die Kommission sind die mitgliedstaatlichen Gerichte vor allem im Zusammenhang mit dem Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV zur Prüfung befugt, ob eine bestimmte Maßnahme eine Beihilfe darstellt (EuGH, C-368/04 – Transalpine -, Slg. 2006, I-9957, juris, Rn. 34; vgl. auch BVerfG, 1 BvR 2682/11, juris, Rn. 8). Nur insoweit kann das Vertrauen des Antragsgegners auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts als schützenswert angesehen werden. Nach Abschluss des förmlichen Prüfungsverfahrens durch die Kommission und Erlass ihrer Negativentscheidung ist es dem Europäischen Gericht (erster Instanz) vorbehalten, im Rahmen einer bei ihm erhobenen Nichtigkeitsklage über den Beihilfencharakter einer bestimmten Maßnahme zu befinden, während es ausgeschlossen ist, dass die Kommissionsentscheidung über die Rückforderung vor einem nationalen Gericht in Frage gestellt wird (EuGH, C-232/05 – Scott Paper –, Slg. 2006, I-10071, Rn. 60).

33

5. Der erforderliche Anordnungsgrund ist vom Verwaltungsgericht zutreffend angenommen worden.

34

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt haben, entspricht es der maßgeblichen Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten insoweit dem Antragsgegner aufzuerlegen.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 19. Nov. 2013 - 1 K 1053/12.TR

bei uns veröffentlicht am 19.11.2013

weitere Fundstellen ... Diese Entscheidung zitiert Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 762.232,51 Euro nebst Zinsen, die nach Artikel 11 der VO(EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordn
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Verwaltungsgericht Trier Urteil, 19. Nov. 2013 - 1 K 1053/12.TR

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

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Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 762.232,51 Euro nebst Zinsen, die nach Artikel 11 der VO(EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags berechnet werden, zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Rückforderung von Umlagen.

2

Der Beklagte ist ein im Jahr 1979 nach rheinland-pfälzischem Landesrecht gegründeter Zweckverband und mit der Tierkörperbeseitigung befasst. Seine Mitglieder sind alle Landkreise und kreisfreie Städte des Landes Rheinland-Pfalz sowie – aufgrund von Staatsverträgen – des Saarlandes und des Landes Hessen. Für seine Mitglieder verarbeitet der Beklagte tierische Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 und hält Beseitigungskapazitäten für den Fall von Tierseuchen vor (so genannte Seuchenreserve). Vertraglich hat er die Fremdentsorgung von Material der Kategorien 1 und 2 für weitere Entsorgungsverpflichtete in Baden-Württemberg und Nordhessen übernommen. Außerdem verarbeitet er frei handelbare Schlachtabfälle der Kategorie 3 im Sinne der Verordnung; dabei steht er in Konkurrenz zu anderen Unternehmen, darunter denjenigen der Beigeladenen.

3

Für die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 erhebt der Beklagte auf der Grundlage einer Satzung Gebühren. Für die Abholung und Verwertung sonstiger tierischer Nebenprodukte der Kategorie 3 berechnet er privatwirtschaftliche Entgelte (so genannte Knochenentgelte). Soweit die Einnahmen zur Bestreitung der Ausgaben im Erfolgsplan nicht ausreichten, hat der Beklagte von seinen Mitgliedern eine Umlage erhoben, die nach Maßgabe seiner Verbandsordnung für jedes Wirtschaftsjahr durch die Haushaltssatzung festgesetzt und durch Einzelbescheide anteilig geltend gemacht wurde. Seit der Neufassung der Verbandsordnung vom 2. Februar 2010 darf die Umlage mit Wirkung zum 1. Januar 2009 nur noch als Ausgleich für solche Kosten erhoben werden, die im Zusammenhang mit der Beseitigung von tierischen Nebenprodukten der Kategorien 1 und 2, die auf dem Gebiet seiner Mitglieder anfallen, sowie für die Vorhaltung der Seuchenreservekapazität entstehen.

4

Die Beigeladenen beantragten in der Vergangenheit beim erkennenden Gericht, den Beklagten zur Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 erhobenen Umlagen an seine Mitglieder zu verurteilen sowie festzustellen, dass der Beklagte zukünftig Umlagen in der bisherigen Art und Weise nur nach vorheriger Genehmigung durch die EU-Kommission erheben darf. Mit Urteil des erkennenden Gerichts vom 2. Dezember 2008 (Az.: 1 K 533/08.TR) wurde die begehrte Feststellung getroffen, die Klage auf Rückzahlung jedoch abgewiesen. Die hiergegen eingelegten Berufungen der Beigeladenen und auch des Beklagten blieben erfolglos (Urteil vom 24. November 2009, Az.: 6 A 10113/09.OVG). Die Revisionen der Beigeladenen wurden mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 (Az.: 3 C 44.09) zurückgewiesen. Hier wurde ausgeführt, das Begehren auf Rückzahlung der in den Jahren 2005 bis 2008 erhobenen Umlagen scheitere bereits an der Bestandskraft der der Leistung zugrunde liegenden Umlagebescheide, die Rechtsgrund für das Behaltendürfen darstellten. Die Klage für das Wirtschaftsjahr 2009 wurde mangels Anfechtung des zugrunde liegenden Bescheides und Verfolgbarkeit der subjektiven Rechte im Rahmen einer Gestaltungs- oder Leistungsklage als unzulässig zurückgewiesen. Im Übrigen wurde die Revision für das Wirtschaftsjahr 2010 als unbegründet zurückgewiesen, da die Umlage nicht als „Beihilfe“ im Sinne des Unionsrechts zu qualifizieren sei. Die Umlage diene ausschließlich der Finanzierung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung (öffentliche Pflichtaufgabe) des Beklagten. Die gemeinschaftsrechtlichen Pflichten aus Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl Nr. L 273 S. 1), gefährliches Material der Kategorien 1 und 2 schadlos zu verarbeiten und zu beseitigen, seien in Deutschland grundsätzlich den durch das Landesrecht bestimmten Körperschaften des öffentlichen Rechts als öffentliche Pflichtaufgabe und damit als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung übertragen. Ein Markt sei mithin insofern nicht eröffnet. Entsprechendes gelte hinsichtlich der Verarbeitung gebietsfremden Materials der Kategorien 1 und 2, da diese durch Verwaltungsvertrag ebenso auf den Beklagten übertragen sei. Die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zur schadlosen Verarbeitung und Beseitigung gefährlicher Materialien schließe die Pflicht zur Vorhaltung ausreichender Beseitigungskapazitäten ein. Die Bemessung dieser Kapazitäten habe sich im Interesse einer effektiven Aufgabenerfüllung nicht nur am Normalbetrieb zu orientieren, sondern müsse durch außergewöhnliche Lagen bedingte Spitzenlasten einrechnen. Dem stehe nicht entgegen, dass die vorgehaltene Seuchenreserve eventuell größer sei als erforderlich. Der Beklagte sei nicht gehalten, die Reservekapazitäten auf das unbedingt Erforderliche zu begrenzen. Die Kosten für Überkapazitäten könnten auch nach dem Verursacherprinzip nicht auf die Kunden abgewälzt werden. Neben dem ersten Altmark-Trans-Kriterium seien ab dem Jahr 2010 auch die weiteren Altmark-Trans-Kriterien erfüllt. Durch die Änderung der Verbandsordnung sei dem Transparenzkriterium genüge getan und der Ausgleich durch die Umlage gehe auch nicht über das hinaus, was erforderlich sei, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und des angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtung ganz oder teilweise zu decken. Auch hier sei entscheidend, dass es Sache der Mitglieder sei, ob sie Überkapazitäten zu finanzieren bereit seien oder auf deren Abbau drängten, um ihre Umlagepflicht zu reduzieren. Eine Abwälzung der Kosten auf die Verursacher komme jedenfalls nicht in Betracht. Das vierte Kriterium der Altmark-Trans-Rechtsprechung könne ohnehin keine Anwendung finden, da im Gebiet der Mitgliedskommunen des Beklagten für die schadlose Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 ein Markt nicht offen stehe.

5

Parallel zu dem Klageverfahren bei den Verwaltungsgerichten hatten die Beigeladenen im Jahr 2008 bei der Europäischen Kommission eine Beihilfebeschwerde eingelegt. Die Kommission leitete das formelle Prüfungsverfahren ein und veröffentlichte mit Schreiben vom 20. Juli 2010 eine Aufforderung zur Stellungnahme und eröffnete so das beihilferechtliche Hauptprüfungsverfahren (2010 C 289/07, ABl. C 289 Seite 8 vom 26. Oktober 2010). Mit Beschluss vom 25. April 2012 über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C-19/2010) (ex NN 23/2010) die Deutschland zugunsten des Zweckverbandes Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg gewährt hat – Az. C (2012) 2557 final - stellte die EU-Kommission fest, dass die seitens des Beklagten seit dem 1. Januar 1979 erhobenen Umlagen wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalteten und als solche rechtswidrig erhoben worden seien. Diese stellten staatliche Beihilfen dar, welche mit dem europäischen Binnenmarkt unvereinbar seien (Artikel 1 des Beschlusses). Artikel 2 Abs. 1 und 2 des Beschlusses verpflichtet die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland, die seit dem 26. Mai 1998 gezahlten Beihilfen – ca. 30 Millionen Euro – samt Zinsen binnen vier Monaten zurückzufordern. Gleichzeitig seien mit sofortiger Wirkung ab Bekanntgabe des Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen an den Beklagten einzustellen (Artikel 2 Abs. 4 des Beschlusses). Hiergegen erhob der Beklagte nach Artikel 263 Abs. 4 AEUV vor dem Gericht der Europäischen Union Nichtigkeitsklage (Rs. T-309/12 R), über die noch nicht entschieden ist. Mit Beschluss vom 5. Juli 2013 lehnte der Präsident des Gerichts der Europäischen Union einen Antrag des Beklagten auf Aussetzung des Vollzugs des Beschlusses der Kommission vom 25. April 2012 ab (Rs. T 309/12 R). Zur Begründung führte der Präsident aus, der Antragsteller habe die Dringlichkeit der begehrten Vollzugsaussetzung nicht dargetan.

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Am 7. September 2012 hat der Kläger gegen den Beklagten die vorliegende Klage erhoben, mit der er die Rückzahlung der von ihm in den Jahren 1998 bis 2012 gezahlten Umlagen begehrt. Er trägt vor, der Beklagte sei der mit seinem Schreiben vom 27. Juni 2012 - in Erfüllung der ihm nach dem Beschluss der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 obliegenden Verpflichtung, für die Rückforderung rechtswidrig gezahlter Beihilfen Sorge zu tragen - erfolgten Aufforderung, die zu Unrecht erhaltenen Umlagen zurückzuzahlen, nicht nachgekommen. Mit Schreiben vom 27. August 2012 habe der Beklagte die Erstattung der geleisteten Umlagezahlungen nebst Zinsen ausdrücklich abgelehnt. In Anbetracht der Forderung der Europäischen Kommission, dass Deutschland sicherzustellen habe, dass die Beihilfen binnen vier Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses zurückgezahlt würden, sei daher Klage geboten.

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Der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 762.232,51 Euro nebst Zinsen, die nach Artikel 11 der VO(EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG)Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages berechnet werden, zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

11

Er trägt vor, dass Bedenken an der Richtigkeit der Kommissionsentscheidung vom 25. April 2012 bestünden. Diese ergäben sich nicht zuletzt aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 und der Tatsache, dass sowohl er als auch die Bundesrepublik Deutschland Nichtigkeitsklage erhoben hätten. Von daher werde auch angeregt, das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichts in der Hauptsache auszusetzen.

12

Im Übrigen beruft der Beklagte sich zunächst ausdrücklich auf die Bestandskraft der Umlagebescheide, die er an den Kläger erlassen habe und die den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Umlagezahlungen bildeten. Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches lägen daher nicht vor. Sowohl das Oberverwaltungsgericht als auch das Europäische Gericht hätten in ihren Beschlüssen vom 16. Juni 2013 (6 B 10351/13.OVG) und vom 5. Juli 2013 (Rs. T-309/12 R) darauf hingewiesen, dass die Berufung auf die Bestandskraft der Umlagenbescheide gegenüber seinen Mitgliedern grundsätzlich möglich sei.

13

Darüber hinaus begegne der Beschluss der Europäischen Kommission vom 25. April 2012 nach wie vor grundlegenden rechtlichen Bedenken und damit ernsthaften rechtlichen Zweifeln im Sinne der Atlanta/Zuckerfabrik-Rechtsprechung des EuGH, die auch im Nichtigkeitsklageverfahren vor dem EuG geltend gemacht würden. Wenn das nationale Gericht im Eilverfahren prüfen könne, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kommissionsbeschlusses bestünden, so müsse dies erst recht für das Hauptsacheverfahren gelten. Ergebe sich in der hier zu leistenden vertieften Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beteiligten, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Kommissionsbeschlusses bestünden, so erscheine es plausibel, dass das nationale Gericht auch dann, bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen, seine Entscheidung aussetzen dürfe und den Sachverhalt dem Europäischen Gericht vorlegen könne.

14

Hierzu habe das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss (a.a.O.) ausgeführt, dass der Unternehmenszweig, dem die Beseitigung der Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 sowie die Seuchenreserve obliege, nicht am Wettbewerb teilnehme. Vielmehr handle es sich dabei um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben, mit denen er – der Beklagte – aufgrund europäischer und nationaler Rechtsvorschriften betraut sei. Das diesem zugrunde liegende Interesse unterscheide sich erheblich von anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens. Die entgegenstehende Bewertung durch die Kommission sei nicht überzeugend. Ausdrücklich habe das Oberverwaltungsgericht darüber hinaus festgestellt, dass den Mitgliedsstaaten ein großer Ermessensspielraum zustehe, welche Arten von Leistungen sie als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrachteten. Hiervon sei kein offenkundiger Fehlgebrauch gemacht worden, als die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 und die Seuchenvorsorge ihm – dem Beklagten – durch Rechtsverordnung übertragen worden sei, und zwar auch angesichts der auch von der Kommission in Erwägungsgrund 171 bestätigten Gefahren, die für die Gesundheit von diesem Material ausgingen. Die entgegenstehende Beurteilung der Kommission, dass die Vorhaltung der Seuchenreserve nicht als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) zu definieren sei, sei zurückzuweisen.

15

Ebenso wie das OVG gehe der Beklagte nach wie vor davon aus, dass die Kosten der Beseitigung des Materials der Kategorie 1 und 2 sowie die Seuchenreserve den Markt nicht beeinflussten. Eine Begünstigung seinerseits durch die Umlage für die Beseitigung von verbandseigenem Material der Kategorie 1 und 2 sowie der Seuchenvorsorge liege nicht vor, da er selbst dadurch nicht von einer Belastung befreit werde, die er sonst zu tragen hätte. Nicht er, sondern die Landwirte und Schlachtbetriebe hätten nach Auffassung der Kommission die Kosten zu übernehmen. Auch habe das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass anders als die Kosten für die Beseitigung von Schlachtabfällen und einzelnen verendeten Tieren die Aufwendungen, die im Seuchenfall entstünden, mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Landwirten und Schlachtbetrieben keinesfalls zwangsläufig verbunden seien. Sie entstünden regelmäßig nicht durch die landwirtschaftliche Tätigkeit und würden von diesen nicht „verursacht“. Dem entspreche, dass die Kosten der Seuchenvorsorge nicht gebührenfähig seien, weil ihnen keine Gegenleistung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung des Beklagten gegenüberstehe. Diese Rechtsauffassung habe die Kommission explizit mit dem Argument abgelehnt, dass die Rs. GEMO der Qualifizierung der fraglichen Leistungen des hiesigen Beklagten als DAWI entgegenstünde und die Landwirte und Schlachtbetriebe die Kosten der Seuchenreserve als Verursacher durch die Zahlung ihrer Gebühren tragen müssten.

16

Mit den dargestellten Ausführungen habe das Oberverwaltungsgericht zugleich die zentralen Begründungselemente der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage gestellt. Soweit das Oberverwaltungsgericht sodann schließlich der Argumentation der Kommission gefolgt sei, dass die gewährten Mittel nicht ausschließlich für die ohne Einfluss auf den Wettbewerb bestimmten Unternehmensbereiche vorgesehen seien, da die Kommission diesbezüglich nachvollziehbar dargelegt habe, dass dem Beklagten keine Nettokosten für die Sicherstellung der Seuchenreserve entstünden, so sei dem jedoch nicht zuzustimmen. Anhand der tatsächlichen Kosten für die Bereitstellung der Seuchenreserve müsse eine Prüfung erfolgen, ob eine Überkompensation vorliege. Ein angemessener Gewinn stehe vorliegend nicht in Rede, weil er nach § 8 KAG keinen Gewinn erwirtschaften dürfe. Zum Beleg dafür, dass keine Überkompensation erfolgt sei, sei im Verfahren der Nichtigkeitsklage vor dem EuG eine Wirtschaftsprüfer-Stellungnahme der KPMG (Bericht über die Aufarbeitung der Kalkulationsgrundlagen im Rahmen der Festlegung der Umlagen und Preisfindung für verbandsfremde Materialien, Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Juli 2012) vorgelegt worden. KPMG habe in ihrer Untersuchung festgestellt, dass die Zuordnung der Summen und Salden in der durchgeführten Kostenkalkulation logisch und kostenrechnerisch nachvollziehbar, einheitlich und konsistent seien. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe darüber hinaus, zur Verifizierung der Angemessenheit der Kostenkalkulation, eine eigene Alternativkalkulation erstellt, die orientiert an betriebswirtschaftlich anerkannten Methoden auch im Zusammenhang mit „normalen“ privatwirtschaftlichen Unternehmen allgemein anerkannt sei und dort Verwendung finde. Nach dieser alternativen Berechnung ergebe sich für den Zeitraum zwischen 2001 und 2011 eine Deckung der Kosten für die Vorhaltung einer technischen Seuchenreserve mit den erhobenen Umlagen. Die Daten für die Jahre 1998 bis 2000 hätten für die Untersuchung der KMPG nicht mehr verwertbar aufbereitet werden können. Aufgrund der nachgewiesenen Kostendeckung hätten keine Umlagemittel zur Verfügung gestanden, die einen anderen Tätigkeitsbereich etwa hätten „quersubventionieren“ können.

17

Die Kommission stelle hingegen eigene wirtschaftliche Überlegungen an, beziehe sich auf ein über 20 Jahre altes Gutachten, das sich nicht einmal fachwissenschaftlich mit der Dimensionierung der Seuchenreserve befasse und komme zu dem Ergebnis, dass er Überkapazitäten aus betrieblichen Fehlentscheidungen habe, deren Kosten als solche für die Vorhaltung der Seuchenreserve deklariert würden. Die Kommission verkenne den ihr von der Rechtsprechung zugestandenen Umfang der Prüfungskompetenz auch bezüglich des dritten Altmark-Kriteriums fundamental. Sie habe sich nicht auf die Suche nach offenkundigen Fehlern beschränkt, sondern nehme eine genuine Erforderlichkeitsprüfung vor, die ihr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zustehe. Die Kommission setze ihr Ermessen an die Stelle des Mitgliedsstaates. Zur Bemessung der richtigen Seuchenreservekapazität habe er bereits im Jahr 2007 durch das Fraunhofer Institut (Untersuchung von Verarbeitungskapazität und Seuchenreserve der Tierkörperreserve in Rheinland-Pfalz, März 2007) ein veterinärfachliches Gutachten erstellen lassen. Nachdem die Kommission bereits dieses Verfahren beanstandet habe, habe er ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, mit dem Ziel, die Seuchenreservekapazitätsgröße noch einmal einer unabhängigen fachwissenschaftlichen Kontrolle zu unterziehen. Das Gutachten ISPA (Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten, Gutachten zur Kapazitätsermittlung der Verarbeitungsbetriebe Tierische Nebenprodukte (VIN) im Verbandsgebiet des Zweckverbands TKB unter Berücksichtigung von Tierbestand und Schlachtzahlen vor dem Hintergrund des Ausbruchs hochkontagiöser Tierseuchen, April 2011) setze sich in Szenarioanalysen mit der Frage auseinander, in welchem Umfang tierseuchenbedingt erhöhte Abfallmengen durch betriebsbedingte Kapazitäten (Sonderschichten) aufgefangen werden könnten. Demgegenüber betreibe die Kommission bewusst ein Herausgreifen einzelner Passagen des Gutachtens, wenn sie sich aus dem ISPA-Gutachten einzelne Tierseuchenszenarien heranziehe, für die die betriebsbedingte Reservekapazität ausreichen würde. Dabei stütze sie sich auf das Bröckenhoff-Gutachten (Voruntersuchung über die Verwertung von ungenießbaren Schlachtabfällen im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, August 1991), welches bereits ausweislich seines Titels, keine Erkenntnisse über die vorliegend interessierende Frage der richtigen Dimensionierung der Seuchenreservekapazität zu liefern vermöge.

18

Im Hinblick auf die weiteren Aspekte, die ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung begründeten, hat der Beklagte sich ausdrücklich auf die Beschwerdebegründung im Verfahren 6 B 10351/13.OVG bezogen.

19

Die Beigeladenen, die schriftsätzlich keinen Antrag angekündigt haben, treten zunächst der Notwendigkeit der Aussetzung des Verfahrens entgegen. Sie verweisen darauf, dass mit der gegenständlichen Klage eine von den nationalen Gerichten als gültig zu behandelnde Kommissionsentscheidung innerstaatlich durchgesetzt werden solle. Die Gefahr widerstreitender Entscheidungen bestehe bereits angesichts der eingeschränkten Prüfungskompetenz des nationalen Gerichts nicht. Darüber hinaus habe das nationale Gericht vorliegend ohnehin – zu Recht - bereits in der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren festgestellt, dass ein Verstoß der Kommissionsentscheidung gegen Unionsrecht nicht feststellbar sei.

20

Im Weiteren tragen die Beigeladenen vor, dass sich der Beklagte nicht auf die Bestandskraft der Umlagebescheide, mit denen die als Beihilfe qualifizierten Geldbeträge festgesetzt worden seien, berufen könne. Zum einen stünden der Durchsetzung einer EU-Negativentscheidung die innerstaatlichen Regeln über die Bestandskraft nicht entgegen, da diese vom Unionsrecht verdrängt würden. Nicht nur zu Feststellungs-, Verjährungs- und Durchsetzungsfristen des nationalen Rechts, sondern auch zu Bestandskraftregeln des deutschen Rechts habe dies der EuGH in ständiger Rechtsprechung entschieden. Die Funktion des nationalen Verfahrensrechts beschränke sich genau genommen darauf, Ermächtigungsgrundlagen für die Durchführung des Unionsrechts bereitzustellen, während sich Tatbestand und Rechtsfolge nach den Vorgaben des Unionsrechts bestimmten. Dies müsse gerade für Vorschriften gelten, die auf die Bestandskraft eines Verwaltungsaktes abzielten, weil die anfechtungsberechtigten Verbandsmitglieder gar kein Interesse an der Rückzahlung der Umlagen hätten. Der Wirksamkeit des Unionsrechts liefe es demgemäß zuwider, wenn sie es selbst in der Hand hätten, die Rückforderung durch Nichtanfechtung der Beihilfebescheide zu verhindern. Im Übrigen bedeute die verfahrensrechtliche Unanfechtbarkeit gerade keine materielle Unabänderlichkeit. Sie binde nur den Adressaten und nicht denjenigen, der den Verwaltungsakt erlassen habe. Dieser könne die Verwaltungsakte in den Grenzen der §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz aufheben und zwar auch dann, wenn sie unanfechtbar geworden seien.

21

Zum anderen könne sich der Beklagte auch nach nationalem Recht nicht auf die Bestandskraft berufen. Sie habe als öffentlich-rechtliche Körperschaft die Umlagebescheide selbst erlassen und könne daher nicht nach nationalem Recht die Bestandskraft einwenden und hierüber Vertrauensschutz in Anspruch nehmen. Die Unanfechtbarkeit von Verwaltungsakten diene vor allem der Rechtssicherheit und damit der grundsätzlichen Beständigkeit der rechtsverbindlich regelnden Akte öffentlicher Gewalt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne sich jedoch eine Behörde gegenüber einer anderen nicht auf Vertrauensschutz berufen. Im rein innerstaatlichen Bereich bestehe mangels Grundrechtsbetroffenheit auch kein Bedürfnis für die Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung.

22

Schließlich würde das Berufen auf die formelle Bestandskraft entgegen dem Sinn und Zweck der Bestandskraftregeln der Verwaltung einen Vertrauenstatbestand schaffen. Die Verbandsmitglieder des Beklagten hätten sich selbst für das Umlageverfahren entschieden, so dass für diese zu keinem Zeitpunkt das Bedürfnis bestanden habe, gegen die Bescheide vorzugehen. Diese Notwendigkeit sei erst mit der Negativentscheidung der Kommission hervorgetreten.

23

Der nach Klageerhebung gestellte Antrag des Beklagten vom 16. November 2012 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Beschluss der Europäischen Kommission auszusetzen bzw. festzustellen, dass der Leistungsklage bestandskräftige Umlagebescheide entgegenstünden, wurde mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 11. Dezember 2012 (Az.: 1 L 1382/12.TR) abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Februar 2013 (Az.: 6 B 11260/12.OVG) zurückgewiesen.

24

Dem Antrag des Klägers vom 21. Januar 2013, dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, Sicherheit durch Hinterlegung von Geld in Höhe der im Hauptsacheverfahren eingeklagten Forderung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu leisten, wurde mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 8. März 2010 (Az.: 1 L 83/19.TR) stattgegeben u.a. unter Hinweis darauf, dass keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung der Europäischen Kommission bestehen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde wurde vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 10. Juni 2013 (Az.: 6 B 10351/13.OVG) zurückgewiesen. Zwar wurde unter Verweis auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 (Az.: 3 C 44.09) darauf hingewiesen, dass entgegen der Auffassung der ersten Instanz der Unternehmenszweig des Beklagten, dem die Beseitigung der Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 sowie die Seuchenreserve obliege, nicht am Wettbewerb teilnehme, mithin diesbezüglich eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entsprechend dem ersten Altmark-Trans-Kriterium vorliege und die Umlage insofern keine Beihilfe darstelle. Für die Wirtschaftsjahre 1998 bis 2009 fehle es jedoch an einer Zweckbindung der Umlage für den außerhalb des Marktes arbeitenden Unternehmenszweig und hinsichtlich der Wirtschaftsjahre 2010 bis 2012 sei gegen die Berechnung der Kommission, dass für die Seuchenvorsorge in dem festgelegten Umfang keine Notwendigkeit bestehe, im vorläufigen Rechtschutzverfahren nichts zu erinnern.

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Mit Beschluss vom 4. November 2013 hat das erkennende Gericht den Antrag des Beklagten, zur Frage der Überdeckung der für die Vorhaltung der technischen Tierseuchenreserve entstandenen Kosten durch die erhobenen Umlagen Beweis zu erheben, abgelehnt.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichen Schriftsätze sowie auf die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten 1 K 533/08.TR, 1 L 1382/12.TR, 6 B 11260/12.OVG, 1 L 83/13.TR, 6 B 10351/13 und 1 N 822/13.TR verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), ist als allgemeine Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) zulässig und führt in der Sache auch zum Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückerstattung der seit dem Jahr 1998 an den Beklagten geleisteten Umlagen zu.

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Materiell-rechtliche Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist der gewohnheitsrechtlich anerkannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Verbindung mit der sich nach der Negativentscheidung der Europäischen Kommission nach Artikel 14 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 (jetzt Artikel 88 EGV) des EG-Vertrages (ABl.1999, L 83/1) – BVVO – über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrages ergebenden sofortigen Rückzahlungsverpflichtung der vom Beklagten erhobenen Umlagen.

29

Hinsichtlich des Vorliegens eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten sowohl in Bezug auf die Haupt- als auch hinsichtlich der Zinsforderung wird auf die Ausführungen im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 8. März 2013 (Az.: 1 L 83/13.TR) verwiesen.

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Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückabwicklung auf der vorgenannten Rechtsgrundlage zu, da zwischen ihm und dem Beklagten eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung in Gestalt der Umlagezahlungen stattgefunden hat. Insoweit hat die Europäische Kommission mit Beschluss vom 25. April 2012 festgestellt, dass die seitens des Beklagten seit dem 1. Januar 1979 erhobenen Umlagen wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalten, als solche rechtswidrig erhoben wurden und unverzüglich zurückzufordern sind. Diese Entscheidung entfaltet für das nationale Gericht Bindungswirkung solange sie nicht vom Gerichtshof für ungültig erklärt wird.

31

Der Beschluss der Kommission richtet sich an die Bundesrepublik Deutschland und damit an alle nach nationalem Recht zuständigen staatlichen Stellen. Die Gemeinschaftsrechtsordnung begrenzt die Zuständigkeiten der innerstaatlichen Gerichte auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfe als auch hinsichtlich der Feststellung der der Ungültigkeit von Gemeinschaftsrechtsakten. Innerstaatliche Gerichte können auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfe mit Rechtsstreitigkeiten befasst werden, in deren Rahmen sie den Begriff der Beihilfe auslegen und anwenden müssen, insbesondere um zu bestimmen, ob eine solche der Beachtung des nach europäischem Recht erforderlichen Vorprüfungsverfahrens bedarf oder ob eine solche eingeführt wurde, ohne das Vorprüfungsverfahren zu durchlaufen. Dagegen sind staatliche Gerichte nicht zuständig, darüber zu befinden, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist ausschließlich die Kommission, die dabei der Kontrolle des Gemeinschaftsrechts unterliegt, für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig. Zwar können die innerstaatlichen Gerichte berufen sein, die Gültigkeit eines Gemeinschaftsrechts zu prüfen; sie sind jedoch nicht befugt, selbst die Ungültigkeit von Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane festzustellen (EuGH, Urteil vom 18. Juli 2007, C-119/05, m.w. Nachweisen aus der Rspr. – juris -).

32

Damit sind die nationalen Gerichte grundsätzlich verpflichtet, entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung von Gemeinschaftsrecht sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurden, zu ziehen. Einer Klage auf Rückzahlung der durch eine Negativentscheidung der Europäischen Kommission für rechtswidrig befundenen staatlichen Beihilfe ist daher grundsätzlich stattzugeben, es sei denn, es treten außergewöhnliche Umstände ein, unter denen es nicht sachgerecht wäre, die Rückzahlung der Beihilfe anzuordnen (EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008, C-199/06 – juris -). Hat das nationale Gericht dennoch Zweifel an der Gültigkeit oder Auslegung einer Handlung eines Gemeinschaftsorgans ist es nach dem in Artikel 4 Abs. 3 EUV verankerten allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit und der Verpflichtung zur Zusammenarbeit verpflichtet, jede reale Gefahr des Widerspruchs zu vermeiden. Hieraus folgt für diesen Fall die Prüfungspflicht des nationalen Gerichts, ob es das Verfahren aussetzen soll, um eine endgültige Entscheidung über die Nichtigkeitsklage abzuwarten, oder ob es selbst dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorlegt (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Dezember 2000 in der Rs. Masterfoods und HB, C-344/98, Slg. 2000 I-11369, Rdnr. 52).

33

Derartige Zweifel bestehen vorliegend nicht, weshalb das Gericht auch von der vom Beklagten angeregten Aussetzung des Verfahrens (§ 94 VwGO) und Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (Art. 267 AEUV) keinen Gebrauch gemacht hat, wie im Folgenden ausgeführt.

34

Ebenso wie im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (a.a.O.) hält das erkennende Gericht an seiner Rechtsauffassung fest, dass gegen die Entscheidung der Kommission, dass es sich bei den seit dem Jahr 1979 erhobenen Umlagen um eine rechtswidrige Beihilfe im Sinne des Unionsrechts handelt, keine ernstlichen Zweifel bestehen. Darüber hinaus sind auch keine Gründe ersichtlich, die die Rückforderung unmöglich machen.

35

Auch unter Würdigung der Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz im Beschwerdeverfahren (Az.: 6 B 10351/13.OVG) sowie der Einlassung des Beklagten bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kommissionsentscheidung. Vielmehr bleibt es nach wie vor bei der rechtlichen Einschätzung, dass die Europäische Kommission in ihrem Beschluss vom 25. April 2012 dezidiert und unter Einbeziehung aller relevanten Kriterien und Einwände zu Recht entschieden hat, dass die durch den Beklagten erhobenen Umlagen staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen im Sinne des Artikel 107 Abs. 1 AEUV sind, die durch die Begünstigung des Zweckverbandes den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind und den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen.

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Eine staatliche Maßnahme fällt nur dann nicht unter Artikel 107 Abs. 1 AEUV, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen (EuGH, Rechtssache Altmark-Trans, C-280/00, Slg. 2000, I 7747, Rdnr. 87).

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Der Beklagte ist als Unternehmen im Sinne des Artikel 107 Abs. 1 AEUV anzusehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 8. März 2013 (Az.: 1 L 83/13.TR) verwiesen. Ausgangspunkt bleibt, dass der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit umfasst. Wirtschaftlich in diesem Sinne ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Dies kann durch ein privates oder öffentliches Unternehmen geschehen. Entscheidend sind die Art und der Gegenstand der Tätigkeit, wobei die Tatsache, dass private Unternehmen die Tätigkeit anbieten, ein Indiz dafür darstellt, dass es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt (Beschluss vom 08. März 2013, a.a.O., m.w. Nachweisen aus der Rspr.). Die Frage, ob diese Tätigkeit eine solche von besonderem wirtschaftlichem Interesse ist oder nicht, spielt für die Qualifizierung des Beklagten als Unternehmen keine entscheidende Rolle.

38

Die hier allein in Rede stehende Tätigkeit der Beseitigung und Verarbeitung von Tierkörpern wird ebenso wie das Vorhalten einer Seuchenreserve durch die Beigeladenen und von weiteren Unternehmen als wirtschaftliche Tätigkeit in 10 der 16 Bundesländer, d.h. mithin auf einem Markt angeboten. Der Beklagte hat sich außerdem selbst als wirtschaftlich tätiges Unternehmen an der Vergabe eines Auftrages zur Tierkörperbeseitigung einschließlich der erforderlichen Vorhaltung einer Seuchenreserve durch Ausschreibung in anderen Bundesländern beteiligt. Damit sind die Begriffsmerkmale des „Unternehmens“ auch unabhängig von der Wahrnehmung einer „öffentlichen Pflichtaufgabe“ erfüllt. Gleichzeitig ist belegt, dass die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 nicht von der Seuchenreserve zu trennen ist, es sich somit um eine einheitliche wirtschaftliche Tätigkeit handelt. Hiervon zu unterscheiden ist die aus Gründen des Gesundheitsschutzes, der Gefahrenabwehr und des Risikomanagements erforderliche „Überwachung“ der Verarbeitung – auch in Seuchenfällen – durch die hierfür zuständige Behörde, die allein – u.a. aus Gründen des Gesundheitsschutzes - eine hoheitliche seuchenpolizeiliche und damit keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt.

39

Im Weiteren hält das Gericht an seiner im vorgenannten Beschluss dargelegten Auffassung fest, dass dem Beklagten durch die streitgegenständlichen Umlagezahlungen ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne des Artikel 107 Abs. 1 AEUV zugeflossen ist, da sie die laufenden Ausgaben verringert haben und ihnen keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Insoweit folgt das Gericht weiterhin der Würdigung der Europäischen Kommission, dass der Beklagte sich nicht auf das Vorliegen der im Altmark-Urteil geregelten Ausnahme berufen kann (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Juli 2003, a.a.O.). Der EuGH hat im Altmark-Urteil festgestellt, dass ein Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen dann keine staatliche Beihilfe darstellt, das heißt dem Begünstigten keinen Vorteil verschafft, sofern bestimmte Kriterien kumulativ erfüllt sind:

40

Das erste Altmark-Kriterium besagt, dass das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut und diese Verpflichtung klar definiert sein muss. Das zweite Altmark-Kriterium verlangt, dass die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen sind. Nach dem dritten Altmark-Kriterium ist erforderlich, dass der Ausgleich nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Schließlich besagt das vierte Altmark-Kriterium, dass, wenn die Wahl des Unternehmens, welches mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen ist, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte. Dabei sind die erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen.

41

Die Entscheidung der Kommission, dass bereits das erste Altmark-Kriterium nicht erfüllt ist, begegnet keinen rechtlichen Zweifeln, so dass es auf das Vorliegen der übrigen Kriterien nicht mehr entscheidend ankommt. Die Kommission hat überzeugend dargelegt, dass der Beklagte nicht mit der „Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen“ - weder im Hinblick auf die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 noch im Hinblick auf die damit verbundene Seuchenvorsorge - betraut ist. Insbesondere ist sie dem Argument des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vom 16. Dezember 2010 (Az. 3 C 44.9) entgegengetreten, wonach sich dieses Merkmal bereits daraus ergebe, dass in Deutschland die gemeinschaftsrechtliche Pflicht aus Artikel 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte (ABl. Nr. L 273 S. 1), gefährliches Material der Kategorien 1 und 2 schadlos zu verarbeiten und zu beseitigen, grundsätzlich den durch das Landesrecht bestimmten Körperschaften des öffentlichen Rechts als öffentliche Pflichtaufgabe übertragen sei (§ 3 Abs. 1 des Tierische Nebenprodukte-BeseitigungsgesetzesTierNebG – vom 25. Januar 2004 [BGBl. I S. 82]). Diese gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zur schadlosen Verarbeitung und Beseitigung gefährlichen Materials schließe insbesondere vor dem Hintergrund der auch von der Kommission bestätigten Gefahren, die für die Gesundheit vom Material der Kategorien 1 und 2 ausgingen, die Pflicht zur Vorhaltung ausreichender Beseitigungskapazitäten ein.

42

Diese Darlegungen und auch der Einwand des Beklagten, dass den Mitgliedsstaaten bei der Entscheidung, welche Arten von Leistungen sie als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrachteten, ein weiter Ermessensspielraum zustehe, begründen keine berechtigten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission. Diesbezüglich hat die Kommission in ihrer Entscheidung in den Erwägungsgründen Rdnr. 156ff substantiiert dargelegt, dass die Qualifizierung als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse einen offenkundigen Ermessensfehler aufweist. Zum Zwecke der Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit zunächst abermals auf die Ausführungen im Beschluss des erkennenden Gerichts vom 8. März 2013 (1 L 83/13.TR) verwiesen. Mit der Kommission geht die Kammer nach wie vor davon aus, dass im Einzelfall für jede Tätigkeit zu überprüfen ist, ob sie die vom Gerichtshof aufgestellten Voraussetzungen für die Annahme einer „Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse“ erfüllt. Dies ist gerade nur dann der Fall, wenn sich die Tätigkeit von dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens besonders unterscheidet. Diese Voraussetzung automatisch dann als erfüllt anzusehen, wenn der Mitgliedsstaat die betreffende Dienstleistung als kommunale Pflichtaufgabe definiert hat, würde die Qualifizierung staatlicher Mittel in das Belieben des Mitgliedsstaates stellen und unionsrechtlich zwangsläufig wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalten. Die Wahrung der im EU- Vertrag niedergelegten Wettbewerbsordnung, namentlich das Gemeinschaftsinteresse daran, rechtfertigen eine gemeinschaftsrechtlich einheitliche Handhabung nach einheitlichen Maßstäben.

43

Auch aus dem Umstand, dass mit der Beseitigung der Schlachtabfälle der Kategorien 1 und 2 Gefahren für die Gesundheit vorgebeugt werden sollen, lässt sich keine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse herleiten. Insoweit bleibt abermals darauf hinzuweisen, dass allein dieser Umstand lediglich ein strengeres System der Kontrolle der Einrichtungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 bedingt, was eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu rechtfertigen vermag, nicht jedoch zwangsläufig die Qualifizierung dieser Tätigkeit als eine solche von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse rechtfertigt.

44

Entscheidend ist vielmehr – wie die im Beschluss des erkennenden Gerichts beispielhaft genannte Entscheidung in der Rechtssache „SAT-Fluggesellschaft“ (Urteil vom 19. Januar 1994, Rs. C-364/92, Slg. 1994, I-55) bereits belegt -, dass Artikel 107 Abs. 1 AEUV für die Bestimmung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im allgemeinen Interesse zum Zwecke der Einhaltung allgemeingültiger Wettbewerbsbestimmungen staatliche Interventionsmaßnahmen nicht nach deren Gründen und Zielen, sondern nach deren Wirkungen definiert. Danach liegt jedoch keine Tätigkeit im allgemeinen Interesse vor, wie insbesondere die Heranziehung der Rechtssache GEMO (Urteil vom 30. November 2003 GEMO, C-126/01, Slg. 2003, I-13769, Rdnr. 30 bis 34) belegt. Zudem hat die Europäische Kommission - wie bereits im Beschluss vom 8. März 2013 (a.a.O.) dargelegt -, erläutert, dass spezielle Vorschriften des Rechts der Union trotz grundsätzlicher Anerkennung eines Ermessensspielraums der Mitgliedsstaaten der Qualifizierung der Beseitigung von Materialien der Kategorien 1 und 2 als Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse entgegenstehen.

45

Vor dem Hintergrund der dezidierten Ausführungen der Kommission in ihrer Negativentscheidung zur Kostentragungspflicht des Verursachers unter Verweis auf die Rechtssache GEMO (a.a.O.) verfangen die Ausführungen des Beklagten zur Vergleichbarkeit dieser Entscheidung mit der hier zur Entscheidung anstehenden nicht. In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof festgestellt, dass die finanzielle Belastung, die durch die Beseitigung von Tierkörpern und Schlachthofabfällen entsteht, ein Kostenpunkt ist, der mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Viehzüchtern und Schlachthöfen zwangsläufig verbunden sei. Denn durch die von diesen Betrieben ausgeübten Tätigkeiten entstünden nicht verwertbare und vor allem umweltschädliche Produkte und Rückstände, deren Beseitigung ihrem Verursacher obliege. Daher sei das Tätigwerden staatlicher Stellen mit dem Ziel, die Viehzüchter und Schlachthöfe von dieser Belastung zu befreien, ein wirtschaftlicher Vorteil, der geeignet sei, den Wettbewerb zu verfälschen (Rdnr. 31-33). Weiter führt der Gerichtshof aus, dass der Umstand, dass von der Befreiung der Kosten auch Eigentümer von Haustieren, Zoologische Gärten, manche Behörden oder sonstige Unternehmen profitierten, die staatliche Maßnahme nicht zu einer „allgemeinen“ werden lasse, da sie diesen nur „gelegentlich“ zugutekomme. Ebenso verfange der Einwand nicht, dass ein gesundheitspolitisches Ziel verfolgt werde, da es nicht auf die Gründe und Ziele der staatlichen Interventionsmaßnahmen, sondern auf deren Wirkung ankomme (Rdn. 34, 37/38).

46

Weshalb diese Rechtsgrundsätze nicht auf den zur Entscheidung anstehenden Fall zu übertragen sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Hieraus ergibt sich nämlich nicht nur, dass es sich bei der Verarbeitung und Beseitigung der Abfälle um eine (kommerzielle) Tätigkeit handelt, für die der kommerzielle Verursacher die Kosten zu tragen hat, sondern in erster Linie der Rechtsgrundsatz, dass für diesen Fall kein Raum für eine staatliche Finanzierung verbleibt. Eine solche stellt jedoch die Umlage dar, unabhängig davon, dass diese vorliegend nur mittelbar den Landwirten und Schlachthöfen als Verursacher zugutekommt. Entscheidend ist, dass die Belastung der Allgemeinheit mit den Kosten, wie dies vorliegend durch die Umlage geschieht, in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt ist. Von daher überzeugt die Argumentation nicht, der Beklagte werde vergleichbar nicht von einer ihm obliegenden Kostenlast befreit.

47

Weiterhin lässt sich dem Vorgenannten entnehmen, dass dieser Grundsatz auch auf die Vorhaltekosten für die Seuchenreserve gilt. Denn das Risiko einer Seuche ergibt sich aus der Tatsache, dass Tiere gezüchtet und sodann verarbeitet werden, so dass auch die Kosten für die Seuchenreserve über die Gebühren für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 gedeckt werden müssen. Dass die Seuchenreserve in Seuchenfällen auch für andere Tiere zur Verfügung steht, kann ohnehin nach den Ausführungen des Gerichtshofs nicht maßgeblich sein, da in Seuchenfällen, wie in der Vergangenheit vereinzelt aufgetreten, ebenso in erster Linie die Züchter von Tieren und Schlachthöfen Nutznießer der Reserve sind.

48

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich aus der Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland zum Eröffnungsbeschluss der Kommission vom 4. April 2011 bereits ergeben hat, dass nach einer Umfrage auch die anderen Bundesländer die Kosten für die Vorhaltung der Seuchenreserve durch die Gebühren für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 abdecken, diese mithin als „Verursacherkosten“ gelten. Zudem ergab diese Umfrage zur Praxis der Bestimmung und Finanzierung der Seuchenreserve, dass in allen Bundesländern – abgesehen vom Verbandsgebiet des Beklagten – die Seuchenreserve aus den betriebsbedingten Leerkapazitäten, die unter der Woche und am Wochenende vorhanden sind, abgedeckt werden. Traditionell werden dort auf der Grundlage des „Böckenhoff-Gutachtens“ (a.a.O.) zur Seuchenbekämpfung keine zusätzlichen Investitionen in Kapazitäten vorgenommen.

49

Dies bedeutet zugleich, dass für den Fall, dass die betriebsbedingt – und ohne zusätzliche Kosten – vorhandenen Leerkapazitäten nicht ausreichen, um die vorgeschriebene Seuchenreserve abzudecken, die erforderlichen Kosten aufgrund des Verursacherprinzips ebenso aus den Gebühren und Entgelten zu decken wären. Für den Fall, dass ohnehin höhere Leerkapazitäten vorgehalten werden, als tatsächlich für den Seuchenfall erforderlich, fehlt es von vorneherein an jeglichem Interesse der Allgemeinheit an der Vorhaltung einer solchen überschüssigen Leerkapazität.

50

Damit bleibt nach wie vor festzustellen, dass aufgrund des Verursacherprinzips vorliegend kein derartiges wirtschaftliches Interesse an der Beseitigung von Schlachtabfällen der Kategorien 1 und 2 und der Vorhaltung einer Seuchenreserve besteht, welches sich von dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens besonders unterscheidet.

51

Unabhängig davon, dass sich bereits aus Vorgenanntem ein Ermessensfehler hinsichtlich der Definition „gemeinwirtschaftliche Verpflichtung“ herleiten lässt, hat die Europäische Kommission zudem - wie bereits im Beschluss vom 8. März 2013 (a.a.O.) ausgeführt - ohne durchgreifende Zweifel dargelegt, dass spezielle Vorschriften des Rechts der Union trotz grundsätzlicher Anerkennung eines Ermessensspielraums der Mitgliedsstaaten der Qualifizierung der Beseitigung von Materialien der Kategorien 1 und 2 als Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse entgegenstehen. Denn auch der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen, ABl. C 324 vom 24.Dezember 2002, S. 2 Randnr. 27 37 und 38; für den Zeitraum seit 2007, Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007, ABl. C 319 vom 27. Dezember 2006 (S. 1 Randnr. 132 und 135) verbietet aufgrund des Vorhandenseins von Verursachern Beihilfen für die Beseitigung von Schlachtabfällen und trifft zudem Regelungen hinsichtlich des Risikomanagements für den Fall einer Tierseuche. Diese Gemeinschaftsregel steht mithin dem Gebrauch des Ermessensspielraums in der hier erfolgten Form ohnehin entgegen (Erwägungsgrund 159,164).

52

Liegt bereits daher begrifflich keine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse vor, bleibt lediglich ergänzend darauf zu hinzuweisen, dass der Beklagte vor der Änderung der Verbandsordnung am 2. Februar 2010 mit Rückwirkung vom 1. Januar 2009 nur allgemein mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 „betraut“ war. Die alte Verbandsordnung bestimmte keinerlei Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve. Es bestand von daher auch keine klar definierte Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums, worauf sich der Beklagte nunmehr für den Zeitraum seiner Tätigkeit in den zurückliegenden Jahren beruft.

53

Insgesamt bestehen daher auch in Ansehung der im vorliegenden Klageverfahren vorgetragenen Einwände gegen die Entscheidung der Kommission, dass bereits keine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums vorliegt, keine durchgreifenden Zweifel. Da die im Altmark-Urteil festgestellten Voraussetzungen für die Verneinung einer Beihilfe kumulativ erfüllt sein müssen, bleibt daher lediglich ergänzend darauf zu verweisen, dass für die Jahre 1979 bzw. - hier relevant - 1998 bis 2008 unstreitig auch das Altmark-Kriterium 2 nicht erfüllt ist. Dies gilt ebenso für das Jahr 2009, da die Transparenzerfordernisse des zweiten Altmark-Kriteriums vorab und nicht erst rückwirkend erfüllt werden müssen. Lediglich für die Jahre 2010 bis 2012 ist dem zweiten Altmark-Kriterium genüge getan.

54

Ebenso unstreitig ist auch das vierte Altmark-Kriterium für den gesamten hier in Rede stehenden Zeitraum nicht erfüllt. Die von der Kommission zur Anwendbarkeit dieses Kriteriums auf den Beklagten hierzu vertretene Rechtsauffassung in den Erwägungsgründen 233 ff. begegnet keinen berechtigten Zweifeln. Bereits der Wortlaut dieses vom Gerichtshof aufgestellten Kriteriums verdeutlicht, dass das vierte Altmark-Kriterium auch dann anwendbar ist, wenn – wie hier - keine Ausschreibung erfolgt ist; mithin eine in-house Vergabe erfolgt ist. Die hiergegen sich aus der Entscheidung des Gerichtshofs vom 9. Juni 2009 – Rs. Stadtreinigung Hamburg, C 480/06, Slg. 2009, I-4747 mutmaßlich ergebenden Einwände verfangen nicht. Wie bereits im Beschluss vom 8. März 2013 ausgeführt (a.a.O.), stand dort lediglich zur Entscheidung, ob eine Pflicht zur Vergabe im Ausschreibungsverfahren besteht. Hieraus lässt sich jedoch keine Schlussfolgerung für das Vorliegen des vierten Altmark-Kriteriums dahingehend ziehen, dass für den Fall, dass keine Ausschreibung erfolgt, das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt sein muss. Weitergehende überzeugende Besonderheiten, die eine modifizierte Anwendung auf den vorliegenden Fall rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

55

Angesichts dessen, dass das Altmark-Kriterium 1 sowie das Altmark-Kriterium 4 für den gesamten Zeitraum des Umlagenbezugs nicht vorliegen und das Altmark-Kriterium 2 nur ab 2010, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen des Altmark-Kriteriums 3, welches vorschreibt, dass der Ausgleich nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung ganz oder teilweise zu decken, erfüllt ist. Hierzu trägt der Beklagte vor, dass die Höhe der Umlage nicht über das hinausgegangen sei, was für die Vorhaltung der Seuchenreserve erforderlich gewesen sei. Zwar spricht vieles dafür, dass diese Frage mit der Kommission zu verneinen ist, da für die Jahre 1998 bis 2009 überhaupt keine Betrauung mit der Vorhaltung einer Seuchenreserve bestand, mithin nicht nachvollziehbar ist, dass die komplette Umlage für die dadurch bedingten Kosten eingesetzt worden sein soll. Für den Zeitraum ab 2010 hingegen waren die betriebsbedingt vorhandenen Kapazitäten auf der Basis der vom Beklagten selbst angegebenen Seuchenreserve von 7110 Tonnen in einem Zeitraum von sechs Wochen zweimal so groß dimensioniert. Sofern der Beklagte sich nunmehr auf Berechnungen im KPMG-Gutachten (a.a.O.) beruft, bestehen Bedenken, ob das erstmals im Nichtigkeitsklageverfahren vor dem Gerichtshof vorgelegte KPMG-Gutachten überhaupt geeignet ist, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Kommission zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist nämlich die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund des Informationsstandes zu beurteilen, über den die Kommission bei deren Erlass verfügte (EuG, Urteil vom 26. September 1996, Rs. Kimberley Clark, C-241/94, Slg. 1996, I-4551, Rdnr. 33). Unbeschadet dieser Besonderheiten bedurfte es vorliegend mangels Entscheidungserheblichkeit aus den vorgenannten Gründen jedenfalls keiner weitergehenden Beweisaufnahme zu dem mit Schriftsatz vom 13. September 2013 förmlich gestellten Beweisantrag des Beklagten (so Beschluss der Kammer vom 4. November 2013).

56

An der Feststellung der Kommission, dass die gewährten Beihilfen den Wettbewerb verfälscht haben oder zu verfälschen drohen, bestehen ebenso keine durchgreifenden Zweifel. Dass hinsichtlich der Beseitigung von Schlachtabfällen aller Kategorien ein Wettbewerb auf einem Markt gegeben ist, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass der Beklagte sich selbst an der Ausschreibung für Nord- und Mittelhessen beteiligt hat und sich gegenüber Konkurrenzunternehmen hat behaupten können. Mittlerweile sind auf dem Markt 10 Unternehmen aktiv. Dass die Beseitigung der Schlachtabfälle in Rheinland-Pfalz im Rahmen einer in-house-Lösung erfolgt ist, ändert nichts an dem Umstand, dass generell ein Wettbewerb eröffnet ist. Die Umlagezahlungen sind auch geeignet, die finanzielle Position des Beklagten gegenüber anderen potentiellen Anbietern zu stärken und damit den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. Diese wirtschaftlichen Vorteile aus den Umlagezahlungen können jedenfalls dazu genutzt werden, einen Wettbewerbsvorteil auf Märkten zu erlangen und damit die Position des Beklagten zu stärken, auf denen er in direkter Konkurrenz zu anderen Anbietern steht.

57

Nach alledem besteht an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission, dass es sich bei der Umlagezahlung um eine mit dem Binnenmarkt nicht vereinbare Beihilfe handelt, kein durchgreifender Zweifel. Eine Rechtfertigung der Umlage über Artikel 106 Abs. 2 AEUV und dem DAWI-Unionsrahmen scheidet wegen der ausgeführten Besonderheiten aus.

58

Ist mithin gegen die Rückforderungsentscheidung der Kommission nichts zu erinnern, so beruht das Leistungsbegehren des Klägers unter Heranziehung des gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich- rechtlichen Erstattungsanspruchs i.V.m. Artikel 14 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 auf einer ausreichenden Rechtsgrundlage, um dem unverzüglichen Vollstreckungsbegehren nach nationalem Recht Rechnung zu tragen.

59

Demgegenüber vermag der Beklagte sich nicht auf eine absolute Unmöglichkeit der Rückforderung oder auf einen Vertrauensschutz zu berufen.

60

Im Verfahren auf Rückforderung rechtswidriger Beihilfen ist es dem Beklagten zunächst aus unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsätzen untersagt, sich auf die Bestandskraft der den Umlagezahlungen zugrunde liegenden Bescheide zu berufen. Sie stellen insbesondere keinen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Betrages dar. Zur Begründung wird insoweit zunächst auf die Ausführungen des erkennenden Gerichts in seinem Beschluss vom 8. März 2013 (a.a.O.) verwiesen. Wie bereits ausgeführt, sind die nationalen Gerichte verpflichtet, entsprechend ihrem nationalen Recht aus einer Verletzung des Artikel 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Rückforderung der finanziellen Unterstützungen zu ziehen, die unter Verletzung dieser Bestimmung gewährt wurde. Sie müssen grundsätzlich einer Klage auf Rückzahlung von unter Verstoß gegen diese Vorschrift gezahlten Beihilfen stattgeben. Jede andere Auslegung würde die Missachtung des Artikel 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durch den betreffenden Mitgliedsstaat begünstigen und der Vorschrift ihre praktische Wirksamkeit nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, Az. 1 ZA 136/09 – juris – mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Unionsrechtlich besteht die Verpflichtung der mitgliedsstaatlichen Gerichte, ihr nationales Recht unionsrechtskonform anzuwenden. Die nationale Behörde kann sich daher nicht darauf berufen, dass einzelne Vorschriften ihres nationalen Rechts der unverzüglichen und vollständigen Durchführung der Maßnahme entgegenstehen. Von daher ist es allen Organen, einschließlich der nationalen Gerichte des Mitgliedsstaates, faktisch untersagt, auf dem nationalen Recht beruhende rechtliche Einwände gegen den Vollzug der Rückforderungsentscheidung zu erheben. Bereits diese gemeinschaftsrechtlichen Rechtsgrundsätze stehen der Geltendmachung der Bestandskraft im vorliegenden Verfahren entgegen – wie bereits im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ausgeführt-.

61

Im Übrigen bedeutet die verfahrensrechtliche Unanfechtbarkeit gerade keine materielle Unabänderlichkeit. Sie bindet nur den Adressaten und nicht denjenigen, der den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Behörde ist durch die Unanfechtbarkeit der Verwaltungsakte nicht in ihrer Gestaltungsfreiheit eingeschränkt. Vielmehr besteht für den Beklagten die Möglichkeit und im Gemeinschaftsinteresse an der Wahrung der im EU-Vertrag niedergelegten Wettbewerbsordnung auch die Verpflichtung, in den großzügigen Grenzen der §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – die Umlagebescheide - auch nachdem sie unanfechtbar geworden sind - aufzuheben.

62

Der Beklagte, der zugleich Begünstigter der gewährten Leistung ist, kann dem wiederum keinen Vertrauensschutz entgegensetzen, da auch dies aus Gründen überragenden Gemeinschaftsinteresses ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1993, 11 C 47/92 – juris-). Dem öffentlichen Rücknahmeinteresse kommt in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich ein größeres Gewicht zu als bei der Rücknahme von Geldleistungsverwaltungsakten, die nur gegen nationales Recht verstoßen. Im zuletzt genannten Fall dient die Rücknahme dem fiskalischen Interesse sowie dem Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, in Fällen der vorliegenden Art darüber hinaus der Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsordnung. Daher tritt das Vertrauensschutzinteresse des Begünstigten angesichts des besonderen Gewichts des Rücknahmeinteresses grundsätzlich schon dann zurück, wenn die staatliche Beihilfe - wie hier - ohne Beachtung des zwingend erforderlichen Überwachungsverfahrens gewährt bzw. verlangt wurde. Denn eine sichere Grundlage für ein Vertrauen auf die materielle Rechtmäßigkeit der Beihilfe besteht nur, wenn das Überwachungsverfahren als Voraussetzung der Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe eingehalten worden ist. Einem sorgfältigen Wirtschaftsunternehmen ist es regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Ist - wie hier - bereits das vorgeschriebene Überwachungsverfahren nicht durchgeführt worden, so ist das Vertrauen des Beihilfeempfängers nur ausnahmsweise schutzwürdig, wenn dafür besondere Umstände sprechen (EuGH, Urteil vom 20. September 1990, NVwZ 1990, 1161 Randnr. 12). Solche außergewöhnlichen Umstände sind für den vorliegenden Fall nicht festzustellen.

63

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2010 (a.a.O.) begründet für das Jahr 2010 ebenso keinen Vertrauensschutz. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 8. März 2013 (a.a.O; ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 10. Juni 2013, a.a.O.) verwiesen. Lediglich ergänzend bleibt nochmals darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht erst nach Erlass des Eröffnungsbeschlusses der Kommission entschieden hat. Seine Entscheidung – insbesondere hinsichtlich der Charakterisierung der Umlage als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse - stand zu dem Zeitpunkt bereits der Auffassung der Kommission entgegen. Vor diesem Hintergrund und auch der Tatsache, dass nur die Kommission bzw. das Europäische Gericht befugt ist, verbindlich über den Charakter einer Beihilfe zu entscheiden, mithin die nationalen Gerichte ohnehin nur vorläufige Entscheidungen treffen können, verbietet sich die Annahme eines vertrauensbegründenden Tatbestandes. Im Übrigen war Grundlage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine mit dem vorliegenden Verfahren nicht vergleichbare Rechtslage. Gegenstand des dort zur Entscheidung stehenden Verfahrens war eine Drittanfechtung durch die Konkurrenten, die in den Schutzzweck des Durchführungsverbots des Art. 108 Abs. 2 und 3 AEUV einbezogen sind (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, I ZR 136/09 – juris-). Vorliegend geht es um den Vollzug einer bereits vorliegenden und für den nationalen Staat verbindlichen Kommissionsentscheidung.

64

Ist damit dem Beklagten die Berufung auf einen nationalen wie auch unionsrechtlichen Vertrauensschutz verwehrt, ist der Klage stattzugeben.

65

Hinsichtlich der Zinsforderung bildet die Kommissionsentscheidung unmittelbar die öffentlich-rechtliche Erstattungsgrundlage. Der zurückzufordernde Betrag ist, um die durch die Beihilfe eingetretene Wettbewerbsverzerrung vollständig auszugleichen, von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger erstmals zur Verfügung stand; ferner sind die Zinsen anhand eines Referenzzinssatzes zu berechnen (Artikel 14 Abs. 2 – BVVO – in Verbindung mit Artikel 11 der Durchführungsverordnung 794/2004 [ABl. 2004, L 140/1]).

66

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Dabei war der Beklagte nach Maßgabe des § 162 Abs. 3 VwGO auch mit den Kosten der Beigeladenen zu belasten. Dies entspricht der Billigkeit, wenngleich die Beigeladenen keinen eigenen Antrag angekündigt haben, was mangels mündlicher Verhandlung auch nicht mehr präzisiert wurde. Denn auch aus anderen Umständen können hinreichende Billigkeitsgründe abgeleitet werden, z.B. dann wenn der Beigeladene das Verfahren wesentlich gefördert hat (Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 18. Auflage 2012, § 162 Rdnr. 23; BayVGH, Beschluss vom 9. Dezember 2002, Az.: 22 ZB 02.1206; BFH, Urteil vom 20. Juni 2001, Az.: VI R 169/97 – juris-).

67

Dies ist vorliegend der Fall. Auf eigenes Betreiben erfolgte eine Beiladung, um den konkurrierenden Unternehmen u.a. die Möglichkeit zu geben, sich durch wesentlichen Vortrag am Verfahren zu beteiligen. Hiervon haben die Beigeladenen Gebrauch gemacht, indem sie über eigene Standpunkte und bereits aus den vorangegangenen Verfahren feststehende Umstände hinaus wesentliche Gesichtspunkte zur Frage der Aussetzung des Verfahrens, zum Vorlageersuchen, zu der Würdigung der Bestandskraft der Umlagebescheide nach Erlass einer Kommissionsentscheidung und der Prüfungskompetenz der nationalen Gerichte im aktuellen Verfahrensstadium detailliert und ausführlich zur Verteidigung der eigenen Interessen an der baldigen Umsetzung der Kommissionsentscheidung vorgetragen haben. Hierdurch haben die Beigeladenen auch dazu beigetragen, dass über das Verfahren zügig und ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte. Sie waren zudem faktisch die einzig Außenstehenden in diesem Verfahren.

68

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus §§ 167 Abs. 1, 709 ZPO. …

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführerin, deren Begünstigung durch eine staatliche Beihilfe von der Europäischen Kommission untersucht wird, erstrebt ihre Beteiligung in einem vorläufigen Beihilfeprüfverfahren, bevor die Bundesrepublik Deutschland auf Anfrage der Kommission dieser gegenüber eine abschließende Stellungnahme abgibt. Die Beschwerdeführerin hat vergeblich versucht, im Verwaltungsverfahren und mit Eilanträgen vor den Verwaltungsgerichten Rechte auf Akteneinsicht und Anhörung geltend zu machen. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den abschlägigen Bescheid und den Widerspruchsbescheid des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin und einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg. Die Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind darauf gerichtet, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufzugeben, gegenüber der Europäischen Kommission in dem vorläufigen Beihilfeprüfverfahren nur nach Beteiligung der Beschwerdeführerin abschließend Stellung zu nehmen.

2

Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung von Grundrechten, insbesondere von aus Art. 2 Abs. 1 GG hergeleiteten Verfahrensrechten geltend.

II.

3

1. Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung ( ) und ihre Annahme erscheint auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin angezeigt ( ). Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, ihre Begründung zeigt die Möglichkeit einer Verletzung der Beschwerdeführerin in ihren verfassungsmäßigen Rechten nicht hinreichend substantiiert auf.

4

a) Soweit die Beschwerdeführerin ihre Grundrechte als verletzt betrachtet, weil durch die angegriffenen Entscheidungen eine Schutzlücke nicht geschlossen worden sei, weshalb europäisches Verfahrensrecht hinter dem erforderlichen Grundrechtsstandard zurückbleibe, genügt sie nicht den in diesem Zusammenhang durch das Bundesverfassungsgericht entwickelten hohen Zulässigkeitsanforderungen. Danach sind Verfassungsbeschwerden, die eine derartige Verletzung von Grundrechten bei Anwendung von Gemeinschaftsrecht durch die nationale öffentlichen Gewalt geltend machen, von vornherein unzulässig, wenn ihre Begründung nicht darlegt, dass die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach der sogenannten Solange II-Entscheidung (vgl. BVerfGE 73, 339 <378 - 381>) unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken sei. Deshalb muss die Begründung der Verfassungsbeschwerde im Einzelnen darlegen, dass der jeweils als unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz generell nicht gewährleistet ist. Dazu bedarf es einer Gegenüberstellung des Grundrechtsschutzes auf nationaler und auf Gemeinschaftsebene in der Art und Weise, wie das Bundesverfassungsgericht sie in der Solange II-Entscheidung dargelegt hat (vgl. BVerfGE 102, 147 <164>). Dem genügt die vorliegende Verfassungsbeschwerde nicht.

5

b) Soweit die Verfassungsbeschwerde darauf zielt, eine Verletzung von Grundrechten und hier des Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes im Umgang des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie mit dem Auskunftsersuchen der Europäischen Kommission in einem vorläufigen Beihilfeprüfverfahren geltend zu machen, kann offen bleiben, inwiefern hier neben den europarechtlichen Regeln zum Beihilfeprüfverfahren, in dem sich auch Regeln über die Beteiligung im förmlichen Prüfverfahren derjenigen finden, die von staatlichen Beihilfen profitieren (vgl. Art. 6 Abs. 1 Beihilfeverfahrensverordnung (EG) Nr. 659/1999, Abl. EG Nr. L 83, S. 1), der eigenständige Anwendungsbereich der Grundrechte eröffnet ist. Denn eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG ist vorliegend jedenfalls nicht hinreichend substantiiert dargetan und daher nicht ersichtlich.

6

c) Ob bereits die Abgabe einer Stellungnahme durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ohne vorherige Anhörung der Beschwerdeführerin ihre aus Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Grundrechtsposition entwertet, erschließt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht.

7

(1) Die Grundrechte beeinflussen nicht nur die Ausgestaltung des materiellen Rechts, sondern setzen zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisations- und Verfahrensgestaltung (vgl. BVerfGE 69, 315 <355>; stRspr). In ihrer Verfahrensdimension können Grundrechte also auch durch eine fehlende Beteiligung im Verwaltungsverfahren verletzt werden. Doch setzt dies voraus, dass es in dem jeweiligen Verfahren um Handlungen geht, die Grundrechte auch tatsächlich beinträchtigen können.

8

(2) Dass in der Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie selbst ein Grundrechtseingriff liegen kann, ist jedoch nicht erkennbar. Es handelt sich um eine Informationsvermittlung des Mitgliedstaates an die Kommission ohne unmittelbare Rechtswirkung. Zwar hat eine Stellungnahme des von der Kommission um Auskunft ersuchten Mitgliedstaates Einfluss auf die das vorläufige Prüfverfahren beendende Entscheidung, doch geht von ihr keine Bindungswirkung aus. Desgleichen wird die mögliche Entscheidung der Europäischen Kommission über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zwar veröffentlicht, doch hat sie ebenfalls keine Dritte bindende Kraft, denn es handelt sich um eine vorläufige Würdigung des Sachverhaltes. Konkrete grundrechtsrelevante Wirkungen hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass die nationalen Gerichte Schlüsse aus der Eröffnung des förmlichen Verfahrens ziehen könnten, geht sie daran vorbei, dass die nationalen Gerichte an eine vorläufige Würdigung eines Vorgangs durch die Europäische Kommission als unionsrechtswidrige Beihilfe nicht gebunden sind, sondern bis zum Abschluss des förmlichen Beihilfeprüfverfahrens das Vorliegen einer Beihilfe selbst zu prüfen haben (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - I ZR 136/09 -, EuZW 2011, S. 440). Konkreter Vortrag dazu, dass die Kreditgeberin der Beschwerdeführerin eine Kündigung der Kredite im Fall der Eröffnung des förmlichen Verfahrens tatsächlich beabsichtigt, fehlt. Auch der Hinweis auf § 490 Abs. 1 BGB genügt hier nicht, da sich daraus lediglich ergibt, dass der Kreditgeber im Falle einer Kreditgefährdung kündigen kann. Zudem ist die allgemeine Behauptung einer dann bevorstehenden Insolvenz nicht geeignet, um die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Grundrechten substantiiert darzulegen.

9

d) Von einer weiteren Begründung sieht die Kammer nach ab.


10

2. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (vgl. § 40 Abs. 3 GOBVerfG).

11

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.