Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 14. Jan. 2016 - 7 A 585/15
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Bauvorbescheid vom 26.8.2014 verstoße nicht gegen zu prüfende Vorschriften des Bauplanungsrechts, die den Klägern subjektive Rechte vermittelten. Die angesprochenen Festsetzungen des Bebauungsplans seien nicht nachbarschützend. Ein Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksicht-nahmegebot sei nicht gegeben. Das Vorhaben habe gegenüber dem Grundstück der Kläger keine erdrückende Wirkung. Es schaffe keine unzumutbaren Einsicht-nahmemöglichkeiten. Es seien auch keine unzumutbaren Belästigungen durch Kraftfahrzeugverkehr zu erwarten.
4Das Vorbringen der Kläger führt nicht zu den in erster Linie geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
5Die Kläger rügen ohne Erfolg, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans in Bezug auf die Baufenster bzw. in Bezug auf die Grundflächenzahl und die Vollgeschosszahl nachbarschützend seien. Diesen Festsetzungen kommt hier keine nachbarschützende Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht auch nicht etwa - wie die Kläger meinen - die Grundsätze der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.10.1995 - 4 B 215.95 - BRS 57 Nr. 219 = BauR 1996, 82 verkannt. Soweit die Kläger ferner beanstanden, die Entscheidung der Beklagten verletze die gemeindliche Planungshoheit, ist nicht einmal im Ansatz aufgezeigt - und im Übrigen auch nicht sonst ersichtlich - woraus sich in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Nachbarrechten ergeben könnte. Eine andere Beurteilung ergibt sich des Weiteren nicht aus den zitierten Entscheidungen des OVG Hamburg 2 Bs 26/09 (BRS 74 Nr. 90 = BauR 2009, 1556) und des VGH Mannheim - 3 S 39/07 - (BRS 71 Nr. 122 = BauR 2007, 1861), die in wesentlicher Hinsicht anders gelagerte Sachverhalte betreffen.
6Die Kläger verkennen mit ihrer weiteren Rüge, es fehle eine Abwägung im Rahmen der Befreiungsentscheidung, dass nach Maßgabe der vom Verwaltungsgericht referierten Grundsätze im Rahmen einer Befreiungserteilung nach § 31 Abs. 2 BauGB bzw. deren Inaussichtstellung oder Zusicherung lediglich eine Prüfung des Rücksichtnahmegebots maßgeblich ist.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014 - 7 B 1416/13 -, juris, m. w. N.
8Gegen die Urteilsbegründung wenden die Kläger daran anschließend ohne Erfolg ein, die Prüfung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sei vom Verwaltungsgericht nur unzureichend vorgenommen worden.
9Im Rahmen der Prüfung des Rücksichtnahmegebots hat das Verwaltungsgericht insbesondere das Vorliegen einer erdrückenden Wirkung der geplanten Gebäude unter Anwendung der einschlägigen Grundsätze verneint. Diese Begründung wird durch die Ausführungen der Kläger nicht durchgreifend erschüttert. Nach den vom Verwaltungsgericht zutreffend herangezogenen Maßstäben,
10vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 18.2. 2014 - 7 B 1416/13 -, juris,
11ist die Richtigkeit dieser Beurteilung nicht ernstlich zweifelhaft.
12Auch die Rüge einer Beeinträchtigung durch eine unzumutbare Verschattung ihres Grundstücks durch die Gebäude der Beigeladenen greift nicht durch. Damit ist auch mit Blick auf die Lage der geplanten Baukörper zum Grundstück der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass Verschattungseffekte das Maß dessen überschreiten, was in bebauten Bereichen regelmäßig hinzunehmen ist.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 = BauR 2009, 775.
14Entgegen der Meinung der Kläger hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch nicht etwa seiner Entscheidung unzutreffende tatsächliche Annahmen zugrundegelegt bzw. verkannt, dass ihre große Terrasse - und nicht nur ein „kleiner“ Balkon - geschaffen werden. Aus den Entscheidungsgründen und der dortigen Bezugnahme auf die bei der Gerichtsakte befindlichen, während des Ortstermins gefertigten Fotos ergibt sich eindeutig, dass das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass in Bezug auf die Dachterrasse an der westlichen Grundstücksseite mit - allerdings nicht unzumutbaren - Beeinträchtigungen durch das Vorhaben der Beigeladenen zu rechnen ist; dass es insoweit den Ausdruck „Balkon“ verwendet hat, ändert daran nichts.
15Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist im Übrigen auch mit Blick auf vorhabenbedingten Kraftfahrzeugverkehr nicht hinreichend dargelegt.
16Ernstliche Zweifel ergeben sich schließlich nicht aus dem Einwand der Kläger, das Verwaltungsgericht habe in den Entscheidungsgründen Feststellungen zu § 51 Abs. 7 BauO NRW getroffen, obwohl dessen Prüfung im Rahmen des Vorbescheidverfahrens nicht beantragt und durchgeführt worden sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger durch diese - ersichtlich nicht entscheidungstragenden - Erwägungen in rechtserheblicher Weise belastet werden, sind weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
17Ob das Vorhaben mit den Vorgaben des Abstandrechts nach Maßgabe des § 6 BauO NRW vereinbar ist, ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich. Die Prüfung dieser Frage mag dem Baugenehmigungsverfahren bzw. einem etwaigen nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorbehalten bleiben.
18Aus den vorstehenden Gründen führt das Vorhaben auch nicht zu den ferner geltend gemachten besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
19Für die im Rahmen der Grundsatzrüge (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) aufgeworfene Frage, ob die Genehmigungsbehörde entgegen der Planungshoheit der Gemeinde eine vollständige Abwandlung eines Bebauungsplans vornehmen kann, ist aus den vorstehenden Gründen die erforderliche Entscheidungserheblichkeit nicht dargelegt.
20Schließlich greift auch die Verfahrensrüge (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht durch. Entgegen der Meinung der Kläger hat das Verwaltungsgericht nicht das rechtliche Gehör verletzt. Soweit sie hierzu auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur bestehenden Parkplatznutzung des Vorhabengrundstücks Bezug nehmen und diese als überraschend bemängeln, ist darauf hinzuweisen, dass eine maßgebliche Einbeziehung dieses Aspekts nicht als überraschend gewertet werden kann. Die Tatsache der Nutzung ergibt sich aus den in Bezug genommenen Fotografien anlässlich des Ortstermins des Verwaltungsgerichts. Dass es im Einzelfall auf bestehende Nutzungen eines Vorhabengrundstücks im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot ankommen kann, ist eine Erwägung, mit der ein anwaltlich vertretener Prozessbeteiligter bei gewissenhafter Prozessführung zu rechnen hat.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die der Beigeladenen im Zulassungsverfahren entstandenen erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten nicht von ihr selbst getragen, sondern den Klägern auferlegt werden, denn die Beigeladene hat im Zulassungsverfahren einen Antrag gestellt und sich damit auch selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.
Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der zulässige Antrag sei unbegründet; die Interessenabwägung falle zu Lasten der Antragsteller aus, da nicht erkennbar sei, dass die streitige Baugenehmigung gegen Nachbarschutz vermittelnde Vorschriften des öffentlichen Rechts verstoße.
4Die dagegen mit der Beschwerde fristgemäß vorgebrachten Einwände führen zu keinem anderen Ergebnis. Die angegriffene Baugenehmigung ist summarischer Prüfung zufolge nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise rechtswidrig.
5Der Senat vermag nicht festzustellen, dass das Vorhaben gegen das Rücksicht-nahmegebot verstößt. Auch im Rahmen einer Gesamtschau ist mit Blick auf das Volumen des Vorhabengebäudes, die durchgehende Bebauung von der V.--straße bis zum G. , die Höhen des Vorhabengebäudes und der Gebäude der Antragsteller und die Stellung der Gebäude der Antragsteller auf dem Grundstück weder die angesprochene „erdrückende Wirkung“ gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch sonst eine rechtlich relevante Rücksichtslosigkeit anzunehmen.
6Eine erdrückende Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls ‑ und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
7Vgl. OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 - 7 A 3199/08 -, BRS 76 Nr. 181 = BauR 2011, 248 und Beschlüsse vom 24. April 2012 - 7 B 242/12 -, und vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
8Eine solche Wirkung kann angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden.
9Der zur V.--straße gelegene höchste Dachfirst des geplanten Hauses des Beigeladenen ist nach den Angaben im amtlichen Lageplan 79,99 m ü. N. N. und damit lediglich 2,3 m höher als der Dachfirst des an der V.--straße gelegenen Wohnhauses der Antragsteller (First 77,69 ü. N. N.). Zum G. hin fällt das geplante Gebäude in drei Stufen (79,085 m ü. N. N., Brüstungshöhe 77,265 m ü. N. N., Brüstungshöhe 74,49 m ü. N. N.) ab, so dass die Höhendifferenz zwischen dem Wohnhaus der Antragsteller am G. und dem Vorhaben an der östlichen Gebäudeabschlusswand einschließlich der Brüstungen nur 2,75 m beträgt (74,49 m ü. N. N. - 71,74 m ü. N. N.) und somit keinesfalls von einem „Übermaß an Höhe“ des streitgegenständlichen Gebäudes gesprochen werden kann. Auch der Vergleich des absoluten Höhenunterschiedes des Vorhabengebäudes und des am G. gelegenen Wohnhauses der Antragsteller von ca. 8,25 m (Dachfirsthöhe 79,99 m ü. N. N. – 71,74 m ü. N. N.) führt nicht zur Annahme einer erdrückenden Wirkung. Vielmehr handelt es sich um einen im innerstädtischen Bereich nicht unüblichen Höhenversprung aneinander stehender Gebäude. Unter Berücksichtigung der Bautiefe des Gebäudes des Beigeladenen von etwa 21 m ändert daran auch nichts, dass dieses an der zur V.--straße ausgerichteten Seite ca. doppelt so hoch ist, wie das Flachdachgebäude der Antragsteller am G. . Die Annahme eines unzumutbaren „Eingemauertseins“ scheidet auch hinsichtlich ihres Innenhofes aus. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf verwiesen, dass die befürchtete Entstehung einer „Innenhofsituation“ im Wesentlichen Folge der baulichen Ausnutzung des Grundstücks der Antragsteller ist. Eine erdrückende Wirkung wäre selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Ostseite des Grundstücks der Antragsteller überhaupt nicht bebaut wäre.
10Gegenüber den Antragstellern resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus den vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Einsichtsmöglichkeiten kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
11Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Juni 2007 ‑ 7 A 3852/06 -, BRS 71 Nr. 127, vom 9. Februar 2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 und vom 6. Juni 2012 - 7 B 487/12 -.
12Die Antragsteller können nicht beanspruchen, dass das Grundstück des Beigeladenen nicht oder nur so bebaut wird, dass die Möglichkeit eines Einblicks nicht gegeben ist. In Anbetracht der Vorgaben des Bebauungsplanes und der Lage des Grundstücks des Beigeladenen mussten die Antragsteller mit einer durchgehenden Bebauung dieses Grundstücks rechnen. Die geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten gehen ihrer Qualität nach nicht über eine regelmäßig hinzunehmende gegenseitige Einsichtnahme in die jeweiligen Ruhebereiche hinaus. Mangels einer durch das Vorhaben veranlassten unangemessenen Benachteiligung des Grundstücks der Antragsteller ist es irrelevant, ob die Planänderung auch im Interesse des Beigeladenen erfolgte.
13Ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Annahme, auch bei der Erteilung der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB seien Nachbarrechte der Antragsteller nicht verletzt worden.
14Soweit die Antragsteller rügen, nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB hätten vorgelegen und hinsichtlich des 2. Dachgeschosses fehle es gänzlich an einer Befreiung, verkennen sie die Reichweite ihrer Abwehrrechte. § 31 Abs. 2 BauGB hat zwar mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung. Das bedeutet aber lediglich, dass nur bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben ist, dass also bei nachbarschützenden Festsetzungen jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung führen muss. Demgegenüber besteht Drittschutz des Nachbarn bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung vielmehr nur, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 - 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206 = BRS 60 Nr. 183, und Urteil vom 19. September 1986 - 4 C 8.84 -, BauR 1987, 70 = BRS 46 Nr. 173; OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2011 - 7 B 1803/10 -, BRS 78 Nr. 188.
16Dass hier von einer nachbarsschützenden Festsetzung des Bebauungsplanes abgewichen wird, haben die Antragsteller schon nicht dargelegt. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots liegt aus obigen Gründen nicht vor.
17Den von den Antragstellern geltend gemachten objektivrechtlichen Verstößen - der Bebauungsplan sei unwirksam und das Vorhaben füge sich hinsichtlich seines Höhenmaßes, der Dachneigung und der Geschossflächenzahl nicht in die nähere Umgebung ein - kommt keine nachbarschützende Wirkung zu. Selbiges gilt hinsichtlich des schon nicht dargelegten Wertverlustes ihres Grundstücks.
18Aus der geltend gemachten fehlenden Angrenzerbeteiligung der Antragsteller im Sinne von § 74 BauO NRW können diese letztlich ebenfalls keine abwehrfähige Rechtsposition herleiten. Hierzu hat bereits das Verwaltungsgericht aufgezeigt, dass ein solcher Verfahrensfehler unabhängig von einer materiellen Rechtsverletzung des Nachbarn keinen Anspruch des nichtbeteiligten Nachbarn auf Aufhebung des Verwaltungsaktes begründen kann, abgesehen davon ist ohnehin von einer Heilung des Mangels nach den zumindest entsprechend anwendbaren Regelungen des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 VwVfG NRW bzw. von einer Unbeachtlichkeit gemäß § 46 VwVfG NRW auszugehen.
19Vgl. hierzu etwa: OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2013 - 2 B 492/13 -; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, 2011, § 74 Rn. 87a; Schönenbroicher/Kamp/ BauO NRW, 2012, Rn. 1, 31 zu § 74.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO; es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern auch die Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, weil dieser einen Antrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
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vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.