Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Sept. 2014 - 6 B 1079/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7.000 EUR festgesetzt
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdeschrift dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der (Haupt-)Antrag auf eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist. Mit der im Wege der einstweiligen Anordnung begehrten Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen würde der im Klageverfahren zu verfolgende Anspruch jedenfalls vorübergehend erfüllt. Dass die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Durchbrechung des Grundsatzes des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gegeben sind, ist auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich. Denn der Antragsteller hat bereits nicht aufgezeigt, dass er im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen würde.
5Vgl. zu den Voraussetzungen OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2008 - 6 B 971/08 ‑, juris, Rn 2.
6Damit fehlt es zugleich auch an der für den Erfolg des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens erforderlichen Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches.
7Die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit durch das Verwaltungsgericht wird mit dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren nicht durchgreifend in Frage gestellt.
8Ohne Erfolg macht die Beschwerde geltend, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
9- vgl. Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 -, und 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, beide juris, -
10dürfe einem aktuell dienstfähigen Bewerber die gesundheitliche Eignung nur dann abgesprochen werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigten, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten werde oder jedenfalls in erheblichem Maße krankheitsbedingte Ausfälle zu befürchten seien. Nach diesen Maßstäben habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht festgestellt, dass der Antragsteller polizeidienstuntauglich sei. Denn derzeit sei ein „äußerst positiv verlaufender Heilungsprozess im Gange“. Ausweislich des ärztlichen Berichts des Facharztes für Orthopädie Dr. von T. vom 4. September 2014 verlaufe die Wundheilung der Unterschenkelfraktur komplikationslos. Insgesamt sei ein „regelgerechter Verlauf zu verzeichnen, so dass der Belastungsaufbau 6 Wochen nach OP zügig durchgeführt werden kann. In Anbetracht des jungen Alters [des Antragstellers] und der unkomplizierten Wund- und Knochenbruchheilung kann hier auch die ME [Marknagelentfernung] frühzeitig, d.h. 6 Monate nach OP, geplant werden. Nach Abschluss des gesamten Behandlungsverlaufes im März 2015 wird die volle Sport- und Dienstfähigkeit wieder hergestellt sein“.
11Mit diesem Vorbringen dringt die Beschwerde nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragsteller bereits zum Einstellungstermin (1. September 2014) polizeidiensttauglich sein muss, und dass es daher im Streitfall keiner Entscheidung bedarf, ob der von dem Bundesverwaltungsgericht für aktuell dienstfähige Bewerber (Hervorhebungen durch den Senat) entwickelte Prognosemaßstab auch bei der Überprüfung der gesundheitlichen Eignung (Polizeidiensttauglichkeit) eines Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst Anwendung findet. Zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führt der Einwand des Antragstellers, in den ersten 31 Ausbildungswochen des Vorbereitungsdienstes fände ausschließlich eine theoretische Ausbildung (an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung) statt, für die er „unzweifelhaft derzeit die gesundheitliche Eignung besitzt“. Die Rechtsauffassung des Antragstellers, es müsse hinsichtlich der an die gesundheitliche Eignung zu stellenden Anforderungen zwischen theoretischen und praktischen Ausbildungsabschnitten differenziert werden, ist unzutreffend. Die nach Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 BeamtStG für den Zugang zu einem öffentlichen Amt erforderliche gesundheitliche Eignung ist im Bereich des Antragsgegners für die hier in Rede stehende Laufbahn durch § 3 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten des Landes Nordrhein-Westfalen (LVOPol) vom 4. Januar 1995, GV. NRW. S. 42, konkretisiert worden. Danach kann in den Polizeivollzugsdienst nur eingestellt werden, wer polizeidiensttauglich ist. Die Einstellungsvoraussetzung der Polizeidiensttauglichkeit ist demnach laufbahnbezogen und nicht, wie die Beschwerde meint, ausbildungsabschnittsbezogen.
12Erfolglos bleibt das Beschwerdevorbringen, die Einschätzung des Antragsgegners, der Antragsteller sei polizeidienstuntauglich, beruhe „ausschließlich und unterschiedslos“ auf der auf Nr. 4.1.4 der Anlage 1 zur „Ärztliche[n] Beurteilung der Polizeidienstfähigkeit und der Polizeidiensttauglichkeit (PDV 300)“ gestützten Annahme, noch zu entfernendes oder funktionsbeeinträchtigendes Osteosynthesematerial stünde der begehrten Einstellung entgegen. Aus der Stellungnahme des Polizeiarztes, LRMD Dr. Q. , vom 19. August 2014 gingen keine konkreten Anhaltspunkte hervor, aus welchen Gründen „gerade in der besonderen Situation des Antragstellers Polizeidienstuntauglichkeit vorliegen sollte“. Dieser Einwand lässt bereits unberücksichtigt, dass der Polizeiarzt die Polizeidienstuntauglichkeit des Antragstellers nicht allein damit begründet hat, dass eine operative Entfernung des Marknagels noch anstehe. Der Polizeiarzt hat die angegriffene Feststellung der Polizeidienstuntauglichkeit darüber hinaus auch darauf gestützt, dass ein Bewerber nach Nr. 2.4.2 der PDV 300 nur bei - anlässlich der Einstellungsuntersuchung festgestellten - leichten und vorübergehenden Erkrankungen, die die Polizeidienstfähigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigen werden, polizeidiensttauglich bleibe. Diese Voraussetzungen seien beim Antragsteller nicht erfüllt, weil es sich bei der am 9. August 2014 erlittenen Unterschenkelfraktur um eine schwere Verletzung handele, die mehrfache operative Eingriffe erfordere. Hinzu komme, dass die - der Entfernung des Marknagels vorgelagerte - Knochenbruchheilung noch nicht abgeschlossen sei. Diese Feststellungen werden mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
13Abgesehen davon ist nichts dagegen zu erinnern, dass der Antragsgegner die angegriffene Entscheidung auch auf Nr. 4.1.4 der Anlage 1 zur PDV 300 gestützt hat. Der Antragsteller verkennt in diesem Zusammenhang, dass der Begriff der – für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst vorausgesetzten – Polizeidiensttauglichkeit (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol) maßgeblich konkretisiert wird durch die PDV 300, die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende (ärztliche) Erfahrungssätze zusammenfasst.
14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. November 2013 - 6 B 1226/13 -, juris, Rn. 5, mit weiteren Nachweisen.
15Aus den vorstehenden Gründen bleibt auch dem Hilfsantrag der Erfolg versagt.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des sich aus diesen Vorschriften ergebenden Wertes ist nicht geboten, da der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag - wie ausgeführt - auf die Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
17Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
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Ernennungen sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzunehmen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
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