Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 07. Okt. 2014 - 6 B 1021/14
Gericht
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Instanzen auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Leiter der EDV-Abteilung zu beschäftigen, hilfsweise, sie zu verpflichten, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens amtsangemessen zu beschäftigen, abgelehnt. Der Antragsteller habe jedenfalls den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Das Begehren sei sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag auf eine vorübergehende, nämlich bis Abschluss des laufenden Klageverfahrens 4 K 1505/14, Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Der Antragsteller habe nicht – wie in diesen Fällen erforderlich – glaubhaft gemacht, dass ihm ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung für die Dauer des Abwartens der Entscheidung im laufenden Klageverfahren schlechthin unzumutbare Nachteile drohen. Es sei nicht erkennbar, dass er als Datenschutzbeauftragter in schlechthin unzumutbarer Weise nicht ausgelastet sei. Soweit er sich darauf berufe, aufgrund der Vorgehensweise seines Dienstherrn psychischen Belastungen ausgesetzt und seit dem 25. Juni 2014 erneut erkrankt zu sein, fehle es bereits an substantiierten Angaben zum vermeintlichen Kausalzusammenhang.
5Diese Annahmen des Verwaltungsgerichts werden mit der Beschwerde nicht durchgreifend in Frage gestellt.
6Auch mit dem Beschwerdevorbringen wird nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Maßnahme schlechthin unzumutbare Nachteile drohen, die ausnahmsweise aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) eine – grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes widersprechende – Vorwegnahme der Hauptsache verlangten. Allein der Umstand, dass ohne die beantragte einstweilige Anordnung ein nach Auffassung des Antragsstellers rechtswidriger Zustand bis zur Entscheidung über die Hauptsache aufrecht erhalten würde, begründet noch keinen Nachteil, sondern ist regelmäßige Folge des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache. Nichts Abweichendes gilt nach der ständigen Senatsrechtsprechung, wenn Gegenstand des einstweiligen Anordnungsverfahrens eine beamtenrechtliche Umsetzungsentscheidung ist.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 2014 – 6 B 1457/13 –, vom 6. August 2013 – 6 B 834/13 –, vom 24. April 2012 – 6 B 1575/11 –, vom 6. Oktober 2010 – 6 B 1107/10 –, vom 9. August 2010 – 6 B 766/10 – und vom 27. Juni 2007 – 6 B 733/07 –, jeweils nrwe.de.
8Der Einwand des Antragstellers, die Hinnahme der Umsetzung bis zur Hauptsacheentscheidung begründe allein deswegen schlechthin unzumutbare Nachteile, weil die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme auf einer Überschreitung der Willkürgrenze beruhe, greift nicht durch. Dabei kann offen bleiben, ob bereits allein aus dem Fehlen eines sachlichen Grundes für die Umsetzung schlechthin unzumutbare Nachteile bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung folgen. Denn der Antragsteller bestreitet nicht (substantiiert), dass es zu Spannungen mit Mitarbeitern aus der EDV-Abteilung, dessen Leiter er bis zur streitigen Umsetzung war, gekommen ist, so dass eine willkürliche Ausübung des dem Dienstherrn zustehenden (weit gefassten) Organisationsermessens jedenfalls nicht offensichtlich ist. Die Antragsgegnerin hat insoweit zur Begründung der Umsetzung angeführt, dass sich die ehemaligen Mitarbeiter des Antragstellers bereits seit Jahren über dessen Führungsverhalten, u.a. „seine cholerische Art“ beschwert und sich aus diesem Grund auch direkt an die Fachgebietsleiterin sowie den Personalratsvorsitzenden gewandt hätten (vgl. das Schreiben der Antragsgegnerin vom 30. April 2014). Liegt eine solche (den Dienstbetrieb beeinträchtigende) Konfliktlage vor, ist es regelmäßig sachlich gerechtfertigt, zu deren Beseitigung einen der Beteiligten umzusetzen, unabhängig davon, inwieweit dieser zum Entstehen der Spannungen beigetragen hat. Soweit die Antragsgegnerin bislang davon abgesehen hat, den Inhalt der Beschwerden (weiter) zu konkretisieren und insbesondere die Personen, die die Beschwerden erhoben haben, namentlich zu benennen, folgt daraus nicht zwingend eine abweichende Einschätzung. Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass das die Annahme einer Konfliktlage in willkürlicher Weise aus der Luft gegriffen war. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin in nicht offensichtlich sachwidriger Weise (zunächst) auf ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern verwiesen, deren Interessen durch eine (namentliche) Konkretisierung der Vorwürfe berührt wären (vgl. das Schreiben vom 19. März 2014). Vor diesem Hintergrund kann eine offensichtlich willkürliche und zugleich die Unzumutbarkeit eines Abwartens der Hauptsacheentscheidung nach sich ziehende Vorgehensweise im derzeitigen Verfahrensstand nicht festgestellt werden.
9Das Vorbringen des Antragstellers, er sei auf dem zugewiesenen Dienstposten des Datenschutzbeauftragten praktisch beschäftigungslos, führt zu keiner abweichenden Entscheidung. Zunächst benennt der Antragsteller selbst mit Schriftsatz vom 30. Juli 2014 verschiedene Aufgabenstellungen, die er seit seiner Umsetzung bearbeitet habe; eine weitere Aufgabe habe er aufgrund seiner erneuten Erkrankung nicht abschließend bearbeiten können. Die im Beschwerdeverfahren betonte, in quantitativer Hinsicht nicht amtsangemessene Beschäftigung ist angesichts dessen jedenfalls ohne weitere Substantiierung nicht nachvollziehbar. Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten – wie vom Antragsteller geltend gemacht und belegt – in der Vergangenheit zusätzlich zu einem „normalen“ Dienstposten ausgeübt worden sind. Denn ausweislich des Schreibens der Antragsgegnerin vom 14. Februar 2014 war die ausschließliche Wahrnehmung der Aufgaben des Datenschutzes zunächst nur für die Phase der Wiedereingliederung vorgesehen. Anschließend sollte der Aufgabenzuschnitt der neuen Position noch näher definiert werden. Angesichts dessen lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers nicht entnehmen, dass die angeführte mangelnde quantitative Auslastung dauerhaft fortbestehen wird und er hiervon derart schwer betroffen ist, dass ihm ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache schlechthin unzumutbar ist.
10Schließlich ist auch mit Blick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers nicht anzunehmen, dass ihm ohne die begehrte einstweilige Anordnung schlechthin unzumutbare Nachteile drohen. In der im Beschwerdeverfahren überreichten Bescheinigung des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. med. Q. vom 1. September 2014 wird zwar auf der Grundlage der „vom Patienten angeführten und beschriebenen Kritikpunkte“ betreffend die berufliche Tätigkeit ausgeführt, dass „ein wesentlich negativer Kontextfaktor die Depression betreffend beschrieben werden kann“. Auch wenn die Ausführungen einen gewissen Zusammenhang zwischen der – allerdings bereits seit Längerem bestehenden – Beschwerdesymptomatik und der Arbeitsplatzsituation (u.a. Umsetzung) nahelegen, ist mit Blick auf die bereits vollzogene Umsetzung nicht erkennbar, dass ohne eine Weiterbeschäftigung gerade auf dem ursprünglichen Dienstposten unzumutbare Nachteile drohen.
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG. Eine den grundsätzlich vorläufigen Charakter des Eilverfahrens berücksichtigende Verminderung des Auffangwertes ist nicht geboten, da der für die Streitwertbemessung maßgebliche Rechtsschutzantrag auf die – zumindest zeitweilige – Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet ist.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Januar 2014 – 6 B 1457/13 – und vom 6. August 2013 – 6 B 834/13 –, jeweils a.a.O. und m.w.N.
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
moreResultsText
Annotations
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.