Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 04. Mai 2015 - 16 A 322/15
Gericht
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 19. Dezember 2014 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der auf die Berufungszulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag des Klägers bleibt ohne Erfolg, weil die genannten Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt sind bzw. in der Sache nicht greifen.
3Ernstliche Richtigkeitszweifel sind gegeben, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angegriffenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.
4Vgl. zu diesem Prüfungsmaßstab BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 ‑ 1 BvR 2228/02 ‑, NVwZ‑RR 2008, 1 = GewArch 2007, 242 = juris, Rn. 25.
5Das ist nicht der Fall. Der Kläger trägt insoweit vor, er habe am Vorfallstag, dem 3. Dezember 2013, zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeuges zu unterscheiden vermocht, so dass ihm das Trennungsvermögen bzw. die Trennungsbereitschaft i. S. v. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis‑Verordnung (FeV) nicht abgesprochen werden könne. Zum Fahrtzeitpunkt habe der letzte Konsum bereits mehr als 15 Stunden zurückgelegen, und weder er selbst noch der zur Entnahme der Blutprobe hinzugezogene Arzt habe noch eine körperliche Wirkung des Cannabis festgestellt. Er habe also keine Möglichkeit besessen, den noch leicht erhöhten THC‑Wert zu erkennen; ansonsten wäre er auch nicht gefahren. Das Verwaltungsgericht habe, anders als im vorangegangenen Bußgeldverfahren das Amtsgericht Ibbenbüren, den blutentnehmenden Arzt nicht einmal angehört. Es könne nicht richtig sein, dass ‑ wie aus dem freisprechenden Urteil des Amtsgerichts hervorgehe - ihm einerseits auf der Grundlage der ärztlichen Stellungnahme nicht einmal ein ordnungswidrigkeitenrechtlicher Vorwurf gemacht werde, ihm aber andererseits wegen desselben Geschehens dauerhaft die Fahrerlaubnis entzogen werde.
6Diese Darlegung führt nicht zur Annahme ernstlicher Zweifel i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Kläger verkennt, dass sich der straf‑ bzw. ordnungswidrigkeiten-rechtliche Ansatz von der ordnungsrechtlichen Sichtweise grundlegend unterscheidet und eine Sanktionierung normwidrigen Verhaltens lediglich gestattet, wenn dem Betroffenen ein Schuldvorwurf ‑ Vorsatz oder zumindest Fahrlässigkeit ‑ gemacht werden kann. Demgegenüber knüpft die fahrerlaubnisrechtliche Betrachtung an eine objektive (abstrakte) Gefährdung an, die schon dann zu der Annahme der Fahrungeeignetheit und der daran zwingend anschließenden Rechtsfolge der Fahrerlaubnisentziehung führt, wenn ein i. S. d. Nr. 9.2.1 oder 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV deutlich gefahrenerhöhender Umgang mit dem Betäubungsmittel Cannabis festgestellt worden ist. Das ist beim Kläger der Fall, weil er als gelegentlicher Konsument unter der Wirkung eines THC‑Gehaltes von 4,8 ng/ml ein Kraftfahrzeug geführt hat. Das Fahrerlaubnisrecht fragt nicht danach, wie stark im Einzelfall die Wirkungen des THC auf das körperliche oder seelische Befinden des Konsumenten bzw. auf seine konkrete Fahrtüchtigkeit gewesen ist, sondern nimmt die zum Einschreiten berechtigende abstrakte Gefahr bereits an, wenn eine durch den Drogenkonsum bedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist. Das ist nach Auffassung des Senats
7OVG NRW, Urteile vom 21. März 2013 ‑ 16 A 2006/12 ‑, NJW 2013, 2841 = Blutalkohol 50 (2013), 146 und 196 = NZV 2014, 102 = juris, Rn. 32 bis 58, und vom 1. August ‑ 16 A 2806/13 ‑, VRS 127 (2014), 43 = NZV 2015, 206 = juris, Rn. 31 bis 72
8und zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte
9Nds. OVG, Beschluss vom 11. Juli 2003 ‑ 12 ME 287/03 ‑, NVwZ‑RR 2003, 899 = DAR 2003, 480 = juris, Rn. 7; Schl.‑H. OVG, Beschluss vom 7. Juni 2005 ‑ 4 MB 49/05 ‑, juris, Rn. 5; Hamb. OVG, Beschluss vom 15. Dezember 2005 ‑ 3 Bs 214/05 ‑, NJW 2006, 1367 = juris, Rn. 20; OVG Berlin‑Bbg., Beschluss vom 16. Juni 2009 ‑ 1 S 17.09 ‑, juris, Rn. 6; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 ‑ 2 B 341/11 ‑, NJW 2012, 3526 = DAR 2012, 599 = VRS 123 (2012), 377 = NZV 2013, 99 = juris, Rn. 14 bis 17; Thür. OVG, Beschluss vom 6. September 2012 ‑ 2 EO 37/11 ‑, NJW 2013, 712 = DAR 2012, 719 = VRS 124 (2013), 38 = Blutalkohol 49 (2012), 331 = NZV 2013, 413 = juris, Rn. 16 bis 20; VGH Bad.‑Württ., Urteil vom 22. November 2012 ‑ 10 S 3174/11 ‑, VRS 124 (2013), 168 = juris, Rn. 30 bis 54
10bereits ab einem im Blutserum festgestellten THC‑Wert von 1,0 ng/ml anzunehmen, ohne dass ein Sicherheitszuschlag erforderlich wäre. Diese tatrichterliche Einschätzung begegnet nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keinen Bedenken.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 ‑ 3 C 3.13 ‑, DAR 2014, 711 = Blutalkohol 52 (2015), 151 = juris, Rn. 37 bis 48.
12Diesen Wert hat der Kläger um nahezu das Fünffache überschritten, so dass ungeachtet objektiv festgestellter oder subjektiv wahrgenommener Beeinträchtigungen das Trennungsvermögen zu verneinen ist.
13Als grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wirft der Kläger sinngemäß die Frage auf, wie lange angesichts der aktuell zunehmend diskutierten Frage einer medizinisch indizierten und ärztlich verordneten Verwendung von Cannabis nach einer solchen Anwendung kein Fahrzeug geführt werden darf bzw. welche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass der Betroffene die fortwirkende Überschreitung des ‑ zudem gesetzlich nicht geregelten ‑ Grenzwertes nicht erkennen kann. Der Kläger führt hierzu noch aus, er sei unfallbedingt Schmerzpatient und konsumiere nach einer Empfehlung des Krankenhauspersonals, "es einmal mit Cannabis zu versuchen", aus diesem Grund gelegentlich Marihuana; so habe es sich auch im Vorfeld der anlassgebenden Fahrt unter Cannabiseinfluss verhalten. Vor diesem Hintergrund hat die vom Kläger aufgeworfene Frage schon deshalb keine Relevanz für die Entscheidung in diesem Verfahren, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass eine ärztliche Verordnung von Cannabis ‑ und nicht nur eine unverbindliche Empfehlung ‑ vorliegt. Abgesehen davon kann nach der Verordnungslage nicht zweifelhaft sein, dass die diskutierten medizinischen Anwendungsmöglichkeiten für THC‑haltige Arzneien weder eine unkontrollierte Selbstmedikation rechtfertigen noch zu einer Herabsetzung der im Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs bestehenden Erfordernisse beim (zeitlichen) Trennen der THC‑Einnahme und der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr führen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass nach Nr. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV bei einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln, selbst wenn diese nicht missbräuchlich (Nr. 9.4 der Anlage) erfolgt, die Fahreignung zu verneinen ist, sofern eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß gegeben ist. Ein nachvollziehbarer Grund, warum für das Merkmal der "Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit" ein anderer Maßstab zu gelten habe als im Falle einer medizinisch nicht indizierten Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln, erschließt sich nicht.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 und § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.