Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 23. Okt. 2014 - 12 E 426/14
Gericht
Tenor
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. März 2014 wird abgeändert.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.786,00 Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat nur insoweit Erfolg, als die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Anhebung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit auf den tenorierten Betrag verlangen können.
3Die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit im erstinstanz-lichen Verfahren richtet sich hier nach den §§ 2 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1, 33 Abs. 1 Fall 2, Abs. 9 RVG i. V. m. den §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
4I. Mit ihrer Auffassung, die in der Klageschrift angekündigten Klageanträge zu 1., 2., 3. und 5. seien Anträge mit selbständiger Bedeutung, deren Einzelstreitwerte - es sei jeweils der Auffangstreitwert von 5.000,00 Euro anzusetzen - gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen seien, so dass sich ein Gesamtstreitwert von 20.000 Euro ergebe, vermag die Beschwerde so nicht durchzudringen.
5Nach § 39 Abs. 1 GKG werden in demselben Verfahren und in demselben Rechts-zug die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine solche Zusammenrechnung gemäß dieser Vorschrift setzt voraus, dass die mehreren Streitgegenstände jeweils einen selbstständigen wirtschaftlichen Wert oder, im Fall nichtvermögensrechtlicher Streitigkeiten, einen selbstständigen materiellen Gehalt haben.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15. November 2007 - 19 E 220/07 -, juris; Ziffer 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (www.bverwg.de/medien/pdf/streitwertkatalog.pdf); ähnlich auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 6. Juli 2010
7- 2 O 52/10 -, NVwZ-RR 2010, 822, juris, und vom 30. April 2010 - 4 O 69/10 -, NVwZ-RR 2010, 942, juris; SächsOVG, Beschluss vom 27. Juli 2009
8- 4 E 92/08 -, juris; BayVGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 2010 - 4 C 10.1903 -, juris, und vom 2. März 2009 - 7 C 08.1731 -, juris.
9Einen derartigen selbständigen Gehalt haben die in der Klageschrift angekündigten Klageanträge zu 1. bis 4. nicht. Sie beschreiben vielmehr ein einheitlich zu wertendes Begehren des Klägers, nämlich sein Bestreben, von der Beklagten einen dem Anspruch auf frühkindliche Förderung entsprechenden Betreuungsplatz - möglichst in einer Kindertageseinrichtung - vermittelt zu bekommen, der die mit der Klage formulierten Kriterien erfüllt. In diesem Kontext ist auch der - auf eine Änderung der Verwaltungspraxis der Beklagten bezogene - Antrag zu 2. lediglich als Mittel zur Durchsetzung des geltend gemachten Individualanspruchs zu begreifen.
10Für diesen Antragskomplex ist ein Gegenstandswert in Höhe des einfachen Auffangstreitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG (5.000,00 Euro) anzusetzen, weil der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
11II. Daneben kommt allerdings dem Antrag zu 5. eine selbständige Bedeutung zu, weil er zwar auf ein sachlich zusammenhängendes, jedoch hinreichend andersartiges Anliegen - den Ersatz des laufenden und bis zu einer Befriedigung des mit den Anträgen zu 1. bis 4 beschriebenen Begehrens anfallenden Mehraufwandes für einen selbstbeschafften Kinderbetreuungsplatz - zielt.
12Insoweit sind die Regelungen des § 52 Abs. 3 Sätze 1 und 2 GKG nicht zur Anwendung zu bringen, weil der Antrag zu 5. der Sache nach eine laufende Geldleistung betrifft, deren „offensichtlich absehbare Auswirkungen“ betragsmäßig nicht zu beziffern sind.
13In Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Senats, nach der - entsprechend der Ziffer 21.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - bei Anträgen auf laufende Leistungen im Kinder- und Jugendhilferecht der konkrete Wert der streitigen Leistung, höchstens aber der Jahresbetrag angesetzt wird,
14vgl. etwa Beschluss vom 18. September 2013
15- 12 E 881/13 -, juris, m. w. N.,
16erscheint auch in diesem Fall, bei dem nicht die Gewährung einer jugendhilferechtlichen Leistung durch den Jugendhilfeträger, sondern der Aufwandsersatz für eine vom Hilfebegehrenden selbstbeschaffte Leistung im Streit stand, gleichwohl angemessen, den an der Bedeutung der Sache auszurichtenden Gegenstandswert auf das Zwölffache des monatlichen Geldbetrages festzusetzen, dessen fortwährende Zahlung mit der Klage erstritten werden sollte.
17Vgl. auch OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Oktober 2014 - 12 E 825/14 -, und vom 26. September 2014
18- 12 E 684/14 -.
19Bei - wie vorliegend - nicht gleichbleibenden Monatsbeträgen ist auf den ersten streitgegenständlichen Jahreszeitraum abzustellen, der hier von August 2013 bis Juli 2014 reicht. Innerhalb dieser Zeitspanne sind ausweislich der Angaben in der Klageschrift die folgenden streitigen Mehrkosten angefallen:
20- August und September 2013: 2 x 103,00 Euro = 206,00 Euro
21- Oktober 2013 bis Juli 2014: 10 x 358,00 Euro = 3.580,00 Euro.
22Addiert ergibt sich ein Betrag von 3.786,00 Euro.
23III. Beide unter I. und II. jeweils abschließend ausgewiesenen Beträge (5.000,00 Euro und 3.786,00 Euro) summieren sich auf den tenorierten Gegenstandswert von 8.786,00 Euro.
24Die Kostenentscheidung folgt aus § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO und § 33 Abs. 9 RVG.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).
(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.