Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Juli 2015 - 12 B 606/15
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die im angefochtenen Beschluss erfolgte Ablehnung des Antrags, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die Erlaubnis zur Kindertagespflege bis zur Klärung der Hauptsache zu erteilen, nicht in Frage.
3Der Senat lässt dabei offen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen in Anbetracht der Ausgestaltung der Kindertagespflege als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und angesichts des hohen Schutzgutes des Kindeswohls überhaupt die Erteilung einer vorläufigen Erlaubnis zur Kindertagespflege im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes in Betracht zu ziehen ist.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2008
5- 12 B 1224/08 -, juris.
6Denn in jedem Fall ist eine derartige Vorwegnahme der Hauptsache nur dann zulässig, wenn die ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eintretenden Schäden für den Antragsteller - auch mit Blick auf die kindlichen Interessen - unzumutbar und die Folgen nicht reparabel sind, und wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass für das Bestehen des Anordnungsanspruchs ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit spricht und gegenläufige öffentliche Interessen der Verwaltung nicht überwiegen.
7Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69; BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258; OVG NRW, Beschluss vom 19. Januar 2007
8- 13 B 2749/06 -, juris m.w.N.
9Der Einwand der Antragstellerin, es handle sich bei der begehrten Anordnung nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache, weil sie nur eine vorläufige Regelung begehre, greift nicht durch, weil eine vorläufige Genehmigung für den Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache für die einzelnen hiervon erfassten Tage tatsächlich eine endgültige Regelung darstellen würde, die faktisch nicht rückgängig zu machen wäre.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. September 2014 - 12 B 923/14 -, juris m.w.N.
11Es handelt sich gerade nicht um einen Fall, in dem die vorläufige Aussetzung einer belastenden Maßnahme begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Gang gesetzt werden kann, und bei der deshalb nicht von der Vorwegnahme der Hauptsache gesprochen werden kann.
12Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Januar 2015
13- 2 BvR 1856/13 -, juris.
14Die Voraussetzungen für die Vorwegnahme der Hauptsache liegen nicht vor. Denn das Beschwerdevorbringen vermag die Annahme des Verwaltungsgerichts, nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung sprächen überwiegende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin nicht die nach § 43 Abs. 2 SGB VIII erforderliche Eignung besitze, nicht in einer Weise in Zweifel zu ziehen, die ein Obsiegen in der Hauptsache als überwiegend - geschweige denn hochgradig - wahrscheinlich erscheinen lassen.
15Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang einwendet, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Detailprüfung der konkreten Verhältnisse vorzunehmen sei, geht dieses Vorbringen ins Leere, weil das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zutreffend selbst davon ausgegangen ist, dass im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich eine summarische Prüfung geboten ist.
16Nach § 43 Abs. 1 SGB VIII bedarf derjenige, der Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als 3 Monate betreuen will (Tagespflegeperson), der Erlaubnis. Die Erlaubnis ist nach § 43 Abs. 2 SGB VIII zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet in diesem Sinne sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII) und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII). Sie sollen zudem - so § 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII - über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben. Der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.
17Vgl. schon VG Aachen, Beschluss vom 15. Mai 2006 - 2 L 193/06 -, juris, nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2006 - 12 B 800/06 -; Beschluss vom 8. November 2006 - 12 B 2077/06 -; Beschluss vom 2. September 2008 - 12 B 1224/08 -, juris; VG Ansbach, Beschluss vom 11. März 2008 - AN 14 K 07.02077 -, juris; vgl. ferner Stähr, in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch, SGB VIII, Stand: Januar 2015,
18K § 43 Rn. 15, Münder u.a., FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 43 Rn. 15.
19Mit Blick auf die in § 43 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB VIII deutlich erkennbare Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson Qualitätsstandards zu setzen und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sicherzustellen, kann sich eine Tagespflegeperson u. a. nur dann durch ihre Persönlichkeit und Sachkompetenz im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII „auszeichnen“, wenn sie den zu betreuenden Kindern ein in jeder Beziehung kindgerechtes Umfeld zur Verfügung stellt und die Kinder bei der Tagespflege deshalb auch nicht solchen Risiken oder Gefährdungen aussetzt, die ihrer Entwicklung schaden können.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2006
21- 12 B 2077/06 -, juris; Beschluss vom 2. September 2008 - 12 B 1224/08 -, juris.
22Danach gehört zu den erforderlichen charakterlichen Eigenschaften einer Pflegeperson, die diese befähigt, die in § 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII normierten Ziele der Tagespflege erfüllen zu können, eine ausreichende psychische Belastbarkeit und Zuverlässigkeit, um in der Bewältigung auch unerwarteter Situationen flexibel reagieren zu können, sowie ausreichendes Verantwortungsbewußtsein und hinreichende emotionale Stabilität, damit das Kind und seine Rechte voraussichtlich unter allen Umständen geachtet werden. Ferner muss eine geeignete Tagespflegeperson ihr Handeln begründen und reflektieren können und fähig zum konstruktiven Umgang mit Konflikten und Kritik sein.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2008
24- 12 B 1224/08 -, juris; siehe auch die Anforderungsprofile in: Überarbeitete Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Ausgestaltung der Kindertagespflege nach den §§ 22, 23, 24 SGB VIII, NDV 2005, 479 (483); Fachliche Empfehlungen zur Tagespflege, herausgegeben vom tagesmütter Bundesverband für Kinderbetreuung in Tagespflege, Januar 2002, S. 19, Ziff. 3.2.1 unter Nr. 1. und 2.; Landesjugendhilfeausschuss des Landes Brandenburg, Empfehlungen zur Qualität von Tagespflege vom 27. Januar 2003, S. 8 unter Nr. 2. b).
25Der Begriff „kindgerechte Räumlichkeiten“ erfordert neben einem ausreichenden Raumangebot mit Rückzugsmöglichkeiten und Schlafgelegenheiten Platz für Spielmöglichkeiten, eine anregungsreiche Ausgestaltung, das Vorhandensein geeigneter Spiel- und Beschäftigungsmaterialien, gute hygienische Verhältnisse und die Einhaltung von unfallverhütenden Standards.
26Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juli 2014 - OVG 6 S 26.14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15. Oktober 2014 - 7 D 10243/14 -, juris.
27Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht in nachvollziehbarer Weise aufgezeigt, dass sich aus dem Verhalten der Antragstellerin und den zur Verfügung stehenden Räumen die fehlende Eignung der Antragstellerin ergibt. So sei bei Hausbesuchen wiederholt - am 3. April 2014, am 19. Februar 2015 und am 30. März 2015 - festgestellt worden, dass es zu kalt gewesen sei bzw. Probleme mit der Heizung bestanden hätten. Dass die Antragstellerin dies hingenommen habe, im Februar 2015 und damit bei winterlichen Temperaturen nach eigenem Bekunden sogar wegen des Gaspreises zu lange mit der Bestellung des Gases gewartet habe, deute darauf hin, dass sie nicht über das erforderliche hohe Verantwortungsbewusstsein für die Ausübung der Kindertagespflege verfüge. Es liege auf der Hand, dass die Sicherstellung ausreichender Raumtemperaturen ein grundlegendes Gebot bei der Betreuung von Kleinstkindern, die sich überwiegend auf dem Boden sitzend oder liegend aufhielten und auch gewickelt würden, darstelle. Auch wiesen die Räumlichkeiten der Antragstellerin, insbesondere unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen vom 31. März 2015, Mängel im Hinblick auf die hygienischen Verhältnisse auf, weshalb es an kindgerechten Räumlichkeiten fehle. Dies gelte vor allem insoweit, als die nächsten von dem Aufenthaltsraum der Kinder erreichbaren Toiletten mit Waschbecken, die auch nur über einen Kaltwasseranschluss verfügten, sich in einem anderen Gebäude befänden, so dass sich die Antragstellerin nach den von ihr nicht substantiiert bestrittenen Angaben des Antragsgegners in der Regel damit begnüge, schmutzige, klebrige Hände der Kinder mit Feuchttüchern zu säubern. Dies erscheine nicht geeignet, die altersgemäße Entwicklung der Kinder zu fördern. Hierzu bedürfe es mindestens eines unkomplizierten Zugangs zu einer kindgeeigneten Toilette als auch zu einem Waschbecken, auch um die Kinder erste Schritte zur Selbstständigkeit bei der Körperpflege erlernen zu lassen. Um kindgerechte Räumlichkeiten handele es sich auch nicht im Hinblick auf den ebenfalls genutzten Gaststättenraum, welcher auch gelegentlich von den Reitern des Hofes betreten werde, dessen Boden gefliest sei, und in dem die Kinder nach den Feststellungen des Antragsgegners auch auf den zum Fußabtreten genutzten Fußmatten säßen.
28Soweit die Antragstellerin demgegenüber vorträgt, dass sie jahrelang beanstandungsfrei tätig gewesen sei, und ihre Eignung unter Berücksichtigung des zurückliegenden Fünfjahreszeitraumes zu beurteilen sei, zieht sie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel. Abgesehen davon, dass das Verhalten der Antragstellerin als Tagespflegeperson in der Vergangenheit nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen keineswegs - etwa im Hinblick auf den Umgang mit den auf dem Gelände vorhandenen Hunden - durchweg völlig bedenkenfrei gewesen ist, kommt es hier für das Vorliegen der Eignung allein auf den Beurteilungszeitpunkt der behördlichen Entscheidung an. Die Tagespflegeperson muss fortlaufend geeignet erscheinen. Wenn die Antragstellerin in der Vergangenheit für geeignet angesehen worden ist, spielt das mithin - jedenfalls wenn (wie hier mit den Erkenntnissen über das Heizverhalten der Antragstellerin) neue, eine abweichende Schlussfolgerung zulassende Sachverhaltsfeststellungen getroffen worden sind - für die Gegenwart keine entscheidende Rolle.
29Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. November 2012
30- 12 B 1252/12 -, juris.
31Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die Hinnahme niedrigerer Raumtemperaturen und die verspätete Gasbestellung deuteten auf ein fehlendes Verantwortungsbewusstsein der Antragstellerin hin, greift die Antragstellerin nicht substantiiert an. Zwar bestreitet sie, dass es bei den Besuchen am 30. April 2014 und am 30. März 2015 in den Räumlichkeiten, in denen die Kinder betreut wurden, kalt gewesen sei, hinsichtlich des fehlenden Gasvorrats am 19. Februar 2015 trägt sie jedoch nichts vor und zieht damit weder die tatsächlichen Ausführungen noch die Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel.
32Dies gilt auch für die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Ausstattungsmängeln der Räumlichkeiten im Hinblick auf die sanitären Anlagen. Zwar wendet die Antragstellerin ein, dass sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts die Toilettenräume nicht in einem anderen Gebäude befänden, sondern über einen Innenhof und einen Flur zu erreichen seien; dass diese - jedenfalls in einem anderen Gebäudeteil gelegenen - Sanitärräume von ihr und den Kindern tatsächlich genutzt werden (können), trägt die Antragstellerin jedoch nicht vor und greift damit die zentrale Erwägung des Verwaltungsgerichts, auch im Hinblick auf das Erlernen der Selbständigkeit im Bereich der Körperpflege sei der unkomplizierte Zugang zu einer kindgerechten Toilette und einem Waschbecken erforderlich, weil die Säuberung der Kinderhände mit Feuchttüchern hierzu nicht ausreiche, nicht an. Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand, die Vorschriften der Unfallkasse für Kindertagesstätten seien auf die Kindertagespflege mit bis zu fünf Kindern nicht anzuwenden, führt in diesem Zusammenhang nicht weiter. Zwar mag es zweifelhaft sein, ob die Anforderungen an die sanitären Anlagen in Kindertagesstätten ohne weiteres auf die Kindertagespflege übertragen werden können. Das Verwaltungsgericht hat für die Frage der kindgerechten Ausstattung der Räumlichkeiten aber nicht einfach auf die Stellungnahme der Unfallkasse vom 30. März 2015 Bezug genommen und sich die dort anhand der Unfallverhütungsvorschriften für Kindertageseinrichtungen vorgenommenen Bewertungen - etwa die Bemängelung des Fehlens eines Warmwasseranschlusses und eines Abfalleimers für Windeln - zu eigen gemacht, sondern allein auf Grundlage der im Bericht festgestellten tatsächlichen sanitären Gegebenheiten unabhängig hiervon selbständig das Fehlen kindgerechter Räumlichkeiten i.S.d. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII gefolgert. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang vorträgt, dass die Ausführungen zu den hygienischen Verhältnissen nicht zutreffend seien - so sei es zwar richtig, dass es im Kinderbetreuungsraum, in dem auch der Wickeltisch stehe, keinen Wasseranschluss gebe, es gebe aber Feuchttücher und bei Bedarf eine Reinigung mittels einer Schüssel mit warmem Wasser -, greift sie die Ausführungen des Verwaltungsgerichts bereits deshalb nicht durchgreifend an, weil nicht ansatzweise aufgezeigt wird, inwieweit das Verwaltungsgericht seinen Ausführungen einen hiervon abweichenden Sachverhalt zugrunde gelegt haben soll.
33Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang weiter vorträgt, aus der von der Unfallkasse gesetzten Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 30. Juni 2015 sei zu ersehen, dass die Räume nicht generell ungeeignet seien, geht dieses Vorbringen ins Leere, denn von einer generellen Ungeeignetheit ist das Verwaltungsgericht nicht ausgegangen.
34Auch mit ihrem Vorbringen, sie habe sich durch eine besondere Förderung der Entwicklung der ihr anvertrauten Kinder ausgezeichnet, setzt die Antragstellerin den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das im Übrigen der Antragstellerin die pädagogische Kompetenz im Umgang mit den betreuten Kindern nicht abspricht, nichts Substantielles entgegen. Dass bei besonderer pädagogischer Kompetenz Abstriche bei den weiteren Voraussetzungen der Geeignetheit i.S.d. § 43 Abs. 2 SGB VIII zu machen sein sollten, lässt sich der Vorschrift des § 43 SGB VIII angesichts von dessen Schutzzweck, der Sicherstellung des Kindeswohls, an keiner Stelle entnehmen.
35Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass es keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben habe, besagt dies für die hier zu beantwortende Frage der Eignung der Tagespflegeperson nichts. Denn die Voraussetzungen für die Annahme einer Kindeswohlgefährdung sind keineswegs deckungsgleich mit den Voraussetzungen des hier einschlägigen § 43 Abs. 2 SGB VIII. Mit dem insbesondere in § 8a SGB VIII verwendeten Begriff der Kindeswohlgefährdung knüpft das Kinder- und Jugendhilferecht an den aus § 1666 Abs. 1 BGB bekannten Terminus an. Er markiert dort die Interventionsschwelle, von der an der Staat in Gestalt des Familiengerichts in das elterliche Sorgerecht eingreifen darf und auch muss, um in Ausübung seines Wächteramtes (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) das Kind vor Gefahren zu schützen, wenn die Eltern nicht fähig oder nicht willens sind, diese Gefahren abzuwehren. Eine Kindeswohlgefährdung liegt dann vor, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt; typische Anwendungsfälle sind Kindesmisshandlung, sexuelle Gewalt und Vernachlässigung. Mit Blick auf die bereits dargelegte Zielrichtung des § 43 Abs. 2 SGB VIII, über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson Qualitätsstandards zu setzen und eine in jeder Beziehung kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sicherzustellen, liegt es auf der Hand, dass die Eignung einer Tagespflegeperson nicht erst dann verneint werden kann, wenn im Rahmen der Tagespflege eine Gefahr im soeben umschriebenen Sinne droht. Wenn deshalb der Antragsgegner das Vorliegen einer (akuten) Kindeswohlgefährdung verneint hat, so rechtfertigt dies nicht zugleich den Schluss, die Antragstellerin sei geeignet im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VIII.
36Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. November 2006
37- 12 B 2077/06 -, juris.
38Der Vortrag der Antragstellerin, ihr hätten im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit Auflagen zur Sanitärausstattung gemacht werden müssen, diese hätte sie angesichts des Vorhandenseins einer Wasserversorgung im Raum, in dem der Wickeltisch stehe, auch erfüllen können, vermag ihrer Beschwerde - unabhängig davon, dass hiervon nur ein Teil der die Eignung der Antragstellerin in Frage stellenden Mängel erfasst würde - ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.
39Nach § 32 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf dessen Erlass ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Während es für das Erlaubnisverfahren bei Einrichtungen (§§ 45 ff. SGB VIII) in § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausdrücklich heißt, dass die Erlaubnis „mit Nebenbestimmungen versehen werden kann“, gibt es für das Verfahren nach § 43 SGB VIII eine solche Regelung jedoch nicht. Die positive Eignungsfeststellung als solche kann durch Nebenstimmungen über generelle Mindestanforderungen an die Eignung, deren Einhaltung angesichts der Verbindung mit der Erlaubnis zu Lasten der betroffenen Kinder erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Kindertagespflege und nach deren (erneuter) Aufnahme einer Überprüfung zugänglich ist, nämlich nicht ersetzt werden.
40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2008
41- 12 B 1224/08 -, juris; Beschluss vom 27. Juni 2011 - 12 B 507/11 -, juris.
42Die Versagung der Erlaubnis auf Grund mangelnder Eignung zur Kindertagespflege ist auch nicht etwa deshalb unverhältnismäßig, weil die Antragsgegnerin die weitere Tätigkeit der Antragstellerin zunächst auch nach Ablauf der Erlaubnis am 18. Dezem-ber 2014 weiter geduldet, abgerechnet und die Betreuung der Tagespflegekinder erst mit Bescheiden vom 21. Mai 2015 neu geregelt hat. Soweit darin eine abweichende Beurteilung der Eignung der Antragstellerin zum Ausdruck gekommen sein sollte, entfaltet dies keine Bindungswirkung. Auch die Bejahung der Eignung der Antragstellerin durch die möglicherweise nicht oder nur unzureichend unterrichteten oder zu einer fehlerhaften Bewertung gelangenden Eltern der Tagespflegekinder entbindet den Antragsgegner bzw. das Gericht nicht von einer eigenständigen Beurteilung nach objektiven Kriterien. Der entsprechende Vortrag der Antragstellerin verkennt die gerade (auch) in § 43 SGB VIII zum Ausdruck kommende Wächterrolle des Staates.
43Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2013
44- 12 A 56/13 -, juris; Beschluss vom 2. September 2008 - 12 B 1224/08 -, juris
45Der Verweis auf einen „Verhältnismäßigkeitsvorbehalt“ und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Dezember 2010 - 12 BV 12.526 - verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg, denn der in jenem Beschluss entschiedene Fall, der u.a. die Datenerhebung nach § 62 Abs. 3 SGB VIII betraf, ist nicht einmal ansatzweise mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Im Übrigen trägt die Beschwerde - wie dargestellt - auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Ablehnung der Erlaubnis unverhältnismäßig ist.
46Schließlich vermag die Beschwerde auch nicht mit dem Vortrag durchzudringen, es sei offenbar am 17. Dezember 2014 eine Erlaubnis erteilt worden. Das Verwaltungsgericht hat überzeugend dargelegt, dass weder der Akteninhalt noch der Vortrag der Beteiligten hinreichende Anhaltspunkte für die Erteilung einer Erlaubnis enthalte. Auf die entsprechenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Im Übrigen wäre, selbst wenn der Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt beabsichtigt hätte, der Antragstellerin eine Erlaubnis zu erteilen (was allerdings schon mit Blick auf die seinerzeit noch nicht vorliegenden Führungszeugnisse fernliegend er-scheint), diese mangels Bekanntgabe an die Antragstellerin nicht wirksam geworden, vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
47Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO.
48Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Juli 2015 - 12 B 606/15
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Urteil einreichenOberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Juli 2015 - 12 B 606/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Lichte der vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründe (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) nicht zu beanstanden.
3Zutreffend - und von der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt - ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller sein Rechtsschutzziel nur durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO, gerichtet auf die Fortsetzung seiner unter dem 5. Juni 2014 beendeten Inobhutnahme, verfolgen kann.
4Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsanspruches als auch eines Anordnungsgrundes (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO, § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
5Wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung soll die endgültige Entscheidung der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Eine solche Vorwegnahme träte mit der begehrten Regelung aber ein, selbst wenn deren Dauer begrenzt würde. Denn auch in diesem Fall liefe die Regelung auf eine jedenfalls zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung hinaus, da die angestrebte (erneute) Inobhutnahme faktisch nicht rückgängig zu machen wäre. Dass die in § 42 SGB VIII normierte Inobhutnahme schon von Gesetzes wegen als vorläufige Maßnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen konzipiert ist, hat für die Frage der Vorwegnahme keine Bedeutung. Denn dieser Maßnahmecharakter ist der Inobhutnahme immanent; er besteht unabhängig von der zeitlichen Reichweite der prozessualen Rechtsverfolgung.
6Wegen des Gebots des Art. 19 Abs. 4 GG, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, kommt allerdings eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache in Betracht, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014
8- 12 B 1422/13 -, juris, vom 15. Januar 2014
9- 12 B 1478/13 -, juris, vom 14. Juni 2012
10- 12 B 433/12 -, juris, vom 29. September 2011
11- 12 B 983/11 -, juris, und vom 20. Januar 2010
12- 12 B 1655/09 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69, juris, m. w. N.
13Dabei stellt die Vorwegnahme der Hauptsache auch gesteigerte Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs, indem ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür sprechen muss, dass der mit der Hauptsache verfolgte Anspruch begründet ist.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 - 10 C 9.12 -, NVwZ 2013, 1344, juris; Beschlüsse vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258, juris, und vom 14. Dezember 1989 - 2 ER 301.89 -, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 15, juris; OVG NRW, Beschlüs-se vom 27. Januar 2014 - 12 B 1422/13 -, juris, vom 15. Januar 2014 - 12 B 1478/13 -, juris, Beschlüsse vom 14. Februar 2013 - 12 B 107/13 -, juris, vom 27. Juni 2012 - 12 B 426/12 -, juris, vom 21. Februar 2011 - 13 B 1722/10 -, juris, vom 8. Januar 2010
15- 19 B 1004/09 -, NWVBl 2010, 328, juris, und vom 16. März 2007 - 7 B 134/07 -, NVwZ-RR 2007, 661, juris.
16Diese Voraussetzungen für eine (auch nur zeitweilige) Vorwegnahme der Hauptsache liegen in beiderlei Hinsicht nicht vor.
17Es ist nicht überwiegend, geschweige denn hochgradig wahrscheinlich, dass der Antragsteller - der nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger ist, aber von Geburt an bis zu seiner Ausreise nach Europa im Iran gelebt hat - seine erneute Inobhutnahme beanspruchen kann. Denn der Antragsteller hat nicht in einer diesem Maßstab entsprechenden Weise glaubhaft gemacht, dass er noch minderjährig ist, was aber Voraussetzung für eine Inobhutnahme wäre (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nrn. 1 u. 2 SGB VIII). Den Dokumenten, auf die er sich beruft, kommt insoweit kein hinreichender Beweiswert zu.
18Das afghanische Personenstandswesen bietet keine Gewähr für die Richtigkeit des in der vorgelegten Tazkira - dem landesüblichen Identitätsdokument - angegebenen „Geburtsdatums“, das nach der eingereichten Übersetzung „17 Jahre im 1393“ lautet, womit - so der Antragsteller - gemeint sei, dass er im Jahre 1393 (nach hiesiger Zeitrechnung 2014) 17 Jahre alt sei. Denn nach den Informationen des Auswärtigen Amtes kursieren in Afghanistan echte Dokumente unwahren Inhalts in erheblichen Umfang. Pässe und Personenstandsurkunden werden von afghanischen Behörden ohne adäquaten Nachweis ausgestellt. Die Ursachen hierfür liegen in einem nach Jahrzehnten des bewaffneten Konflikts lückenhaften Registerwesen, mangelnder administrativer Qualifikation und weit verbreiteter Korruption. Unter diesen Bedingungen gibt es kaum Bedarf an gefälschten Dokumenten,
19vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 31. März 2014, S. 22,
20wobei hinzu kommt, dass Tazkiras in Papierform gleichwohl „sehr einfach gefälscht werden können“,
21so Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Tazkira, Auskunft der SFH-Länderanalyse, 12. März 2013, S. 3 (http://www.refworld.org/pdfid/524fd7894.pdf), unter Bezugnahme auf Angaben der Afghanistan Independent Human Rights Commission und des afghanischen Innenministeriums; vgl. hierzu auch Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Juni 2013 - A-5291/2012 - (http://www.fr.ch/atprd/files/pdf66/A-5291_20121.pdf).
22Dementsprechend geht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) davon aus, dass afghanische Melderegisterauszüge oder Bestätigungen der afghanischen Auslandsvertretung für eine Änderung der Alterseinschätzung grundsätzlich nicht ausreichen.
23Vgl. BAMF, Zur Bewertung afghanischer Personaldokumente, Entscheiderbrief 1/2010, S. 2 f. (http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Entscheiderbrief/2010/entscheiderbrief-01-2010.pdf?__blob=publicationFile).
24Der Mangel jeglicher Richtigkeitsgewähr wird in vorliegenden Fall dadurch unterstrichen, dass die eingereichte Tazkira einen - wie der Antragsteller selbst einräumt - falschen Geburtsort ausweist, nämlich die afghanische Provinz P. , obschon der Antragsteller angibt, in U. geboren zu sein. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung des Antragstellers, die Tazkira sei „vom Vermieter besorgt“ worden, der in der früheren Wohnung Personalpapiere des Vaters gefunden und an „Bekannte in Afghanistan weitergeleitet“ habe, die mit Hilfe dieser Unterlagen seine, des Antragstellers, Tazkira beschafft hätten, fügt sich ein in das Bild eines desolaten Urkundswesens, das keinen Verlass auf Authentizität und Verifikation bietet.
25Vor diesem Hintergrund kommt der am 24. Juli 2014 ausgestellten Geburtsurkunde des afghanischen Generalkonsulats in Bonn keine weitergehende Aussagekraft zu. Denn sie beruht offenbar auf den Angaben in der Tazkira, ungeachtet dessen, dass den Informationen der afghanischen Botschaft in Deutschland zufolge für die Ausstellung einer Geburtsurkunde der Reisepass oder eine Kopie des Passes des Betreffenden benötigt wird, verbunden mit dem Hinweis, dass nur vollständig eingereichte Anträge bearbeitet werden könnten (http://www.botschaft-afghanistan.de/in-dex.php?id=51). Einen solchen Pass besitzt der Antragsteller nach eigenen Angaben aber nicht.
26Für den ferner vorgelegten Flüchtlingsausweis der iranischen Behörden gilt im Ergebnis nichts anderes. Auch insoweit ist nicht davon auszugehen, dass der Ausstellung andere Personaldokumente zugrunde lagen, die Gewähr dafür bieten, dass die in ihnen beurkundeten Angaben richtig sind.
27Der iranische Impfausweis hat schließlich schon deshalb keine Relevanz, weil er nur in Kopie eingereicht wurde und ohnehin nicht einem amtlichen Personaldokument gleichzusetzen ist. Insofern mag dahinstehen, welche Bedeutung dem Umstand beizumessen ist, dass der dem Ausweis zugrunde liegende Vordruck nach im Internet verfügbaren Informationen (http://www.immunizationcards.org/irn-iran-islamic-repub-lic-of) erst ab dem Jahr 2009 Verwendung gefunden hat.
28Dass das Verwaltungsgericht auch auf die übereinstimmende Würdigung von drei Sozialarbeitern des Jugendamtes der Antragsgegnerin abgestellt hat, die, wie aus einem Vermerk vom 5. Juni 2014 hervorgeht, „bedingt durch sein äußeres Erscheinungsbild (Mimik, Gestik, körperliche Entwicklung, Bartwuchs, Kinngrube, Faltenbildung um die Augen, Stimmlage und Kehlkopfausprägung)“ eine Minderjährigkeit des Antragstellers ausgeschlossen haben, wird von der Beschwerde nicht beanstandet.
29Es ist auch nicht erkennbar, dass dem Antragsteller ohne die begehrte Anordnung schwerwiegende Nachteile im obengenannten Sinne drohen. Denn der Antragsteller hat seinerseits nicht alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, um sich der latenten Gefährdungssituation zu entziehen, der durch die Fortsetzung der Inobhut-nahme begegnet werden soll.
30Der Antragsteller ist nämlich grundsätzlich nach §§ 60 ff. SGB I - etwa auch nach § 62 SGB I - zur Mitwirkung an einer möglichst raschen Feststellung seines Alters verpflichtet,
31vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 4 Bs 9/11 -, JAmt 2011, 472, juris,
32das ausschlaggebend dafür ist, ob er überhaupt Leistungsempfänger einer Maßnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII sein kann. Der Senat teilt auch die Auffassung, dass einen unbegleiteten Flüchtling im Rahmen der sozialrechtlichen Mitwirkungspflichten nach § 62 SGB I die Obliegenheit trifft, sein Einverständnis in eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seines Lebensalters zu erteilen,
33vgl. schon OVG NRW, Beschluss vom 28. September 2012 - 12 E 832/12 -, m. w. N., sowie jüngst Beschluss vom 10. Juli 2014 - 12 B 607/14 -,
34wobei sich dies ggfs. auch auf Röntgenuntersuchungen erstrecken kann.
35Vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 9. Februar 2011 - 4 Bs 9/11 -, a. a. O.
36Vor dem Hintergrund, dass § 62 SGB I nicht dazu ermächtigt, den Antragsteller einer Sozialleistung durch Verwaltungsakt in vollstreckungsfähiger Weise zu verpflichten, sich ärztlich auf sein Alter untersuchen zu lassen,
37vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 23. Dezember 2010 - 4 Bs 243/10 -, juris,
38und auch im vormundschaftsrechtlichen Verfahren vor den Familiengerichten keine Handhabe besteht, dass sich der Betreffende ohne sein Einverständnis im Sinne einer Mitwirkungshandlung nach § 27 Abs. 1 FamFG einer Röntgenuntersuchung zur Altersfeststellung unterzieht,
39vgl. OLG Hamm - Familiensenat - , Beschluss vom 23. Januar 2014 - II-1 UF 179/13 -, m. H. a. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - XII ZB 68/09 -, FamRZ 2010, 720, juris; siehe auch: OLG Hamm, Beschluss vom 13. März 2006 - 4 UF 35/06 - juris,
40misst der Senat der dahingehenden Verweigerungshaltung mit Blick auf die infrage stehenden Rechtsgüter unter dem Gesichtspunkt des § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I allerdings noch keine anspruchsausschließende Wirkung zu. Der Antragsteller verweigert sich indes vorliegend jeder körperlichen Untersuchung durch einen Arzt. Wenn die Voraussetzungen nach § 65 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB I nicht vorliegen, ist jedenfalls in einer solchen - nicht röntgenologischen - wissenschaftlichen Altersuntersuchung jedoch weder ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch eine Rechtfertigung aus strafrechtlichen oder ethischen Gründen dafür zu sehen, dass sich der Hilfesuchende dem Nachweis des Vorliegens der in seiner Minderjährigkeit bestehenden Anspruchsvoraussetzung entzieht.
41Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Juli 2014
42- 12 B 607/14 - und vom 29. August 2005
43- 12 B 1312/05 -, NVwZ-RR 2006, 574, juris.
44Dass die medizinische Altersdiagnostik keine exakten Ergebnisse verspricht, wie der Antragsteller unter Hinweis auf
45Nowotny/Eisenberg/Mohnike, Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Strittiges Alter - strittige Altersdiagnostik, Deutsches Ärzteblatt 2014, Heft 18, A 786 ff.,
46zu belegen sucht, liegt in der Natur der Sache. Indes legt die Beschwerde nicht dar
47- und ist auch sonst nicht zu erkennen -, dass die Unsicherheiten bei der ärztlichen Altersfeststellung so weitreichend sind, dass Aufwand und Nutzen in keinem Verhältnis stehen und es aus Sicht des Betroffenen daher von vornherein unverhältnismäßig erschiene, entsprechende Untersuchungen auf sich zu nehmen.
48Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs.2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
49Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind Personen, die
- 1.
sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und - 2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
(3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine pädagogische Ausbildung verfügt; in der Pflegestelle dürfen nicht mehr Kinder betreut werden als in einer vergleichbaren Gruppe einer Tageseinrichtung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Kindertagespflegeperson hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt.
(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.
(1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Kindertagespflegeperson in ihrem Haushalt, im Haushalt des Erziehungsberechtigten oder in anderen geeigneten Räumen geleistet. Nutzen mehrere Kindertagespflegepersonen Räumlichkeiten gemeinsam, ist die vertragliche und pädagogische Zuordnung jedes einzelnen Kindes zu einer bestimmten Kindertagespflegeperson zu gewährleisten. Eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung der Kindertagespflegepersonen aus einem gewichtigen Grund steht dem nicht entgegen. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht.
(2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen
- 1.
die Entwicklung des Kindes zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, - 2.
die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, - 3.
den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können.
(3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.
(4) Für die Erfüllung des Förderungsauftrags nach Absatz 3 sollen geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Qualität der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege weiterentwickelt werden. Das Nähere regelt das Landesrecht.
(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.
(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst
- 1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, - 2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a, - 3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und - 4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.
(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.
(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
- 1
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren mangels der erforderlichen hinreichenden Aussicht auf Erfolg abgelehnt (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 3
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erteilung einer Tagespflegeerlaubnis für zwei gleichzeitig zu betreuende Kinder. Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Erlaubnis zur Kindertagespflege ab. Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8. Juli 2013). Den im Klageverfahren gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Verwaltungsgericht durch den angefochten Beschluss zutreffend abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es fehle der Klägerin an der persönlichen Eignung und dem Vorhandensein kindgerechter Räumlichkeiten, sodass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
- 4
Anspruchsgrundlage für die Erlaubnis zur Kindertagespflege ist § 43 SGB VIII. Gemäß Absatz 1 dieser Vorschrift bedarf eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, der Erlaubnis. Nach Absatz 2 Satz 1 ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Nach Satz 2 des § 43 Abs. 2 SGB VIII sind in diesem Sinne Personen geeignet, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen (Nr. 1) und über kindgerechte Räumlichkeiten (Nr. 2) verfügen. Vorliegend sind nach Lage der Akten und dem Vorbringen der Klägerin diese Anforderungen nicht erfüllt.
- 5
Der Klägerin fehlt es an der persönlichen Eignung.
- 6
Der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt (vgl. zur Eignung einer Pflegeperson i.S.d. § 27 Abs. 2a SGB VIII Urteil des Senats vom 27. Juni 2013 - 7 A 10106/13.OVG -, ESOVGRP). Bei nicht speziell ausgebildeten Kindertagespflegepersonen ist hierbei auf das Gesamtbild der Persönlichkeit, deren Sachkompetenz sowie soziale und kommunikative Kompetenz abzustellen (BayVGH, Beschluss vom 31. Mai 2010 - 12 BV 09.2400 -, juris, Rn. 18). Mit Blick auf die in § 43 Abs. 2 SGB VIII deutlich erkennbare Zielrichtung, nämlich die in § 22 Abs. 2 und 3 SGB VIII normierten Grundsätze der Förderung zu verwirklichen, sollen über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson Qualitätsstandards gesetzt und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sichergestellt werden. Danach gehört zu den erforderlichen charakterlichen Eigenschaften einer Pflegeperson eine ausreichende psychische Belastbarkeit und Zuverlässigkeit, um in der Bewältigung auch unerwarteter Situationen flexibel reagieren zu können, sowie ausreichendes Verantwortungsbewusstsein und hinreichende emotionale Stabilität, damit das Kind und seine Rechte voraussichtlich unter allen Umständen geachtet werden. Ferner muss eine geeignete Tagespflegeperson ihr Handeln begründen und reflektieren können und fähig zum konstruktiven Umgang mit Konflikten und Kritik sein (OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2008 - 12 B 1224/08 -, juris, Rn. 17). Als sachliches Kriterium, das in der Person der Tagespflegeperson erfüllt sein muss, ist die Fachkompetenz anzusehen, durch die sie sich auszeichnen muss. Sachkompetenz besteht aus Wissen und praktischem Verhalten (Mörsberger, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl., § 43, Rn. 24). Diese Vorrausetzungen erfüllt die Klägerin nicht.
- 7
Ein Mangel an persönlicher Eignung ergibt sich aufgrund des von der Klägerin gezeigten Verhaltens. Die von ihr zu zahlenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung wurden für die Jahre 2009 und 2010 erst am 1. April 2012 von Herrn K., wohl dem Vater der Klägerin, an die Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege gezahlt. Zuvor hatte sich die Berufsgenossenschaft an die Beklagte gewandt und angefragt, ob eine Kostenübernahme möglich sei. Zwangsbeitreibungsmaßnahmen seien ohne Erfolg geblieben. Das Verhalten der Klägerin zeigt, auch wenn es dann durch die Überweisung des Herrn K. aufgrund vorangegangener Vollstreckungsmaßnahmen der Berufsgenossenschaft zu einer Überzahlung von 76,00 € gekommen war, dass die Klägerin nicht zuverlässig und sorgfältig ihren Pflichten aufgrund ihrer Unternehmertätigkeit nachkommt. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin die geschuldeten Beiträge zu ihrer Unfallversicherung nicht fristgerecht bezahlte, obwohl ihr diese von der Beklagten nach der Beitragszahlung erstattet wurden. Soweit die Klägerin behauptete, bereits vor dem 1. April 2012 Zahlungen geleistet zu haben, führten diese jedenfalls erkennbar nicht zu einer vollständigen Begleichung der Beiträge für 2009 und 2010. Das Verhalten lässt deutliche Defizite bei der Erfüllung von unternehmerischen Pflichten erkennen. Gleiches gilt für die verspätete Vorlage von wesentlichen Unterlagen. Mit Schreiben vom 23. August 2011 wurde die Klägerin gebeten, ein erweitertes Führungszeugnis, ein ärztliches Attest und die Kopie des Abschlusszertifikats des Qualifizierungskurses bis zum 30. September 2011 vorzulegen. Trotz mehrfacher Erinnerung ging das erweiterte Führungszeugnis erst am 9. Februar 2012 bei der Beklagten ein. Eine nachvollziehbare Begründung, warum es zu der Verzögerung gekommen war, gab die Klägerin nicht. Zwar handelt es sich nicht um Verhalten unmittelbar im Umgang mit Kindern, gleichwohl lässt es den Schluss auf Defizite der Klägerin bei der Erfüllung ihr obliegender Pflichten zu. Denn zu den an eine Kindertagespflege zu stellenden Qualitätsanforderungen gehört auch, dass wichtige administrative Tätigkeiten, die aufgrund der Tätigkeit in der Kindertagespflege entstehen, zuverlässig erfüllt werden.
- 8
Eine mangelnde persönliche Eignung ergibt sich auch aufgrund des Verhaltens der Klägerin die hygienischen Verhältnisse ihrer Wohnung und den Sicherheitsstandard betreffend. Denn es lässt nicht nur erkennen, dass Defizite in den Kenntnissen in diesen Bereichen bestehen, denn sonst wäre es zu den wiederholten Beanstandungen der Beklagten hinsichtlich Sauberkeit und Sicherheit der Wohnung nicht gekommen, sondern es auch an Verantwortungsbewusstsein den zu betreuenden Kindern gegenüber und an Zuverlässigkeit fehlt. Bei einem Hausbesuch am 19. Juni 2012 in der Wohnung der Klägerin wurde von Seiten der Beklagten die fehlende Sauberkeit, u.a. Verschmutzungen an den Schrankteilen und Elektrogeräten in der Küche sowie große Spinnenweben mit altem Staub, moniert. Ferner wurde die Klägerin auf die Absturzgefahr auf der Treppe hingewiesen. Gleichwohl zeigten sich bei dem Hausbesuch am 6. Juni 2013 erneut Defizite in der Sauberkeit und im Sicherheitsstandard. Zwar hatte die Klägerin nach den Ausführungen der Mitarbeiterinnen der Beklagten vor dem Hausbesuch eine Reinigung der Wohnung vorgenommen. Feststellbar war jedoch eine 2 bis 3 cm hohe Staubschicht zwischen den Heizkörperrippen, was von der Klägerin auch nicht bestritten worden ist. Das unten an der Treppe angebrachte Gitter wies, was auch auf dem in der Akte befindlichen Foto ersichtlich ist, weiter eine derart große Lücke auf, dass es für Kinder zu einer erheblichen Gefährdung kommen könnte. Aufgrund des Zustandes der Wohnung wird deutlich, dass die Klägerin erst auf Kritik reagiert und zudem die Mängel nicht zuverlässig beseitigt; damit verhält sie sich nicht verantwortungsbewusst.
- 9
Zutreffend gehen das Verwaltungsgericht und die Beklagte davon aus, dass die Klägerin nicht über kindgerechte Räumlichkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII verfügt.
- 10
Der Begriff „kindgerechte Räumlichkeiten“ erfordert neben einem ausreichenden Raumangebot mit Rückzugsmöglichkeiten und Schlafgelegenheiten Platz für Spielmöglichkeiten, eine anregungsreiche Ausgestaltung, das Vorhandensein geeigneter Spiel- und Beschäftigungsmaterialien, gute hygienische Verhältnisse und die Einhaltung von unfallverhütenden Standards (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Juli 2014 - OVG 6 S 26.14 -, juris, Rn. 5). Kindgerechte Räumlichkeiten müssen darüber hinaus die Gewähr dafür bieten, dass die Kinder bei der Tagespflege auch nicht solchen Risiken oder Gefährdungen ausgesetzt sind, die ihrer Entwicklung schaden können (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. September 2008 - 12 B 1224/08 -, juris, Rn. 15). Diese Voraussetzungen sind nach Lage der Akten vorliegend nicht erfüllt.
- 11
Kindertagespflege wird überwiegend - wie auch vorliegend angestrebt - im Privathaushalt der Tagespflegeperson geleistet. Dies erschwert eine Standardisierung der Kriterien, die bei der Beurteilung von kindgerechten Räumlichkeiten zu berücksichtigen sind (Nonninger, in: LPK-SGB VIII, 4. Aufl., § 43, Rn. 18). Auf der Grundlage, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz – KICK) vom 8. September 2005 (BGBl. S. 2729) verbesserte Rahmenbedingungen für die Kindertagespflege als Alternative qualitätsorientierter Tagesbetreuung von Kindern schaffen sowie die Aufwertung der Kindertagespflege zu einem den Tageseinrichtungen gleichrangigen Angebot und die Regelung von Qualitätsmerkmalen für die Umsetzung des Auftrags zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege erreichen wollte (BT-Drucks 15/3676, S. 1, 2), sind Anforderungen, die für Kindertagesstätten gelten, als Orientierung für Standards bei der Kindertagespflege heranzuziehen. Durch Art. 2 Nr. 1 des Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz ist § 2 Abs. 1 Nr. 8a SGB VII dahingehend geändert worden, dass durch das Jugendamt in Kindertagespflege vermittelte Kinder in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind. Aufgrund der Sachkunde der gesetzlichen Unfallversicherung, deren gesetzliche Aufgabe nach § 1 Nr. 1 SGB VII in der Prävention von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren liegt, können von der Unfallkasse erarbeitete Empfehlungen bei der Beurteilung der Frage, welche Anforderungen an kindgerechte Räumlichkeiten zu stellen sind, herangezogen werden.
- 12
Die Unfallkasse Rheinland-Pfalz führt in ihrem Merkblatt „Präventionshinweise, Unfallversicherungsschutz und Zuständigkeiten für Tagespflegepersonen und Kinder in Tagespflege“ (Stand: Dezember 2011, Anm. 6) aus, bei Wickelplätzen sei auf eine gepolsterte Liegefläche mit mindestens 20 cm hohen Aufkantungen zu den Seiten mit einer Absturzgefährdung zu achten. Diesen Anforderungen genügt der von der Klägerin vorgehaltene Wickeltisch unstreitig nicht. Entgegen ihrer Auffassung kommt eine Erteilung der Erlaubnis unter Auflage nicht in Betracht. Denn Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 43 SGB VIII und die Eignung der Person für die Kindertagespflege ist, dass sie über kindgerechte Räumlichkeiten verfügt. Für eine sichere kindgerechte Wohnumgebung ist nach den Ausführungen des Spitzenverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Information Kindertagespflege - damit es allen gut geht, April 2011, S. 8) zu beachten, dass bei Kinderschutzgittern Öffnungen (Öffnungsweite zwischen 4,5 und 6,5 cm) so gestaltet werden, dass keine gefährlichen Kopf- und Rumpffangstellen entstehen. Diesen Anforderungen entsprechen die Treppenschutzgitter im Haus der Klägerin nicht. Das Treppengitter im ersten Obergeschoss wies nach den von der Klägerin unwidersprochen gebliebenen Feststellungen der Mitarbeiterinnen der Beklagten bei ihrem Hausbesuch am 6. Juni 2013 eine Lücke von 11 cm auf und das am Treppenaufgang von 15 cm. Da Regale zum Klettern verleiten, sollten diese nach den Hinweisen des Spitzenverbandes der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (a.a.O., S 14) an der Wand befestigt werden. Der Beklagte legte von der Klägerin unwidersprochen dar, dass bei dem Hausbesuch am 6. Juni 2013 ein Regal mit Spielsachen hochkant aufgestellt und nicht an der Wand befestigt war.
- 13
Wichtiges Kriterium für kindgerechte Räumlichkeiten sind hygienische Verhältnisse. Diese sind bei der Klägerin nicht gewährleistet. Bei dem Hausbesuch am 6. Juni 2013 stellten Mitarbeiterinnen des Beklagten in den Zwischenräumen der Heizkörperrippen eine Staubschicht von 2 bis 3 cm fest. Die Klägerin hat der Feststellung nicht widersprochen. Dies deutet darauf hin, dass die Klägerin über längere Zeiträume keine sorgfältige Reinigung der gesamten Wohnung vorgenommen hat und bei der Sauberhaltung der Wohnung deutliche Defizite bestehen.
- 14
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, weil Gerichtskosten gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben und außergerichtliche Kosten gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet werden.
- 15
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind Personen, die
- 1.
sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und - 2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
(3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine pädagogische Ausbildung verfügt; in der Pflegestelle dürfen nicht mehr Kinder betreut werden als in einer vergleichbaren Gruppe einer Tageseinrichtung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Kindertagespflegeperson hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt.
(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.
(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,
- 1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie - 2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.
(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.
(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass
- 1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen, - 2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie - 3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.
(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.
(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
- 1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, - 2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, - 3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, - 4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, - 5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge, - 6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.
(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind Personen, die
- 1.
sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und - 2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
(3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine pädagogische Ausbildung verfügt; in der Pflegestelle dürfen nicht mehr Kinder betreut werden als in einer vergleichbaren Gruppe einer Tageseinrichtung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Kindertagespflegeperson hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt.
(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
- 1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung), - 2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung), - 3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
- 4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage), - 5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
(1) Der Träger einer Einrichtung, nach § 45a bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer
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eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine Jugendbildungseinrichtung, eine Jugendherberge oder ein Schullandheim betreibt, - 2.
ein Schülerheim betreibt, das landesgesetzlich der Schulaufsicht untersteht, - 3.
eine Einrichtung betreibt, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben für Kinder oder Jugendliche wahrnimmt, wenn für sie eine entsprechende gesetzliche Aufsicht besteht oder im Rahmen des Hotel- und Gaststättengewerbes der Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen dient.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn
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der Träger die für den Betrieb der Einrichtung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, - 2.
die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind und durch den Träger gewährleistet werden, - 3.
die gesellschaftliche und sprachliche Integration und ein gesundheitsförderliches Lebensumfeld in der Einrichtung unterstützt werden sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht erschwert werden sowie - 4.
zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden.
- 1.
in der Vergangenheit nachhaltig gegen seine Mitwirkungs- und Meldepflichten nach den §§ 46 und 47 verstoßen hat, - 2.
Personen entgegen eines behördlichen Beschäftigungsverbotes nach § 48 beschäftigt oder - 3.
wiederholt gegen behördliche Auflagen verstoßen hat.
(3) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem Antrag
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die Konzeption der Einrichtung vorzulegen, die auch Auskunft über Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie zur ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung in Bezug auf den Betrieb der Einrichtung gibt, sowie - 2.
im Hinblick auf die Eignung des Personals nachzuweisen, dass die Vorlage und Prüfung von aufgabenspezifischen Ausbildungsnachweisen sowie von Führungszeugnissen nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes sichergestellt sind; Führungszeugnisse sind von dem Träger der Einrichtung in regelmäßigen Abständen erneut anzufordern und zu prüfen.
(4) Die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und der Jugendlichen können nachträgliche Auflagen erteilt werden.
(5) Besteht für eine erlaubnispflichtige Einrichtung eine Aufsicht nach anderen Rechtsvorschriften, so hat die zuständige Behörde ihr Tätigwerden zuvor mit der anderen Behörde abzustimmen. Sie hat den Träger der Einrichtung rechtzeitig auf weitergehende Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften hinzuweisen.
(6) Sind in einer Einrichtung Mängel festgestellt worden, so soll die zuständige Behörde zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten zur Beseitigung der Mängel beraten. Wenn sich die Beseitigung der Mängel auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirken kann, so ist der Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, an der Beratung zu beteiligen. Werden festgestellte Mängel nicht behoben, so können dem Träger der Einrichtung Auflagen nach Absatz 4 Satz 2 erteilt werden. Wenn sich eine Auflage auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirkt, so entscheidet die zuständige Behörde nach Anhörung des Trägers der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, über die Erteilung der Auflage. Die Auflage ist nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den nach § 134 des Neunten Buches oder nach den §§ 75 bis 80 des Zwölften Buches getroffenen Vereinbarungen auszugestalten.
(7) Die Erlaubnis ist aufzuheben, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet und der Träger nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Sie kann aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für eine Erteilung nach Absatz 2 nicht oder nicht mehr vorliegen; Absatz 6 Satz 1 und 3 bleibt unberührt. Die Vorschriften zum Widerruf nach § 47 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 3 des Zehnten Buches bleiben unberührt. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis haben keine aufschiebende Wirkung.
(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis.
(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind Personen, die
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sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und - 2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
(3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine pädagogische Ausbildung verfügt; in der Pflegestelle dürfen nicht mehr Kinder betreut werden als in einer vergleichbaren Gruppe einer Tageseinrichtung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Kindertagespflegeperson hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind.
(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt.
(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.
(1) Sozialdaten dürfen nur erhoben werden, soweit ihre Kenntnis zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist.
(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. Sie ist über die Rechtsgrundlage der Erhebung sowie die Zweckbestimmungen der Verarbeitung aufzuklären, soweit diese nicht offenkundig sind.
(3) Ohne Mitwirkung der betroffenen Person dürfen Sozialdaten nur erhoben werden, wenn
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eine gesetzliche Bestimmung dies vorschreibt oder erlaubt oder - 2.
ihre Erhebung bei der betroffenen Person nicht möglich ist oder die jeweilige Aufgabe ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen erfordert, die Kenntnis der Daten aber erforderlich ist für - a)
die Feststellung der Voraussetzungen oder für die Erfüllung einer Leistung nach diesem Buch oder - b)
die Feststellung der Voraussetzungen für die Erstattung einer Leistung nach § 50 des Zehnten Buches oder - c)
die Wahrnehmung einer Aufgabe nach den §§ 42 bis 48a und nach § 52 oder - d)
die Erfüllung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a oder die Gefährdungsabwendung nach § 4 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz oder
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die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden oder - 4.
die Erhebung bei der betroffenen Person den Zugang zur Hilfe ernsthaft gefährden würde.
(4) Ist die betroffene Person nicht zugleich Leistungsberechtigter oder sonst an der Leistung beteiligt, so dürfen die Daten auch beim Leistungsberechtigten oder einer anderen Person, die sonst an der Leistung beteiligt ist, erhoben werden, wenn die Kenntnis der Daten für die Gewährung einer Leistung nach diesem Buch notwendig ist. Satz 1 gilt bei der Erfüllung anderer Aufgaben im Sinne des § 2 Absatz 3 entsprechend.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.