Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 12. März 2015 - 12 A 2810/13
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Denn er ist zwar zulässig, aber nicht begründet, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.
3I. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es vermag die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe keinen Anspruch auf die in den Hilfefällen M. L. (dazu 1.), D. T. (dazu 2.), Q. T1. -P. (dazu 3.) und K. -N. C. (dazu 4.) geforderten Zahlungen, nicht durchgreifend in Frage zu stellen.
41. Soweit der Kläger im Fall M. L. geltend macht, „bis zur stationären Aufnahme von M. im Haushalt der Mitarbeiterin des Klägers, Frau T2. , vom 22.03. bis 30.09.2010“ seien „die berechneten 30 Therapiestunden wöchentlich zu zahlen“, sind die damit angesprochenen Zeiten der Leistungserbringung bis zum 21. März 2010 schon nicht Gegenstand der Klageschrift vom 17. September 2012; sie sind auch nicht nachträglich in das Klageverfahren einbezogen worden.
5Das Zulassungsvorbringen gibt auch nichts dafür her, dass der Kläger entgegen der rechtlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts einen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten für den genannten Zeitraum ab dem 22. März 2010 hat, in dem sich das Kind bei Frau T2. „stationär“ aufhielt.
6Aus der Kostenzusage vom 7. Oktober 2009 kann der Kläger einen solchen Anspruch bereits deshalb nicht herleiten, weil sich diese, wie vom Verwaltungsgericht angenommen, lediglich auf ambulante Leistungen bezog. Dieser Erklärungsgehalt ergab sich unverkennbar aus den im Zusammenhang mit der zugesagten Kostenübernahme aufgeführten Rechtsvorschriften („gemäß § 27 i.V.m. § 30 Sozialgesetzbuch - Achter Teil“) und der stundenmäßigen Beschreibung des Leistungsumfangs. Dass der Kläger die Kostenzusage auch in diesem Sinne verstanden hat, folgt aus der Einlassung in seinem Schriftsatz vom 2. Oktober 2013, wonach es „richtig (sei), dass auch hier“ - gemeint ist der Hilfefall L. - „zunächst nur eine Kostenzusage für ambulante Erziehungshilfe zu Gunsten des Klägers vorlag“. Dabei ist unerheblich, ob es, wie der Kläger im Weiteren geltend macht, „auf Grund der Eskalation in den familiären Verhältnissen von M. im März 2010 einer raschen Hilfe“ bedurfte, „um das Kind aus den familiären Verhältnissen herauszunehmen“. Denn es lag nicht in der Hand des Klägers, die Zielrichtung der Kostenzusage des Beklagten einseitig abzuändern. Auf die - behauptete - Absprache mit einem Mitarbeiter des Jugendamtes des Beklagten, der zufolge „nach Beendigung des stationären Aufenthaltes auf der Grundlage der Erziehungshilfe als stationäre Maßnahme“ habe abgerechnet werden sollen, konnte sich der Kläger nicht verlassen, da ihm bewusst sein musste, dass eine solche - unterstellte - mündliche Zusage eines Bediensteten, die ohne Beteiligung der wirtschaftlichen Jugendhilfe erfolgte, den Beklagten nicht als Kostenträger binden konnte. Erst recht gilt dies, weil ein entsprechendes Hilfeplanverfahren nicht einmal eingeleitet worden war. Denn selbst wenn eine Kostenübernahmeerklärung mit dem rechtlichen Bindungswillen des Hilfeträgers abgegeben wird, begründet sie dessen Selbstverpflichtung dem Erklärungsadressaten gegenüber nur in akzessorischer Abhängigkeit von Bestand und Umfang des Anspruchs des Hilfesuchenden.
7Vgl. entsprechend zum Sozialhilferecht: BVerwG, Urteil vom 4. August 2006 - 5 C 13.05 -, BVerwGE 126, 295, juris, m. w. N.
8Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, mit der Aufnahme des Kindes bei der Mitarbeiterin des Klägers habe eine nach § 36a Abs. 3 SGB VIII unzulässige, den Beklagten nicht zur Kostenübernahme verpflichtende Selbstbeschaffung vorgelegen (vgl. S. 13 des amtlichen Urteilsabdrucks). Dass diese Annahme unzutreffend sei, legt der Kläger nicht dar.
9Der erstmals mit dem Zulassungsantrag geltend gemachte Anspruch aus § 78b Abs. 3 SGB VIII steht dem Kläger offensichtlich nicht zu. Die Vorschrift kann schon deshalb nicht zur Anwendung gebracht werden, weil sie, wie Absatz 1 der Norm, nur für Leistungen gilt, die in „Einrichtungen“ erbracht werden.
10Vgl. Münder, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 78b Rn. 29; Gottlieb, in: LPK-SGB VIII, 5. Auflage 2014, § 78b Rn. 14; Telscher, in: jurisPK-SGB VIII, 1. Auflage 2014, § 78b Rn. 39.
11Dass sich der spontan organisierte Aufenthalt des Kindes im Privathaushalt der Mitarbeiterin des Klägers nicht in einer Einrichtung in diesem Sinne vollzog,
12vgl. zum Begriff der Einrichtung nur Münder, a. a. O., § 78b Rn. 4, m. w. N.,
13liegt auf der Hand. Davon abgesehen begründet § 78b SGB VIII auch keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch des Trägers einer Einrichtung gegen den öffentlichen Jugendhilfeträger.
14Vgl. OVG Saarland, Urteil vom 29. Januar 2013
15- 3 A 206/12 -, JAmt 2014, 216, juris, m. w. N.
16Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils vermag der Kläger auch nicht dadurch zu begründen, dass er sich auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch oder auf einen Bereicherungsanspruch gemäß §§ 812 ff. BGB beruft. Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs greift - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können.
17Vgl. nur BSG, Urteil vom 5. März 2014 - B 12 R 1/12 R -, SozR 4-2400 § 26 Nr. 3, juris, m. w. N. z. st. Rspr.
18Dass namentlich die letztgenannte Anspruchsvoraussetzung vorliegt, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Denn der Kläger befasst sich nicht mit der Frage, ob der Beklagte auch in Anbetracht der Anforderungen, die sich aus § 36a Abs. 1 u. 3 SGB VIII ergeben, in rechtlich zulässiger Weise für eine Übernahme der streitgegenständlichen Kosten einstehen kann. Schon deshalb fehlt es auch an einer hinreichenden Darlegung einer - hier nur im Dreiecksverhältnis denkbaren - ungerechtfertigten Bereicherung des Beklagten. Im Übrigen hat der Kläger auch nicht ansatzweise plausibilisiert, dass er, das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Herstellungs- oder Bereicherungsanspruchs unterstellt, berechtigterweise einen Schadens- oder Wertersatz in der mit der Klage geltend gemachten Höhe - verlangt wird ein Tagessatz von 170 Euro - beanspruchen könnte. So lässt der Zulassungsantrag etwa vollkommen offen, in welchem Umfang die Mitarbeiterin des Klägers für die Unterbringung und Betreuung des Kindes eine zusätzliche Vergütung erhalten hat.
192. Bezogen auf den Hilfefall D. T. ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger die für die Monate September, Oktober und November 2010 in Rechnung gestellten Entgelte nicht verlangen könne, weil diese entweder über den Umfang der erteilten Kostenzusage hinausgingen oder durch Aufrechnung mit früheren Überzahlungen erloschen seien. Mit den gegen diese rechtliche Würdigung gerichteten Einwendungen vermag der Zulassungsantrag nicht durchzudringen. Wenn die maßgebliche Kostenzusage vom 12. November 2009 vorsah, dass „wöchentliche Absprachen und Beratungen mit Lehrern und Eltern“ in dem bewilligten Stundenumfang „enthalten“ seien, war dies im Zusammenhang mit dem vorstehenden Satz zu lesen, wonach eine Übernahme der entstehenden „Kosten für die Schulbegleitung … für alle Schultage“ zugesagt wurde. Dem entsprechend regelte auch der zugrunde liegende Leistungsbescheid gleichen Datums lediglich eine Hilfegewährung durch Übernahme der „Kosten einer Integrationshilfe … für jeden Schultag“. Leistungen in den Ferienzeiten waren davon offensichtlich nicht erfasst, so dass der Kläger bei einer eigenmächtigen Erweiterung der Leistungserbringung nicht erwarten konnte, dass der Beklagte dafür finanziell einstehen werde. Sofern der Kläger eine Fortführung der Eltern- und Lehrergespräche in den Schulferien für „erforderlich“ hielt, hätte er auf eine entsprechende Anpassung der Hilfe hinwirken müssen. Gegen die vom Verwaltungsgericht weiter angenommene Überschreitung des bewilligten Stundenumfangs und das grundsätzliche Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufrechnung wendet der Zulassungsantrag nichts ein.
203. Soweit das Verwaltungsgericht von einem Erlöschen der Ansprüche des Klägers im Hilfefall Q. T1. -P. aufgrund einer Aufrechnung mit Erstattungsansprüchen des Beklagten aus dem Fall D. T. ausgegangen ist, gelten die vorstehenden Ausführungen zu Ziffer 2 entsprechend. Auf die Überschreitung des Stundenumfangs geht der Kläger auch hier nicht ein.
214. Das Bestehen eines noch nicht befriedigten Zahlungsanspruchs des Klägers im Hilfefall K. -N. C. hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung verneint, dass der Beklagte die geltend gemachten Teilbeträge für die Monate Juni bis August 2010 ausweislich des Verwaltungsvorgangs und des (unter dem 4. Januar 2011 aufgehobenen) Rückforderungsbescheides vom 15. Dezember 2010 bereits beglichen habe und ein weitergehender Anspruch des Klägers für den Monat September 2010 nicht schlüssig dargetan sei. Mit dieser Argumentation setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander. Das Vorbringen des Klägers dazu, dass ihm die „Kosten für die dargelegten Leistungen“ im Hilfefall C. „nach dem Inhalt der Kostenzusage“ zugestanden hätten, lässt auch nicht ansatzweise plausibel erscheinen, dass der Beklagte in diesem Fall geleistete Zahlungen zu Unrecht gegen andere Ansprüche des Klägers aufgerechnet hätte. Denn die maßgebende Kostenzusage des Beklagten vom 23. November 2009 bezog sich eindeutig nur auf Kosten, die „für die Aufnahme der begleitenden Umgangskontakte zu K. N. C. “ entstehen. Diese Umgangskontakte endeten aber nach den Feststellungen des Beklagten - die der Zulassungsantrag nicht angreift - mit dem 28. Mai 2010. Dass der Beklagte eine über dieses Datum hinausgehende Finanzierungsverantwortung ablehnt, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, auch wenn der Kläger hiernach noch Gespräche mit den Umgangsbeteiligten geführt haben mag. Denn der Kläger hat nicht ansatzweise nachvollziehbar dargelegt, inwieweit seine angeblichen Bemühungen um eine Wiederaufnahme der Umgangskontakte noch zielführend waren. Insofern drängt sich auf, dass der Beklagte schon mangels ordnungsgemäßer Rechnungslegung nicht gehalten ist, die geltend gemachten Forderungen des Klägers zu begleichen, erst recht nicht für einen Zeitraum von mehreren Monaten, für welche der Kläger - trotz des Abbruchs der Umgangskontakte - unverändert weiterhin jeweils 28 „Face to Face Fachleistungsstunden“ berechnet hat.
22II. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen. Solche Schwierigkeiten liegen vor, wenn der Sachverhalt komplex ist und/oder Rechtsfragen aufgeworfen werden, die das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten aufweisen.
23Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Februar 2014
24- 13 A 1900/13 -, juris, m. w. N.
25Davon ausgehend hat der Kläger das Vorliegen der Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht dargelegt, indem er lediglich auf den „geschilderten Sachverhalt“ und die „Rechtslage“ Bezug nimmt. Auch der weitere Hinweis des Klägers darauf, dass „verwaltungsrechtliche und sozialrechtliche Normen und Ansprüche ineinander greifen“, bleibt zu unspezi-fisch, um besondere Schwierigkeiten zu begründen, zumal sein Berufen auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch - wie dargelegt - ersichtlich unberechtigt ist.
26III. Die Berufung ist schließlich nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat.
27Vgl. OVG NRW, a. a. O., m. w. N.
28Eine solche klärungsbedürftige und entscheidungserhebliche Frage mit fallübergreifender Bedeutung benennt der Kläger nicht.
29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Abs. 2 Halbsatz 1 VwGO.
30Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Wird die Leistung ganz oder teilweise in einer Einrichtung erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Entgelts gegenüber dem Leistungsberechtigten verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband Vereinbarungen über
- 1.
Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungsangebote (Leistungsvereinbarung), - 2.
differenzierte Entgelte für die Leistungsangebote und die betriebsnotwendigen Investitionen (Entgeltvereinbarung) und - 3.
Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistungsangebote sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung (Qualitätsentwicklungsvereinbarung)
(2) Die Vereinbarungen sind mit den Trägern abzuschließen, die unter Berücksichtigung der Grundsätze der Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erbringung der Leistung geeignet sind. Vereinbarungen über die Erbringung von Auslandsmaßnahmen dürfen nur mit solchen Trägern abgeschlossen werden, die die Maßgaben nach § 38 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a bis d erfüllen.
(3) Ist eine der Vereinbarungen nach Absatz 1 nicht abgeschlossen, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme des Leistungsentgelts nur verpflichtet, wenn dies insbesondere nach Maßgabe der Hilfeplanung (§ 36) im Einzelfall geboten ist.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (RV).
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Der Kläger ist seit 1993 im Unternehmen seiner Ehefrau tätig. Hierfür wurden nach Anzeige der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit gegenüber der zuständigen Krankenkasse als Einzugsstelle in den folgenden Jahren regelmäßig Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Nachdem die Einzugsstelle auf eine im November 2006 hin beantragte Statusfeststellung hin das Bestehen von Versicherungspflicht festgestellt hatte, entschied das SG Aurich durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 28.5.2008, dass der Kläger seit August 1993 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist.
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Im Juli 2008 beantragten der Kläger und seine Ehefrau daraufhin bei der Einzugsstelle die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge. Die insoweit betroffenen RV-Beiträge sollten nicht als Beiträge zur freiwilligen Versicherung beim RV-Träger verbleiben. Auf die Rechte nach § 202 SGB VI verzichtete der Kläger ebenso wie auf einen ggf bestehenden Beanstandungsschutz. Unter Hinweis auf eine in Teilen bereits eingetretene Verjährung der Erstattungsforderung leitete die Einzugsstelle den Antrag hinsichtlich der RV-Beiträge zur abschließenden Bearbeitung an die beklagte Deutsche RV Braunschweig-Hannover weiter. Im Oktober 2008 trat der Kläger seinen Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile an den für ihn entrichteten RV-Beiträgen an das beigeladene Kreditinstitut ab. Die Beklagte entsprach dem Erstattungsbegehren hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile für die Zeit vom 1.12.2003 bis 31.5.2008 in Höhe von 18 833,79 Euro. Für den vorangegangenen Zeitraum vom 1.8.1993 bis 30.11.2003 lehnte sie hingegen eine Beitragserstattung - auch bezogen auf die Arbeitnehmeranteile - mit der Begründung ab, dass dieser Anspruch nach Maßgabe des § 26 Abs 1 S 3 iVm § 27 Abs 2 S 1 SGB IV bereits verjährt sei(Bescheid vom 11.11.2008, Widerspruchsbescheid vom 29.4.2009).
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Das SG hat die dagegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 10.5.2011). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Ein Beitragserstattungsanspruch hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums sei nicht gegeben, weil die insoweit geleisteten Beiträge bei fehlender Beanstandungsmöglichkeit gemäß § 26 Abs 1 S 3 SGB IV in der ab 1.1.2008 geltenden Fassung die Qualität zu Recht entrichteter Pflichtbeiträge hätten. Die Regelung ordne keine Verjährung der Beitragserstattungsforderungen an, sondern nehme eine materiell-rechtliche Umgestaltung der anfänglich zu Unrecht gezahlten Beiträge in zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge vor. Die Grundsätze des intertemporalen Sozialrechts gäben keinen Anlass, den Anwendungsbereich des § 26 Abs 1 S 3 SGB IV so zu interpretieren, dass hierunter nur Beiträge fielen, die erst nach ihrem Inkrafttreten am 1.1.2008 entrichtet worden seien. Der Kläger habe einen Erstattungsantrag erst unter Geltung des neuen Rechts im Juli 2008 gestellt. Bei dem vorangegangenen Statusfeststellungsbegehren handele es sich um ein von dem Erstattungsverfahren zu trennendes Verfahren, weil die Geltendmachung einer Erstattung im Ermessen des Betroffenen liege, er die Möglichkeit habe, die Beiträge als freiwillige Beiträge fortbestehen zu lassen und in letzterem Verfahren geklärt werden müsse, ob nicht bereits Leistungen erbracht worden seien (Urteil vom 7.12.2011).
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision, mit der er eine Verletzung von § 26 Abs 1 S 3 SGB IV iVm den Grundsätzen über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch rügt und weiter die vollständige Erstattung der Arbeitnehmeranteile an den gezahlten RV-Beiträgen begehrt. Anzuwenden sei die Gesetzeslage aus der Zeit vor dem 1.1.2008. Durch die vorangegangene Statusfeststellung sei nämlich eine Verzögerung von zwei Jahren eingetreten, die die Einzugsstelle verschuldet habe. Er (der Kläger) sei so zu stellen, wie wenn die Einzugsstelle von Anfang an ordnungsgemäß gehandelt hätte. Unstreitig hätte sein Begehren bei einer vor dem 1.1.2008 beantragten Beitragserstattung Erfolg gehabt. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils im Statusfeststellungverfahren stehe fest, dass die Einzugsstelle fehlerhaft entschieden habe, was nun im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auszugleichen sei.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 7. Dezember 2011 sowie des Sozialgerichts Aurich vom 10. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2009 zu verurteilen, die Arbeitnehmeranteile der für ihn für den Zeitraum 1. August 1993 bis 30. November 2003 entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an die Beigeladene zu erstatten,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 8
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
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Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
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Zutreffend hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende SG-Urteil zurückgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten die Erstattung der Arbeitnehmeranteile der für ihn für den Zeitraum 1.8.1993 bis 30.11.2003 entrichteten Beiträge zur gesetzlichen RV an die Beigeladene nicht verlangen. Die dieses ablehnenden angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.
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1. Zu Recht hat das LSG seinem Urteil zugrunde gelegt, dass der Kläger trotz der Abtretung seines/seiner (vermeintlichen) Beitragserstattungsanspruchs/Beitragserstattungsansprüche an das beigeladene Kreditinstitut im vorliegenden Rechtsstreit zur Prozessführung befugt ist. Grundsätzlich bestehen gegen die Wirksamkeit einer entsprechend §§ 398 ff BGB vorgenommenen Abtretung eines Erstattungsanspruchs selbst unter dem Blickwinkel des § 53 Abs 1 SGB I keine Bedenken, weil dieser ein vermögensrechtlicher Ausgleichsanspruch und nicht als Sozialleistung iS des § 11 SGB I zu qualifizieren ist(vgl BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, Leitsatz 1 und RdNr 11 ff mwN; BSG Urteil vom 26.6.1986 - 7 RAr 121/84 -, Juris mwN). Ohne selbst noch Inhaber des (vermeintlichen) Anspruchs zu sein, ist der Kläger zur Prozessführung im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft berechtigt (vgl hierzu allgemein Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 11a mwN). Das LSG hat ausgehend von den der Abtretung zugrundeliegenden Vertragsbedingungen zwischen Kläger und Beigeladener angenommen, dass dieser auch nach Abtretung seines (vermeintlichen) Anspruchs zu einer gerichtlichen Geltendmachung legitimiert ist. Dem hat die Beigeladene auf ausdrückliche Nachfrage des LSG nicht widersprochen. Es ist auch ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers anzunehmen, das fremde Recht im eigenen Namen geltend zu machen (vgl zB BSGE 10, 131, 134; 37, 33, 35; BSG SozR 2200 § 639 Nr 1 S 2), da sich seine Vermögenslage im Falle seines Obsiegens verbessern würde.
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2. Gegenstand des Rechtsstreits ist der an den Kläger gerichtete Bescheid der Beklagten vom 11.11.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.4.2009 nur insoweit, als die Beklagte darin den Erstattungsantrag des Klägers hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile der für ihn für die Zeit vom 1.8.1993 bis 30.11.2003 gezahlten Beiträge zur gesetzlichen RV abgelehnt hat, nicht betroffen sind dagegen Beiträge aus anderen Zweigen der Sozialversicherung.
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3. In der Sache kann der Kläger von der Beklagten die Arbeitnehmeranteile der für die Zeit vom 1.8.1993 bis 30.11.2003 für ihn entrichteten Beiträge zur gesetzlichen RV nicht zugunsten der Beigeladenen erstattet verlangen. Zwar war(en) sein(e) Anspruch (Ansprüche) auf Beitragserstattung insoweit im Zeitpunkt ihrer Entrichtung entstanden und fällig geworden (dazu a). Ab 1.1.2008 ist eine Erstattung jedoch ausgeschlossen, weil die ursprünglich zu Unrecht entrichteten Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten (dazu b). Der Kläger kann eine Beitragserstattung auch nicht nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs beanspruchen (dazu c). Gegen dieses Ergebnis bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu d).
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a) Nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zur gesetzlichen RV zu erstatten; eine Erstattung solcher Beiträge kommt nach § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV nur dann in Betracht, wenn der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, keine Leistungen erbracht oder zu erbringen hat (sog Verfallklausel). Gemäß § 26 Abs 3 S 1 SGB IV steht der ein (entstandener) Erstattungsanspruch(vgl zum Entstehen von Beitragserstattungsansprüchen allgemein BSG SozR 3-2400 § 28 Nr 1 S 4)demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat.
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Die von dem Kläger im streitigen Zeitraum getragenen Beiträge (Arbeitnehmeranteile) zur gesetzlichen RV wurden - wie inzwischen feststeht - ursprünglich iS von § 26 Abs 2 Halbs 1 SGB IV zu Unrecht entrichtet; denn das SG Aurich stellte mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 28.5.2008 fest, dass der Kläger im Unternehmen seiner Ehefrau seit 1.8.1993 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Der Kläger machte seinen Beitragserstattungsanspruch dann erstmals im Juli 2008 gegenüber der Einzugsstelle geltend; bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte Leistungen an den Kläger nicht erbracht. Die Beklagte erkannte einen Beitragserstattungsanspruch bzw Beitragserstattungsansprüche für die von Dezember 2003 bis Mai 2008 entrichteten Beiträge hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile auch an.
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b) Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile hinsichtlich der für den darüber hinausgehend im streitigen Zeitraum entrichteten RV-Beiträge nicht zu, weil die (ursprünglich zu Unrecht) entrichteten Beiträge für diesen Zeitraum als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten.
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Nach § 26 Abs 1 S 3 iVm S 2 SGB IV gelten zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs 2 S 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Die in Bezug genommene Vorschrift des § 27 Abs 2 S 1 SGB IV regelt, dass der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind, verjährt.
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aa) Zutreffend hat das LSG angenommen, dass § 26 Abs 1 S 3 SGB IV im Falle des Klägers zur Anwendung gelangt. Die Norm wurde durch Art 1 Nr 14 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl I 3024) angefügt und ist gemäß Art 21 Abs 1 des vorgenannten Gesetzes am 1.1.2008 ohne Übergangsvorschriften in Kraft getreten.
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bb) Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die für den streitigen Zeitraum entrichteten Beiträge von § 26 Abs 1 S 3 SGB IV erfasst werden, weil die Norm grundsätzlich auch (ursprünglich) zu Unrecht entrichtete Beiträge erfasst, die für Zeiträume entrichtet wurden, die vor dem Inkrafttreten der Norm, also vor dem 1.1.2008, liegen (vgl in diesem Sinne auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 21.1.2011 - L 4 KR 4672/10 - Juris; Bayerisches LSG Urteil vom 30.1.2013 - L 13 R 598/10 - Juris; KomGRV, § 26 SGB IV RdNr 2, Stand Einzelkommentierung 2010; Kreikebohm, SGB IV, 2008, § 26 RdNr 9; Roßbach in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 26 SGB IV RdNr 6; zur Frage, ob die Norm auch abgeschlossene Sachverhalte erfasst, in denen in der Vergangenheit zu Unrecht entrichtete Beiträge bereits erstattet wurden, vgl Waßer in jurisPK-SGB IV, § 26 RdNr 41.1, Stand Januar 2014).
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Werden materielle Anspruchsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Leistungsgesetzes geändert, gilt grundsätzlich das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip. Hiernach ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind danach für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt. Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit des Vorliegens der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat. Das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip ist allerdings nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt. Dann kommt der Grundsatz der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse zum Tragen. Welcher der genannten Grundsätze des intertemporalen Rechts zur Anwendung gelangt, richtet sich letztlich danach, wie das einschlägige Recht ausgestaltet bzw auszulegen ist (vgl zum Ganzen ausführlich BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R -, Juris RdNr 42 f mit umfangreichen Nachweisen, ferner zB Schlegel, VSSR 2004, 313, 314 ff).
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Dem Wortlaut der Regelung in § 26 Abs 1 S 3 SGB IV kann ebenso wenig wie ihrer systematischen Stellung eine eindeutige Antwort auf die Frage ihrer Geltung für Beitragszeiträume bereits vor dem 1.1.2008 entnommen werden. Allerdings folgt eine Geltung der Vorschrift mit hinreichender Klarheit jedenfalls aus den Gesetzesmaterialien. Nach den - im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht in Zweifel gezogenen - Ausführungen der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu der genannten Bestimmung sollte nämlich gerade die bis dahin geltende Rechtslage geändert werden, wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge zur gesetzlichen RV im Einzelfall "noch für viele Jahre rückwirkend" erstattet werden mussten; derartig zu Unrecht entrichtete Beiträge sollten aufgrund der Neuregelung nach Ablauf der Verjährungsfrist von vier Jahren nach § 27 Abs 2 S 1 SGB IV vielmehr als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten und die Beiträge als solche erhalten bleiben, eine Erstattung dagegen nicht mehr möglich sein(so Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze, BT-Drucks 16/6540 S 23 f zu Nr 14 <§ 26>). Dieses vom Gesetzgeber formulierte Ziel ließ sich konsequenterweise nur durch eine unmittelbar und zeitnah greifende Rechtsänderung verwirklichen, indem von der Neuregelung auch schon in Zeiträumen vor dem Inkrafttreten der Norm entrichtete Beiträge erfasst wurden und nicht erst Beiträge, die nach dem 1.1.2008 entrichtet wurden und bei denen die neu angeordneten Rechtsfolgen dann wiederum erst nach weiteren vier Jahren greifen würden. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber trotz des von ihm angenommenen Handlungsbedarfs eine erst Jahre später eintretende Wirkung der Rechtsänderung beabsichtigte, sind jedoch den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
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cc) Rechtsfehlerfrei hat das LSG schließlich angenommen, dass die in § 26 Abs 1 S 3 iVm § 27 Abs 2 S 1 SGB IV genannte Frist hinsichtlich der für den streitigen Zeitraum geleisteten Beiträge verstrichen ist, nachdem der Kläger erst im Juli 2008 einen Antrag auf Erstattung gestellt hat. Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, was in Fällen eines vor dem 1.1.2008 gestellten Erstattungsantrags gilt (für die Geltung der früheren Rechtslage: KomGRV, § 26 SGB IV RdNr 2, Stand Einzelkommentierung 2010; Kreikebohm, SGB IV, aaO, § 26 RdNr 9). Ebenso kann offenbleiben, ob die in § 26 Abs 1 S 3 SGB IV genannte Voraussetzung des Ablaufs der in § 27 Abs 2 S 1 SGB IV genannten Frist als bloße Definition des maßgebenden Zeitraums (vier Jahre) oder darüber hinaus als Erfordernis eines Ablaufs der "Verjährungsfrist"(so Gesetzentwurf, aaO, BT-Drucks 16/6540 S 23 f) unter Berücksichtigung der Regelung insbesondere über die Hemmung der Verjährung in § 27 Abs 3 SGB IV(hierzu Waßer in jurisPK-SGB IV, aaO, § 26 RdNr 41.1) zu verstehen ist. Anhaltspunkte für eine Hemmung oder Unterbrechung der Frist des § 27 Abs 2 S 1 SGB IV sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger einen schriftlichen Antrag auf Erstattung, der geeignet sein könnte, die Verjährung(sfrist) zu unterbrechen (vgl § 27 Abs 3 S 2 SGB IV), erst im Juli 2008 und damit erst nach Inkrafttreten von § 26 Abs 1 S 3 SGB IV gestellt. Seine (möglicherweise) bestehende Unkenntnis von den Beitragserstattungsansprüchen und der Möglichkeit, sie (rechtzeitig) geltend zu machen, wären für die Frage des Fristablaufs ohne Bedeutung (vgl zur Verjährung von Beitragserstattungsansprüchen BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 1 RdNr 11 mwN; BSG Urteil vom 29.7.2003 - B 12 AL 3/03 R - AuB 2003, 341).
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c) Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich ein anderes Ergebnis auch nicht über eine Anwendung der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieses von der Rechtsprechung des BSG ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut greift - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl §§ 14, 15 SGB I), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (stRspr; zu den Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen vgl zuletzt zB BSG SozR 4-4300 § 28a Nr 3 RdNr 22 mwN; ferner BSG SozR 4-1200 § 14 Nr 15 RdNr 12).
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Es kann offenbleiben, ob sich der Kläger schon deshalb nicht auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs stützen kann, weil der Erstattungsanspruch nach § 26 Abs 2 SGB IV, der unabhängig von den Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gegeben ist, die Beitragserstattung wegen eines behaupteten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausschließt(so bereits BSG SozR 3-2400 § 26 Nr 10 S 49; BSG Urteil vom 29.11.2006 - B 12 KR 30/05 R - Juris RdNr 15 mwN; Seewald in Kasseler Komm, § 26 SGB IV RdNr 27, Stand Einzelkommentierung Oktober 2008). Selbst wenn man eine Anwendbarkeit der Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch neben § 26 Abs 2 SGB IV bejahen wollte, würde es an dessen Voraussetzungen fehlen, weil nicht ein Verwaltungshandeln der Einzugsstelle unmittelbar zum Ausschluss der vom Kläger als nachteilig empfundenen fehlenden Erstattungsfähigkeit der für den streitigen Zeitraum geleisteten RV-Beiträge führte; denn eine Neuqualifizierung der Beiträge als zu Recht entrichtete Beiträge wurde erst durch eine gesetzliche Neuregelung und nicht durch ein (möglicherweise fehlerhaftes) Verwaltungshandeln vorgenommen. Auch aus dem Umstand allein, dass die Einzugsstelle zunächst - vom Kläger selbst seit 1993 beanstandet gelassen und im Betrieb seiner Ehefrau entsprechend über lange Jahre hinweg so praktiziert - zunächst von einem der Versicherungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnis ausging und erst das SG Aurich in seinem Urteil vom 28.5.2008 auf fehlende Versicherungspflicht erkannte, kann ebenfalls nichts zu Gunsten des Klägers hergeleitet werden. Dafür, dass er auf seinen Statusfeststellungsantrag hin durch eine zögerliche Bearbeitungsweise der Einzugsstelle davon abgehalten wurde, einen Erstattungsantrag schon vor dem 1.1.2008 zu stellen, hat das LSG nichts festgestellt und ist auch sonst nichts ersichtlich. Der Kläger stellte erst im Juli 2008 einen Antrag auf Erstattung der RV-Beiträge unter Verzicht auf Beanstandungsschutz und nicht bereits - zB vorsorglich und gestuft - zu einem früheren Zeitpunkt, etwa zeitgleich mit der Einleitung des Statusfeststellungsverfahrens im November 2006. Unbeschadet dessen erscheint fraglich, ob der - den anderen am Beitragseinzugsverfahren beteiligten und durch den Gesamtsozialversicherungsbeitrag begünstigten Versicherungsträgern gleichermaßen zur Beachtung der Regelungen des Versicherungs- und Beitragsrechts verpflichteten - Einzugsstelle (vgl § 28h Abs 2 SGB IV)schon deshalb eine Betreuungspflichtverletzung speziell gegenüber dem Kläger angelastet werden könnte, weil sie in ihrer Einschätzung über die Versicherungspflicht zunächst zu einem anderen Ergebnis gelangte als später das SG.
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Ein anderes Ergebnis ließe sich auch nicht dadurch herbeiführen, dass weitere Verwaltungshandlungen und Verfahrensabschnitte aus der Zeit vor dem 1.1.2008 in den Blick genommen werden. Auch in der Zeit vor dem 1.1.2008 wäre(n) der/die bereits mit der Beitragsentrichtung entstandene(n) Beitragserstattungsanspruch/Beitragserstattungsansprüche des Klägers schon allein deshalb nicht ohne Weiteres realisierbar gewesen, weil auch nach altem Recht gemäß § 26 Abs 1 S 2 SGB IV nicht mehr beanstandungsfähige Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge galten. Darüber hinaus ist ein konkreter Anlass für bestimmte Handlungen der Beklagten als Träger der gesetzlichen RV - zB für eine Beratung des Klägers gemäß § 14 SGB I im vorliegend interessierenden Zusammenhang - nicht ersichtlich. Hieran ändert auch die Einleitung und Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Statusfeststellung bei der Einzugsstelle nichts: Aus einem solchen Verfahren kann nicht automatisch geschlossen werden, der Betroffene werde bei der von der Einzugsstelle getroffenen Feststellung, dass mangels Versicherungspflicht Beiträge zu Unrecht entrichtet worden seien - in jedem Fall automatisch ebenfalls die umfassende Erstattung aller in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung entrichteten Beiträge geltend machen. Vielmehr hat der Betroffene gerade in Bezug auf RV-Beiträge Gestaltungsmöglichkeiten (zB kein Verzicht auf Beanstandungsschutz mit der Rechtsfolge des § 26 Abs 1 S 2 SGB IV, Umwandlung in freiwillige Beiträge gemäß § 202 SGB VI), die im wohlverstandenen Eigeninteresse zuvor entsprechende Überlegungen erfordern.
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d) Der sich damit ergebende Ausschluss der Erstattungsfähigkeit der Arbeitnehmeranteile der vom 1.8.1993 bis 30.11.2003 für den Kläger entrichteten RV-Beiträge verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG begrenzen das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen. Dabei findet das Rückwirkungsverbot seinen Grund im Vertrauensschutz (vgl aus jüngerer Zeit zB BVerfGE 132, 302, RdNr 41; BVerfGE 126, 369, 393 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75 mwN). Jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Die schlichte Erwartung, das geltende Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt (vgl BVerfGE 128, 90, 106 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23 RdNr 43 mwN). Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung ist zwischen einer echten Rückwirkung und einer unechten Rückwirkung bzw tatbestandlichen Rückanknüpfung zu differenzieren. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift oder wenn der Beginn seiner zeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (BVerfGE 128, 90, 106 = SozR 4-1100 Art 14 Nr 23 RdNr 45 mwN). Eine unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet oder wenn die Rechtsfolgen einer Norm zwar erst nach ihrer Verkündung eintreten, deren Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung "ins Werk gesetzt" worden sind (BVerfGE 128, 90, 107 = SozR aaO RdNr 47 mwN). Während eine echte Rückwirkung verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig ist, gelten für eine unechte Rückwirkung bzw tatbestandliche Rückanknüpfung weniger strenge Beschränkungen (vgl BVerfGE 109, 133, 181).
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Hiernach ist vorliegend (nur) von einer unechten Rückwirkung bzw tatbestandlichen Rückanknüpfung auszugehen, weil § 26 Abs 1 S 3 SGB IV die mangels Versicherungspflicht zu Unrecht für den streitigen Zeitraum entrichteten Beiträge rückwirkend als zu Recht entrichtet qualifiziert.
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bb) § 26 Abs 1 S 3 SGB IV verstößt nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie Beiträge, die (ursprünglich zu Unrecht) für länger als vier Jahre zurückliegende Zeiträume entrichtet wurden, als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge qualifiziert.
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(1) Es kann offenbleiben, ob in dem damit einhergehenden Ausschluss der Geltendmachung von ursprünglich gegebenen Beitragserstattungsansprüchen überhaupt ein relevanter Eingriff in die verfassungsrechtliche Position des Betroffenen liegt. Es liegt bereits nicht die Situation des Eintritts von Verjährung verbunden mit einem Leistungsverweigerungsrecht oder die Auflösung des Versicherungsverhältnisses vor, wie dies etwa bei den Regelungen zur sog Heiratserstattung der Fall ist (vgl hierzu BVerfGE 36, 237 = SozR Nr 99 zu Art 3 GG; BVerfG SozR 4-2600 § 282 Nr 1; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 19 mwN) vor. Auch entspricht die durch § 26 Abs 1 S 3 SGB IV angeordnete Rechtsfolge gerade der der Beitragsentrichtung ursprünglich zugrunde liegenden Annahme der Beteiligten über die Rechtmäßigkeit der Beitragsentrichtung und damit über das Bestehen von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung. Hiermit korrespondiert die gesetzgeberische Intention, wonach keine Schlechterstellung gegenüber der Situation entstehen soll, wenn der Betroffene tatsächlich pflichtversichert gewesen wäre, wovon er bis zur Feststellung des Nichtvorliegens der Versicherungspflicht bzw bis zur Einleitung der von der Einzugsstelle begehrten Statusfeststellung auch ausgegangen ist (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung, aaO, BT-Drucks 16/6540 S 23 zu Nr 14 <§ 26>).
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(2) Jedenfalls wäre ein Eingriff in Rechte des Klägers verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Die tatbestandliche Rückanknüpfung kann Grundrechte zum Schutz solcher Sachverhalte berühren, die mit der Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandsmerkmals vor Verkündung der Norm "ins Werk gesetzt" worden sind. An diesen Grundrechten sind die betreffenden Gesetze zu messen. Die rechtsstaatlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit wirken - beschränkt auf den Gesichtspunkt der Vergangenheitsanknüpfung - auf die grundrechtliche Bewertung in der Weise ein, wie dies allgemein bei der Auslegung und Anwendung von Grundrechten im Hinblick auf die Fragen des materiellen Rechts geschieht. Die Grenzen gesetzgeberischer Regelungsbefugnis ergeben sich dabei aus einer Abwägung zwischen dem Gewicht der berührten Vertrauensschutzbelange und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl (vgl stellvertretend BVerfGE 109, 133, 182 mwN). Soweit man als Bezugspunkt eines schützenswerten Vertrauens des Betroffenen die Wirksamkeit der Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen RV ansieht, enttäuscht § 26 Abs 1 S 3 SGB IV dieses Vertrauen nicht, sondern schützt dieses, indem die Regelung die ursprünglich zu Unrecht entrichteten Beiträge als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge qualifiziert. Soweit man demgegenüber die Erwartung des Betroffenen, wegen instanzgerichtlich verneinter Versicherungspflicht müssten ihm ursprünglich zu Unrecht entrichtete Beiträge uneingeschränkt, dh uU auch nach Jahren und Jahrzehnten, erstattet werden, als Bezugspunkt seines Vertrauens ansieht, wäre dieses Vertrauen jedenfalls nicht schutzwürdig: Das geltende Recht sieht im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen RV aufgrund (abhängiger) Beschäftigung nämlich grundsätzlich keine Wahl- und Gestaltungsmöglichkeiten vor. Vielmehr tritt Versicherungspflicht kraft Gesetzes bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ein (vgl § 1 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 7 Abs 1 S 1 SGB IV). Hat ein Versicherter und/oder sein Arbeitgeber aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse Zweifel am (Fort-)Bestehen von Versicherungspflicht aufgrund einer (abhängigen) Beschäftigung, besteht für ihn/sie jederzeit die Möglichkeit, zeitnah - entweder unmittelbar bei Aufnahme der Tätigkeit oder bei einem Wandel ihrer Merkmale - das (Fort-)Bestehen von Versicherungspflicht verbindlich klären zu lassen (vgl § 7a Abs 1 S 1, § 28h Abs 2 S 1 SGB IV). Eine in Klein- und/oder Familienbetrieben bestehende faktische Steuerungsmöglichkeit hinsichtlich der Klärung der Versicherungspflicht durch eine erst Jahre oder Jahrzehnte später erfolgende "Offenlegung" der wahren tatsächlichen Verhältnisse im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit entspricht weder der Systematik des Eintritts von Versicherungspflicht in der Sozialversicherung noch ist sie verfassungsrechtlich schützenswert (vgl zum Ganzen ausführlich: Kreikebohm, SGB IV, aaO, § 26 RdNr 9).
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.