Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 05. Juli 2017 - 3 M 179/17

bei uns veröffentlicht am05.07.2017

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 06.03.2017 geändert und wie folgt neu gefasst.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Beigeladenen aufzugeben, die Bauarbeiten einzustellen, bis die von ihr für Ende Juni 2017 angekündigte statische Berechnung der Baugrundverbesserung für die Gründung des „E“ vorliegt und von der Antragsgegnerin geprüft ist. Sofern in diesem Zusammenhang Maßnahmen auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehen sind und diese ihnen nicht zustimmt, muss durch das Gutachten nachgewiesen werden, dass sichergestellt ist, dass von weiteren Baumaßnahmen keine für die Statik des Gebäudes der Antragstellerin relevanten Auswirkungen ausgehen können. Die erforderlichen bautechnischen Nachweise sind vorzulegen und von der Antragsgegnerin zu prüfen.

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung weiter verpflichtet, mindestens einmal wöchentlich zu prüfen, ob die Bauausführung den geprüften Statiken folgt; die Ergebnisse sind der Antragstellerin und der Beigeladenen unverzüglich mitzuteilen. Die Antragsgegnerin hat dabei auf die Mitwirkung der Beigeladenen zu dringen, insbesondere sie zu verpflichten, ihrerseits mitzuteilen, wenn abweichend gebaut werden soll.

Die Antragsgegnerin wird weiter verpflichtet, bei Abweichungen der Bauausführung von den geprüften Statiken, die Auswirkungen auf die Standsicherheit des Gebäudes der Antragstellerin haben könnten, die Vorlage geänderter bautechnischer Nachweise zu fordern, diese zu prüfen und bis zum Abschluss der Prüfung sicher zu stellen, dass die abweichende Bauausführung nicht begonnen oder fortgesetzt wird.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Antragstellerin und Antragsgegnerin tragen je ein Drittel der Gerichtskosten, der außergerichtlichen Kosten des Gegners sowie der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die insoweit erstattungsfähig sind. Die Beigeladene trägt ein Drittel der Gerichtskosten sowie jeweils ein Drittel der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin und Antragsgegnerin. Im übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

2. Der Streitwert wird für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht auf 85.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt bauordnungsrechtliche Maßnahmen gegenüber der Beigeladenen. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks F. im G. Sie betreibt dort ein Hotel. Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen für das angrenzende Grundstück H. eine Baugenehmigung unter dem 14.1.2014. Gegenstand ist die Errichtung eines größeren Anbaus an das bestehende Hotelgebäude. Die gegen die Baugenehmigung erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Greifswald mit Urteil vom 02.12.2015 – 5 A 1004/13 – abgewiesen. Das Verfahren zur Zulassung der Berufung ist vor dem Senat anhängig (3 L 16/16).

2

Die Antragstellerin zeigte an, dass nach ihrer Ansicht infolge der Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen Risse in ihrem Hotelgebäude aufgetreten seien. Sie beantragte, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, eine Standsicherungsprüfung für ihr Gebäude durchzuführen und gegenüber der Beigeladenen Stabilisierungsmaßnahmen zugunsten ihres Gebäudes und ihres Grundstückes anzuordnen, sowie gegen über der Beigeladenen anzuordnen, sämtliche Bauarbeiten bis auf weiteres einzustellen, und sie sie erst wieder aufzunehmen, wenn alle erforderlichen Maßnahmen zur Bodenstabilisierung stattgefunden hätten und ein anerkannter Sachverständiger eine ausreichende Stabilisierung des Bodens bestätigt habe, sowie umgehend alle erforderlichen Maßnahmen zur Stabilisierung und Verfestigung des Bodens auf dem Baugrundstück sowie ihrem Nachbargrundstück zu ergreifen.

3

Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab. Zur Begründung führte es aus, die Antragstellerin sei selbst für die Standsicherheit ihres Gebäudes verantwortlich. Es bestehe auch kein Anspruch, dass die Antragsgegnerin der Beigeladenen aufgebe, Maßnahmen zur Stabilisierung des Bodens auf dem Grundstück der Antragstellerin vorzunehmen. Es stehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass die Beigeladene als verantwortliche Verhaltensstörerin für eine fehlende Standsicherheit des Nachbargrundstücks in Anspruch genommen werden könne. Das wäre nur der Fall, wenn deren vorrangige Verantwortlichkeit für den behaupteten Zustand des Nachbargrundstücks bereits hinreichend geklärt sei. Davon könne gegenwärtig nicht ausgegangen werden. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung glaubhaft gemacht. Allerdings umfasse die Baugenehmigung auch die bauaufsichtliche Prüfung nach § 66 Abs. 5 Satz 1 LBauO M-V. Das von der Beigeladenen ausgeführte Vorhaben entspreche nicht dem Standsicherheitsnachweis, der Gegenstand der Baugenehmigung sei. Diese formelle Rechtswidrigkeit des Vorhabens reiche jedoch für einen Anspruch des Nachbarn gegenüber der Bauaufsichtsbehörde auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht aus. Erforderlich sei vielmehr, dass die Antragstellerin durch das Vorhaben in eigenen Rechten verletzt werde. Dies wäre der Fall, wenn dessen weitere Ausführung die Standsicherheit ihres Grundstücks und Gebäudes beeinträchtigen würde. Eine solche Prognose könne das Gericht den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Aus denselben Gründen sei auch ein Anspruch auf Erlass einer Anordnung gegenüber der Beigeladenen, Maßnahmen zur Stabilisierung und Verfestigung des Bodens auf dem Baugrundstück zu ergreifen, nicht ersichtlich.

4

Dieser Beschluss wurde der Antragstellerin am 08.03.2017 zugestellt. Am 20.03.2017 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und diese am 31.03.2017 begründet.

II.

5

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor erkennbaren Umfang begründet.

6

1. Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO sind in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes für die Beschwerdeentscheidung nur die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe maßgebend. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Ein Beschwerdeführer muss die Begründung des Verwaltungsgerichts aufgreifen und konkret aufzeigen, in welchen Punkten und aus welchen Erwägungen heraus er diese für unrichtig hält.

7

Die Antragstellerin hat die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtes in ihrer Beschwerdebegründung fristgerecht schlüssig infrage gestellt. Sie verweist auf den Prüfbericht des Prüfstatikers vom 10.03.2017, den das Verwaltungsgericht noch nicht berücksichtigen konnte. Danach sind Auslöser für Baugrundbewegungen auf dem Grundstück der Antragstellerin Lockerungen des Bodens während der Bohrarbeiten und der nachfolgenden Vibrationen auf dem Baugrundstück der Beigeladenen. Damit sei zugleich die Handlungsstörereigenschaft der Beigeladenen belegt.

8

2. Da die Antragstellerin einen tragenden Gesichtspunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes infrage gestellt hat, ist der Senat gehalten, in vollem Umfang zu prüfen, ob die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnungen erfüllt sind (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017 Rn. 1161). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nur noch begehrt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, gegenüber der Beigeladenen anzuordnen, sämtliche Bauarbeiten auf dem Baugrundstück bis auf weiteres zu unterlassen und die Bauarbeiten erst wieder aufzunehmen, wenn alle erforderlichen Maßnahmen zur Bodenstabilisierung auf den Grundstücken der Antragstellerin und der Beigeladenen stattgefunden haben und Diplom-Ingenieur I. oder ein anderer qualifizierter Sachverständiger eine ausreichende Stabilisierung des Bodens auf den Grundstücken der Antragstellerin und der Beigeladenen bestätigt hat.

9

Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen für den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund nur in dem Umfang glaubhaft gemacht, wie er sich aus dem Tenor ergibt (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

10

Gem. § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V hat die untere Bauaufsichtsbehörde auf substantiierte Einwände eines Nachbarn hin entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenbeschreibung auch der Frage der Einhaltung nachbarschützender und bei der Ausführung von Vorhaben unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt zu beachtender materiell-rechtlicher Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nachzugehen (vgl. OVG des Saarlandes, B. v. 21.10.2013 - 2 B 344/13 – juris). § 81 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr.1 LBauO M-V ermächtigt zur Bauüberwachung. Ein Baustopp setzt voraus, dass objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass alsbald, d.h. künftig mit rechtswidrigen Arbeiten begonnen wird. Abgeschlossene Arbeiten können nicht gestoppt werden (vgl. Simon/Busse, BauO BO Art. 75 Rn. 42 und 43). Der Baustopp kann also entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht mit bereits eingetretenen etwaigen Verstößen gegen das Baurecht begründet werden. Ob die Beigeladene sich in der Vergangenheit an Vorschriften des nachbarschützenden materiellen Bauordnungsrechts gehalten hat, ist daher in diesem Verfahren unerheblich. Die Antragstellerin hat jedoch eine Gefahr für ihr Grundstück bei Ausführung weiterer Bauarbeiten glaubhaft gemacht.

11

a) Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Annahme zu Grunde gelegt, dass allein die Antragstellerin für die Standsicherheit ihres Gebäudes auch in Hinblick auf die Bauarbeiten auf dem Grundstück der Beigeladenen verantwortlich sei. Diesen Ausgangspunkt teilt der Senat nicht.

12

§ 12 Abs. 1 LBauO M-V enthält eine dem Nachbarschutz dienende, bei der Bauausführung zu beachtende Voraussetzung. Jede bauliche Anlage muss nach Satz 1 im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen für sich allein standsicher sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes der Nachbargrundstücke dürfen gem. Satz 2 nicht gefährdet werden.

13

Für die Frage der Verantwortlichkeit gelten nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. B. v. 11.08.2015 - 3 M 54/15 - NordÖR 2016, 28 = BauR 2016, 86) folgende Grundsätze: Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Gewährleistung der Standsicherheit trifft während der eigentlichen Bautätigkeit den Bauherrn und für die Zeit nach der Bauphase nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen den (jeweiligen) Grundstückseigentümer als Zustandsstörer (§ 70 SOG MV). Auch aus § 12 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V geht deutlich hervor, dass in erster Linie der Grundeigentümer bzw. Bauherr für die Standsicherheit der Gebäude auf seinem Grundstück verantwortlich ist, und zwar nicht nur hinsichtlich Sicherungsmaßnahmen bei drohender Gefahr, sondern in vollem Umfang dessen, was für einen dauerhaft sicheren Zustand erforderlich ist (OVG Greifswald, B. v. 09.07.2010 - 3 M 128/10, NordÖR 2010, 494; vgl. auch OVG Greifswald, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 – juris). § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V bestimmt aber darüber hinaus, dass die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen durch Baumaßnahmen nicht gefährdet werden darf. Daher ist der Bauherr auch bei der Errichtung eines Gebäudes auf seinem Grundstück zugleich für die Einhaltung der Standsicherheitsregeln in Bezug auf das Gebäude des Nachbarn verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit beinhaltet, dass der Bauherr grundsätzlich dafür Sorge zu tragen hat, dass von seinem Gebäude keine Gefahren für ein Nachbargebäude ausgehen.

14

Allein der Umstand, dass konstruktive Mängel eines Nachbargebäudes erst durch Baumaßnahmen in eine akute Einsturzgefahr umschlagen, führt nicht dazu, dass vorrangig der Bauherr und nicht der Nachbar als Eigentümer für die Beseitigung des Gefahrenzustandes herangezogen werden darf. Für eine dauerhafte Sicherung ist dann der Nachbar als Eigentümer, nicht der Bauherr verantwortlich (vgl. OVG Koblenz, U. v. 04.11.2011 - 8 A 10888/11 - BauR 2012, 471). Die Frage nach der Inanspruchnahme des Nachbarn stellt sich aber nur, wenn dessen Verantwortlichkeit hinreichend geklärt ist (OVG Greifswald, B. v. 09.07.2010 - 3 M 128/10 - NordÖR 2010, 494). Zudem kann der Nachbar in gewissem Umfang auch darauf vertrauen, dass die für die Standsicherheit seiner bestehenden Anlage maßgeblichen Umstände nicht zu seinen Lasten mit der Folge verändert werden, dass ein „Nachrüsten“ seiner Anlage erforderlich wird, um deren Standsicherheit auch nach solchen Veränderungen weiterhin zu gewährleisten. Dem trägt § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V Rechnung. Derjenige, der eine neue bauliche Anlage errichtet, muss hiernach seinerseits darauf achten, dass er keine solchen Veränderungen der Standsicherheitsbedingungen bewirkt, die der Nachbar der bestehenden Anlage bei deren Errichtung und ordnungsgemäßer Unterhaltung nicht in Rechnung stellen muss (OVG Münster, B. v. 24.01.2000 - 7 B 2180/99 - NVwZ 2000, 1064; vgl. auch VG Schwerin, B. v. 16.02.2016 - 2 B 4502/15 SN – juris).

15

Die Bauaufsichtsbehörde hat demgemäß während der Errichtung eines Gebäudes jedenfalls dann, wenn bautechnische Nachweise gem. § 66 Abs. 3 LBauO M-V zu prüfen sind, sorgfältig darauf zu achten, ob und inwieweit sich Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Standsicherheit des Gebäudes eines Nachbarn ergeben, und die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. OVG des Saarlandes, B. v. 05.12.2016 - 2 B 298/16 – juris). Liegt für ein Bauvorhaben eine geprüfte Statik vor, so muss allerdings vom antragstellenden Nachbarn deren Fehlerhaftigkeit glaubhaft gemacht werden, um unter Berufung auf § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Einstellung der betreffenden Bauarbeiten zu erreichen; bloße Mutmaßungen über die Gefährdung des Nachbargrundstücks unter Hinweis auf die Geländeverhältnisse genügen insoweit nicht (vgl. OVG des Saarlandes, B. v. 22.10.1996 - 2 W 34/96 - BRS 58 Nr. 181).

16

b) Das Verwaltungsgericht erwägt, ob allein aufgrund formeller Baurechtswidrigkeit der Antragstellerin als Nachbarin ein Anspruch auf Einschreiten zustehen könnte. Die formelle Baurechtswidrigkeit sieht das Verwaltungsgericht in einem Abweichen der Bauausführung von eingereichten bautechnischen Nachweisen. Diesen Überlegungen folgt der Senat nicht. Auch eine geprüfte Statik wird als Teil der bautechnischen Nachweise bei einem vollständigen Baugenehmigungsverfahren nach § 64 LBauO M-V nicht Teil der Baugenehmigung.

17

Dies folgt aus § 66 LBauO M-V. Hieraus geht hervor, dass die bautechnische Prüfung unabhängig von der Baugenehmigung erfolgt. Dies wird aus § 62 Abs. 5 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 und § 64 Satz 2 LBauO M-V deutlich. Dies folgt aus § 72 Abs. 8 Satz 2 LBauO M-V, wonach Baugenehmigungen, Bauvorlagen sowie bautechnische Nachweise, soweit es sich nicht um Bauvorlagen handelt, an der Baustelle von Baubeginn an vorliegen müssen (OVG Greifswald, B. v. 06.01.2016 - 3 M 78/15 - NordÖR 2016, 107 = BauR 2016, 1291). Gegenstand der Prüfung in einem Genehmigungsverfahren ist nach § 59 Abs.1 Satz 1 LBauO M-V ausschließlich die zur Genehmigung gestellte „Errichtung“ bzw. (Nutzungs-) „Änderung“ von Anlagen, nicht aber der Errichtungsvorgang als solcher. Wie die Ausführung des Vorhabens technisch im Einzelnen vor sich gehen soll und ob dies mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, ist nicht Prüfgegenstand der Baugenehmigung (vgl. VGH München, B. v. 28.03.2017 - 15 ZB 16.1306 – juris; zur Standsicherheit vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO, Art. 10 Rn. 20). Die Anforderungen des § 12 LBauO M-V begründen weder eine objektive noch eine im Interesse der Nachbarn liegende Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde, die Einhaltung dieser Forderung bereits im Baugenehmigungsverfahren sicherzustellen (vgl. VGH München, B. v. 24.11.2016 - 1 CS 16.2009 – juris). Jede Baugenehmigung geht von einer technisch einwandfreien Ausführung des zugelassenen Vorhabens aus. Sofern durch mangelhafte, einschlägigen technischen Normen zuwiderlaufende Bauarbeiten öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt werden, hat dies daher ebenso wenig wie eine von der Genehmigung abweichende Bauausführung Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung (OVG des Saarlandes, B. v. 05.12.2016 - 2 B 298/16 – juris). Der gegenteiligen Auffassung, wonach jedenfalls geprüfte bautechnische Nachweise Teil der Baugenehmigung sind (so das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss; vgl. auch Erbguth NordÖR 2016, 352) folgt der Senat auch nach erneuter Überprüfung nicht.

18

Da mithin Standsicherheitsfragen hinsichtlich des Nachbargebäudes im Zusammenhang mit dem Errichtungsvorgang des Bauvorhabens im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft werden, trifft die Unbedenklichkeitsfeststellung einer Baugenehmigung diesbezüglich keine Aussage. Betroffene Nachbarn müssen im Falle eines tatsächlichen, materiellen Verstoßes eines Vorhabens gegen sicherheitsbezogene Anforderungen, hier gegen § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V oder (als Auffangvorschrift) gegen § 3 Abs. 1 LBauO M-V Ansprüche auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber geltend machen (vgl. VGH München, B. v. 28.03.2017 - 15 ZB 16.1306 – juris). Es ist in solchen Fällen zu prüfen, ob dem betroffenen Nachbarn ein Anspruch auf Einschreiten der zuständigen Behörde gegenüber dem Bauherrn zusteht. Ein solcher Anspruch ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO zu verfolgen.

19

c) Unter den dargelegten Voraussetzungen vermag der Senat im Rahmen der hier nur möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu erkennen, dass die Antragstellerin als alleinige Verantwortliche für die Standsicherheit ihres Gebäudes anzusehen ist. Davon aber geht die Antragsgegnerin in ihrer Ordnungsverfügung vom 01.06.2017 aus, in der sie der Antragstellerin aufgibt, die Standsicherheit ihres Hotelanbaus nachzuweisen.

20

Zur Begründung dieser Einschätzung führt die Antragsgegnerin aus, ausweislich des Prüfberichts vom 10.03.2017 hätten zum Zeitpunkt der Begutachtung keine Bedenken bestanden. Gleichwohl sei zu befürchten gewesen, dass der Baufortschritt auf der Baustelle (der Beigeladenen) weitere Bodenumlagerung verursachen könnte und eine Zunahme der Schäden zunehmend standsicherheitsrelevant werden würde. Die Ursache sehe das Prüfbüro in bereits vorhandenen Setzungen in Richtung Baugrube. Indem die Antragsgegnerin allein § 12 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V zitiert und offensichtlich die eingetretenen Schäden am Gebäude der Antragstellerin in deren Verantwortlichkeit sieht, übersieht sie einerseits § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V und andererseits den Umstand, dass der genannte Prüfbericht vom 10.3.2017 Folgendes ausführt: Ursächlich für die vorhandenen Schäden seien Setzungen der baugrubenseitigen Gründung. Auslöser für die Baugrundbewegungen seien Lockerungen des Bodens während der Bohrarbeiten und der nachfolgenden Vibrationen. Die vorhandenen Stahlbetondecken seien gegenwärtig noch in der Lage, die Bewegungen auszugleichen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünden keine Bedenken zur Standsicherheit. Da nicht davon auszugehen sei, dass völlig erschütterungsfrei weitergebaut werde, bestünden aber Bedenken gegen die Fortführung der Bauarbeiten, so lange keine Baugrundertüchtigung (Injektion) erfolgt sei, mit der sichergestellt werde, dass keine weiteren Umlagerungen unter dem Hotel der Antragstellerin auftreten. Die Ertüchtigung müsse, um dauerhaft wirksam sein zu können, die gesamte Breite zwischen Bohrpfahlwand und dem inneren Bereich des Gebäudes umfassen. Diesen Ausführungen sind keinerlei Anhaltspunkte in der Richtung zu entnehmen, dass das Gebäude der Antragstellerin bereits zuvor derartig in seiner Standsicherheit gefährdet gewesen wäre, dass nach den oben genannten Grundsätzen eine (Mit)Verantwortlichkeit der Antragstellerin begründet werden könnte.

21

d) Aus den Ausführungen des Prüfgutachtens vom 10.03.2017 wird somit deutlich, dass weiterhin nicht auszuschließen ist, dass die Standsicherheit des Gebäudes der Antragstellerin bei Fortschritt der Bauarbeiten der Beigeladenen beeinträchtigt wird. Die Antragstellerin geht davon aus, dass vor einer weiteren Bauausführung eine Bodenertüchtigung notwendig sei. Die Beigeladene teilt offenbar diese Einschätzung, wenn sie die email von J. vom 26.06.2017 vorlegt, wonach eine statische Berechnung für die Baugrundverbesserung für die Gründung des E der Antragstellerin voraussichtlich am 30.06.2017 erstellt sein wird und die Planung in der 27. KW verschickt werde. Bei der Prüfung der statischen Unterlagen wird zu berücksichtigen sein, dass notwendigen Schutzvorkehrungen gegen einen drohenden Stützverlust der Vertiefende auf seinem eigenen Grundstück vornehmen muss. Er darf dazu grundsätzlich nicht ohne Einwilligung in das Eigentum des Nachbargrundstücks eingreifen (vgl. BGH, U. v. 27.06.1997 - V ZR 197/96 - NJW 1997, 2595).

22

Bei der Würdigung der Sach- und Rechtslage ist auch zu berücksichtigen, inwieweit von der Antragsgegnerin geprüfte bautechnische Nachweise vorliegen. Insoweit kommt ein Baustopp wegen Gefährdung der Standsicherheit des Gebäudes der Antragstellerin nur in Betracht, wenn glaubhaft gemacht wäre, dass die Berechnungen zulasten der Antragstellerin unzutreffend sind oder den Gesichtspunkt der Gefährdung der Hotelgebäudes der Antragstellerin nicht berücksichtigt. Diese Prüfung vorzunehmen ist angesichts der gegenteiligen (fachlichen) Stellungnahmen (vgl. etwa Prüfbericht vom 21.04.2017) im Rahmen der nur gebotenen und möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage nicht möglich.

23

Andererseits wird aus den einschlägigen Normen der Landesbauordnung, namentlich §§ 12 und 66 deutlich, dass die Verantwortlichkeit für die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorgaben in erster Linie Sache des Bauherrn ist und, soweit eine Überprüfung vorgesehen ist oder eine Verletzung des materiellen Bauordnungsrecht für die Bauaufsichtsbehörde – gegebenenfalls auf Intervention des Nachbarn – erkennbar ist, es Sache der Bauaufsichtsbehörde ist, im Wege des Einschreitens auf die Einhaltung des materiellen (hier nachbarschützenden) Bauordnungsrechts zu dringen.

24

Wegen dieser Unsicherheit geht der Senat davon aus, dass die Voraussetzungen für einen vollständigen Baustopp nicht glaubhaft gemacht sind. Andererseits hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch darauf hat, dass die Antragsgegnerin als zuständige Bauaufsichtsbehörde bei der besonderen Gefahrenlage für das Hotelgebäude der Antragstellerin dafür Sorge trägt, dass dieses Gebäude keine (weiteren) Schäden durch Baumaßnahmen der Beigeladenen erleidet. Diesen Gesichtspunkten trägt der Ausspruch des Senates Rechnung. Zunächst ist die erforderliche Baugrundsicherung zu gewährleisten. Die Antragsgegnerin wird daher verpflichtet, der Beigeladenen aufzugeben, die Bauarbeiten einzustellen, bis die von ihr für Ende Juni 2017 angekündigte statische Berechnung der Baugrundverbesserung für die Gründung des „Panoramahotels“ vorliegt und von der Antragsgegnerin geprüft ist. Sofern in diesem Zusammenhang Maßnahmen auf dem Grundstück der Antragstellerin vorgesehen sind und diese ihnen nicht zustimmt, muss durch ein Gutachten nachgewiesen werden, dass sichergestellt ist, dass von weiteren Baumaßnahmen keine für die Statik des Gebäudes der Antragstellerin relevanten Auswirkungen ausgehen können. Die erforderlichen bautechnischen Nachweise sind vorzulegen und zu prüfen.

25

Danach hat die Antragsgegnerin mindestens einmal wöchentlich zu prüfen, ob die Bauausführung der geprüften Statik vom 02.12.2016 und den übrigen geprüften bautechnischen Nachweisen folgt; die Ergebnisse sind der Antragstellerin und der Beigeladenen unverzüglich mitzuteilen. Dabei hat die Beigeladene mitzuwirken. Es ist in erster Linie Pflicht der Beigeladenen, bei neuen Erkenntnissen, die in den bautechnischen Nachweisen nicht berücksichtigt worden sind, diese zu ändern und der Antragsgegnerin vorzulegen. Die Rechtsgrundlage einer entsprechenden Anordnung liegt in § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V. Diese Vorschrift berechtigt auch, die Vorlage einzelner bautechnischer Nachweise zu verlangen, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, ob eine Baumaßnahme im Einklang mit öffentlichem Recht steht. Insbesondere hat die Bauaufsichtsbehörde auf substantiierte Einwände eines Nachbarn hin entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenbeschreibung der Frage der Einhaltung nachbarschützender und bei der Ausführung von Vorhaben unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt zu beachtender materiell-rechtlicher Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nachzugehen (vgl. OVG des Saarlandes, B. v. 21.10.2013 - 2 B 344/13 – juris).

26

Bei Abweichungen, die Auswirkungen auf die Standsicherheit des Gebäudes der Antragstellerin haben könnten, ist die Vorlage geänderter bautechnischer Nachweise zu fordern, sind diese prüfen und ist bis zum Abschluss der Prüfung sicher zu stellen, dass die abweichende Bauausführung nicht begonnen wird.

27

3. Soweit die Antragstellerin einen Baustopp auch unter Berufung darauf fordert, dass die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis zur Grundwasserabsenkung durch die Antragsgegnerin erst am 18.05.2017 erteilt worden ist, kann dieses Vorbringen keinen Erfolg haben. Über diese Erlaubnis ist alleine im wasserrechtlichen Verfahren nach den Vorschriften des Wassergesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern (LaWG M-V) zu entscheiden. Wie sich im Umkehrschluss aus § 113a LaWG M-V ergibt, ist die Erteilung einer solchen Erlaubnis zur Gewässerbenutzung nach §§ 8 Abs. 1, 9 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz keine solche, die die Bauaufsichtsbehörde als sogenanntes aufgedrängtes Fachrecht im Rahmen der Baugenehmigung zu erteilen hätte. Soweit es um die Vollziehung dieser Erlaubnis geht, sind daher Rechtsbehelfe gegen diese selbst zu ergreifen. Dass möglicherweise in der Vergangenheit die erforderliche wasserrechtliche Genehmigung nicht vorgelegen haben könnte, rechtfertigt einen in die Zukunft gerichteten Baustopp nicht.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 2 GKG.

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Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 04. Nov. 2011 - 8 A 10888/11

bei uns veröffentlicht am 04.11.2011

Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30. Juni 2011 – 4 K 124/11.NW – wird abgelehnt. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 09. Juli 2010 - 3 M 128/10

bei uns veröffentlicht am 09.07.2010

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.05.2010 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und d

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. Mai 2013 – 5 L 1823/12 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens H-Straße 3 in K. Auf dem Grundstück befindet sich auf dem der Straße zugewandten Teil ein im Erdgeschoss gewerblich und im Obergeschoss zum Wohnen genutztes Gebäude, an das auf dem Grundstück des Beigeladenen (H-Straße 5) ein Wohnhaus angebaut ist. Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Klägers steht ein früher als Lagerraum mit darüber befindlicher Wohnung genutztes Gebäude, an dem der Kläger Umbaumaßnahmen im Bereich des Ober- und des Dachgeschosses und eine Erneuerung der westlichen Giebelwand sowie der Bedachung durchgeführt hat. Dieses heute zum Wohnen genutzte Haus grenzt auf dem Grundstück des Beigeladenen an ein ehemaliges Scheunengebäude an, das nach einem Einsturz als Wohngebäude wieder errichtet wurde. Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich des Ortsteils L.

Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller unter dem 18.3.2010 zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für die Grenzwand zum Flurstück 114 aufgefordert hatte, legte dieser einen “Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ der C. GmbH & Co KG vom 6.10.2010 vor.

Unter dem 26.10.2012 reichte der Beigeladene bei dem Antragsgegner eine von ihm eingeholte Bewertung der Standsicherheit dieses rückwärtigen Gebäudes durch Dipl.-Ing. S. sowie eine brandschutztechnische Stellungnahme des Brandschutzsachverständigen Dipl.-Ing. S. vom 20.10.2012 über dessen angrenzende Gebäudeabschlusswand ein und beantragte ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Antragsteller.

Daraufhin verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller mit Bescheid vom 8.11.2012 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zustellung der Verfügung erstens einen Standsicherheitsnachweis eines zugelassenen Tragwerksplaners über das gesamte im rückwärtigen Bereich des Grundstückes zum Wohnhaus umgebaute Gebäude sowie zweitens ein brandschutztechnisches Gutachten eines zugelassenen Brandschutzsachverständigen über die grenzständige Gebäudeabschlusswand des vorgenannten Wohnhauses zu dem Nachbargrundstück des Beigeladenen vorzulegen. Ferner drohte er jeweils ein Zwangsgeld an und setzte es zugleich aufschiebend bedingt fest.

Hiergegen legte der Antragsteller am 4.12.2012 Widerspruch ein.

Am 10.12.2012 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Im Wesentlichen machte er dabei geltend, er sei der Aufforderung zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises bereits im Jahr 2010 nachgekommen; der Nachweis sei vom Antragsgegner auch akzeptiert worden. Es gebe keinen vernünftigen Anlass, an der Standsicherheit bzw. der brandschutztechnische Ertüchtigung seines Vorhabens zu zweifeln. Sein Gebäude sei selbst im Jahr 2004, als die Scheune des Beigeladenen auf dem Nachbargrundstück eingestürzt sei, unbeschädigt geblieben. Die Situation auf seinem Grundstück sei dem Antragsgegner bereits seit dem Einsturz dieser Scheune bekannt gewesen. Da das - grenzständige - Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück kurz vor der Fertigstellung stehe und seine Giebelwand nicht mehr freiliege und auch nicht ohne weiteres brandschutztechnisch ertüchtigt werden könne, erscheine es unverhältnismäßig, von ihm entsprechende Nachweise zu verlangen. Der Antragsgegner habe vor Fertigstellung der Bauarbeiten ausreichend Gelegenheit zu entsprechenden Anordnungen gehabt. Außerdem sei das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung nicht in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise dargelegt worden. Es bestehe auch keine besondere Eilbedürftigkeit. § 57 Abs. 2 LBO greife als Ermächtigungsgrundlage nicht, da die Sanierungsarbeiten an seinem Anwesen bereits vor Jahren abgeschlossen worden seien und auch keine konkrete Gefahr bestehe. Außerdem genieße sein Anwesen Bestandsschutz. Die insoweit heranzuziehende Vorschrift des § 57 Abs. 3 LBO rechtfertige die Verfügung nicht.

Der Antragsgegner legte im Verfahren eine Stellungnahme der C. GmbH & Co. KG vom 1.2.2013 vor, wonach diese ihre statische Berechnung zurückziehe, weil sie von dem Aufsteller der Berechnung getäuscht worden sei; die Statik stimme nicht mit dem vorhandenen Baubestand überein.

Mit Beschluss vom 15.5.2013 – 5 L 1823/12 – wies das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag zurück. In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner habe das bestehende besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung seines Bescheides in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise dargelegt. Eine gesonderte Anhörung des Antragstellers vor Erlass des angefochtenen Bescheides sei nicht erforderlich gewesen, weil eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 SVwVfG) notwendig erschienen sei. Um das Bestehen der Gefahren für Leib und Leben von Personen sowie die Gefahr der Beschädigung für Sachen insbesondere des angrenzenden Gebäudes des Beigeladenen schnellstmöglich abzuklären, sei es durchaus sachgerecht, vom Antragsteller umgehend die Vorlage von Nachweisen über das Nichtvorliegen der entsprechenden Gefahren zu verlangen. Im Übrigen könne ein möglicher Fehler auch noch im Widerspruchsverfahren geheilt werden. § 57 Abs. 3 LBO greife nicht ein. Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid sei vielmehr § 57 Abs. 2 LBO. Die von dem Antragsteller am Haus vorgenommenen weit reichenden Änderungen rechtfertigten es in jedem Fall, dass die Untere Bauaufsichtsbehörde für das nunmehr vorhandene Gebäude Nachweise verlangte, dass die Vorschriften über die Standsicherheit und den Brandschutz eingehalten seien. Dem stehe hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nicht entgegen, dass der Antragsteller auf eine entsprechende Forderung des Antragsgegners bereits 2010 einen Standsicherheitnachweis vorgelegt habe, denn dieser sei offensichtlich unzutreffend und mittlerweile von der C. GmbH & Co. KG auch gegenüber der Unteren Bauaufsichtsbehörde zurückgezogen worden. Insofern bestehe für das Gebäude des Antragstellers derzeit kein Nachweis über die Standsicherheit. Da zudem aufgrund der Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012 Bedenken hinsichtlich der Statik des Gebäudes bestünden, sei der Antragsgegner berechtigt gewesen, vom Antragsteller die Vorlage eines ordnungsgemäßen Standsicherheitsnachweises zu verlangen. Dass der Antragsgegner den 2010 vorgelegten Nachweis nicht sofort als fehlerhaft erkannt habe, spiele insoweit keine Rolle. Ein fehlerhafter Standsicherheitsnachweis, der nicht sofort als solcher erkannt werde, genüge nicht. Die brandschutztechnische Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 20.10.2012, die detailliert und nachvollziehbar bauliche Mängel am Gebäude des Antragstellers im Bereich der grenzständigen Giebelwand und die daraus folgenden Auswirkungen auf den Brandschutz darlege, gebe ausreichend Anlass, vom Antragsteller zumindest die Vorlage eines brandschutztechnischen Gutachtens über die grenzständige Gebäudeabschlusswand zu verlangen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des Dipl.-Ing. H. sei nicht geeignet, die hinsichtlich des Gebäudes bestehenden Bedenken betreffend die Standsicherheit und den Brandschutz auszuräumen. Sie setze sich allenfalls allgemein mit den beiden vom Antragsgegner in seinem Bescheid angeführten Stellungnahmen auseinander, ohne konkret auf die darin aufgeführten Mängel hinsichtlich des vom Antragsteller vorgelegten Standsicherheitsnachweises bzw. der Brandsicherheit der Giebelwand einzugehen. Das Verlangen auf Vorlage der entsprechenden Nachweise sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Antragsgegner verlange noch keine Ertüchtigungsmaßnahmen am Gebäude des Antragstellers, sondern lediglich den Nachweis der Standsicherheit und des ausreichenden Brandschutzes. Ob möglicherweise die Durchführung von Baumaßnahmen an der grenzständigen Giebelwand aufgrund der zwischenzeitlichen Fertigstellung des ebenfalls grenzständigen Gebäudes des Beigeladenen mit Schwierigkeiten verbunden wäre, sei unerheblich. Der Antragsteller sei bereits bei der Durchführung der Umbaumaßnahmen verpflichtet gewesen, die entsprechenden Vorschriften einzuhalten. Sollte er dieser Pflicht nicht nachgekommen sein, so könne er sich nicht darauf zurückziehen, dass ihm nun aufgrund der Errichtung des Nachbargebäudes ein zusätzlicher Aufwand für die nachträgliche Einhaltung der Vorschriften über die Standsicherheit und den Brandschutz entstehe. Auch die dem Antragsteller gesetzte Frist sei ausreichend bemessen. Aufgrund der Gefahren, die sich bei Mängeln in der Standsicherheit und dem Brandschutz ergeben könnten, sei ein schnelles Vorgehen erforderlich, um gegebenenfalls Mängel kurzfristig beseitigen zu lassen. Außerdem sei es nicht Aufgabe der verlangten Gutachten, die dem Antragsgegner vorliegenden Stellungnahmen zu überprüfen, sondern einen eigenständigen Nachweis über Standsicherheit und Brandschutz zu führen. Auch die Zwangsmittelandrohung sei nicht zu beanstanden.

Gegen den Beschluss legte der Antragsteller am 24.6. 2013 Beschwerde ein.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15.5.2013 – 5 L 1823/12 –, mit dem sein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 4.12.2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8.11.2012 (Anordnung der Vorlage eines Standsicherheitsnachweises über das gesamte rückwärtige Gebäude sowie eines brandschutztechnischen Gutachtens über die grenzständige Gebäudeabschlusswand dieses Hauses zum Nachbargrundstück des Beigeladenen) zurückgewiesen wurde, ist unbegründet.

T:\Entscheidungen\Original\Senat02\2_B_344_13_Beschluss_20131002.docZur Begründung seiner Beschwerde hat der Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen: Auf die Verfügung des Antragsgegners vom 22.6.2007 habe er einen Bauantrag für das im hinteren Bereich grenzständig stehende Gebäude vorgelegt. Auf eine Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für das Gebäude sei seinerzeit verzichtet worden. Der Verfügung des Antragsgegners vom 29.6.2010, innerhalb von vier Wochen einen Standsicherheitsnachweis vorzulegen, sei er nachgekommen. Dieser Nachweis sei auch akzeptiert worden. Er habe daher davon ausgehen dürfen, dass die Vorlage weiterer Unterlagen nicht erforderlich sei. Die Situation bezüglich der Standsicherheit und der brandschutztechnischen Lage sei dem Antragsgegner im Übrigen spätestens seit 2004, als die Scheune auf dem Nachbargrundstück eingestürzt sei, bekannt. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügungen vom 8.11.2012 bestehe daher nicht. Ihm sei in jedem Fall Bestandsschutz zuzubilligen, so dass nachträgliche Anforderungen nur unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 3 LBO gestellt werden könnten. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Besondere Gefahren für Leben und Gesundheit bestünden vorliegend nicht. Dies werde in der Bescheidbegründung nicht einmal behauptet. Die Verfügung des Antragstellers stütze sich allein auf das Schreiben des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012, in dem dieser lediglich pauschal behaupte, der vorliegende statische Nachweis sei unzutreffend und falsch. Daraus ergebe sich indes nicht, dass die Standsicherheit nicht gegeben sei, da sie nicht nachgewiesen sei. Dass das Anwesen standsicher sei, zeige sich bereits daran, dass es bei dem Scheuneneinsturz auf dem Grundstück des Beigeladenen unversehrt geblieben sei. Antragsgegner und Feuerwehr hätten im Jahr 2004 beide Gebäude auf Gefahren hin untersucht. Außerdem habe der Antragsgegner 2010 lediglich die Vorlage eines Standsicherheitsnachweises die Giebelwand betreffend gefordert. Ein statischer Nachweis für das gesamte Haus habe gerade nicht in Rede gestanden. Der Beigeladene selbst habe mit Schreiben vom 2.7.2004 einen einwandfreien Zustand der Giebelwand bestätigt. Mit der angefochtenen Verfügung sei auch erstmals ein Brandschutznachweis verlangt worden. Die brandschutztechnische Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. sei indes erstellt worden, ohne dass dieser das Grundstück des Antragstellers oder dessen Haus betreten hätte. Es sei zweifelhaft, dass der Sachverständige die Giebelwand von außen habe beurteilen können, da zum damaligen Zeitpunkt die Giebelwand des Beigeladenen bereits fertiggestellt gewesen sei, wobei der Zwischenraum seinerzeit noch mit brennbaren Hartschaumplatten und Bitumenbahnen gefüllt gewesen sei. Diese habe der Beigeladene erst entfernt, nachdem er den Antragsgegner hiervon am 27.8.2013 (gemeint offensichtlich: 2012) unterrichtet gehabt habe. Erst danach habe der Beigeladene die Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. erstellen lassen. Auch vor Errichtung der Giebelwand des Beigeladenen habe die Giebelwand des Antragstellers nicht in Augenschein genommen werden können, da dem Beigeladenen insoweit gerichtlich aufgegeben worden sei, als Feuchtigkeitsschutz eine Folie anzubringen. Bei der unvollständigen Entfernung dieser Folie und mehreren vorangegangenen Reparaturen von Folie und Lattung sei es im Übrigen zur Beschädigung des Bauwerks des Antragstellers gekommen. Auch die Stellungnahme des Sachverständigen S. bescheinige gerade nicht, dass unmittelbare Gefahren für Leib oder Leben bestünden. Verwunderlich sei, dass der Sachverständige S. zu den von Antragstellerseite monierten brennbaren Materialien im Zwischenraum beider Häuser im Zuge eines Widerspruchsverfahrens – 138/2012 - noch geäußert habe, dass „von der Dämmung keine Brandauswirkungen zu befürchten seien; die Gebäude seien durch die beiderseits der Dämmung vorhandenen Brandschutzwände vor Brand geschützt“. Das Vorgehen des Beigeladenen ziele offenkundig nur darauf ab, ihn, den Antragsteller, zu schädigen. Gänzlich unberücksichtigt sei die vorgelegte Wertung des beauftragten Sachverständigen geblieben, dass keinerlei Gefahren für Leib oder Leben bestünden oder bestanden hätten. Der Antragsgegner versuche, im Wege eines Gefahrerforschungseingriffs durch ihn klären zu lassen, ob bzw. inwieweit überhaupt eine Gefahr vorliege bzw. welchen Umfang diese haben könnte. Ob Maßnahmen, die einen Gefahrenverdacht erhärten oder beseitigen könnten, dem Gebäudeeigentümer auferlegt werden könnten, sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Der Antragsgegner dürfe die Sachverhaltsermittlung nicht auf den Eigentümer abwälzen, indem er durch Ordnungsverfügung ein Sachverständigengutachten verlange, durch das ggf. gefährliche Brandschutzmängel festgestellt und Lösungsvorschläge gemacht werden sollten. Mit der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller eine von Dipl.-Ing. H. erstellte statische Berechnung vom 12.4.2013 vorgelegt.

Die Beschwerdebegründung, die den Umfang der Prüfung durch den Senat bestimmt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht die begehrte Aussetzungsentscheidung unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8.11.2012 wird voraussichtlich keinen Erfolg haben, da sich die Anordnung der Vorlage der beiden bautechnischen Nachweise (Standsicherheitsnachweis, brandschutztechnisches Gutachten) nach den vorliegenden Erkenntnissen als rechtmäßig darstellt. Auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung kann vorab Bezug genommen werden.

Was die angefochtene Anordnung der Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für das rückwärtige Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers anlangt, ist vorab festzustellen, dass sein Rechtschutzinteresse für den insofern gestellten Aussetzungsantrag nicht dadurch entfallen ist, dass er mit Schriftsatz vom 19.6.2013 die statische Berechnung des Dipl.-Ing. H. vom 12.4.2013 vorlegte. Denn dadurch hat er aus Sicht des Antragsgegners offensichtlich der Vorlageanordnung noch nicht genügt. Zwar hat der Antragsgegner auf die Vorlage des Nachweises unter dem 19.7.2013 zunächst mitgeteilt, dass der Antragsteller „Nr. 1 der Verfügung vom 8. November 2012 nachgekommen“ sei. Da der Antragsgegner jedoch nach Vorlage der Stellungnahme von Dipl.-Ing. S. vom 23.7.2013 durch den Beigeladenen mit Schreiben vom 19.8.2013 Zweifel an der Korrektheit der vom Antragsteller vorgelegten Statik äußerte und Letzteren deshalb um fachtechnische Stellungnahme seines Statikers zu einzelnen Punkten bzw. eventuelle Ergänzung seiner statischen Berechnung bis zum 3.9.2013 bat - über deren Eingang dem Senat nichts mitgeteilt wurde -, ist davon auszugehen, dass die Behörde in der Vorlage der statischen Berechnung des Dipl.-Ing. H. nicht - mehr - die Erfüllung ihrer Anordnung betreffend den Standsicherheitsnachweis sieht und der Antragsteller, wenn er dieser „Bitte“ um Stellungnahme nicht nachkommt, ggf. mit Zwangsmitteln zu rechnen hätte. Von einer Erledigung der Anordnung kann daher nicht ausgegangen werden.

Die Verfügung des Antragsgegners ist zutreffend auf § 57 Abs. 2 LBO gestützt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann insofern nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Gebäude um eine bestandsgeschützte bauliche Anlage im Sinne des § 57 Abs. 3 LBO handelt. Abgesehen davon, dass der Antragsteller bislang keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass dieses Gebäude legal errichtet wurde – die vorgelegte Baugenehmigung vom 3.12.1957 betrifft lediglich den „Neubau eines Lagerraumes“, nicht aber das damals bereits vorhandene und in der Planzeichnung eingezeichnete rückwärtige Gebäude mit einer Lager/Wohnung-Nutzung -, wäre auch ein bestehender Bestandsschutz durch die aus den vorliegenden Fotos ersichtlichen ungenehmigten tiefgreifenden baulichen Änderungen, insbesondere die die Statik des Hauses berührenden Eingriffe, sowie die Nutzungsänderung im zuvor zu Lagerzwecken genutzten Erdgeschoss (nunmehr ebenfalls Wohnung) entfallen. Der Vortrag des Antragstellers in der Beschwerdebegründung, wonach eine “Vorlage und Genehmigung des durch den Antragsteller gestellten Bauantrags…“ (S. 7) erfolgt bzw. eine „Baugenehmigung 2005“ erteilt worden sei (S. 8), ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar.

Nach § 57 Abs. 2 LBO haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Änderung und der Nutzungsänderung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Auf dieser Grundlage können sie auch, soweit keine speziellere Vorschrift – etwa § 67 LBO oder § 82 Abs. 3 LBO – eingreift, die Vorlage einzelner bautechnischer Nachweise verlangen, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, ob eine Baumaßnahme im Einklang mit öffentlichem Recht steht. Insbesondere hat die Untere Bauaufsichtsbehörde auf substantiierte Einwände eines Nachbarn hin entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenbeschreibung auch der Frage der Einhaltung nachbarschützender und bei der Ausführung von Vorhaben nach § 60 Abs. 2 LBO unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt zu beachtender materiellrechtlicher Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nachzugehen.(vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 3.1.2008 – 2 A 182/07 -, BauR 2008, 805) Allein die Tatsache, dass der Antragsteller vorliegend umfangreiche in die Statik des Hauses eingreifende ungenehmigte Baumaßnahmen (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 10 b LBO) durchgeführt hat, rechtfertigt die Anordnung des Antragsgegners, zur Klärung des Sachverhaltes einen Standsicherheitsnachweis für das Haus vorzulegen. Dass diese Baumaßnahmen wohl bereits vor längerer Zeit – der Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes ist den Akten nicht zu entnehmen – abgeschlossen wurden, steht dem nicht entgegen, da eine mangelnde Standsicherheit eine “Dauergefahr“ für die Bewohner und gegebenenfalls auch die Nachbarn darstellte und eine mögliche Erwartung des Antragstellers, für sein umgebautes Gebäude keinen Standsicherheitsnachweis mehr führen zu müssen, nicht schutzwürdig wäre.

Zunächst ist offensichtlich, dass die Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes nicht bereits dadurch nachgewiesen ist, dass es durch den 2004 erfolgten Einsturz der Scheune des Beigeladenen nicht beschädigt wurde, denn daraus lassen sich keine zuverlässigen Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen. Gegen die Erforderlichkeit der Verfügung des Antragsgegners kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg einwenden, dass er bereits 2007 „Bauunterlagen“ vorgelegt habe, denn bei diesen handelte es sich lediglich um die vorerwähnte, das streitgegenständliche Gebäude nicht betreffende Baugenehmigung für den Neubau eines Lagerraumes aus dem Jahr 1957.

Der Erforderlichkeit der Anordnung steht ferner nicht entgegen, dass der Antragsteller auf die Verfügung des Antragsgegners vom 18.3.2010 bereits den „Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ - aufgestellt von Dipl.-Ing. H. - vom 6.10.2010 vorgelegt hatte. Dieser Nachweis ist unstreitig auf der unzutreffenden Grundlage eines eingeschossigen – tatsächlich aber zweigeschossigen – Gebäudes erstellt und zwischenzeitlich auch zurückgezogen worden. Im Übrigen kann der Antragsteller auch aus dieser Verfügung selbst, einen Standsicherheitsnachweis – nur - für die „Grenzwand zu Flurstück Nr. 114“ des rückwärtigen Wohngebäudes vorzulegen, nicht herleiten, dass die streitgegenständliche Anordnung, mit der nunmehr eine Statik für das gesamte rückwärtige Haus gefordert wird, unverhältnismäßig sei. Dies ergibt sich schon daraus, dass die erstgenannte Verfügung des Antragsgegners ausdrücklich auf seiner anlässlich einer Ortseinsicht auf dem Nachbargrundstück am 4.7.2010 getroffenen Feststellung, dass diese Grenzwand „neueren Datums“ sei, da sie aus Porotonsteinen gemauert sei, beruhte, während die ihm von dem Beigeladenen unter dem 26.10.2012 vorgelegte Bewertung des Dipl.-Ing. S. die – begründet angezweifelte - Standsicherheit des gesamten Gebäudes betrifft und daher aus Sicht des Antragsgegners eine Klärung durch einen – gegenüber der vorherigen Verfügung weitergehenden - Nachweis erforderlich machte. Hiergegen ist entgegen der Meinung des Antragstellers, der - zu Unrecht - anzunehmen scheint, dass das Gutachten des Dipl.-Ing. S. eine fehlende Standsicherheit des Gebäudes nachweisen müsste, um der Behörde Veranlassung zur Anforderung eines Standsicherheitsnachweises zu geben, nichts einzuwenden.

Soweit der Antragsgegner ausweislich seines Schreibens vom 19.8.2013 seine Anordnung aufrecht erhält, obwohl der Antragsteller nunmehr im Beschwerdeverfahren mit der statischen Berechnung des Dipl.-Ing. H. vom 23.7.2013 einen bautechnischen Nachweis eines für die Richtigkeit haftenden Bauvorlageberechtigten vorgelegt hat, der im Rahmen eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach § 64 Abs. 2 LBO nach der Bauvorlagenverordnung zwar zu erbringen wäre, aber nicht zum behördlichen Prüfungsprogramm gehörte und daher der Erteilung einer Baugenehmigung nicht entgegenstehen könnte, ist dies vorliegend zumindest vertretbar. Auszugehen ist davon, dass jede bauliche Anlage nach § 13 LBO im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein muss und der Antragsgegner die Einhaltung dieser Vorschrift sicherzustellen hat. Mit Blick hierauf hatte der Antragsgegner, dem der Antragsteller keine Unterlagen über seine weit reichenden Umbaumaßnahmen zur Verfügung gestellt hatte, - wie ausgeführt - bereits mit Verfügung vom 18.3.2010 einen Standsicherheitsnachweis für die auf der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Beigeladenen befindliche Giebelwand gefordert und vom Antragsteller den „Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ der C. – aufgestellt von Dipl.-Ing. H. – erhalten. Dass dieser Standsicherheitsnachweis fehlerhaft war, ergab sich aus der dem Antragsgegner vom Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012. Darin wurden zudem Zweifel an der Standsicherheit des Gebäudes dargelegt. Da der Beigeladene unter Berufung auf diese Stellungnahme – sowie eine brandschutztechnische Stellungnahme - ein bauaufsichtliches Einschreiten wegen ihm – sowie den Mietern des Antragstellers - drohender Gefahren forderte, erließ der Antragsgegner ausweislich seines Schriftsatzes vom 19.12.2012 die streitgegenständliche Verfügung zur Klärung der Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes – und des Brandschutzes bezogen auf die Giebelwand -, um nach Abschluss der „Untersuchungen“ erforderlichenfalls „in einem zweiten Schritt“ Sicherungsanordnungen anzuschließen. Gegen die Richtigkeit des daraufhin vorgelegten Standsicherheitsnachweises, den wiederum Dipl.-Ing. H. unter dem 12.4.2013 erstellt hat, hat der vom Beigeladenen beauftragte Dipl.-Ing. S. unter dem 23.7.2013 erneut Einwände erhoben, die dem Antragsgegner Anlass zu „Zweifel an der Korrektheit der Statik“ gaben. Zu diesen Einwänden hat sich der Antragsteller trotz Aufforderung durch den Antragsgegner unter Fristsetzung bis zum 3.9.2013 offensichtlich nicht geäußert; auch eine Äußerung im vorliegenden Verfahren ist nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund sind die Zweifel des Antragsgegners hinsichtlich der Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes nachvollziehbar und ist er berechtigt, jedenfalls auf der geforderten Stellungnahme zu den von Dipl.-Ing. S. geäußerten Bedenken zu bestehen, um über die Frage eines Einschreitens entscheiden zu können.

Auch die weitere, ebenfalls zutreffend auf § 57 Abs. 2 LBO gestützte Anordnung des Antragsgegners vom 8.11.2012, ein brandschutztechnisches Gutachten eines zugelassenen Brandschutzsachverständigen über die grenzständige Gebäudeabschlusswand des rückwärtigen Wohnhauses des Antragstellers zum Nachbargrundstück des Beigeladenen vorzulegen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn aus der vom Beigeladenen - mit der Bitte um bauaufsichtliches Einschreiten - vorgelegten brandschutztechnischen Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 20.12.2012 ergeben sich ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die aus Porotonsteinen gemauerte Giebelwand des Antragstellers nicht im Einklang mit §§ 15 und 30 LBO steht. Nach § 15 LBO sind bauliche Anlagen unter anderem so zu errichten und zu ändern, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird. Eine Brandwand, die als Gebäudeabschlusswand erforderlich ist, wenn diese Abschlusswand an der Grundstücksgrenze errichtet wird, muss die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Gebäudeabschnitte ausreichend lang verhindern (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 LBO) und den Anforderungen der Nr. 4 der im Anhang zur LBO enthaltenen Übersicht entsprechen (§ 30 Abs. 1 2. HS. LBO). In der vorgenannten brandschutztechnischen Stellungnahme werden zahlreiche Brandschutzmängel der Gebäudeabschlusswand des rückwärtigen Gebäudes des Antragstellers aufgelistet und mit Fotos belegt; zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass wegen des Zustandes der Gebäudeabschlusswand eine Brandausbreitung auf andere Gebäude und damit im Speziellen auf das Gebäude des Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden könne. Der dort geschilderte mangelhafte Zustand der Grenzwand ist auch aus von 2010 datierenden, in den Akten befindlichen Fotos (Bl. 30 ff. Verwaltungsunterlagen 190-2007-02, 350-2010-07) zu ersehen; außerdem wird in einem vom Beigeladenen 2010 vorgelegten Schreiben eines Bauunternehmens mit Blick auf anstehende Bauarbeiten bei dem Beigeladenen davor gewarnt, dass sich diese Wand „in einem mangelhaften Zustand“ befinde und „großteils nur mangelhaft vermörtelt“ sei. Dem kann der Antragsteller zunächst nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass seine Giebelwand ausweislich seines von keinem der angegebenen Teilnehmer unterschriebenen „Protokolls vom 3.6.2004“ (Bl. 294 Gerichtsakte) bei der „Objektbegehung“ vor dem anstehenden Abriss der Scheune des Beigeladenen keine Mängel (Risse, Flecken, Schimmel und sonstige Schäden) aufgewiesen habe und Mängel auch bei der Überprüfung der Grenzwand auf eventuelle durch den Einsturz der Scheune des Beigeladenen entstandene Schäden (vgl. Schreiben der Frau G. vom 2.7.2004, Bl. 293 Gerichtsakte) keine Erwähnung gefunden hätten, denn die mangelhafte Ausführung von Bauarbeiten war in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht Gegenstand der Begutachtung. Nicht nachvollziehbar ist ferner die Rüge des Antragstellers, dass eine Begehung seines Grundstücks bzw. seines Hauses für die von dem Brandschutzsachverständigen getroffenen Feststellungen nicht erfolgt sei, angesichts der Tatsache, dass diese gerade die Außenseite der grenzständigen Gebäudeabschlusswand betreffen und im Übrigen – wie bereits dargelegt – dokumentiert sind. Gegen die Richtigkeit der brandschutztechnischen Stellungnahme lässt sich jedenfalls ohne die Angabe näherer Einzelheiten zu dem Hintergrund auch nicht anführen, dass der Dipl.-Ing. S. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens (138/2012) die Auffassung vertreten habe, dass die beiden Gebäude (des Antragstellers und des Beigeladenen) durch die beiderseits der Dämmung vorhandenen Brandschutzwände vor Brand geschützt seien, zumal dieser die Funktionsfähigkeit der Grenzwand des Antragstellers als Brandschutzwand offenkundig nicht zu bewerten hatte. Dafür, dass die nachvollziehbaren Zweifel des Antragsgegners daran, dass die Gebäudeabschlusswand des Antragstellers den Anforderungen der Brandschutzvorschriften genügt, begründet sind, spricht im Übrigen mit Gewicht, dass dieser den brandschutzrechtlichen Einwänden des Sachverständigen in der Sache nicht entgegengetreten ist und insbesondere in der Folge nicht dargelegt hat, dass die Grenzwand zu einem späteren Zeitpunkt in einen dem Brandschutz genügenden Zustand versetzt worden sei.

Die Verfügung des Antragsgegners ist entgegen der Meinung des Antragstellers auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie den „Hinweis“ enthält, dass in das Brandschutzgutachten Lösungsvorschläge einzuarbeiten seien, wenn es zu dem Ergebnis komme, dass die Gebäudeabschlusswand den Bestimmungen des § 30 LBO nicht genüge. Der Antragsteller verkennt insofern, dass es sich hierbei nicht um ein „Abwälzen der Sachverhaltsermittlung“ auf den Eigentümer handelt, sondern dass es in der Verantwortung des Bauherrn steht, im Falle von unzureichendem Brandschutz Lösungsmöglichkeiten zu finden und – zur Vermeidung eines bauaufsichtlichen Eingreifens etwa durch Erlass eines Nutzungsverbots - materiell-rechtlich zulässige bauliche Zustände herzustellen.

Was schließlich den Einwand des Antragstellers, die Sache sei nicht eilbedürftig, anlangt, ist festzustellen, dass angesichts der Gefahren, die bei Gebäuden sowohl von mangelnder Standsicherheit als auch von unzureichendem Brandschutz ausgehen können, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der nach allem nicht zu beanstandenden, nur auf Vorlage entsprechender Standsicherheits- bzw. Brandschutznachweise gerichteten Verfügung des Antragsgegners im öffentlichen Interesse zweifellos gerechtfertigt ist.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen; einer Kostenentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen, der keinen Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist, war nicht angezeigt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Antragsgegners durch Bescheid vom 18.06.2014, das Gebäude auf dem Grundstück C-Straße in C-Stadt abzubrechen. In dieser Anordnung werden dem Antragsteller zur Sicherstellung der ausreichenden Standsicherheit des vorhandenen Giebels zum benachbarten Wohnhaus des Beigeladenen mehrere Vorgaben gemacht.

2

Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 14.01.2015 den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen ergäben, dass die Gefahr des Einsturzes bzw. Teileinsturzes des Gebäudes bestehe. Es sei eine akute Gefährdung der Standsicherheit offensichtlich gegeben. Der Abbruch des Gebäudes könne ohne Gefährdung der Standsicherheit der Giebelwand des Nachbargebäudes nur unter Einhaltung des dem Antragsteller dargelegten Abrisskonzepts erfolgen. Dies folge ebenfalls aus den vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen. Eine Sicherung des Gebäudes des Beigeladenen durch Einbauen von Giebelankern stelle kein milderes Mittel dar. Ein solches, zudem aufwändiges Nachrüsten könne dem Beigeladenen nicht angesonnen werden. Auch von einer möglichen Sanierung des Hauses des Antragstellers als milderes Mittel könne nicht ausgegangen werden. Seine diesbezüglichen Angaben seien bereits zu vage. Zudem müsse die Sanierung des Gebäudes kurzfristig dazu führen, dass die Standsicherheit des Gebäudes wiederhergestellt werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei angesichts der von dem Gebäude ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Dass bislang Außenstehende wie Passanten oder spielende Kinder auf Grund der bereits vorliegenden massiven Schäden am Gebäude nicht verletzt worden seien, möge Glück oder Zufall gewesen sein. Das Gleiche gelte für die Gefährdung des Wohnhauses des Beigeladenen.

3

Gegen diesen, ihm am 16.01.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 30.01.2015 Beschwerde erhoben, die er am 13.02.2015 begründet hat.

II.

4

Die Beschwerde ist nach Maßgabe des allein zu prüfenden Vorbringens in der Beschwerdeschrift (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) unbegründet.

5

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich rechtmäßig ist. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt kein anderes Ergebnis.

6

1. Bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen einer Anordnung zum Abbruch eines Gebäudes aus Gründen der fehlenden Standsicherheit ist von folgenden Grund-sätzen auszugehen:

7

Die zur Gefahrenabwehr bei baulichen Anlagen in § 58 Abs. 1 S. 2 LBauO MV enthaltene Generalklausel ermächtigt dazu, aus Sicherheitsgründen den ganzen oder teilweisen Abbruch anzuordnen (vgl. VGH München, U. v. 29.09.1986 - 14 B 85 A.707. BayVBl 1987, 597).

8

§ 12 Abs.1 LBauO MV schreibt vor, dass jede bauliche Anlage im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen für sich allein standsicher sein muss. Nach § 10 Bauvorlagenverordnung MV sind für den Nachweis der Standsicherheit tragender Bauteile eine Darstellung des gesamten statischen Systems sowie die erforderlichen Konstruktionszeichnungen, Berechnungen und Beschreibungen vorzulegen; die statischen Berechnungen müssen die Standsicherheit der baulichen Anlagen und ihrer Teile nachweisen. Danach geht das Gesetz zunächst für das Verfahren vor Errichtung einer baulichen Anlage davon aus, dass eine Beweislastverteilung dahingehend besteht, dass nicht die Bauaufsichtsbehörde dem Bauherrn bzw. dem Grundstückseigentümer beweisen muss, dass eine bauliche Anlage nicht mehr standsicher ist, sondern dass der jeweilige Bauherr bzw. Grund-stückseigentümer zu beweisen hat, dass seine bauliche Anlage standsicher ist. Dies gilt auch für den weiteren Bestand einer baulichen Anlage: der Verantwortliche hat dann, wenn hieran begründete Zweifel hieran bestehen, nachzuweisen, dass sie noch dauerhaft standsicher ist (vgl. VG Ansbach, U. v. 16.09.2011 - AN 18 S 11.01254, juris; siehe auch OVG Greifswald, B. v. 09.07.2010 - 3 M 128/10, NordÖR 2010, 494). Dieser Grundsatz gilt jedenfalls, wenn – wie hier – der Bestandsschutz des Gebäudes entfallen ist, weil ein baufälliges Gebäude eine funktionsentsprechende Nutzung nicht mehr zulässt (vgl. OVG Münster, U. v. 03.02.1994 - 10 A 1149/91, BRS 56 Nr. 261).

9

Es liegen im vorliegenden Fall gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die geforderte dauerhafte Standsicherheit der baulichen Anlage nicht mehr gewährleistet ist. Mit seinen bisherigen Bemühungen hat der Antragsteller seiner ihm obliegenden Beweislast für den Nachweis der dauerhaften Standsicherheit nicht genüge getan.

10

Diese Anhaltspunkte ergeben sich aus den bereits vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss S. 3, 4 genannten Stellungnahmen des Ingenieurbüros für Tragwerksplanung und Bauphysik Platen vom 01.02.2013 und 12.05.2014. Schon aus den beigefügten Fotos wird der desolate Zustand des Gebäudes ersichtlich. Die Ausführungen in der gutachtlichen Stellungnahme vom 01.02.2013 ziehen den Schluss, die vorgefundenen Schäden hätten beim weiteren Fortschreiten den Einsturz tragender Gebäudeteile zur Folge. Hierdurch werde im weiteren Verlauf die Standsicherheit der Giebelwand gefährdet und somit auch die Standsicherheit der Giebelwand des angrenzenden Wohnhauses des Beigeladenen einer Gefährdung ausgesetzt. Die zweite Stellungnahme vom 12.05.2014 enthält weitere Fotos über den Zustand des Gebäudes des Antragstellers. Hier wird eine Modifizierung der Vorgaben des Abbruches zum Schutze des benachbarten Gebäudes des Beigeladenen dargelegt. Die Stellungnahme vom 19.11.2014 schließlich legt im Einzelnen dar, dass eine Gefahr des Einsturzes bzw. Teileinsturzes des Gebäudes besteht, was aus den augenscheinlichen Schäden am Gebäude geschlussfolgert wird.

11

Diesen Schlussfolgerungen tritt der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift nicht substantiiert entgegen. Er setzt sich vielmehr von vornherein mit der Frage auseinander, ob das Abrisskonzept zu Gunsten des Beigeladenen durchgeführt werden kann und führt außerdem aus, es verstoße gegen Art. 14 des Grundgesetzes, dass ihm eine Sanierung „verboten“ werde.

12

Somit liegt nach den objektiven Gegebenheiten ein sicherheitsgefährdender Zustand vor, weil der Antragsteller den Nachweis für die dauerhafte Standsicherheit des Gebäudes nicht führen kann. Dieser sicherheitsgefährdende Zustand bringt eine erhebliche Gefahr mit sich. Ein nicht auszuschließender Schadenseintritt führt zu einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit Dritter.

13

Unter diesen Umständen ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 S. 2 LBauO MV bestehen.

14

2. Es entsprach demnach pflichtgemäßer Ermessensausübung im Sinne von § 40 VwVfG MV, wenn der Antragsgegner die angefochtene Anordnung erlassen hat. Insoweit liegt wegen der besonderen Bedeutung der Sicherheit einer baulichen Anlage ein intendiertes Ermessen vor, d.h. grundsätzlich hat die zuständige Behörde einzuschreiten.

15

In diesem Zusammenhang macht der Antragsteller in der Beschwerdeschrift geltend, ihm müsse die Möglichkeit der Sanierung des Gebäudes gegeben werden. Nach der sachverständigen Beurteilung der Ingenieure Platen insbesondere ihrer Stellungnahme vom 19.11.2014 wird hierzu ausgeführt, eine Sanierung des Gebäudes wie vorgeschlagen sei prinzipiell möglich. Dies setze jedoch voraus, dass die Standsicherheit des Gebäudes kurzfristig wieder hergestellt werde. Dazu seien umfangreiche Abfangungen und Aussteifungen des Gebäudes notwendig, die sofort erfolgen müssten. Dass der Antragsteller derartige Maßnahmen kurzfristig durchführen wird und sie auch zu der geforderten Standfestigkeit des Gebäudes führen könnten, ist nicht ersichtlich. Es wäre Sache des Antragstellers durch entsprechende Planungen, die statisch durch den Antragsgegner überprüfbar sind, darzulegen, dass die Standsicherheit dadurch wieder hergestellt werden kann. Insoweit wird auf die Ausführungen des Gerichts in der Aufklärungsverfügung vom 29.05.2015 verwiesen.

16

3. Für die Frage der Verantwortlichkeit gelten folgende Grundsätze:

17

Die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung der Gewährleistung der Standsicherheit trifft während der eigentlichen Bautätigkeit den Bauherrn und für die Zeit nach der Bauphase nach allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen den Grundstückseigentümer als Zustandsstörer (§ 70 SOG MV). Auch aus § 12 Abs. 1 S. 1 LBauO M-V geht deutlich hervor, dass in erster Linie der Grundeigentümer für die Standsicherheit der Gebäude auf seinem Grundstück verantwortlich ist, und zwar nicht nur hinsichtlich Sicherungsmaßnahmen bei drohender Gefahr, sondern in vollem Umfang dessen, was für einen dauerhaft sicheren Zustand erforderlich ist (OVG Greifswald, B. v. 09.07.2010 - 3 M 128/10, NordÖR 2010, 494; vgl. auch OVG A-Stadt, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 - juris). Für den Abbruch eines Gebäudes gilt Entsprechendes, weil der Abbruch baulicher Anlagen nach § 12 Abs. 1 LBauO M-V zur Bauphase gehört. Damit fällt er in die Verantwortlichkeit des Bauherrn. Bauherr ist auch derjenige, der ein Gebäude abbricht bzw. abzubrechen hat. § 12 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V bestimmt darüber hinaus, dass die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen nicht gefährdet werden darf. Daher ist der Bauherr auch beim Abbruch eines Gebäudes auf seinem Grundstück zugleich für die Einhaltung der Standsicherheitsregeln in Bezug auf das Gebäude des Nachbarn verantwortlich.

18

4. Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, die zum Schutz des Nachbarn angeordneten Maßgaben des Abbruchs seien nicht ermessensgerecht.

19

Die oben dargelegte Verantwortlichkeit beinhaltet, dass der Antragsteller grundsätzlich dafür Sorge zu tragen hat, dass von seinem Gebäude keine Gefahren für ein Nachbargebäude ausgehen. Sofern – wie die summarische Überprüfung ergibt - der Antragsteller verpflichtet ist, sein Gebäude zu beseitigen, ist somit selbstverständlich die Pflicht verbunden, dies so durchzuführen, dass das Nachbargebäude nicht zu Schaden kommt.

20

Der Beschwerdeführer trägt vor, eine konstruktive Abhängigkeit der beiden Gebäude liege gar nicht vor; es handele sich vielmehr nach der Baugeschichte um zwei selbständige Gebäude, so dass ein Abbruch die Standsicherheit des Nachbargebäudes nicht gefährde. Dies folge daraus, dass das Nachbargebäude 1913 vollständig neu errichtet worden sei, während sein Gebäude erst zwei Jahre später nach einem Brand neu gebaut worden sei. Der Beigeladene hat darauf erwidert, dass auch das Nachbargebäude von dem Brand betroffen gewesen sei, und ein Schreiben der Versicherung vom 08.10.1915 vorgelegt (GA 336); im Übrigen laute das Datum der Baugenehmigung für das Nachbargebäude (GA 338) „23. August 1915“ und nicht „23. August 1913“. Letzteres erscheint plausibel, weil die „3“ in der „23“ anders geschrieben ist; zusätzlich spricht die Bezeichnung des genehmigten Vorhabens als „Wiederaufbau“ für den Vortrag des Beigeladenen. Im Übrigen hat der Antragsteller auf diesen Vortrag des Beigeladenen nicht konkret entgegnet. Der Senat geht daher davon aus, dass die fehlende konstruktive Abhängigkeit der Gebäude mit dem Beschwerdevorbringen nicht hinreichend dargelegt ist.

21

Auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das Haus des Beigeladenen sei mangels Giebelankern ‎fehlerhaft errichtet worden, ergibt sich nicht, dass der Antragsteller nicht verpflichtet ist, den Abbruch so durchzuführen, dass das Gebäude des Beigeladenen nicht zu Schaden kommt. Dies würde allenfalls dessen Zustandshaftung begründen, wenn das Gebäude allein dadurch nicht standsicher wäre. Dafür ist nichts ersichtlich. Erst durch den angeordneten Abbruch des Gebäudes des Antragstellers kommt es ohne die begleitend angeordneten Maßnahmen nach Einschätzung der sachverständigen Stellungnahmen zu einer Einsturzgefahr des Gebäudes des Beigeladenen. Die somit diagnostizierte Gefahr für das Nachbargebäude steht im untrennbaren Zusammenhang mit dem Abbruch des Gebäudes des Antragstellers und ist daher von ihm als dessen Veranlasser zu beseitigen. Damit ist der ‎Antragsteller hinsichtlich der Gefährdung der Giebelwand des Nachbargebäudes durch den Abbruch in jedem Fall als ‎Handlungsstörer anzusehen. ‎

22

Im Rahmen der Interessenabwägung, die der Senat nach § 80 Abs. 5 VwGO anzustellen hat, ist weiter zu berücksichtigen, dass die abschließende Klärung der vom Antragsteller aufgeworfenen Fragen eine derartige Zeit in Anspruch nehmen würde, dass die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenbeseitigung an seinem Gebäude zunächst aufgeschoben werden müssten. Dies erscheint nicht vertretbar. Ohne die zu Gunsten des Beigeladenen angeordneten Maßnahmen würde, wie sich aus den sachverständigen Stellungnahmen ergibt, bei dem Abbruch eine Gefahr für das Gebäude des Beigeladenen entstehen (vgl. zu diesen Zusammenhängen VG Aachen, B. v. 06.06.2005 – 3 L 306/05, juris). Ob die Maßnahmen auf Dauer angeordnet werden können, oder ob es nicht Sache des Beigeladenen ist, etwaige konstruktive Mängel auf Dauer an seinem Gebäude selbst zu beseitigen, um den vollständigen Abbruch des Gebäudes des Antragstellers zu ermöglichen (vgl. hierzu VG Koblenz, U. v. 01.07.2010 – 7 K 352/10.KO, juris), kann dahinstehen. Die dringliche Beseitigung der Gefahrenlage, in der sich das Gebäude des Antragstellers befindet, erfordert zunächst den Abbruch mit den angeordneten Maßnahmen zu Gunsten des Beigeladenen.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 III VwGO.

24

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 3 GKG; sie legt die Kosten der aufgegebenen Maßnahmen zu Grunde und setzt hiervon ein Viertel an.

25

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.05.2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und das erstinstanzliche Verfahren wird auf jeweils 10.000,00 Euro festgesetzt; insoweit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.05.2010 geändert.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine baurechtliche Ordnungsverfügung des Antragsgegners, in der ihr aufgegeben wird, die einsturzgefährdete Mauer und Werkswände einschließlich des verbliebenen Schornsteins des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück der Antragstellerin A.straße 18 in B. fachgerecht instandzusetzen. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Diesen anordnenden Bescheid vom 17.03.2010 hat der Antragsgegner für sofortig vollziehbar erklärt und ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro angedroht. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner durch Bescheid vom 26.03.2010 ab. Er setzte hierzu eine Frist bis zum 30.04.2010.

2

Die Antragstellerin macht geltend, es müsste der Eigentümer des Nachbargrundstücks A.straße 22a herangezogen werden, weil durch Abrißmaßnahmen auf diesem Grundstück die Standsicherheit ihrer eigenen baulichen Anlagen beeinträchtigt worden sei.

3

Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Schwerin durch Beschluss vom 14.05.2010 ab. Es führte aus: Der Zustand des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück A.straße 18 verstoße gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern - LBauO M-V -. Darin liege ein Verstoß der Antragstellerin als Eigentümerin gegen ihre Pflichten aus § 52 LBauO M-V, außerdem eine Gefahr im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 2 Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - SOG M-V -. Daher dürfe der Antragsgegner die erforderlichen Maßnahmen der Antragstellerin gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V aufgeben. Die Antragstellerin sei als Instandsetzungspflichtige nach § 3 LBauO M-V und zugleich als Zustandsverantwortliche nach § 70 Abs. 1 SOG M-V in Anspruch zu nehmen. Als Eigentümerin sei sie für den Zustand des Werkstattgebäudes verantwortlich, unabhängig davon, ob sie selbst durch positives Tun oder Unterlassen den Gefahrenzustand herbeigeführt habe. Der Antragsgegner sei auch nicht gehalten, das Vorliegen des in dem zivilrechtlichen Rechtsstreit zwischen der Antragstellerin und dem Nachbarn A.straße 22a vor dem Landgericht Schwerin zum Aktenzeichen 4 O 222/09 in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens abzuwarten. Angesichts dieses Gutachtens bestehe auch nicht die Gefahr, dass mit Umsetzung der ihr auferlegten Maßnahmen spätere zivilrechtliche Rechtsnachteile entstehen könnten.

4

Gegen diesen ihr am 17.05.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am gleichen Tage Beschwerde eingelegt, die sie am 14.06.2010 begründet hat.

II.

5

Die Beschwerde ist nach Maßgabe des allein zu prüfenden Vorbringens in der Beschwerdeschrift (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zulässig, aber unbegründet.

6

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich rechtmäßig ist. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

7

Es kann dahinstehen, ob für die Abrissmaßnahmen auf dem Nachbargrundstück A.straße 22a in Jahre 2003 eine Baugenehmigung erforderlich war und sie erteilt worden ist. An der grundsätzlichen Verantwortlichkeit der Antragstellerin als der Eigentümerin des Gebäudes A.straße 18 für dessen Standsicherheit ändert dies nichts. Gegenstand einer Baugenehmigung zum Abriss einer baulichen Anlage ist nicht die Ermöglichung einer Beeinträchtigung des Eigentums von Nachbarn. Es kann dahinstehen, ob überhaupt § 12 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V im Zusammenhang mit einem Abrissvorhaben durch die Bauaufsichtsbehörde zu prüfen ist. Wenn diese Frage zum Prüfprogramm gehört bzw. gehörte, könnte einem Anspruch auf die Erteilung einer Abbruchgenehmigung nach § 72 Abs. 1 LBauO M-V entgegenstehen, dass nach Beendigung des Abbruchs ein Zustand eintritt, der die Standsicherheit von Nachbargebäuden - insbesondere wenn sie bewohnt sind - gefährdet. Die Baugenehmigungsbehörde hätte sicherzustellen, dass derartige Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch eine von ihr erteilte Abbruchgenehmigung nicht eintreten (§§ 3 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V). Die Baugenehmigungsbehörde kann derartige Gefahren für die öffentliche Sicherheit in aller Regel durch die Beifügung von Nebenbestimmungen abwehren, etwa durch Nebenbestimmungen, die sicherstellen, dass der Abbruch nach den Regeln der Technik (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V) durchgeführt wird und dass verbleibende Nachbargebäude in ihrer Standsicherheit nicht gefährdet werden. Sie muss nur dann, wenn hinreichende Anzeichen für eine drohende konkrete Gefahr vorliegen, den Sachverhalt zuverlässig aufklären, um über den Antrag auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung sachgerecht entscheiden zu können. Die Intensität dieser Aufklärungspflicht hängt u.a. davon ab, welches Ausmaß begründet zu befürchtende Gefahren bzw. Schäden annehmen könnten und wie gewichtig die auf derartige Gefahren hindeutenden Indizien im Einzelfall sind; soweit es um konkrete Gefahren für Leib oder Leben von Menschen geht, sind an die Aufklärungspflicht der Behörde grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen (vgl. OVG Münster, B. v. 28.01.2005 - 10 B 2827/04 - juris). Aus dem Akteninhalt ist nichts dafür ersichtlich, dass derartige Gefahren für den Antragsgegner zum Zeitpunkt einer Entscheidung über den Abriss erkennbar waren. In einem solchen Fall bleibt es bei dem Grundsatz, dass dann, wenn infolge der Durchführung des Vorhabens Schäden an dem auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäude drohen oder verursacht werden, dies lediglich eine weitere Folge des Bauvorhabens ist, die unabhängig von der Baugenehmigung geregelt und bewältigt werden müsste. Wie welche dem Schutz der Nachbargebäude dienende technische Vorkehrungen verwirklicht werden, ist dann nicht notwendiger Regelungsgehalt der Baugenehmigung, die unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird (§ 72 Abs. 5 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) vom 18.04.2006 (GVOBl. M-V S. 102) i.d.F. des Gesetzes vom 17.12.2009 (GVOBl. M-V S. 729) LBauO M-V; ebenso § 72 Abs. 4 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468, ber. S. 612), zul. geänd. durch Gesetz vom 16.12.2003 (GVOBl. M-V S. 690) (LBauO M-V a. F.)). Der generell gegebenen Notwendigkeit, bei einen Abriss dafür zu sorgen, dass der Baugrund für nahestehende Bauwerke der Nachbarn stabil gehalten wird (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V und LBauO M-V a.F.) hat der Bauherr - auch ohne besondere Auflagen - im Rahmen der von ihm zu beachtenden allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik Rechnung zu tragen (§ 3 Abs. 1 und 4 LBauO M-V und LBauO M-V a.F.) (vgl. VGH München, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris). Dies alles gilt erst recht für den Abriss eines Gebäudes, für den keine Genehmigungspflicht, sondern eine Anzeigepflicht besteht (so § 61 Abs. 3 LBauO M-V) oder der genehmigungsfrei ist (§ 65 Abs. 3 LBauO M-V a.F.) oder für den die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt ist. Damit ist aber nicht die Frage entschieden, ob dann, wenn der Bauherr des Abrissvorhabens diese Pflichten verletzt und dadurch das Nachbargebäude seine Standsicherheit verliert, dieser Nachbar als Eigentümer des standsichergefährdeten Gebäudes in Anspruch genommen werden darf und nicht - auch oder in erster Linie - der - ehemalige - Bauherr des Abbruchvorhabens.

8

In der Sache macht die Antragstellerin, obwohl sie dies nicht ausdrücklich vorträgt, in diesem Zusammenhang eine ermessensfehlerhafte Auswahl des Störers geltend, da ihre Haftung als Zustandsstörerin nicht in Frage steht. Für die Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung kommt es dabei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung an (vgl. VGH Mannheim, B. v. 30.01.1990 - 5 S 1806/89 - NVwZ-RR 1991, 27). Da diese noch nicht ergangen ist, sind die neuen Erkenntnisse, die sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. vom 31.03.2010 ergeben, zu berücksichtigen. Gleichwohl ergibt sich, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn der Antragsgegner eine Heranziehung des Eigentümers des Grundstücks A.str. 22a nicht erwogen hat.

9

Die Heranziehung der Antragstellerin dürfte allerdings nicht schon deswegen gerechtfertigt sein, weil sie neben ihrer Eigenschaft als Zustandsstörerin auch wegen Unterlassens der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V gebotenen Maßnahmen als Handlungsstörerin durch qualifiziertes Unterlassen verantwortlich wäre. Wer die Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands einer Sache unterlässt, die in seinem Eigentum steht, kann - nur - als Zustandsstörer und nicht daneben auch als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden. Dafür spricht, dass das Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) und die daraus resultierenden Pflichten (Art. 14 Abs. 2 GG) allein grundstücksbezogen zu betrachten sind. Deshalb knüpft auch die Haftung gemäß § 70 SOG M-V an den Zustand der Sache und die Sachherrschaft über diese an. Nur aufgrund dieser Zugriffsmöglichkeit auf den Zustand trifft den Eigentümer mithin eine Instandhaltungspflicht gemäß § 12 LBauO M-V (OVG Bautzen, B. v. 09.06.2009 - 1 B 268/09 - LKV 2009, 422). Wenn es zutreffen sollte, dass die Antragstellerin oder deren Rechtsvorgänger bauliche Änderungen an ihren baulichen Anlagen vorgenommen hat, die zur Beeinträchtigung der Standsicherheit geführt haben, käme sie allerdings auch als Handlungsstörerin in Betracht.

10

Wie aus § 12 Abs. 1 S. 1 LBauO M-V deutlich hervorgeht, ist nach dem Gesetz in erster Linie der Grundeigentümer für die Standsicherheit der Gebäude auf seinem Grundstück verantwortlich, und zwar nicht nur hinsichtlich Sicherungsmaßnahmen bei drohender Gefahr, sondern in vollem Umfang dessen, was für einen dauerhaft sicheren Zustand erforderlich ist (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 - juris).

11

Die Frage nach der Inanspruchnahme eines Dritten, der als Handlungsstörer einen gefährlichen Zustand geschaffen hat, stellt sich allenfalls dann, wenn die Verursachung durch den Dritten und damit dessen Verantwortlichkeit hinreichend geklärt ist (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 - juris). Ein Einschreiten gegen den Zustandsstörer ist jedenfalls dann nach allgemeinem Ordnungsrecht nicht ermessensfehlerhaft, wenn unklar ist, ob und in welchem Umfang eine Haftung bestimmter Personen als Verhaltensstörer in Betracht kommt (VGH Mannheim, B. v. 30.01.1990 - .a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme eines Verhaltensstörers, dessen Verantwortlichkeit zweifelhaft ist, ist bei der von der Behörde zu treffenden Auswahlentscheidung auch in den Blick zu nehmen, dass eine etwaige diesbezügliche langwierige prozessuale Auseinandersetzung der Effektivität der Gefahrenabwehr zuwiderlaufen könnte und deshalb in einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig auf den Zustandsstörer zuzugreifen sein dürfte.

12

Erforderlich ist mithin, dass aus der Sicht der Ordnungsbehörde hinreichend sicher ist, dass der Dritte ordnungsrechtlich verantwortlich ist. Dabei ist es nicht Aufgabe des Antragsgegners, die Ursachen des Mauerbruches zu klären und sich dann an den Verursacher zu wenden (OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - a.a.O.).

13

Von einer in diesem Sinne gegebenen Gewissheit könnte der Antragsgegner - und der Senat - erst dann ausgehen, wenn der Sachverhalt im Sinne des Vorbringens der Antragstellerin und der Bewertung des Gutachtens von Prof. Dr. H. geklärt wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Das Landgericht Schwerin hat dieses Gutachten als Obergutachten eingeholt. Wie die Antragstellerin selbst mitteilt, war für den 23.06.2010 ein Termin für die Gutachterbefragung anberaumt. Unter diesen Umständen könnte allenfalls dann von einer für die ordnungsrechtliche Beurteilung eindeutigen Sach- und Rechtslage ausgegangen werden, wenn die Beweiswürdigung, die auch die übrigen Gutachten einzubeziehen hat, eindeutig ergibt, dass die Einschätzung der Antragstellerin zutrifft. Dies wird namentlich einer Auseinandersetzung mit dem Gutachten vom 06.06.2007 bedürfen, das der Antragsgegner seinem Bescheid zu Grunde gelegt hat und das offenbar zu dem Ergebnis kommt, dass die Ursache der Rissbildung nicht in dem Abriss auf dem Grundstück A.straße 22a liegt, sondern in der fehlenden Fundamentierung des Gebäudes des Antragstellerin und in baulichen Veränderungen, die die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgängerin an ihren baulichen Anlagen vorgenommen hat.

14

Ob die Antragstellerin den Nachbarn auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann, wenn ihre Annahmen über die Entstehung der Schäden richtig sind, kann offen bleiben. An ihrer Verantwortung für den Zustand ihres Grundstücks und die Standsicherheit ihres Gebäudes ändert dies nichts (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - a.a.O.).

15

Die Antragstellerin macht zudem zu Unrecht geltend, dass möglicherweise eine weitere Begutachtung erforderlich werden könnte, wenn das Verfahren vor den Zivilgerichten in die Berufung gehe; mit einer Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten würden ihre Ansprüche nicht mehr vollständig geltend gemacht werden können. Zum einen verweist der Antragsgegner soweit zu Recht darauf, dass durch die bereits durchgeführten Beweisaufnahmen hinreichende Grundlagen vorliegen, um den bestehenden Zustand zu erfassen. Zum anderen hat die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift nicht in Frage gestellt, dass die ihr aufgegebenen Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu beseitigen.

16

Ob die ursprünglich gesetzte Frist des 30.04.2010 zur Erfüllung der der Antragstellerin aufgegebenen Maßnahmen in Hinblick auf die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage des Abwartens des Gutachtens von Prof. Dr. H. hinreichend lang bestimmt waren, bedarf keiner Entscheidung. Diese Frist ist zwischenzeitlich abgelaufen, zudem liegt das Gutachten vor. Eine "Fortsetzungsfeststellung" ist dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO fremd. Ob diese Frist Grundlage für eine Festsetzung eines Zwangsmittel sein konnte, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

18

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 3 GKG. Sie geht davon aus, dass die vorläufig aufgegebenen Maßnahmen wesentlich teuerer sind, als vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegt. Dies wird aus der Kostenkalkulation des Gutachtens von Prof. Dr. Haker deutlich.

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 30. Juni 2011 – 4 K 124/11.NW – wird abgelehnt.

Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 21.524,86 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

2

Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht gegeben.

3

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klagen gegen den Bescheid des Beklagten vom 30. November 2009, mit dem den Klägern die Beseitigung der alten Tragwerkskonstruktion im Dachstuhl ihres Anwesens aufgegeben, ein Nutzungs- und ein Betretungsverbot ausgesprochen, die Anbringung von Absperrungen angeordnet sowie die Ersatzvornahme und ein Zwangsgeld angedroht wurde, ebenso als unbegründet abgewiesen wie deren Klage gegen den Leistungsbescheid vom 8. Februar 2010 bezüglich der Kosten der Ersatzvornahme sowie gegen den Bescheid vom 19. Januar 2010 über Mahnforderungen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die drei angefochtenen Bescheide seien sämtlich rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Verfügung vom 30. November 2009 sei hinsichtlich aller Regelungsinhalte zu Recht auf §§ 59 Abs. 1 Satz 1, 13 LBauO gestützt worden, weil die alte Tragwerkskonstruktion auf dem Dach des klägerischen Wohnhauses akut einsturzgefährdet gewesen sei und die Kläger als Eigentümer nach § 54 Abs. 2 LBauO für die Beseitigung dieses Gefahrenzustandes verantwortlich seien. Die akute Einsturzgefahr der alten Tragwerkskonstruktion sei nachvollziehbar von dem vom Beklagten beauftragten Prüfingenieur festgestellt worden. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Kläger seien nicht stichhaltig. Der Beklagte habe die Kläger auch ermessensfehlerfrei als Eigentümer herangezogen, obwohl sich die akute Einsturzgefahr erst nach dem Abriss des Dachstuhls auf dem Nachbaranwesen ergeben habe. Mit der Verfügung sei nicht die vorläufige Sicherung während der Bauphase, sondern die endgültige Beseitigung eines konstruktiv mangelhaften Zustandes auf dem Anwesen der Kläger bezweckt worden. Hierzu sei nicht der Nachbar als Bauherr des Bauvorhabens auf seinem Grundstück verantwortlich. Vielmehr sei die dauerhafte Sicherung vor einer Einsturzgefahr der Unterhaltungsphase zuzuordnen, die in die Verantwortung der Kläger als Eigentümer der konstruktiv mangelhaften Anlage gefallen sei. Vor diesem Hintergrund erwiesen sich auch die übrigen Inhalte der Verfügung sowie der Leistungsbescheid über die Kosten der Ersatzvornahme und die Mahnforderungen als rechtmäßig.

4

Dieses Urteil begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht entschieden, dass die Kläger für die Beseitigung des Gefahrenzustandes nach § 54 Abs. 2 LBauO verantwortlich waren und der Beklagte auch keine ermessensfehlerhafte Adressatenauswahl getroffen hat. Die dagegen von den Klägern im Zulassungsverfahren vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:

5

1. Das Verwaltungsgericht hat zunächst überzeugend darauf abgestellt, dass eine akute Einsturzgefahr der alten Tragwerkskonstruktion bestand, die ursächlich auf konstruktive Mängel derselben zurückzuführen war, auch wenn dieser Zustand erst durch die Beseitigung des alten Dachstuhls auf dem Nachbaranwesen, der der klägerischen Tragwerkskonstruktion gleichsam als Stütze diente, offenbar geworden ist. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht nicht beanstandet, dass sich der Beklagte bei dieser Gefahreneinschätzung auf die Feststellungen des Prüfingenieurs T. vom 25. November 2009 gestützt hat. Die Richtigkeit dieser Feststellungen wird auch von den Klägern letztlich nicht substantiiert in Frage gestellt, wenn sie im Zulassungsverfahren einräumen, dass jedenfalls eine „latente Standunsicherheit“ ihrer alten Tragwerkskonstruktion gegeben gewesen sei und diese „in der Hauskonstruktion bereits angelegte Einsturzgefahr“ lediglich „gebannt“ worden sei, solange der alte Dachstuhl des Nachbaranwesens nicht beseitigt wurde.

6

Allein aus dem Umstand, dass die in den konstruktiven Mängeln der alten Tragwerkskonstruktion der Kläger angelegte Einsturzgefahr erst durch die Beseitigung des alten Dachstuhls auf dem Nachbaranwesen in eine akute Einsturzgefahr umschlug, war jedoch – wie das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden hat – nicht zu folgern, dass vorrangig der Nachbar als Bauherr und nicht die Kläger als Eigentümer für die Beseitigung des Gefahrenzustandes herangezogen werden durften. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht nicht beanstandet, dass der Beklagte mit der Anordnung der Beseitigung der alten Tragwerkskonstruktion eine dauerhafte Beseitigung der – in deren konstruktiven Mängeln begründeten – Einsturzgefahr bezweckt hat. Für eine dauerhafte Sicherung waren aber die Kläger als Eigentümer, nicht der Nachbar als Bauherr verantwortlich. Dies ergibt sich – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – aus der Systematik des § 54 LBauO (vgl. dazu Schmidt, in: Jeromin, LBauO, 2. Aufl., § 54, Rn. 5 f., 10, 13). Danach fallen, wenn etwa durch eine Abrissmaßnahme im Zuge eines Bauvorhabens eine latente Einsturzgefahr auf dem Nachbaranwesen zu einer aktuellen Gefahr wird, lediglich vorläufige Maßnahmen der Sicherung in die „Bauphase“ und damit nach § 54 Abs. 1 LBauO in die Verantwortung des Bauherrn, während dauerhafte Maßnahmen zur Herstellung der Standsicherheit der Unterhaltungsphase und damit nach § 54 Abs. 2 LBauO dem Verantwortungsbereich des Eigentümers des einsturzgefährdeten Anwesens zuzuordnen sind (so überzeugend das im angefochtenen Urteil zitierte Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2010 – 7 K 352/10.KO –, juris, Rn. 31 und 37; bestätigt durch Beschluss des OVG RP vom 15. November 2010 – 1 A 10938/10.OVG –).

7

Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht ein rechtlich geschütztes Interesse der Kläger, vorrangig den Nachbarn zu dauerhaften Sicherungsmaßnahmen – etwa in Form einer dauerhaften Abstützung der in sein Anwesen hineinragenden alten Tragwerkskonstruktion – heranzuziehen, zu Recht nicht anerkannt. Denn hierdurch wäre eine vom Grundstück der Kläger ausgehende, rechtswidrige Veränderung des vorherigen Zustands – das rechtswidrige Hineinragen ihrer alten Tragwerkskonstruktion in den Luftraum über dem Grundstück des Nachbarn – perpetuiert worden und hätte den Nachbarn dauerhaft an der Ausführung seines Bauvorhabens gehindert, obwohl dieses – wie der Senat mit weiterem Beschluss vom 4. November 2011 im Verfahren 8 A 10889/11.OVG bestätigt hat – keine im dortigen Verfahren zu prüfenden nachbarschützenden Rechte der Kläger verletzt.

8

Dass der Nachbar vom Beklagten nicht vorrangig zu vorläufigen Sicherungsmaßnahmen herangezogen wurde, hat das Verwaltungsgericht im Übrigen ebenfalls zu Recht nicht beanstandet. Zum einen erwiesen sich vorläufige Sicherungsmaßnahmen im Hinblick auf den rechtswidrigen Zustand des Hineinragens der alten Tragwerkskonstruktion der Kläger in das Nachbaranwesen als sinnlos, weil sie diesen rechtswidrigen Zustand unberührt gelassen hätten. Zum anderen waren sie im Hinblick auf die bestehende Einsturzgefahr unzweckmäßig, weil sie einen zusätzlichen, ähnlich hohen Kostenaufwand wie die endgültige Gefahrenbeseitigung durch Abriss der alten Konstruktion erfordert hätten, ohne die Einsturzgefahr dauerhaft zu beseitigen.

9

2. Die Kläger können auch nicht mit Erfolg geltend machen, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass ihnen die in der angegriffenen Verfügung auferlegte Beseitigung der alten Tragwerkskonstruktion weder rechtlich noch tatsächlich möglich gewesen sei, weil die Beseitigung nur vom Nachbargrundstück aus durchgeführt werden konnte, es aber an einer entsprechenden Duldungsverfügung gegenüber dem Nachbarn fehlte.

10

Einer solchen Duldungsverfügung bedurfte es nicht. Denn der Nachbar hatte sich von Anfang an ausdrücklich damit einverstanden erklärt, dass erforderliche Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beseitigung der von der alten Tragwerkskonstruktion der Kläger ausgehenden Einsturzgefahr von seinem Grundstück aus vorgenommen werden konnten und dieses dazu betreten werden durfte. Dies ergibt sich aus dem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. November 2009 (Bl. 16 der Verwaltungsakte) sowie aus dem dieses bestätigenden Schreiben des Beklagten vom selben Tage (Bl. 18 f. der Verwaltungsakte). Letztlich hat der Nachbar auch tatsächlich gestattet, dass sein Grundstück betreten werden konnte, um von dort aus die alte Tragwerkskonstruktion im Wege der Ersatzvornahme zu beseitigen (vgl. Bl. 169 der Verwaltungsakte).

11

3. Bestehen danach an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts keine ernstlichen Zweifel, ohne dass es noch einer weiteren Sachaufklärung im Berufungsverfahren bedürfte, besteht für den Senat auch kein Anlass, die von den Klägern mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2011 begehrten weiteren Bauakten beizuziehen.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG, wobei sich der Senat der Festsetzung der Einzelstreitwerte für die verschiedenen Streitgegenstände durch die Vorinstanz anschließt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 14.05.2010 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und das erstinstanzliche Verfahren wird auf jeweils 10.000,00 Euro festgesetzt; insoweit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14.05.2010 geändert.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen eine baurechtliche Ordnungsverfügung des Antragsgegners, in der ihr aufgegeben wird, die einsturzgefährdete Mauer und Werkswände einschließlich des verbliebenen Schornsteins des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück der Antragstellerin A.straße 18 in B. fachgerecht instandzusetzen. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Diesen anordnenden Bescheid vom 17.03.2010 hat der Antragsgegner für sofortig vollziehbar erklärt und ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 Euro angedroht. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner durch Bescheid vom 26.03.2010 ab. Er setzte hierzu eine Frist bis zum 30.04.2010.

2

Die Antragstellerin macht geltend, es müsste der Eigentümer des Nachbargrundstücks A.straße 22a herangezogen werden, weil durch Abrißmaßnahmen auf diesem Grundstück die Standsicherheit ihrer eigenen baulichen Anlagen beeinträchtigt worden sei.

3

Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht Schwerin durch Beschluss vom 14.05.2010 ab. Es führte aus: Der Zustand des Werkstattgebäudes auf dem Grundstück A.straße 18 verstoße gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern - LBauO M-V -. Darin liege ein Verstoß der Antragstellerin als Eigentümerin gegen ihre Pflichten aus § 52 LBauO M-V, außerdem eine Gefahr im Sinne von § 3 Abs. 3 Nr. 2 Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern - SOG M-V -. Daher dürfe der Antragsgegner die erforderlichen Maßnahmen der Antragstellerin gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V aufgeben. Die Antragstellerin sei als Instandsetzungspflichtige nach § 3 LBauO M-V und zugleich als Zustandsverantwortliche nach § 70 Abs. 1 SOG M-V in Anspruch zu nehmen. Als Eigentümerin sei sie für den Zustand des Werkstattgebäudes verantwortlich, unabhängig davon, ob sie selbst durch positives Tun oder Unterlassen den Gefahrenzustand herbeigeführt habe. Der Antragsgegner sei auch nicht gehalten, das Vorliegen des in dem zivilrechtlichen Rechtsstreit zwischen der Antragstellerin und dem Nachbarn A.straße 22a vor dem Landgericht Schwerin zum Aktenzeichen 4 O 222/09 in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachtens abzuwarten. Angesichts dieses Gutachtens bestehe auch nicht die Gefahr, dass mit Umsetzung der ihr auferlegten Maßnahmen spätere zivilrechtliche Rechtsnachteile entstehen könnten.

4

Gegen diesen ihr am 17.05.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am gleichen Tage Beschwerde eingelegt, die sie am 14.06.2010 begründet hat.

II.

5

Die Beschwerde ist nach Maßgabe des allein zu prüfenden Vorbringens in der Beschwerdeschrift (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) zulässig, aber unbegründet.

6

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen und gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich rechtmäßig ist. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

7

Es kann dahinstehen, ob für die Abrissmaßnahmen auf dem Nachbargrundstück A.straße 22a in Jahre 2003 eine Baugenehmigung erforderlich war und sie erteilt worden ist. An der grundsätzlichen Verantwortlichkeit der Antragstellerin als der Eigentümerin des Gebäudes A.straße 18 für dessen Standsicherheit ändert dies nichts. Gegenstand einer Baugenehmigung zum Abriss einer baulichen Anlage ist nicht die Ermöglichung einer Beeinträchtigung des Eigentums von Nachbarn. Es kann dahinstehen, ob überhaupt § 12 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V im Zusammenhang mit einem Abrissvorhaben durch die Bauaufsichtsbehörde zu prüfen ist. Wenn diese Frage zum Prüfprogramm gehört bzw. gehörte, könnte einem Anspruch auf die Erteilung einer Abbruchgenehmigung nach § 72 Abs. 1 LBauO M-V entgegenstehen, dass nach Beendigung des Abbruchs ein Zustand eintritt, der die Standsicherheit von Nachbargebäuden - insbesondere wenn sie bewohnt sind - gefährdet. Die Baugenehmigungsbehörde hätte sicherzustellen, dass derartige Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch eine von ihr erteilte Abbruchgenehmigung nicht eintreten (§§ 3 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V). Die Baugenehmigungsbehörde kann derartige Gefahren für die öffentliche Sicherheit in aller Regel durch die Beifügung von Nebenbestimmungen abwehren, etwa durch Nebenbestimmungen, die sicherstellen, dass der Abbruch nach den Regeln der Technik (§ 3 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V) durchgeführt wird und dass verbleibende Nachbargebäude in ihrer Standsicherheit nicht gefährdet werden. Sie muss nur dann, wenn hinreichende Anzeichen für eine drohende konkrete Gefahr vorliegen, den Sachverhalt zuverlässig aufklären, um über den Antrag auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung sachgerecht entscheiden zu können. Die Intensität dieser Aufklärungspflicht hängt u.a. davon ab, welches Ausmaß begründet zu befürchtende Gefahren bzw. Schäden annehmen könnten und wie gewichtig die auf derartige Gefahren hindeutenden Indizien im Einzelfall sind; soweit es um konkrete Gefahren für Leib oder Leben von Menschen geht, sind an die Aufklärungspflicht der Behörde grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen (vgl. OVG Münster, B. v. 28.01.2005 - 10 B 2827/04 - juris). Aus dem Akteninhalt ist nichts dafür ersichtlich, dass derartige Gefahren für den Antragsgegner zum Zeitpunkt einer Entscheidung über den Abriss erkennbar waren. In einem solchen Fall bleibt es bei dem Grundsatz, dass dann, wenn infolge der Durchführung des Vorhabens Schäden an dem auf dem Nachbargrundstück stehenden Gebäude drohen oder verursacht werden, dies lediglich eine weitere Folge des Bauvorhabens ist, die unabhängig von der Baugenehmigung geregelt und bewältigt werden müsste. Wie welche dem Schutz der Nachbargebäude dienende technische Vorkehrungen verwirklicht werden, ist dann nicht notwendiger Regelungsgehalt der Baugenehmigung, die unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird (§ 72 Abs. 5 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) vom 18.04.2006 (GVOBl. M-V S. 102) i.d.F. des Gesetzes vom 17.12.2009 (GVOBl. M-V S. 729) LBauO M-V; ebenso § 72 Abs. 4 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 06.05.1998 (GVOBl. M-V S. 468, ber. S. 612), zul. geänd. durch Gesetz vom 16.12.2003 (GVOBl. M-V S. 690) (LBauO M-V a. F.)). Der generell gegebenen Notwendigkeit, bei einen Abriss dafür zu sorgen, dass der Baugrund für nahestehende Bauwerke der Nachbarn stabil gehalten wird (vgl. § 12 Abs. 1 S. 2 LBauO M-V und LBauO M-V a.F.) hat der Bauherr - auch ohne besondere Auflagen - im Rahmen der von ihm zu beachtenden allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik Rechnung zu tragen (§ 3 Abs. 1 und 4 LBauO M-V und LBauO M-V a.F.) (vgl. VGH München, B. v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris). Dies alles gilt erst recht für den Abriss eines Gebäudes, für den keine Genehmigungspflicht, sondern eine Anzeigepflicht besteht (so § 61 Abs. 3 LBauO M-V) oder der genehmigungsfrei ist (§ 65 Abs. 3 LBauO M-V a.F.) oder für den die erforderliche Genehmigung nicht eingeholt ist. Damit ist aber nicht die Frage entschieden, ob dann, wenn der Bauherr des Abrissvorhabens diese Pflichten verletzt und dadurch das Nachbargebäude seine Standsicherheit verliert, dieser Nachbar als Eigentümer des standsichergefährdeten Gebäudes in Anspruch genommen werden darf und nicht - auch oder in erster Linie - der - ehemalige - Bauherr des Abbruchvorhabens.

8

In der Sache macht die Antragstellerin, obwohl sie dies nicht ausdrücklich vorträgt, in diesem Zusammenhang eine ermessensfehlerhafte Auswahl des Störers geltend, da ihre Haftung als Zustandsstörerin nicht in Frage steht. Für die Rechtmäßigkeit der Ermessensbetätigung kommt es dabei auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung an (vgl. VGH Mannheim, B. v. 30.01.1990 - 5 S 1806/89 - NVwZ-RR 1991, 27). Da diese noch nicht ergangen ist, sind die neuen Erkenntnisse, die sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. vom 31.03.2010 ergeben, zu berücksichtigen. Gleichwohl ergibt sich, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn der Antragsgegner eine Heranziehung des Eigentümers des Grundstücks A.str. 22a nicht erwogen hat.

9

Die Heranziehung der Antragstellerin dürfte allerdings nicht schon deswegen gerechtfertigt sein, weil sie neben ihrer Eigenschaft als Zustandsstörerin auch wegen Unterlassens der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V gebotenen Maßnahmen als Handlungsstörerin durch qualifiziertes Unterlassen verantwortlich wäre. Wer die Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands einer Sache unterlässt, die in seinem Eigentum steht, kann - nur - als Zustandsstörer und nicht daneben auch als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden. Dafür spricht, dass das Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) und die daraus resultierenden Pflichten (Art. 14 Abs. 2 GG) allein grundstücksbezogen zu betrachten sind. Deshalb knüpft auch die Haftung gemäß § 70 SOG M-V an den Zustand der Sache und die Sachherrschaft über diese an. Nur aufgrund dieser Zugriffsmöglichkeit auf den Zustand trifft den Eigentümer mithin eine Instandhaltungspflicht gemäß § 12 LBauO M-V (OVG Bautzen, B. v. 09.06.2009 - 1 B 268/09 - LKV 2009, 422). Wenn es zutreffen sollte, dass die Antragstellerin oder deren Rechtsvorgänger bauliche Änderungen an ihren baulichen Anlagen vorgenommen hat, die zur Beeinträchtigung der Standsicherheit geführt haben, käme sie allerdings auch als Handlungsstörerin in Betracht.

10

Wie aus § 12 Abs. 1 S. 1 LBauO M-V deutlich hervorgeht, ist nach dem Gesetz in erster Linie der Grundeigentümer für die Standsicherheit der Gebäude auf seinem Grundstück verantwortlich, und zwar nicht nur hinsichtlich Sicherungsmaßnahmen bei drohender Gefahr, sondern in vollem Umfang dessen, was für einen dauerhaft sicheren Zustand erforderlich ist (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 - juris).

11

Die Frage nach der Inanspruchnahme eines Dritten, der als Handlungsstörer einen gefährlichen Zustand geschaffen hat, stellt sich allenfalls dann, wenn die Verursachung durch den Dritten und damit dessen Verantwortlichkeit hinreichend geklärt ist (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - 2 Bf 226/00 - juris). Ein Einschreiten gegen den Zustandsstörer ist jedenfalls dann nach allgemeinem Ordnungsrecht nicht ermessensfehlerhaft, wenn unklar ist, ob und in welchem Umfang eine Haftung bestimmter Personen als Verhaltensstörer in Betracht kommt (VGH Mannheim, B. v. 30.01.1990 - .a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme eines Verhaltensstörers, dessen Verantwortlichkeit zweifelhaft ist, ist bei der von der Behörde zu treffenden Auswahlentscheidung auch in den Blick zu nehmen, dass eine etwaige diesbezügliche langwierige prozessuale Auseinandersetzung der Effektivität der Gefahrenabwehr zuwiderlaufen könnte und deshalb in einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig auf den Zustandsstörer zuzugreifen sein dürfte.

12

Erforderlich ist mithin, dass aus der Sicht der Ordnungsbehörde hinreichend sicher ist, dass der Dritte ordnungsrechtlich verantwortlich ist. Dabei ist es nicht Aufgabe des Antragsgegners, die Ursachen des Mauerbruches zu klären und sich dann an den Verursacher zu wenden (OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - a.a.O.).

13

Von einer in diesem Sinne gegebenen Gewissheit könnte der Antragsgegner - und der Senat - erst dann ausgehen, wenn der Sachverhalt im Sinne des Vorbringens der Antragstellerin und der Bewertung des Gutachtens von Prof. Dr. H. geklärt wäre. Dies ist aber nicht der Fall. Das Landgericht Schwerin hat dieses Gutachten als Obergutachten eingeholt. Wie die Antragstellerin selbst mitteilt, war für den 23.06.2010 ein Termin für die Gutachterbefragung anberaumt. Unter diesen Umständen könnte allenfalls dann von einer für die ordnungsrechtliche Beurteilung eindeutigen Sach- und Rechtslage ausgegangen werden, wenn die Beweiswürdigung, die auch die übrigen Gutachten einzubeziehen hat, eindeutig ergibt, dass die Einschätzung der Antragstellerin zutrifft. Dies wird namentlich einer Auseinandersetzung mit dem Gutachten vom 06.06.2007 bedürfen, das der Antragsgegner seinem Bescheid zu Grunde gelegt hat und das offenbar zu dem Ergebnis kommt, dass die Ursache der Rissbildung nicht in dem Abriss auf dem Grundstück A.straße 22a liegt, sondern in der fehlenden Fundamentierung des Gebäudes des Antragstellerin und in baulichen Veränderungen, die die Antragstellerin oder ihre Rechtsvorgängerin an ihren baulichen Anlagen vorgenommen hat.

14

Ob die Antragstellerin den Nachbarn auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann, wenn ihre Annahmen über die Entstehung der Schäden richtig sind, kann offen bleiben. An ihrer Verantwortung für den Zustand ihres Grundstücks und die Standsicherheit ihres Gebäudes ändert dies nichts (vgl. OVG Hamburg, B. v. 11.08.2000 - a.a.O.).

15

Die Antragstellerin macht zudem zu Unrecht geltend, dass möglicherweise eine weitere Begutachtung erforderlich werden könnte, wenn das Verfahren vor den Zivilgerichten in die Berufung gehe; mit einer Veränderung der tatsächlichen Gegebenheiten würden ihre Ansprüche nicht mehr vollständig geltend gemacht werden können. Zum einen verweist der Antragsgegner soweit zu Recht darauf, dass durch die bereits durchgeführten Beweisaufnahmen hinreichende Grundlagen vorliegen, um den bestehenden Zustand zu erfassen. Zum anderen hat die Antragstellerin in der Beschwerdeschrift nicht in Frage gestellt, dass die ihr aufgegebenen Maßnahmen erforderlich sind, um die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu beseitigen.

16

Ob die ursprünglich gesetzte Frist des 30.04.2010 zur Erfüllung der der Antragstellerin aufgegebenen Maßnahmen in Hinblick auf die in der Beschwerdeschrift aufgeworfene Frage des Abwartens des Gutachtens von Prof. Dr. H. hinreichend lang bestimmt waren, bedarf keiner Entscheidung. Diese Frist ist zwischenzeitlich abgelaufen, zudem liegt das Gutachten vor. Eine "Fortsetzungsfeststellung" ist dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO fremd. Ob diese Frist Grundlage für eine Festsetzung eines Zwangsmittel sein konnte, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

17

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

18

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 3 GKG. Sie geht davon aus, dass die vorläufig aufgegebenen Maßnahmen wesentlich teuerer sind, als vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegt. Dies wird aus der Kostenkalkulation des Gutachtens von Prof. Dr. Haker deutlich.

19

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragsteller,

2

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 29.10.2015 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.10.2015 für den „Neubau eines Betreuten Wohnquartiers mit insgesamt 26 WE, Neubau einer Tiefgarage, Umbau eines Restaurants“ auf dem Grundstück in A-Stadt…, P…straße 3, Gemarkung W…, Flur 1, Flurstücke 507 und 508, anzuordnen,

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hat keinen Erfolg.

4

Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Drittbetroffenen gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Drittbetroffenen, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten - hier der Beigeladenen - an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller als Drittbetroffene gegen eine erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen können, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die zumindest auch eine nachbarschützende Funktion gerade ihnen gegenüber haben, mit der Folge, dass die rechtswidrige Baugenehmigung sie auch in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Beigeladenen aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragsteller jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzen dürfte.

6

1. Soweit die Antragsteller sich darauf berufen, dass die streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht im vereinfachten Verfahren nach § 63 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern 2006 (LBauO M-V), die nach der Übergangsbestimmung des § 87 der am 31. Oktober 2015 in Kraft getretenen LBauO vom 15. Oktober 2015 GVOBl. S. 344) auf den vorliegenden Fall Anwendung findet, hätte erteilt werden dürfen, führt dies nicht zum Erfolg ihres Antrags.

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Für die Anwendung des § 63 LBauO M-V kommt es darauf an, ob die objektiven Voraussetzungen dieser Vorschrift gemäß § 63 Abs. 1 LBauO M-V vorliegen. Danach ist das vereinfachte Genehmigungsverfahren nur dann möglich und vorgeschrieben, wenn es sich um ein Wohngebäude handelt, eine sonstige bauliche Anlage, die kein Gebäude ist oder ein Nebengebäude oder eine Nebenanlage zu Bauvorhaben der eben genannten Art. Sonderbauten im Sinne von § 2 Abs. 4 LBauO M-V sind von der Regelung des § 63 Abs. 1 LBauO M-V ausdrücklich ausgenommen. Ob die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens hier vorliegen, ist zweifelhaft. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem Bauvorhaben der Beigeladenen um einen Sonderbau handelt.

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Gemäß § 2 Abs. 4 LBauO M-V sind Sonderbauten Anlagen und Räume besonderer Art oder Nutzung. Nach § 2 Abs. 4 Nr. 9 LBauO M-V handelt es sich bei Krankenhäusern, Heimen und sonstigen Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen um Sonderbauten. Durch die Aufnahme in den Sonderbautenkatalog sollen besondere Anforderungen im Hinblick auf die Personenrettung ermöglicht werden (vgl. Mann, in: Große-Suchsdorf, NBauO, 9. Aufl. 2013, § 2 Rn. 68). So muss bei der Anordnung und Ausbildung der Rettungswege Berücksichtigung finden, wenn nach dem Vorhabenkonzept ein Großteil der Bewohner nicht gehfähig ist. Das Vorhaben der Beigeladenen ist als ein betreutes Wohnquartier geplant, dessen Wohnungen ausschließlich für Menschen mit Behinderungen oder Mieter ab 65 Jahren zur Verfügung stehen sollen. Nach den Erläuterungen zum Bauantrag der Beigeladenen ist Ziel eine Wohnbebauung mit Mietwohnungen, die - zentrumsnah und für eine maximal selbstbestimmte Gestaltung des Lebensabends – die Betreuung der Bewohner sicherstellt. Ausweislich der Schreiben des bauausführenden Architekten der Beigeladenen vom 23. Oktober 2014 und 8. Dezember 2014 an den Antragsgegner wird bei dem maximal auf ein selbstbestimmtes Altern ausgelegten Wohnkonzept die Pflege in den jeweiligen Wohnungen von der Volkssolidarität übernommen und bis zum Miet- oder Lebensende sichergestellt. Ziel bei diesem betreuten Wohnquartier ist ausdrücklich, dass in den Wohnungen auch die Pflege übernommen werden kann.

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Bei dem so beschriebenen Vorhaben der Beigeladenen handelt es sich zwar um ein Wohngebäude im bauplanungsrechtlichen Sinn, da auch das betreute Wohnen eine Form des Wohnens darstellt. Dies wird deutlich aus § 3 Abs. 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO), wonach zu den nach § 4 Abs. 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 BauNVO zulässigen Wohngebäuden auch solche gehören, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 27. März 2015 – 3 M 38/15 –, Rn. 17, juris; VG Schwerin, Beschluss vom 23. Dezember 2014 – 2 B 1080/14 –, amtl. Umdruck S. 3). Damit ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass es sich bei einer Einrichtung des betreuten Wohnens gleichzeitig auch um einen Sonderbau im Sinne von § 2 Abs. 4 Nr. 9 LBauO M-V handelt. Von den dort genannten Varianten kommen das Heim oder die sonstige Einrichtung zur Unterbringung oder Pflege von Personen in Betracht. So gelten als Heime zur Unterbringung oder Pflege von Personen auch Altenwohnheime. Ein Altenwohnheim ist ein Heim, in dem alte Menschen, die zur Führung eines Haushalts noch im Stand sind, volle Unterkunft in abgeschlossenen, nach Anlage, Ausstattung und Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse alter Menschen ausgerichteten Wohnungen gewährt wird und die Möglichkeit vorgesehen ist, im Bedarfsfalle zusätzliche Verpflegung, Betreuung und vorübergehende Pflege durch den Träger zu gewähren (vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 03. Mai 2012 – B 11.779 –, Rn. 27, juris). Diese für Altenwohnheime charakteristischen Leistungen werden, wie oben dargestellt, auch für die streitgegenständliche Anlage der Beigeladenen angeboten. Aufgrund des Alters, der Behinderung bzw. der mehr oder weniger stark ausgeprägten Pflegebedürftigkeit der Bewohner ergibt sich damit eine ähnliche Interessenlage wie bei stationären Kranken- oder Pflegeeinrichtungen. Auch hier besteht insbesondere im Hinblick auf brandschutzrechtliche Anforderungen ein höherer Prüfbedarf- und Umfang durch die Bauaufsichtsbehörden. Unerheblich in baurechtlicher Hinsicht ist dabei, dass das sogenannte Betreute Wohnen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Heimgesetz (HeimG) vom Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen ist, da hierin grundlegend andere als brandschutztechnische Zielsetzungen verfolgt werden. So ist nach § 2 Abs. 1 HeimG u. a. Ziel, die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen vor Beeinträchtigungen zu schützen sowie die Selbständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner zu wahren und zu fördern. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist in einer Entscheidung vom 19. Mai 2011 (Az. 2 B 11.353; juris, Rn. 43) darauf hin, dass in Einrichtungen Betreuten Wohnens auch Personen Aufnahme fänden, die pflegebedürftig seien, woraus sich unterschiedliche baurechtliche Anforderungen insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes ergäben.

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Zwar spricht damit insgesamt viel dafür, dass vorliegend von einem Sonderbau auszugehen ist, so dass der Antragsgegner den Bauantrag der Beigeladenen nicht im vereinfachten Genehmigungsverfahren hätte prüfen dürfen. Allerdings kann diese Frage im Ergebnis offen bleiben. Selbst wenn das streitgegenständliche Vorhaben nach § 64 LBauO M-V und damit inklusive des Abstandsflächenrechts hätte geprüft werden müssen, würde dies dem Begehren der Antragsteller nicht zum Erfolg verhelfen.

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2. Der geltend gemachte Abstandsflächenverstoß liegt nicht vor. Zwar soll die rückwärtige Außenwand des Hofgebäudes 3b der Beigeladenen grenzständig zur hinteren Grundstücksgrenze der Antragsteller hin errichtet werden. Damit weist es nicht die grundsätzlich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 LBauO M-V erforderliche Abstandsfläche auf. Denn der Abstand muss gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 LBauO M-V auf dem Grundstück selbst liegen, was hier nicht der Fall ist. Allerdings ist nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBauO M-V eine Abstandsfläche nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

12

Ob ein Grenzanbau im hinteren Grundstücksbereich (dem Grunde nach) zulässig ist, beurteilt sich in erster Linie nach dem bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitskriterium der Bauweise bzw. nach der überbaubaren Grundstücksfläche, wobei das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen bei Innenbereichsvorhaben, wenn entsprechende planerische Festsetzungen durch einfachen Bebauungsplan nicht getroffen wurden, gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Maßgabe des Einfügensgebots im Hinblick auf die Eigenart der näheren Umgebung zu bestimmen ist. Welches Kriterium einschlägig ist, hängt davon ab, ob es sich um eine vordere, seitliche oder rückwärtige Grundstücksgrenze handelt. Diese Einteilung bestimmt sich nach der das Grundstück erschließenden Verkehrsfläche. In Bezug auf die von der Verkehrsfläche aus gesehen seitlichen Grundstücksgrenzen beurteilt sich die Zulässigkeit einer Grenzbebauung ausschließlich nach dem Kriterium der Bauweise (offene, geschlossene oder abweichende Bauweise, vgl. § 22 BauNVO). An eine vordere oder rückwärtige Grundstücksgrenze muss oder darf gebaut werden, wenn eine abweichende Bauweise dies vorsieht (vgl. § 22 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, der ausdrücklich klarstellt, dass sich eine Regelung zur Bauweise auch auf die vordere oder rückwärtige Grundstücksgrenze beziehen kann) (vgl. VG München, Beschluss vom 18. Mai 2015 – M 8 SN 15.457 –, Rn. 43, juris). Entsprechendes gilt im nicht beplanten Innenbereich nach § 34 BauGB. Stehen die Gebäude in der für die Beurteilung maßgeblichen Umgebung mit der hinteren Außenwand auf der hinteren Grundstücksgrenze, dann darf aus planungsrechtlichen Gründen grundsätzlich ohne Abstandsflächen an die Grenze gebaut werden (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 1 CS 08.2770 –, Rn. 27, juris, zu vorderen Grundstücksgrenzen).

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Die Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes an der hinteren Grundstücksgrenze ist im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 3 LBauO M-V bauplanungsrechtlich zulässig, weil es sich an diesem Standort nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Nähere Umgebung ist der Bereich, auf den sich das geplante Vorhaben städtebaulich prägend auswirken wird und von dem aus die vorhandene Bebauung das Baugrundstück prägt. Wieweit diese gegenseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalles. „Prägen“ können grundsätzlich nur solche Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Die Bebauung auf dem Baugrundstück selbst gehört regelmäßig zu der den Maßstab bildenden Bebauung. Topographische Gegebenheiten können für die Abgrenzung der näheren Umgebung eine Rolle spielen; insoweit kann die Rechtsprechung zur Abgrenzung des Innenbereichs vom Außenbereich sinngemäß herangezogen werden (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. Dezember 2008 – 1 CS 08.2770 –, Rn. 31, juris, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).

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Ausweislich des vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 übersandten Lageplans sowie der dem Gericht vorliegenden Luftbilder und Fotoaufnahmen handelt es sich bei der für die Prüfung des Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen Umgebung um das Karree, das im Norden durch den …platz, im Osten durch die P…straße, im Süden durch die …-Straße und im Westen durch die …-Straße begrenzt wird. Innerhalb dieses Karrees befindet sich eine Reihe von Grundstücken, die in den hinteren Bereichen eine grenzständige Bebauung aufweisen. Bei den zur …-Straße gehörenden Flurstücken 488, 489 und 490 handelt es sich um eine geschlossene rückwärtige Bebauung. Das Flurstück 487 der Antragsteller ist ebenso wie das Flurstück 485 mit einem zur hinteren Grundstücksgrenze grenzständigen Gebäude bebaut. Beide Gebäude weisen auch zu den jeweiligen südlichen Grundstücksgrenzen keine Abstände auf. Die Flurstücke 506, 505, 503/1 und 501 der …straße/…-Straße sind rückwärts ebenfalls in geschlossener Bauweise grenzständig bebaut. An der …-Straße weisen lediglich die Flurstücke 492 und 493 keine rückwärtig grenzständige Bebauung auf. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Flurstücke 504 und 509 der …straße. Das aus den Flurstücken 507 und 508 bestehende Vorhabengrundstück wies ebenfalls eine rückwärtig grenzständige Bebauung auf, die zwar mittlerweile abgerissen wurde, auf den vorliegenden Luftbildern des Geoportals M-V, von Google Maps sowie Bing Maps aber noch zu sehen ist. Der Abriss dürfte somit erst in jüngster Zeit erfolgt sein. Dem entspricht ein Hinweis vom 7. Mai 2015 in den Akten des Antragsgegners, wonach die Grenze zwischen dem Grundstück …straße 3 und dem Grundstück …-Straße 4 „bereits im Bestand bebaut und zwar von beiden Seiten“ ist. Weiter heißt es in dem Vermerk: „Auf dem Grundstück …straße 3 befindet sich bereits jetzt ein grenzständiges Gebäude, welches die gleiche Höhe wie das Beantragte hat, mit einer zusätzlichen Beeinträchtigung durch die Grenzbebauung ist also nicht zu rechnen“ (Beiakte 3 Bl. 161). Dem entspricht die Angabe der Antragsteller im an den Antragsgegner gerichteten Schreiben vom 4. Dezember 2015, das die Erklärung des Verzichts auf die Ausnutzung der ihnen erteilten Baugenehmigung enthält. Von der damit nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand des Gerichts ursprünglich vorhandenen Bebauung geht aller Voraussicht nach auch weiterhin eine städtebauliche Prägung aus (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09. November 2011 – 3 M 184/11 -, Rn. 42, juris). Auf den bei Bing Maps zur Verfügung stehenden Schrägansichten ist zudem erkennbar, dass es sich bei den im maßgebenden Karree befindlichen Gebäuden auf den hinteren Flurstücksgrenzen zumindest teilweise um Wohn- und damit Hauptnutzungen handelt. Auch das von den Antragstellern als Nebengebäude bezeichnete Bauwerk auf ihrer hinteren Grundstücksgrenze ist als Wohnhaus genehmigt worden und wird ausweislich ihres Internetauftritts derzeit als Teil des von den Antragstellern geführten Hotels genutzt. Insgesamt stellt die rückwärtige Grenzbebauung damit eine für die nähere Umgebung prägende abweichende Bebauung dar, in die sich das streitgegenständliche Vorhaben bauplanungsrechtlich mit der Folge des Nichterforderlichseins von Abstandsflächen einfügt.

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3. Auch der von den Antragstellern gerügte Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liegt aller Voraussicht nach nicht vor.

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Seine gesetzliche Ausprägung findet das Gebot der Rücksichtnahme - wenn ein Bauvorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bzw. in einem faktischen Baugebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB realisiert werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 68/08 -, juris) -, in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Ist ein Bauvorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen, so ist das Gebot der Rücksichtnahme in dem in dieser Bestimmung genannten Begriff des Einfügens enthalten. Es hat zwar grundsätzlich lediglich einen objektiv-rechtlichen Gehalt. Nachbarschützende Wirkung kommt ihm allerdings im Einzelfall insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die insofern vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist, was sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke beurteilt (vgl. BVerwG, Urteil vom 05. August 1983 - 4 C 96/79 -, juris). Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmeberechtigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, die er mit dem Vorhaben verfolgt, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (vgl. u.a. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25. August 2000 - 3 M 50/00 -).

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Nach diesen Vorgaben verstößt das genehmigte Vorhaben nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts voraussichtlich nicht gegen das Rücksichtnahmegebot.

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a) Insbesondere führt das streitgegenständliche Vorhaben aller Voraussicht nach nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen des Grundstücks der Antragsteller im Sinne einer "erdrückenden Wirkung" des genehmigten Baukörpers. Zwar ist eine erdrückende Wirkung eines Bauvorhabens auf die Wohnbebauung in der Nachbarschaft geeignet, die bestimmungsgemäße Nutzung der Nachbargrundstücke zu beeinträchtigen. Sie kann deshalb eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme begründen. Eine erdrückende Wirkung ist gegeben, wenn durch das neue Vorhaben eine Abriegelungswirkung (vgl. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 29. September 1988 - 1 A 75/87 -, BRS 48 Nr. 164) oder das Gefühl des "Eingemauertseins" (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Januar 1994 - 7 A 2002/92 -, NVwZ-RR 1995, 187, 188) oder gar eine "Gefängnishof-Situation" (vgl. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 11. April 1997 - 1 L 7286/95 -, BRS 59 Nr. 164) entsteht (vgl. Oberverwaltungsgericht Bremen, Urteil vom 15. Oktober 2002 - 1 A 88/02 -, juris).

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Derartige Auswirkungen des Vorhabens des Beigeladenen auf das antragstellerische Grundstück lassen sich hier nicht feststellen. Zunächst steht dem an der hinteren Grundstücksgrenze geplanten zweigeschossigen Gebäude 3b der Beigeladenen, das eine Giebelhöhe von 7,60 m aufweisen soll, das ebenfalls zweigeschossige grenzständige Gebäude der Antragsteller gegenüber, das nach deren Angaben 5 m hoch ist. Damit überragt das geplante Gebäude zwar das der Antragsteller, jedoch nicht so wesentlich, dass eine übermäßige Verschattung oder das Gefühl des Eingemauertseins entstehen könnte. Hinzu kommt, dass das bislang auf dem Vorhabengrundstück vorhandene Gebäude entlang der gesamten rückwärtigen Grenze zu den Antragstellern ebenfalls höher als deren eigenes Grenzgebäude war. Dies ergibt sich aus den vorhandenen Luftbildern sowie den von den Antragstellern mit Schriftsatz vom 5. Januar 2016 eingereichten Fotoaufnahmen, auf denen noch die Abbruchkanten des früheren Gebäudes zu sehen sind. Das Grundstück der Antragsteller war daher ähnlichen Beeinträchtigungen wie den jetzt geltend gemachten bereits durch die Bestandsbebauung, die auch nach deren Abriss ihre prägende Wirkung nicht verloren haben dürfte, ausgesetzt. Angesichts der früher vorhandenen Grenzbebauung konnten die Antragsteller daher nicht erwarten, dass eine erneute Bebauung auf der rückwärtigen Grundstücksgrenze nunmehr gänzlich unterbleiben würde. Unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten in der maßgeblichen Umgebung, die – wie bereits dargelegt – von einer sehr verdichteten und vielfach grenzständigen Bebauung geprägt ist, ist damit insgesamt nicht von einer unangemessenen Benachteiligung des Grundstücks der Antragsteller auszugehen.

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b) Aus diesem Grund können die Antragsteller sich auch nicht auf die von ihnen geltend gemachte Verletzung ihrer Rechte hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, insbesondere der Höhe der Grundflächenzahl oder Geschossflächenzahl des Vorhabens, berufen. Für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung ist weniger auf Grund- und Geschossflächenzahl, sondern auf die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung abzustellen. Vorrangig ist dabei auf diejenigen Maßkriterien abzustellen, in denen die prägende Wirkung besonders zum Ausdruck kommt. Als prägend können die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude angesehen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2007 - 4 B 8/07 -, juris). Gemessen an diesen Vorgaben hält sich das Vorhaben hinsichtlich der Geschossigkeit innerhalb des vorhandenen Rahmens der näheren Umgebung. So befindet sich im rückwärtigen Bereich des an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Flurstücks 488 ein zweigeschossiges Gebäude, das das rückwärtige Grenzgebäude der Antragsteller überragt. Auch die rückwärtige Bebauung auf den Flurstücken 489 und 490 ist zweigeschossig. Das Gleiche gilt für die Grenzgebäude auf den zur …straße gehörenden Flurstücken 505 und 506. Schließlich weist auch das auf dem Flurstück 508 noch vorhandene rückwärtige Bestandsgebäude der Beigeladenen zwei Geschosse auf und ist höher als das Grenzgebäude der Antragsteller. Ebenso verhielt es sich auch mit dem früheren Gebäude auf dem Flurstück 507 der Beigeladenen. Das streitgegenständliche Bauvorhaben ist somit hinsichtlich seiner Größe und seiner Kubatur in der maßgeblichen Umgebung nicht ohne Beispiel. Zudem befindet sich das antragstellerische Grundstück westlich des Vorhabengrundstücks, so dass die Antragsteller durch das streitgegenständliche Vorhaben keine „Nachteile“ in Bezug auf die nachmittägliche Besonnungssituation ausgesetzt sind.

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c) Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das geplante Bauvorhaben eine verstärkte Nutzung und Inanspruchnahme des besonders schutzwürdigen rückwärtigen Bereiches nach sich ziehen wird, so dass die Antragsteller – wie sie behaupten – in ihrer Nutzungsmöglichkeit spürbar eingeschränkt würden. So ergibt sich aus den von der Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen, dass das im rückwärtigen Bereich geplante Gebäude 3b zum Gartenbereich des Grundstücks der Antragsteller hin keine Fenster oder Balkone aufweisen soll. Die Antragsteller dürften daher keinen vermehrten Einsichtsmöglichkeiten ausgesetzt sein. Welche sonstigen nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen eine (erneute) Wohnnutzung auf dem Vorhabengrundstück nach sich ziehen könnte, haben die Antragsteller selbst nicht substantiiert vorgetragen.

22

Ein Rücksichtnahmeverstoß dürfte daher aller Voraussicht nach insgesamt nicht vorliegen.

23

4. Die Antragsteller können letztlich auch nicht mit dem Argument gehört werden, sie würden deshalb in ihren Rechten verletzt, weil es durch die geplante Tiefgarage und die Gründungsarbeiten für das streitgegenständliche Vorhaben zu Schäden an ihrem Gebäude kommen würde. Allerdings darf nach § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes der Nachbargrundstücke nicht gefährdet werden. Dieser – im vereinfachten Genehmigungsverfahren allerdings nicht zum Prüfprogramm der Bauaufsichtsbehörde gehörenden Vorschrift (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 06. Januar 2016 – 3 M 72/15 –, amtl. Umdruck S. 4ff. entgegen VG Schwerin, Beschluss vom 02. Dezember 2015 – 2 B 1024/14 –, juris) kommt auch nachbarschützende Wirkung zu (vgl. VG Greifswald, Beschluss vom 01. Juni 2005 - 1 B 1083/05 -, amtl. Umdruck S. 11 m.w.N.). Jedoch ist es nicht so, dass der Bauherr einer neuen baulichen Anlage stets nachzuweisen hat, dass eine Gefährdung der Standsicherheit bereits vorhandener baulicher Anlagen ausgeschlossen ist. Soweit § 12 Abs. 1 Satz 2 LBauO M-V auf die Gefährdung der Standsicherheit bestehender baulicher Anlagen durch die Errichtung und Nutzung anderer baulicher Anlagen abstellt, bedarf es vielmehr einer näheren Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der betroffenen Bauherren.

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Grundsätzlich hat der Bauherr einer bestehenden baulichen Anlage selbst für die Standsicherheit seiner Anlage einzustehen, was bereits aus § 12 Abs. 1 Satz 1 LBauO M-V folgt. Andererseits kann er in gewissem Umfang darauf vertrauen, dass die für die Standsicherheit seiner bestehenden Anlage maßgeblichen Umstände nicht zu seinen Lasten mit der Folge verändert werden, dass ein "Nachrüsten" seiner Anlage erforderlich wird, um deren Standsicherheit auch nach solchen Veränderungen weiterhin zu gewährleisten. Derjenige, der eine neue bauliche Anlage errichtet, muss seinerseits darauf achten, dass er keine solchen Veränderungen der Standsicherheitsbedingungen bewirkt, die der Bauherr der bestehenden Anlage bei deren Errichtung und ordnungsgemäßer Unterhaltung nicht in Rechnung stellen muss (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. Januar 2000 - 7 B 2180/99 -, BauR 2000, 862; VG Schwerin, Beschluss vom 03. Februar 2014 – 2 B 645/13 -, amtl. Umdruck S. 8).

25

Aus dem Vorbringen der Antragsteller ergeben sich allerdings bereits keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass infolge der Errichtung des streitgegenständlichen Vorhabens Veränderungen der für die Standsicherheit ihrer vorhandenen Anlage maßgeblichen Umstände auftreten werden. Die diesbezüglichen Angaben der Antragsteller beschränken sich insoweit auf bloße Behauptungen und subjektive Befürchtungen, die durch keinerlei belastbare Tatsachen gestützt werden. Auf die Frage, ob die Antragsteller sich angesichts des Umstandes, dass sie gegen die mittlerweile bestandskräftige Teilbaugenehmigung für Bohrpfahlgründung und Erdarbeiten vom 15. Juli 2015 nicht vorgegangen sind, nicht mehr auf eine Verletzung ihrer nachbarlichen Rechte aus § 12 LBauO M-V berufen können, kommt es daher nicht an.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Antragstellern die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit nach § 154 Abs. 3 VwGO keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat.

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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Ziffer II 1.5, II 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht hat den sich danach für ein entsprechendes Klageverfahren ergebenden Streitwert von 10.000,00 EUR für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. Februar 2015 geändert.

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und einer nachfolgenden Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 26. November 2014 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine amtsangehörige Gemeinde, wendet sich gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners, die der Beigeladenen zur Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste erteilt worden ist.

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Die Beigeladene stellte am 24.07.2014 den Bauantrag nach § 64 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern – LBauO M-V – zur Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste auf dem Flurstück G1 Gemarkung Demen. In der Erläuterung des Bauantrags führte sie aus, der Behälter solle nicht am Standort der Biogasanlage in der Ortslage K. errichtet werden, da dort eine geringe Akzeptanz hierfür bestehe und außerdem gestiegene wasserrechtliche Anforderungen zu erfüllen seien. Das geplante Vorhaben widerspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Gemeinde Demen – der Antragstellerin –, da sie im Bereich des Industriegebietes GI 3 errichtet werden solle. Zwar sei dort die Errichtung von Biogasanlagen ausgeschlossen, hierunter falle aber ein Gärrestlagerbehälter nicht.

3

Der Antragsgegner bat die Antragstellerin – über das Amt Crivitz – um Bearbeitung des Antrags, da es sich um ein Vorhaben nach § 62 LBauO M-V handele. Mit Schreiben vom 22.08.2014 teilte das Amt dem Antragsgegner mit, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden solle.

4

Mit Schreiben vom 12.08.2014, dem Amt übermittelt am 12.09.2014, bat der Antragsgegner das Amt um die „Herstellung des Einvernehmens“. Das Vorhaben beurteile sich nach § 30 BaugesetzbuchBauGB –. Die nähere Umgebung entspreche einem GI–Gebiet nach BauNVO.

5

Bereits mit Schreiben vom 11.09.2014, bei dem Antragsgegner eingegangen am 17.09.2014, erklärte die Antragstellerin, das Einvernehmen werde versagt. Die Errichtung eines Gärrestbehälters verstoße gegen die Festsetzung, dass „gewerblich genutzte Biogasanlagen“ in dem Baugebiet unzulässig seien. In dem Bauantrag werde ausdrücklich auf die Biogasanlage in K. Bezug genommen.

6

Der Antragsgegner kündigte der Beigeladenen zunächst mit Schreiben vom 01.11.2014 die Ablehnung des Bauantrags an, da das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar sei.

7

Mit weiterem Schreiben vom 13.11.2014 teilte der Antragsgegner dem Amt Crivitz mit, die nochmalige Prüfung habe ergeben, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich, weil mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Antragstellerin vereinbar, genehmigungsfähig sei.

8

Mit Bescheid vom 26.11.2014 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung, dass vor Baubeginn eine Erklärung des Tragwerkplanes zum Kriterienkatalog nach Anlage 2 der Bauvorlagenverordnung Mecklenburg-Vorpommern – BauVorlVO M-V – vorgelegt werde. Werde der Kriterienkatalog nicht erfüllt, sei der Standsicherheitsnachweis zur Prüfung und Bestätigung vorzulegen. Die Baugenehmigung wurde der Beigeladenen am 26.11.2014 bekanntgegeben. Sie zeigte den Baubeginn am 01.12.2014 an.

9

Mit Schreiben vom 01.12.2014 hatte sich die Antragstellerin bereits gegen die Genehmigung gewandt.

10

Sie verwies auf den Aufstellungsbeschluss zur ersten Änderung des Bebauungsplan Nr. 4 vom 14.10.2014 und die am gleichen Tag von der Gemeindevertretung der Antragstellerin beschlossene Veränderungssperre, die in der Zeit vom 17.11.2014 bis 02.12.2014 im Bekanntmachungskasten ausgehängt worden war.

11

Die Antragstellerin legte gegen die Baugenehmigung mit Schreiben vom 19.12.2014, als Fax eingegangen bei dem Antragsgegner am 19.12.2014, Widerspruch ein.

12

Am 23.12.2014 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

13

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat dem Antrag durch Beschluss vom 06.02.2015 stattgegeben. Dieser Beschluss wurde dem Antragsgegner und der Beigeladenen jeweils am 17.02.2015 zugestellt.

14

Die Beigeladene hat am 18.02.2015, der Antragsgegner am 25.02.2015 Beschwerde eingelegt. Die Beigeladene hat ihre Beschwerde in ihrem Beschwerdeschriftsatz begründet, der Antragsgegner mit am 05.03.2015 eingegangenen Schriftsatz.

II.

15

Die zulässigen Beschwerden sind nach Maßgabe des eingeschränkten Prüfungsprogramms gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die angefochtene Baugenehmigung angeordnet, weil sich nach der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin keinen Erfolg haben wird. Die Baugenehmigung verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Der Antragstellerin steht kein subjektives Recht zur Seite, das durch die Baugenehmigung verletzt sein könnte.

17

1. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB begründet hinsichtlich der materiellen Planungshoheit keine Rechte, sondern setzt sie vielmehr voraus. N u r im Falle der Anwendbarkeit des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB entfaltet sich dessen planungsrechtliche Schutzfunktion. Die vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Alsdann führt bereits die Missachtung des gesetzlich gewährleisteten Rechts der Gemeinde auf Einvernehmen zur Aufhebung der Baugenehmigung (BVerwG, B. v. 11.08.2008 - 4 B 25/08 - NVwZ 2008, 1347).

18

In vorliegenden Fall lag objektiv kein Fall der Anwendbarkeit des § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB vor. Das Vorhaben beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 4 der Gemeinde Demen liegt. Die Antragstellerin kann in einem solchen Fall eine Rechtsposition aus § 36 Abs. 1 S. 1 und 2 BauGB nur einnehmen, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 4 berufen kann. Dies ist aber nicht der Fall. Wie der Senat bereits entschieden hat (B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 – NordÖR 2007, 80 = BauR 2007, 515), kann eine Gemeinde die unerwünschten Folgen einer Genehmigung auf Grund eines erkannt unwirksamen Bebauungsplanes nicht dadurch verhindern, dass sie dessen Ungültigkeit geltend macht. Aus § 1 Abs. 8 BauGB ergibt sich, dass die Gemeinde - allein - die Befugnis hat, den Bebauungsplan aufzuheben oder zu ändern. Die materielle Rechtsposition der Gemeinde liegt mithin darin, bei erkannter Unwirksamkeit des Plans - ggf. auf Hinweis der Bauaufsichtsbehörde - diesen in einem Verfahren nach § 1 Abs. 8 BauGB aufzuheben oder zu ändern und dabei ggf. einen Antrag auf Zurückstellung nach § 15 BauGB zu stellen oder eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB zu erlassen. Die Planungshoheit der Gemeinde umfasst diese Möglichkeiten, nicht aber die, sich inzident auf die Unwirksamkeit des eigenen Bebauungsplans zu berufen, unbeschadet des Umstandes, dass das Gericht zur inzidenten Verwerfung befugt wäre. Diese Möglichkeit sichert das Verfahrensrecht. Nach § 36 Abs. 1 S. 3 BauGB stellen für den Fall, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB richtet, die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 BauGB entscheiden kann. Dementsprechend bestimmt § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V, dass ein Bauvorhaben nach Absatz 1 nur dann genehmigungsfrei gestellt ist, wenn die Gemeinde nicht innerhalb der Frist nach § 62 Abs. 3 S. 2 LBauO M-V erklärt, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB beantragt wurde. § 62 Abs. 3 S. 2 LBauO M-V bestimmt, dass mit dem Bauvorhaben erst einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde begonnen werden darf. Dass – wie es das von dem Antragsgegner verwendete Formular allerdings nahe legen könnte - die Beteiligung der Gemeinde nach § 36 Abs. 1 S. 3 BauGB kein Fall des Einvernehmens i.S.v. § 36 Abs. 1 und 2 BauGB darstellt, wird aus § 36 Abs. 2 S. 1 BauGB deutlich, wonach das Einvernehmen der Gemeinde nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden darf.

19

2. Eine Gemeinde ist allerdings gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt und kann in ihrer Rechten i.S.v. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verletzt sein, wenn die Bauordnungsbehörde ein Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, genehmigt, ohne die an sich erforderliche Befreiung zu erteilen (VGH Mannheim, B. v. 29.09.1981 - 3 S 1184/81 – juris). Dieser Fall ist dem gleich zu behandeln, in dem bei einer erteilten Befreiung das notwendige Einvernehmen nicht eingeholt worden ist (dazu BVerwG, U. v. 11.08.2008 - 4 B 25/08 - NVwZ 2008, 1347). Andernfalls könnte die Gemeinde um ihre Rechtsposition nach § 36 BauGB gebracht werden, die sie erhält, wenn eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt wird (Senat, B. v. 26.03.2013 - 3 M 8/13 - NVwZ-RR 2013, 1013 (Leitsatz), zit. nach juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

20

a) Das Vorhaben ist mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 vereinbar. Es handelt sich um einen im festgesetzten Industriegebiet gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb. Der nach § 1 Abs. 9 BauNVO festgesetzte Ausschluss von gewerblich genutzten Biogasanlagen greift nicht ein.

21

Der Begriff der Biogasanlage im Sinne der Festsetzung des Bebauungsplans ist als bauplanungsrechtlicher Begriff § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu entnehmen. Danach handelt es sich bei Biomasseanlagen um Betriebe zur energetischen Nutzung von Biomasse. Eine Biogasanlage ist als Unterfall eine solche, die der Erzeugung von Gas dient, im Gegensatz zu solchen Biomasseanlagen, die der Erzeugung einer anderen energetischen, etwa Wärmenutzung dienen (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 47).

22

Gegenstand des Verfahrens und damit zugleich Gegenstand der erforderlichen rechtlichen Würdigung nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der BauNVO ist ein „Vorhaben“ im Sinne des § 29 BauGB. Auf den Anlagenbegriff anderer Gesetze, etwa des BImSchG oder des EEG, kommt es nicht an. Dies gilt auch für den Anlagenbegriff des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchG (Mitschang/Reidt a.a.O.). Über den Inhalt eines Vorhabens nach § 29 S. 1 BauGB bestimmt grundsätzlich der jeweilige Antragsteller. Es ist also - innerhalb der Grenzen, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind - Sache des jeweiligen Antragstellers, durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was „das Vorhaben“ und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (BVerwG, U. v. 04.07.1980 - IV C 99.77 - NJW 1981, 776). Ob bei einer technisch teilbaren Anlage die einzelnen Teile zur Genehmigung gestellt werden und daher jeder für sich „Vorhaben“ im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB ist oder ob die gesamte Anlage als ein „Vorhaben“ Gegenstand der Beurteilung zu sein hat, bestimmt sich somit grundsätzlich nach dem erkennbaren Willen des Antragstellers. Solange er mit der Festlegung dessen, was „das Vorhaben“ sein soll, nichts aufspaltet, was sich nicht aufspalten lässt, weil sonst die Gefahr bestünde, dass ein Teil des Vorhabens zugelassen würde, der für sich betrachtet nicht den Absichten des Bauherrn entspricht, ihnen möglicherweise sogar zuwiderläuft (vgl. BVerwG, U. v. 03.05.1974 - IV C 10.71 - DÖV 1974, 566), oder umgekehrt nichts zusammenfasst, was sich derart nicht zusammenfassen lässt, unterliegt die Abgrenzung des jeweiligen Vorhabens seiner Disposition (BVerwG, U. v. 20.10.1978 - 4 C 75.76 - BauR 1979, 122). Eine Lagereinrichtung ist eine selbständige Anlage, wenn sie nicht räumlich und funktional in den Betriebsprozess eingegliedert und damit Teil des Gesamtbetriebes ist (BVerwG, B. v. 15.11.1991 - 4 C 17/88 - NVwZ-RR 1992, 402).

23

Es kann dahin stehen, welche Anlagenteile zwingend zu einer Biomasseanlage zu zählen sind (dazu Mitschang/Reidt a.a.O.). Grundsätzlich dient „Biogasanlage“ als Oberbegriff für verschiedene Anlagenteile, v.a. ein‎ Zwischenlager für die jeweils einzuspeisenden Substrate, einen oder mehrere Fermenter (Gärvorrichtung), die erforderlichen Steuerungsanlagen, eine Vorrichtung zur Erfassung und Zwischenlagerung von Biogas und Gärresten und eine Verstromungseinrichtung (Ehlers, Genehmigung von Biogasanlagen in : Martínez (Hrsg.),‎ Göttinger Onlinebeiträge zum Agrarrecht Nr. 05/13 2013 S. 2; vgl. auch dazu Mitschang/Reidt a.a.O.). Es mag sein, dass, weil einzelne Anlagenteile als ein Vorhaben anzusehen sind, soweit sie nur gemeinsam bedeutungsvoll sind, dies für die einzelnen Bestandteile der Biomasseanlage gilt, da sie als solche den durch den Betrieb beabsichtigten Erfolg der Biogaserzeugung nicht herbeiführen können (Ehlers a.a.O. S. 3).‎ ‎Jedenfalls gehört hierzu nicht notwendig eine w e i t e r e Einrichtung zur Zwischenlagerung von Gärresten, sofern sie nicht nach dem oben genannten Grundsätzen von dem Antragsteller zum Gegenstand eine einheitlichen Vorhabens gemacht werden.

24

Die Beigeladene hat ausdrücklich ausschließlich die Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste auf dem Flurstück G1 der Gemarkung Demen zur Genehmigung gestellt. Einen Zusammenhang mit der etwa in 5 km Luftlinie entfernten Biogasanlage stellt der Antrag nicht her. Im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Relevanz eines Vorhabens nach § 29 Satz 1 BauGB könnte im Übrigen auch zweifelhaft sein, ob nach den oben dargelegten Grundsätzen eine solche Bestimmung des Vorhabens möglich wäre. Die Anlage ist, nachdem die Biogasanlage am Standort K. selbst über einen Gärrestebehälter verfügt, eigenständig nutzbar. Umgekehrt ist die Biogasanlage nutzbar, ohne dass der hier zur Genehmigung gestellte Lagerbehälter zur Verfügung steht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird ein Zusammenhang auch nicht dadurch hergestellt, dass die Beigeladene in dem Genehmigungsantrag ausgeführt hat, Anlass für die Planung im Bebauungs-plangebiet Nr. 4 sei, dass die Biogasanlage in der Ortslage K. auf eine geringe Akzeptanz stoße und dort die Errichtung des Gärrestebehälters auf gestiegene wasserrechtliche Anforderungen stoßen würde. Durch diese Motive der Planung wird ein einheitliches Vorhaben nicht begründet.

25

Selbst wenn Gase von dem zu errichtenden Behälter in eine andere Anlage abgeleitet werden sollten, wird hierdurch nach dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen mit dieser Anlage kein einheitliches Vorhaben begründet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Behälter nicht ohne diese Ableitung des Gases betrieben werden könnte.

26

Der Bebauungsplan kann nicht so ausgelegt werden, dass der Ausschluss von Biogasanlagen auch selbstständige bauliche Anlagen betrifft, die als solche keine Biogasanlage darstellen, aber im Zusammenhang mit einer solchen Anlage genutzt werden sollen. Bei der Auslegung von vorhabenbezogenen Festsetzungen eines Bebauungsplans ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Satzungsgeber Begriffe verwendet, die es in der Rechtswirklichkeit tatsächlich gibt und die eine hinreichende Abgrenzung von anderen Vorhaben ermöglicht (Mitschang/Reidt a.a.O. § 9 Rn. 7). Lagerbehälter als solche sind andere Anlagen als eine Biogasanlage. Selbstständige Lagerbehälter sind eigenständige Gewerbebetriebe, wie aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO hervorgeht. Typische Beispiele sind Lagerhäuser und -plätze, die als selbstständige Gewerbebetriebe mit dem alleinigen oder zumindest überwiegenden Nutzungszweck der Lagerung geführt werden (vgl. BVerwG, U. v. 08.11.2001 - 4 C 18/00 - NVwZ 2002, 730). Auch aus wie aus Ziff. 8.13 oder 9.36 der 4. BImSchV wird deutlich, dass es sich um unterschiedliche Anlagen handelt. Dieses Ergebnis wird auch aus der Begründung des Bebauungsplans ersichtlich: Danach sollen die ausgeschlossenen Anlagetypen gewährleisten, dass gesunde Arbeits- und Wohnverhältnisse und das Landschaftsbild gesichert werden. Mit den dort genannten Anlagen, etwa Biogasanlagen, Altreifen- oder Hausmüllverbrennungsanlagen, Anlagen zur gewerblichen Tierhaltung, Windenergieanlagen oder Kohlekraftwerken sind selbstständige Lagerstätten in dieser Hinsicht nicht vergleichbar.

27

b) Auch die Veränderungssperre der Antragstellerin greift nicht ein.

28

Gemäß § 14 Abs. 3 BauGB werden Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung von der Veränderungssperre nicht berührt.

29

Das Vorhaben ist vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden. Nach § 9 der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung - KV-DVO - vom 09.05.2012 (GVOBl. M-V 2012, S. 133), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.03. 2014 (GVOBl. M-V S. 129), ist die öffentliche Bekanntmachung der Satzung bei Aushang mit Ablauf des letzten Tages der Aushangfrist erfolgt. Dies war am 02.12.2014. Die Baugenehmigung war der Beilgeladenen bereits am 26.11.2014 bekannt gegeben worden.

30

Der Wirksamkeit der Baugenehmigung steht nicht der als „aufschiebende Bedingung“ bezeichnete Hinweis auf die Vorlage für die Statik relevanter Unterlagen entgegen. Aus § 66 LBauO M-V geht hervor, dass die bautechnische Prüfung unabhängig von der Baugenehmigung erfolgt. Dies wird aus § 62 Abs. 5 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 2 und § 64 S. 2 LBauO M-V deutlich. Trotz des möglichweise missverständlichen Wortlauts der Baugenehmigung ist entsprechend der geltenden Rechtslage nicht gemeint, dass die Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung steht, sondern der Baubeginn erst nach Vorlage für die Statik relevanter Unterlagen erfolgen darf. Dies folgt aus § 72 Abs. 8 S. 2 LBauO M-V, wonach Baugenehmigungen, Bauvorlagen sowie bautechnische Nachweise, soweit es sich nicht um Bauvorlagen handelt, an der Baustelle von Baubeginn an vorliegen müssen. Im Übrigen kommt es bei der Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB allein auf die sich nach den allgemeinen Grundsätzen stellende Frage an, ob die Baugenehmigung bereits (äußere) Wirksamkeit gegenüber dem Bauherrn erlangen konnte (VG Frankfurt (Oder), B. v. 08.06.2015 - 5 L 589/14 – zit. nach juris).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

32

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines benachbarten Grundstücks (FlNr. …, Gemarkung G …) gegen einen Bescheid der Beklagten vom 2. Dezember 2014, mit der der Beigeladenen unter Abweichungen von den Abstandsflächen, einer Befreiung von der im einschlägigen Bebauungsplan festgesetzten Grundflächenzahl sowie unter Zulassung einer Nebenanlage (Garage) außerhalb der Baugrenzen eine Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau und energetische Sanierung Wohnhaus“ auf FlNr. … (Baugrundstück) genehmigt wurde.

Das Wohnhaus der Kläger grenzt ohne Abstand an das Gebäude auf dem Baugrundstück. Ursprünglich wurden beide Gebäude im 19. Jahrhundert als Zweifamilienhaus errichtet, erst Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgte im Zuge einer Grundstücksteilung die Aufspaltung in zwei rechtlich getrennte Doppelhaushälften. U.a. befürchten die Kläger im Falle der Umsetzung der Baugenehmigung aufgrund statischer Aspekte sowie aufgrund verbundener Leitungen und einer Gastherme im Bereich der gemeinsamen trennenden Wand Schäden an der Bausubstanz ihres Gebäudeteils. Ihre Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 19. Mai 2016 ab; der Genehmigungsbescheid vom 2. Dezember 2014 verletze sie nicht in subjektiven Rechten.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die Rechtssache weist hinsichtlich des von den Klägern allein geltend gemachten Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, auf den sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO), keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt. (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 - 15 ZB 14.2686 u.a. - juris Rn. 63 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2016, § 124 Rn. 28 m.w.N.). Es bedarf hinsichtlich der Darlegung am Maßstab von § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO einer substanziellen Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil und einer konkreten Bezeichnung der Tatsachen- und Rechtsfragen, hinsichtlich derer sich solche Schwierigkeiten stellen, sowie des Aufzeigens, worin diese Schwierigkeiten bestehen (vgl. BayVGH, B.v. 20.4.2016 a.a.O. Rn. 63 m.w.N.).

1. Hinreichend dargelegte Schwierigkeiten solcher Art weist der Rechtsstreit nicht auf, soweit es um die Beurteilung der vom Verwaltungsgericht verneinten nachbarschützenden Wirkung der im Bebauungsplan Nr. … „W … Straße, …“ festgesetzten Grundflächenzahl geht, von der in dem angefochtenen Genehmigungsbescheid befreit wurde. Die entscheidenden Fragen zur Reichweite des Nachbarschutzes aus solchen Festsetzungen sind in der Rechtsprechung geklärt. Es sind zudem weder tatsächliche Umstände noch Rechtsfragen vorgetragen worden, die speziell im vorliegenden Fall die Rechtsanwendung außergewöhnlich schwierig machen könnten.

Eine auf das Plangebiet bezogene nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.; B.v. 27.8.2013 - 4 B 39.13 - ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3 m.w.N.). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Die von den Klägern thematisierte Festsetzung über die Grundflächenzahl betrifft hingegen nicht die Art, sondern das Maß der baulichen Nutzung (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1, § 19 BauNVO). Festsetzungen im Bebauungsplan über das Maß der baulichen Nutzung haben grundsätzlich keine automatische nachbarschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln ausnahmsweise Drittschutz nur dann, wenn sie nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 - NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24; B.v. 1.8.2016 - 15 CS 16.1106 - juris Rn. 17). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln. Ein entsprechender Wille muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben. Maßgebend ist, ob die Festsetzung auf Basis einer wertenden Beurteilung des Fest-setzungszusammenhangs nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (zum Ganzen z.B. BayVGH, B.v. 5.9.2016 - 15 CS 16.1536 - juris Rn. 34 m.w.N.).

Eine entscheidungserhebliche, konkrete ungewöhnliche Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art des vorliegenden Falls und insbesondere die Möglichkeit einer insofern rechtlichen Falschbeurteilung durch das Verwaltungsgericht wurde mit der Zulassungsbegründung nicht aufgezeigt. Soweit die Kläger vorbringen, dass der den Bestand überplanende Bebauungsplan den Zweck habe, die künftige städtebauliche Entwicklung und Gestaltung zu ordnen, und sich ein Bauvorhaben hieran messen lassen müsse, spricht dies eher für eine rein städtebauliche Zielsetzung im ausschließlich öffentlichen Interesse. Sofern die Kläger darauf abstellen, dass das mit dem streitgegenständlichen Bescheid genehmigte Vorhaben zu einer Verdichtung führe, die einer Umstrukturierung des gesamten Wohngebietes gleichkomme, vermag dies allein nach den oben dargestellten Grundsätzen keine subjektive Rechtsverletzung zu begründen. Denn die Kläger argumentieren - unabhängig davon, dass es sich bei einer solchen Verdichtung um eine typische Folge einer Befreiung von einer festgesetzten Grundflächenzahl handelt - insofern ausschließlich anhand faktischer Auswirkungen, ohne den (auszulegenden) Inhalt und die Reichweite der Festsetzung selbst in den Blick zu nehmen. Inwiefern es - ggf. unter Heranziehung der Planungsakten, der Abwägungsgrundlagen o.ä. - tatsächlich oder rechtlich schwierig sein könnte, die Festsetzung hinsichtlich der Frage einer (ausnahmsweisen) drittschützenden oder einer (im Regelfall anzunehmenden) nicht-drittschützenden Funktion auszulegen, wird von den Klägern in der Zulassungsbegründung nicht substanziiert erörtert. Die von ihnen in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 13.7.1999 - 4 TG 1322/99) kommt im Übrigen gerade nicht zu der Annahme eines nachbarschützenden Charakters der dortigen planerischen Festsetzungen, sondern findet die Lösung über das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. juris Rn. 10 ff.). Die Kläger tragen aber weder vor noch begründen sie substanziiert, warum die Beurteilung der Sach- und Rechtslage speziell in Bezug auf eine verdichtete Bebauung am Maßstab des über § 31 Abs. 2 BauGB anzuwendenden Rücksichtnahmegebots besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht bereiten könnte.

2. Auch soweit die Kläger die Frage der nachbarschützenden Wirkung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze thematisieren und die diesbezüglich ablehnende Haltung des Verwaltungsgerichts in Frage stellen, sind besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache, die unter Berücksichtigung der Rechtsprechung gerade im vorliegenden Fall konkret bestehen könnten, nicht aufgezeigt worden.

Hinsichtlich des „Ob“ des Nachbarschutzes aus Festsetzungen über die überbaubare Grundstücksfläche - wie hier hinsichtlich der festgesetzten Baugrenze (§ 23 Abs. 1, Abs. 3 BauNVO), von der im Genehmigungsbescheid hinsichtlich der Garage eine Ausnahme gem. § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen wurde - gilt dasselbe wie bei Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung (s.o.). Drittschutz kommt auch diesbezüglich nur dann in Betracht, wenn die Festsetzung nach dem Willen der Gemeinde als Plangeberin eine drittresp. nachbarschützende Funktion haben soll und wenn sich ein entsprechender Wille nach Maßgabe einer vorzunehmenden Auslegung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergibt (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2016 - 4 B 29.16 - juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 24; B.v. 22.2.2017 - 15 CS 16.1883 - juris Rn. 13). Ein auf den nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses gerichteter, nachbarschützender Zweck kann etwa angenommen werden, wenn der Plangeber auf faktisch einzuhaltende Grenzabstände abzielt und dabei denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2014 - 15 CS 14.615 - juris Rn. 25; B.v. 22.2.2017 a.a.O.). Die Kläger werden insofern schon nicht im Ansatz den Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO gerecht. Weder findet in der Zulassungsbegründung eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil in rechtlicher Hinsicht statt noch wird in tatsächlicher Hinsicht erläutert, weshalb der Sachverhalt besonders unübersichtlich ist bzw. schwierig zu ermitteln ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 68, 71).

3. Hinsichtlich des Vortrags, die bauordnungsrechtliche Abweichung von den Abstandsflächen verletze die Kläger in eigenen Rechten, weil ihre Belange hinsichtlich Belichtung, Belüftung und Besonnung beeinträchtigt würden, bleibt es in der Zulassungsbegründung bei einer bloßen Behauptung. Worin gerade fallbezogen die besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Rechtsanwendung der (hier gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm des Genehmigungsverfahrens gehörenden) Regelungen gem. Art. 6, Art. 63 Abs. 1 BayBO liegen könnten, wird jedenfalls hinsichtlich der genannten (grundsätzlich nachbarschützenden) Belange „Belichtung, Belüftung und Besonnung“ nicht konkret ausgeführt. Auch insofern genügen die Kläger den formalen Darlegungsanforderungen an die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes nicht.

4. Dasselbe gilt, soweit die Kläger die rechtliche Subsumtion des Verwaltungsgerichtsgerichts zu Art. 68 Abs. 4 BayBO in Bezug auf beeinträchtigte (privatrechtlich geregelte) Leitungsrechte auf dem Baugrundstück anzweifeln. In der Zulassungsbegründung findet sich hierzu nur der Satz: „Auch hinsichtlich der privatrechtlich geregelten Leitungsrechte dürfen die Kläger nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, weil die angegriffene Baugenehmigung die Durchbrechung der beurkundeten Leitungsrechte unbeschadet der Regelung des Artikel 68 Absatz 4 BayBO legalisiert.“ Unabhängig von der fraglichen Richtigkeit dieser Aussage (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 19 m.w.N.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 50; Molodovsky in Molodovski/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: November 2016, Art. 68 Rn. 63) unterlassen die Kläger in der Zulassungsbegründung auch diesbezüglich eine substanziierte Auseinandersetzung mit den Fragen, worin der konkrete Fehler in der Argumentationslinie des Verwaltungsgericht liegen soll und worin genau die rechtliche bzw. tatsächliche Schwierigkeit der diesbezüglichen Rechtsanwendung zu sehen ist.

5. Keine entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache sind ferner ersichtlich, soweit die Kläger eine Gefährdung des Bestands ihres Gebäudeeigentums geltend machen.

Die Kläger tragen insofern vor, dass statische Bedenken hinsichtlich der Bauausführung zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führten, weil die Bauaufsichtsbehörde sehenden Auges eine statisch unmögliche Ausführung eines Bauvorhabens gestatte. Sie dürften nicht darauf verwiesen werden, eine Rissbildung in ihrem Bestandsgebäude abzuwarten, bevor die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der Überwachung durch eine Baueinstellung tätig werde. Jedenfalls sei das Rücksichtnahmegebot hinsichtlich dieser statischen Bedenken verletzt, zumal auch der Statiker der Bauaufsichtsbehörde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich eine Einsturzgefahr am Gebäudeteil der Kläger konstatiert habe, der nur durch aufwändige technische Maßnahmen im Verantwortungsbereich der Beigeladenen zu begegnen sei. Eine „Havariegefahr“ gehe ferner von den beide Grundstücke durchlaufenden Abwasser- und Gasversorgungsleitungen sowie von der Gastherme aus.

a) Soweit die Kläger eine Gefährdung ihres Anwesens unter statischen Gesichtspunkten sowie unter den Gesichtspunkten einer Explosionsgefahr aufgrund von Bauarbeiten (also während der Phase von Abriss- und Wiedererrichtung) geltend machen, ist dies - auch wenn sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen unter Verwertung der Ausführungen des Baustatikers in der mündlichen Verhandlung mit der Substanzgefährdung in der Sache beschäftigt hat - schon mangels Entscheidungserheblichkeit offensichtlich irrelevant: Unabhängig von der Einschlägigkeit des umfassenden oder vereinfachten Genehmigungsverfahrens (Art. 59, Art. 60 BayBO) und unabhängig von den Unterschieden in der Prüfdichte in diesen Verfahren ist Gegenstand der Prüfung in einem Genehmigungsverfahren laut Art. 55 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ausschließlich die zur Genehmigung gestellte „Errichtung“ bzw. (Nutzungs-) „Änderung“ des „Bauvorhabens“, nicht aber der Errichtungsvorgang als solcher (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris Rn. 3; B.v. 23.3.2011 - 2 CS 11.1218 - juris Rn. 9; B.v. 8.7.2013 - 2 CS 13.807 - juris Rn. 14; B.v. 21.4.2016 - 15 ZB 14.2572 - juris Rn. 23; B.v. 6.2.2017 - 15 ZB 16.398 - juris Rn. 20; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2016, Art. 9 Rn. 9; zur vergleichbaren Rechtslage im Saarland: OVG Saarl., B.v. 5.12.2016 - 2 B 298/16 - juris Rn. 10). Wie die Ausführung des Vorhabens technisch im Einzelnen vor sich gehen soll und ob dies mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist, ist nicht Prüfgegenstand der Baugenehmigung (speziell zur Standsicherheit vgl. Nolte in Simon/Busse, BayBO, Stand: August 2016, Art. 10 Rn. 20).

Da mithin Standsicherheitsfragen hinsichtlich des Nachbargebäudes im Zusammenhang mit dem Errichtungsvorgang des Bauvorhabens im Baugenehmigungsverfahren nicht geprüft werden, trifft die Unbedenklichkeitsfeststellung einer Baugenehmigung diesbezüglich keine Aussage und kann folglich keine subjektiven Nachbarrechte der Kläger verletzen.

b) Soweit die Zulassungsbegründung dahin gehend zu verstehen sein sollte, dass die Kläger die Standsicherheit ihres eigenen Gebäudes auch durch das genehmigte Bauvorhaben als solches - also durch den nach Vollendung der Bauarbeiten und nach Umsetzung der streitgegenständlichen Baugenehmigung bestehenden Zustand - gefährdet sehen, ist weder eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots denkbar noch kann eine Nachbarrechtsverletzung wegen eines Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften vorliegen. Auch insofern bestehen weder tatsächlich noch rechtliche Schwierigkeiten i.S. von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

Die von den Klägern befürchtete mögliche Beeinträchtigung der Standsicherheit ihres Gebäudes ist schon kein im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu prüfender Belang (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2008 - 2 CS 08.2582 - juris Rn. 2; B.v. 24.11.2016 - 1 CS 16.2009 - juris Rn. 5). Das Rücksichtnahmegebot stellt keine allgemeine Härteklausel dar, die über den Vorschriften des öffentlichen Baurechts steht, sondern ist Bestandteil einzelner bauplanungsrechtlicher Vorschriften des Baurechts (vgl. auch BVerwG, U.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879 = juris Rn. 6). Ein städtebaulicher resp. bauplanungsrechtlicher Bezug, der insofern über das hier gem. § 30 BauGB, § 15 BauNVO bzw. § 31 Abs. 2 BauGB geltende Gebot der Rücksichtnahmegebot zum Tragen kommen könnte, ist weder ersichtlich noch von den Klägern substanziiert geltend gemacht worden.

Werden Explosionsgefahren und hieraus resultierende Beeinträchtigungen für das Nachbargrundstück, die von einer genehmigten errichteten oder geänderten Anlage ausgehen, als Bestandteil des Rücksichtnahmegebots angesehen (vgl. insoweit OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.8.2011 - 2 M 84/11 - NVwZ 2012, 119 = juris Rn. 24 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 29.4.2016 - 9 K 4716/14 - juris Rn. 69), ergeben sich hieraus für den vorliegenden Fall ebenfalls keine (entscheidungserheblichen) besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache i.S. von § 124 Abs. 2 Nr., 2 VwGO. Nach dem vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt, der von den Klägern im Zulassungsverfahren insofern nicht in Zweifel gezogen wurde, befinden sich die Gasleitungen, die der Versorgung des Anwesens der Kläger dienen, ausschließlich in deren Gebäude. Hinsichtlich der Gastherme der Kläger, die laut ihren Ausführungen nach Maßgabe zivilrechtlicher Regelungen in das Gebäudeteil auf dem Baugrundstück hineinrage, sehen sie ein Problem darin, dass diese im Zuge des Abrisses „in der Luft hänge“ (vgl. im Detail Seite 4 der Klageschrift vom 12.3.2015). Insofern kann es sich vornherein nur um eine Gefährdung handeln, die nicht von dem genehmigten Vorhaben selbst, sondern allenfalls von den hierauf bezogenen Bauarbeiten ausgeht. Aufgrund der Erwägungen zu a) kann es daher hierbei nicht um eine für den vorliegenden Nachbarrechtsstreit entscheidungserhebliche Sach- und Rechtsfrage gehen. Auch soweit die Kläger Gefahren für ihr Gebäude in Bezug auf die Beschädigung von Abwasserleitungen gelten machen, ist nicht ersichtlich bzw. substanziiert dargelegt worden, inwiefern diese Gefahren nicht nur während der (für den Nachbarschutz irrelevanten) Bauphase, sondern auch nach Umsetzung des Bauvorhabens bestehen könnten.

c) Soweit der Zustand nach vollständiger Umsetzung des genehmigten Vorhabens aufgrund einer von den Klägern behaupteten Gefährdung ihres Gebäudes materiell gegen Art. 10 Satz 3 BayBO oder (als Auffangvorschrift) gegen Art. 3 Abs. 1 BayBO verstoßen sollte, ist der diesbezügliche Vortrag der Kläger ebenfalls nicht geeignet, die Berufung aufgrund § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Aus Art. 59 Satz 1 BayBO, dessen Einschlägigkeit von den Klägern nicht in Zweifel gezogen wird, ergibt sich - wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - eindeutig, dass im sog. vereinfachten Verfahren die Anforderungen des Bauordnungsrechts außerhalb beantragter Abweichungen (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO) nicht vom Prüfumfang umfasst sind (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.11.2016 - 1 CS 16.2009 - juris Rn. 3). Die streitgegenständliche Baugenehmigung trifft daher keine Feststellung, dass die bauliche Anlage die in Art. 3, Art. 10 BayBO enthaltenen Anforderungen erfüllt; eine Rechtsverletzung der Kläger durch die Baugenehmigung scheidet daher unabhängig davon aus, ob die von ihnen geäußerten Bedenken gegen die Standsicherheit zutreffen oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2012 - 1 ZB 10.1883 - juris Rn. 2).

Betroffene Nachbarn sind im Falle eines tatsächlichen, materiellen Verstoßes eines Vorhabens gegen entsprechende sicherheitsbezogene Anforderungen der BayBO nicht rechtsschutzlos, weil sie - ggf. neben Ansprüchen auf bauordnungsrechtliches Einschreiten oder ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber (vgl. Art. 54 Abs. 2, Art. 75 BayBO) - auch zivilrechtlichen Nachbarschutz geltend machen können (etwa unter Berufung auf eine Eigentumsverletzung, § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BauGB oder unter Berufung auf den sog. quasinegatorischen Abwehranspruch analog § 1004 i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB, vgl. Seidel, NVwZ 2004, 139 ff.).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 - 15 ZB 16.562 - juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts. Der Anregung der Kläger, den Streitwert zu verdoppeln, folgt der Senat nicht. Die streitgegenständliche Baugenehmigung betrifft lediglich eine bauliche Änderung eines Wohnhauses in herkömmlicher Größe. Eine Streitwertfestsetzung im unteren Bereich des Rahmens der Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs erscheint daher gerechtfertigt.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Unter Änderung von Nummer III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragstellerin aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse der Antragstellerin überwiegt. Die der Beigeladenen im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Wohnhauses mit Laden, Café und Tiefgarage verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der von der Antragstellerin vorgetragene Einwand, aufgrund der bodengeologisch gefährlichen Gegebenheiten müsse auch für das in ihrem Eigentum auf dem südlich an das Bauvorhaben angrenzenden Grundstück stehende Gebäude ein Standsicherheitsnachweis erbracht werden, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Ungeachtet der Frage, ob die Ausführungen dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechen, ist dem Verwaltungsgericht im Ergebnis darin zuzustimmen, dass insoweit eine Anfechtung der Baugenehmigung ins Leere geht. Denn im vereinfachten Genehmigungsverfahren ist kennzeichnend, dass der Umfang der bauaufsichtlichen Prüfung und damit auch der Regelungsgehalt der Baugenehmigung eingeschränkt ist. Der von der Bauaufsichtsbehörde insoweit vorzunehmende Umfang der Prüfung wird allein durch Art. 59 BayBO bestimmt (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244.96 - NVwZ 1998, 58; BayVGH, B.v. 12.7.2016 - 15 ZB 14.1108 - juris Rn. 18; B.v. 27.10.1999 - 2 CS 99.2387 - BayVBl 2000, 377). In einem solchen Verfahren werden daher weder die Standsicherheit einer baulichen Anlage nach Art. 10 Satz 1 und 2 BayBO noch die Standsicherheit baulicher Anlagen auf Nachbargrundstücken nach Art. 10 Satz 3 BayBO geprüft. Im vorliegenden Fall lässt sich eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Nachbarrechten auch nicht aus der im streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid unter Nummer II. 5.10 aufgeführten „Auflage“ zur Wahrung der Standsicherheit des benachbarten Gebäudes während der Bauausführung ableiten, wobei unterstellt werden kann, dass diese „Auflage“ nicht das Gebäude der Antragstellerin, sondern nur das nördlich an das Bauvorhaben anschließende Gebäude betrifft. Denn sie gibt ungeachtet der Bezeichnung als „Auflage“ lediglich allgemein den Inhalt des Art. 10 Satz 3 BayBO wieder und stellt einen bloßen Hinweis auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst und der Technik bei der Bauausführung dar (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Ein weiterer eigenständiger Regelungsgehalt ist demgegenüber nicht erkennbar. Daraus folgt, dass die Standsicherheit der baulichen Anlagen auf Nachbargrundstücken in der angegriffenen Baugenehmigung nicht geregelt worden ist. Es kommt daher auch nicht entscheidungserheblich auf mögliche Erkenntnisse zur Beweissicherung aus einem selbstständigen Beweisverfahren an. Im Übrigen enthält Art. 10 Satz 3 BayBO zwar eine dem Nachbarschutz dienende, bei der Bauausführung zu beachtende Voraussetzung, sie begründet aber weder eine objektive noch eine im Interesse der Nachbarn liegende Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde, die Einhaltung dieser Forderung bereits im Baugenehmigungsverfahren sicherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.1999 a. a. O.).

2. Auch die weitere Einwendung der Antragstellerin, sie sei für die Verfolgung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche auf die Einhaltung ordnungsgemäßer Bauvorlagen angewiesen, beispielsweise für die Überprüfung der Einhaltung der Abstandsflächen, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Verweis auf den Schriftsatz vom 8. August 2016 im erstinstanzlichen Verfahren dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entspricht. Denn eine Verletzung von Nachbarrechten der Antragstellerin ist nicht erkennbar. Maßgeblich für den Rechtsschutz der Antragstellerin ist, dass sie feststellen kann, ob und in welchem Umfang sie von der Baugenehmigung betroffen ist. Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft (vgl. BayVGH, B.v. 29.4.2015 - 2 ZB 14.1164 - juris Rn. 6). Gemessen daran erschließt sich dem Senat nicht, inwieweit die vorgelegten Unterlagen in nachbarrechtsverletzender Weise unklar sein sollen, zumal eine Abweichung nach Art. 63 BayBO nicht beantragt wurde (BA S. 7) und Bauordnungsrecht damit nicht vom Prüfumfang der Baugenehmigung umfasst ist. Darauf, dass die Abstandsflächen im Baugenehmigungsverfahren thematisiert wurden, kommt es eben so wenig an wie darauf, ob gegebenenfalls eine Abstandsflächenübernahme erforderlich war oder die Antragstellerin etwaige zivilrechtliche Ansprüche in Betracht zieht. Auch insoweit würde ein entsprechender Nachbarantrag ins Leere gehen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 - 4 B 244.96 - NVwZ 1998, 58).

3. Schließlich vermag der Senat anhand der vom Verwaltungsgericht dargelegten und aus den Akten ablesbaren konkreten Grundstücksverhältnisse auch keinen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme erkennen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1986 - 4 C 34.85 - DVBl 1986, 1271). Bei der insoweit maßgebenden Frage, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 - 4 C 1.04 - NVwZ 2005, 328), ist die Feststellung des Verwaltungsgerichts, angesichts der Firsthöhen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Bauvorhabens der Beigeladenen sowie angesichts der zu überbauenden Grundstücksfläche und des Volumens des Bauvorhabens (BA S. 9) sei die Grenze der Zumutbarkeit für die Antragstellerin nicht überschritten, nicht zu beanstanden. Das Vorhaben entfaltet danach keine „abriegelnde“ oder „erdrückende“ Wirkung. Besondere Umstände, welche ausnahmsweise die Annahme einer solchen Wirkung rechtfertigen, werden in der Beschwerdebegründung, die sich unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 8. August 2016 im Wesentlichen auf den pauschalen Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 1986 (a. a. O.) sowie des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Oktober 2012 (15 ZB 11.1016 - juris) beschränkt, weder dargelegt noch sind sie erkennbar. Auch die von der Antragstellerin befürchtete mögliche Beeinträchtigung der Standsicherheit ihrer Mauer und möglicherweise ihres Gebäudes ist kein im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu prüfender Belang, da das Rücksichtnahmegebot keine allgemeine Härteklausel, die über den Vorschriften des öffentlichen Baurechts steht, sondern Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts ist (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 - NVwZ 1999, 879), die zum Prüfprogramm des Baugenehmigungsverfahrens gehören.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nr. 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 15. Mai 2013 – 5 L 1823/12 – wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Anwesens H-Straße 3 in K. Auf dem Grundstück befindet sich auf dem der Straße zugewandten Teil ein im Erdgeschoss gewerblich und im Obergeschoss zum Wohnen genutztes Gebäude, an das auf dem Grundstück des Beigeladenen (H-Straße 5) ein Wohnhaus angebaut ist. Im rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Klägers steht ein früher als Lagerraum mit darüber befindlicher Wohnung genutztes Gebäude, an dem der Kläger Umbaumaßnahmen im Bereich des Ober- und des Dachgeschosses und eine Erneuerung der westlichen Giebelwand sowie der Bedachung durchgeführt hat. Dieses heute zum Wohnen genutzte Haus grenzt auf dem Grundstück des Beigeladenen an ein ehemaliges Scheunengebäude an, das nach einem Einsturz als Wohngebäude wieder errichtet wurde. Die Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich des Ortsteils L.

Nachdem der Antragsgegner den Antragsteller unter dem 18.3.2010 zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für die Grenzwand zum Flurstück 114 aufgefordert hatte, legte dieser einen “Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ der C. GmbH & Co KG vom 6.10.2010 vor.

Unter dem 26.10.2012 reichte der Beigeladene bei dem Antragsgegner eine von ihm eingeholte Bewertung der Standsicherheit dieses rückwärtigen Gebäudes durch Dipl.-Ing. S. sowie eine brandschutztechnische Stellungnahme des Brandschutzsachverständigen Dipl.-Ing. S. vom 20.10.2012 über dessen angrenzende Gebäudeabschlusswand ein und beantragte ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Antragsteller.

Daraufhin verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller mit Bescheid vom 8.11.2012 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Zustellung der Verfügung erstens einen Standsicherheitsnachweis eines zugelassenen Tragwerksplaners über das gesamte im rückwärtigen Bereich des Grundstückes zum Wohnhaus umgebaute Gebäude sowie zweitens ein brandschutztechnisches Gutachten eines zugelassenen Brandschutzsachverständigen über die grenzständige Gebäudeabschlusswand des vorgenannten Wohnhauses zu dem Nachbargrundstück des Beigeladenen vorzulegen. Ferner drohte er jeweils ein Zwangsgeld an und setzte es zugleich aufschiebend bedingt fest.

Hiergegen legte der Antragsteller am 4.12.2012 Widerspruch ein.

Am 10.12.2012 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Im Wesentlichen machte er dabei geltend, er sei der Aufforderung zur Vorlage eines Standsicherheitsnachweises bereits im Jahr 2010 nachgekommen; der Nachweis sei vom Antragsgegner auch akzeptiert worden. Es gebe keinen vernünftigen Anlass, an der Standsicherheit bzw. der brandschutztechnische Ertüchtigung seines Vorhabens zu zweifeln. Sein Gebäude sei selbst im Jahr 2004, als die Scheune des Beigeladenen auf dem Nachbargrundstück eingestürzt sei, unbeschädigt geblieben. Die Situation auf seinem Grundstück sei dem Antragsgegner bereits seit dem Einsturz dieser Scheune bekannt gewesen. Da das - grenzständige - Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück kurz vor der Fertigstellung stehe und seine Giebelwand nicht mehr freiliege und auch nicht ohne weiteres brandschutztechnisch ertüchtigt werden könne, erscheine es unverhältnismäßig, von ihm entsprechende Nachweise zu verlangen. Der Antragsgegner habe vor Fertigstellung der Bauarbeiten ausreichend Gelegenheit zu entsprechenden Anordnungen gehabt. Außerdem sei das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung nicht in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise dargelegt worden. Es bestehe auch keine besondere Eilbedürftigkeit. § 57 Abs. 2 LBO greife als Ermächtigungsgrundlage nicht, da die Sanierungsarbeiten an seinem Anwesen bereits vor Jahren abgeschlossen worden seien und auch keine konkrete Gefahr bestehe. Außerdem genieße sein Anwesen Bestandsschutz. Die insoweit heranzuziehende Vorschrift des § 57 Abs. 3 LBO rechtfertige die Verfügung nicht.

Der Antragsgegner legte im Verfahren eine Stellungnahme der C. GmbH & Co. KG vom 1.2.2013 vor, wonach diese ihre statische Berechnung zurückziehe, weil sie von dem Aufsteller der Berechnung getäuscht worden sei; die Statik stimme nicht mit dem vorhandenen Baubestand überein.

Mit Beschluss vom 15.5.2013 – 5 L 1823/12 – wies das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag zurück. In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsgegner habe das bestehende besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung seines Bescheides in einer den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise dargelegt. Eine gesonderte Anhörung des Antragstellers vor Erlass des angefochtenen Bescheides sei nicht erforderlich gewesen, weil eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 SVwVfG) notwendig erschienen sei. Um das Bestehen der Gefahren für Leib und Leben von Personen sowie die Gefahr der Beschädigung für Sachen insbesondere des angrenzenden Gebäudes des Beigeladenen schnellstmöglich abzuklären, sei es durchaus sachgerecht, vom Antragsteller umgehend die Vorlage von Nachweisen über das Nichtvorliegen der entsprechenden Gefahren zu verlangen. Im Übrigen könne ein möglicher Fehler auch noch im Widerspruchsverfahren geheilt werden. § 57 Abs. 3 LBO greife nicht ein. Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid sei vielmehr § 57 Abs. 2 LBO. Die von dem Antragsteller am Haus vorgenommenen weit reichenden Änderungen rechtfertigten es in jedem Fall, dass die Untere Bauaufsichtsbehörde für das nunmehr vorhandene Gebäude Nachweise verlangte, dass die Vorschriften über die Standsicherheit und den Brandschutz eingehalten seien. Dem stehe hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nicht entgegen, dass der Antragsteller auf eine entsprechende Forderung des Antragsgegners bereits 2010 einen Standsicherheitnachweis vorgelegt habe, denn dieser sei offensichtlich unzutreffend und mittlerweile von der C. GmbH & Co. KG auch gegenüber der Unteren Bauaufsichtsbehörde zurückgezogen worden. Insofern bestehe für das Gebäude des Antragstellers derzeit kein Nachweis über die Standsicherheit. Da zudem aufgrund der Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012 Bedenken hinsichtlich der Statik des Gebäudes bestünden, sei der Antragsgegner berechtigt gewesen, vom Antragsteller die Vorlage eines ordnungsgemäßen Standsicherheitsnachweises zu verlangen. Dass der Antragsgegner den 2010 vorgelegten Nachweis nicht sofort als fehlerhaft erkannt habe, spiele insoweit keine Rolle. Ein fehlerhafter Standsicherheitsnachweis, der nicht sofort als solcher erkannt werde, genüge nicht. Die brandschutztechnische Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 20.10.2012, die detailliert und nachvollziehbar bauliche Mängel am Gebäude des Antragstellers im Bereich der grenzständigen Giebelwand und die daraus folgenden Auswirkungen auf den Brandschutz darlege, gebe ausreichend Anlass, vom Antragsteller zumindest die Vorlage eines brandschutztechnischen Gutachtens über die grenzständige Gebäudeabschlusswand zu verlangen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme des Dipl.-Ing. H. sei nicht geeignet, die hinsichtlich des Gebäudes bestehenden Bedenken betreffend die Standsicherheit und den Brandschutz auszuräumen. Sie setze sich allenfalls allgemein mit den beiden vom Antragsgegner in seinem Bescheid angeführten Stellungnahmen auseinander, ohne konkret auf die darin aufgeführten Mängel hinsichtlich des vom Antragsteller vorgelegten Standsicherheitsnachweises bzw. der Brandsicherheit der Giebelwand einzugehen. Das Verlangen auf Vorlage der entsprechenden Nachweise sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Antragsgegner verlange noch keine Ertüchtigungsmaßnahmen am Gebäude des Antragstellers, sondern lediglich den Nachweis der Standsicherheit und des ausreichenden Brandschutzes. Ob möglicherweise die Durchführung von Baumaßnahmen an der grenzständigen Giebelwand aufgrund der zwischenzeitlichen Fertigstellung des ebenfalls grenzständigen Gebäudes des Beigeladenen mit Schwierigkeiten verbunden wäre, sei unerheblich. Der Antragsteller sei bereits bei der Durchführung der Umbaumaßnahmen verpflichtet gewesen, die entsprechenden Vorschriften einzuhalten. Sollte er dieser Pflicht nicht nachgekommen sein, so könne er sich nicht darauf zurückziehen, dass ihm nun aufgrund der Errichtung des Nachbargebäudes ein zusätzlicher Aufwand für die nachträgliche Einhaltung der Vorschriften über die Standsicherheit und den Brandschutz entstehe. Auch die dem Antragsteller gesetzte Frist sei ausreichend bemessen. Aufgrund der Gefahren, die sich bei Mängeln in der Standsicherheit und dem Brandschutz ergeben könnten, sei ein schnelles Vorgehen erforderlich, um gegebenenfalls Mängel kurzfristig beseitigen zu lassen. Außerdem sei es nicht Aufgabe der verlangten Gutachten, die dem Antragsgegner vorliegenden Stellungnahmen zu überprüfen, sondern einen eigenständigen Nachweis über Standsicherheit und Brandschutz zu führen. Auch die Zwangsmittelandrohung sei nicht zu beanstanden.

Gegen den Beschluss legte der Antragsteller am 24.6. 2013 Beschwerde ein.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15.5.2013 – 5 L 1823/12 –, mit dem sein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 4.12.2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8.11.2012 (Anordnung der Vorlage eines Standsicherheitsnachweises über das gesamte rückwärtige Gebäude sowie eines brandschutztechnischen Gutachtens über die grenzständige Gebäudeabschlusswand dieses Hauses zum Nachbargrundstück des Beigeladenen) zurückgewiesen wurde, ist unbegründet.

T:\Entscheidungen\Original\Senat02\2_B_344_13_Beschluss_20131002.docZur Begründung seiner Beschwerde hat der Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen: Auf die Verfügung des Antragsgegners vom 22.6.2007 habe er einen Bauantrag für das im hinteren Bereich grenzständig stehende Gebäude vorgelegt. Auf eine Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für das Gebäude sei seinerzeit verzichtet worden. Der Verfügung des Antragsgegners vom 29.6.2010, innerhalb von vier Wochen einen Standsicherheitsnachweis vorzulegen, sei er nachgekommen. Dieser Nachweis sei auch akzeptiert worden. Er habe daher davon ausgehen dürfen, dass die Vorlage weiterer Unterlagen nicht erforderlich sei. Die Situation bezüglich der Standsicherheit und der brandschutztechnischen Lage sei dem Antragsgegner im Übrigen spätestens seit 2004, als die Scheune auf dem Nachbargrundstück eingestürzt sei, bekannt. Ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung der streitgegenständlichen Verfügungen vom 8.11.2012 bestehe daher nicht. Ihm sei in jedem Fall Bestandsschutz zuzubilligen, so dass nachträgliche Anforderungen nur unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 3 LBO gestellt werden könnten. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Besondere Gefahren für Leben und Gesundheit bestünden vorliegend nicht. Dies werde in der Bescheidbegründung nicht einmal behauptet. Die Verfügung des Antragstellers stütze sich allein auf das Schreiben des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012, in dem dieser lediglich pauschal behaupte, der vorliegende statische Nachweis sei unzutreffend und falsch. Daraus ergebe sich indes nicht, dass die Standsicherheit nicht gegeben sei, da sie nicht nachgewiesen sei. Dass das Anwesen standsicher sei, zeige sich bereits daran, dass es bei dem Scheuneneinsturz auf dem Grundstück des Beigeladenen unversehrt geblieben sei. Antragsgegner und Feuerwehr hätten im Jahr 2004 beide Gebäude auf Gefahren hin untersucht. Außerdem habe der Antragsgegner 2010 lediglich die Vorlage eines Standsicherheitsnachweises die Giebelwand betreffend gefordert. Ein statischer Nachweis für das gesamte Haus habe gerade nicht in Rede gestanden. Der Beigeladene selbst habe mit Schreiben vom 2.7.2004 einen einwandfreien Zustand der Giebelwand bestätigt. Mit der angefochtenen Verfügung sei auch erstmals ein Brandschutznachweis verlangt worden. Die brandschutztechnische Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. sei indes erstellt worden, ohne dass dieser das Grundstück des Antragstellers oder dessen Haus betreten hätte. Es sei zweifelhaft, dass der Sachverständige die Giebelwand von außen habe beurteilen können, da zum damaligen Zeitpunkt die Giebelwand des Beigeladenen bereits fertiggestellt gewesen sei, wobei der Zwischenraum seinerzeit noch mit brennbaren Hartschaumplatten und Bitumenbahnen gefüllt gewesen sei. Diese habe der Beigeladene erst entfernt, nachdem er den Antragsgegner hiervon am 27.8.2013 (gemeint offensichtlich: 2012) unterrichtet gehabt habe. Erst danach habe der Beigeladene die Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. erstellen lassen. Auch vor Errichtung der Giebelwand des Beigeladenen habe die Giebelwand des Antragstellers nicht in Augenschein genommen werden können, da dem Beigeladenen insoweit gerichtlich aufgegeben worden sei, als Feuchtigkeitsschutz eine Folie anzubringen. Bei der unvollständigen Entfernung dieser Folie und mehreren vorangegangenen Reparaturen von Folie und Lattung sei es im Übrigen zur Beschädigung des Bauwerks des Antragstellers gekommen. Auch die Stellungnahme des Sachverständigen S. bescheinige gerade nicht, dass unmittelbare Gefahren für Leib oder Leben bestünden. Verwunderlich sei, dass der Sachverständige S. zu den von Antragstellerseite monierten brennbaren Materialien im Zwischenraum beider Häuser im Zuge eines Widerspruchsverfahrens – 138/2012 - noch geäußert habe, dass „von der Dämmung keine Brandauswirkungen zu befürchten seien; die Gebäude seien durch die beiderseits der Dämmung vorhandenen Brandschutzwände vor Brand geschützt“. Das Vorgehen des Beigeladenen ziele offenkundig nur darauf ab, ihn, den Antragsteller, zu schädigen. Gänzlich unberücksichtigt sei die vorgelegte Wertung des beauftragten Sachverständigen geblieben, dass keinerlei Gefahren für Leib oder Leben bestünden oder bestanden hätten. Der Antragsgegner versuche, im Wege eines Gefahrerforschungseingriffs durch ihn klären zu lassen, ob bzw. inwieweit überhaupt eine Gefahr vorliege bzw. welchen Umfang diese haben könnte. Ob Maßnahmen, die einen Gefahrenverdacht erhärten oder beseitigen könnten, dem Gebäudeeigentümer auferlegt werden könnten, sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Der Antragsgegner dürfe die Sachverhaltsermittlung nicht auf den Eigentümer abwälzen, indem er durch Ordnungsverfügung ein Sachverständigengutachten verlange, durch das ggf. gefährliche Brandschutzmängel festgestellt und Lösungsvorschläge gemacht werden sollten. Mit der Beschwerdebegründung hat der Antragsteller eine von Dipl.-Ing. H. erstellte statische Berechnung vom 12.4.2013 vorgelegt.

Die Beschwerdebegründung, die den Umfang der Prüfung durch den Senat bestimmt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht die begehrte Aussetzungsentscheidung unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8.11.2012 wird voraussichtlich keinen Erfolg haben, da sich die Anordnung der Vorlage der beiden bautechnischen Nachweise (Standsicherheitsnachweis, brandschutztechnisches Gutachten) nach den vorliegenden Erkenntnissen als rechtmäßig darstellt. Auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung kann vorab Bezug genommen werden.

Was die angefochtene Anordnung der Vorlage eines Standsicherheitsnachweises für das rückwärtige Gebäude auf dem Grundstück des Antragstellers anlangt, ist vorab festzustellen, dass sein Rechtschutzinteresse für den insofern gestellten Aussetzungsantrag nicht dadurch entfallen ist, dass er mit Schriftsatz vom 19.6.2013 die statische Berechnung des Dipl.-Ing. H. vom 12.4.2013 vorlegte. Denn dadurch hat er aus Sicht des Antragsgegners offensichtlich der Vorlageanordnung noch nicht genügt. Zwar hat der Antragsgegner auf die Vorlage des Nachweises unter dem 19.7.2013 zunächst mitgeteilt, dass der Antragsteller „Nr. 1 der Verfügung vom 8. November 2012 nachgekommen“ sei. Da der Antragsgegner jedoch nach Vorlage der Stellungnahme von Dipl.-Ing. S. vom 23.7.2013 durch den Beigeladenen mit Schreiben vom 19.8.2013 Zweifel an der Korrektheit der vom Antragsteller vorgelegten Statik äußerte und Letzteren deshalb um fachtechnische Stellungnahme seines Statikers zu einzelnen Punkten bzw. eventuelle Ergänzung seiner statischen Berechnung bis zum 3.9.2013 bat - über deren Eingang dem Senat nichts mitgeteilt wurde -, ist davon auszugehen, dass die Behörde in der Vorlage der statischen Berechnung des Dipl.-Ing. H. nicht - mehr - die Erfüllung ihrer Anordnung betreffend den Standsicherheitsnachweis sieht und der Antragsteller, wenn er dieser „Bitte“ um Stellungnahme nicht nachkommt, ggf. mit Zwangsmitteln zu rechnen hätte. Von einer Erledigung der Anordnung kann daher nicht ausgegangen werden.

Die Verfügung des Antragsgegners ist zutreffend auf § 57 Abs. 2 LBO gestützt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kann insofern nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Gebäude um eine bestandsgeschützte bauliche Anlage im Sinne des § 57 Abs. 3 LBO handelt. Abgesehen davon, dass der Antragsteller bislang keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass dieses Gebäude legal errichtet wurde – die vorgelegte Baugenehmigung vom 3.12.1957 betrifft lediglich den „Neubau eines Lagerraumes“, nicht aber das damals bereits vorhandene und in der Planzeichnung eingezeichnete rückwärtige Gebäude mit einer Lager/Wohnung-Nutzung -, wäre auch ein bestehender Bestandsschutz durch die aus den vorliegenden Fotos ersichtlichen ungenehmigten tiefgreifenden baulichen Änderungen, insbesondere die die Statik des Hauses berührenden Eingriffe, sowie die Nutzungsänderung im zuvor zu Lagerzwecken genutzten Erdgeschoss (nunmehr ebenfalls Wohnung) entfallen. Der Vortrag des Antragstellers in der Beschwerdebegründung, wonach eine “Vorlage und Genehmigung des durch den Antragsteller gestellten Bauantrags…“ (S. 7) erfolgt bzw. eine „Baugenehmigung 2005“ erteilt worden sei (S. 8), ist nach Aktenlage nicht nachvollziehbar.

Nach § 57 Abs. 2 LBO haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Änderung und der Nutzungsänderung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Auf dieser Grundlage können sie auch, soweit keine speziellere Vorschrift – etwa § 67 LBO oder § 82 Abs. 3 LBO – eingreift, die Vorlage einzelner bautechnischer Nachweise verlangen, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, ob eine Baumaßnahme im Einklang mit öffentlichem Recht steht. Insbesondere hat die Untere Bauaufsichtsbehörde auf substantiierte Einwände eines Nachbarn hin entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenbeschreibung auch der Frage der Einhaltung nachbarschützender und bei der Ausführung von Vorhaben nach § 60 Abs. 2 LBO unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt zu beachtender materiellrechtlicher Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nachzugehen.(vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 3.1.2008 – 2 A 182/07 -, BauR 2008, 805) Allein die Tatsache, dass der Antragsteller vorliegend umfangreiche in die Statik des Hauses eingreifende ungenehmigte Baumaßnahmen (vgl. § 61 Abs. 1 Nr. 10 b LBO) durchgeführt hat, rechtfertigt die Anordnung des Antragsgegners, zur Klärung des Sachverhaltes einen Standsicherheitsnachweis für das Haus vorzulegen. Dass diese Baumaßnahmen wohl bereits vor längerer Zeit – der Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes ist den Akten nicht zu entnehmen – abgeschlossen wurden, steht dem nicht entgegen, da eine mangelnde Standsicherheit eine “Dauergefahr“ für die Bewohner und gegebenenfalls auch die Nachbarn darstellte und eine mögliche Erwartung des Antragstellers, für sein umgebautes Gebäude keinen Standsicherheitsnachweis mehr führen zu müssen, nicht schutzwürdig wäre.

Zunächst ist offensichtlich, dass die Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes nicht bereits dadurch nachgewiesen ist, dass es durch den 2004 erfolgten Einsturz der Scheune des Beigeladenen nicht beschädigt wurde, denn daraus lassen sich keine zuverlässigen Schlussfolgerungen für die Zukunft ziehen. Gegen die Erforderlichkeit der Verfügung des Antragsgegners kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg einwenden, dass er bereits 2007 „Bauunterlagen“ vorgelegt habe, denn bei diesen handelte es sich lediglich um die vorerwähnte, das streitgegenständliche Gebäude nicht betreffende Baugenehmigung für den Neubau eines Lagerraumes aus dem Jahr 1957.

Der Erforderlichkeit der Anordnung steht ferner nicht entgegen, dass der Antragsteller auf die Verfügung des Antragsgegners vom 18.3.2010 bereits den „Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ - aufgestellt von Dipl.-Ing. H. - vom 6.10.2010 vorgelegt hatte. Dieser Nachweis ist unstreitig auf der unzutreffenden Grundlage eines eingeschossigen – tatsächlich aber zweigeschossigen – Gebäudes erstellt und zwischenzeitlich auch zurückgezogen worden. Im Übrigen kann der Antragsteller auch aus dieser Verfügung selbst, einen Standsicherheitsnachweis – nur - für die „Grenzwand zu Flurstück Nr. 114“ des rückwärtigen Wohngebäudes vorzulegen, nicht herleiten, dass die streitgegenständliche Anordnung, mit der nunmehr eine Statik für das gesamte rückwärtige Haus gefordert wird, unverhältnismäßig sei. Dies ergibt sich schon daraus, dass die erstgenannte Verfügung des Antragsgegners ausdrücklich auf seiner anlässlich einer Ortseinsicht auf dem Nachbargrundstück am 4.7.2010 getroffenen Feststellung, dass diese Grenzwand „neueren Datums“ sei, da sie aus Porotonsteinen gemauert sei, beruhte, während die ihm von dem Beigeladenen unter dem 26.10.2012 vorgelegte Bewertung des Dipl.-Ing. S. die – begründet angezweifelte - Standsicherheit des gesamten Gebäudes betrifft und daher aus Sicht des Antragsgegners eine Klärung durch einen – gegenüber der vorherigen Verfügung weitergehenden - Nachweis erforderlich machte. Hiergegen ist entgegen der Meinung des Antragstellers, der - zu Unrecht - anzunehmen scheint, dass das Gutachten des Dipl.-Ing. S. eine fehlende Standsicherheit des Gebäudes nachweisen müsste, um der Behörde Veranlassung zur Anforderung eines Standsicherheitsnachweises zu geben, nichts einzuwenden.

Soweit der Antragsgegner ausweislich seines Schreibens vom 19.8.2013 seine Anordnung aufrecht erhält, obwohl der Antragsteller nunmehr im Beschwerdeverfahren mit der statischen Berechnung des Dipl.-Ing. H. vom 23.7.2013 einen bautechnischen Nachweis eines für die Richtigkeit haftenden Bauvorlageberechtigten vorgelegt hat, der im Rahmen eines vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach § 64 Abs. 2 LBO nach der Bauvorlagenverordnung zwar zu erbringen wäre, aber nicht zum behördlichen Prüfungsprogramm gehörte und daher der Erteilung einer Baugenehmigung nicht entgegenstehen könnte, ist dies vorliegend zumindest vertretbar. Auszugehen ist davon, dass jede bauliche Anlage nach § 13 LBO im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen sowie für sich allein standsicher sein muss und der Antragsgegner die Einhaltung dieser Vorschrift sicherzustellen hat. Mit Blick hierauf hatte der Antragsgegner, dem der Antragsteller keine Unterlagen über seine weit reichenden Umbaumaßnahmen zur Verfügung gestellt hatte, - wie ausgeführt - bereits mit Verfügung vom 18.3.2010 einen Standsicherheitsnachweis für die auf der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Beigeladenen befindliche Giebelwand gefordert und vom Antragsteller den „Standsicherheitsnachweis für bauliche Änderungen – Giebelerneuerung“ der C. – aufgestellt von Dipl.-Ing. H. – erhalten. Dass dieser Standsicherheitsnachweis fehlerhaft war, ergab sich aus der dem Antragsgegner vom Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 8.10.2012. Darin wurden zudem Zweifel an der Standsicherheit des Gebäudes dargelegt. Da der Beigeladene unter Berufung auf diese Stellungnahme – sowie eine brandschutztechnische Stellungnahme - ein bauaufsichtliches Einschreiten wegen ihm – sowie den Mietern des Antragstellers - drohender Gefahren forderte, erließ der Antragsgegner ausweislich seines Schriftsatzes vom 19.12.2012 die streitgegenständliche Verfügung zur Klärung der Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes – und des Brandschutzes bezogen auf die Giebelwand -, um nach Abschluss der „Untersuchungen“ erforderlichenfalls „in einem zweiten Schritt“ Sicherungsanordnungen anzuschließen. Gegen die Richtigkeit des daraufhin vorgelegten Standsicherheitsnachweises, den wiederum Dipl.-Ing. H. unter dem 12.4.2013 erstellt hat, hat der vom Beigeladenen beauftragte Dipl.-Ing. S. unter dem 23.7.2013 erneut Einwände erhoben, die dem Antragsgegner Anlass zu „Zweifel an der Korrektheit der Statik“ gaben. Zu diesen Einwänden hat sich der Antragsteller trotz Aufforderung durch den Antragsgegner unter Fristsetzung bis zum 3.9.2013 offensichtlich nicht geäußert; auch eine Äußerung im vorliegenden Verfahren ist nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund sind die Zweifel des Antragsgegners hinsichtlich der Standsicherheit des rückwärtigen Gebäudes nachvollziehbar und ist er berechtigt, jedenfalls auf der geforderten Stellungnahme zu den von Dipl.-Ing. S. geäußerten Bedenken zu bestehen, um über die Frage eines Einschreitens entscheiden zu können.

Auch die weitere, ebenfalls zutreffend auf § 57 Abs. 2 LBO gestützte Anordnung des Antragsgegners vom 8.11.2012, ein brandschutztechnisches Gutachten eines zugelassenen Brandschutzsachverständigen über die grenzständige Gebäudeabschlusswand des rückwärtigen Wohnhauses des Antragstellers zum Nachbargrundstück des Beigeladenen vorzulegen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn aus der vom Beigeladenen - mit der Bitte um bauaufsichtliches Einschreiten - vorgelegten brandschutztechnischen Stellungnahme des Dipl.-Ing. S. vom 20.12.2012 ergeben sich ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die aus Porotonsteinen gemauerte Giebelwand des Antragstellers nicht im Einklang mit §§ 15 und 30 LBO steht. Nach § 15 LBO sind bauliche Anlagen unter anderem so zu errichten und zu ändern, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird. Eine Brandwand, die als Gebäudeabschlusswand erforderlich ist, wenn diese Abschlusswand an der Grundstücksgrenze errichtet wird, muss die Brandausbreitung auf andere Gebäude oder Gebäudeabschnitte ausreichend lang verhindern (§ 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 LBO) und den Anforderungen der Nr. 4 der im Anhang zur LBO enthaltenen Übersicht entsprechen (§ 30 Abs. 1 2. HS. LBO). In der vorgenannten brandschutztechnischen Stellungnahme werden zahlreiche Brandschutzmängel der Gebäudeabschlusswand des rückwärtigen Gebäudes des Antragstellers aufgelistet und mit Fotos belegt; zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass wegen des Zustandes der Gebäudeabschlusswand eine Brandausbreitung auf andere Gebäude und damit im Speziellen auf das Gebäude des Beigeladenen nicht ausgeschlossen werden könne. Der dort geschilderte mangelhafte Zustand der Grenzwand ist auch aus von 2010 datierenden, in den Akten befindlichen Fotos (Bl. 30 ff. Verwaltungsunterlagen 190-2007-02, 350-2010-07) zu ersehen; außerdem wird in einem vom Beigeladenen 2010 vorgelegten Schreiben eines Bauunternehmens mit Blick auf anstehende Bauarbeiten bei dem Beigeladenen davor gewarnt, dass sich diese Wand „in einem mangelhaften Zustand“ befinde und „großteils nur mangelhaft vermörtelt“ sei. Dem kann der Antragsteller zunächst nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass seine Giebelwand ausweislich seines von keinem der angegebenen Teilnehmer unterschriebenen „Protokolls vom 3.6.2004“ (Bl. 294 Gerichtsakte) bei der „Objektbegehung“ vor dem anstehenden Abriss der Scheune des Beigeladenen keine Mängel (Risse, Flecken, Schimmel und sonstige Schäden) aufgewiesen habe und Mängel auch bei der Überprüfung der Grenzwand auf eventuelle durch den Einsturz der Scheune des Beigeladenen entstandene Schäden (vgl. Schreiben der Frau G. vom 2.7.2004, Bl. 293 Gerichtsakte) keine Erwähnung gefunden hätten, denn die mangelhafte Ausführung von Bauarbeiten war in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht Gegenstand der Begutachtung. Nicht nachvollziehbar ist ferner die Rüge des Antragstellers, dass eine Begehung seines Grundstücks bzw. seines Hauses für die von dem Brandschutzsachverständigen getroffenen Feststellungen nicht erfolgt sei, angesichts der Tatsache, dass diese gerade die Außenseite der grenzständigen Gebäudeabschlusswand betreffen und im Übrigen – wie bereits dargelegt – dokumentiert sind. Gegen die Richtigkeit der brandschutztechnischen Stellungnahme lässt sich jedenfalls ohne die Angabe näherer Einzelheiten zu dem Hintergrund auch nicht anführen, dass der Dipl.-Ing. S. im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens (138/2012) die Auffassung vertreten habe, dass die beiden Gebäude (des Antragstellers und des Beigeladenen) durch die beiderseits der Dämmung vorhandenen Brandschutzwände vor Brand geschützt seien, zumal dieser die Funktionsfähigkeit der Grenzwand des Antragstellers als Brandschutzwand offenkundig nicht zu bewerten hatte. Dafür, dass die nachvollziehbaren Zweifel des Antragsgegners daran, dass die Gebäudeabschlusswand des Antragstellers den Anforderungen der Brandschutzvorschriften genügt, begründet sind, spricht im Übrigen mit Gewicht, dass dieser den brandschutzrechtlichen Einwänden des Sachverständigen in der Sache nicht entgegengetreten ist und insbesondere in der Folge nicht dargelegt hat, dass die Grenzwand zu einem späteren Zeitpunkt in einen dem Brandschutz genügenden Zustand versetzt worden sei.

Die Verfügung des Antragsgegners ist entgegen der Meinung des Antragstellers auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie den „Hinweis“ enthält, dass in das Brandschutzgutachten Lösungsvorschläge einzuarbeiten seien, wenn es zu dem Ergebnis komme, dass die Gebäudeabschlusswand den Bestimmungen des § 30 LBO nicht genüge. Der Antragsteller verkennt insofern, dass es sich hierbei nicht um ein „Abwälzen der Sachverhaltsermittlung“ auf den Eigentümer handelt, sondern dass es in der Verantwortung des Bauherrn steht, im Falle von unzureichendem Brandschutz Lösungsmöglichkeiten zu finden und – zur Vermeidung eines bauaufsichtlichen Eingreifens etwa durch Erlass eines Nutzungsverbots - materiell-rechtlich zulässige bauliche Zustände herzustellen.

Was schließlich den Einwand des Antragstellers, die Sache sei nicht eilbedürftig, anlangt, ist festzustellen, dass angesichts der Gefahren, die bei Gebäuden sowohl von mangelnder Standsicherheit als auch von unzureichendem Brandschutz ausgehen können, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der nach allem nicht zu beanstandenden, nur auf Vorlage entsprechender Standsicherheits- bzw. Brandschutznachweise gerichteten Verfügung des Antragsgegners im öffentlichen Interesse zweifellos gerechtfertigt ist.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen; einer Kostenentscheidung zu Gunsten des Beigeladenen, der keinen Antrag gestellt hat und somit kein Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) eingegangen ist, war nicht angezeigt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.