Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Bundestagswahl 2013 über die bereits erlaubten 17 Doppelplakattafeln im Format DIN A 1 hinaus das Anbringen weiterer 41 Wahlplakate in Gestalt von 20 Doppelplakattafeln und einem Einzelplakat im Format DIN A 1 an Lichtmastenanlagen im öffentlichen Verkehrsraum im C-Städter Stadtgebiet zu erlauben.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller erstrebt die Gestattung zur Aufstellung weiterer Wahlplakate zur Bundestagswahl 2013.

2

Er ist im Lande für die Durchführung des Wahlkampfes der politischen Partei zuständig, dessen Landesverband er ist und die durch die zuständigen Wahlausschüsse zur Bundestagswahl am 22. September 2013 mit ihrer Landesliste unter Nr. X und im Wahlkreis Nr. 012 (Schwerin – Ludwigslust-Parchim I – Nordwestmecklenburg I) unter Nr. X mit einem Kreiswahlbewerber zugelassen ist, und beabsichtigt die Anbringung von Wahlplakaten im Stadtgebiet von C-Stadt nebst weiteren Ortsteilen.

3

Der Antragsgegner veröffentlichte am 20. Juni 2013 im Internet auf dem städtischen Netzsitus www.stadtcstadt.de die Datei „Wahlbekanntmachung_Statistik.pdf“, deren Speicherort bei Mausberührung des Menüpunkts „Öff. BEKANNTMACHUNGEN“ über das Anklickfeld „BEKANNTMACHUNGEN“ als Verweisung erreichbar ist. Im städtischen Bekanntmachungsblatt gleichen Datums wies er auf die Veröffentlichung im Internet hin. Es handelt sich um ein Faksimile der mit Dienstsiegel der Stadt und Unterschrift des Antragsgegners versehenen „Allgemeinverfügung für die Stadt C-Stadt und deren Ortsteile D-Dorf, E-Dorf, F-Dorf, G-Dorf/H-Dorf zur Regelung der Werbung für die Bundestagswahl am 22. September 2013“. Diese war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen und wurde auf §§ 1, 13 und 16 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes – SOG M-V – gestützt. Auf die Einzelheiten des fünfseitigen Schriftstücks wird Bezug genommen.

4

Unter dem 10. Juli 2013 teilte der Antragsgegner mit Bezug auf den per E-Mail am 21. Juni 2013 eingegangenen vorsorglichen Antrag des Antragstellers auf Erlaubnis der Plakatwerbung vom 17. Juni 2013 diesem den Erlass der Allgemeinverfügung mit. Diese regelte u. a., dass der Partei des Antragstellers an Lichtmastenanlagen im Stadtgebiet 17 Plakatanschlagstellen für Doppelplakate im Format DIN A 1 zur Verfügung gestellt werden.

5

Als der Antragsteller sich mit Anwaltsschreiben vom 17. August 2013 gegen das Schreiben vom 10. Juli 2013 wandte, geltend machte, ihm seien nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – BVerwG – mehr Plakatanschlagstellen zur Verfügung zu stellen, und unter Fristsetzung eine Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen weiterer 122 [einzelner] Wahlplakate beantragte, erwiderte der Antragsgegner unter dem 20. August 2013, sein Schreiben sei kein Bescheid, sondern habe nur auf die — mittlerweile bestandskräftige — Allgemeinverfügung hingewiesen. Diese ermögliche eine angemessene Wahlwerbung nach den Grundsätzen der „abgestuften Chancengleichheit“.

6

Am 23. August 2013 hat der Antragsteller sich wegen einstweiligen Rechtsschutzes an das Gericht gewandt. Er rügt, dass der Antragsgegner ihm — nach Maßgabe in der Rechtsprechung befürworteter Berechnungsweisen — keine hinreichende Anzahl von Plakat-Anbringungsorten in C-Stadt und den weiteren Ortsteilen der Stadt zugestehe, und beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

7

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung anzuweisen,

8

dem Antragsteller für die Bundestagswahl 2013 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen weiterer 41 Plakattafeln im Format DIN A 1 im C-Städter Stadtgebiet zu erlauben,

9

hilfsweise ihn hinsichtlich der Aufstellung von Plakaten neu zu bescheiden.

10

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

11

den Antrag abzulehnen,

12

da seinem Erfolg die Bestandskraft der — für alle Parteien geltenden — Allgemeinverfügung entgegenstehe. Diese sei im Übrigen auch inhaltlich nicht zu beanstanden.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

14

Der Eilantrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – ist zulässig und begründet.

15

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag einen vorläufigen Zustand in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis regeln, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen einer vorläufigen Schutzes bedürftigen eigenen Rechtsposition glaubhaft zu machen. Die Anforderungen hieran sind gesteigert, wenn, wie im Streitfall, mit dem Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen wird, d. h. der Antragsteller so gestellt wird, als ob er mit einer inhaltsgleichen Klage rechtskräftig Erfolg hätte. Im Eilverfahren ist eine solche Entscheidung ausnahmsweise aus verfassungsrechtlichen Gründen zulässig, wenn etwa die Erfolgsaussichten in der Hauptsache erkennbar hoch sind und ferner dem Antragsteller sonst kein effektiver gerichtlicher Rechtsschutz möglich ist, weil die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand unter für den Antragsteller unerträglichen rechtlichen Einbußen führte. Letzteres ist wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall, wenn, wie im Streitfall, eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt (vgl. die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Mecklenburg-Vorpommern – OVG M-V – vom 23. August 2011 – 1 M 145/11 –, juris Rdnr. 9, und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 23. Mai 2013 – 3 B 52/13 –, juris Rdnr. 6 m. w. Nachw.), und vorliegend zu bejahen.

16

Auch der notwendige Anordnungsanspruch steht dem Antragsteller zur Seite.

17

Das Anbringen von Plakaten für Wahlwerbezwecke im öffentlichen Verkehrsraum ist nach § 22 des Straßen- und Wegegesetzes bzw. § 8 des Fernstraßengesetzes zulässigerweise (s. den Beschluss des BVerwG vom 18. März 1971 – VII B 18.71 –, bei Buchholz Nr. 27 zu Art. 5 des Grundgesetzes [11]) als Sondernutzung erlaubnispflichtig; soweit der Antragsgegner zuständig ist, regelt die städtische Sondernutzungs- und Sondernutzungsgebührensatzung vom XX. I-Monat 2001, dass Sondernutzungen für die Tätigkeit von politischen Parteien, wie auch die Erlaubniserteilung, jedenfalls bei rechtzeitiger Antragstellung gebührenfrei, vor ihrer Aufnahme aber einzelfallbezogen zu erlauben sind (§ 6 Abs. 1 Buchst. d und Abs. 3, § 3 Abs. 1 und 2 sowie Abs. 3 UAbs. 1).

18

Bundesverfassungsrecht begrenzt (unabhängig vom verfassungs- und parteienrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch) das Ermessen bei der Entscheidung über Anträge auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen dahingehend, dass — jedenfalls im Regelfall — eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen ist. Dies ist eine Auswirkung der Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat und der Bedeutung der Parteien für solche Wahlen. Die Sichtwerbung für Wahlen ist — ebenso wie die Wahlwerbung im Rundfunk — ein wichtiger Bestandteil der Wahlvorbereitung in der heutigen Demokratie und darf, als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel, daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1974 – VII C 42.72 –, amtliche Entscheidungssammlung BVerwGE Bd. 47, S. 280 [283 f.]).

19

Entsprechend genehmigte bereits mit „Erlass“ vom 17. August 1994 (AmtsBl. M-V S. 899) der Wirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Innenminister allgemein und dauerhaft jeweils für die Zeitspanne von drei Monaten unmittelbar vor u. a. Bundestagswahlen eine nicht verkehrsbehindernde Plakatwerbung der Wahlbewerber und erteilte hierfür bezogen auf Bundes- und Landesstraßen straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen und straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnisse.

20

Auch der Antragsgegner genehmigte mit seiner Allgemeinverfügung vom 20. Juni 2013 die mit der Anbringung von Wahlplakaten jeweils verbundene Sondernutzung an den Gemeindestraßen sowie den Ortsdurchfahrten von Bundes- und Landesstraßen. Dies ist in der Allgemeinverfügung, auch bei Heranziehung der dort zitierten Rechtsquellen, zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, in deren Präambel heißt es jedoch, die Allgemeinverfügung zur Regelung der Wahlwerbung ergehe, „um eine Vielzahl an Nachfragen und Einzel-Sondernutzungsgenehmigungen zu vermeiden“; dieser Passus beinhaltet bei sachgerechter Auslegung die jeweilige Erlaubniserteilung, so dass auch der Antragsteller, unter zusätzlicher Würdigung des Schreibens vom 10. Juli 2013, zutreffend zu dem Schluss kam, dass ihm die Anbringung von 34 Plakaten (als an 17 Standorten beidseitig von Lichtmasten anzubringenden Doppelplakaten) bereits erlaubt wurde.

21

Die Allgemeinverfügung, die sich ausdrücklich lediglich auf polizeiliche Generalklauseln des SOG M-V stützt, konkretisiert nach ihrem Inhalt einige Schranken, innerhalb derer zur Wahrung anderer schützenswerter Rechtsgüter die durch Bundesrecht bewirkte Ermessensverdichtung auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen anzuerkennen ist (vgl. BVerwG, a. a. O., S. 284 f.). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Gemeinde den Wünschen der Wahlbewerber auf Wahlsichtwerbung nicht unbeschränkt nachzukommen braucht. In welcher Weise sie dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Gelegenheiten hierzu in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung trägt, ist ihre Sache. Insbesondere ist sie nicht durch Bundesrecht gehindert, die Straßen während eines angemessenen Zeitraums für freies Plakatieren nur mit bestimmten Auflagen freizugeben, etwa zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit, zur Wahrung des Ortsbildes, zur Vermeidung von Verschmutzungen des Straßenraums durch „wildes Plakatieren“ und nicht wieder abgenommene Plakate oder zur Wahrung der Chancengleichheit der Wahlbewerber. Ebenso darf sie selbst Plakatflächen in notwendigerweise beschränktem Umfang zur Verfügung stellen. Es muss aber immer sichergestellt sein, dass die Parteien angemessene und wirksame Wahlwerbemöglichkeiten haben (vgl. die Nachweise in den Beschlüssen des OVG M-V, a. a. O., Rdnr. 16, und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. April 2009 – 10 L 248/09 –, juris Rdnr. 24).

22

Die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 20. Juni 2013 erscheint der Kammer bei summarischer Prüfung als formell nicht zu beanstanden, was ihre Geeignetheit zur formellen Bestandskraft betrifft. Insbesondere ist der Antragsgegner im Sinne von § 37 Abs. 3 Satz 1 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG M-V – als Erlassbehörde jedenfalls durch den Zusatz zu der wiedergegebenen Unterschrift erkennbar. Die öffentliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung war nach § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG M-V statthaft. Die hierzu erforderliche öffentliche Bekanntmachung entsprach, was die Veröffentlichung im Internet betrifft, der Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 der mit Satzung vom X. J-Monat 2013 jedenfalls zuletzt geänderten städtischen Hauptsatzung; die gemeindliche Regelungsbefugnis für diese Formalien ergab sich aus § 5 Abs. 4 Satz 3 der Kommunalverfassung – KV M-V –, und der Regelungsinhalt entspricht dem in §§ 8 f. der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung aufgrund von § 174 Abs. 1 Nr. 2 KV M-V für gemeindliche Satzungen Vorgeschriebenen. Da die Allgemeinverfügung auch mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, dürfte sie im Verhältnis zum Antragsteller formell bestandskräftig geworden sein; denn ein Widerspruch des Antragstellers ist nicht ersichtlich, obgleich gerade dieser durch das Schreiben vom 10. Juli 2013 veranlasst wurde, die Allgemeinverfügung und die etwaige Einlegung von Rechtsbehelfen zu prüfen.

23

Gleichwohl gestaltet die Allgemeinverfügung des Antragsgegners nicht das Verwaltungsrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten, was die in ihr geregelte und für den Streitfall wesentliche Anzahl der zulässigen Wahlplakate des Formats bis zu DIN A 1 betrifft (Die Aufstellung großformatiger Werbetafeln behält sie unter Punkt 1.4. der Regelung in gesonderten Sondernutzungserlaubnisverfahren vor.).

24

Als wirksam und bestandskräftig sieht die Kammer in diesem Zusammenhang die Regelungen über den Zeitraum der Plakatwahlwerbung (Punkt 1.1.) an, ferner über die von der Stadt zur Verfügung gestellten 250 Aufhängeorte in der Gestalt mit grünen Banderolen gekennzeichneter Lichtmasten an sieben aufgezählten Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen sowie über das Freihalten der Straßenzüge K-Straße, L-Straße, M-Straße, N-Straße, O-Straße und P-Straße aus Gründen des Denkmalschutzes (Punkt 1.2.), über die weiteren Einzelheiten der Anbringung von Wahlplakaten (Punkt 1.3.), insbesondere auch die Notwendigkeit, sie (nach Punkt 1.3. Nr. 2 Satz 2 und Nr. 3 der Allgemeinverfügung) ausschließlich paarweise („Rücken an Rücken“) an nicht kunststoffummantelten Lichtmasten aufzuhängen, sowie die Androhung der Ersatzvornahme und die Regelung einer Sicherheitsleistung.

25

Wegen der Beschränkung der Gesamtzahl der Plakate und deren Aufteilung auf Parteien (Präliminarien und Tabelle unter Punkt 1.2.) ist die Allgemeinverfügung dagegen teilweise unwirksam. Die vorgenommene Beschränkung der durch Sondernutzungserlaubnisse zu fördernden Wahlwerbefreiheit in Gestalt eines numerus clausus mit korrespondierender Verteilungsentscheidung ist nicht haltbar. Die Allgemeinverfügung ist, bezogen auf diesen abtrennbaren Teil ihrer Regelungen, nach § 43 Abs. 3 VwVfG M-V unwirksam, weil sie insoweit gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG M-V nichtig ist. Sie leidet nämlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler, was auch bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

26

Die Allgemeinverfügung unternahm es, auf dem Gebiet der Stadt die Plakatwerbung zur bevorstehenden Bundestagswahl (außerhalb der Nutzung von Großwerbeanlagen) auf insgesamt 500 an Lichtmastanlagen aufzuhängende Doppelplakate im Format bis zu DIN A 1 zu beschränken. Dies mag bei dem in 15 Wahlbezirke zzgl. zweier Briefwahlbezirke eingeteilten Stadtgebiet mit wenigen überschaubaren Siedlungskernen vielleicht noch angehen (vgl. die Beschlüsse des OVG M-V vom 23. August 2011 – 1 M 146/11 – und vom 24. August 2011 – 1 M 127/11 –, juris Rdnr. 32 ff. bzw. 27 ff.), denn die Beschränkung wurde (wohl) unbeschadet der genannten Regelung des Wirtschaftsministers von 1994 verfügt, die für den Straßenraum der zahlreichen vorhandenen außerörtlichen Fernverkehrsverbindungen gilt. Zur Nutzung der (an den Ortsdurchfahrten der Bundesstraßen einzeln gekennzeichnet) von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellten Aufhängeorte an Laternenmasten wollte der Antragsgegner dabei laut der Allgemeinverfügung „Parteien, Wählergemeinschaften bzw. Einzelbewerber“ in unterschiedlichem Umfang zulassen. Bei der Verteilung der Gesamtzahl der zulässigen Doppelplakate wollte er die Grundsätze der abgestuften Chancengleichheit nach § 5 Abs. 1 des Parteiengesetzes unter Heranziehung des Ergebnisses der Bundestagswahl 2009 als „Abwägungskriteriums“ anwenden. Hierbei unterliefen dem Antragsgegner jedoch mehrere, den Sinn der getroffenen Regelungen durchgreifend in Frage stellende Gestaltungsfehler, mit denen eine Anwendung seiner Beschränkungs- und Verteilungsentscheidung, zumal angesichts des hierzu verlautbarten Regelungswillens, offensichtlich untragbar wäre:

27

Zum Ausgleich von Benachteiligungen der kleinsten Wahlvorschlagsträger sollte jedem von ihnen ein „Sockelbetrag“ von 3 % der Aufhängeorte, also jeweils 15 Stellen für die Anbringung von Doppelplakaten, zur Verfügung gestellt werden. Da der Antragsgegner für seine Verteilungsentscheidung jedoch erkennbar ausschließlich die bundesweiten, auf eine Stelle hinter dem Komma gerundeten prozentualen Zweitstimmen-Anteile der Parteien und Wählervereinigungen nach dem endgültigen Ergebnis der Bundestagswahl von 2009 heranzog (wie sie der Bundeswahlleiter auf seinem Netzsitus nach wie vor öffentlich zugänglich hält), konnte diesem Unterfangen kein Erfolg zuteil werden. Denn von den 26 von der Verteilungsentscheidung Begünstigten standen bei der Bundestagswahl 2009 (im damaligen Wahlkreis Nr. 013 — Schwerin – Ludwigslust) nur neun zur Wahl und werden bei der kommenden Bundestagswahl wiederum nur neun Wahlvorschlagsträger antreten (s. die vom Bundeswahlleiter veröffentlichten Reihenfolgen der Kreiswahlvorschläge und Landeslisten auf den Stimmzetteln innerhalb der Bundesländer von 2009 und, veröffentlicht mit einer Pressemitteilung vom 12. August 2013, von 2013; s. ferner die Bekanntmachung der zugelassenen Landeslisten durch die Landeswahlleiterin vom 1. August 2013, AmtsBl. M-V S. 591, und die Bekanntmachung der zugelassenen Kreiswahlvorschläge durch den Kreiswahlleiter vom 5. August 2013 mit Berichtigung vom 7. August 2013). Hiernach werden 17 „Sockelbeträge“, d. h. siebzehnmal 15 und somit insgesamt 255 Plakataufhängeorte und mehr als die Hälfte des gesamten zu „bewirtschaftenden“ numerus clausus, an Begünstigte verteilt, deren Einbeziehung in die Verteilungsentscheidung nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen war, da das Publikum im Wirkbereich der hiermit ermöglichten Wahlwerbung im Wesentlichen zu einer Stimmabgabe in deren Sinne nicht in der Lage sein wird. Wenn auch angesichts der touristischen Bedeutung der Stadt C-Stadt nicht auszuschließen ist, dass die zulässigen 15 Doppelplakate etwa der Bayernpartei (BP) von vereinzelten zu deren Gunsten stimmberechtigten Bürgern aus den Regionen wahrgenommen werden könnten, in denen die Bayernpartei zur Bundestagswahl antritt, ist es gleichwohl vollkommen lebensfremd, dieser und vergleichbaren, nur auswärts agierenden Wahlbewerbern mit der Absicht, eine Chancengleichheit unter den Parteien zu wahren, beachtliche Anteile und insgesamt den überwiegenden Teil der Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung zuzuwenden. Besonders augenfällig ist der Missgriff auch bei der 2009 noch angetretenen Vereinigung Freie Wähler Deutschland (FWD), die bundesweit ein Ergebnis von 11.243 Zweitstimmen (0,0 %) erreichte und vom Bundeswahlausschuss am 4. Juli 2013 nicht erneut als Partei anerkannt wurde (s. den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Juli 2013 – 2 BvC 9/13 –, www.bundesverfassungsgericht.de). Diese unter Gleichheitsgesichtspunkten schon nicht mehr vertretbare Begünstigungsentscheidung ging zudem mit einer ebenso offensichtlich fehlsamen Benachteiligung der an der kommenden Wahl tatsächlich teilnehmenden Wahlvorschlagsträger einher. Denn die Allgemeinverfügung gesteht sowohl den drei erstmals zur Wahl zugelassenen Landeslisten (Alternative für Deutschland [AfD], Bürgerbewegung pro Deutschland [pro Deutschland] und FREIE WÄHLER Mecklenburg-Vorpommern [FREIE WÄHLER]) als auch den zwei im Wahlkreis Nr. 012 antretenden Einzelkandidaten (A... und F...) keinerlei Möglichkeit der Wahlsichtwerbung mit Plakaten im Format bis DIN A 1 zu — sowohl neue Wahlvorschläge als auch solche, die nicht anhand eines (früheren oder zu erwartenden) Zweitstimmenergebnisses bewertet werden können (von den Erststimmen wurden 2009 „immerhin“ 0,3 % an „Freie Union“ und „Übrige“ vergeben), „passen“ augenfällig nicht zu dem vom Antragsgegner gleichwohl gewählten Verteilungsmaßstab. Dieser ist daher evident ungeeignet.

28

Die Problematik setzt sich fort bei der am prozentualen Wahlergebnis 2009 orientierten Verteilung der über den „Sockelbetrag“ hinausgehenden 110 Plakatanbringungsmöglichkeiten. Diese wurden unter den neun 2009 erfolgreichsten Wahlbewerbern verteilt, d. h. offenbar denen, die mehr als 0,3 % der Zweitstimmen erreichten. Dabei entfielen bei dem kleinsten von ihnen (DIE REPUBLIKANER [REP]) rechnerisch zweieinhalb Plakatierungsmöglichkeiten auf einen Prozentpunkt, während es bei der Liste der Piratenpartei Deutschland (PIRATEN), die 2009 2,0 % erreichte, eine ist; die Werte der übrigen Parteien liegen — ohne feste Ordnung — dazwischen. Problematisch erscheint hauptsächlich wiederum der fehlende Bezug der Verteilungsentscheidung zu den Gegebenheiten des Wahlkreises. Das Gebiet des früheren Wahlkreises Nr. 013 gehört jetzt insgesamt zum Wahlkreis Nr. 012. Im Wahlkreis Nr. 013 wichen die (ebenfalls noch vom Bundeswahlleiter elektronisch veröffentlichten) Prozentanteile der angetretenen Landeslisten durchaus erheblich vom bundesweiten Zweitstimmenergebnis ab. So stand etwa bei der Liste DIE LINKE ein Wahlkreisergebnis von 27,5 % einem Bundesergebnis von nur 11,9 %, bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dagegen ein Wahlkreisergebnis von 5,8 % einem Bundesergebnis von 10,7 % und bei der Freien Demokratischen Partei (FDP) ein Wahlkreisergebnis von 9,6 % einem bundesweiten Ergebnis von 14,6 % gegenüber. Derlei Spezifika muss eine das örtliche Wahlvolk ansprechende Wahlwerbung berücksichtigen und hätte auch die Allgemeinverfügung nicht außer Acht lassen dürfen, die eine an den Wahlchancen und der Bedeutung der Wahlbewerber orientierte Verteilung der Wahlwerbemöglichkeiten unternimmt.

29

Schließlich fehlt es auch an jeder Berücksichtigung der unterschiedlichen Ergebnisse der Wahlbewerber, was die Verteilung der Erst- und der Zweitstimmen, nicht nur im Wahlkreis, angeht. Erstere sind zwar mit letzteren zu verrechnen und werden daher allgemein für weniger bedeutend gehalten; die letzte Bundestagswahl führte allerdings zu einer besonders hohen Zahl von Überhangmandaten (auch aus Mecklenburg-Vorpommern), die Bestandteil des Wahlerfolgs des begünstigten Wahlbewerbungsträgers sind.

30

Wenn zudem auch, gemäß dem Beschluss des OVG M-V vom 24. August 2011 – 1 M 127/11 – (juris Rdnr. 25), wegen der Einheitlichkeit der Wahl eine Berücksichtigung des Umstands, ob im Wahlkreis nicht nur die Landesliste, sondern auch ein Direktkandidat zur Wahl steht, nicht zwingend sein mag, so vermisst die Kammer umgekehrt jedoch, wie gesagt, die „Einpassung“ der allein auf Erststimmen angewiesenen, nicht listengebundenen Direktkandidaten in das Verteilungssystem.

31

Dieses ist hiernach offenkundig gescheitert, und zwar wegen der untrennbaren Verbundenheit der Regelungsbestandteile sowohl hinsichtlich des den einzelnen Bewerbern zugewiesenen Anteils an den zur Verfügung gestellten Plakatiermöglichkeiten, als auch hinsichtlich deren Gesamtzahl, die bei einer hinreichenden Berücksichtigung der genannten, sich aufdrängenden Gesichtspunkte für eine neue Zuteilungsentscheidung möglicherweise auch anders bestimmt werden müsste.

32

Mangels einer derzeit wirksamen Beschränkung des genannten bundesrechtlichen Anspruchs auf eine der Bedeutung der Wahlwerbung gerecht werdende Ermessensausübung bei der Erlaubnis von Sondernutzungen kann der Antragsteller daher vom Antragsgegner die im Antrag genannte Zahl von Erlaubnissen verlangen; seine Partei ist, soweit ersichtlich, gegenwärtig die einzige Wahlbewerbungsträgerin, die weitere Wahlwerbemöglichkeiten beansprucht, und solche stehen auch nach der vom Antragsgegner beabsichtigten Verteilungsentscheidung noch unproblematisch in hinreichender Zahl zur Verfügung. Die Zahl der vom Antragsteller beantragten und hiermit zugesprochenen Plakate hat die Kammer aus dem Zusammenhang der Antragsschrift bestimmt, in der bei der ausführlichen Darstellung der von der Rechtsprechung als angemessen erachteten Wahlsichtwerbungsmöglichkeiten sowie bei der Angabe, dem Antragsteller seien 34 Plakate erlaubt, mit Einzelplakaten gerechnet worden ist. Gemäß der bezeichneten, wirksamen Beschränkung der Anbringungsmöglichkeiten durch den Antragsgegner sind die Plakate beidseitig einsehbar an „Doppelstandorten“ aufzuhängen; das verbleibende 41. Plakat kann — da der Antragsteller die Einbuße an Werbewirksamkeit seiner örtlichen Wahlkampagne offenbar hinnehmen will — unter unschädlicher Durchbrechung der Ordnungsvorschrift auch einzeln aufgehängt werden.

33

Die Kostenentscheidung zum Nachteil des unterliegenden Antragsgegners beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

34

Der Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren liegen § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 52 Abs. 2 und 7 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes zugrunde.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 44 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 43 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 41 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. (2) Ein schriftlicher Verwaltun

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 26. Aug. 2013 - 7 B 441/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 24. Aug. 2011 - 1 M 127/11

bei uns veröffentlicht am 24.08.2011

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Die Beteiligten

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Aug. 2011 - 1 M 146/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Die Beteiligten st

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 23. Aug. 2011 - 1 M 145/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem A

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 25. August 2011, 12.00 Uhr, eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellorte zu benennen, an denen der Antragsteller diese Wahlwerbungsplakate anbringen darf.

Dem Antragsgegner wird dabei freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatflächen zu verwenden.

Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden, darf der Antragsgegner die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen, dass der Antragsteller die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer – weiteren – Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast.

2

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 115 Plakate zu erlauben“. Mit Bescheid vom 15. Juli 2011 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlusslage der Stadtvertretung sinngemäß eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von jeweils zwei Plakaten im Format DIN A1 an 11 Standorten, für die die Stadt Wolgast Plakattafeln bereit gestellt hat, die in gleicher Weise allen anderen Parteien oder Wählervereinigungen zur Verfügung stehen. An diesen Standorten sind in zehn Fällen jeweils zwei Plakattafeln, in einem Fall eine einzelne Tafel vorhanden. Die Tafeln können auf Vorder- und Rückseite jeweils mit sechs Plakaten im Format DIN A1 beklebt werden. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner sinngemäß den „Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von 119 Wahlplakaten“ ab.

3

Den daraufhin vom Antragsteller gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen diesen Beschluss hat nach Maßgabe des Tenors teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist im Hauptantrag teilweise begründet. Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde, deren Begründung dem Darlegungserfordernis genügt, teilweise zu Recht geltend, dass ihm nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch zur Seite steht, der ihm nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen das Recht zur Aufstellung bzw. Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 bzw. einen Anspruch auf vorläufige Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis einräumt. Der darüber hinaus vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch besteht jedoch nicht, insoweit und im Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des stattgebenden Tenors glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt Wolgast vom 23. November 2001 (www.wolgast.de unter Ortsrecht, Ordnungsamt) dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 12.000 mit 22 Plakatierungsmöglichkeiten gemäß dem Konzept des Antragsgegners ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 97 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller nach dem Konzept des Antragsgegners zugebilligten 22 Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller folglich nur 11 Plakate im Format DIN A 1 anbringen. Diese Zahl ist im Ergebnis der folgenden Gesamtbetrachtung zu niedrig und gewährleistet nicht das erforderliche Mindestmaß an Wahlsichtwerbung. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung durch den Antragsgegner ist ermessensfehlerhaft, seine Ermessensausübung steht im Widerspruch zum Zweck des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens und berücksichtigt nicht die nach Lage der Dinge in seine Ermessensausübung einzustellenden Belange.

26

Unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate liegt es nahe, die Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass das Wahlwerbungskonzept des Antragsgegners weniger auf einen Einwohnerbezug bzw. eine Relation zur Zahl der Einwohner der Stadt Wolgast gründet, sondern einem eher flächenbezogenen Ansatz der Verteilung der gemeindeeigenen Plakattafeln im Stadtgebiet folgt. Es liegt auf der Hand, dass der Werbeeffekt umso größer ist, je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass Personen die Werbung zur Kenntnis nehmen werden. Diese Wahrscheinlichkeit hängt auch von der Bevölkerungsdichte des Gebietes ab, in dem die Wahlsichtwerbung erfolgt. Ausgehend von einer flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt Wolgast von 19,2 km² (nach http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt; vgl. auch wikipedia) stünde demnach – losgelöst von den von der Stadt vorgegebenen Aufstellungsorten – pro Wahl noch nicht einmal auf einem km² ein Plakat des Antragstellers (Quote: 1 Plakat auf 1,75 km²). Dieser Gesichtspunkt gewinnt an Gewicht, betrachtet man die Bevölkerungsdichte von Wolgast, die ausgehend von 11.970 Einwohnern (vgl. http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt, Stand: 31.12.2009) 623 Einwohner je km² beträgt. Denn demgegenüber beträgt z. B. die Bevölkerungsdichte von Bochum – die Zahl der Aufstellorte in der Stadt Bochum zur Landtagswahl 1970 im Stadtgebiet Bochum war Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 43.72 (a. a. O.) – ähnlich wie im Jahr 1970 im Jahr 2009 2.532 je km² (Quelle: www.bochum.de), also mehr als das Vierfache. Mit anderen Worten hatte dort ein Wahlplakat pro km² bezogen auf die Zahl möglicher Adressaten grob gesagt die vierfache Reichweite bzw. Werbewirksamkeit wie in Wolgast. Ob und wie Fläche und Bevölkerungsdichte bei Betrachtung ländlicher Gemeinden in die Betrachtung einzugehen haben, bedarf vorliegend keiner Vertiefung; jedoch dürften insoweit grundsätzlich im Wesentlichen die jeweiligen Orte mit der entsprechenden bebauten Fläche zu berücksichtigen sein, ggf. auch die Zahl der Ortsteile oder besondere Eigenheiten der Ortsstruktur.

27

Dennoch hatte das Bundesverwaltungsgericht in der damals entschiedenen Sache die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Zahl von 4.140 Werbeflächen insgesamt und von 295 Werbeflächen für die damals klagende Partei nicht ausreichend gewesen sei, obwohl bei einer Fläche von 145,40 km² im Jahr 2009 (Quelle: www.bochum.de) etwa 28 Werbeflächen pro km² für alle Parteien bzw. bei sechs zugelassenen Parteien rechnerisch für jede 4 bis 5 Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Der damals klagenden Partei waren von der Behörde insoweit immerhin etwa 2 Flächen pro km² zugebilligt worden, also das drei- bis vierfache dessen, was dem Antragsteller eingeräumt worden ist.

28

Im Hinblick auf die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatwände hat dieser bestätigt, dass an 10 Standorten 24 Plakate und an einem Standort 12 Plakate im Format DIN A1 (maximal) geklebt werden können. Da der Antragsgegner damit rechnen muss, dass die nach seinem Konzept maximal zulässige Plakatgröße DIN A1 von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird, errechnet sich eine Gesamtzahl von 252 Werbeflächen bzw. von rund 13 Werbeflächen pro km² für alle Parteien. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass jedenfalls zwei Wahlen stattfinden, an denen der Antragsteller teilnimmt, reduziert sich diese Zahl wahlbezogen entsprechend. Das bedeutet, dass in Wolgast im Vergleich zu der damaligen Situation in Bochum gerade ein Viertel der dortigen Zahl an Werbeflächen zur Verfügung steht und gleichzeitig – wie ausgeführt – bezogen auf die Bevölkerungsdichte die Reichweite bzw. Werbewirksamkeit der einzelnen Werbefläche in ähnlicher Weise reduziert ist.

29

Dieser Sachverhalt wird durch folgenden Gesichtspunkt noch verschärft: Hinsichtlich der Zahl der durch Werbeflächen erreichten Personen/Wähler liegt es auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob die 252 Werbeflächen z. B. an einem einzigen Ort konzentriert oder auf 252 Einzelstandorte über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies gilt entsprechend für die einer Partei zugebilligten Werbeflächen. Im ersten Fall kann offensichtlich nicht von einer flächendeckenden Wahlwerbung gesprochen werden. In der Tendenz ist ungeachtet der Relevanz anderer Faktoren insoweit die Aussage zulässig, dass die Reichweite bzw. Wirksamkeit einer Wahlwerbung durch Plakate sinkt, je stärker die Werbeflächen standortbezogen konzentriert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine entsprechende Standortkonzentration einen gezielt gegen einzelne oder alle Parteien gerichteten Vandalismus, wie er in den letzten Jahren zu verzeichnen ist, faktisch erleichtern kann. Insbesondere kleineren Parteien mit vergleichsweise eingeschränkten Mitteln dürfte es in einer solchen Situation schwer fallen, immer wieder nachzuplakatieren. Umso größer wird die Gefahr, dass sie mit ihrer Wahlwerbung nahezu vollständig untergehen.

30

Nimmt man im Weiteren die Aufstellorte der von der Stadt angebotenen Plakatwände in den Blick, verteilen sich diese eher ungleichmäßig über das Stadtgebiet; größere Flächen des Stadtgebiets bleiben einer Wahlwerbung durch den Antragsteller – und andere Parteien – verschlossen.

31

Eine Zahl von nur 11 Plakatstandorten dürfte auch zwischen den zahlreichen sonstigen, insbesondere gewerblichen Werbeflächen „untergehen“. Schon auf den vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Lichtbildern der Plakatständer sind eine Vielzahl anderweitiger Plakatierungen und Werbeträger – insbesondere auch an Laternenmasten – selbst im nächsten Umfeld der betreffenden Plakatwände erkennbar, die offensichtlich geeignet sind, von der Wahlwerbung abzulenken.

32

Da neben den Plakaten des Antragstellers auf den von der Stadt angebotenen Plakatwänden auch zahlreiche Plakate anderer Parteien bzw. der Kandidaten für die Landratswahl zu erwarten sind, dürfte es den Passanten und insbesondere solchen in vorbeifahrenden PKW kaum möglich sein, die Vielzahl der Plakate und der in ihnen enthaltenen Aussagen insbesondere bezogen auf die drei Wahlen differenziert zur Kenntnis zu nehmen. Auch dies dürfte den Effekt haben, dass die Wahlwerbung insbesondere des Antragstellers unterzugehen droht.

33

Schließlich gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten seinem eigenen Konzept nicht gerecht werden dürfte, demzufolge jede Partei oder Wählervereinigung maximal zwei Plakate pro Standort anbringen können soll bei einer maximalen Größe von DIN A1. Der Antragsgegner muss damit rechnen, dass die maximale Plakatgröße von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird. Demnach könnten pro Doppelplakattafel 24 Plakate angebracht werden. Am 04. September 2011 treten aber bei der Landtagswahl 16 und bei der Kreistagswahl 10 Parteien bzw. Wählervereinigungen an. Wenn alle diese Parteien bzw. Wählervereinigungen entsprechend zwei Plakatflächen pro Standort in Anspruch nehmen wollten, wären die angebotenen Plakatwände offensichtlich bei weitem nicht ausreichend; selbst wenn jede Partei hinsichtlich der Wahl, an der sie teilnimmt, lediglich ein Plakat im Format DIN A1 aufhängen wollte, würden 26 Plakatflächen benötigt und die aufgestellten Plakattafeln nicht ausreichend sein. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn die für die Direktwahl des Landesrats bzw. der Landrätin antretenden vier Einzelbewerber/innen berücksichtigt werden, die den gleichen Anspruch haben dürften. Demnach dürfte unter diesem Blickwinkel schon nach dem eigenen Konzept des Antragsgegners für die Wahlen am 04. September 2011 keine ausreichende Gesamtanzahl an Werbeflächen vorhanden sein.

34

Jedenfalls in der Summe vermitteln diese Gesichtspunkte dem Senat nach summarischer Prüfung den Eindruck, dass die Gesamtzahl bzw. die Zahl der dem Antragsteller erlaubten Wahlplakate keine flächendeckende bzw. angemessene Werbewirkung entfalten kann. Der Vortrag des Antragsgegners, es handele sich bei den Plakatstandorten um mit Parteivertretern abgestimmte, „prädestinierte“ Standorte, kann diesen Eindruck nicht durchgreifend in Frage stellen.

35

Weder dem Bescheid des Antragsgegners noch dem Schreiben des Amtes Amt Peenestrom vom 11. April 2011 lassen sich zudem substantiell konkrete Gesichtspunkte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, die mit Blick auf den dem Grunde nach bestehenden Regelanspruch auf Zulassung der Sichtwerbung hinreichend geeignet wären, ermessensfehlerfrei zum einen die Beschränkung auf 11 vorgegebene Plakatstandorte bzw. 22 Plakate im Format DIN A1 zu rechtfertigen und zum anderen eine weitergehende Plakatierung auszuschließen. Die dortigen Ausführungen zur Motivation der Wahlwerbungsbeschränkung erschöpfen sich in pauschalen Befürchtungen betreffend eine „wochen- und monatelange ausgeuferte und verwilderte Plakatwerbung“ und eine „massive Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraumes“, die insbesondere für „benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Schüler und Senioren erhebliche Gefahren“ bewirke. Ebenso pauschal ist der Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Stadtgebiet. Das gerichtliche Vorbringen des Antragsgegners wiederholt im Wesentlichen lediglich diese Ausführungen; soweit ergänzend eine Beeinträchtigung des Tourismus und des „Kleinstadtflairs“ angesprochen ist, gilt das Vorgesagte. Mit alledem sind keine tragfähigen Sachgründe benannt worden, die es rechtfertigen bzw. als ermessensfehlerfreie Entscheidung erscheinen lassen könnten, die Wahlwerbung des Antragstellers wie geschehen zu beschneiden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

36

Zu beachten ist zudem, dass der Antragsteller geltend macht, die Plakatwerbung sei gewissermaßen das „Werbemittel seiner Wahl“. Insoweit würde ihn die Werbebeschränkung des Antragsgegners in besonderer Weise treffen. Dass es sich insoweit um einen beachtlichen Gesichtspunkt handelt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht. Generell ist davon auszugehen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen. Das beinhaltet, dass die Präferenzen, die einzelne Parteien in Bezug auf die Wahlsichtwerbung pflegen, in die Erwägungen über die Bildung einer Obergrenze einzustellen sind. Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf die Wahlkampfführung einzuwirken (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, a. a. O.).

37

Nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nach alledem davon auszugehen, dass die dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Werbe- bzw. Plakatflächen nicht dem erforderlichen Mindestmaß für kleine Parteien entsprechen. Ab welcher Zahl von Plakatflächen dieses Mindestmaß bzw. eine angemessene Wahlsichtwerbung für den Antragsteller sichergestellt wäre, entzieht sich jedenfalls im Eilverfahren einer konkreten Bestimmung. Insoweit ist die Zahl der vom Antragsteller nutzbaren Plakatflächen bzw. Plakatstandorte maßvoll in dem Sinne zu erhöhen, dass eine flächendeckende Wahlwerbung möglich erscheint bzw. ein entsprechendes Mindestmaß an Werbewirkung erreicht wird; entsprechend ist das Ermessen des Antragsgegner reduziert. Nach Auffassung des Senats kann dieses Mindestmaß im Falle der Stadt Wolgast im Ergebnis der vorgenommenen Gesamtbetrachtung für Landtags- und Kommunalwahl mit insgesamt 50 Plakatflächen im Format DIN A1 bestimmt werden, die der Antragsteller beanspruchen kann. Diese Zahl wäre im Übrigen auch fast erreicht, würde man dem Antragsteller auf der Basis des Konzepts des Antragsgegners pro Wahl jeweils 22, also insgesamt 44 Plakate zubilligen. Zusätzlich zu den bereits sinngemäß genehmigten 22 Flächen kann der Antragsteller demzufolge weitere 28 Plakatflächen – dem Konzept des Antragsgegners, an einem Standort maximal 2 Plakate anbringen zu dürfen, folgend – an mindestens 14 Einzelstandorten und die Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis beanspruchen; die Zahl der Standorte erhöht sich entsprechend, wenn der Antragsgegner an einzelnen Standorten nur die Anbringung eines einzelnen Plakats zulässt.

38

Die gerichtliche Zubilligung weiterer Plakatierungsmöglichkeiten zieht keine Verletzung der gebotenen Chancengleichheit anderer Parteien nach sich. Denn den konkurrierenden Parteien ist und war es unbenommen, ebenso wie der Antragsteller die Zulassung – über das vom Antragsgegner zugestandene Kontingent hinausgehend – zusätzlicher (eigener) Wahltafeln für ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu beantragen. Dass sie dies offenbar bisher nicht getan haben, kann nicht den Anspruch des Antragstellers verkürzen (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.03.2010 – 14 L 295/2010 –, juris).

39

Da die Befugnis der Stadt Wolgast zu berücksichtigen ist, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Vorgaben hinsichtlich der Plakatstandorte machen zu dürfen, geht der Anspruch des Antragstellers dahin, dass der Antragsgegner ihm entsprechende Aufstellungsorte in der Sondernutzungserlaubnis benennt. Der Antragsgegner hat dabei den Anspruch des Antragstellers auf eine möglichst flächendeckende Wahlsichtwerbung in allen neun „Wahlbezirken“, wie sie unter www.wolgast.de (dort unter Rathaus/Wahlen/Weitere Informationen/Karte Wahlbereiche) dokumentiert sind, zu beachten und eine entsprechende Verteilung der Standorte vorzunehmen.

40

Dem Antragsgegner wird zudem freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatierungsflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatierungsflächen zu verwenden. Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden bzw. aufzustellen, kann die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen werden, die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen (vgl. Erlass „Lautsprecher und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17.08.1994 – V 690.55.1-1-4-7 –, AmtsBl. M-V 1994, S. 899).

41

Da bis zu den Wahlen nur kurze Zeit verbleibt, ist dem Antragsgegner für die Benennung der zusätzlichen Aufstellorte und die Erteilung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis die aus dem Tenor ersichtliche Frist zu setzen.

42

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der weitergehende Hauptantrag des Antragstellers ebenso wie sein Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 1 u. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 GKG und berücksichtigt den Umstand der Vorwegnahme der Hauptsache.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt;
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt;
3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein;
4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann;
5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht;
6.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt;
2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat;
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war;
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt 30 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von C-Stadt.

2

Auf einen hinsichtlich der begehrten Plakatzahl unbestimmten Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für Plakatwerbung zum Landtags- und Kreistagswahlkampf erteilte der Antragsgegner – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung – mit Bescheid vom 18. Mai 2011 unter Auflagen zunächst die Erlaubnis zur Anbringung von vier Wahlplakaten. Rechtsgrundlage ist insoweit die Satzung der Gemeinde C-Stadt zur Verfahrensweise über die Werbung für politische Zwecke auf öffentlichen Straßen während der Wahlkampfzeit (Wahlwerbesatzung) vom 15. März 2011. Die Wahlwerbesatzung gestattet das Anbringen/Aufstellen von Wahlwerbung an bestimmten Standorten; die Verfügung enthält u. a. die Auflage, dass die Plakate bzw. Werbeträger die Größe DIN A1 nicht überschreiten dürfen. Die Wahlwerbesatzung legt die Anzahl der Plakate bzw. Werbeträger in C-Stadt auf maximal 50 Stück fest (§ 3, 7. Spiegelstrich). Die Berechnung der Plakatzahl für den Antragsteller – und andere Parteien bzw. Wählervereinigungen – erfolgte auf der Grundlage der Stimmen- bzw. Sitzverteilung im Landkreis Uecker-Randow. Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2011 legte der Antragsteller gegen den Bescheid Widerspruch ein und beantragte mit weiterem Schriftsatz vom 13. Juli 2011, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 26 Plakate zu erlauben“. Mit Schreiben vom 19. Juli 2011 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, man könne sich vorstellen, ihm mit Blick auf den Umstand, dass drei Wahlen stattfänden, pro Wahl vier Plakate bzw. insgesamt zwölf Plakate zu genehmigen. Mit Schreiben vom 25. Juli 2011 gab der Antragsgegner dem Antragsteller Gelegenheit, Wahlplakate, die von ihm an unzulässigen Standorten angebracht worden seien, bis zum 26. Juli 2011 zu entfernen. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller noch am 25. Juli 2011 Widerspruch ein, mit dem er zugleich – wie in einem weiteren Schreiben – darauf hinwies, dass die A.-Partei im dortigen Wahlbereich auch einen Direktkandidaten aufgestellt habe. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011 dann ausgeführt, unter Umständen könnten dem Antragsteller 16 Wahlplakate genehmigt werden. In diesem Schriftsatz wies der Antragsgegner zugleich darauf hin, dass von ihm am 26. Juli 2011 festgestellt worden sei, dass die A.-Partei in der Gemeinde C-Stadt 40 Plakate – doppelseitig – an Straßenlampen angebracht habe und die Plakate unmittelbar an den Ampelkreuzungen entfernt worden seien.

3

Den am 22. Juli 2011 vom Antragsteller gestellten Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und den Hilfsantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 729/11 – abgelehnt. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zielte darauf, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 26 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von C-Stadt zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei von vorneherein unzulässig gewesen, weil der Antragsteller sein Rechtsschutzziel – die Aufstellung von 26 weiteren Plakattafeln – nur mit einem Antrag nach § 123 VwGO erreichen könne. Auch für diesen fehle aber das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller lediglich einen Anspruch auf drei bzw. mit Blick auf die vom Antragsgegner in Aussicht gestellten 16 Wahlplakate von rechnerisch 10,66 Plakaten habe und der Antragsgegner bereit sei, diesen Anspruch zu erfüllen.

4

Mit Bescheid vom 01. August 2011 hat der Antragsgegner dem Antragsteller eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von insgesamt 12 Plakaten (einseitig) an den vorgeschriebenen Werbestandorten erteilt. Gleichzeitig hat er ihn zur Abnahme der Wahlplakate (40 Plakate doppelseitig, also 80 Plakate) in der Gemeinde C-Stadt an bestimmten Straßenlampen bis zum 02. August 2011 um 19.00 Uhr aufgefordert.

II.

5

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2011 – 6 B 729/11 –, mit der er im Wesentlichen sein Begehren, weitere 26 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von C-Stadt anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

6

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

7

Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

8

Soweit das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als unzulässig betrachtet hat, genügt die Beschwerde nicht dem Darlegungserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Mangels Auseinandersetzung mit den betreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist die Beschwerde insoweit unzulässig.

9

Gleiches gilt – jedenfalls inzwischen – teilweise hinsichtlich der Ablehnung des Antrages nach § 123 VwGO, da der Antragsgegner das Begehren des Antragstellers, ausgehend von ursprünglich – nur – vier genehmigten Plakaten weitere 26 Plakate anbringen zu dürfen, insoweit teilweise erfüllt hat, als der Antragsteller nunmehr mit weiteren acht, also insgesamt 12 Plakaten werben darf. In diesem Umfang ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers inzwischen tatsächlich entfallen. Hierauf geht das Beschwerdevorbringen nicht ein.

10

Entgegen dem vom Verwaltungsgericht eingenommenen Standpunkt ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers im Übrigen, also hinsichtlich 18 weiterer Plakate jedoch nicht entfallen. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt nicht deshalb, weil dem Antragsteller – nach Auffassung des Verwaltungsgerichts – insoweit kein materieller, im Wege der einstweiligen Anordnung zu sichernder Anspruch zustehen können soll.

11

Dennoch hat die Beschwerde in diesem Umfang keinen Erfolg bzw. ist sowohl im Hauptantrag als auch im auf Neubescheidung gerichteten Hilfsantrag unbegründet; die Ablehnung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht erweist sich im Ergebnis als richtig.

12

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

13

Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

14

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

15

Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

16

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V dar, hinsichtlich derer nähere Einzelheiten in der Satzung der Gemeinde C-Stadt zur Verfahrensweise über die Werbung für politische Zwecke auf öffentlichen Straßen während der Wahlkampfzeit (Wahlwerbesatzung) vom 15. März 2011 geregelt sind.

17

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

18

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

19

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

20

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

21

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

22

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

23

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

24

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

25

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 3.000 mit rechnerisch 10,66 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

26

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 18 Plakatierungsmöglichkeiten.

27

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

28

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

29

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

30

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller also 6 Plakate – bis maximal zum Format DIN A1, § 1 Ziff. 2.3 Wahlwerbesatzung – anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei; nichts anderes gilt im Übrigen, wenn man mit Blick auf den Umstand, dass der Antragsteller zur Landtagswahl auch mit einem Direktkandidaten antritt, von der Teilnahme an drei Wahlen ausginge, auf die dann jeweils vier Plakate entfielen.

31

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

32

Der Antragsgegner hat in seinem Schriftsatz vom 15. August 2011 nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in C-Stadt insbesondere dem Antragsteller an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um dem Antragsteller das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass das Zentrum der Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert sei und sich dort zahlreiche zentrale Versorgungseinrichtungen befänden. Diese würden nahezu sämtliche Einwohner insbesondere mit Blick auf die im Übrigen relativ weit weg gelegenen sonstigen Einkaufsmöglichkeiten dazu veranlassen, das Ortszentrum häufig aufzusuchen. Dadurch sei in besonderer Weise gewährleistet, dass die Wahlwerbung an den dafür vorgesehenen Orten zur Kenntnis genommen werde. Insoweit weisen die in der Wahlwerbesatzung vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

33

Die Gemeinde C-Stadt hat nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten zudem zwar eine Gesamtfläche von ca. 22 km². Anders als im städtischen Bereich bzw. als im Parallelverfahren Az. 1 M 145/11 konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlichen geringeren Fläche, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren bzw. diese verstärkt Versorgungseinrichtungen aufsuchen, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Ohne dass der Antragsteller dem entgegen getreten wäre, hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass das Zentrum etwa eine Fläche von 0,25 km² aufweise. Die Ortschaft C-Stadt weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürfte die nach der Wahlwerbesatzung in deren § 3 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, auch wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dies gilt umso mehr, als die Wahlwerbesatzung den Parteien hinsichtlich ihrer konkreten Plakatstandorte gewisse Verteilungsspielräume belässt.

34

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwölf für zwei bzw. drei Wahlen ausreichend sein dürfte. Ob die in der Wahlwerbesatzung geregelte „Deckelung“ auf maximal 50 Plakate in C-Stadt insbesondere mit Blick auf eine große Zahl zur Wahl antretender Parteien oder Wählervereinigungen in jedem Fall ausreichend wäre, erscheint zweifelhaft, bedarf aber vorliegend keiner Entscheidung.

35

Hinsichtlich der Beurteilung, ob für den Antragsteller das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten besteht, ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorliegend auch Folgendes zu berücksichtigen: Der Antragsteller hat ohne entsprechende Erlaubnis im Zeitraum vom 26. Juli bis zum 02. August 2011 in der Gemeinde C-Stadt außerhalb der nach der Wahlwerbesatzung vorgesehenen Orte 40 Doppelplakate bzw. 80 Plakate angebracht und damit eine entsprechende Werbewirkung über einen Zeitraum von etwa einer Woche erzielt. Diese Zahl an Plakaten übersteigt bei weitem auch diejenige der vom Antragsteller selbst beanspruchten Plakatzahl. Die vom Antragsteller insoweit erreichte Werbewirkung ist derjenigen, die durch die Zahl der vom Antragsgegner erlaubten Zahl an Plakaten erzielt wird, „hinzuzurechnen“. Dabei kann offen bleiben, ob insoweit der materielle Anspruch oder die Frage der Notwendigkeit der prozessualen Sicherung nach Maßgabe von § 123 Abs. 1 VwGO angesprochen ist.

36

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Daraus folgt zugleich, dass auch der auf Neubescheidung zielende Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

38

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

29

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

30

Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

32

Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

33

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.