Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 29. Juli 2010 - 2 Ws 118/10

bei uns veröffentlicht am29.07.2010

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des ehemals Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg vom 24. Juni 2010 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Beschwerdeführer insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

 
I.
Das Landgericht Stuttgart verurteilte den Beschwerdeführer am 30. November 1994 wegen vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer anderen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und ordnete an, dass die in dem einbezogenen Urteil ausgesprochene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufrechterhalten wird. Es wurde festgestellt, der Beschwerdeführer leide an einer chronischen schizophrenen Psychose auf dem Boden gestörter Persönlichkeitsentwicklung und ausgeprägtem Hospitalismus, die gegebene Belastungssituation habe zu einer erhöhten Aggression und einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB geführt. Es seien weitere Körperverletzungshandlungen nach einem fixierten Verhaltensmuster (Angriffe u.a. auf Betreuungspersonen) zu erwarten.
Mit Beschluss vom 26. April 2004 setzte das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg die Vollstreckung der Unterbringung und der noch nicht durch Anrechnung verbüßten Freiheitsstrafe zur Bewährung aus. Die Führungsaufsicht ist durch Beschluss vom 22. Januar 2009 unbefristet verlängert.
In der Bewährungszeit gaben verschiedene einschlägige Vorfälle Anlass, den Beschwerdeführer vorübergehend stationär zu behandeln. Am 10. Februar 2006 ordnete das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Ravensburg für drei Monate die Unterbringung auf Grund des Unterbringungsgesetzes im Zentrum für Psychiatrie W. (ZfP) an. Am 28. Februar 2008 beschloss das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Ravensburg, die zur Bewährung ausgesetzte strafrechtliche Unterbringung für die Dauer von drei Monaten zum Zwecke der Krisenintervention zu vollstrecken. Diese Intervention wurde am 3. April 2008 beendet. Am 21. Oktober 2009 musste wiederum eine Krisenintervention von drei Monaten angeordnet werden, die bis zum 22. Januar 2010 vollständig vollzogen wurde.
Am 16. Juni 2010 schlug der Beschwerdeführer im Wohnheim des ZfP, in dem er lebt, unvermittelt eine Betreuerin an den Hals und ins Gesicht. Deshalb regte das ZfP die erneute Anordnung einer Krisenintervention an, und zwar für die Dauer von sechs Wochen, um verhaltenstherapeutisch auf den Beschwerdeführer einzuwirken. Deshalb beschloss die Strafvollstreckungskammer am 24. Juni 2010 nochmals, die durch Urteil des Landgerichts Stuttgart angeordnete Unterbringung des Beschwerdeführers für die Dauer von drei Monaten zum Zwecke der Krisenintervention zu vollstrecken. Hiergegen wendet sich die Verteidigerin mit der sofortigen Beschwerde.
II.
Das zulässig eingelegte Rechtsmittel ist begründet.
Die Voraussetzungen dafür, die Unterbringung nach § 67 h StGB befristet wieder in Vollzug zu setzen, liegen jedenfalls jetzt nicht mehr vor.
Das ZfP, Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie W. hat auf Bitte des Senats mit Schreiben vom 28. Juli 2010 zu der Notwendigkeit der Krisenintervention Stellung genommen. Danach ist der Beschwerdeführer seit dem Vorfall vom 16. Juni 2010 bis zum 5. August 2010 nach dem Unterbringungsgesetz auf einer allgemeinpsychiatrischen Station des ZfP aufgenommen. In den ersten Tagen des Aufenthalts war er zwar sehr angespannt und reizbar. Schon nach wenigen Tagen hatte er sich aber recht gut stabilisiert und ließ sich gut führen. Zu neuen Zwischenfällen kam es nicht. Nach Auffassung der Ärzte hat sich damit gezeigt, dass der Zweck der ursprünglich angeregten Krisenintervention durch die stationäre Behandlung nach dem Unterbringungsgesetz erreicht wurde, so dass keine weiteren Maßnahme erforderlich sind. Der Beschwerdeführer kann anschließend wieder in den Wohnbereich des ZfP zurückkehren. Die dortigen Mitarbeiter stehen in engem Kontakt zu den Ärzten der Klinik für Forensische Psychiatrie.
Unter diesen Umständen kann jedenfalls jetzt eine Krisenintervention nach § 67h StGB nicht mehr angeordnet werden. Die Maßnahme ist nicht erforderlich, um einen Widerruf nach § 67 g StGB zu vermeiden.
Da der Beschwerdeführer unbefristet unter Führungsaufsicht steht und zu befürchten ist, dass sich sein Zustand auch künftig zeitweilig verschlechtern könnte, ist anzumerken:
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Die zeitliche Grenze von sechs Monaten, die § 67h Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 StGB der Maßnahme setzt, gilt nach der Auffassung des Senats nur für die einzelne Interventionsmaßnahme, nicht aber für die Summe der Invollzugsetzungen während der gesamten Führungsaufsicht (LK-Ruth Rissing-van Saan/Jens Peglau, 12. A., § 67h StGB Rn.21; a.A. Fischer, StGB, 57. A., § 67h Rn. 7 und Heintschel-Heinegg/Heuchemer § 67h StGB Rn. 7). Der Wortlaut des Gesetzes spricht von der „Maßnahme“ (Singular). Dabei ist als Maßnahme nach § 67h Abs. 1 Satz 1 StGB der konkrete befristete Vollzug zu verstehen. Die Formulierung in der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages, wonach die Sechsmonatsgrenze für die „Gesamtdauer der Maßnahmen“ (Plural) gelten solle (BTDrucks 16/4740 S. 23), ist nicht Gesetz geworden. Regelungszweck des § 67h StGB ist es, eine höhere Durchlässigkeit zwischen ambulanter und stationärer Betreuung zu schaffen und der Praxis Möglichkeiten flexibler Intervention zu geben (Gesetzentwurf der Bundesregierung BTDrucks 16/1993 S. 16 f.). Die zeitliche Begrenzung auf sechs Monate wurde im Gesetzgebungsverfahren damit begründet, dass regelmäßig eine schwerwiegende, den Widerruf fordernde Störung vorliegt, wenn die Maßnahme nicht innerhalb dieses Zeitraums beendet werden kann (Gesetzentwurf a.a.O. S. 17). Damit wird auf die konkrete therapeutische Situation abgestellt. Im Verlauf der Führungsaufsicht können immer wieder kleinere Störungen auftreten, die jeweils durch Intervention behoben werden können, ohne dass es einer längerfristigen Unterbringung bedarf. Dann ist unerheblich, ob die Gesamtheit der Maßnahmen unter Berücksichtigung früherer Interventionen sechs Monate übersteigt. Anderenfalls wären die Gerichte gegebenenfalls auch bei einem Interventionsbedarf von nur wenigen Wochen zu einem Widerruf gezwungen, den das Gesetz gerade vermeiden wollte.
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Da die Verteidigerin an dem Verfahren vor der Strafvollstreckungskammer nicht beteiligt worden ist, stellt der Senat fest, dass diese durch Verfügung des Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer vom 24. April 1995 ohne Einschränkung für das Vollstreckungsverfahren bestellt ist. Deshalb wurde sie in dem angefochtenen Beschluss vom 24. Juni 2010 ebenso wie in verschiedenen vorangegangenen Beschlüssen zu Recht als Verteidigerin angeführt. Diese Bestellung dauert an. Das Vollstreckungsverfahren endet erst mit der Erledigung der Maßregel am Ende der Führungsaufsicht (§ 67g Abs. 5 StGB). Im Übrigen kann auch im Anordnungsverfahren nach § 67 h StGB die Beiordnung eines Verteidigers notwendig sein. Dies liegt regelmäßig nahe, zumindest wenn der Betroffene aufgrund seiner Erkrankung in seiner Verteidigungsfähigkeit beeinträchtigt ist.
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Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass ein Verteidiger auch für das gesamte Vollstreckungsverfahren bestellt werden kann (NJW 2000, 3367; zustimmend Meyer-Goßner, StPO, 53. A. § 140 StPO Rn. 33a und LR-Klaus Lüderssen/Matthias Jahn, 26. A., § 141 StPO Rn. 28; a.A. verschiedene andere OLG, zuletzt OLG Zweibrücken StraFo 2010, 216 m.w.N., ebenso KK-Laufhütte, StPO, 6. A., § 141 Rn. 11). Ob diese Möglichkeit genutzt wird, etwa weil in einer Unterbringungssache die fehlende Verteidigungsfähigkeit auf Dauer absehbar ist, oder ob die Bestellung nur für einen einzelnen Abschnitt des Vollstreckungsverfahrens erfolgt, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden. Deshalb ist im Einzelfall auszulegen, in welchem Umfang die Bestellung gilt. Der Anspruch des Verurteilten auf Auswahl des Verteidigers, den das OLG Zweibrücken zu Recht betont (a.a.O.), kann auch dadurch erfüllt werden, dass der Betroffene vor einem neuen Vollstreckungsabschnitt, etwa einer Überprüfung nach § 67e Abs. 2 StGB gefragt wird, ob er einen anderen Verteidiger wünscht. Dies entspricht der Praxis im hiesigen Bezirk. Vor einem neuen Vollstreckungsabschnitt ist diesem Wunsch ohne Bindung an die Grundsätze, die sonst für die Auswechslung von Verteidigern nach § 143 StPO gelten, zu entsprechen.

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Referenzen - Gesetze

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Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafprozeßordnung - StPO | § 140 Notwendige Verteidigung


(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn 1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last g

Strafgesetzbuch - StGB | § 67e Überprüfung


(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. (2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in

Strafprozeßordnung - StPO | § 141 Zeitpunkt der Bestellung eines Pflichtverteidigers


(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Beschuldigten, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist und der noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich be

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

Strafgesetzbuch - StGB | § 67g Widerruf der Aussetzung


(1) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung, wenn die verurteilte Person 1. während der Dauer der Führungsaufsicht eine rechtswidrige Tat begeht,2. gegen Weisungen nach § 68b gröblich oder beharrlich verstößt oder3. sich der Aufsicht

Strafgesetzbuch - StGB | § 67h Befristete Wiederinvollzugsetzung; Krisenintervention


(1) Während der Dauer der Führungsaufsicht kann das Gericht die ausgesetzte Unterbringung nach § 63 oder § 64 für eine Dauer von höchstens drei Monaten wieder in Vollzug setzen, wenn eine akute Verschlechterung des Zustands der aus der Unterbringung

Referenzen

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Während der Dauer der Führungsaufsicht kann das Gericht die ausgesetzte Unterbringung nach § 63 oder § 64 für eine Dauer von höchstens drei Monaten wieder in Vollzug setzen, wenn eine akute Verschlechterung des Zustands der aus der Unterbringung entlassenen Person oder ein Rückfall in ihr Suchtverhalten eingetreten ist und die Maßnahme erforderlich ist, um einen Widerruf nach § 67g zu vermeiden. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 kann es die Maßnahme erneut anordnen oder ihre Dauer verlängern; die Dauer der Maßnahme darf insgesamt sechs Monate nicht überschreiten. § 67g Abs. 4 gilt entsprechend.

(2) Das Gericht hebt die Maßnahme vor Ablauf der nach Absatz 1 gesetzten Frist auf, wenn ihr Zweck erreicht ist.

(1) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung, wenn die verurteilte Person

1.
während der Dauer der Führungsaufsicht eine rechtswidrige Tat begeht,
2.
gegen Weisungen nach § 68b gröblich oder beharrlich verstößt oder
3.
sich der Aufsicht und Leitung der Bewährungshelferin oder des Bewährungshelfers oder der Aufsichtsstelle beharrlich entzieht
und sich daraus ergibt, dass der Zweck der Maßregel ihre Unterbringung erfordert. Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn der Widerrufsgrund zwischen der Entscheidung über die Aussetzung und dem Beginn der Führungsaufsicht (§ 68c Abs. 4) entstanden ist.

(2) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung nach den §§ 63 und 64 auch dann, wenn sich während der Dauer der Führungsaufsicht ergibt, dass von der verurteilten Person infolge ihres Zustands rechtswidrige Taten zu erwarten sind und deshalb der Zweck der Maßregel ihre Unterbringung erfordert.

(3) Das Gericht widerruft die Aussetzung ferner, wenn Umstände, die ihm während der Dauer der Führungsaufsicht bekannt werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten, zeigen, daß der Zweck der Maßregel die Unterbringung der verurteilten Person erfordert.

(4) Die Dauer der Unterbringung vor und nach dem Widerruf darf insgesamt die gesetzliche Höchstfrist der Maßregel nicht übersteigen.

(5) Widerruft das Gericht die Aussetzung der Unterbringung nicht, so ist die Maßregel mit dem Ende der Führungsaufsicht erledigt.

(6) Leistungen, die die verurteilte Person zur Erfüllung von Weisungen erbracht hat, werden nicht erstattet.

(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn

1.
zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2.
dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3.
das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4.
der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5.
der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6.
zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7.
zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8.
der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9.
dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10.
bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11.
ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.

(2) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt auch vor, wenn wegen der Schwere der Tat, der Schwere der zu erwartenden Rechtsfolge oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

(3) (weggefallen)

(1) In den Fällen der notwendigen Verteidigung wird dem Beschuldigten, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist und der noch keinen Verteidiger hat, unverzüglich ein Pflichtverteidiger bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. Über den Antrag ist spätestens vor einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm zu entscheiden.

(2) Unabhängig von einem Antrag wird dem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, in den Fällen der notwendigen Verteidigung ein Pflichtverteidiger bestellt, sobald

1.
er einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorgeführt werden soll;
2.
bekannt wird, dass der Beschuldigte, dem der Tatvorwurf eröffnet worden ist, sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
3.
im Vorverfahren ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte, insbesondere bei einer Vernehmung des Beschuldigten oder einer Gegenüberstellung mit ihm, nicht selbst verteidigen kann, oder
4.
er gemäß § 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert worden ist; ergibt sich erst später, dass die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
Erfolgt die Vorführung in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 zur Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls nach § 127b Absatz 2 oder über die Vollstreckung eines Haftbefehls gemäß § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, so wird ein Pflichtverteidiger nur bestellt, wenn der Beschuldigte dies nach Belehrung ausdrücklich beantragt. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 kann die Bestellung unterbleiben, wenn beabsichtigt ist, das Verfahren alsbald einzustellen und keine anderen Untersuchungshandlungen als die Einholung von Registerauskünften oder die Beiziehung von Urteilen oder Akten vorgenommen werden sollen.

(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.

(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt sechs Monate,
in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr,
in der Sicherungsverwahrung ein Jahr, nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung neun Monate.

(3) Das Gericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.

(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.