Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 16. Okt. 2003 - 1 Ws 281/03

bei uns veröffentlicht am16.10.2003

Tenor

Die Beschwerde des Angeschuldigten vom 18. September 2003 gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2003 wird als unzulässig

verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

 
I.
Gegen den Angeschuldigten besteht Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2003, aufgrund dessen er sich seit diesem Tage in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart befindet.
Seine gegen diesen Haftbefehl gerichtete Beschwerde vom 22. Juli 2003 wurde durch Beschluss der 1. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart als Beschwerdekammer am 30. Juli 2003 als unbegründet verworfen. Am 29. August 2003 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage zur 5. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart; über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Fortdauer der Untersuchungshaft ist bisher noch nicht entschieden. Mit Schriftsatz vom 18. September 2003 legte der Angeschuldigte bei der 5. Strafkammer "Haftbeschwerde" ein. Die Strafkammer half der Beschwerde nicht ab und legte sie zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vor, das mit Beschluss vom 30. September 2003 erklärte, die mit Schriftsatz vom 18. September 2003 eingelegte "Haftbeschwerde" sei nach Erhebung der Anklage in einen Antrag auf Haftprüfung durch das mit der Sache befasste Gericht nach § 117 Abs. 1 StPO umzudeuten und die Sache zur Durchführung des Haftprüfungsverfahrens an die 5. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart zurückzugeben.
Nachdem der Verteidiger gegenüber dem Vorsitzenden der 5. Strafkammer ausdrücklich erklärt hatte, er habe mit seinem Schriftsatz vom 18. September 2003 - in Kenntnis der zwischenzeitlich erfolgten Anklageerhebung - weder weitere Beschwerde gegen den Beschluss der 1. Strafkammer vom 30. Juli 2003 einlegen noch bei der 5. Strafkammer einen Antrag auf Haftprüfung stellen wollen, er erstrebe vielmehr die Entscheidung des Oberlandesgerichts, legte der Vorsitzende die Akten erneut dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor. Der Verteidiger hat auf Nachfrage gegenüber dem Senat erklärt, er habe mit seinem Schriftsatz vom 18. September 2003 aufgrund neuer, seinen Mandanten entlastender polizeilicher Erkenntnisse eine "getrennt zu betrachtende neue Beschwerde an die nunmehr zuständige 5. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart" einlegen wollen.
II.
Das Rechtsmittel ist nicht zulässig.
1. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur gelegentlich die Auffassung vertreten, dass dem Beschuldigten auch nach Erhebung der Anklage zum Landgericht das Recht der Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts zustehen müsse, über die das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zu entscheiden habe.
a) Diese Ansicht wird zum Teil damit begründet, dass aus den §§ 117 Abs. 2, 304, 305 StPO zwingend das Recht des Beschuldigten folge, zu jeder Zeit und in jedem Stadium des Verfahrens das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Haftbefehl und eine Haftfortdauerentscheidung einzulegen. Liege eine Haftentscheidung des gem. § 126 Abs. 2 StPO mit Anklageerhebung zuständig gewordenen Landgerichts noch nicht vor, so müsse über die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsrichters entschieden werden. Hierzu sei nicht das Landgericht, sondern gem. § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG das Oberlandesgericht berufen, weil das Landgericht, das gem. § 126 Abs. 2 StPO für erstinstanzliche Haftentscheidungen zuständig geworden sei, nicht gleichzeitig in derselben Sache Funktionen von zwei Instanzen wahrnehmen könne (so OLG Frankfurt, NJW 1973, 478, 479).
Diese Ansicht ist abzulehnen. Würde man mit dem OLG Frankfurt auch nach Anklageerhebung die Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts für zulässig erachten mit der Möglichkeit einer Abhilfe durch den Amtsrichter, so bestünde die erstinstanzliche Zuständigkeit des Amtsgerichts neben der mit Anklageerhebung gem. § 126 Abs. 2 StPO begründeten erstinstanzlichen Zuständigkeit der nunmehr mit der Sache befassten Strafkammer des Landgerichts. Eine solche doppelte erstinstanzliche Zuständigkeit zweier verschiedener Gerichte wird aber durch die in § 126 Abs. 2 StPO getroffene Zuständigkeitsregelung gerade ausgeschlossen (so auch OLG Stuttgart, Die Justiz 1977, 103, 104; OLG Hamm, NJW 1974, 157 f.; OLG Düsseldorf, StV 1993, 482; OLG Karlsruhe, StV 1994, 664, 665). Auch das Oberlandesgericht Frankfurt selbst hält an der Senatsentscheidung NJW 1973, 478 f. zwischenzeitlich nicht mehr fest (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1985, 1233).
b) Abzulehnen ist auch die im Anschluss an Dünnebier (MDR 1968, 185, 186) vertretene Auffassung, bis zum Ergehen einer erstinstanzlichen Haftentscheidung des Landgerichts nach § 207 Abs. 4 StPO sei der Haftbefehl des Amtsgerichts als Haftbefehl des Landgerichts zu behandeln mit der Folge der Zuständigkeit des Oberlandesgerichts gem. § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG zur Entscheidung über die nach Anklageerhebung gegen den Haftbefehl eingelegte Beschwerde (OLG Karlsruhe, NStZ 1984, 183, 184). Diese Fiktion würde dazu führen, dass dem nach Anklageerhebung als Haftgericht zuständigen Landgericht jede eigene Entscheidungsbefugnis genommen wäre und über die angefochtene Haftentscheidung des Amtsgerichts sogleich das Oberlandesgericht zu entscheiden hätte. Dies widerspräche der vom Gesetz gewollten und sich aus § 125 Abs. 1 und 2 StPO ergebenden Zuständigkeitsregelung, der der Gedanke zugrunde liegt, dass die sachgerechteste Haftentscheidung von dem mit der Haftsache befassten Gericht zu erwarten ist (so auch OLG Karlsruhe, Die Justiz 1986, 144).
Da auch Dünnebier dies erkennt, verlangt er einschränkend, dass das Landgericht, da mit der Beschwerde seine Entscheidung begehrt wird, nicht nur - wie im vorliegenden Fall - eine nicht beschwerdefähige Nichtabhilfeentscheidung trifft, sondern sich ausdrücklich zu dem Haftbefehl verhält und es dann dem Beschwerdeberechtigten überlässt, im Falle der Bestätigung des Haftbefehls weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht einzulegen (Dünnebier, aaO, S. 186).
10 
2. Der Senat ist deshalb in Übereinstimmung mit der weit überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Auffassung, dass einem Untersuchungsgefangenen nach Erhebung der Anklage zum Landgericht eine Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts nicht (mehr) zusteht. Ebenso wie im Falle einer vor Anklageerhebung eingelegten, noch unerledigt gebliebenen Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts ist die entsprechende Eingabe deshalb grundsätzlich in einen Antrag auf Haftprüfung umzudeuten (vgl. für viele OLG Karlsruhe, NJW 1972, 1723; OLG Karlsruhe, Die Justiz 1973, 253; OLG Stuttgart, Die Justiz 1977, 103, 104; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, SchlHA 1990, 114, 115; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Januar 1992 - 3 Ws 45/92 -, zitiert nach JURIS; OLG Karlsruhe, StV 1994, 664, 665; OLG Celle, NdsRpfl 1995, 111, 112; KK-Boujong, StPO, 5. Aufl., Rdnr. 8 zu § 126; a.A. z.B. Wankel in KMR, Rdn. 13 zu § 126). Der Senat hatte deshalb die Sache durch Beschluss vom 30. September 2003 zunächst zur Durchführung des Haftprüfungsverfahrens an die 5. Strafkammer des Landgerichts Stuttgart zurückgegeben.
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Nachdem der Verteidiger des Angeschuldigten nunmehr jedoch ausdrücklich erklärt hat, seine Eingabe vom 18. September 2003 sei nicht als Haftprüfungsantrag gemeint gewesen, er habe vielmehr aufgrund neuer polizeilicher Erkenntnisse, die seinen Mandanten entlasteten, Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2003 einlegen wollen und erstrebe eine Entscheidung des Oberlandesgerichts, scheidet eine Umdeutung aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt in entsprechender Anwendung des § 140 BGB zwar auch im Verfahrensrecht der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Prozesshandlung in eine prozessual zulässige, den gleichen Zwecken dienende umzudeuten ist (vgl. hierzu u.a. BGH, NJW 2001, 1217). Dies setzt jedoch voraus, dass diese Umdeutung dem mutmaßlichen Willen des Erklärenden entspricht. Hat - wie im vorliegenden Fall - der Beschwerdeführer sich ausdrücklich gegen eine Umdeutung gewandt, ist diese ausgeschlossen und seine Beschwerde gegen den Haftbefehl des Amtsgerichts, die ihm im jetzigen Verfahrensstadium nicht (mehr) zusteht, als unzulässig zu verwerfen.
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Die nicht begründete Nichtabhilfeentscheidung der Strafkammer kann, wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 30. September 2003 ausgeführt hat, nicht als beschwerdefähige Entscheidung angesehen werden, da sie als solche offensichtlich nicht gedacht und auch nicht in der entsprechenden Form erlassen und bekannt gemacht worden ist.
13 
Der Senat verkennt nicht, dass diese Verfahrensweise zu einer in Untersuchungshaftsachen unangemessenen Verfahrensverzögerung führen kann (Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 3. Aufl., Rdn. 796). Es liegt jedoch in der Hand des Angeschuldigten, zur Vermeidung größerer Verzögerungen entweder die anlässlich der Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 207 Abs. 4 StPO ohnehin zu treffende Haftentscheidung der Strafkammer abzuwarten oder im Wege der Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO Antrag auf Aufhebung bzw. Außervollzugsetzung des Haftbefehls zu stellen und dann gegen eine mögliche negative Entscheidung der Strafkammer Beschwerde einzulegen, anstatt die sofortige Entscheidung des Oberlandesgerichts, das unter Einhaltung des Instanzenzuges erst gegen die Entscheidung der Strafkammer angerufen werden kann, zu verlangen.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 140 Umdeutung


Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 121


(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel: 1. der Revision gegen a) die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;b) die Berufungsurteile der kleinen

Strafprozeßordnung - StPO | § 126 Zuständigkeit für weitere gerichtliche Entscheidungen


(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, da

Strafprozeßordnung - StPO | § 207 Inhalt des Eröffnungsbeschlusses


(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll. (2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen

Strafprozeßordnung - StPO | § 117 Haftprüfung


(1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung). (2) Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die

Strafprozeßordnung - StPO | § 125 Zuständigkeit für den Erlass des Haftbefehls


(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar und Ge

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Tenor 1.Eine Entscheidung des Senats ist derzeit nicht veranlasst.2.Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag des Angeklagten auf Aufhebung der Beschränkungen der Untersuchungshaft aus dem Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 25. Februar 2016

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(1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung).

(2) Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig. Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt.

(3) Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die weiteren gerichtlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich auf die Untersuchungshaft, die Aussetzung ihres Vollzugs (§ 116), ihre Vollstreckung (§ 116b) sowie auf Anträge nach § 119a beziehen, das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen, so ist das Gericht zuständig, das die vorangegangene Entscheidung getroffen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort vollzogen, so kann das Gericht seine Zuständigkeit auf Antrag der Staatsanwaltschaft auf das für diesen Ort zuständige Amtsgericht übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Während des Revisionsverfahrens ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des § 120 Abs. 1 vorliegen.

(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.

(5) Soweit nach den Gesetzen der Länder über den Vollzug der Untersuchungshaft eine Maßnahme der vorherigen gerichtlichen Anordnung oder der gerichtlichen Genehmigung bedarf, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Maßnahme durchgeführt wird. Unterhält ein Land für den Vollzug der Untersuchungshaft eine Einrichtung auf dem Gebiet eines anderen Landes, können die beteiligten Länder vereinbaren, dass das Amtsgericht zuständig ist, in dessen Bezirk die für die Einrichtung zuständige Aufsichtsbehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gilt § 121b des Strafvollzugsgesetzes entsprechend.

(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

(1) Die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:

1.
der Revision gegen
a)
die mit der Berufung nicht anfechtbaren Urteile des Strafrichters;
b)
die Berufungsurteile der kleinen und großen Strafkammern;
c)
die Urteile des Landgerichts im ersten Rechtszug, wenn die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird;
2.
der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammern oder des Bundesgerichtshofes begründet ist;
3.
der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach den § 50 Abs. 5, §§ 116, 138 Abs. 3 des Strafvollzugsgesetzes und der Jugendkammern nach § 92 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes;
4.
des Einwands gegen die Besetzung einer Strafkammer im Fall des § 222b Absatz 3 Satz 1 der Strafprozessordnung.

(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung

1.
nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder Buchstabe b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen Entscheidung,
2.
nach Absatz 1 Nummer 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung,
3.
nach Absatz 1 Nummer 2 über die Erledigung einer Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung oder in einem psychiatrischen Krankenhaus oder über die Zulässigkeit ihrer weiteren Vollstreckung von einer nach dem 1. Januar 2010 ergangenen Entscheidung oder
4.
nach Absatz 1 Nummer 4 von einer Entscheidung
eines anderen Oberlandesgerichtes oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.

(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl.

(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt den Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist, und, wenn Revision eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten ist. In dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) In dem Beschluß, durch den das Hauptverfahren eröffnet wird, läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung zu und bezeichnet das Gericht, vor dem die Hauptverhandlung stattfinden soll.

(2) Das Gericht legt in dem Beschluß dar, mit welchen Änderungen es die Anklage zur Hauptverhandlung zuläßt, wenn

1.
wegen mehrerer Taten Anklage erhoben ist und wegen einzelner von ihnen die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird,
2.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne abtrennbare Teile einer Tat beschränkt wird oder solche Teile in das Verfahren wieder einbezogen werden,
3.
die Tat rechtlich abweichend von der Anklageschrift gewürdigt wird oder
4.
die Verfolgung nach § 154a auf einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Straftat begangen worden sind, beschränkt wird oder solche Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbezogen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 reicht die Staatsanwaltschaft eine dem Beschluß entsprechende neue Anklageschrift ein. Von der Darstellung des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen kann abgesehen werden.

(4) Das Gericht beschließt zugleich von Amts wegen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung.

(1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung).

(2) Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig. Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag ergeht, wird dadurch nicht berührt.

(3) Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen.

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)