Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 02. Sept. 2013 - 9 WF 61/13

bei uns veröffentlicht am02.09.2013

Tenor

1. Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Saarlouis vom 12. April 2013 - 23 F 446/10 SO - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden, soweit hierüber nicht durch Beschluss des Senats vom 20. September 2012 - 9 WF 52/12 - entschieden worden ist, gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Der heute 13 Jahre alte Y. V. (im Folgenden: Y.) ist aus der am 10. September 1999 geschlossenen und im Jahr 2000 geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1. (Kindesmutter) und 2. (Kindesvater) hervorgegangen. Seit der Trennung der Kindeseltern, die am 18. Dezember 1999 vollzogen worden war, lebt Y. im Haushalt der Kindesmutter, die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist. Die Kindesmutter ist in einer neuen Ehe mit Herrn T. S. verheiratet und trägt den Namen „B.-S.“, unter dem auch die von ihr betriebene Zahnarztpraxis seit dem Jahr 2007 firmiert. Der Ehemann der Kindesmutter hat aus einer früheren Verbindung eine Tochter, die am 19. Dezember 1995 geborene A., die den Nachnamen „S.“ trägt. Aus der jetzigen Ehe des Kindesvaters ist das Kind P. Sc. hervorgegangen. Der Kindesvater hat die Zustimmung zu der von Mutter und Kind zunächst begehrten Namensänderung, wonach das Kind zukünftig den Nachnamen „S.“ tragen soll, verweigert. Der Ehemann der Kindesmutter ist mit der Namenserteilung einverstanden. Nachdem das Familiengericht - Rechtspflegerin - durch Beschluss vom 4. November 2011 - 23 F 446/10 SO - den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung zurückgewiesen hat, hat der Senat durch Beschluss vom 20. September 2012 - 9 WF 52/12 - auf die Beschwerde der Kindesmutter den Beschluss des Familiengerichts wegen schwerwiegender Verfahrensfehler aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Familiengericht zurückverwiesen.

Das Familiengericht - Rechtspflegerin - hat sodann nach Bestellung eines Verfahrensbeistandes für das betroffene Kind, Anhörung der Kindesmutter - der Kindesvater war zur Anhörung nicht erschienen - und Durchführung weiterer Ermittlungen gemäß dem von der Kindesmutter im Schriftsatz vom 30. Januar 2012 gestellten Hilfsantrag die Einwilligung des Kindesvaters in die Namensänderung des Kindes dahingehend ersetzt, dass Y. künftig den Familiennamen „S.-Sc.“ führt. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass nach umfassender Interessenabwägung die Namensänderung zwar nicht als „erforderlich“ anzusehen sei, indes die Einwilligung in eine additive Einbenennung, die unter weniger schwerwiegenden Voraussetzungen in Betracht komme als die exklusive Einbenennung, aus Kindesinteressen und auch zur Wahrung der Interessen des nicht sorgeberechtigten Vaters geboten sei, so dass auf den Hilfsantrag zu erkennen sei.

Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Kindesvaters, der unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung eine Zurückweisung der Anträge insgesamt - auch der hilfsweise begehrten additiven Namensänderung stimmt er nicht zu - erstrebt sowie eine Korrektur der Kostenentscheidung.

Die Kindesmutter beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens.

Der Verfahrensbeistand hat sich mit Schriftsatz vom 22. August 2013 geäußert und auf Zurückweisung der Beschwerde angetragen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel des Kindesvaters ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig. Bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des nichtsorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 Satz 4 BGB handelt es sich um eine Familiensache i.S. von §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG, weil das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge ist (BGH, FamRZ 2002, 94). Die Beschwerde ist form- und nach Lage der Akten auch fristgerecht eingelegt und unterliegt auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.

In der Sache hat das Rechtsmittel, soweit es die Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung des Kindes Y. in den Familiennamen „S.-Sc.“ gemäß dem Hilfsantrag betrifft, keinen Erfolg.Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH, FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 1330; FamRZ 2002, 94; Senat, Beschl. v. 20. September 2012, 9 WF 52/12, m.w.N.; OLG Karlsruhe, FamRZ 2013, 226, m.w.N.).

Im Rahmen der gebotenen Abwägung ist zuvörderst zu beachten, dass - auch wenn die Integration in die „Stief-“Familie für das Kindeswohl von großer Bedeutung ist - die Kontinuität der Namensführung ein wichtiger Kindesbelang ist, dessen Bedeutung - der Name eines Menschen ist Ausdruck seiner Identität sowie Individualität und begleitet die Lebensgeschichte seines Trägers, die unter dem Namen als zusammenhängende erkennbar wird (BVerfGE 104, 373; 97, 391) - weit über das Kindesalter hinausreicht und daher nicht allein aus der Perspektive der aktuellen familiären Situation beurteilt werden darf. Ebenso ist für das Wohl des Kindes wichtig, dass seine Beziehung zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil aufrecht erhalten wird, auch und insbesondere dann, wenn der Kontakt zu diesem weitgehend abgebrochen ist (BGH, aaO). Stellt sich die Situation für das Kind indes als außerordentliche Belastung, die weit über das hinausgeht, was typischerweise die Situation eines Kindes aus einer geschiedenen Ehe kennzeichnet, dar, und ist das Kindeswohl hierdurch gefährdet, ist eine Einbenennung unerlässlich (BGH, aaO; Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2007, § 1618, Rz. 26 ff, m.w.N.). Hiervon ist auf der Grundlage des sich im Beschwerderechtszug darbietenden Sach- und Streitstandes auszugehen, so dass ungeachtet der Frage, ob die Eingriffsschwelle bei der additiven Einbenennung niedriger anzusetzen ist (siehe hierzu: v. Sachsen Gessaphe in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1618, Rz. 28, m.w.N.; Staudinger/Coester, aaO, Rz. 28, m.w.N.), dem Familiengericht im Ergebnis darin beizutreten ist, im Rahmen der gebotenen Abwägung zwar nicht eine komplette Trennung des Namensbandes, sondern als milderen Eingriff in das Elternrecht jedenfalls eine sogenannte "additive Einbenennung" durch Voranstellung des Ehenamens des sorgeberechtigten Elternteils (§ 1618 Satz 2 BGB), vorzunehmen (vgl. BGH, FamRZ 2002, 94, m.w.N.; OLG Celle NJW 1999, 1374; OLG Jena, FamRZ 2001, 1547; Oelkers/Kreutzfeldt, FamRZ 2000, 645;v. Sachsen Gessaphe, aaO, Rz. 21 ff, m.w.N.; Staudinger/Coester, aaO, Rz. 35).

Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es an einer tragfähigen Beziehung zwischen Y. und dem Kindesvater mangelt. Zwar ist die Beibehaltung des mit dem anderen Elternteil gemeinsamen Namens ein äußeres Zeichen der für das Wohl des Kindes gleichfalls wichtigen Aufrechterhaltung seiner Beziehung zu diesem Elternteil, was auch und insbesondere dann gilt, wenn der Kontakt zu diesem Elternteil bereits eingeschränkt oder gar gefährdet ist und durch die Einbenennung als einer nach außen sichtbaren endgültigen Ablösung von ihm verfestigt würde. Indes ist die Position des anderen Elternteils auch in namensrechtlicher Hinsicht weniger oder nicht (mehr) schutzwürdig, wenn dieser bisher ein vollständiges Desinteresse an dem Kind gezeigt hat (vgl. Staudinger/Coester, aaO, Rz. 30, m.w.N.) Hiervon ist vorliegend auf der Grundlage des erstinstanzlichen Anhörungsergebnisses und insbesondere den plastischen Schilderungen der Kindesmutter, aber auch der eindrucksvollen Erklärungen von Y. gegenüber seinem Verfahrensbeistand, wie sie in dem Bericht vom 27. Februar 2013 wiedergegeben sind und wogegen der Kindesvater insgesamt nichts Erhebliches erinnert, auszugehen. Der Kindesvater, der Y. nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Kindesmutter außer wenige Tage nach der Geburt das erste Mal besucht hat, als er zehn Monate alt war, pflegte nach dem weiterhin unwidersprochen gebliebenem Vorbringen der Kindesmutter in den darauffolgenden Jahren dergestalt „Kontakt“ mit dem Kind, dass er Y. ca. ein Mal im Jahr anlässlich von beruflich bedingten Durchreisen im Saarland einen kurzen Besuch von zwei bis drei Stunden abstattete. Der letzte persönliche der ohnehin nur sporadischen Kontakte, zu dem man Y. habe überreden müssen (Besuch in Bern), fand vor über drei Jahren statt, telefonische Kontakte erfolgen nie, auch nicht an Weihnachten oder an Geburtstagen. Dies belegt hinlänglich, dass der nicht sorgeberechtigte Elternteil keinerlei Interesse an der Aufnahme von echten gelebten Beziehungen zu dem Kind hat, so dass sein Wunsch nach Namenseinheit nur vorgeschoben erscheint (OLG Karlsruhe, aaO; OLG Oldenburg, FamRZ 2000, 693, 694). Bereits von daher sind einer additiven Einbenennung entgegenstehende Interessen des Kindesvaters, auch und gerade unter Wahrung seines ihm in Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verbrieften Elternrechts, das indes nicht nur Rechte, sondern zugleich auch Pflichten dem Kind gegenüber vermittelt (statt aller: BVerfGE 121, 69), nicht ersichtlich. Seine Wertung, „sein guter Name [sei] ein reicher Erbteil“, der dem Kind als dem Träger seiner Gene nicht streitig gemacht werden dürfe, genügt jedenfalls nicht, um ein echtes intrinsisches Interesse bezogen auf das Kind und damit an einer Namenskontinuität zu begründen bzw. ein der additiven Einbenennung belastbar entgegen stehendes Interesse zu rechtfertigen.

Weiterhin sind die vorhandenen Belastungen durch die Namensverschiedenheit in der Stiefelternfamilie von Bedeutung (Schwer in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 1618, Rz. 25 ff, m.z.w.N.; Staudinger/Coester, aaO, Rz. 32; OLG Karlsruhe, aaO). Diese im Rahmen der von dem Familiengericht durchgeführten Ermittlungen zu Tage getretenen Belastungen Y.s gehen weit über das hinaus, was an nicht zu vermeidenden „Unannehmlichkeiten“ im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Namensführung in einer Stiefelternfamilie, verursacht beispielsweise durch Unbehagen oder Hänseleien in der Schule, wobei Scheidung und Wiederverheiratung heute zu den täglichen Erfahrungen auch im Schul- und Freundeskreis gehören und damit kein Stigma mehr darstellen, ohne Besorgung von erheblichen Nachteilen für das Kindeswohl hinzunehmen sind. Wie auf Grund der Anhörung der Lehrerin von Y., Frau B., feststeht, weigert Y. sich nunmehr schon über Jahre hinweg, in der Schule seinen Nachnamen anzugeben. Auf Ansprache mit dem Nachnamen „Sc.“ habe Y. stets aggressiv reagiert, was zu „Tränen“ und „Hänseleien“ geführt habe. Bei Tests und Klassenarbeiten habe Y. zunächst nur seinen Vornamen verwendet, nunmehr gebe er in Absprache mit den Lehrkräften seinen Namen mit „Y. S.“ an. Y. bezeichne Herrn S., der die Kindesmutter stets zu Elternabenden, Schulfesten und dergleichen begleitet habe bzw. begleite und den sie für Y.s leiblichen Vater gehalten habe, als seinen „Papa“. Nach ihrem Dafürhalten leide Y. unter dem Familiennamen „Sc.“ und stelle der Nachnamen für das Kind eine erhebliche Belastung dar. Die Kindesmutter, die im Rahmen ihrer Anhörung die schulischen Vorkommnisse bestätigt und anschaulich geschildert hat, dass Y. sogar schlechte Noten in Kauf genommen habe (Note 6 in einem Vokabeltest), weil er seine Arbeiten nicht mit dem Nachnamen „Sc.“ unterzeichnet habe, hat weitere Begebenheiten (so z. Bsp. Trennung am Flughafen durch das Bodenpersonal anlässlich der Ägyptenreise wegen der Namensverschiedenheit) beschrieben, die für Y. traumatisch gewesen seien. Letztlich lässt auch der sehr umfassende, ausführliche und auf der Grundlage von mit Y., Y.s Lehrerin und der Kindesmutter - der Kindesvater stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung - geführten Gespräche erstellte Bericht des Verfahrensbeistandes (Bl. 159 bis 167), in dem sowohl die - exemplarisch relevanten - situationsbedingten als auch die emotionalen Komponenten erschöpfend aufgearbeitet werden, keine begründeten Zweifel daran, dass die Führung des Nachnamens „Sc.“ Y. enorm belastet, was dem Kindeswohl mehr als abträglich und unter den gegebenen Umständen nicht mehr vertretbar ist. Weiterhin kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass Y., wie dies der Bericht des Verfahrensbeistandes vermittelt, eine sehr enge emotionale Bindung zu seinem Stiefvater hat, der sich zusammen mit der Kindesmutter um die Belange des Kindes kümmert, und in die Stiefelternfamilie - die Ehe seiner Mutter mit dem Kindesvater wurde bereits im Jahr 2000 geschieden - voll integriert und eingebunden ist.

Schließlich entspricht es dem ausdrücklichen und über einen langen Zeitraum konstant geäußerten Wunsch des mittlerweile 13 Jahren alten Kindes, jedenfalls den Namen „S.-Sc.“ zu führen, womit Y., der sich von dem Kindesvater nicht angenommen fühlt („Er hat sich noch nie in meinem ganzen Leben auch nur ansatzweise um mich gekümmert“, vgl. Bericht des Verfahrensbeistandes, Seite 4), seine starke Verbundenheit zu seiner Stiefelternfamilie, deren Mitglieder seine Hauptbezugspersonen sind, zum Ausdruck bringen will.Der geäußerte Wille des Kindes hat das gleiche Gewicht im Rahmen einer Einbenennung wie in anderen sorgerechtlichen Entscheidungen und kann deshalb, insbesondere in Ansehung des Alters des Kindes und dessen, wie der Verfahrensbeistand festgestellt hat, entsprechendem Verständnis für die Namensbedeutung, nicht unberücksichtigt bleiben, zumal der Name auch eine persönlichkeitsrelevante Komponente hat (Staudinger/Coester, aaO, Rz. 34).

In Abwägung aller Gesichtspunkte sind deshalb die Voraussetzungen des § 1618 Satz 4 BGB für eine Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters in die additive Einbenennung erfüllt, so dass das Rechtsmittel keinen Erfolg hat.Dem steht nicht entgegen, dass der wiederverheiratete Vater ein weiteres Kind hat, das seinen Namen trägt. Eine Gesamtbetrachtung der für und gegen die Ersetzung der Einwilligung des Vaters sprechenden Gründe ergibt, dass im vorliegenden Fall das Wohl des Kindes die Ersetzung der Einwilligung erfordert.

Hiernach bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss. Der Senat sieht bei den gegebenen Umständen nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von einer persönlichen Anhörung der weiteren Beteiligten in der Beschwerdeinstanz ab, weil von einer erneuten Anhörung bei der gegebenen Sachlage keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. Abramenko in: Prütting/ Helms, FamFG, 2. Aufl., § 68, Rz. 26 ff; Senat, Beschl. v. 23. Oktober 2012, 9 UF 21/12, m.w.N.)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 FamFG. Unter den obwaltenden Umständen erscheint es insbesondere mit Blick darauf, dass der Hauptantrag keinen Erfolg hat, sondern (nur) auf den Hilfsantrag zu erkennen war, sachgerecht, die gesamten Verfahrenskosten gegeneinander aufzuheben, soweit hierüber nicht bereits durch Beschluss des Senats vom 20. September 2012 - 9 WF 52/12 - entschieden worden ist.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 81 Grundsatz der Kostenpflicht


(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde


(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Beurteilung des Beschwerd

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens


(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 111 Familiensachen


Familiensachen sind 1. Ehesachen,2. Kindschaftssachen,3. Abstammungssachen,4. Adoptionssachen,5. Ehewohnungs- und Haushaltssachen,6. Gewaltschutzsachen,7. Versorgungsausgleichssachen,8. Unterhaltssachen,9. Güterrechtssachen,10. sonstige Familiensache

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1618 Einbenennung


Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Er

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 20. Sept. 2012 - 9 WF 52/12

bei uns veröffentlicht am 20.09.2012

Tenor Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 4. November 2011 – 23 F 446/10 SO – aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über

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Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 4. November 2011 – 23 F 446/10 SO – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Familiengericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der heute 12 Jahre alte Y. V. ist aus der geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1 (Kindesmutter) und 2 (Kindesvater) hervorgegangen. Er lebt im Haushalt der Kindesmutter, die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist. Die Kindesmutter ist in neuer Ehe mit Herrn T. S. verheiratet und trägt den Namen „B.- S.“. Der Kindesvater hat die Zustimmung zu der von Mutter und Kind zunächst begehrten Namensänderung, wonach das Kind zukünftig den Nachnamen „S.“ tragen soll, verweigert. Der Ehemann der Kindesmutter ist mit der Namenserteilung einverstanden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts - nach persönlicher Anhörung des Kindes - den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung des Kindes zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter. Sie beantragt (sinngemäß),

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen,
hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.“ führt,
höchst hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.- Sc.“ führt.

Der Kindesvater bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er stimmt auch der nunmehr hilfsweise begehrten additiven Namensänderung nicht zu.

II.

Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig. Bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 Satz 4 BGB handelt es sich um eine Familiensache i.S. von §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG, weil das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge ist (BGH, FamRZ 2002, 94). Die Beschwerde ist form- und nach Lage der Akten auch fristgerecht eingelegt und unterliegt auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.

In der Sache hat das Rechtsmittel nach Maßgabe der Entscheidungsformel einen vorläufigen Erfolg. Das Verfahren erster Instanz leidet an schwerwiegenden Fehlern, die - auf den Hauptantrag der Beschwerde – die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zur Folge haben. Das Familiengericht hat ohne die erforderliche persönliche Anhörung der Kindeseltern entschieden (§ 160 FamFG) und die amtswegig gebotene Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG) unterlassen.

Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH, FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 94; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2002 – 9 UF 81/02 -, OLGR Saarbrücken 2002, 367).

In den Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes nach § 1618 Satz 4 BGB hat das Gericht vor der Entscheidung gemäß § 160 FamFG grundsätzlich den sorgeberechtigten Elternteil (hier die Kindesmutter) ebenso wie den nicht sorgeberechtigten Elternteil (hier den Kindesvater) persönlich anzuhören, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2009 – 9 UF 97/08 -, OLGR Saarbrücken 2009, 272; MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, 6. Aufl., § 1618, Rz. 27). Die persönliche Anhörung beider Elternteile durch das Gericht erscheint schon im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung für das Kind und für die Eltern im Regelfall unverzichtbar. Sie dient zudem neben der Gewährung des rechtlichen Gehörs insbesondere der nach § 26 FamFG gebotenen Sachaufklärung, durch die ermittelt werden soll, ob die beantragte Namensänderung zum Wohl des Kindes „erforderlich ist“, und erst die Grundlage für die vorzunehmende umfassende Abwägung der Kindes- und Elterninteressen geschaffen wird. Dazu reicht es regelmäßig nicht aus, die Parteien nur schriftlich zu hören. Denn hieraus lassen sich weder ein persönlicher Eindruck von den beteiligten Personen gewinnen noch deren allgemeine Interessen, Motive und besonderen persönlichen Gesichtspunkte feststellen. Dies ist vielmehr im Regelfall nur möglich durch eine persönliche Anhörung der Beteiligten (Senat, a.a.O.). Schwerwiegende Gründe, aus denen in den Fällen des § 160 Abs. 1, 2 FamFG nur von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden darf (§ 160 Abs. 3 FamFG), sind nicht ersichtlich und im angefochtenen Beschluss auch nicht festgestellt. Die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme – erst Recht im Rahmen anwaltlich verfasster Schriftsätze – ersetzt die persönliche Anhörung der Eltern nicht, weil das Gericht sich hierdurch den notwendigen unmittelbaren eigenen Eindruck von den Beteiligten nicht verschaffen kann (Senat, a.a.O.). Die persönliche Anhörung war hier auch deswegen unerlässlich, weil der Antrag bereits erstinstanzlich auch damit begründet worden war, dass die Frage der Namensführung für das Kind eine erhebliche und nicht mehr vertretbare psychische Belastung darstelle, die sich nicht nur im familiären, sondern auch bereits im schulischen Umfeld ausgewirkt und etwa der Klassenlehrerin Veranlassung zu dem Vorschlag gegeben habe, das Kind „schulintern umzubenennen“, um den psychischen Druck von ihm zu nehmen. Unter diesen Umständen hätte es im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zudem auch nahegelegen, nicht nur – wie in Fällen der gegebenen Art ohnehin regelmäßig in Erwägung zu ziehen ist (MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, a.a.O.) - den neuen Ehegatten der Kindesmutter, sondern hier auch die Klassenlehrerin als Auskunftspersonen im Verfahren zu hören, um das konkrete Ausmaß und Erscheinungsbild etwaiger psychischer Beeinträchtigungen dem Versuch einer Klärung zu unterziehen und so eine Grundlage für die Beurteilung zu schaffen, ob weitere diesbezügliche Ermittlungen, welche die Kindesmutter mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Juni 2011 (Seite 2) im Übrigen bereits angeregt hatte, angezeigt waren. Ohne die persönliche Anhörung der Eltern und Vernehmung der o.g. Auskunftspersonen stellt es einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, wenn der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung mit der Begründung zurückgewiesen wird, nach Überzeugung des Gerichts sei die beabsichtigte Namensänderung für das Kindeswohl i.S. von § 1618 BGB „nicht erforderlich“.

Nach alldem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist angezeigt, weil die Antragstellerin dies beantragt hat und die Sache – wie oben dargelegt – nur durch umfangreiche und aufwändige weitere Ermittlungen zur Entscheidungsreife geführt werden kann (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG). Durch deren Nachholung in der Beschwerdeinstanz würde den Beteiligten im Übrigen eine Tatsacheninstanz genommen, was unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich erscheint. Im weiteren Verfahren wird auch zu prüfen sein, ob nicht die Bestellung eines Verfahrensbeistandes des Kindes (§ 158 FamFG) angezeigt ist. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt zugleich Gelegenheit, die erst zweitinstanzlich – hilfsweise - beantragte Einbenennung nach § 1618 Satz 2 BGB in die neu zu treffende Entscheidung einzubeziehen.

Der die Gerichtskosten betreffende Ausspruch beruht auf § 20 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.

Familiensachen sind

1.
Ehesachen,
2.
Kindschaftssachen,
3.
Abstammungssachen,
4.
Adoptionssachen,
5.
Ehewohnungs- und Haushaltssachen,
6.
Gewaltschutzsachen,
7.
Versorgungsausgleichssachen,
8.
Unterhaltssachen,
9.
Güterrechtssachen,
10.
sonstige Familiensachen,
11.
Lebenspartnerschaftssachen.

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 4. November 2011 – 23 F 446/10 SO – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Familiengericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der heute 12 Jahre alte Y. V. ist aus der geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1 (Kindesmutter) und 2 (Kindesvater) hervorgegangen. Er lebt im Haushalt der Kindesmutter, die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist. Die Kindesmutter ist in neuer Ehe mit Herrn T. S. verheiratet und trägt den Namen „B.- S.“. Der Kindesvater hat die Zustimmung zu der von Mutter und Kind zunächst begehrten Namensänderung, wonach das Kind zukünftig den Nachnamen „S.“ tragen soll, verweigert. Der Ehemann der Kindesmutter ist mit der Namenserteilung einverstanden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts - nach persönlicher Anhörung des Kindes - den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung des Kindes zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter. Sie beantragt (sinngemäß),

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen,
hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.“ führt,
höchst hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.- Sc.“ führt.

Der Kindesvater bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er stimmt auch der nunmehr hilfsweise begehrten additiven Namensänderung nicht zu.

II.

Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig. Bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 Satz 4 BGB handelt es sich um eine Familiensache i.S. von §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG, weil das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge ist (BGH, FamRZ 2002, 94). Die Beschwerde ist form- und nach Lage der Akten auch fristgerecht eingelegt und unterliegt auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.

In der Sache hat das Rechtsmittel nach Maßgabe der Entscheidungsformel einen vorläufigen Erfolg. Das Verfahren erster Instanz leidet an schwerwiegenden Fehlern, die - auf den Hauptantrag der Beschwerde – die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zur Folge haben. Das Familiengericht hat ohne die erforderliche persönliche Anhörung der Kindeseltern entschieden (§ 160 FamFG) und die amtswegig gebotene Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG) unterlassen.

Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH, FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 94; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2002 – 9 UF 81/02 -, OLGR Saarbrücken 2002, 367).

In den Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes nach § 1618 Satz 4 BGB hat das Gericht vor der Entscheidung gemäß § 160 FamFG grundsätzlich den sorgeberechtigten Elternteil (hier die Kindesmutter) ebenso wie den nicht sorgeberechtigten Elternteil (hier den Kindesvater) persönlich anzuhören, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2009 – 9 UF 97/08 -, OLGR Saarbrücken 2009, 272; MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, 6. Aufl., § 1618, Rz. 27). Die persönliche Anhörung beider Elternteile durch das Gericht erscheint schon im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung für das Kind und für die Eltern im Regelfall unverzichtbar. Sie dient zudem neben der Gewährung des rechtlichen Gehörs insbesondere der nach § 26 FamFG gebotenen Sachaufklärung, durch die ermittelt werden soll, ob die beantragte Namensänderung zum Wohl des Kindes „erforderlich ist“, und erst die Grundlage für die vorzunehmende umfassende Abwägung der Kindes- und Elterninteressen geschaffen wird. Dazu reicht es regelmäßig nicht aus, die Parteien nur schriftlich zu hören. Denn hieraus lassen sich weder ein persönlicher Eindruck von den beteiligten Personen gewinnen noch deren allgemeine Interessen, Motive und besonderen persönlichen Gesichtspunkte feststellen. Dies ist vielmehr im Regelfall nur möglich durch eine persönliche Anhörung der Beteiligten (Senat, a.a.O.). Schwerwiegende Gründe, aus denen in den Fällen des § 160 Abs. 1, 2 FamFG nur von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden darf (§ 160 Abs. 3 FamFG), sind nicht ersichtlich und im angefochtenen Beschluss auch nicht festgestellt. Die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme – erst Recht im Rahmen anwaltlich verfasster Schriftsätze – ersetzt die persönliche Anhörung der Eltern nicht, weil das Gericht sich hierdurch den notwendigen unmittelbaren eigenen Eindruck von den Beteiligten nicht verschaffen kann (Senat, a.a.O.). Die persönliche Anhörung war hier auch deswegen unerlässlich, weil der Antrag bereits erstinstanzlich auch damit begründet worden war, dass die Frage der Namensführung für das Kind eine erhebliche und nicht mehr vertretbare psychische Belastung darstelle, die sich nicht nur im familiären, sondern auch bereits im schulischen Umfeld ausgewirkt und etwa der Klassenlehrerin Veranlassung zu dem Vorschlag gegeben habe, das Kind „schulintern umzubenennen“, um den psychischen Druck von ihm zu nehmen. Unter diesen Umständen hätte es im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zudem auch nahegelegen, nicht nur – wie in Fällen der gegebenen Art ohnehin regelmäßig in Erwägung zu ziehen ist (MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, a.a.O.) - den neuen Ehegatten der Kindesmutter, sondern hier auch die Klassenlehrerin als Auskunftspersonen im Verfahren zu hören, um das konkrete Ausmaß und Erscheinungsbild etwaiger psychischer Beeinträchtigungen dem Versuch einer Klärung zu unterziehen und so eine Grundlage für die Beurteilung zu schaffen, ob weitere diesbezügliche Ermittlungen, welche die Kindesmutter mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Juni 2011 (Seite 2) im Übrigen bereits angeregt hatte, angezeigt waren. Ohne die persönliche Anhörung der Eltern und Vernehmung der o.g. Auskunftspersonen stellt es einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, wenn der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung mit der Begründung zurückgewiesen wird, nach Überzeugung des Gerichts sei die beabsichtigte Namensänderung für das Kindeswohl i.S. von § 1618 BGB „nicht erforderlich“.

Nach alldem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist angezeigt, weil die Antragstellerin dies beantragt hat und die Sache – wie oben dargelegt – nur durch umfangreiche und aufwändige weitere Ermittlungen zur Entscheidungsreife geführt werden kann (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG). Durch deren Nachholung in der Beschwerdeinstanz würde den Beteiligten im Übrigen eine Tatsacheninstanz genommen, was unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich erscheint. Im weiteren Verfahren wird auch zu prüfen sein, ob nicht die Bestellung eines Verfahrensbeistandes des Kindes (§ 158 FamFG) angezeigt ist. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt zugleich Gelegenheit, die erst zweitinstanzlich – hilfsweise - beantragte Einbenennung nach § 1618 Satz 2 BGB in die neu zu treffende Entscheidung einzubeziehen.

Der die Gerichtskosten betreffende Ausspruch beruht auf § 20 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617c gilt entsprechend.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 4. November 2011 – 23 F 446/10 SO – aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Familiengericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Der Verfahrenswert für die Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der heute 12 Jahre alte Y. V. ist aus der geschiedenen Ehe der weiteren Beteiligten zu 1 (Kindesmutter) und 2 (Kindesvater) hervorgegangen. Er lebt im Haushalt der Kindesmutter, die alleinige Sorgerechtsinhaberin ist. Die Kindesmutter ist in neuer Ehe mit Herrn T. S. verheiratet und trägt den Namen „B.- S.“. Der Kindesvater hat die Zustimmung zu der von Mutter und Kind zunächst begehrten Namensänderung, wonach das Kind zukünftig den Nachnamen „S.“ tragen soll, verweigert. Der Ehemann der Kindesmutter ist mit der Namenserteilung einverstanden.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat die Rechtspflegerin des Familiengerichts - nach persönlicher Anhörung des Kindes - den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Namensänderung des Kindes zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kindesmutter. Sie beantragt (sinngemäß),

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen,
hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.“ führt,
höchst hilfsweise, die Einwilligung des Kindesvaters in die beabsichtigte Namensänderung des Kindes dahin zu ersetzen, dass das Kind künftig den Nachnamen „S.- Sc.“ führt.

Der Kindesvater bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Er stimmt auch der nunmehr hilfsweise begehrten additiven Namensänderung nicht zu.

II.

Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist gemäß §§ 58 ff FamFG zulässig. Bei der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung nach § 1618 Satz 4 BGB handelt es sich um eine Familiensache i.S. von §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1 FamFG, weil das Recht der Eltern zur Bestimmung des Kindesnamens Ausfluss der elterlichen Sorge ist (BGH, FamRZ 2002, 94). Die Beschwerde ist form- und nach Lage der Akten auch fristgerecht eingelegt und unterliegt auch im Übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken.

In der Sache hat das Rechtsmittel nach Maßgabe der Entscheidungsformel einen vorläufigen Erfolg. Das Verfahren erster Instanz leidet an schwerwiegenden Fehlern, die - auf den Hauptantrag der Beschwerde – die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung zur Folge haben. Das Familiengericht hat ohne die erforderliche persönliche Anhörung der Kindeseltern entschieden (§ 160 FamFG) und die amtswegig gebotene Aufklärung des Sachverhalts (§ 26 FamFG) unterlassen.

Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann das Familiengericht die Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die nach § 1618 Satz 1 BGB beabsichtigte Einbenennung ersetzen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Danach reicht es allerdings nicht aus, dass die Namensänderung bloß zweckmäßig ist oder dass es Gründe gibt, die für eine Einbenennung in die neue Familie sprechen. Vielmehr kommt die familiengerichtliche Ersetzung der Zustimmung des nicht sorgeberechtigten Elternteils in die Einbenennung des Kindes regelmäßig nur dann in Betracht, wenn eine Zerschneidung des namensrechtlichen Bandes zwischen dem nicht sorgeberechtigten Elternteil und dem Kind aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist. Das ist der Fall, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. Dabei setzt eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung eine umfassende Abwägung der - grundsätzlich gleichrangigen - Kindes- und Elterninteressen voraus (BGH, FamRZ 2005, 889; FamRZ 2002, 94; Senatsbeschluss vom 1. Juli 2002 – 9 UF 81/02 -, OLGR Saarbrücken 2002, 367).

In den Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils in die Einbenennung eines Kindes nach § 1618 Satz 4 BGB hat das Gericht vor der Entscheidung gemäß § 160 FamFG grundsätzlich den sorgeberechtigten Elternteil (hier die Kindesmutter) ebenso wie den nicht sorgeberechtigten Elternteil (hier den Kindesvater) persönlich anzuhören, um sich einen unmittelbaren Eindruck zu verschaffen (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2009 – 9 UF 97/08 -, OLGR Saarbrücken 2009, 272; MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, 6. Aufl., § 1618, Rz. 27). Die persönliche Anhörung beider Elternteile durch das Gericht erscheint schon im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung für das Kind und für die Eltern im Regelfall unverzichtbar. Sie dient zudem neben der Gewährung des rechtlichen Gehörs insbesondere der nach § 26 FamFG gebotenen Sachaufklärung, durch die ermittelt werden soll, ob die beantragte Namensänderung zum Wohl des Kindes „erforderlich ist“, und erst die Grundlage für die vorzunehmende umfassende Abwägung der Kindes- und Elterninteressen geschaffen wird. Dazu reicht es regelmäßig nicht aus, die Parteien nur schriftlich zu hören. Denn hieraus lassen sich weder ein persönlicher Eindruck von den beteiligten Personen gewinnen noch deren allgemeine Interessen, Motive und besonderen persönlichen Gesichtspunkte feststellen. Dies ist vielmehr im Regelfall nur möglich durch eine persönliche Anhörung der Beteiligten (Senat, a.a.O.). Schwerwiegende Gründe, aus denen in den Fällen des § 160 Abs. 1, 2 FamFG nur von einer persönlichen Anhörung abgesehen werden darf (§ 160 Abs. 3 FamFG), sind nicht ersichtlich und im angefochtenen Beschluss auch nicht festgestellt. Die Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme – erst Recht im Rahmen anwaltlich verfasster Schriftsätze – ersetzt die persönliche Anhörung der Eltern nicht, weil das Gericht sich hierdurch den notwendigen unmittelbaren eigenen Eindruck von den Beteiligten nicht verschaffen kann (Senat, a.a.O.). Die persönliche Anhörung war hier auch deswegen unerlässlich, weil der Antrag bereits erstinstanzlich auch damit begründet worden war, dass die Frage der Namensführung für das Kind eine erhebliche und nicht mehr vertretbare psychische Belastung darstelle, die sich nicht nur im familiären, sondern auch bereits im schulischen Umfeld ausgewirkt und etwa der Klassenlehrerin Veranlassung zu dem Vorschlag gegeben habe, das Kind „schulintern umzubenennen“, um den psychischen Druck von ihm zu nehmen. Unter diesen Umständen hätte es im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung zudem auch nahegelegen, nicht nur – wie in Fällen der gegebenen Art ohnehin regelmäßig in Erwägung zu ziehen ist (MünchKomm-BGB/v. Sachsen Gessaphe, a.a.O.) - den neuen Ehegatten der Kindesmutter, sondern hier auch die Klassenlehrerin als Auskunftspersonen im Verfahren zu hören, um das konkrete Ausmaß und Erscheinungsbild etwaiger psychischer Beeinträchtigungen dem Versuch einer Klärung zu unterziehen und so eine Grundlage für die Beurteilung zu schaffen, ob weitere diesbezügliche Ermittlungen, welche die Kindesmutter mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Juni 2011 (Seite 2) im Übrigen bereits angeregt hatte, angezeigt waren. Ohne die persönliche Anhörung der Eltern und Vernehmung der o.g. Auskunftspersonen stellt es einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, wenn der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Einbenennung mit der Begründung zurückgewiesen wird, nach Überzeugung des Gerichts sei die beabsichtigte Namensänderung für das Kindeswohl i.S. von § 1618 BGB „nicht erforderlich“.

Nach alldem kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Die Aufhebung und Zurückverweisung ist angezeigt, weil die Antragstellerin dies beantragt hat und die Sache – wie oben dargelegt – nur durch umfangreiche und aufwändige weitere Ermittlungen zur Entscheidungsreife geführt werden kann (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG). Durch deren Nachholung in der Beschwerdeinstanz würde den Beteiligten im Übrigen eine Tatsacheninstanz genommen, was unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich erscheint. Im weiteren Verfahren wird auch zu prüfen sein, ob nicht die Bestellung eines Verfahrensbeistandes des Kindes (§ 158 FamFG) angezeigt ist. Die Aufhebung und Zurückverweisung gibt zugleich Gelegenheit, die erst zweitinstanzlich – hilfsweise - beantragte Einbenennung nach § 1618 Satz 2 BGB in die neu zu treffende Entscheidung einzubeziehen.

Der die Gerichtskosten betreffende Ausspruch beruht auf § 20 FamGKG.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.