Tenor

I. Die Entscheidung über die sofortige Beschwerde wird dem Senat übertragen.

II. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde.

IV. Der Streitwert der sofortigen Beschwerde wird auf 2.353,00 Euro festgesetzt.

V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger ist Versicherungsnehmer einer bei der Beklagten gemäß Antrag vom 25.6.1991 für das in der "~straße in" gelegenen Grundstück abgeschlossenen Wohngebäude-, Haftpflicht- und Hausratversicherung (Bl. 50 ff d.A.). In dem Antragsformular war darauf hingewiesen, dass mit dem Versicherungsschein die Versicherungsbedingungen übersandt werden (Bl. 51 d.A.); auszugsweise waren auf der Rückseite des Antragsformulars Erläuterungen zu den einzelnen Versicherungsbedingungen abgedruckt. Unter Ziffer 14 dieser Erläuterungen heißt es wörtlich wie folgt: "Versicherungsbedingungen. Für das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und der ~versicherung AG sind maßgeblich zu allen Versicherungen (...) zu C-Hausratversicherung die Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB 84)...". Unter Ziffer 15 (Verhaltensregeln) wird der Versicherungsnehmer aufgefordert, sofort anzuzeigen, wenn eine Gefahrerhöhung eintritt, wobei „für die Einbruchdiebstahlversicherung ... als Gefahrerhöhung angesehen (wird), wenn die Wohnung länger als 60 Tage ununterbrochen unbewohnt und unbeaufsichtigt bleibt. Beaufsichtigt ist die Wohnung nur, wenn sich in dieser während der Nacht eine hierzu berechtigte erwachsene Person aufhält." In den Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen Ziffer 13 (Gefahrumstände bei Vertragsabschluss und Gefahrerhöhung) ist in Absatz 2 geregelt, dass eine Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen ist, und dass bei einer Gefahrerhöhung der Versicherer aufgrund der §§ 23 bis 30 VVG zur Kündigung berechtigt oder auch leistungsfrei sein kann. In Absatz 3 heißt es wie folgt:" Eine Gefahrerhöhung nach Antragstellung liegt insbesondere vor, wenn a) sich anlässlich eines Wohnungswechsels oder aus sonstigen Gründen ein Umstand ändert, nach dem im Antrag gefragt ist; b) die ansonsten ständig bewohnte Wohnung länger als 60 Tage ununterbrochen unbewohnt und unbeaufsichtigt bleibt; beaufsichtigt ist die Wohnung nur, wenn sich während der Nacht eine dazu berechtigte volljährige Person darin aufhält; c) bei Antragstellung vorhandene oder zusätzlich vereinbarte Sicherungen beseitigt oder vermindert werden. Das gilt auch bei Wohnungswechsel."

In den ergänzenden Angaben seines Antrags zur verbundenen Hausratversicherung kreuzte der Kläger in dem Abschnitt "Sicherungsbeschreibung", in der die Lage und die Art bzw. die Benutzung des Gebäudes/ der Wohnung zu bezeichnen waren, "Zweitwohnung im von Dritten ständig bewohnten Gebäude" an.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung war das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, ein freistehendes eineinhalbgeschossiges Einfamilienhaus an einer in den Ort hineinführenden Gemeindestraße mit einem rückwärtigen sichtgeschützten und als Abstellraum genutzten Anbau, von Mietern des Klägers bewohnt. Im Oktober 2002 zogen die Mieter aus.

Am 27.4.2003 wurde ein vergittertes Fenster des Anbaus aufgehebelt und in die in dem Gebäude gelegene Wohnung des Klägers eingebrochen; Böden, Wände, Decken und Inventar wurden mit Farbe verschmiert, Lampen heruntergerissen und Möbel zerstört; außerdem wurden Bücher, Kleider und ein Schrank entwendet.

Der Kläger verlangte von der Beklagten wegen dieses Vorfalles eine Entschädigung in Höhe von 14.168,90 Euro. Die Beklagte lehnte eine Regulierung ab und kündigte, nachdem sie durch ein von ihr in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten am 25.6.2003 erfahren hatte, dass die ursprünglich vermietete Wohnung leer stand, das Vertragsverhältnis.

Mit der in dem vorliegenden Verfahren am 2.1.2004 per Telefaxschreiben eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung eines Betrages in Höhe von 14.168,90 Euro begehrt; dabei hat er sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine Gefahrerhöhung nicht vorliege, weil er das Haus ständig bewohne, insbesondere jedes Wochenende in dem versicherten Objekt verbringe. Das Haus sei zu keinem Zeitpunkt länger als 60 Tage unbewohnt gewesen.

Die Beklagte hat demgegenüber darauf verwiesen, dass das Haus seit Oktober 2002 nicht mehr bewohnt sei, was der Kläger selbst bei seiner telefonischen Strafanzeige gegenüber dem aufnehmenden Polizeibeamten erklärt habe. Ebenso habe der Kläger gegenüber dem Sachverständigen erklärt, das Haus sei seit längerer Zeit unbewohnt. Dieser Eindruck eines unbewohnten Hauses sei auch von den den Einbruch begehenden Kindern bestätigt worden (Bl. 20 d.A.).

Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17.3.2004 persönlich angehört worden war (Bl. 100 ff d.A.), haben die Parteien sich am 10.5.2004 im Wege des Vergleichs dahingehend geeinigt, dass die Beklagte an den Kläger zur Abgeltung der Klageforderung 3.500 Euro zahlt, eine Kostenregelung nicht getroffen wird und der Rechtsstreit im Hinblick auf den Vergleich für erledigt erklärt wird (Bl. 113 d.A.).

Das Landgericht hat sodann mit dem angefochtenen Beschluss eine Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO getroffen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass im Rahmen der zu treffenden Billigkeitsentscheidung dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen seien, weil dieser den Rechtsstreit aller Voraussicht nach verloren hätte. Ansprüche wegen des Einbruchdiebstahls ergäben sich aus der Hausratversicherung; diese seien jedoch wegen Obliegenheitsverletzung des Klägers nach § 13 Ziffer 2 VHB 84 i.V.m. §§ 24,25 VVG ausgeschlossen. Denn der Kläger habe es unterlassen darauf hinzuweisen, dass entgegen den Angaben im Antrag, wonach die Wohnung im von Dritten ständig bewohnten Gebäude liege, das Gebäude länger als 60 Tage nicht mehr von Dritten bewohnt werde, worin eine Gefahrerhöhung liege. Auch sei Kausalität zwischen Gefahrerhöhung und Versicherungsfall gegeben, da die Diebe angegeben hätten, deswegen in das Haus eingestiegen zu sein, weil sie gewusst hätten, dass es nicht ständig bewohnt sei. Umstände, die auf fehlendes Verschulden oder eine nicht fristgerechte Kündigung der Beklagten schließen ließen, habe der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht dargetan.

Gegen den ihm am 14.5.2004 zugegangenen Beschluss hat der Kläger mit am 28.5.2004 eingegangenem Telefaxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 124 ff d.A.). Er macht geltend, dass die von dem Landgericht vorgenommene Kostenquotelung nicht dem Sach- und Streitstand entspreche. Zum einen habe das Landgericht mit Verfügung vom 19.2.2004 eine Beweisaufnahme angeordnet. Auch habe der Kläger persönlich erklärt, an ca. 30 Wochenenden im Jahr die Wohnung für eine Übernachtung zu nutzen, so dass die Wohnung zu keinem Zeitpunkt länger als 60 Tage leer gestanden habe. Zum anderen sei die Definition der Gefahrerhöhung in Ziffer 15 des Antrages für die Einbruchsdiebstahlsversicherung abschließend vorgenommen worden; eine Differenzierung zwischen einer "von Dritten ständig bewohnten Gebäude" und einem "nicht ständig bewohnten Wochenendhaus" werde nicht getroffen.

II. Die gemäß §§ 91 a Abs. 2, 567, 569 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat zu Recht gemäß § 91 a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits entschieden.

Die Parteien haben sich am 10.5.2004 im Wege eines gemäß § 278 Abs. 6 ZPO abgeschlossenen Vergleichs dahingehend geeinigt, dass die Beklagte an den Kläger zur Abgeltung der Klageforderung 3.500 Euro zahlt, eine Kostenregelung nicht getroffen wird und der Rechtsstreit im Hinblick auf den Vergleich für erledigt erklärt wird. Schriftsätzlich haben die Parteien eine Kostenregelung des Gerichts gemäß § 91 a ZPO erstrebt (Bl. 111, 112 d.A.). Auf dieser Grundlage konnte eine Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO getroffen werden.

Im Falle beiderseitiger wirksamer Erledigungserklärung entscheidet gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Gegen die Anwendbarkeit des § 91 a Abs. 1 ZPO bestehen im Streitfall keine Bedenken; insbesondere ist § 91 a ZPO nicht durch die Vorschrift des § 98 ZPO ausgeschlossen. Sind die Parteien bei Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs über die Hauptsache, auf Grund dessen sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären, darüber einig, dass die Kosten des in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits von dem Vergleich ausgenommen sein und zur Entscheidung des Gerichts gestellt bleiben sollen (Bl. 111, 112 d.A.), so ist darin eine andere Vereinbarung im Sinne von § 98 ZPO zu erblicken und über die Kosten der Hauptsache nach § 91 a ZPO zu entscheiden; dies ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn die Parteien schriftsätzlich darauf hinweisen, dass eine Kostenregelung gemäß § 91 a ZPO erstrebt werde (vgl. OLG Frankfurt, JurBüro 1983, S. 1978 ff; OLG Stuttgart, NJW-RR 1999, S. 147 ff ; OLG München, OLGZ 1990, S. 348 ff, m.w.N.; BGH, NJW 1965, S. 103, 104; Zöller-Herget, ZPO, 23. Aufl., § 98, Rdnr. 3, m.w.N.; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 98, Rdnr. 41, m.w.N.; vgl. auch Senat, B.v. 24.5.2004 – 5 U 38/04 – 16).

Deshalb hat auch im Streitfall eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zu erfolgen. In einem solchen Fall ist die Kostenentscheidung grundsätzlich nicht am Inhalt des Hauptsachevergleichs auszurichten, sondern (wie sonst) am bisherigen Sach- und Streitstand (vgl. OLG München, OLGZ 1990, S: 348 ff, m.w.N.; OLG Oldenburg, NJW-RR 1992, S. 1466). Denn hätten die Parteien eine Kostenverteilung nach rechnerischer Maßgabe des Hauptsachevergleichs gewünscht, so hätten sie die entsprechende Quotelung der Kosten nach Maßgabe der Einigung selbst im Vergleich bestimmen können; dass sie dies nicht getan haben zeigt, dass die Parteien eine Kostenregelung nach § 91 a ZPO – wie im Streitfall auch schriftsätzlich angezeigt (s.o.) – gewollt haben, d.h. nach ermessensweiser Beurteilung des bisherigen Sach- und Streitstandes (vgl. OLG München, aaO, m.w.N.; OLG Stuttgart, aaO, m.w.N.).

2. Soweit demnach über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden war, hat das Landgericht zu Recht die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt.

Im Rahmen der nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffenden Kostenentscheidung ist entscheidend, wie der Rechtsstreit auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrages und der dazugehörenden Beweisangebote ohne das erledigende Ereignis, hier den Prozessvergleich, entschieden und kostenrechtlich behandelt worden wäre (vgl. Baumbach-Lauterbach-Hartmann, aaO, § 91 a, Rdnr. 112, 121, 125, j. m.w.N.).Danach wäre die Klage abzuweisen gewesen.

Dem Kläger steht auf der Grundlage des zwischen den Parteien gemäß Antrag vom 25.6.1991 abgeschlossenen Versicherungsvertrages ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versicherungsleistungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ansprüche auf eine Entschädigung wegen des Einbruchdiebstahls vom 27.4.2003 ergeben sich ausschließlich aus der im Rahmen der verbundenen Wohngebäude-, Haftpflicht- und Hausratversicherung abgeschlossenen Hausratversicherung. Insoweit ist die Beklagte jedoch leistungsfrei geworden, weil der Kläger eine Gefahrerhöhung vorwerfbar nicht rechtzeitig angezeigt hat (§ 23 Abs.1, § 25 Abs.1,2 VVG i.V.m. § 13 Nr. 2 VHB 84; § 27 Abs.1, § 28 Abs.1 VVG i.V.m. § 13 Nr.2 VHB 84).

Die versicherte Gefahr war zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls – die Wohnung war von einem Einbruchsdiebstahl und, vor allem, Vandalismus nach einem Einbruch (§§ 3 Nr.2, 3 VHB 84) betroffen – erhöht.

Von einer Gefahrerhöhung ist auszugehen, wenn sich die bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrerheblichen Umstände nachträglich in einer Weise ändern, dass der Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher wird und wenn der Versicherer den Vertrag unter Berücksichtigung der neuen Risikolage entweder überhaupt nicht oder jedenfalls nicht zu der vereinbarten Prämie abgeschlossen hätte (BGH, Urt.v. 11.12.1980 – IVa ZR 18/80 – VersR 1981, 245; Senat, Urt.v. 24.1.1996 – 5 U 428/95-30). Dabei ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise geboten; es kommt also nicht darauf an, ob einzelne neue Gefahrenquellen entstanden sind, sondern ob sich die Risikolage insgesamt gesehen erhöht hat. Deshalb ist die Gefahrenlage bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit derjenigen zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr maßgeblichen Umstände eingetreten ist, wobei die jeweilige Gefahrenlage aufgrund einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist; soweit gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde entgegenstehen, sind sie – im Sinne einer Gefahrkompensation – gegeneinander abzuwägen (BGH, Urt. v. 5.5.2004 – IV ZR 183/03 – m.w.N.)

Nach diesen Grundsätzen ist auch im Streitfall von einer Gefahrerhöhung auszugehen. Das ergibt sich zwar – nach dem der Kostenentscheidung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand bei Abschluss des Vergleichs – nicht daraus, dass die versicherte Wohnung des Klägers länger als 60 Tage unbewohnt und unbeaufsichtigt geblieben wäre, der Kläger also die Obliegenheit des § 13 Nr.3 b VHB 84 verletzt hätte, die – zulässigerweise (vgl. Römer/Langheid, VVG, 2.Aufl., §§ 23-25 Rdn. 37,38) – einen Tatbestand der Gefahrerhöhung veranschaulichend regelt. Denn § 13 VHB 84 greift aus der Vielzahl denkbarer Fälle einer Gefahrerhöhung nur wenige beispielhaft heraus; das wird durch das Wort „insbesondere“ verdeutlicht. Jedem verständigen Versicherungsnehmer ist unmittelbar einsichtig, dass es über die in § 13 VHB genannten Fälle hinaus gefahrträchtige Veränderungen versicherter Anwesen gibt, die kennen zu lernen und prüfen zu können jeder Versicherer ein hohes Interesse hat. Dem Kläger oblag es also unabhängig von § 13 VHB 84, ihm bekannt werdende sonstige Gefahrerhöhungen zu unterlassen oder sie bei ihrem Eintritt anzuzeigen.

Daran ändern auch die ihm überlassenen „Erläuterungen zu C – Hausratversicherung“ nichts. Zwar wiederholen sie unter Ziffer 15 Nr.2 b die in § 13 Nr.3 b VHB 84 bestimmte Obliegenheit ohne zu kennzeichnen, dass es sich um ein Regelbeispiel der Gefahrerhöhung handelt, weil das Wort „insbesondere“ fehlt. Dadurch wird § 13 Nr. 3b VHB 84 aber nicht abbedungen. Das folgt allein schon daraus, dass in unmittelbarem textlichen Zusammenhang mit der Erläuterung Ziffer 15 in Ziffer 14 auf die für den Vertrag geltenden Versicherungsbedingungen hingewiesen wird; auch zeigt die „Verhaltensregel“ Ziffer 15 Nr.2 a, jede für die Versicherung möglicherweise bedeutende Veränderung anzuzeigen, dass die folgenden Hinweise lediglich beispielhaft besonders wichtige Umstände hervorheben wollen, nicht aber in nur teilweiser Übereinstimmung mit § 13 VHB – und anderen dort geregelten Obliegenheiten – und unter Abweichung von den §§ 23 ff. VVG ein abschließendes Regelwerk für die Gefahrerhöhung enthalten wollen.

Nicht jedes Leerstehen einer Wohnung stellt allerdings eine Gefahrerhöhung – noch dazu für eine andere in dem Anwesen enthaltene Wohnung – in Bezug auf jede versicherte Gefahr dar (BGH, Urt.v. 13.1.1982 – IVa ZR 197/80 - VersR 1982, 466). Dabei kann dahinstehen, ob – was aus dem Vortrag der Parteien nicht zu entnehmen und von dem Landgericht nicht geklärt worden ist, nach den sachverständigen Feststellungen sogar eher weniger wahrscheinlich ist – der Versicherungsfall überhaupt insgesamt an dem versicherten Ort – das ist nach dem Vertrag ausschließlich die Zweitwohnung des Klägers in dem Wohnhaus ~straße in und nicht die früher vermietete Wohnung in diesem Anwesen – eingetreten ist. Längere Zeit verlassen erscheinende freistehende Anwesen, die am Ortsrand einer Gemeinde gelegen sind, einen von der Straße aus nicht einsehbaren Zugang haben und Einblick in ein mehr oder weniger verwahrlostes Innere erlauben, verleiten allerdings dazu, Anziehungspunkt für Jugendliche und Heranwachsende zum Einbrechen und zum nicht einmal immer absichtlichen Verwüsten und zur Zueignung verbliebenen, für aufgegeben gehaltenen Inventars zu werden. Die Rechtsprechung hat daher den Auszug des einzigen ständigen Wohnungsinhabers aus einem Wohn- und Geschäftshaus in einem Industriegebiet als Gefahrerhöhung in Bezug auf das Einbruchsdiebstahlsrisiko betrachtet (OLG Schleswig r+s 1997, 425; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1313; OLG Köln r+s 1986, 45; vgl. auch Prölss/Martin,VVG, 27. Aufl., § 23 Rdn. 25). So liegt der Fall auch hier. Eine Gefahrerhöhung in Bezug auf die versicherte Wohnung ist nämlich dadurch eingetreten, dass das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von einem Dritten ständig bewohnte Gebäude, in der die versicherte Zweitwohnung des Klägers gelegen ist, seinen Charakter als "von Dritten ständig bewohntes Gebäude" gemäß der Sicherungsbeschreibung in den ergänzenden Angaben zur verbundenen Hausratversicherung verloren hat. Mit dem Auszug der Mieter ist – unabhängig von der Nutzung der versicherten Wohnung (Zweitwohnung) – das Gebäude nicht mehr zum (ständigen) Wohnen genutzt worden, stand erkennbar leer und war damit anders als zuvor regelmäßig unbeaufsichtigt. Das hat – wie jedem verständigen Versicherungsnehmer einsichtig ist – das Risiko des Einbruchsdiebstahls und des Vandalismus nach einem Einbruch deutlich erhöht, zumal Dritte unschwer und unbeobachtet Zugang zu den offenkundig unbeaufsichtigten, durch sichtbar zurückgelassenes Inventar aber zugleich „interessanten“ Räumen finden konnten.

Dass eine Gefahrkompensation durch geeignete Gegenmaßnahmen erfolgt ist, kann nicht festgestellt werden. Eine Weitervermietung der Wohnung ist nicht erfolgt. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger im Hinblick auf das Leerstehen des Gebäudes geeignete und ihm wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen, insbesondere Sicherungsmaßnahmen, ergriffen hätte (vgl. hierzu auch Römer/Langheid, aaO §§ 23-25, Rdnr. 27, m.w.N.). Allein der Umstand, dass der Kläger, wie er im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Landgericht angegeben hat (Bl. 100 ff d.A.), die Wohnung ca. 30 Mal (30 Wochen) im Jahr für je eine Übernachtung nutzt, vermag eine Gefahrkompensation nicht zu begründen. Mit diesem Verhalten geht der Kläger nicht über die Nutzung der versicherten Wohnung als Zweitwohnung hinaus, in Bezug auf das Gebäude im Übrigen wird durch dieses Verhalten die Gefahren- bzw. Risikolage, die durch den Auszug der Mieter eingetreten ist, auch nicht ausgeglichen.

Ob es sich um eine von dem Kläger vorgenommene oder um eine unabhängig von seinem Willen eingetretene Gefahrerhöhung gehandelt hat, kann dahinstehen. Der Kläger hatte von dem Leerstehen der Mietwohnung ab dem November 2002 Kenntnis und hat die Veränderung der Risikolage bis zum Eintritt des Versicherungsfalls nicht angezeigt. Das ist auch schuldhaft geschehen. Der Kläger kann sich zu seiner Entlastung nicht darauf berufen, er habe eine Anzeigeobliegenheit nur für den in den Erläuterungen genannten Fall des Leerstehens der eigenen Zweitwohnung über 60 Tage hinaus angenommen. Die Anzeigeobliegenheit ergibt sich aus dem Gesetz, dessen mögliche Unkenntnis den Kläger nicht entlastet; die Erläuterung Ziffer 15 war auch nicht geeignet, ihn irrezuführen und das Unterlassen der unverzüglichen Anzeige zu entschuldigen; der Zusammenhang mit den VHB 84, auf die hingewiesen worden ist, hätte den Kläger veranlassen müssen, sich zu vergewissern, welche Verhaltensregeln ihn insgesamt trafen. Auch liegt für einen verständigen Versicherungsnehmer auf der Hand, dass das weitgehende Leerstehen eines Wohnhauses das Risiko des Eindringens unerwünschter Personen und die dadurch möglichen Gefahren deutlich erhöht. Auch bei Annahme einer ungewollten Gefahrerhöhung ist also Leistungsfreiheit nach §§ 27, 28 VVG eingetreten, zumal sich die Gefahrerhöhung im Versicherungsfall verwirklicht hat.

Da demzufolge die Klage auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrages und der dazugehörenden Beweisangebote ohne das erledigende Ereignis, hier den Prozessvergleich, abzuweisen gewesen wäre, entspricht es billigem Ermessen, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO aufzuerlegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 02. Juli 2004 - 5 W 134/04

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 02. Juli 2004 - 5 W 134/04 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 28 Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit


(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Ke

Zivilprozessordnung - ZPO | § 98 Vergleichskosten


Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 23 Gefahrerhöhung


(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. (2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 25 Prämienerhöhung wegen Gefahrerhöhung


(1) Der Versicherer kann an Stelle einer Kündigung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen für diese höhere Gefahr entsprechende Prämie verlangen oder die Absicherung der höheren Gefahr ausschließen. Für das Erlöschen die

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 27 Unerhebliche Gefahrerhöhung


Die §§ 23 bis 26 sind nicht anzuwenden, wenn nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr vorliegt oder wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversichert sein soll.

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 02. Juli 2004 - 5 W 134/04 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2004 - IV ZR 183/03

bei uns veröffentlicht am 05.05.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 183/03 Verkündet am: 5. Mai 2004 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein _____________________ VVG §§ 2

Referenzen

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das Gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist.

(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

(1) Der Versicherer kann an Stelle einer Kündigung ab dem Zeitpunkt der Gefahrerhöhung eine seinen Geschäftsgrundsätzen für diese höhere Gefahr entsprechende Prämie verlangen oder die Absicherung der höheren Gefahr ausschließen. Für das Erlöschen dieses Rechtes gilt § 24 Abs. 3 entsprechend.

(2) Erhöht sich die Prämie als Folge der Gefahrerhöhung um mehr als 10 Prozent oder schließt der Versicherer die Absicherung der höheren Gefahr aus, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers ohne Einhaltung einer Frist kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf dieses Recht hinzuweisen.

Die §§ 23 bis 26 sind nicht anzuwenden, wenn nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr vorliegt oder wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversichert sein soll.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 183/03 Verkündet am:
5. Mai 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
_____________________
Für die Frage der Leistungsfreiheit des Versicherers nach den §§ 23 Abs. 1, 25
Abs. 1 VVG ist die Gefahrenlage bei Abschluß des Versicherungsvertrages mit derjenigen
zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr
maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Dabei ist die jeweilige Gefahrenlage aufgrund
einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalles zu
bestimmen. Wie die Versicherer bestimmte Umstände bewerten und wie sich diese
Umstände auf die Prämiengestaltung auswirken, hat in diesem Zusammenhang zwar
erhebliche Indizwirkung, ersetzt die vom Tatrichter geforderte eigene Gesamtabwägung
aber nicht.
BGH, Urteil vom 5. Mai 2004 - IV ZR 183/03 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2004

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 4. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt vom beklagten Versicherer au s einer gebündelten Sachversicherung Ersatz für ein durch einen Brand am 12. Mai 1994 weitgehend zerstörtes Gaststättengebäude.
Das ursprünglich in Volkseigentum der DDR stehende Gaststättengrundstück wurde noch vor Inkrafttreten des Einigungsvertrages an private Erwerber verkauft, die es ihrerseits mit Kaufvertrag vom 19. März 1992 an eine aus den jetzigen Liquidatoren der Klägerin bestehende Gesell-

schaft bürgerlichen Rechts (GbR) weiterveräußerten. Mit Übergabe des Grundstücks (1. April 1992) vermietete die GbR dieses an die Klägerin, die es fortan bis zum Frühjahr 1994 nutzte. Die genannten Grundstückskaufverträge sind später nicht vollzogen worden, statt dessen wurde das Gaststättengrundstück 1998 an den früheren Rechtsträger, die Gemeinde, zurückverkauft.
Am 29. März 1993 hatte die Klägerin den Abschluß d er gebündelten Sachversicherung beantragt. Auf einem ergänzenden Fragebogen für Gaststättenhotels, Vergnügungslokale und ähnliche Betriebe war zur Bestimmung der Art des zu versichernden Betriebes angegeben worden: Restaurant /Speiselokal mit Tanz. Ergänzend ist vermerkt: "Unregelmäßige Gesellschaftstanzveranstaltungen möglich (z.B. Klassentreffen, Brigadeabende, Seniorentreffen usw.), geschlossene Gesellschaften, eventuell 14-tägig? ist noch in Planung ohne Diskothek." Dem darauf mit Versicherungsbeginn am 1. April 199 3 zustande gekommenen Vertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 87) und die Sonderbedingungen für die gleitende Neuwertversicherung (SIGN 88) zugrunde.
Etwa ab Juni 1993 verpachtete die Klägerin den Gas tstättenbetrieb. Der Pächter betrieb fortan eine Schankwirtschaft und nutzte die Gaststätte an Wochenenden auch als Diskothek. Allerdings lief der Diskothekenbetrieb nach dem Jahreswechsel 1993/94 aus, nachdem die Küche von den zuständigen Behörden wegen mangelnder Hygiene geschlossen und die Stromversorgung infolge unbezahlter Rechnungen eingestellt worden war.

Der Pächter räumte das Objekt zum 31. März 1994, seither wurde das Gebäude nicht mehr genutzt.
Anfang April 1994 kam es zu zwei Einbrüchen in das leerstehende Gebäude, wobei die Täter Vandalismusschäden an Fenstern und Türen hinterließen. Mehrfach wurden Fenster und Türen zu Sicherungszwecken vernagelt.
Nach dem Brand vom 12. Mai 1994 machte die Klägeri n aus der Feuerversicherung einen auf 960.000 DM bezifferten Neuwertschaden geltend. Die Beklagte lehnte eine Regulierung ab und kündigte statt dessen das Versicherungsverhältnis mit Schreiben vom 3. Juni 1994 fristlos, weil die Klägerin mehrere Gefahrerhöhungen vorgenommen habe. Denn zur Zeit des Brandes sei die Gefahrenlage hinsichtlich des Feuerrisikos gemessen am Zustand zu Beginn des Versicherungsverhältnisses erheblich erhöht gewesen. Im Laufe des Jahres 1993 sei an Wochenenden eine Diskothek betrieben worden; Diskothekenbetriebe versichere sie wegen des hohen Risikos schon seit 25 Jahren nicht mehr. Der Niedergang des Gaststättenbetriebes habe sich bereits Monate vor Rückgabe des Objekts durch den Pächter abgezeichnet. Die Klägerin habe beabsichtigt, das Gebäude abzureißen, und es deshalb dem Verfall preisgegeben. Der Brand sei der Klägerin insoweit sehr gelegen gekommen. Im übrigen sei allenfalls der gemeine Wert des Gebäudes zu erstatten.
Dem hält die Klägerin entgegen, es sei geplant gew esen, das alte Gebäude aufzustocken und daneben einen Neubau (Bettenhaus) zu errichten. Einen Abriß des alten Gebäudes habe sie nicht beabsichtigt. Das Gebäude habe bis zum Brand auch viel zu kurz leer gestanden, um von

einer Gefahrerhöhung zu sprechen. Überdies habe sie alles getan, um mögliche gefahrerhöhende Umstände auszuschalten. Der angebliche Zustand des Gebäudes sei im übrigen nicht kausal für den Brand, der Diskothekenbetrieb sei längst eingestellt gewesen.
Mit Urteil vom 15. Mai 1997 hat das Landgericht di e Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat am 25. März 1999 die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, der Versicherungsvertrag sei mangels eines in der Person der Klägerin, ihrer Gesellschafter und der von ihnen gegründeten GbR bestehenden versicherten Interesses gegenstandslos. Das beruhe darauf, daß die Genannten nicht Eigentümer des versicherten Objekts geworden seien und auch zu keiner Zeit eine gesicherte Erwerbsaussicht gehabt hätten.
Der Senat (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2000 - IV Z R 100/99 - VersR 2001, 53) hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im nunmehr angefochtenen Berufungsurteil vom 26. J uni 2003 ist die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt wieder zur A ufhebung des Berufungsurteils. Der Senat macht von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1

Satz 2 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts.
I. Das Berufungsgericht führt aus:
1. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, daß der Brand vom 12. Mai 1994 auf Veranlassung der Geschäftsführer der Klägerin gelegt worden sei oder sie den Versicherungsfall in anderer Weise vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hätten.
2. Leistungsfreiheit nach den §§ 23, 25 VVG, 6 Nr. 2 AFB 87 sei auch nicht schon dadurch eingetreten, daß das Gebäude leer gestanden habe und zunehmend verwahrlost sei. Denn zum einen stellten der Auszug bisheriger Bewohner und das bloße Leerstehenlassen eines Wohngebäudes oder Gewerbeobjekts nach der Rechtsprechung für sich genommen noch keine Gefahrerhöhung dar. Zum anderen handele es sich bei dem - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme erst ab April 1994 einsetzenden - Verrottungs- und Verwilderungsprozeß, der insbesondere durch die während zweier Einbrüche verursachten Vandalismusschäden gekennzeichnet sei, nicht um eine gewollte Maßnahme des Versicherungsnehmers im Sinne von § 23 Abs. 1 VVG. Vielmehr habe die Klägerin sogar eine Reihe von Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Bauzaun, behelfsmäßige Reparatur einer Fensterscheibe, Vernageln von Fenstern und Türen). Die ab April 1994 fortschreitende Verwahrlosung sei deshalb allein an den Regeln über die nicht veranlaßte Gefahrerhöhung (§§ 27 ff. VVG) zu messen. Die Klägerin habe zwar spätestens innerhalb einer Woche nach dem zweiten Einbruch die Beklagte über die erhöhte Gefahrenlage unterrichten

müssen. Die Beklagte sei aber deshalb nicht leistungsfrei geworden, weil - wie das Berufungsurteil näher ausführt - der Versicherungsfall noch innerhalb der Monatsfrist des § 28 Abs. 1 VVG eingetreten sei.
3. Die Beklagte sei aber nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, 6 Nr. 4 AFB 87 leistungsfrei geworden, weil die Klägerin ihr eine gefahrerhöhende Betriebserweiterung, nämlich den Diskothekenbetrieb im zweiten Halbjahr 1993, nicht angezeigt habe.
Nach der Beweisaufnahme hätten die Geschäftsführer der Klägerin von der Änderung des Betriebes - Diskothekenveranst altungen an mindestens zwei Wochenenden im Monat, manchmal auch an jedem Wochenende - Kenntnis gehabt. Es liege auf der Hand und sei im übrigen durch die Beweisaufnahme bestätigt, daß bei Diskotheken das Brandrisiko besonders groß sei. Wie ein Zeuge vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft anhand statistischen Materials glaubhaft bekundet habe, sei das Brandrisiko bei Diskotheken sowohl hinsichtlich der Schadenshöhe als auch der Schadenshäufigkeit signifikant höher als bei gewöhnlichen Gaststätten. Das habe nach den Angaben einer weiteren Zeugin aus der Versicherungswirtschaft zu deutlich höheren Prämiensätzen und Jahresnettoprämien für Diskotheken geführt. Diese erhöhten Prämien würden auch dann noch erhoben, wenn eine Diskothek ihren Betrieb eingestellt habe. Denn auch die Stillegung werde von den Versicherern als gefahrerhöhender Umstand bewertet. Diskotheken seien im übrigen im fraglichen Zeitraum nur noch von einer aus zehn Versicherungsgesellschaften bestehenden Zeichnungsgemeinschaft versichert worden. Der Gruppenleiter der Abteilung Sachversicherung der Beklagten habe inso-

weit glaubhaft bekundet, daß die Beklagte das Objekt bei Kenntnis der Diskothekenveranstaltungen nicht versichert hätte.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht verkennt, daß weder die AF B 87 noch das Versicherungsvertragsgesetz an die Verletzung der Obliegenheit aus § 6 Nr. 4 AFB 87, eine Betriebsaufnahme oder -veränderung unverzüglich anzuzeigen , die Sanktion der Leistungsfreiheit des Versicherers knüpfen. Nur für den Fall, daß mit der Betriebsaufnahme oder -veränderung zugleich eine Gefahrerhöhung verbunden ist, verweist § 6 Nr. 4 AFB 87 auf die gesetzlichen Regelungen der §§ 23 bis 30 VVG. Grund für eine mögliche Leistungsfreiheit des Versicherers ist dann aber nicht die Verletzung der Anzeigeobliegenheit, sondern die Gefahrerhöhung selbst (§§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, vgl. dazu Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 6 AFB 87 Rdn. 3).
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Denn auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Würdigung läßt sich nicht entscheiden, ob die Beklagte wegen der mit dem Diskothekenbetrieb möglicherweise verbundenen Gefahrerhöhung nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG, 6 Nr. 2 AFB 87 leistungsfrei ist.

a) Es fehlt insoweit eine einzelfallbezogene Gesamtbewertung der für die Gefahranalyse maßgeblichen Umstände.

aa) Durch die Vorschriften über die Gefahrerhöhung (§§ 23 ff. VVG) soll das Gleichgewicht zwischen dem vom Versicherer übernommenen Risiko und der vereinbarten Prämie erhalten werden; der Versicherer soll nicht gezwungen sein, am Versicherungsvertrag festzuhalten, obwohl das Verhältnis zwischen Prämie und Risiko nicht mehr der Risikolage entspricht , die er bei Abschluß des Versicherungsvertrags voraussetzen durfte. Dabei ist eine ganzheitliche Betrachtungsweise geboten. Es kommt nicht darauf an, ob einzelne neue Gefahrenquellen (hier der vorübergehende Diskothekenbetrieb) entstanden sind, sondern darauf, ob sich die Risikolage insgesamt gesehen erhöht hat (BGH, Urteil vom 6. Juni 1990 - IV ZR 142/89 - VersR 1990, 881 unter III; BGHZ 79, 156, 158, 159). Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise mehrfach darauf hingewiesen, daß das Leerstehen eines Gebäudes in der Feuerversicherung keineswegs immer eine Gefahrerhöhung bedeutet, weil dadurch zwar manche neuen Gefahrenquellen entstehen, andere aber wegfallen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1990 aaO m.w.N.). Für die Frage der Leistungsfreiheit nach den §§ 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 VVG ist deshalb die Gefahrenlage bei Abschluß des Versicherungsvertrages mit derjenigen zu vergleichen, die nach einer Veränderung der für die versicherte Gefahr maßgeblichen Umstände eingetreten ist, wobei die jeweilige Gefahrenlage aufgrund einer Gesamtabwägung aller gefahrrelevanten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen ist. Dabei sind alle aus dem Parteivortrag ersichtlichen gefahrerheblichen Tatsachen in Betracht zu ziehen. Soweit gefahrerhöhenden Umständen gefahrvermindernde entgegenstehen, sind sie gegeneinander abzuwägen (sog. Gefahrkompensation, vgl. dazu BGHZ 79, 156, 158 m.w.N.; Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. N III Rdn. 18 ff.; Langheid in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. §§ 23-25 Rdn. 31 ff.; Prölss in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 23 Rdn. 15 - jeweils m.w.N.) Wie die Versicherer bestimm-

te Umstände bewerten und wie sich diese Umstände auf die Prämiengestaltung auswirken, kann zwar erhebliche Indizwirkung haben, die vom Tatrichter geforderte eigene Abwägung aber nicht ersetzen.
Aus der Entscheidung BGHZ 79, 156, 159, 160 ergibt sich nichts anderes. Zwar ist dort ausgeführt, wenn feststehe, daß sowohl gefahrerhöhende als auch gefahrvermindernde Umstände vorlägen, obliege es dem Versicherer, näher darzutun, welches Gewicht diesen Umständen zukomme und wie sie sich auf die Entwicklung der Gefahr ausgewirkt hätten. Der Versicherer müsse sich insbesondere darüber erklären, welche Erkenntnisse der Versicherungswirtschaft über die Feuergefährlichkeit von Diskotheken vorlägen und welche Folgerungen daraus für die Prämienbemessung gezogen würden. Auch sei darzulegen, wie vom versicherungstechnischen Standpunkt aus das Brandrisiko einer stillgelegten Diskothek in einem nicht benutzten und mangelhaft gesicherten Gebäude zu beurteilen sei. Erst danach sei eine Abwägung der gefahrerhöhenden und gefahrvermindernden Umstände möglich. Der Darlegungspflicht könne durch Vorlage der maßgeblichen Prämienrichtlinien genügt werden.
Diese Ausführungen beziehen sich aber erkennbar au f die Sachlage in dem dort entschiedenen Fall. Sie dürfen nicht dahin mißverstanden werden, daß sich die oben beschriebene Gesamtbewertung der gefahrerhöhenden und gefahrvermindernden Umstände regelmäßig schon in der Ermittlung der angesprochen versicherungstechnischen Daten erschöpft.
bb) Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichne t, daß sich die Gefahrenlage mehrfach geändert hat. Insbesondere ist der vorübergehend

über ein halbes Jahr an Wochenenden veranstaltete Diskothekenbetrieb vor dem Versicherungsfall eingestellt worden.
Eine Änderung der Gefahrenlage gegenüber der bei V ertragsschluß vorausgesetzten kann sich hier aus dem vorübergehenden, an den Wochenenden veranstalteten Diskothekenbetrieb ergeben. Eine dadurch möglicherweise eingetretene Gefahrerhöhung kann aber auch durch nachträglich eingetretene Umstände entfallen, so etwa hier durch die Einstellung des Diskothekenbetriebes, es sei denn, daß trotz der Einstellung die Gefahren dieses Betriebes fortwirken oder neue gefahrrelevante Umstände hinzutreten. Deshalb kommt es im vorliegenden Fall darauf an, ob sich nach Einstellung des Diskothekenbetriebes ein Zustand erhöhter Gefahr gegenüber dem bei Vertragsschluß vorausgesetzten feststellen läßt.
Dem Berufungsurteil ist schon nicht zu entnehmen, welche Fallumstände das Berufungsgericht neben den ermittelten versicherungsstatistischen Daten in seine Gefahrbewertung einbezogen hat. Die Ausführungen stehen teilweise in einem nicht hinreichend aufgelösten Widerspruch zu der Aussage, das bloße Leerstehenlassen auch gewerblicher Gebäude begründe noch keine Gefahrerhöhung. Andererseits wird die Gefahr einer betriebenen Diskothek ohne weiteres mit derjenigen einer stillgelegten zumindest gleichgesetzt, wobei anscheinend der Leerstand als solcher hinsichtlich der Feuergefahr als dem Diskothekenbetrieb gleichwertig angesehen wird. In welchen Merkmalen einer Diskothek gefahrerhöhende Umstände gesehen werden und inwiefern die Sachlage nach Beendigung des Diskothekenbetriebs hinsichtlich der Feuergefahr gleichwertig sein soll (welche Gefahrumstände entfielen, wodurch werden sie kompensiert ?), läßt das Berufungsgericht selbst dann nicht ausreichend erkennen,

wenn man annimmt, es habe die an anderer Stelle des Urteils erörterten Umstände des Leerstandes erneut in seine Betrachtung einbezogen. Auch bleibt offen, ob und inwieweit sich die dargestellten allgemeinen Überlegungen zur Gefährdung einer Diskothek auf den konkreten Einzelfall, bei dem der Diskothekenbetrieb nur auf Wochenenden beschränkt war, übertragen lassen.

b) Gemäß § 25 Abs. 3, letzter Halbsatz VVG tritt L eistungsfreiheit des Versicherers nicht ein, wenn die Gefahrerhöhung weder Einfluß auf den Eintritt des Versicherungsfalls noch auf den Schadensumfang hatte. Die Beweislast für diesen Kausalitätsgegenbeweis liegt beim Versicherungsnehmer. Das Berufungsurteil prüft die Kausalitätsfrage nicht. Ersichtlich kann aber jedenfalls der Diskothekenbetrieb selbst den Brand im Mai 1994 nicht mehr begünstigt haben, weil der Betrieb schon zum Jahreswechsel 1993/94 eingestellt war und das Gebäude seit April 1994 leer stand. Da das Berufungsurteil nicht deutlich macht, worin der Grund für die Fortdauer einer erhöhten, vom früheren Diskothekenbetrieb ausgehenden Brandgefahr auch noch nach Betriebsschließung zu sehen sein soll, läßt sich die Kausalitätsfrage auch nicht aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe beantworten.
Daß die Beklagte nicht bereit war, einen Diskothek enbetrieb zu versichern , führt nicht weiter. Denn insoweit sind die Rechte des Versicherers durch das in § 24 VVG geregelte Kündigungsrecht gewahrt. Das Kausalitätserfordernis des § 25 Abs. 3 VVG bezieht sich allein auf die tatsächliche Frage, ob die Gefahrerhöhung den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Schadensverlauf beeinflußt hat.

3. Soweit das Berufungsgericht Leistungsfreiheit d er Beklagten gemäß § 28 Abs. 1 VVG verneint hat, dringt die Revisionserwiderung mit der Gegenrüge nicht durch. Selbst wenn die Anzeige des ersten Einbruchs in das Gebäude bei der Polizei bereits am 8. April 1994 erstattet wurde, handelte die Versicherungsnehmerin hier auch dann noch unverzüglich im Sinne des § 27 Abs. 2 VVG, wenn sie die Anzeige an den Versicherer erst nach kurzer Frist erstattete. Denn dem Versicherungsnehmer muß Gelegenheit verbleiben, die Gefahrenlage auch unter Prüfung möglicher noch durchzuführender gefahrmindernder Maßnahmen einzuschätzen. Insoweit ist die vom Berufungsgericht der Versicherungsnehmerin zugebilligte kurze Prüfungszeit, bis zu deren Ablauf die Anzeige gegenüber dem Versicherer noch als unverzüglich anzusehen ist, hier nicht zu beanstanden.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch

Die §§ 23 bis 26 sind nicht anzuwenden, wenn nur eine unerhebliche Erhöhung der Gefahr vorliegt oder wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass die Gefahrerhöhung mitversichert sein soll.

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.