Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Dezember 2011 - 9 O 146/11 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtstreit nimmt die Klägerin als Leasingnehmerin eines Kraftfahrzeugs der Marke BMW Xl den Beklagten als Betreiber einer so genannten Portal-Wagenwaschanlage auf Schadensersatz in Anspruch.

Am 31.12.2010 fuhr der Ehemann der Klägerin, der Zeuge U.H., gegen 10:25 Uhr mit dem am 28.5.2010 zugelassenen Fahrzeug in die Waschanlage des Beklagten. Nach dem Waschvorgang fuhr er zunächst in die D. Innenstadt. Dort stellte er fest, dass das Fahrzeug zerkratzt war. Es gab eine Vielzahl tiefgehender Lackkratzer im Bereich des Kühlergrills, der Motorhaube, der Frontscheibe, am Fahrzeugdach, an der Heckklappe, den Bremsleuchten, am Heckwischer sowie den Stoßfängern hinten. Der Zeuge fuhr sofort zur Tankstelle des Beklagten zurück und meldete der dort anwesenden Mitarbeiterin des Beklagten die festgestellten Schäden.

Sodann wurde Einigkeit erzielt, den nächsten Reinigungsvorgang abzuwarten. Der Zeuge W., der nach dem Zeugen H. die Waschanlage des Beklagten benutzt hatte, stellte ähnliche Beschädigungen an seinem Fahrzeug fest. Daraufhin suchten die Zeugen H. und W. mit der Mitarbeiterin des Beklagten die Waschanlage nach Fremdkörpern in den Bürsten ab. Hierbei wurden jedoch keine Fremdgegenstände festgestellt.

Die Mitarbeiterin des Beklagten erklärte sich sodann bereit, schriftlich zu bestätigen, dass sowohl das Fahrzeug der Klägerin als auch das Fahrzeug des Zeugen W. in der streitgegenständlichen Waschanlage beschädigt worden waren (BI. 38 d. A.).

Die Klägerin hat behauptet, das Fahrzeug sei vor dem Waschvorgang schadensfrei gewesen und habe sich die Lackschäden während des Waschvorgangs zugezogen. Sie trägt vor, es könne nicht mehr nachvollzogen werden, worauf der Schaden genau zurückzuführen sei. Möglicherweise resultiere er aus einem Mangel der Anlage oder einen Defekt der Waschbürsten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Schaden daher rühre, dass von dem vor dem Fahrzeug der Klägerin gereinigten Fahrzeug eine Antenne abgerissen worden sei. Falls die am Unfalltag alleine in der Tankstelle anwesende Zeugin zu Beginn ihrer Schicht gegen 6:00 Uhr morgens überhaupt eine Kontrolle der Anlage durchgeführt haben sollte - was die Klägerin bestritten hat - sei es aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse für die Zeugin nahezu unmöglich gewesen, eine ordnungsgemäße Überprüfung vorzunehmen. Es sei daher durchaus nahe liegend, dass sich bereits zu diesem Zeitpunkt Fremdkörper in den Waschbürsten befunden hätten, die jedoch mangels ordnungsgemäßer Kontrolle nicht entdeckt worden seien.

Überdies sei eine einzige Kontrolle am frühen Morgen des Tages auch nicht ausreichend gewesen, zumal zu berücksichtigen sei, dass auch das Ausfahrtor der Waschanlage defekt gewesen sei. Dies habe für den technischen Ablauf des Anlagebetriebs eine zusätzliche Gefahrenlage bedeutet und hätte eine gesteigerte Kontrolle nach sich ziehen müssen.

Die Klägerin hat den Beklagten erstinstanzlich auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von netto 6.146,51 EUR, einer Wertminderung in Höhe von 800 EUR sowie Erstattung von Sachverständigengutachten in Höhe von zuletzt 982,87 EUR sowie auf Zahlung einer Unkostenpauschale in Höhe von 25,56 EUR in Anspruch genommen. Hinsichtlich des Feststellungsantrags hat die Klägerin vorgetragen, dass sie ihr Fahrzeug bislang noch nicht habe reparieren lassen, weshalb für den Fall der Reparatur noch weitergehende Ansprüche, insbesondere Nutzungsausfall, entstehen könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.954,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 4.2.2011 zu zahlen-,

2. festzustellen, dass der Beklagte weiterhin verpflichtet ist, der Klägerin weitergehenden Schaden, insbesondere reparaturbedingten Nutzungsausfall aus dem Unfallereignis vom 31.12.2010 in der Waschstraße des Beklagten zu ersetzen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche, verzugsbedingte Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.2.2011 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet, dass die Schäden am Fahrzeug der Klägerin durch eine 30 cm lange Dachantenne verursacht worden seien, die von einem Fahrzeug, welches unmittelbar vor dem Zeugen H. die Waschanlage benutzt habe, abgebrochen sei. Die Waschanlage sei zu dem Schadenszeitpunkt mangelfrei gewesen und habe dem Stand der Technik und aller Sicherheitsbestimmungen entsprochen. Der Beklagte lasse die Anlage täglich durch seine Mitarbeiter auf ihre Betriebssicherheit überprüfen, wobei insbesondere die Waschbürsten auf Fremdkörper untersucht würden. Zu Beginn ihrer Frühschicht habe die Zeugin W. die Waschanlage überprüft und hierbei keine Störungen oder Defekte festgestellt. Insbesondere seien keine Fremdkörper in den Bürsten gefunden worden. Die Anlage sei störungsfrei gelaufen. Nachdem der Zeuge H. Schäden angezeigt habe und bei einer oberflächlichen Prüfung zunächst keinen Fremdkörper in der Anlage gefunden worden seien, sei die Anlage von dem hinzu gerufenen Mitarbeiter T. überprüft worden. Dieser habe in der Dachbürste eine etwa 30 cm lange abgerissene Fahrzeugantenne vorgefunden. Nach deren Entfernung sei die Anlage störungsfrei gelaufen. Es sei aus technischer Sicht ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Schäden durch die Aggregate der Waschanlage ohne Beteiligung der Antenne verursacht worden seien. Die entlang einer Linie von der Front bis zum Fahrzeugheck vorliegenden Kratzer seien plausibel damit zu erklären, dass die in der Bürste vorhandene Antenne peitschenartig auf das Fahrzeug geschlagen worden sei.

Eine Pflichtverletzung sei hierin nicht zu erkennen. Auch liege ein schuldhaftes Handeln nicht vor. Der Beklagte weise in den an der Waschanlageneinfahrt ausgehängten Bedienhinweisen darauf hin, dass Antennen vor dem Waschvorgang zu entfernen oder einzuschieben seien.

Der Beklagte hat weiterhin bestritten, dass die Reparaturkosten in Höhe von netto 6.146,51 EUR für eine Wiederherstellung in dieser Höhe angemessen und erforderlich seien. Überdies habe die Klägerin ihre angeblichen Schadensersatzansprüche an die Firma M.-Dynamik GmbH unwiderruflich abgetreten BI. 70 d. A.).

In dem geltend gemachten Betrag seien darüber hinaus Verbringungskosten in Höhe von netto 128 EUR enthalten. Auch diese Position sei nicht erstattungsfähig. Mit Nichtwissen hat der Beklagte bestritten, dass eine Wertminderung von 800 EUR entstanden sei. Auch könne die Klägerin die Kosten für das Sachverständigengutachten sowie eine Kostenpauschale nicht beanspruchen. Schließlich ist der Beklagte der Auffassung, dass der Klageantrag zu 2) unzulässig sei: Aufgrund der gewerblichen Nutzung des Fahrzeugs könne die Klägerin keinen pauschalierte Nutzungsausfall geltend machen.

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 7.954,38 EUR nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weitergehenden Schaden aus dem Unfallereignis vom 31.12.2010 in der Waschstraße des Beklagten zu ersetzen. Darüber hinaus hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die Berufung vertritt zunächst die Auffassung, es sei zwar technisch richtig, dass der Schaden auf eine in der Waschanlage vorhandene Antenne zurückzuführen sei. Indessen hätte das Landgericht diese Schadensursächlichkeit nicht unterstellen dürfen, da die Klägerin vorgetragen habe, dass der Schaden nicht durch die Antenne entstanden sei. Daher sei der Klagevortrag unschlüssig gewesen.

In technischer Hinsicht sei es ausgeschlossen, dass Fahrzeuge, die die Waschanlage durchlaufen, von einer in der Waschbürste befindlichen Antenne nicht beschädigt worden wären. Diesen Sachvortrag habe der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dessen Einholung das Landgericht verfahrensfehlerhaft übergangen habe.

Es sei abwegig, dass ein deutscher Autofahrer nach einem Waschvorgang aufgetretene Beschädigungen klaglos hinnehmen. Da vor der Klägerin keine weiteren Schadensfälle angezeigt worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die Antenne zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Zeugin W. nicht vorhanden gewesen sei.

Weiterhin hätte das Landgericht die Zeugin dazu vernehmen müssen, auf welche Weise sie die Bürste überprüft habe. Erst nach Erhebung dieses Beweises hätte das Landgericht die Frage beantworten können, ob es möglich gewesen sei, dass andere Fahrzeuge trotz der Antenne beschädigungsfrei gewaschen werden konnten.

Auch sei es nicht zulässig, aus dem Umstand, dass der Schaden im Rahmen der Fahrzeugwäsche entstanden sei, auf eine objektive Pflichtverletzung des Beklagten zu schließen. Eine objektive Pflichtverletzung liege nicht vor, wenn die Antenne zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht in den Waschbürsten verhakt gewesen sei und erst unmittelbar vor dem Waschvorgang des klägerischen Fahrzeugs in die Bürsten gelangt sei.

Schließlich sei der Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen, die Waschanlage vor jedem einzelnen Waschvorgang zu überprüfen. Der Beklagte habe seiner Sorgfaltspflicht dadurch genügt, dass die Anlage zu Beginn des Arbeitstages gewissenhaft überprüft worden sei.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 8.12.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Saarbrücken - 9 0 146/11 - die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Die Feststellungen des Landgerichts zur Schadensursache seien nicht zu beanstanden: So habe die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.1.2011 vorgetragen, dass eine Schadensverursachung durch die Antenne denkbar und möglich sei. Sofern die Berufungsbegründung so zu verstehen sei, dass die Schutzummantelung der Antenne bei ihrem Auffinden im unteren Bereich über eine Höhe von ca. 7,5 cm nicht mehr vorhanden gewesen sei, werde die Klägerin den Umstand der Schadensverursachung durch die Antenne unstreitig stellen.

Das Landgericht habe auch zutreffend gefolgert, es sei durchaus möglich, dass die Zeugin bei ihrer Kontrolle um 6:00 Uhr morgens die Antenne übersehen habe, weil sie die Bürsten nur oberflächlich kontrolliert habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 20.2.2012 (Bl. 160 ff. d.A.) und der Berufungserwiderung vom 2.4.2012 (BI. 180 ff. d. A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2013 (Bi. 192 f.) verwiesen.

II.

A.

Die zulässige Berufung hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, da das Landgericht in einer das rechtliche Gehör des Beklagten verletzenden Weise einen für die Sachentscheidung erheblichen Beweisantrag übergangen hat.

1. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin kann zum einen aus § 823 Abs. 1 BGB unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht, zum andern gemäß § 631 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB aus einer Verletzung vertraglicher Schutzpflichten hergeleitet werden. Da sich die deliktische Verkehrssicherungspflicht und die vertraglichen Schutzpflichten in ihrem Inhalt im Wesentlichen decken, ist in der weiteren Betrachtung eine rechtliche Differenzierung entbehrlich, weshalb sich die Untersuchung auf die Prüfung der vom Landgericht als erfüllt erachteten vertraglichen Anspruchsgrundlage beschränken kann.

2. Die Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB setzt zunächst voraus, dass der geltend gemachte Schaden am PKW im Herrschaftsbereich des Beklagten, also während des Waschvorgangs auftrat. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit:

Der Beklagte ist dem Sachvortrag der Klägerin, wonach das Fahrzeug vor dem Waschvorgang unbeschädigt war, nicht entgegengetreten, sondern hat stattdessen dargelegt, es sei falsch, dass ein anderer Umstand als eine in der Waschbürste vorhandene Antenne für den Schaden ursächlich sei. Im Berufungsrechtszug hat die Klägerin darüber hinaus unstreitig gestellt, dass der Schaden am klägerischen Fahrzeug durch die asservierte Antenne entstand.

3. Sodann muss der Schaden gem. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB auf einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten beruhen. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ist auch diese Anspruchsvoraussetzung nachgewiesen, weil der Wagen während des Waschvorgangs beschädigt wurde.

a) Gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Hierbei bedarf die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung einer differenzierten Betrachtung: Lediglich bei nicht auf einen Erfolg bezogenen Pflichten trägt der Gläubiger den vollen Beweis für die Pflichtverletzung. Demgegenüber ergibt sich bei erfolgsbezogenen Pflichten der Beweis der objektiven Pflichtverletzung bereits daraus, dass die Leistung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß erbracht wurde: Hat der Schuldner nach dem Vertragsinhalt die erfolgsbezogene Pflicht, einen Schaden zu vermeiden, wird durch den Nachweis des Schadens zugleich die Pflichtverletzung bewiesen (Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 280 Rdnr. 35; Erman/Westermann, BGB, 13. Aufl., § 280 Rdnr. 29; Ernst in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 280 Rdnr. F 29).

Dies deckt sich mit der zu § 282 BGB aF entwickelten Rspr.: Demnach konnte die Beweislastumkehr des § 282 BGB aF auch den Nachweis eines objektiven Pflichtenverstoßes umfassen, wenn der Gläubiger im Herrschaftsbereich des Schuldners zu Schaden kam und die den Schuldner treffenden Verhaltenspflichten auch darauf abzielten, den Gläubiger vor einem solchen Schaden zu bewahren (BGH, Urt. v. 18.12.1990 - VI ZR 169/90, NJW 1991, 1540, 1541; BGHZ 3, 162, 174; 41, 151, 153; 51, 91, 103;67,383,387).

b) Angewandt auf den zur Entscheidung stehenden Sachverhalt stellen die von dem Betreiber der Waschanlage zu beachtenden Schutzpflichten, Wagenbesitzer vor Schäden zu bewahren, im vorgenannten Sinne „erfolgsbezogene" Pflichten dar, weshalb auch die Pflichtverletzung des Beklagten schon deshalb als bewiesen zu betrachten ist, weil der Wagen beim Durchlaufen der Anlage zu Schaden kam (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962). Eines weitergehenden dezidierten Sachvortrags der Klägerin zu den Umständen der Schadensentstehung und eventuell hieraus abzuleitender Defizite des Beklagten bei der Beachtung der Schutzpflichten bedurfte es demgemäß nicht.

Zu keinem anderen Ergebnis gelangt die Rechtsanwendung, wenn man mit den gleichfalls anerkannten Grundsätzen zur Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen (BGH, Urt. v. 22.10.2008 - XII ZR 148/06, NJW 2009, 142; Erman/Westermann, aaO, § 280 Rdnr. 27) argumentiert: Selbst bei verhaltensbezogenen Pflichten kann auf eine Pflichtverletzung des Schuldners geschlossen werden, wenn der Gläubiger dartut, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrühren kann (Palandt/Grüneberg, aaO, § 280 Rdnr. 37). So liegen die Dinge hier.

4. Allerdings kann sich der Beklagte entlasten: Gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB entfällt die Schadensersatzpflicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

a) Diesen Entlastungsbeweis hat der Beklagte angetreten. Denn er behauptet, der Schaden könne nur von einer verhakten Antenne stammen, die unmittelbar vor dem Schadensfall in die Bürste geraten sei, weshalb der Schaden auch bei Anstrengung der zumutbaren Sorgfalt nicht vermeidbar gewesen wäre.

Diesen Sachvortrag hat der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, den das Landgericht schlichtweg übergangen hat. Es hat gewissermaßen das Gegenteil für möglich erachtet, indem es auf S. 9 ausführt, wonach es nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine abgerissene Antenne sich zunächst in einer Waschbürste so verhake, dass Fahrzeuge, die die Waschanlage anschließend durchlaufen würden, keine Beschädigungen davontrügen und die Antenne erst durch weitere Waschvorgänge weiter transportiert werde, so dass sie Schäden an anderen Fahrzeugen verursachen könne. Genau den gegenteiligen Sachvortrag hat der Beklagte durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Beweisaufnahme nicht deshalb entbehrlich, weil der Sachvortrag des Beklagten schon wegen der gleichfalls aufgetretenen Beschädigung des unmittelbar nach dem klägerischen Fahrzeug gewaschenen Fahrzeugs als widerlegt anzusehen sei. Vielmehr steht das Auftreten von Schäden an dem unmittelbar nach dem klägerischen Fahrzeug gewaschenen Fahrzeug mit dem Sachvortrag des Beklagten durchaus in Einklang: Der Beklagte trägt nämlich vor, dass eine in den Bürsten befindliche Antenne notwendigerweise und zwingend bei jedem Waschvorgang Schäden verursacht, solange die Antenne nicht entfernt wird. Unterstellt man, dass die Antenne unmittelbar vor dem Waschvorgang des klägerischen Fahrzeugs in die Bürste geriet und dort zunächst nicht entdeckt wurde, musste nach der Logik des Beklagtenvortrags auch am nachfolgenden Fahrzeug ein Schaden entstehen.

b) Auch fehlt es nicht deshalb an der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers, weil die weiteren Umstände, die die Klägerin zur Herleitung eines Sorgfaltsverstoßes bemüht, das Eingehen auf den Entlastungsbeweis entbehrlich machen. Hierbei ist daran zu erinnern, dass der Betreiber einer Autowaschanlage nicht der Gefährdungshaftung unterliegt. Diese gesetzliche Grundkonzeption der verschuldensabhängigen Haftung darf durch eine Überspannung der Sorgfaltsanforderungen an den Betreiber nicht unterlaufen werden.

aa) Zunächst ist der Umstand, dass sich das Ausgangstor zum Unfallzeitpunkt nicht öffnen ließ, für die Beurteilung eines eventuellen Sorgfaltsverstoßes ohne erkennbare Relevanz. Es besteht ersichtlich keinerlei Zusammenhang zwischen einer möglichen Fehlfunktion des Tores und dem entstandenen Schaden.

bb) Sodann hat die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.11.2011 darauf rekurriert, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflichten deshalb verletzt, weil die bei Abfassung des Schriftsatzes vorhandene Beschilderung nicht nachhaltig davor gewarnt habe, Antennen abzuschrauben, weshalb - so die rechtliche Schlussfolgerung der Klägerin - die Beschilderung das Risiko erhöht habe, dass spätere Nutzer der Waschanlage durch abgerissene Antennen zu Schaden kommen. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen: Der Text des auf BI. 121 d. A. kopierten Schildes ist für einen situationsadäquat aufmerksamen Nutzer ohne weiteres verständlich und hinreichend, um die Nutzer der Anlage zum Abschrauben der Antenne anzuhalten. Die Argumentation, die Aufmerksamkeit des Nutzers werde durch den Hinweis auf das Spar-Menü abgelenkt, überzeugt nicht, zumal nicht vorgetragen wird, dass das offensichtlich mobile Schild zum Unfallzeitpunkt an Ort und Stelle aufgestellt war. Soweit die Klägerin dies schlicht in Abrede stellt, begibt sich die Klägerin in den Bereich der Spekulation.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte auch nicht gehalten, die Anlage am Schadenstag im Ein-oder-Zwei-Stundenrhythmus zu überwachen.

aaa) Die Rechtsfrage, welche Sorgfalt ein Betreiber einer Selbstwaschanlage aufwenden muss, um den Verkehr vor Schäden zu bewahren, ist Einzelfall bezogen zu beantworten.

Im Grundsatz gilt, dass derjenige, der einen Verkehr eröffnet, alle Vorkehrungen treffen muss, um Schäden Dritter tunlichst zu vermeiden (Palandt/Sprau, aaO, § 823 Rdnr. 46; MünchKomm (BGB) Wagner, 6. Aufl., § 823 Rdnr. 243). Allerdings ist eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, im praktischen Leben nicht zu erreichen (st. Rspr. BGH, statt aller: 2.3.2010—VI ZR 223/09, NJW 2010, 1967; Urt. v. 16.5.2006—VI ZR 189/05, NJW 2006, 2326). Der Verkehrssicherungspflichtige muss nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Vielmehr genügen solche Vorkehrungen, die zur Beseitigung der Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich sind solche Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger der Verkehrskreise für notwendig und ausreichend erachtet, um andere Personen - hier die Kunden einer Selbstwaschanlage - vor Schäden zu bewahren (vgl. BGH, NJW 2010, 1967; 2006, 2326).

Weiterhin fließt in die Beurteilung auch das in den entsprechenden Verkehrskreisen branchenübliche Schutzniveau ein: Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist im Regelfall genügt, wenn der erreichte Sicherheitsstandard der in dem entsprechenden Bereich herrschenden Verkehrserwartung entspricht (BGH, NJW 2010, 1967; vgl. Urt. v. 16.5.2006 - VI ZR 189/05, VersR 2006, 1083; Urt. v. 8.11.2005 - VI ZR 332/04, VersR 2006, 233). Schließlich sind Ausmaß und Größe der Gefahr sowie die Schadenswahrscheinlichkeit in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2007, 460). Diese Kriterien stehen miteinander in Wechselwirkung: Je größer die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung und je schwerer der drohende Schaden, desto weitgehendere Sicherungsmaßnahmen sind zu ergreifen (BGH, Urt. v. 31.10.2006 - VI ZR 223/06, VersR 2007, 72, 73; MünchKomm(BGB)/Wagner, § 823 Rdnr. 259; Gerecke, VersR 2008, 1595).

bbb) Angewandt auf die vorliegend zu beantwortende Frage nach der Kontrolldichte von Sichtprüfungen ist zunächst von Relevanz, dass der eingetretene Schaden nicht auf eine Funktionsstörung der Anlage selber zurückzuführen ist, sondern in Gestalt einer abgerissenen Antenne auf einer unsachgemäßen Bedienung durch einen Vorbenutzer beruht. Dieser Schaden nahm seinen Ausgangspunkt von einem äußeren Geschehen, welches sich seinerseits schicksalhaft ereignete und dessen Eintritt durch regelmäßige Wartungen und Kontrollen weder beeinflusst noch vorhergesehen werden konnte. Bei dieser Sachlage wäre eine substantielle Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht dadurch zu erreichen, dass die Waschanlage etwa im Stundentakt auf Fremdkörper untersucht würde. Letztlich ließe sich die Gefahr, die aus abgerissenen Fahrzeugteilen droht, nur durch eine lückenlose Kontrolle aller Waschvorgänge merklich reduzieren. Eine solche lückenlose Kontrolle ist jedoch bei Selbstwaschanlagen der vorliegend zu beurteilenden Art nicht zumutbar und entspricht auch nicht den berechtigten Erwartungen der betroffenen Verkehrskreise. Wie auch der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt hat, ist es nicht branchenüblich, den Betrieb von Portalwaschanlagen lückenlos zu überwachen.

Aus denselben Erwägungen ist der objektive Sorgfaltsverstoß entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht daraus herzuleiten, dass der Beklagte nicht für eine Videoüberwachung der Anlage sorgte oder kein Personal abstellte, um die Waschanlage zu überwachen: Eine so weitgehende Verkehrssicherungspflicht überspannt die berechtigten Verkehrserwartungen eines Benutzers einer Selbstwaschanlage.

ccc) Hinzukommt folgende Erwägung: Portalanlagen der vorliegenden Art werden häufig - so auch hier - in unmittelbarer Nähe einer Tankstelle betrieben, deren Personal nicht nur zur Ausgabe der Waschmarken, sondern auch zur Entgegennahme von Reklamationen und Beanstandungen als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Auf diese Weise ist gesichert, dass auftretende Fehler beim Waschvorgang unmittelbar bemerkt und schadensvermeidend behoben werden können. Mithin hat der Betreiber einer Portalwaschanlage durch die ständige Anwesenheit des Tankstellenpersonals zugleich eine verkehrssichernde Maßnahme ergriffen, die es im Regelfall erlaubt, gerade dem vorliegend zu beurteilenden Schaden, der nachfolgenden Kunden durch abgerissene Fahrzeugteile droht, wirksam zu begegnen.

ddd) Entgegen der Rechtsauffassung der Berufung ist die rechtliche Wertung, die es dem Betreiber von Kaufhäusern und Supermärkten vorschreibt, die Fußböden in recht kurzen Intervallen auf eventuelle Gefahren in Gestalt von Nässe oder Obst- und Gemüseresten zu untersuchen (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.1994 —VI ZR 238/93, NJW 1994, 2232; OLG Hamm, NJWRR 2002, 171; OLG Schleswig, NJW-RR 1992, 796; zur Kasuistik vgl. Palandt/Sprau, aaO, § 823 Rdnr. 200), auf die vorliegende Frage nach der Kontrolldichte einer Selbstwaschanlage nicht zu übertragen. Denn die strengen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflichten des Kaufhausbetreibers beruhen auf der Erfahrungstatsache, dass die Schadenshäufigkeit von Stürzen in gut frequentierten Kaufhäusern recht hoch ist. Es liegt gewissermaßen in der Natur der Sache, dass in Obst- und Gemüseabteilungen eine Verunreinigung der Fußböden selbst bei einer bestimmungsgemäßen Benutzung kaum je zu vermeiden ist. Hiervon unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt: Nach Lage der Dinge kann die Antenne nur deshalb in die Waschbürste geraten sein, weil der Vorbenutzer die Antenne nicht vor dem Waschvorgang entfernt hat. Unter diesem Blickwinkel ist der nunmehr aufgetretene Schaden nicht Ausfluss einer bestimmungsgemäßen, sondern einer fehlerhaften Benutzung der Anlage. Dies setzt die Schadenswahrscheinlichkeit gegenüber den Kaufhausfällen signifikant herab.

eee) Letztlich darf im vorliegenden Fall nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Waschanlage am Schadenstag nicht stark frequentiert war: Der Beklagte hat unbestritten dargelegt, dass am fraglichen Tag lediglich 30 Fahrzeuge gewaschen worden seien. In Anbetracht des Umstandes, dass morgens um 6:00 Uhr nach aller Lebenserfahrung nicht mit einem starken Waschbetrieb zu rechnen ist, bestand somit in der Gesamtschau der relevanten Faktoren kein Anlass, die zu Beginn des Tages durchgeführte Kontrolle vor 10:25 Uhr noch einmal zu wiederholen.

B.

Nach alledem war die Sache auf den Hilfsantrag des Beklagten gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht unter Aufhebung des Urteils zurückzuverweisen, da das Verfahren wegen Obergehens des Beweisantrags an einem wesentlichen Mangel leidet und eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig wird. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit, die anzuordnen war, um eine Vollstreckung aus dem aufgehobenen Urteil zu vermeiden (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 538 Rdnr. 59), beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Für das weitere Verfahren ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Mitarbeiterin die Überprüfung sorgfältig durchgeführt hat, bislang nicht tatrichterlich aufgeklärt worden ist. Dazu bestand auch für den Senat kein Anlass: Selbst wenn die Mitarbeiterin oberflächlich gearbeitet hätte, wäre - die Richtigkeit des Beklagtenvortrags unterstellt - ein eventuelles Verschulden für den eingetretenen Schaden nicht kausal geworden, da sich danach die Antenne zu Beginn der Schicht noch nicht in der Bürste befunden haben kann. Allerdings besitzt die Tatfrage Relevanz, wenn nach dem Ergebnis des Sachverständigenbeweises nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Antenne eine ungewisse Zeit vor dem schadensstiftenden Waschvorgang in der Bürste befand. Dann wird der Frage nachzugehen sein, ob die Mitarbeiterin des Beklagten ihrer Kontrollfunktion zu Beginn der Schicht sorgfältig nachgegangen ist.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2010 - VI ZR 223/09

bei uns veröffentlicht am 02.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 223/09 Verkündet am: 2. März 2010 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2005 - VI ZR 332/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 332/04 vom 20. Dezember 2005 in dem Rechtsstreit Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr beschlo

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Sept. 2007 - VI ZR 223/06

bei uns veröffentlicht am 25.09.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 223/06 vom 25. September 2007 in dem Rechtsstreit Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr beschlossen: Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05

bei uns veröffentlicht am 16.05.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 189/05 Verkündet am: 16. Mai 2006 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Okt. 2008 - XII ZR 148/06

bei uns veröffentlicht am 22.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 148/06 Verkündet am: 22. Oktober 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 148/06 Verkündet am:
22. Oktober 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Darlegungs- und Beweislast für die Verletzung der mietvertraglichen Fürsorgepflicht
durch den Vermieter.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 148/06 - OLG Dresden
LG Dresden
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter Dose und Dr. Klinkhammer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. August 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Vermietung von Fahrzeugstellplätzen.
2
Der Beklagte zu 1 vermietete dem Kläger Teilbereiche einer Scheune zum Unterstellen von Fahrzeugen. Der Kläger stellte in der Scheune sechs eigene und sechs Fahrzeuge (Oldtimer) anderer Eigentümer ab. Der Beklagte zu 1 richtete selbst in der Scheune eine Arbeitsbühne ein. Am 27. März 2003 reparierte er dort sein Fahrzeug vom Typ Seat Terra an einer Bremstrommel. Während der Reparatur geriet das Fahrzeug in Brand. Das Feuer griff auf die Scheune über und zerstörte die Scheune und auch die untergestellten Fahrzeuge.
3
Der Kläger nimmt aus eigenem und abgetretenem Recht der weiteren Fahrzeugeigentümer den Beklagten zu 1 als Verursacher und die Beklagte zu 2 als dessen Haftpflichtversicherer auf Schadensersatz in Höhe von 38.592 € in Anspruch. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte zu 1 den Schaden schuldhaft verursacht hat. Das Landgericht hat dazu Beweis erhoben und hat die Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß zum Schadensersatz verurteilt. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten ergänzend Beweis erhoben und die Klage abgewiesen.
4
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlich gestellten Schlussanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

6
Das Berufungsgericht hat Ansprüche auf Schadensersatz wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache aus § 536 a Abs. 1 BGB verneint. Ein Anspruch wegen fehlender Brandschutzvorrichtungen (Brandschutzwände, Sprinklereinrichtung ) sei gemäß § 536 b Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil das Fehlen derarti- ger Einrichtungen bei Vertragsschluss erkennbar gewesen sei und der Beklagte zu 1, auch wenn ein Feuerlöscher vorhanden gewesen wäre, als Laie den Brand nicht "in den Griff bekommen" hätte.
7
Die Einrichtung einer Werkstatt als solche habe ersichtlich nicht zu dem Brandereignis geführt. Hinsichtlich der durchgeführten Reparatur der Bremstrommel sei jedenfalls ein Ursachenzusammenhang nicht bewiesen. Das Einbringen eines Bauscheinwerfers stelle für sich genommen keinen Mangel der Mietsache dar. Dass der Scheinwerfer während der Reparatur angeschaltet und deshalb erhitzt gewesen sei, so dass er als Brandauslöser in Betracht komme, habe der Kläger nicht nachweisen können. Der Kläger trage die Beweislast für die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1 durch die Benutzung des Scheinwerfers und ihre Kausalität für den Brand. Erst wenn die Ursächlichkeit bewiesen sei, sei es Sache des Vermieters, sich hinsichtlich des Verschuldens zu entlasten , soweit die Schadensursache aus seinem Gefahrenbereich hervorgegangen sei. Soweit der Bundesgerichtshof eine noch weitergehende Beweislastumkehr (auch für die Kausalität) angenommen habe, fehle es im vorliegenden Fall an der Voraussetzung, dass die vom Beklagten zu 1 benutzte Fläche dem Einblick des Klägers verschlossen gewesen sei.
8
Dem Beklagten zu 1 könne auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sein Fahrzeug in der Scheune abgestellt habe, obwohl er nach dem Volltanken jeweils für einen Tag Benzingeruch festgestellt habe. Er sei nicht gehalten gewesen, das Fahrzeug in einer Werkstatt untersuchen zu lassen. Der Benzingeruch könne seine Ursache in Unachtsamkeiten beim Tankvorgang gehabt haben. Nur die Missachtung eines länger andauernden Benzingeruchs hätte ihm angelastet werden können. Die Veränderung der Anschlüsse der Kraftstoffleitung sei ihm unstreitig nicht bekannt gewesen und hätte ihm auch nicht bekannt sein müssen. Die von dem im Ermittlungsverfahren eingeschalte- ten Sachverständigen festgestellte Lichtbogenerscheinung könne sowohl Ursache als auch Folge des Brandes gewesen sein.
9
Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB stünden dem Kläger nicht zu, weil nicht nachgewiesen sei, dass der Beklagte zu 1 die Feuerwehr zu spät gerufen habe, wodurch der Brand nicht mehr habe unter Kontrolle gebracht werden können. Ansprüche aus unerlaubter Handlung hat das Berufungsgericht schließlich verneint, weil eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht nachgewiesen sei.

II.

10
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
1. Schadensersatzansprüche gemäß § 536 a Abs. 1 BGB wegen eines Mangels hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint, denn der Schaden ist nicht infolge eines Mangels der vermieteten Stellplätze entstanden.
12
Das gilt zunächst für die unmittelbare Verursachung des Brandes. Die Brandursache lag unstreitig nicht in der Beschaffenheit des Mietobjekts begründet. Da die Brandursache vielmehr mit dem von dem Beklagten zu 1 zur Reparatur in die Scheune verbrachten Fahrzeug zusammenhängt, das selbst nicht Teil der Mietsache ist, kommt insoweit nicht die Gewährleistungshaftung nach § 536 a BGB, sondern nur eine Haftung wegen Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht (vgl. BGH NJW 1957, 826; Palandt/Weidenkaff 67. Aufl. § 536 a Rdn. 5). Zu notwendigen Brandschutzvorrichtungen ist das Berufungsgericht aufgrund seiner nicht zu beanstandenden Feststellungen zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch nach § 536 b Satz 2 BGB ausgeschlos- sen ist. Im Übrigen (fehlender Feuerlöscher) hat es einen schadensursächlichen Mangel verneint. Auch dagegen bestehen keine revisionsrechtlichen Bedenken. Damit scheidet eine Gewährleistungshaftung insgesamt aus.
13
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht indessen eine Schadensersatzhaftung der Beklagten wegen Pflichtverletzung (positive Vertragsverletzung) gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) verneint. Den Beklagten zu 1 traf als Vermieter eine vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten Sachen zu unterlassen (Fürsorgepflicht; vgl. Staudinger/Emmerich BGB [2006] § 535 Rdn. 82).
14
Die Beweislast im Hinblick auf die schadensursächliche Pflichtverletzung liegt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, das sich mit dieser Frage im Rahmen des Anspruchs nach § 536 a Abs. 1 BGB befasst hat, nicht beim Kläger. Es ist vielmehr Aufgabe der Beklagten, sich insoweit zu entlasten.
15
Grundsätzlich hat allerdings der Mieter als Schadensersatzgläubiger darzulegen und zu beweisen, dass den Vermieter eine Pflichtverletzung trifft und diese für den entstandenen Schaden ursächlich war (BGH Urteil vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76 - NJW 1978, 2197). Allerdings bestimmt § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB (ähnlich § 282 BGB a. F.) eine Beweislastumkehr, soweit es um das Vertretenmüssen der Pflichtverletzung geht. Die Grenze dieser Beweislastumkehr , die nicht nur das Verschulden im engeren Sinne, sondern auch die (objektive) Pflichtverletzung ergreift (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522), ist nach der Rechtsprechung des Senats danach zu bestimmen, in wessen Obhuts- und Gefahrenbereich die Schadensursache lag (Senatsurteile BGHZ 126, 124, 129; vom 27. April 1994 - XII ZR 16/93 - NJW 1994, 1880, 1881; vgl. auch MünchKomm/Ernst BGB 5. Aufl. § 280 Rdn. 141). Nach denselben Grundsätzen ist der Senat auch bei einer Schadensersatzhaftung unter Mietern verfahren, wenn die genaue Ursache eines Brandes nicht aufgeklärt werden konnte (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522).
16
Steht demnach fest, dass als Schadensursache nur eine solche aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Schuldners in Betracht kommt, muss dieser sich nicht nur hinsichtlich der subjektiven Seite, sondern auch hinsichtlich der objektiven Pflichtwidrigkeit entlasten (Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 522).
17
Im vorliegenden Fall entstand der Brand im Obhuts- und Gefahrenbereich des Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 1 hatte im Erdgeschoss der Scheune eine Reparaturwerkstatt eingerichtet und führte dort eine Fahrzeugreparatur durch. Der Brand brach unstreitig während der Reparatur aus und ging auch vom Fahrzeug des Beklagten zu 1 aus. Dass der Bereich, in dem der Beklagte zu 1 die Reparatur durchführte, dem Kläger als Geschädigten nicht unzugänglich war, ist nicht ausschlaggebend. Zwar ist Hintergrund der Beweislastverteilung nach Obhuts- und Gefahrenbereichen vor allem die fehlende Einsichtsmöglichkeit des Gläubigers. Der zugrunde liegende Gedanke erschöpft sich darin allerdings nicht und kann ebenso angebracht sein, wenn das schadensauslösende Ereignis auf andere Weise der Wahrnehmung des Geschädigten entzogen ist, während es im unmittelbaren Wahrnehmungsbereich des Schuldners stattfand. Eine entsprechende Beweislastumkehr muss jedenfalls dann eingreifen, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Ursächlichkeit der vom Schuldner verwendeten Sache für den Schaden feststeht.
18
Die vom Berufungsgericht (im Zusammenhang mit § 536 a Abs. 1 BGB) für seine gegenteilige Ansicht angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 31. Mai 1978 - VIII ZR 263/76 - NJW 1978, 2197) widerspricht dem nicht. In dem dort entschiedenen Fall stand nicht fest, dass die Brandursache im Bereich des Vermieters lag, und war eine Verursachung durch Brandstiftung nicht ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall lässt sich nach den Feststellungen beider Vorinstanzen eine Einwirkung Dritter indessen ausschließen. Der Brand entstand in dem allein dem Beklagten zu 1 zuzuordnenden Bereich. Auch wenn dieser Bereich räumlich nicht derart abgegrenzt war, dass er dem Einblick des Klägers als Mieter entzogen gewesen wäre, ist jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation eine entsprechende Beweislastverteilung angezeigt, weil die Brandursache im Fahrzeug des Beklagten zu 1 lag und eine Verursachung durch Dritte ausscheidet.
19
3. Die Haftung der Beklagten zu 2 ergibt sich aus § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.). Der Brandschaden fällt in die Leistungspflicht des Versicherers nach § 10 Abs. 1 AKB. Der Gebrauch des versicherten Fahrzeugs im Sinne dieser Bestimmung schließt auch dessen Reparatur ein (BGHZ 78, 52, 54; BGH Urteil vom 21. Februar 1990 - IV ZR 271/88 - VersR 1990, 482; OGH VersR 2006, 863 f.).

III.

20
Das Urteil des Berufungsgerichts ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden.
21
Nach der von den Vorinstanzen durchgeführten Beweisaufnahme liegt es zwar nahe, dass die Beklagten den ihnen hinsichtlich der schadensursächlichen Pflichtwidrigkeit obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt haben. Da aber das Landgericht und das Berufungsgericht von einer vollumfänglichen Beweislast des Klägers ausgegangen sind, ist den Beklagten noch die Möglichkeit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben. Im Übrigen ist auch die vom Landgericht angenommene Schadenshöhe in der Berufungsinstanz angegriffen worden und sind insoweit noch tatrichterliche Feststellungen erforderlich.

IV.

22
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass ein Schadensersatzanspruch aufgrund §§ 280 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) auch die Schäden erfassen dürfte, die der Kläger aufgrund abgetretenen Rechts ersetzt verlangt (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 2005 - XII ZR 216/02 - ZMR 2005, 520, 521 f.). Insoweit dürfte - vorbehaltlich anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts - der Stellplatzmietvertrag Schutzwirkung für Dritte entfalten (vgl. BGHZ 49, 350, 354; Palandt/Grüneberg BGB 67. Aufl. § 328 Rdn. 17 a, 29).
23
Für den Fall, dass eine Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVG (a. F.) ausscheidet, weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen Ansprüche aus unerlaubter Handlung zu Recht verneint hat. Die Revision hat in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt, in welcher Weise der Beklagte zu 1 gegen die in den Gründen des Berufungsurteils nicht ausdrücklich in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB geprüften Vorschriften der Sächsischen Garagenverordnung verstoßen haben soll (abgesehen von der Frage der Revisibilität einer diesbezüglichen Rechtsverletzung ) und dass dadurch der Schaden verursacht worden sein soll.
Hahne Fuchs Vézina Dose Klinkhammer
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 17.01.2006 - 5 O 3174/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 03.08.2006 - 13 U 276/06 -

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 223/09 Verkündet am:
2. März 2010
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage einer Nachrüstungspflicht des Verkehrssicherungspflichtigen für bestehende
technische Anlagen (hier: halbautomatische Glastüre als Zugang zu
einem Geldautomaten einer Bank) im Falle einer Verschärfung von DINNormen.
BGH, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 223/09 - LG Traunstein
AG Traunstein
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis 11. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Galke und
die Richter Zoll, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein - 5. Zivilkammer - vom 17. Juni 2009 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die an einer spastischen Behinderung leidende Klägerin nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Sie behauptet, sie habe sich am 11. Oktober 2006 außerhalb der Öffnungszeiten der Beklagten in deren Filiale im Bahnhof T. begeben, um am dortigen Automaten Geld abzuheben. Beim Eintreten sei die automatische Glastüre offen gewesen. Auch als sie nach dem Geldabheben das Gebäude wieder habe verlassen wollen, habe die Glastür zunächst offen gestanden , sich dann jedoch plötzlich geschlossen, so dass Mittel- und Ringfinger ihrer rechten Hand eingeklemmt worden seien. Dadurch sei sie verletzt worden.
2
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 3.000 € zuzüglich Zinsen, Attest- und Schreibkosten in Höhe von 93,54 € und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 191,65 €, jeweils zuzüglich Zinsen, abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen und die Revision wegen der Frage einer Nachrüstungspflicht für technische Anlagen im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht hat ebenso wie das erstinstanzliche Gericht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte verneint. Nach den vom Amtsgericht eingeholten Sachverständigengutachten hätten sich zwar an den Hauptschließkanten der Türflügel keine Sicherheitseinrichtungen zum Schutz gegen das Einklemmen bzw. Quetschen befunden. Diese Ausführung habe der zur Zeit des Einbaus der Türe im Jahre 1996 geltenden Einrichtungsvorschrift entsprochen. Zum Zeitpunkt des Unfalls am 11. Oktober 2006 habe demgegenüber eine neue Herstellungsnorm gegolten, die weitergehende Schutzmaßnahmen zu Gunsten besonders schutzbedürftiger Personen enthalten habe. Diese Anforderungen seien im Streitfall nicht erfüllt gewesen. Gleichwohl falle der Beklagten keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zur Last. Unter den Umständen des Streitfalles und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte nicht damit rechnen müssen, dass ein Besucher ihrer Filiale von den sich schließenden Türhälften erfasst und verletzt werde. Der Verkehrssicherungspflichtige sei auch generell nicht gehalten, alte Bauwerke und Einrichtungen an den jeweils geltenden Standard anzupassen. Eine Nachrüstungspflicht sei erst nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte zu bejahen. Hier sei im Zeitpunkt des Unfalls seit dem Erlass der neuen DIN-Norm noch nicht einmal ein Jahr vergangen gewesen. Damit sei der angemessene Zeitraum, der dem Verkehrssicherungspflichtigen zur Nachrüstung zugebilligt werden müsse, nicht überschritten.

II.

4
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht einen Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht verneint.
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234 und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - VersR 2006, 1083, 1084, jeweils m.w.N.; vgl. auch BGHZ 121, 367, 375 und BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
6
2. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165, vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO, vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - jeweils aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - jeweils aaO). Daher reicht es anerkannter Maßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger , vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier der Banken - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier die Kunden - vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - jeweils aaO).
7
Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen , aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Scha- den selbst tragen. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO; vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - und vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - jeweils aaO).
8
3. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht eine Haftung der Beklagten verneint.
9
a) Die vom Berufungsgericht als zulassungswürdig angesehene Frage einer Nachrüstungspflicht für bestehende technische Anlagen im Falle einer Verschärfung von Sicherheitsbestimmungen lässt sich nicht generell beantworten , sondern richtet sich ebenfalls danach, ob sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass durch die bestehende technische Anlage - ohne Nachrüstung - Rechtsgüter anderer verletzt werden können. Unter den Umständen des Streitfalles begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Pflicht der Beklagten verneint hat, die Schließanlage so "nachzurüsten", dass sie der seit Dezember 2005 für Neubauten geltenden Herstellungsnorm (DIN 18650/1 und -2) genügte.
10
Welche Sicherheit und welcher Gefahrenschutz im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht zu gewährleisten sind, richtet sich nicht ausschließlich nach den modernsten Erkenntnissen und nach dem neuesten Stand der Technik. Es kommt vielmehr maßgeblich auch auf die Art der Gefahrenquelle an. Je größer die Gefahr und je schwerwiegender die im Falle ihrer Verwirklichung drohenden Folgen sind, um so eher wird eine Anpassung an neueste Sicherheitsstandards geboten sein. Soweit es sich um Gefahren handelt, die nicht so schwerwiegend und für den Verkehr im Allgemeinen erkennbar und mit zumutbarer Sorgfalt und Vorsicht beherrschbar sind, kann dem Verkehrssicherungspflichtigen im Einzelfall jedenfalls - wie das Berufungsgericht mit Recht ange- nommen hat - eine angemessene Übergangsfrist zuzubilligen sein (vgl. Senatsurteil BGHZ 103, 338, 342).
11
b) Danach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Nachrüstungspflicht im Hinblick auf die seit Dezember 2005 geltende neue Herstellungsnorm (DIN 18650/1 und -2) jedenfalls innerhalb des unter einem Jahr liegenden Zeitraums bis zum Unfall der Klägerin am 11. Oktober 2006 verneint hat. Denn auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ergab sich bis dahin vorausschauend für ein sachkundiges Urteil keine nahe liegende Gefahr, dass durch die bestehende technische Anlage - ohne Nachrüstung - Rechtsgüter anderer verletzt werden können.
12
Die Glastür entsprach den Sicherheitsanforderungen der zur Zeit ihres Einbaus im Jahre 1996 geltenden Einrichtungsvorschrift ("Richtlinien für kraftbetätigte Fenster, Türen und Tore" ZH 1/494 des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaft). Außerhalb der Öffnungszeiten der Filiale erfolgte der Zugang zu dem Vorraum mit dem Geldautomaten mittels eines Kartenlesegerätes. Um den Vorraum wieder zu verlassen, musste die Tür von innen mit einem Taster manuell betätigt werden und schloss danach automatisch nach Ablauf von ca. 10 Sekunden (Halbautomatikbetrieb). Der Schließvorgang erfolgte dabei mit einer Bewegungsgeschwindigkeit von ca. 15 cm pro Sekunde relativ langsam und mit einem Schließdruck von nur 150 N, der im Regelfall, in dem ein Besucher an den Schultern erfasst wird, nicht zu Verletzungen führt. Dass die Klägerin verletzt worden ist, resultiert nach den Feststellungen des Berufungsgerichts aus dem unglücklichen Umstand, dass zwei Finger ihrer rechten Hand von der sich schließenden Tür eingeklemmt worden sind. Nach den weiteren unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte sich ein solcher Vorfall in den vergangenen zehn Jahren bis zu dem von der Klägerin behaupteten Unfall nicht ereignet. Im Übrigen war die Glastür zum Geldautomaten der Beklagten nach dem Ergebnis der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Beweisaufnahme des Amtsgerichts jährlich ein- bis zweimal gewartet worden, ohne dass sich Beanstandungen seitens des Wartungsdienstes oder seitens eines Kunden ergaben.
13
Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, weshalb die Beklagte damit rechnen musste, dass ihre Kunden beim Verlassen des Raumes mit dem Geldautomaten durch den Schließmechanismus der (halb-)automatischen Glastüre - ohne Nachrüstung - Verletzungen erleiden könnten. Galke Zoll Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 23.01.2009 - 319 C 1258/07 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 17.06.2009 - 5 S 589/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/05 Verkündet am:
16. Mai 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Vermieter einer Wohnung verstößt nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht,
wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die
insoweit den baurechtlichen Vorschriften entspricht, bei einer Vermietung an eine
Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt.
BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - LG Siegen
AG Siegen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 2. August 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die am 28. April 2001 geborene Klägerin nimmt den Beklagten als Vermieter der Wohnung ihrer Eltern auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Die Eltern der Klägerin sind seit 1. November 2001 Mieter einer 6-Zimmer-Wohnung in einem Anwesen des Beklagten , das im Jahre 1966 errichtet worden ist. Seit 1986 handelt es sich bei den Wohnungen um Sozialwohnungen im Sinne der §§ 4 und 5 des Wohnungsbindungsgesetzes , deren Bezug eine Personenzahl von 5 erfordert, damit von der Gemeinde ein entsprechender Berechtigungsschein ausgestellt wird. Die Familie der Klägerin lebt dort mit zwei Erwachsenen und drei Kleinkindern.
2
Am 22. März 2003 lief die Klägerin beim Spielen mit ihrer Schwester gegen eine in der Wohnung befindliche Kinderzimmertür. Die Tür bestand aus einem Holzrahmen mit einem Glasausschnitt, der im unteren Bereich in einer Höhe von 40 cm begann. Bei dem Glas handelte es sich nicht um Sicherheitsglas. Bei dem Unfall fiel die Klägerin mit Kopf und Schultern in die Scheibe. Dadurch gelangte ein winziges Teil aus der zerbrochenen und zersplitterten Scheibe in das linke Auge der Klägerin, wodurch die Klägerin die Sehkraft des linken Auges nahezu vollständig verlor.
3
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Zwar treffe den Vermieter grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Mieter einer Wohnung. Dabei habe der Verkehrssicherungspflichtige aber nur solche Gefahrenquellen zu beseitigen bzw. vor ihnen zu warnen, die von den Verkehrsteilnehmern trotz gebotener Eigensorgfalt nicht ohne weiteres erkennbar seien oder auf die sie sich nicht ohne weiteres einstellen könnten. Art und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bestimmten sich nicht nur nach der Intensität der Gefahr, sondern auch nach den Sicherheitserwartungen des Verkehrs. Danach dürfe der Mieter einer Wohnung sich nicht darauf verlassen, dass Glasausschnitte in Zimmertüren mit Sicherheitsglas ausgestattet seien. Dahingehende baurechtliche Vorschriften hätten weder bei Errichtung der Wohnungen im Jahr 1966 noch bei Einzug der Familie der Klägerin noch zum Zeitpunkt des Unfalles existiert. Besondere Umstände, die eine über die baurechtlichen Vorschriften hinausgehende Verpflichtung des Verkehrssicherungspflichtigen erforderten, seien nicht erkennbar. Der Beklagte habe zwar gewusst, dass die Wohnung von einer Familie mit drei Kleinkindern bewohnt werde, habe aber nicht ernstlich damit rechnen müssen, dass ein Mieter "durch eine solche Scheibe" gehe. Es werde nicht behauptet, dass solche Vorfälle bereits zuvor vorgekommen seien. Zur Abwehr von Gefahren für die Kinder sei in erster Linie der Aufsichtspflichtige zuständig. Wenn die Eltern der Klägerin auf die Ausstattung mit Sicherheitsglas Wert gelegt hätten, hätten sie nachfragen oder die Tür entsprechend überprüfen müssen. Auch für einen Laien wäre eine Ausstattung mit Sicherheitsglas an der Stempelung erkennbar gewesen. Mieter könnten nicht davon ausgehen, dass Zimmertüren einer im Jahre 1966 errichteten Wohnung mit Sicherheitsglas ausgestattet seien. Da der Gesetzgeber bis heute nicht die Ausstattung von Glastürausschnitten mit Sicherheitsglas verlange, handele es sich auch nicht um ein dringendes Sicherheitsbedürfnis, welches den Sicherungspflichtigen ausnahmsweise zu nachträglichen Maßnahmen verpflichtete.

II.

5
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Verstoß des Beklagten gegen die ihm als Vermieter obliegenden Verkehrssicherungspflichten verneint.
6
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319 und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234, jeweils m.w.N.; vgl. auch BGHZ 121, 367, 375 und BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
7
2. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO m.w.N.). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 276 Abs. 2 BGB n.F.) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen , die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier der Wohnungsvermieter - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Mieter und deren Kinder - vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO).
8
Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen , aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO).
9
3. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht eine Haftung des Beklagten verneint.
10
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass baurechtliche Vorschriften, nach denen Zimmertüren mit Glasausschnitten in Wohnun- gen mit Sicherheitsglas ausgestattet werden müssen, weder zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnungen im Jahre 1966 existierten, noch zum Zeitpunkt des Einzugs der Familie der Klägerin im Jahre 2001, noch zum Zeitpunkt des Unfalls im Jahre 2003. Nach § 40 Abs. 2 Bauordnung NW ist lediglich geregelt, dass Glastüren und andere Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, so zu kennzeichnen sind, dass sie leicht erkannt werden können. Für größere Glasflächen können zwar Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Verkehrs verlangt werden, wobei für Glasflächen , die bis zum Fußboden reichen, jedoch keine besonderen Eigenschaften des Glases vorgeschrieben sind, sondern lediglich eine entsprechende Markierung.
11
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Tür, an der sich die Klägerin verletzt hat, nicht um eine bis zum Fußboden herabreichende Glastür, sondern um eine Zimmertür mit einem Glasausschnitt, der erst in einer Höhe von 40 cm begann. Die Revision macht selbst nicht geltend, dass die Zimmertür insoweit nicht den einschlägigen baurechtlichen Vorschriften entsprochen habe.
12
Insofern ist der vorliegende Fall anders gelagert als derjenige, der dem Senatsurteil vom 31. Mai 1994 - VI ZR 233/93 - (VersR 1994, 996, 997) zugrunde lag. Dort war der Geschädigte im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses beim Hinuntergehen auf der letzten Stufe einer aus Marmorstufen bestehenden Treppe gestürzt und mit dem Arm in eine aus gewöhnlichem Fensterglas bestehende Verglasung einer Treppenhausaußenwand gefallen. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass in diesem Fall baurechtliche Vorschriften bestanden, die besondere Sicherheitsvorkehrungen geboten hätten. Nach § 36 Abs. 7 Bauordnung NW sind Fenster, die unmittelbar an Treppen liegen und deren Brüstungen unter der notwendigen Geländerhöhe liegen, zu sichern. Grund hierfür ist, dass bei einem Treppenhaus zum einen die Gefahr eines Hinabstürzens in die Tiefe und zum anderen eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass dort jemand zu Fall kommt, wobei im damals entschiedenen Fall hiermit ernstlich zu rechnen war, weil auf der unteren Stufe der Treppe ein nur 1,25 m breites Podest bis zur Außenwand vorgelagert war und sich kurze Zeit zuvor ein Vorfall ereignet hatte, bei dem das Fensterglas der Außenwand zu Bruch gegangen war.
13
Im vorliegenden Fall lagen nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keine besonderen Umstände vor, welche eine über die baurechtlichen Vorschriften hinausgehende Verkehrssicherungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Zimmertüren begründen konnten. Insbesondere waren keine ähnlichen Vorfälle seit Vermietung der Wohnungen im Jahr 1966 bekannt. Allein aus der Kenntnis der Beklagten, dass die Wohnung von einer Familie mit drei Kleinkindern bewohnt wird, kann sich entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes ergeben. Entsprach nach den baurechtlichen Vorschriften die Mietwohnung im Hinblick auf ihre Ausstattung mit verglasten Wohnungsinnentüren der Normalbeschaffenheit, so oblag es den obhutspflichtigen Eltern der Klägerin zu entscheiden, ob sie unter den gegebenen Umständen eine solche Wohnung anmieten und für weitergehende (klein-)kindgerechte Schutzvorkehrungen sorgen wollten, wie sie auch in anderen Bereichen (z.B. Steckdosensicherungen , Schutzgitter, Kantenschutz etc.) üblich sind. Die Revision macht selbst nicht geltend, dass die Eltern der Klägerin bei der Anmietung einer im Jahre 1966 errichteten Wohnung damit rechnen konnten, dass die Innentürverglasungen aus Sicherheitsglas bestanden, zumal nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Ausstattung mit Sicherheitsglas auch für einen Laien erkennbar ist, weil sich an dem Glaseinsatz bei Sicherheitsglas ein entsprechender Stempel befindet. Mieteten die Eltern der Klägerin mit drei Kleinkindern eine Wohnung, die den geltenden baurechtlichen Sicherheitsvor- schriften im Hinblick auf die Wohnungsinnentüren entsprach, so konnte dies nicht dazu führen, dass sich die Verkehrssicherungspflichten des Vermieters dahingehend erhöhten, nunmehr besondere (klein-)kindgerechte Sicherheitsvorkehrungen einbauen zu müssen. Es mag zwar wünschenswert sein, in künftigen baurechtlichen Vorschriften zum Schutz von Kindern und älteren Menschen , bei denen eine erhöhte Gefahr besteht, dass sie in Wohnungen zu Fall kommen, den Einbau von Sicherheitsglas vorzusehen. Solange dies jedoch noch nicht der Fall ist, treffen den Vermieter diesbezüglich im Regelfall keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten.

III.

14
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 10.08.2004 - 13 C 372/04 -
LG Siegen, Entscheidung vom 02.08.2005 - 1 S 151/04 -

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 189/05 Verkündet am:
16. Mai 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Vermieter einer Wohnung verstößt nicht gegen seine Verkehrssicherungspflicht,
wenn er die mit einem Glasausschnitt versehenen Zimmertüren der Wohnung, die
insoweit den baurechtlichen Vorschriften entspricht, bei einer Vermietung an eine
Familie mit Kleinkindern nicht mit Sicherheitsglas nachrüsten lässt.
BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - VI ZR 189/05 - LG Siegen
AG Siegen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Mai 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner, die
Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 2. August 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die am 28. April 2001 geborene Klägerin nimmt den Beklagten als Vermieter der Wohnung ihrer Eltern auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Die Eltern der Klägerin sind seit 1. November 2001 Mieter einer 6-Zimmer-Wohnung in einem Anwesen des Beklagten , das im Jahre 1966 errichtet worden ist. Seit 1986 handelt es sich bei den Wohnungen um Sozialwohnungen im Sinne der §§ 4 und 5 des Wohnungsbindungsgesetzes , deren Bezug eine Personenzahl von 5 erfordert, damit von der Gemeinde ein entsprechender Berechtigungsschein ausgestellt wird. Die Familie der Klägerin lebt dort mit zwei Erwachsenen und drei Kleinkindern.
2
Am 22. März 2003 lief die Klägerin beim Spielen mit ihrer Schwester gegen eine in der Wohnung befindliche Kinderzimmertür. Die Tür bestand aus einem Holzrahmen mit einem Glasausschnitt, der im unteren Bereich in einer Höhe von 40 cm begann. Bei dem Glas handelte es sich nicht um Sicherheitsglas. Bei dem Unfall fiel die Klägerin mit Kopf und Schultern in die Scheibe. Dadurch gelangte ein winziges Teil aus der zerbrochenen und zersplitterten Scheibe in das linke Auge der Klägerin, wodurch die Klägerin die Sehkraft des linken Auges nahezu vollständig verlor.
3
Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Zwar treffe den Vermieter grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Mieter einer Wohnung. Dabei habe der Verkehrssicherungspflichtige aber nur solche Gefahrenquellen zu beseitigen bzw. vor ihnen zu warnen, die von den Verkehrsteilnehmern trotz gebotener Eigensorgfalt nicht ohne weiteres erkennbar seien oder auf die sie sich nicht ohne weiteres einstellen könnten. Art und Umfang der Verkehrssicherungspflicht bestimmten sich nicht nur nach der Intensität der Gefahr, sondern auch nach den Sicherheitserwartungen des Verkehrs. Danach dürfe der Mieter einer Wohnung sich nicht darauf verlassen, dass Glasausschnitte in Zimmertüren mit Sicherheitsglas ausgestattet seien. Dahingehende baurechtliche Vorschriften hätten weder bei Errichtung der Wohnungen im Jahr 1966 noch bei Einzug der Familie der Klägerin noch zum Zeitpunkt des Unfalles existiert. Besondere Umstände, die eine über die baurechtlichen Vorschriften hinausgehende Verpflichtung des Verkehrssicherungspflichtigen erforderten, seien nicht erkennbar. Der Beklagte habe zwar gewusst, dass die Wohnung von einer Familie mit drei Kleinkindern bewohnt werde, habe aber nicht ernstlich damit rechnen müssen, dass ein Mieter "durch eine solche Scheibe" gehe. Es werde nicht behauptet, dass solche Vorfälle bereits zuvor vorgekommen seien. Zur Abwehr von Gefahren für die Kinder sei in erster Linie der Aufsichtspflichtige zuständig. Wenn die Eltern der Klägerin auf die Ausstattung mit Sicherheitsglas Wert gelegt hätten, hätten sie nachfragen oder die Tür entsprechend überprüfen müssen. Auch für einen Laien wäre eine Ausstattung mit Sicherheitsglas an der Stempelung erkennbar gewesen. Mieter könnten nicht davon ausgehen, dass Zimmertüren einer im Jahre 1966 errichteten Wohnung mit Sicherheitsglas ausgestattet seien. Da der Gesetzgeber bis heute nicht die Ausstattung von Glastürausschnitten mit Sicherheitsglas verlange, handele es sich auch nicht um ein dringendes Sicherheitsbedürfnis, welches den Sicherungspflichtigen ausnahmsweise zu nachträglichen Maßnahmen verpflichtete.

II.

5
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Verstoß des Beklagten gegen die ihm als Vermieter obliegenden Verkehrssicherungspflichten verneint.
6
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern (vgl. etwa Senatsurteile vom 19. Dezember 1989 - VI ZR 182/89 - VersR 1990, 498, 499; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - VersR 2002, 247, 248; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - VersR 2003, 1319 und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - VersR 2006, 233, 234, jeweils m.w.N.; vgl. auch BGHZ 121, 367, 375 und BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/95 - VersR 1997, 109, 111). Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.
7
2. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (vgl. Senatsurteil vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO m.w.N.). Deshalb muss nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die Schädigung anderer tunlichst abzuwenden (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 1978 - VI ZR 98/77 - und - VI ZR 99/77 - VersR 1978, 1163, 1165; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F., jetzt § 276 Abs. 2 BGB n.F.) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (vgl. Senatsurteile vom 16. Februar 1972 - VI ZR 111/70 - VersR 1972, 559, 560; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO). Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen , die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise - hier der Wohnungsvermieter - für ausreichend halten darf, um andere Personen - hier: Mieter und deren Kinder - vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind; Voraussetzung für eine Verkehrssicherungspflicht ist, dass sich vorausschauend für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden können (vgl. Senatsurteile vom 12. Februar 1963 - VI ZR 145/62 - VersR 1963, 532; vom 19. Mai 1967 - VI ZR 162/65 - VersR 1967, 801; vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 447/00 - aaO; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO).
8
Kommt es in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen , aber nur unter besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war, ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden , so muss der Geschädigte - so hart dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen. Er hat ein "Unglück" erlitten und kann dem Schädiger kein "Unrecht" vorhalten (vgl. Senatsurteile vom 15. April 1975 - VI ZR 19/74 - VersR 1975, 812; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 155/02 - aaO und vom 8. November 2005 - VI ZR 332/04 - aaO).
9
3. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht eine Haftung des Beklagten verneint.
10
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass baurechtliche Vorschriften, nach denen Zimmertüren mit Glasausschnitten in Wohnun- gen mit Sicherheitsglas ausgestattet werden müssen, weder zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnungen im Jahre 1966 existierten, noch zum Zeitpunkt des Einzugs der Familie der Klägerin im Jahre 2001, noch zum Zeitpunkt des Unfalls im Jahre 2003. Nach § 40 Abs. 2 Bauordnung NW ist lediglich geregelt, dass Glastüren und andere Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, so zu kennzeichnen sind, dass sie leicht erkannt werden können. Für größere Glasflächen können zwar Schutzmaßnahmen zur Sicherung des Verkehrs verlangt werden, wobei für Glasflächen , die bis zum Fußboden reichen, jedoch keine besonderen Eigenschaften des Glases vorgeschrieben sind, sondern lediglich eine entsprechende Markierung.
11
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen handelte es sich bei der Tür, an der sich die Klägerin verletzt hat, nicht um eine bis zum Fußboden herabreichende Glastür, sondern um eine Zimmertür mit einem Glasausschnitt, der erst in einer Höhe von 40 cm begann. Die Revision macht selbst nicht geltend, dass die Zimmertür insoweit nicht den einschlägigen baurechtlichen Vorschriften entsprochen habe.
12
Insofern ist der vorliegende Fall anders gelagert als derjenige, der dem Senatsurteil vom 31. Mai 1994 - VI ZR 233/93 - (VersR 1994, 996, 997) zugrunde lag. Dort war der Geschädigte im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses beim Hinuntergehen auf der letzten Stufe einer aus Marmorstufen bestehenden Treppe gestürzt und mit dem Arm in eine aus gewöhnlichem Fensterglas bestehende Verglasung einer Treppenhausaußenwand gefallen. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, dass in diesem Fall baurechtliche Vorschriften bestanden, die besondere Sicherheitsvorkehrungen geboten hätten. Nach § 36 Abs. 7 Bauordnung NW sind Fenster, die unmittelbar an Treppen liegen und deren Brüstungen unter der notwendigen Geländerhöhe liegen, zu sichern. Grund hierfür ist, dass bei einem Treppenhaus zum einen die Gefahr eines Hinabstürzens in die Tiefe und zum anderen eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, dass dort jemand zu Fall kommt, wobei im damals entschiedenen Fall hiermit ernstlich zu rechnen war, weil auf der unteren Stufe der Treppe ein nur 1,25 m breites Podest bis zur Außenwand vorgelagert war und sich kurze Zeit zuvor ein Vorfall ereignet hatte, bei dem das Fensterglas der Außenwand zu Bruch gegangen war.
13
Im vorliegenden Fall lagen nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keine besonderen Umstände vor, welche eine über die baurechtlichen Vorschriften hinausgehende Verkehrssicherungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Zimmertüren begründen konnten. Insbesondere waren keine ähnlichen Vorfälle seit Vermietung der Wohnungen im Jahr 1966 bekannt. Allein aus der Kenntnis der Beklagten, dass die Wohnung von einer Familie mit drei Kleinkindern bewohnt wird, kann sich entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes ergeben. Entsprach nach den baurechtlichen Vorschriften die Mietwohnung im Hinblick auf ihre Ausstattung mit verglasten Wohnungsinnentüren der Normalbeschaffenheit, so oblag es den obhutspflichtigen Eltern der Klägerin zu entscheiden, ob sie unter den gegebenen Umständen eine solche Wohnung anmieten und für weitergehende (klein-)kindgerechte Schutzvorkehrungen sorgen wollten, wie sie auch in anderen Bereichen (z.B. Steckdosensicherungen , Schutzgitter, Kantenschutz etc.) üblich sind. Die Revision macht selbst nicht geltend, dass die Eltern der Klägerin bei der Anmietung einer im Jahre 1966 errichteten Wohnung damit rechnen konnten, dass die Innentürverglasungen aus Sicherheitsglas bestanden, zumal nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Ausstattung mit Sicherheitsglas auch für einen Laien erkennbar ist, weil sich an dem Glaseinsatz bei Sicherheitsglas ein entsprechender Stempel befindet. Mieteten die Eltern der Klägerin mit drei Kleinkindern eine Wohnung, die den geltenden baurechtlichen Sicherheitsvor- schriften im Hinblick auf die Wohnungsinnentüren entsprach, so konnte dies nicht dazu führen, dass sich die Verkehrssicherungspflichten des Vermieters dahingehend erhöhten, nunmehr besondere (klein-)kindgerechte Sicherheitsvorkehrungen einbauen zu müssen. Es mag zwar wünschenswert sein, in künftigen baurechtlichen Vorschriften zum Schutz von Kindern und älteren Menschen , bei denen eine erhöhte Gefahr besteht, dass sie in Wohnungen zu Fall kommen, den Einbau von Sicherheitsglas vorzusehen. Solange dies jedoch noch nicht der Fall ist, treffen den Vermieter diesbezüglich im Regelfall keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten.

III.

14
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 10.08.2004 - 13 C 372/04 -
LG Siegen, Entscheidung vom 02.08.2005 - 1 S 151/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 332/04
vom
20. Dezember 2005
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2005 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Die als Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des erkennenden Senats vom 8. November 2005 zu wertende Eingabe der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung.

Gründe:

Der erkennende Senat hat den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert in Übereinstimmung mit der unbeanstandet gebliebenen Entscheidung der Vorinstanz auf 5.800,82 € festgesetzt. Davon entfielen auf die Feststellungsklage 1.533,88 € (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. Juli 2004). Durch diese Festsetzung, die auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend ist (§§ 61 Abs. 1, 32 Abs. 1 RVG), werden die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nicht entgegen der gesetzlichen Regelung beschwert. Eine Grundlage für eine höhere Bewertung der geltend gemachten Feststellungsklage ist nicht ersichtlich und nicht dargetan.
Zwar ist richtig, dass der Kläger nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils vorgetragen hat, er leide aufgrund des Tinnitus unter erheblichen Konzentrationsstörungen, so dass er in der Ausübung seines Berufs erheblich eingeschränkt sei. Ebenso sei seine Lebensqualität durch den Tinnitus erheblich beeinträchtigt. Das gestattet jedoch nicht die Annahme eines höheren als des festgesetzten Streitwerts. Vortrag des Klägers, mit welchem er Ansprüche wegen dieser Beeinträchtigung im Wege der Feststellungsklage bewertbar dargelegt hätte, zeigt die Gegenvorstellung nicht auf.
Müller Greiner Wellner
Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 223/06
vom
25. September 2007
in dem Rechtsstreit
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 31.Oktober 2006 wird zurückgewiesen, weil sie nicht aufzeigt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO; vgl. Senatsurteile vom 26. Februar 2002 – VI ZR 288/00 – VersR 2002, 996 und vom 28. Januar 2003 – VI ZR 263/02 – VersR 2003, 452). Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 S. 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO). Streitwert: 75.264,66 € Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
LG Ansbach, Entscheidung vom 24.02.2006 - 2 O 681/05 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 31.10.2006 - 9 U 812/06 -

Vorinstanzen:
LG Ansbach, Entscheidung vom 24.02.2006 - 2 O 681/05 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 31.10.2006 - 9 U 812/06 -

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.