Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil, 20. Dez. 2013 - 4 U 121/11
Gericht
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 26.08.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Kiel vom 26.08.2011 sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I.
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Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1) als pharmazeutische Unternehmerin und die in Großbritannien ansässige Beklagte zu 2) als Herstellerin des Medikaments VIOXX auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte zu 1) vertrieb das Schmerzmittel VIOXX nach dessen arzneimittelrechtlicher Zulassung am 19. November 1999 bis zum 30. September 2004 unter eigenem Namen in Deutschland. Das Medikament VIOXX basiert auf dem Wirkstoff Rofecoxib. Rofecoxib gehört zur Klasse der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Zu dieser Klasse von Schmerzmitteln gehören u.a. auch Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen. In der Gebrauchs- und Fachinformation für das Medikament VIOXX (vgl. Gebrauchsinformation November 2001, Anlage B 121, Anlagenband, zukünftig AB) heißt es u.a.: „Anwendungsgebiete Behandlung von Symptomen (z.B. Schmerz und Entzündung) bei Reizzuständen degenerativer Gelenkerkrankungen (Arthrosen) oder rheumatischer Arthritis (chronischer Polyarthritis) bei Erwachsenen“). Zur Dosierung findet sich in der Gebrauchsinformation (Stand November 2001, Anlage B 121 AB) der Hinweis: „Wie viele und wie oft sollten Sie VIOXX 25 mg Tabletten anwenden?
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Degenerative Gelenkerkrankungen (Arthrosen)
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Rofecoxib wird in Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung dosiert. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 12,5 mg Rofecoxib; dafür stehen VIOXX 12,5 mg Tabletten zur Verfügung. Bei manchen Patienten, die eine höhere Wirkstoffkonzentration benötigen, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, kann die Dosis auf 1 Tablette VIOXX 25 mg gesteigert werden. Diese Tageshöchstdosis sollte nicht überschritten werden.
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Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis)
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Die Tagesdosis beträgt 1 VIOXX 25 mg Tablette (entsprechend 25 mg Rofecoxib). Diese Dosis sollte nicht überschritten werden…“
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Im Dezember 2000 wurde die von einem Konzernunternehmen der Beklagten … in Auftrag gegebene sogenannte VIGOR-Studie (vgl. Bl. 653 f d.A.) veröffentlicht, die ergab, dass eine Patientengruppe, die VIOXX 50 mg täglich eingenommen hatte, im Vergleich zu einer Patientengruppe, die stattdessen zweimal 500 mg Naproxen täglich erhalten hatte, ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie einen Herzinfarkt aufwies. Die Verfasser der Studie diskutierten u.a, dass Naproxen eine antithrombotische Wirkung aufweise. Im Jahr 2001 wurde angesichts der Ergebnisse der VIGOR-Studie in die Fach- bzw. Gebrauchsinformation von VIOXX hinsichtlich der Nebenwirkungen des Medikaments der Hinweis auf den Herzinfarkt aufgenommen (Anlagen B 120, 121, AB): „Herz-Kreislauf-System: Häufig: Bluthochdruck (Hypertonie). Sehr selten: Herzleistungsschwäche (Herzinsuffizienz). Einzelfälle: Herzinfarkt (ursächlicher Zusammenhang nicht nachgewiesen).“
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Die Europäische Kommission führte von 2002 bis 2004 ein Risikobewertungsverfahren zu den COX-2-Hemmern, darunter Rofecoxib, durch; die europäische Arzneimittelagentur EMEA stufte hiernach im Jahr 2004 das Nutzen-Risiko-Verhältnis der COX-2-Hemmer als günstig ein (vgl. Anlage B 107, AB). Ein amerikanisches Konzernunternehmen der Beklagten ließ eine Langzeitstudie, die sogenannte APPROVe-Studie (Adenomatous Polyp Prevention on VIOXX; New England Journal of Medicine 2005, 352), durchführen, in der die Auswirkungen der Einnahme von VIOXX 25 mg auf den Magen-Darm-Trakt geprüft werden sollte im Vergleich zu einer Patientengruppe, die lediglich Placebos erhielt. Dabei handelte es sich um eine verblindete, randomisierte klinische Prüfung. In APPROVe zeigte sich, dass nach den ersten 18 Monaten einer täglichen Einnahme von VIOXX 25 mg ein gradueller Anstieg des relativen Risikos für bestätigte kardiovaskuläre Ereignisse gegenüber der Einnahme von Placebo besteht. Daraufhin nahm die Unternehmensgruppe der Beklagten am 30. September 2004 das Medikament VIOXX weltweit vom Markt.
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Im Rahmen einer sodann im Jahr 2004 veröffentlichten Studie (J. et al., Risk of cardiovascular events and rofecoxib: cumulative meta-analysis, Lancet 2004, 2021 ff) vertraten deren Autoren die Auffassung, dass die im Zusammenhang mit der VIGOR-Studie geäußerte Annahme der antithrombotischen Wirkung von Naproxen falsch gewesen, vielmehr davon auszugehen gewesen sei, dass das kardiovaskuläre Risiko von VIOXX erhöht sei.
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Der im Jahr 1953 geborene Kläger hatte im Oktober 2000 infolge eines Motorradunfalls eine Querschnittslähmung unterhalb D 7 mit Blasen- und Mastdarmlähmung erlitten und ist seitdem rollstuhlpflichtig. Am 15. März 2003 trat bei dem Kläger gegen 02.00 Uhr ein Myokardinfarkt auf (vgl. ärztliches Attest … Anlage K 1, AB Part.), der vom Notarzt lysiert werden konnte...
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Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:
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Er habe von seinem Hausarzt … bzw. dessen Vorgänger im Zeitraum vom 19. April 2001 bis in den Herbst 2003 das Medikament VIOXX 25 mg für eine einmal tägliche Einnahme verordnet erhalten. Er habe zwischen dem 19. April 2001 und dem Herzinfarkt am 15. März 2003 täglich VIOXX 25 mg eingenommen. Der erlittene Herzinfarkt sei auf die Einnahme von VIOXX zurückzuführen; er habe keinerlei Risikoprofil für einen Herzinfarkt aufgewiesen. Er habe in der Folgezeit nach dem Herzinfarkt zunächst bis zum Herbst 2003 VIOXX weiter eingenommen und dann das Medikament Novaminsulfon erhalten, das er nebenwirkungsfrei einnehme. Dieses Arzneimittel sei auch schon zum Zeitpunkt der erstmaligen Verschreibung von VIOXX verfügbar gewesen. Bereits im Jahr 2000 sei erkennbar gewesen, das VIOXX wegen des erhöhten Risikos für kardiovaskuläre Ereignisse ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Profil aufweise und deshalb schon sehr viel früher vom Markt hätte genommen werden müssen, als dies tatsächlich geschehen sei. Auf das Herzinfarktrisiko bei Einnahme von VIOXX hätte unmissverständlich in der Gebrauchsinformation hingewiesen werden müssen…
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Der Kläger hat beantragt,
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1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine billige Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 37.500,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2007 - Beklagte zu 1. - bzw. seit Rechtshängigkeit - Beklagte zu 2. - zu bezahlen;
2. die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.419,19 € zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klagschrift zu bezahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie haben im Wesentlichen behauptet, dass für die Einnahme von VIOXX 25 mg beim Kläger keine Indikation bestanden habe. Die Beklagten haben bestritten, dass der Kläger in dem von ihm behaupteten Umfang VIOXX eingenommen habe bzw. haben andererseits behauptet, dass der Kläger das Medikament überdosiert eingenommen habe. Der Kläger habe ein ausgesprochen hohes Risikoprofil für das Erleiden eines Herzinfarktes aufgewiesen. VIOXX habe gegenüber vielen anderen NSAR den Vorteil, dass es nicht zur Schädigung des Magen-Darm-Traktes führe. VIOXX sei als selektiver COX-2-Inhibitor entwickelt worden. Bei nicht selektiven COX-2-Hemmern wie Diclofenac oder Ibuprofen komme es bei vielen Patienten bei längerfristiger Einnahme gleichzeitig zu Schädigungen des Magen-Darm-Trakts. Dieses Risiko bestehe bei dem selektiven COX-2-Inhibitor nicht.
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Wegen des weiteren Parteivorbringens erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 5. Dezember 2008 (Bl. 339 d. A.) durch ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 27.04.2010 (Bl. 627 ff d.A.), das der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10. Juni 2011 (Bl. 728 ff d.A.) erläutert hat. Das Landgericht hat seine klageabweisende Entscheidung, auf die wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage sei unbegründet, weil weder die Voraussetzungen des § 84 Abs.1 S. 2 Nr. 1 AMG noch die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG von dem insoweit beweisbelasteten Kläger nachgewiesen seien. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei anzunehmen, dass auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung fraglich sei, ob die selektiven COX-2-Hemmern ein größeres Risiko für das Entstehen eines Herzinfarktes darstellten als die nicht selektiven COX-2-Hemmer. Wenn ein erhöhtes Risiko bestehe, so ließe sich dieses nicht quantifizieren. Es lasse sich lediglich allgemein sagen, dass statistisch die Einnahme von VIOXX im Vergleich zu Personen, die keine Behandlung erhielten bzw. Placebos einnähmen, ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt darstelle. Dies werde durch die von der Beklagtenseite vorgelegten gerichtlichen Gutachten von Prof. Dr. Z. und Prof. Dr. E. aus anderen Verfahren im Wesentlichen bestätigt.
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Bei der gebotenen Nutzen-Risiko-Abwägung im Vergleich zu alternativen Arzneimitteln sei zu berücksichtigen, dass Rofecoxib gegenüber anderen Medikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac durchaus Vorteile aufgewiesen habe. Rofecoxib schädige den Magen-Darm-Trakt nicht, während bekannt sei, dass es bei den nicht selektiven COX-2-Hemmern insbesondere nach längerer Anwendungszeit zu Schädigungen von Magen und Darm kommen könne. Die Ausführungen des Sachverständigen hätten gezeigt, dass es auch heute noch durchaus Anwendungsbereiche für Rofecoxib gebe. Der Sachverständige habe vor dem Hintergrund seiner eigenen Schätzung, dass Rofecoxib im Vergleich zu Patienten, die keine Behandlung oder Placebos erhielten, das Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses um 20 - 30 % erhöhe, ausgeführt, es seien auch bei heutigem Kenntnisstand Fälle denkbar, in denen dieses Risiko durchaus hinnehmbar sei.
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Der Sachverständige habe dazu weiter ausgeführt, er würde nach heutigem Wissensstand bei einem Patienten mit koronarer Herzerkrankung wie dem Kläger zunächst von der Gabe von VIOXX absehen. Erst wenn die Behandlung mit herkömmlichen Schmerzmitteln keine Linderung der Beschwerden bringe oder sich im Lauf der Anwendung Magen-Darm-Probleme herausstellten, würde er einem Patienten auch VIOXX verabreichen. Vor einer Gabe von VIOXX würde er auf jeden Fall den Patienten auf eine evtl. bestehende koronare Herzerkrankung untersuchen und insbesondere prüfen, ob die Beschwerden des Patienten tatsächlich aus dem rheumatoiden Formenkreis herrührten, der den bestimmungsgemäßen Anwendungsbereich von VIOXX darstellte. Diese Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zeigten sehr anschaulich, dass es auch heute noch durchaus Anwendungsbereiche für Rofecoxib gebe, in denen dieses Medikament eingesetzt werden könnte, wobei der Sachverständige betont habe, dass dieses nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen solle. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG stelle auf die allgemeine Nutzen-Risiko-Relation bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eines Medikamentes ab, nicht dagegen auf die Frage, ob nach heutigem Kenntnisstand die Anwendung von VIOXX beim Kläger in einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis gestanden hätte. Deshalb sei es unerheblich, ob dem Kläger aus heutiger Sicht damals VIOXX verordnet worden wäre.
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Die Frage, ob der beim Kläger entstandene Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten sei (§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG), habe der Sachverständige verneint. Der Sachverständige Prof. Dr. M. habe ausgeführt, dass die Kennzeichnung, Fachinformation, und Gebrauchsinformation den damaligen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprochen habe. Der Hersteller habe aufgrund der Ergebnisse der VIGOR-Studie im Jahre 2001 reagiert, die Aufsichtsbehörden informiert und zusätzliche Warnhinweise in den Fachinformationen veranlasst. Die dauerhafte Anwendung von hoher Dosen sei in den Fachinformationen auf akute Schmerzzustände reglementiert und dort ausgeführt worden, dass die Tagesdosis von 25 mg Rofecoxib nicht überschritten werden solle. Auch in die Gebrauchsinformation sei der Hinweis auf Herzinfarkte in Einzelfälle bei nicht nachgewiesenem Zusammenhang aufgenommen worden.
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Die Haftung der Beklagten zu 2. als Herstellerin des Medikaments komme nach § 84 AMG ohnehin nicht in Betracht, weil Verpflichteter lediglich der pharmazeutische Unternehmer sei, der das Medikament in Verkehr gebracht habe. Das sei allein die Beklagte zu 1. Die Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes seien nach § 15 des Produkthaftungsgesetzes auf die Beklagte zu 2. nicht anwendbar. Eine deliktische Haftung der Beklagten zu 2. nach § 15 Abs. 2 Produkthaftungsgesetz i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung der Produktbeobachtungspflicht oder eines Instruktionsverschuldens bestehe nicht, da die maßgeblichen Fach- und Gebrauchsinformationen zum damaligen Zeitpunkt richtig gewesen seien. Es sei insoweit auf die Ausführungen des Sachverständigen zu § 84 Abs.1 Satz 2 Nr. 2 AMG zu verweisen. Es sei auch nicht dargelegt, dass die Produktbeobachtung seitens der Beklagten zu 2. unzureichend gewesen wäre. Der Sachverständige Prof. Dr. M. sei als ehemaliger Leiter einer großen kardiologischen Klinik sowie zugleich als klinischer Pharmakologe in hohem Maße sachkompetent. Seine Ausführungen stünden in Einklang mit gutachterlichen Äußerungen anderer Gutachter in vergleichbaren Verfahren.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit im Wesentlichen den folgenden Berufungsangriffen:
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Das Landgericht verkenne die schädlichen Wirkungen von VIOXX. Das Landgericht habe eine Nutzen-Risiko-Abwägung unter dem Gesichtspunkt, ob ein - nach den Angaben des Sachverständigen - 20 bis 30 % erhöhtes Risiko von thrombotischen Verschlüssen bei einem Schmerzmittel vertretbar sei, nicht vorgenommen. Die möglicherweise letalen Folgen bei der Einnahme von VIOXX seien im Verhältnis zum Nutzen, der Linderung von Rheumaerkrankungen bzw. degenerativen Gelenkerkrankungen, nicht vertretbar. Das Landgericht habe zudem ausgeführt, das Risiko im Vergleich der selektiven COX-2-Hemmer mit den nicht selektiven COX-2-Hemmern lasse sich nicht quantifizieren. Es sei fraglich, ob VIOXX überhaupt ein größeres Risiko für das Entstehen eines Herzinfarkts darstelle als die nicht selektiven COX-2-Hemmer. Damit überspanne das Landgericht die Darlegungslast des Klägers. Eine Quantifizierung der Erhöhung des Risikos sei vom Kläger nicht zu fordern. An die Darlegungslast des Patienten dürften nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Zum anderen sei diese Annahme des Landgerichts durch das Gutachten, die Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen, die wissenschaftlichen Studien sowie die durch die Beklagte vorgelegten gerichtlichen Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren widerlegt. Der Sachverständige habe auf einschlägige Studien hingewiesen, auf deren Grundlage sich das Risiko beziffern lasse, hier sei vor allem die VIGOR-Studie zu nennen. In dieser Studie seien der einen Patientengruppe 50 mg VIOXX verabreicht worden, während die andere Patientengruppe den nicht selektiven COX-2-Hemmer Naproxen (2 x 500 mg täglich) erhalten habe. Diese Studie habe nach den Angaben des Sachverständigen gezeigt, dass schwere thrombotische kardiovaskuläre Ereignisse unter Rofecoxib signifikant häufiger vorkämen. Zudem sei zu beachten, dass die VIGOR-Studie ergeben habe, dass die maximale Wirksamkeit des Wirkstoffs Rofecoxib bereits bei einer Tagesdosis von 25 mg erreicht werde.
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Das Landgericht lasse bei seiner Nutzen-Risiko-Abwägung außer Acht, dass die besonderen Umstände, unter denen der Sachverständige einem Patienten wie dem Kläger, der bereits an einer koronaren Herzerkrankung leide, auch nach heutigem Erkenntnisstand nachrangig noch VIOXX verabreichen würde, beim Kläger nicht vorgelegen hätten. Insbesondere hätte der Kläger nicht unter starken Schmerzen gelitten, die sich nicht durch die Anwendung anderer Arzneimittel hätten lindern lassen. Magen- und Darmunverträglichkeiten hätten beim Kläger nicht vorgelegen. Unter Berücksichtigung des konkreten Erkrankungsbildes des Klägers hätte das Landgericht zu einer Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen kommen müssen.
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Hinsichtlich der Tatsachen, die nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG bei der Nutzen-Risiko-Abwägung zu berücksichtigen seien, sei die Urteilsbegründung widersprüchlich: Zum einen führe das Landgericht aus, die Frage der angemessenen Nutzen-Risiko-Abwägung könne nicht allgemein beantwortet werden, sondern müsse stets das konkrete Erkrankungsbild des Patienten berücksichtigen. Im Gegensatz hierzu führe das Landgericht zur Auslegung des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG aus, es komme auf die allgemeine Nutzen-Risiko-Relation bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Medikaments und nicht auf die Frage an, ob nach heutigem Kenntnisstand die Anwendung von VIOXX beim Kläger in einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis gestanden hätte.
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Die schädlichen Wirkungen von VIOXX würden auch durch ein Schreiben der für die Zulassung von Arzneimitteln zuständigen Behörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, bestätigt. Mit Schreiben vom 22. Juli 2011 habe das Bundesinstitut den Klägervertretern mitgeteilt, der Wirkstoff Rofecoxib sei, wie auch andere nicht steriodale Antirheumatika, mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen verbunden.
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Das Landgericht habe die wissenschaftliche Studie von Levesque et al. bei seiner Abwägung nicht berücksichtigt…
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Eine Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG habe das Landgericht zu Unrecht abgelehnt. Nach den Ergebnissen der VIGOR-Studie sei der Hinweis in den Fachinformationen und Gebrauchsinformationen nicht ausreichend gewesen. Insbesondere habe der Hinweis nicht durch die Ergänzung „Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen" abgeschwächt werden dürfen. Ein den damaligen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechender Hinweis hätte lauten müssen: „Nebenwirkungen: Erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt, besonders bei Patienten mit koronarer Vorerkrankung". Das Landgericht habe seine Annahme, die Gebrauchsinformationen und Fachinformationen hätten dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis entsprochen, allein auf die Aussage des Sachverständigen gegründet. Auf den Antrag des Klägers (Bl. 715 d. A.) hätten zu dieser Frage die Professoren J. und E. als sachverständige Zeugen vernommen werden müssen. Dem Gutachter sei die Studie von Prof. J. und Prof. E. nicht bekannt gewesen. Die beiden Professoren hätten festgestellt, dass spätestens Ende 2000 jene Daten greifbar gewesen seien, die ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch VIOXX belegten. Schließlich verkürze das Landgericht die Reichweite der Instruktionspflichten des Herstellers. Die Beklagte zu 2. sei verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass Warnhinweise hinsichtlich des erhöhten Herzinfarktrisikos erfolgten.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Kiel vom 26.08.2011 -8 O 61/07- aufzuheben
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und
1) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger eine billige Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 37.500,00 € nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2007 - Beklagte zu 1. - bzw. seit Rechtshängigkeit - Beklagte zu 2. - zu bezahlen;
2) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.419,19 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Klageschrift zu bezahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen,
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Sie führen im Wesentlichen aus, das Nutzen-Risiko-Verhältnis von VIOXX sei auch nach heutigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand als positiv zu bewerten. Der Kläger berücksichtige nicht, dass ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko - das bestritten werde - nicht per se zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis führe. In dem vom Landgericht zitierten Gutachten von Prof. Z. stelle dieser fest, dass Rofecoxib auch nach aktuellen Erkenntnissen kein klar negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis zugeordnet werden könne. Prof. E. führe in seinem Gutachten aus, dass sich inzwischen in Studien gezeigt habe, dass alle COX-Inhibitoren das kardiovaskuläre Risiko erhöhten. Dies ergebe sich auch aus dem vom Kläger in der Berufung vorgelegten Schreiben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Anders als der Kläger in der Berufungsbegründung ausführe, lasse sich das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse von Rofecoxib im Vergleich zu dem Risiko bei nicht selektiven COX-2-Hemmern nicht auf Grundlage der VIGOR-Studie quantifizieren. Die Ergebnisse der Studien seien insofern nicht eindeutig, weil nicht zu klären sei, ob das erhöhte Risiko kardiovaskulärer Ereignisse auf eine kardioprotektive Wirkung von Naproxen und/oder die erhöhte Dosierung von Rofecoxib zurückzuführen sei. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten bestätigt, dass Aussagen über die kardiovaskulären Effekte von VIOXX im Bereich der Standarddosierung nicht vorlägen. Vielmehr sei bei einer Fall-Kontroll-Studie von Graham et al. aus dem Jahre 2005 keine signifikante Erhöhung der kardiovaskulären Mortalität beobachtet worden. Die Nutzen-Risiko-Abwägung im Sinne von § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG beziehe sich auf die gesamte durch die Indikation eines Arzneimittels festgelegte Patientenpopulation. Es sei daher unerheblich, ob der Sachverständige dem Kläger nach heutigem Erkenntnisstand noch Rofecoxib verordnen würde. Hinsichtlich der Studie von Levesque et al bringe der Kläger schon nicht vor, dass diese tatsächlich zu einer anderen Entscheidung führen würde. Das Gegenteil sei der Fall. Ein etwaiges erhöhtes kardiovaskuläres Risiko führe auch unter Zugrundelegung dieser Studie nicht per se zu einem negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis. Zudem handele es sich bei der Studie nicht um eine kontrollierte klinische Prüfung, sondern um eine Beobachtungsstudie.
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Die Fach- und Gebrauchsinformationen für VIOXX hätten den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Die Ergebnisse der VIGOR-Studie seien ordnungsgemäß in den Fach- und Gebrauchsinformationen aufgenommen worden, Sie hätten keine Grundlage für die Annahme geboten, dass VIOXX thrombotische kardiovaskuläre Ereignisse verursache. Die Ergebnisse der Studie seien schwer zu interpretieren, da diese zum einen nicht spezifisch dafür konzipiert worden sei, kardiovaskuläre Risiken nachzuweisen, da es keine Placebo-Kontrolle gegeben habe, so dass sich nicht sagen ließe, ob VIOXX das Risiko thrombotischer kardiovaskulärer Ereignisse erhöhe oder Naproxen das Risiko senke. Schließlich sei zu beachten, dass VIOXX in einer Dosierung von 50 mg verabreicht worden sei…
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Der Senat hat in dem Termin vom 02.10.2013 Beweis erhoben (vgl. Bl. 851 - 866 d.A.) durch Anhörung des Klägers, Vernehmung der Zeugin … zur Einnahme von VIOXX-Tabletten durch den Kläger und Einholung eines ergänzenden und erläuternden mündlichen Gutachtens des bereits vor dem Landgericht tätigen Sachverständigen Prof. Dr. M.
II.
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Die zulässige, insbesondere nach den §§ 511, 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers gegen die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts hat auch nach weiterer Beweisaufnahme durch den Senat keinen Erfolg.
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Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten zu 1) und 2) aus § 84 Abs. 1 AMG oder einem anderen Rechtsgrund nicht nachgewiesen. Nach § 84 Abs. 1 S. 2 AMG in der vom 01.08.2002 bis 31.11.2005 geltenden Fassung (nach Art. 229 EGBGB § 8 findet diese Anwendung auf alle Schadensfälle, die sich - wie hier - nach dem 31.07.2002 ereignet haben) besteht die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (Nr. 1) oder der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist (Nr. 2), was jeweils vom Geschädigten nachzuweisen ist, wobei dessen Substantiierungslast ermäßigt ist, um ein Leerlaufen der Haftung zu vermeiden (vgl. BGH NJW 1991, 2351 f).
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A. Haftung der Beklagten zu 1)
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1) Eine Haftung der Beklagten zu 1) aus § 84 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 AMG besteht nicht, weil dessen Voraussetzungen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Senats feststehen.
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a) Die Beklagte zu 1) ist nach § 84 Abs. 1 AMG passivlegitimiert, weil sie pharmazeutischer Unternehmerin i.S.d. §§ 84, 4 Nr. 17 AMG ist, nämlich das Arzneimittel VIOXX in Deutschland als Inhaberin der Zulassung unstreitig in den Verkehr gebracht hat.
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b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - der Anhörung des Klägers und der Vernehmung der Zeugin M. im Termin vom 02.10.2013 - steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im Zeitraum vom 19.04.2001 - 14.03.2003 täglich eine 25 mg Tablette VIOXX eingenommen hat. Dies ist vom Kläger und der Zeugin glaubhaft bestätigt worden. Hiernach ist weiterhin die von den Beklagten behauptete Überdosierung von VIOXX bei dem Kläger nicht nachgewiesen, da diese von der Zeugin nicht bestätigt worden ist.
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c) Nach dem weiteren Ergebnis der Beweisaufnahme, dem Inhalt des vor dem Landgericht schriftlich und mündlich erstatteten und vor dem Senat ergänzten und erläuterten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M., gehen die schädlichen Wirkungen von VIOXX bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinaus, § 84 Abs. 1 S. 2 Nr.1 AMG.
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aa) Diese Vertretbarkeit ist durch eine auf die jeweilige Indikation des Medikaments bezogene Nutzen-Risiko-Abwägung zu ermitteln (BGH, NJW 1991, 2352; Sander, AMG, Kommentar § 84 AMG Erl. 14; Kloesel/Cyran, Arzneimittelgesetz, Kommentar, Loseblatt, § 84 Anm. 26). Im Rahmen dieser Abwägung sind der therapeutische Wert (Nutzen) und die schädlichen Wirkungen (Risiko) zu ermitteln, um diese in einem weiteren Schritt gegeneinander abzuwägen (Hart, Rechtsgutachten, BT Drs. 12/8591, S. 545 f.; Rehmann, AMG, Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 5 Rdnr. 2).Hinsichtlich der schädlichen Wirkungen kommt es nach zutreffender Ansicht auf den Zeitpunkt der jetzigen Beurteilung an (OLG Stuttgart VersR 1990, 633; Deutsch/Lippert, Kommentar zum AMG, 3. Aufl. 2010, § 84 Rdnr. 16; Sander, aaO, § 84 AMG Erl. 14; Kullmann/Pfister, Produzentenhaftung 3800, S. 34), denn andernfalls läge eine Verschuldens- und keine Gefährdungshaftung vor, was vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Lediglich hinsichtlich der Frage, welche Arzneimittel zur Behandlung bei dieser Indikation alternativ zur Verfügung gestanden hätten, ist der Zeitpunkt des Inverkehrbringens des zu beurteilenden Medikaments maßgeblich (Rehmann, aaO, § 84 Rdnr. 5; Prütting-Guttmann, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 2010, § 84 Rdnr. 3; Sander, aaO § 84 AMG Erl. 14; Spickhoff-ders., Medizinrecht, 1. Aufl. 2011, § 84 Rdnr. 18; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 6. Aufl. 2008, Rdnr. 1494). Es ist mithin zu prüfen, ob die heute bekannten schädigenden Wirkungen des Medikaments VIOXX unter Berücksichtigung von dessen Nutzen und der bei Markteinführung bekannten Therapiealternativen vertretbar gewesen wären, also das Medikament hätte zugelassen werden dürfen. Maßgebliche Gesichtspunkte für die Beurteilung dieses Nutzen-Risiko-Verhältnisses sind damit der therapeutische Wert des Medikaments unter Berücksichtigung der Schwere der Indikation, die im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Medikaments bestehenden Behandlungsalternativen und die nun bekannten Nebenwirkungen des Arzneimittels VIOXX, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten. Für den Abwägungsvorgang gilt: Je größer die Wirksamkeit und je schwerer die zu behandelnde Krankheit, desto wahrscheinlicher und schwerer dürfen die Nebenwirkungen sein.
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Nach der vom Senat geteilten Auffassung des Landgerichts und abweichend von dem vom Kläger vertretenen Standpunkt ist die Nutzen-Risiko-Abwägung abstrakt-generell bezogen auf die Gesamtheit der durch die vom pharmazeutischen Unternehmer eröffnete Indikation und Gegenindikation betroffenen Patienten durchzuführen und nicht bezogen auf den konkreten Fall oder auf Untergruppen - hier etwa solche mit koronaren Herzerkrankungen - innerhalb der durch Indikation/Gegenindikation angesprochenen Patientengruppe (so wohl BGH, VersR 1990, S. 634; Deutsch, VersR 1988, S. 872; Flatten, MedR 1993, S. 463; Wagner, VersR 2001, S. 1340; Vogeler, MedR 1984, S. 133). Hierfür spricht, dass die Haftungseinschränkung in § 84 Abs.1 S. 2 Nr. 1 AMG in ihrer Formulierung auf die Definition eines bedenklichen Arzneimittels in § 5 Abs. 2 AMG Bezug nimmt. § 5 AMG enthält das Verbot, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen. Die nach § 5 AMG vorzunehmende Abwägung erfolgt jedoch unstreitig nach abstrakt-generellen Kriterien. Zudem findet sich in der Gesetzesbegründung der Hinweis, ein Anspruch sei begründet, wenn die schädlichen Wirkungen eines Arzneimittels „objektiv“ über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgingen (BT-Drs. 7/3060, S. 61). Weiter heißt es, die Abwägung sei entsprechend § 5 AMG vorzunehmen (BT-Drs. 7/3060, S. 61). Auch wenn sich innerhalb der Gesamtheit der in die Indikation fallenden Patienten abgrenzbare Untergruppen bilden ließen und sich bei isolierter Betrachtung einer Untergruppe - etwa der Gruppe mit koronarer Vorerkrankung - für diese eine Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen ergäbe, so führte dies nicht zwingend zu einer Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen in Bezug auf die Gesamtheit der angesprochenen Patienten (BT-Drs. 12/8591, S. 163). Bezogen auf die Gesamtheit der Patienten kann die Nutzen-Risiko-Abwägung insgesamt auch dann noch positiv ausfallen (BT Drs. 12/8591, S. 163).
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bb) Die Nutzen-Risiko-Abwägung ist nach zutreffender Ansicht (vgl. Spickhoff, Medizinrecht, 2011, § 84 AMG, Rdnr. 17) vom Senat vorzunehmen und nicht (allein) dem medizinischen Sachverständigen zu überlassen, da die Abwägung als Wertung eine genuin juristische Aufgabe ist, die sich allerdings an den Standards der Medizin orientieren sollte.
- 48
cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. im Termin vom 02.10.2013 sind der Abwägungsentscheidung des Senats die folgenden Aspekte zugrunde zu legen: Bei der Indikation für die Einnahme von VIOXX handelt es sich um eine leichte Indikation, da das Medikament für die Zeit der regelmäßigen Einnahme und eine gewisse Nachwirkungszeit eine Symptomlinderung bei (rheumatischen) Beschwerden - nicht deren Heilung - bewirkt. Nach der in Lancet 2013 publizierten Metaanalyse hat Rofecoxib (VIOXX) mit einem Faktor von 2,32 gegenüber anderen NSAR - etwa Indometacin (Faktor 4,14) - deutlich geringere Nebenwirkungen im gastrointestinalen Bereich. Das Risiko von gastrointestinalen Nebenwirkungen ist bei Naproxen in der gebotenen hohen Dosierung doppelt so hoch wie bei Rofecoxib, so dass dieses Medikament keine Alternative zu Rofecoxib gewesen wäre. Alle NSAR mit Ausnahme von Naproxen erhöhen das kardiovaskuläre Risiko des Patienten. Die kardiovaskulären Nebenwirkungen liegen bei den NSAR - darunter auch VIOXX - in einem relativ geringen Bereich (etwa Rofecoxib = VIOXX Faktor 1,34 und Diclofenac Faktor 1,38). Das Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit um das Eintreten von koronaren Herzerkrankungen um den Faktor 4, Bluthochdruck und die Einnahme von Östrogenpräparaten steigern dieses Risiko jeweils um den Faktor 2. Gemessen an dem therapeutischen Nutzen ist das kardiovaskuläre Risiko bei den NSAR verhältnismäßig gering. Bei einem Jahr Behandlung mit einem NSAR treten bei 3 von 1000 Patienten kardiovaskuläre Erkrankungen auf, davon 2 mit schweren Nebenwirkungen (hiervon eine tödlich). Das - vom Kläger später nach Absetzen von VIOXX genommene - Medikament Novaminsulfon ist ein Schmerzmittel, das bei rheumatischen Beschwerden keine guten Wirkungen zeigt, sich nicht für eine Langzeittherapie eignet. Das Risiko für einen kardiovaskulären Tod ist bei Ibuprofen (Faktor 1,9) gegenüber Rofecoxib (Faktor 1,58) deutlich gesteigert. Das Medikament VIOXX weist ein den zugelassenen Antirheumatika (NSAR) vergleichbares Nutzen- und Risikoprofil auf, ist genauso ausgewogen oder so wenig ausgewogen wie die zugelassenen Antirheumatika. Wenn man VIOXX nicht zuließe, müsste man die anderen Antirheumatika in gleicher Weise behandeln. Auch wenn durch diese Medikamente lediglich die Symptome (Schmerz) der rheumatischen Beschwerden behandelt werden, sind sie auch unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen unverzichtbar. Der Sachverständige würde das Medikament VIOXX auch unter Berücksichtigung der heutigen Kenntnisse zulassen.
- 49
Diese Ausführungen des Sachverständigen, der als Facharzt sowohl für Kardiologie als auch für Pharmakologie und ehemaliger Leiter einer kardiologischen Klinik in besonderer Weise für die Erstattung eines Gutachtens für die im Rahmen von § 84 Abs. 1 und Abs. 2 AMG sachverständig zu klärenden Fragen geeignet ist, sind überzeugend. Sie sind insbesondere entgegen der von dem Kläger im Schriftsatz vom 25.11.2013 vertretenen Auffassung (S. 6 ff), mit der er seinen hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens begründet, nicht widersprüchlich. Anlass für eine neue Begutachtung durch einen weiteren Sachverständigen nach § 412 Abs. 1 ZPO besteht - sowohl im Hinblick auf die Angaben des Sachverständigen im Rahmen der Beweisfragen zu § 84 Abs. 1 AMG als auch bezogen auf die Ausführungen des Sachverständigen zu Kausalitätsfragen bei § 84 Abs. 2 AMG (hierzu unten 3) - nicht, weil das Gutachten nicht mangelhaft, insbesondere nicht widersprüchlich ist. Vielmehr hat der Sachverständige mit seinen vom Kläger als widersprüchlich zu seinen früheren Angaben bezeichneten Ausführungen vor dem Senat zu § 84 Abs. 1 AMG lediglich den medizinisch-pharma-kologischen Erkenntnisfortschritt nach Erstattung seines Gutachtens vor dem Landgericht durch die in Lancet 2013, 769 - 779 veröffentlichte Metaanalyse von Originaldaten zu dem Risiko von Komplikationen im oberen Gastrointestinaltrakt und in Gefäßen durch nichtsteroidale Antirheumatika („Vascular and upper gastrointestinal effects of non-steroidal anti-inflammatory drugs: meta-analysis of individual participant data from randomised trials“, Onlinepublikation am 30.05.2013) berücksichtigt. Diese neue Studie, deren deutschsprachige zusammenfassende Bewertung durch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (veröffentlicht in Deutsches Ärzteblatt, Jg. 110, Heft 29-30 vom 22.07.2013) der Senat den Parteien im Termin zur Verfügung gestellt hatte, bringt neue Erkenntnisse zu einem bestehenden kardiovaskulären Risiko bei der gesamten Wirkstoffgruppe der NSAR (darunter auch Ibuprofen und Diclofenac mit Ausnahme von Naproxen). Die Ergebnisse dieser ihm bereits bekannten Studie hatte der Sachverständige bei seinen Ausführungen vor dem Senat zu berücksichtigen, was die Abweichungen zu seinen Ausführungen zu § 84 Abs.1 AMG vor dem Landgericht ohne weiteres erklärt.
- 50
dd) Auf der Grundlage dieser Feststellungen des Senats überwiegt bei der vom Senat vorzunehmenden Abwägung der Nutzen von VIOXX die mit ihm verbundenen Risiken. Die schädlichen Wirkungen von VIOXX gehen nicht über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinaus. Bei VIOXX handelt es sich um ein wirksames Medikament zur Linderung von Schmerz, das wie die weiteren NSAR bei den Patienten zu einer relativ geringen Steigerung des kardiovaskulären Risikos führt, wobei dieses - wie oben ausgeführt - auf das gesamte durch Indikation und Gegenindikation des pharmazeutischen Unternehmers umfasste Patientenkollektiv zu beziehen ist. Das mag für Patienten, die wie der Kläger bei der Einnahme des Medikaments bereits unter einem erhöhten koronaren Risiko leiden, zu einem gegenüber dem herzgesunden Patienten erhöhten Risiko einer kardiovaskulären Nebenwirkung führen (was nach den Ausführungen des Sachverständigen zu Protokoll des Senats S. 10 allerdings umstritten ist) und es nahelegen, dass der pharmazeutische Unternehmer (heute) gehalten ist, in der Fach- und Gebrauchsinformation (§§ 11, 11 a AMG) von NSAR auf kardiovaskuläre Risiken hinzuweisen (so wie die europäische Arzneimittelagentur im Jahr 2013 für das rezeptfreie Medikament Diclofenac) und eine ggf. zeitlich begrenzte und laborärztlich überwachte Dauer der Einnahme des Medikaments (vgl. die sachverständigen Ausführungen auf S. 13 des Protokolls) vorzugeben.
- 51
2) Zutreffend hat das Landgericht eine Haftung der Beklagten zu 1) aus § 84 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 AMG verneint. Auch nach weiterer Beweisaufnahme durch den Senat hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen dieses Haftungstatbestandes nicht nachgewiesen. Eine Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG setzt voraus, dass der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. Hierfür sind die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im Zeitpunkt des Inverkehrbringens der jeweiligen Charge des Arzneimittels maßgeblich (BGH, NJW 1989, 1544; Rehmann, aaO, § 84 Rdnr. 6; Sander, aaO, § 84 AMG Erl. 17; Prütting-Guttmann, aaO, § 84 Rdnr. 34). Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Gebrauchsinformation Warnhinweise enthalten, wenn auf Grund der Prüfungsunterlagen oder sonst bekannt gewordener Tatsachen davon auszugehen ist, dass ohne entsprechenden Hinweis beim Verbraucher ein Gesundheitsschaden entstehen kann, wobei hierfür ein ernst zu nehmender Verdacht genügt (BGH, NJW 1989, S. 1544; Prütting-Guttmann, aaO, § 84 Rdnr. 34).
- 52
Der vom Kläger insoweit als haftungsbegründend erhobene Vorwurf, der von der Beklagten zu 1) im Jahr 2001 in die Fachinformation/Gebrauchsinformation aufgenommene Warnhinweis („Nebenwirkungen: …Herz-Kreislauf-System: Einzelfälle: Myokardinfarkt (Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen“) gebe die Erkenntnisse aus der VIGOR-Studie und anderen verfügbaren Daten nicht hinreichend wieder, insbesondere hätte hiernach die Abschwächung („Kausalzusammenhang nicht nachgewiesen“ und „Einzelfälle“) nicht erfolgen dürfen, da ein solcher Kausalzusammenhang schon Ende 2000 erkennbar gewesen sei, hat sich auch nach ergänzender Beweisaufnahme nicht bestätigt.
- 53
a) Nicht nachzugehen war dem mit der Berufungsbegründung wiederholten Begehren des Klägers, die Professoren J. und E. als sachverständige Zeugen zu ihren Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen ihrer im Jahr 2004 veröffentlichten Studie zu hören, ein erhöhtes Herzinfarktrisiko von VIOXX sei bereits 2001 erkennbar gewesen, eine kardioprotektive Wirkung von Naproxen sei hingegen nicht zu beobachten gewesen. Hierbei handelt es sich eine dem Sachverständigenbeweis und nicht der Bekundung sachverständiger Zeugen zuzuführende Beweisfrage, nämlich um die Bewertung des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse bei dem Inverkehrbringen des Arzneimittels und der Bewertung von nach dem Inverkehrbringen bekannt gewordener Forschungsergebnisse zu kardiovaskulären Risiken von VIOXX. Diese Beweisfrage ist durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M., wie nachfolgend aufzuzeigen ist, im Übrigen hinlänglich beantwortet worden.
- 54
b) Nach den vom Landgericht zutreffend gewürdigten und vor dem Senat erläuterten Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. war die Beklagte zu 1) auf der Grundlage der im Jahr 2001 bestehenden Erkenntnisse nicht gehalten, weitergehende Hinweise zu kardiovaskulären Risiken in ihre Fach- und Gebrauchsinformation aufzunehmen:
- 55
Im Jahr 2001 bestand hiernach ein ernst zu nehmender Verdacht für einen Kausalzusammenhang zwischen Myokardinfarkt und der Einnahme von VIOXX nicht. Der Sachverständige hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass im fraglichen Zeitraum nach den Daten der VIGOR-Studie und vor Veröffentlichung der Daten der APPROVe-Studie aus wissenschaftlicher Sicht keine hinreichende Evidenz dafür bestand, dass VIOXX in Tageshöchstdosen von 25 mg einen schädigenden Effekt haben könnte. Hiernach war nicht klar, ob VIOXX das kardiovaskuläre Risiko erhöhe oder Naproxen dieses Risiko mindere. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird im Übrigen Bezug genommen. Bei der nach Marktrücknahme von VIOXX veröffentlichen Studie von J. und E. (Lancet 2004, S. 2021 ff), auf die der Kläger nochmals in der Berufungsbegründung Bezug genommen hat, handelt es sich nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen um eine unkontrollierte Beobachtungsstudie, die Hypothesen generierte, aber nicht bewies; einen sicheren Rückschluss darauf, dass bereits 2001 - 2003 klare Hinweise für kardiovaskuläre Risiken von VIOXX bekannt gewesen sind, erlaubte diese Studie nicht.
- 56
3) Selbst wenn man entgegen der Auffassung des Senats das Vorliegen der Voraussetzungen von § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und/oder § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG bejahte, stünde nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen diesen Sachverhalten zu dem vom dem Kläger am 15.03.2003 erlittenen Herzinfarkt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht fest, was sich zu Lasten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägers auswirkt (vgl. allg. zur Beweislast des Geschädigten für eine (Mit)Ursächlichkeit des Arzneimittels für den Schaden: BGH NJW 2013, 2901 ff).
- 57
a) Zwar greift für einen Ursachenzusammenhang zwischen der Einnahme von VIOXX und dem Herzinfarkt vom 15.03.2003 die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 S. 1 AMG ein. Hiernach wird eine Verursachung des Schadens durch das Arzneimittel vermutet, wenn es nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Die Eignung von VIOXX zur Mitverursachung des Herzinfarkts ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M. zu bejahen: Der Sachverständige geht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass bei dem Kläger ein thrombotischer Verschluss nach einer Plaqueruptur im Bereich der linken Kranzartiere vorgelegen hat (Bl. 657, 731 d.A., Protokoll Landgericht S. 4). Die Plaqueruptur - der entscheidende Faktor für den thrombotischen Verschluss - kann nicht auf das Arzneimittel zurückgeführt werden; das Medikament kann dann allerdings einen Einfluss auf die Gerinnung haben, für die Gerinnselbildung auslösend sein, was nach Loslösung des Plaques über die Frage entscheiden kann, ob diese einen Herzinfarkt verursacht bzw. wie schwer der Herzinfarkt wird (Protokoll Landgericht, S. 4 sowie Protokoll Senat, S. 15). In Anknüpfung an das sich aus den Studien ergebende erhöhte relative Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hat der Sachverständige in dem schriftlichen Gutachten vor dem Landgericht (Bl. 657 d.A.) ausgeführt, dass prinzipiell alle COX-2-Hemmer, insbesondere bei Verabreichung an Patienten mit einem kardiovaskulären Risiko ohne Acetylsalicylsäure und bei dauerhafter Einnahme dazu geeignet sein können, einen Herzinfarkt auszulösen.
- 58
b) Die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 S. 1 AMG ist aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 84 Abs. 2 S. 3 AMG ausgeschlossen. Hiernach gilt die Kausalitätsvermutung nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Umständen des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind bei der „Eignung“ im Rahmen von § 84 Abs. 2 S. 3 AMG die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei § 84 Abs. 2 S. 1 und 2 AMG; eine die Vermutung des § 84 Abs. 2 S. 1 AMG ausschließende Alternativursache nach § 84 Abs. 2 S. 3 AMG setzt ausreichend konkrete, den Gegebenheiten des Einzelfalls entsprechende Feststellungen dahingehend voraus, dass sie geeignet ist, allein oder im Zusammenwirken mit anderen, dem in Anspruch genommenen pharmazeutischen Unternehmer ebenfalls nicht zuzurechnenden Ursachen den geltend gemachten Schaden herbeizuführen (vgl. BGH NJW 2013, 2901 ff, iuris Rdnr. 17 f). Das ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der bei dem Kläger damals unabhängig von der Einnahme von VIOXX bestehenden koronaren Gefäßerkrankung der Fall. Der Sachverständige hat bereits vor dem Landgericht ausgeführt, dass der Kläger zwar ein niedriges Infarktrisiko hatte (low-risk-patient mit Risiko 4,31 % nach der Procam Studie), aber bei ihm eine koronare 1-Gefäßerkrankung vorlag, die unabhängig von der Einnahme von VIOXX aufgrund der Risikofaktoren des erniedrigten HDL-Cholesterins und des früheren Nikotinabusus entstanden ist (Bl. 647, 650, 658 d.A., Protokoll Landgericht S. 7, Bl. 734 d.A.). Auf den Vorhalt der Ausführungen des Privatgutachters Prof. Dr. R. der Beklagten vom 27.08.2010 (Anlage B 139, AB Parteien 3) hat der Sachverständige im Termin vor dem Senat überzeugend ausgeführt, dass aufgrund der bei dem Kläger damals vorliegenden koronaren Gefäßerkrankung mit mittelgradigen Einengungen, die er nach wie vor als mild bezeichnen würde, bei diesem eine vielfach - um das 6 bis 8 fache - gesteigerte Wahrscheinlichkeit für ein schwerwiegendes kardiales Ereignis bestanden hatte. Der Sachverständige hat vor dem Senat unter Hinweis auf den bei dem Kläger wahrscheinlichen Schädigungsmechanismus der Plaqueruptur und der anschließenden zu einer Thrombose führenden Gerinnselbildung ferner gut nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger den Herzinfarkt auch hätte erleiden können, wenn er VIOXX nicht genommen hätte. Entgegen der vom Kläger in dem Schriftsatz vom 25.11.2013 (S. 10 f) vertretenen Auffassung stehen diese Ausführungen nicht im Widerspruch zu der Formulierung im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen unter Ziffer 6.1 (Bl. 658 d.A.) „Bei Herrn … lagen keine hochgradigen Verengungen (Stenosen) der Herzkranzgefäße vor, die das Infarktereignis als alleinige Ursache erklären könnten“. Mit diesem Satz ist ersichtlich gemeint, dass das Herzinfarktereignis bei dem Kläger nicht auf einen rein stenosebedingten Verschluss der Herzkranzgefäße, sondern eine nach einer Plaqueruptur aufgetretene Thrombose zurückzuführen ist. Auch im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu den Kausalitätsfragen besteht Anlass für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nach § 412 Abs. 1 ZPO nicht, weil das vom Sachverständigen Prof. Dr. M. erstattete Gutachten nicht mangelhaft ist.
- 59
c) Da die Beweiserleichterung des § 84 Abs. 2 AMG zugunsten des Klägers nach den Umständen des Falles nicht eingreift, kann offen bleiben, ob die von den Beklagten geltend gemachte Europarechtswidrigkeit der Kausalitätsvermutung von § 84 Abs. 2 AMG (Unvereinbarkeit mit Art. 4 der Produkthaftungsrichtlinie, wonach der Geschädigte den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden zu beweisen habe) besteht (vgl. BGH Vorlagebeschluss vom 06.05.2013, VersR 2013, 904 ff).
- 60
d) Der Kläger kann sich nicht auf den Anscheinsbeweis für eine Kausalität zwischen der Einnahme von VIOXX und der (Mit)Verursachung des Herzinfarkts vom 15.03.2003 durch VIOXX berufen. Der Anscheinsbeweis erfordert einen typischen Geschehensablauf, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist, allein eine Risikoerhöhung reicht hierfür nicht aus (vgl. BGH NJW 2013, 2901 ff, iuris Rdnr. 27; BGH, Beschluss vom 26.01.2010, VI ZR 72/09, iuris). Der Anscheinsbeweis wird durch feststehende Tatsachen entkräftet, nach welchen die Möglichkeit eines anderen als des typischen Geschehensablaufs ernsthaft in Betracht kommt (BGH NJW 2013, 2901, iuris Rdnr. 28 f). Wie vorstehend ausgeführt, kann der Herzinfarkt vom 15.03.2003 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch unabhängig von der Einnahme von VIOXX allein wegen der bei dem Kläger damals vorliegenden koronaren Herzerkrankung aufgetreten sein, so dass hier bereits ein typischer Geschehensablauf nicht vorliegt. Auf die Einnahme von VIOXX kommt es auch nicht typischerweise zu einem Herzinfarkt, vielmehr ist das Herzinfarktrisiko dann lediglich um den Faktor 1,34 erhöht (s.o. zum Ergebnis der in Lancet 2013 veröffentlichen Metaanalyse).
- 61
e) Die (Mit)Verursachung des Herzinfarkts vom 15.03.2003 durch die Einnahme von VIOXX ist vom beweisbelasteten Kläger nicht bewiesen. Zwar kann der bei dem Kläger nach den vom Senat zugrunde gelegten Ausführungen des Sachverständigen wohl wahrscheinlich nach einer Plaqueruptur aufgetretene thrombotische Verschluss im Bereich der linken Herzkranzarterie aufgrund eines Effekts von VIOXX auf die Thrombozytenaggregation (Gerinnselbildung) durch VIOXX mitverursacht worden sein (vgl. Gutachten Ziffer 6.1, Bl. 658 d.A. und Protokoll Senat S. 15). Eine Mitverursachung des Herzinfarkts durch VIOXX durch ein (Mit)Auslösen bei der zur Thrombose führenden Gerinnselbildung nach der Plaqueruptur steht aber nicht fest angesichts der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, dass auch junge Patienten mit milder Koronarerkrankungen einen Herzinfarkt erleiden können, ohne dass es hierzu eines zusätzlichen Triggerfaktors bedarf. Das ist ohne weiteres nachvollziehbar, da thrombotische Ereignisse nach dem vom Sachverständigen mitgeteilten Schädigungsmechanismus nach einer Plaqueruptur allein aufgrund der natürlichen Blutgerinnung auftreten können.
- 62
B. Haftung der Beklagten zu 2.
- 63
Zutreffend hat das Landgericht die Beklagte zu 2, die Herstellerin des Medikaments, nicht als für eine Haftung aus § 84 Abs. 1 AMG passiv legitimiert angesehen, weil hiernach nur der pharmazeutische Unternehmer, der das Medikament in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet ist. Eine Haftung der Beklagten zu 2. aus dem ProdHaftG ist nach dessen § 15 Abs. 1 i.V.m. § 84 AMG ausgeschlossen. Auch eine Haftung der Beklagten zu 2. aus Produzentenhaftung nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 2 ProdHaftG ist vom Landgericht zutreffend verneint worden. Da die Fach- und Gebrauchsinformationen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprachen (vgl. oben A.2), kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte zu 2. schuldhaft Produktbeobachtungs- oder Instruktionspflichten verletzt hat…
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt, so sind die Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes nicht anzuwenden.
(2) Eine Haftung aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.
(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.
(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.
(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.
(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).
(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.
(10) (weggefallen)
(11) (weggefallen)
(12) (weggefallen)
(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.
(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.
(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.
(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.
(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.
(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.
(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.
(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.
(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.
(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.
(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.
(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist
- a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit, - b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.
(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.
(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.
(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.
(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.
(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.
(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.
(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.
(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.
(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.
(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.
(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.
(35) (weggefallen)
(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.
(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.
(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.
(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.
(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über
- 1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile, - 2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder - 3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.
(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.
(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.
(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Das Gericht kann eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.
(2) Das Gericht kann die Begutachtung durch einen anderen Sachverständigen anordnen, wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht besteht nur, wenn
- 1.
das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder - 2.
der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
(2) Ist das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet, den Schaden zu verursachen, so wird vermutet, dass der Schaden durch dieses Arzneimittel verursacht ist. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Zusammenhang mit dem Schadenseintritt, nach dem Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen. Die Vermutung gilt nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Ein anderer Umstand liegt nicht in der Anwendung weiterer Arzneimittel, die nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet sind, den Schaden zu verursachen, es sei denn, dass wegen der Anwendung dieser Arzneimittel Ansprüche nach dieser Vorschrift aus anderen Gründen als der fehlenden Ursächlichkeit für den Schaden nicht gegeben sind.
(3) Die Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die schädlichen Wirkungen des Arzneimittels ihre Ursache nicht im Bereich der Entwicklung und Herstellung haben.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt, so sind die Vorschriften des Produkthaftungsgesetzes nicht anzuwenden.
(2) Eine Haftung aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberührt.