Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 12. Okt. 2015 - 12 U 165/14

published on 12.10.2015 00:00
Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 12. Okt. 2015 - 12 U 165/14
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Gericht

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Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 29. Oktober 2014 verkündete Einzelrichterurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf die Gebührenstufe bis 7.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Kläger verlangen von den Beklagten die Beseitigung einer Mauer und eines Nebengebäudes auf dem Nachbargrundstück.

2

Sie sind Eigentümer des Grundstücks S. Weg 1 in B. . Die Beklagten sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks S. Weg 9. Diese errichteten an der Grundstücksgrenze eine massive, 2 m hohe Mauer aus Betonsteinen sowie zwei Nebengebäude von bis zu 3 m Höhe, die in die Mauer eingebunden sind. Für diese beiden Nebengebäude besteht jeweils - zum Teil mittlerweile modifiziert durch Änderungsbescheid - eine Baugenehmigung der Landkreises S. Kreis . Gegen beide Baugenehmigungen haben die Kläger Widerspruch erhoben. In beiden Widerspruchsverfahren steht eine Entscheidung des Landesverwaltungsamtes noch aus. Hinsichtlich der Historie der Baugenehmigung des Nebengebäudes „Schuppen/Geräteraum“ wird auf das Schreiben des Landkreises S. Kreis vom 9. Juli 2013 an das Landesverwaltungsamt (Anlage B 1, Bd. II, Bl. 12c ff. d. A.) Bezug genommen.

3

Die Kläger haben behauptet, dass die von den Beklagten errichtete Mauer nicht ortsüblich sei. Diese verstoße daher gegen § 23 Satz 1 NbG LSA, weil in einem derartigen Fall nur ein bis zu 2 m hoher Zaun errichtet werden dürfe. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot nach § 9 BauO LSA vor.

4

Ferner haben die Kläger behauptet, dass die beiden Nebengebäude unter Verstoß gegen § 6 Abs. 9 BauO LSA errichtet worden seien, da diese mit 17,80 m die zulässige Länge von 15 m überschritten. Die Beklagten hätten, um die Vorschrift des § 6 Abs. 9 Nr. 1 BauO LSA zu umgehen, ihr Grundstück geteilt und zwei Grundstücke gebildet. Dies sei aber nach § 7 BauO LSA unzulässig. Die Kläger haben gemeint, dass die Baugenehmigungen damit rechtswidrig seien.

5

Die Kläger haben ein Schiedsverfahren bei der Schiedsstelle Merseburg durchgeführt. Diese hat am 27. November 2013 das Scheitern festgestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 7 (Bd. I, Bl. 51 d. A.) verwiesen. Nachdem die Kläger ursprünglich Unterlassung beantragt hatten, an der Grundstücksgrenze zwischen ihren Grundstücken Nebengebäude auf einer Länge von mehr als 9 m zu errichten, haben sie zuletzt beantragt,

6
1. die Beklagten zu verurteilen, die an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken in B., S. Weg 1 und S. Weg 9 errichtete Mauer zu beseitigen;
7
2. die Beklagten zu verurteilen, eines der beiden Nebengebäude nach ihrer Wahl an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken der Kläger, B., S. Weg 1 und ihrem Grundstück, B., S. Weg 9, zu beseitigen.

8

Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie haben behauptet, dass die von ihnen errichtete Mauer ortsüblich sei und daher keiner Genehmigung bedurft habe. Auch die Nebengebäude seien ordnungsgemäß errichtet worden. Diese stünden auf zwei selbstständigen Grundstücken. Die Beklagten haben dazu vorgetragen, dass die Flurstücke 15 und 16 ursprünglich ein Grundstück gebildet hätten. Das Flurstück 14 sei dann später dazugenommen worden. Ein Nebengebäude stehe auf den zusammengelegten Flurstücken 15, 16 und 14. Das andere Nebengebäude stehe auf dem Flurstück 224. Die Baugenehmigungen seien daher zu Recht erteilt worden, weil die erlaubte Bebauungslänge von 15 m eingehalten worden sei.

11

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch die Einnahme des richterlichen Augenscheins der streitgegenständlichen Grundstücke. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll vom 5. September 2014 verwiesen (Bd. I, Bl. 166 ff. d. A.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts der ersten Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

12

Das Landgericht hat den auf Beseitigung der Mauer gerichteten Klageantrag zu 1. als unbegründet und den auf Beseitigung eines Nebengebäudes gerichteten Klageantrag zu 2. als derzeit unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Kläger nicht die Beseitigung der Mauer verlangen könnten. Zwar habe die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit ergeben, dass die Mauer nicht ortsüblich sei. Die Kläger könnten jedoch deren Beseitigung nicht verlangen, weil sie den Vorschriften des Landesnachbarrechtes entspreche und das Erscheinungsbild einer ortsüblichen Einfriedung nicht wesentlich störe. So sei die Mauer von außen für Dritte nicht wahrnehmbar, weil das Grundstück von der öffentlichen Straße aus nicht einsehbar sei. Jenes sei für Dritte lediglich über das Grundstück der Beklagten hinweg sichtbar. Auf dieser Seite der Mauer werde das ortsübliche Erscheinungsbild nicht wesentlich beeinträchtigt. Hier sei die Mauer ockerfarben verputzt, zum Teil verziert und wegen des ansteigenden Grundstücksbodens auch nur etwa 1,60 m hoch. Der Klageantrag zu 2. sei als derzeit unbegründet abzuweisen. Eine abschließende Klärung im Zivilprozess sei nicht möglich, weil der Vortrag der Parteien strittig und über den Widerspruch der Kläger noch nicht entschieden sei.

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Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie verfolgen ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter. Sie sind der Auffassung, dass hinsichtlich der Mauer der Anwendungsbereich des § 23 NbG LSA eröffnet sei. Danach hätten die Beklagten nur einen bis zu 2 m hohen Zaun errichten dürfen. Darüber hinaus sei die Mauer entgegen der Auffassung des Landgerichts auch von öffentlichen Verkehrsflächen aus einsehbar. So verlaufe hinter den Grundstücken ein öffentlicher Geh- und Radweg, von dem aus die Mauer auch für Dritte sichtbar sei. Sie meinen außerdem, dass das Landgericht eine eigene Rechtsprüfung hätte durchführen müssen, soweit sie die Entfernung eines der beiden Nebengebäude begehrten. Stattdessen habe das Landgericht seine Entscheidung damit begründet, dass der Sachvortrag der Parteien streitig sei. Dies sei nicht nachvollziehbar. Denn in einem Zivilrechtsstreit komme es häufig vor, dass der Sachvortrag der Parteien streitig sei. Es sei dann Aufgabe des Gerichts, im Rahmen einer Beweisaufnahme zu ermitteln, welcher Sachvortrag zutreffend sei.

14

In ihrer Erwiderung auf die Berufungserwiderung behaupten die Kläger, bereits vorgetragen zu haben, dass die Beklagten die Nebengebäude auch nicht entsprechend den erteilten Baugenehmigungen errichtet hätten.

15

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 28. September 2015 behaupten die Kläger ferner, dass die Beklagten ihr Grundstück um bis zu einen Meter aufgeschüttet hätten. Zuvor seien beide Grundstücke gleich hoch gewesen. Die Beklagten seien daher nunmehr verpflichtet, eine Einfriedung zu errichten, damit die aufgeschütteten Erdmassen nicht auf ihr Grundstück abrutschten.

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Die Kläger beantragen,

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das Urteil des Landgerichts Halle vom 29. Oktober 2014 abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, die an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken in B., S. Weg 1 und S. Weg 9 errichtete Mauer zu beseitigen, sowie die Beklagten zu verurteilen, eines der beiden Nebengebäude nach ihrer Wahl an der Grundstücksgrenze zwischen ihrem Grundstück B., S. Weg 1 und dem Grundstück der Beklagten, B., S. Weg 9 zu beseitigen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung. Falsch sei jedoch die Feststellung des Landgerichts, dass die von ihnen errichtete Mauer nicht ortsüblich sei. Im Gegenteil sei die Ortschaft B. gerade geprägt durch Grundstücke, die eine Mauer als Einfriedung aufwiesen. Das Landgericht habe jedoch zu Recht ausgeführt, dass die Mauer nicht gegen die Vorschriften des Landesnachbarrechts verstoße und es insoweit auf die Frage, ob eine ästhetisch unschöne Bauweise vorliege, nicht ankomme. Der begehrten Entfernung eines Nebengebäudes stehe entgegen, dass die zur Errichtung der Nebengebäude erforderlichen Baugenehmigungen vorlägen.

II.

21

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1 1. Alt., 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 2. Alt. ZPO).

22

1. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Kläger auf Beseitigung der an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken S. Weg 1 und S. Weg 9 in B. von den Beklagten errichteten Mauer verneint.

23

a. Ein Beseitigungsanspruch der Kläger ergibt sich nicht aus §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. drittschützenden Vorschriften der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Hier ist die Bauordnung in der derzeit gültigen Fassung vom 1. September 2013 anzuwenden, weil aktuell die Beseitigung verlangt wird. Die streitgegenständliche Mauer ist allerdings eine bauordnungsrechtlich zulässige Einfriedung. Nach § 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BauO LSA sind Stützmauern und geschlossene Einfriedungen mit einer Höhe von bis zu zwei Metern zulässig. Darüber hinaus hat der Senat einen etwaigen Verstoß der Mauer gegen das Verunstaltungsverbot des § 9 BauO LSA nicht zu prüfen, weil diese Norm keinen drittschützenden Charakter hat. Denn Gestaltungsvorschriften sind ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen worden und nicht dazu bestimmt, auch den Individualinteressen des Einzelnen zu dienen (vgl. VGH Mannheim zu § 11 LBO BaWü a. F., BauR 2012, 1368; VG Würzburg, Urteil vom 17. April 2012 - W 4 K 11.48, zitiert nach juris, zu Art. 8 Satz 1 BayBO).

24

b. Auch gemäß §§ 1004 BGB i. V. m. 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB steht den Klägern kein Beseitigungsanspruch zu. Eine Einfriedungsmauer verletzt das in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme nämlich nicht, wenn sie - wie hier - bauordnungsrechtlich zulässig ist, weil sie die in § 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 3 BauO LSA genannte Höhe von 2 m nicht überschreitet (vgl. OVG Magdeburg, NVwZ-RR 2015, 687).

25

c. Ein Beseitigungsanspruch der Kläger folgt auch nicht aus §§ 1004 BGB i. V. m. 23, 28 NbG LSA, weil die angegriffene Mauer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 NbG LSA nicht ortsüblich wäre. Denn diese Vorschrift ist nur dann anwendbar, wenn ein Grundstück auf Verlangen des Nachbarn einzufrieden ist. Dies ist hier nicht der Fall.

26

Zwar ist streitig, ob § 23 NbG LSA für jegliche Einfriedungen gilt, also nicht nur für solche, die der Verpflichtete nach § 22 NbG LSA errichten muss. In der Literatur wird dazu vertreten, dass § 23 NbG LSA für Einfriedungen auf eigenen Entschluss hin und ohne Einfriedungspflicht nicht gilt (z. B. Pardey/Stollenwerk, Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., Nr. 4 zu § 23 NbG LSA; Fruhner/Weber, Nachbarrecht für Sachsen-Anhalt, Nr. 5 zu § 23 NbG LSA). Diese Auffassung beruft sich auf die Entstehungsgeschichte des Nachbarschaftsgesetzes, nach der die Regierungsvorlage zunächst eine umfassendere Verpflichtung des Grundstückseigentümers vorgesehen habe, der Landtag dann aber davon im Ergebnis abgesehen habe (z. B. Fruhner/Weber, a. a. O.).

27

Nach einer anderen Meinung regelt § 23 NbG LSA dagegen selbstständig die für Einfriedungen geltenden Anforderungen, also auch für diejenigen Einfriedungen, die freiwillig errichtet werden (z. B. Dehner, Nachbarrecht, Stand November 2014, B § 9 III. 4; Eidam, Nachbarrecht in Sachsen-Anhalt; Reich, Nachbarschaftsgesetz Sachsen-Anhalt, 2. Aufl., Rn. 1 zu § 23 NbG LSA). Diese Ansicht wird damit begründet, dass der Wortlaut der Vorschrift des § 23 NbG LSA „in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise“ dafür spreche, dass stets auf Beseitigung einer nicht den Vorschriften des Gesetzes entsprechenden Einzäunung geklagt werden könne (z. B. Dehner, a. a. O.). Die im Gesetzgebungsverfahren vorgenommene Umstellung der §§ 22 und 23 NbG LSA sei nicht mit einer inhaltlichen Einschränkung des § 23 NbG LSA verbunden gewesen. Dies bestätige auch eine systematische Betrachtung der Vorschriften. Denn einerseits stelle § 22 NbG LSA bei dem Zitat von § 23 NbG LSA nur auf die Beschaffenheit, also auf einen Teilaspekt der Rechtsfolgen des § 23 NbG LSA ab. Andererseits nenne das Gesetz den § 22 NbG LSA in den §§ 25 und 26 NbG LSA ausdrücklich, wenn es darauf Bezug nehmen möchte. Dies erlaube den Umkehrschluss, dass man im Übrigen von § 22 NbG LSA freigestellt sei (z. B. Reich, a. a. O.).

28

Der Senat schließt sich dagegen der zuerst genannten Ansicht an. Das Wortlautargument der Gegenauffassung überzeugt den Senat nicht. Die Formulierung „wird ein Grundstück eingefriedet, so muss die Einfriedung ortsüblich sein“ lässt für sich genommen alle Deutungen zu.

29

Auch eine Betrachtung des § 23 NbG LSA im Zusammenhang des gesamten Kapitels der §§ 22 ff. NbG LSA führt nicht zu der Auslegung dahin, dass die Vorschrift für alle Fälle der Einfriedung gelten müsse. Insbesondere trifft es nicht zu, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 NbG LSA nur auf einen Teilaspekt des § 23 NbG LSA verweist. Die dort genannten „Anforderungen an Grundstückseinfriedungen“ - dies ist die amtliche Überschrift der Vorschrift - meinen nur die „Beschaffenheit der Einfriedung“, wie sie in § 22 Abs. 2 Satz 1 NbG LSA angesprochen wird. Die Bezeichnung „Anforderungen an Grundstückseinfriedungen“ wurde dabei insofern nicht stimmig gewählt, als in der nachfolgenden Vorschrift des § 24 NbG LSA, die mit „Standort der Einfriedung“ überschrieben ist, ebenfalls eine Anforderung an eine Grundstückseinfriedung beschrieben wird.

30

Im Übrigen überzeugt auch das systematische Argument mit der Nennung des § 22 NbG LSA in den §§ 25 und 26 NbG LSA nicht. Beide Vorschriften knüpfen insbesondere unmittelbar an die Einfriedungspflicht des § 22 NbG LSA an. Hinsichtlich § 26 NbG LSA ist der von Reich (a. a. O.) postulierte Umkehrschluss, man sei von § 22 NbG LSA freigestellt, schon deshalb nicht zulässig, weil die Vorschrift bestimmte Eigentumskonstellationen, nämlich öffentliche Verkehrs- und Grünflächen sowie oberirdische Gewässer von jeglicher Reglementierung ausschließen wollte. Hinsichtlich § 25 NbG LSA liegt es dagegen auf der Hand, dass die Vorschrift eine Sonderregelung darstellt für wechselseitig bestehende Einfriedungspflichten. Eines unmittelbaren Bezuges auf § 23 NbG LSA bedurfte es hierfür nicht. Schließlich lässt sich auch ansonsten der Struktur des Abschnitts 7 des NbG LSA kein entscheidendes Argument entnehmen. Der Abschnitt ist mit „Einfriedung der Grundstücke“ überschrieben. Dies steht einer Wertung immerhin nicht entgegen, dass der Abschnitt schlechthin Anforderungen an Einfriedungen von Grundstücken regeln könnte. Indem die Einfriedungspflicht in § 22 NbG an den Kopf des Gesetzesabschnitts gesetzt worden ist, bestimmt diese Regelung allerdings den Kern der Regelungsmaterie.

31

Für eine Anwendung des § 23 NbG LSA nur auf die Fälle, in denen eine Einfriedungspflicht nach § 22 NbG LSA besteht, spricht jedoch entscheidend eine historische Auslegung der Vorschriften. Zwar hatte der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf eines Nachbarschaftsgesetzes (Landtagsdrucksache 2/3307 vom 12. März 1997) in § 22 NbG LSA eine Regelung von Anforderungen an Grundstückseinfriedungen vorgeschlagen, während § 23 NbG LSA die Regelung einer Einfriedungspflicht vorsah. Nach der amtlichen Begründung des § 22 NbG LSA sollte die Vorschrift über die Anforderungen für alle Einfriedungen gelten:

32

„Die grundsätzliche Befugnis des Eigentümers, sein Grundstück einzufrieden oder davon abzusehen (§ 903 BGB), wird durch Anforderungen an die Beschaffenheit einer Einfriedung und durch Einfriedungspflichten eingeschränkt.

33

Gerade in der Frage der Ausgestaltung von Einfriedungen kann Streit zwischen den Nachbarn entstehen, wenn sich etwa die Vorstellungen eines der Nachbarn von dem vorherrschenden Erscheinungsbild von Einfriedungen erheblich entfernen. § 22 verpflichtet daher den Eigentümer, wenn er sein Grundstück einfrieden will, sich an die in der Umgebung festzustellende Ortsübung zu halten, andernfalls kann der Nachbar nach § 1004 BGB Beseitigung verlangen. …“

34

Im Gesetzgebungsverfahren wurde sodann allerdings die Reihenfolge der §§ 22 und 23 NbG LSA umgedreht. Die Begründung der Änderung durch die Berichterstatterin des Ausschusses für Recht und Verfassung ist unmissverständlich (stenografischer Bericht des Landtages vom 22. Oktober 1997, Plenarprotokoll 2/70, S. 5284 ff.):

35

„In Abschnitt 7 - Einfriedung der Grundstücke - hat der Ausschuss umfangreiche Änderungen vorgenommen. Bedeutsam ist zunächst der Austausch der Reihenfolge der §§ 22 und 23. Dadurch wird erreicht, dass die Vorschrift über die Beschaffenheit der Einfriedung nur für alle Fälle gilt, in denen eine Pflicht zur Einfriedung besteht. Das heißt, § 23 führt lediglich zu einer Konkretisierung des Einzäunungsanspruchs, gilt aber nicht für Einfriedungen, die der Nachbar auf eigenen Entschluss und ohne gesetzliche Verpflichtung auf seinem Grundstück errichten will.

36

Diese Änderung hat ganz entscheidende praktische Folgen. Nach der Empfehlung des Ausschusses kann ein Nachbar nur dann auf Beseitigung einer nicht den Vorschriften des Nachbarschaftsgesetzes entsprechenden Einzäunung klagen, wenn eine Pflicht zur Einzäunung besteht und gleichzeitig der Anspruch auf Errichtung einer gesetzmäßigen Grundstückseinfriedung geltend gemacht wird.“

37

Diesen eindeutigen Willen des Gesetzgebers des Landes Sachsen-Anhalt hat der Senat zu beachten. Dieses Verständnis von den §§ 22, 23 NbG LSA entspricht auch den einschlägigen Regelungen der Nachbarschaftsgesetze anderer Bundesländer. Auch in Niedersachsen kann aus den Vorschriften des Nachbarrechts kein Beseitigungsanspruch für Einfriedungen abgeleitet werden, die ein Grundstückseigentümer aus eigenem Entschluss und ohne gesetzliche Verpflichtung entgegen den Anforderungen des § 27 des niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes auf seinem Grundstück errichtet (z. B. LG Hannover, NJW-RR 1991, 405). In Nordrhein-Westfalen gilt ebenfalls eine Regelung, die derjenigen in Niedersachsen entspricht. Insoweit hat der Bundesgerichtshof von jeher klargestellt, dass die Regelungen in den §§ 35 und 36 des nordrhein-westfälischen Nachbarrechtsgesetzes nur für diejenigen Einfriedungen gelten, die der Nachbar gemäß § 32 des nordrhein-westfälischen Nachbarrechtsgesetzes beanspruchen kann (z. B. BGH, NJW 1979, 2031; NJW 1992, 2569). Auch Thüringen besitzt eine Regelung, die den Vorschriften in Sachsen-Anhalt weitgehend entspricht, allerdings eindeutiger formuliert ist. In § 39 Abs. 1 des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes, der mit „Einfriedungspflicht“ überschrieben ist, ist die Einfriedungspflicht mit demselben Inhalt wie in § 22 NbG LSA geregelt. In § 39 Abs. 2 des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes findet sich die Regelung der Beschaffenheit wie in § 23 NbG LSA. Diese Regelung über die Beschaffenheit der Einfriedung ist allerdings nicht anwendbar, wenn eine Einfriedungspflicht nach dem Nachbarrechtsgesetz nicht besteht (z. B. Schäfer, Thüringer Nachbarrechtskommentar, Rn. 10 zu § 39 des Nachbarrechtsgesetzes).

38

Die Beklagten hatten den Maßstab der Ortsüblichkeit bzw. die Anforderungen an die Ausführung der Einfriedung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 NbG LSA auch nicht im konkreten Fall zu beachten. Es besteht nämlich keine Einfriedungspflicht nach § 22 Abs. 1 NbG LSA. Denn die Kläger haben eine Einfriedung des Grundstücks der Beklagten von diesen weder verlangt - wie der Kläger zu 2. im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor dem Senat am 7. September 2015 ausdrücklich erklärt hat - noch ist eine solche zum Schutze des klägerischen Grundstücks vor nicht unwesentlichen Beeinträchtigungen erforderlich, die von dem Grundstück der Beklagten ausgehen. Wesentlich sind Beeinträchtigungen, wenn sie nach dem Maß der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls nach Zweckbestimmung und Lage des betroffenen Grundstücks vom durchschnittlichen Benutzer so empfunden werden (Pardey/Stollenwerk, a.a.O., Nr. 2.1 zu § 22 NbG LSA).

39

Zwar haben die Kläger in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 28. September 2015 behauptet, dass das Gelände durch Aufschüttungen der Beklagten auf deren Grundstück bis an die Grundstücksgrenze heran um bis zu einem Meter erhöht worden sei. Deshalb seien die Beklagten nunmehr verpflichtet, eine Einfriedung zu errichten, damit diese Erdmassen nicht auf ihr Grundstück abrutschen. Einschränkendes Merkmal der Einfriedungspflicht ist aber die Erforderlichkeit zum Schutze des Nachbargrundstücks. Die Einfriedung muss ein geeignetes Mittel sein, um die Beeinträchtigungen zu verhindern. Ist dies nicht der Fall, besteht kein Einfriedungsanspruch und zwar unbeschadet der (allgemeinen) Ansprüche aus § 1004 BGB, soweit diese nicht durch eine Duldungspflicht des beeinträchtigten Nachbarn ausgeschlossen sind (z. B. Pardey/Stollenwerk, Nr. 2.3 zu § 22 NbG LSA). Die von den Klägern angestrebte Einfriedung ist nicht geeignet, die behaupteten Beeinträchtigungen zu verhindern. Die Kläger haben in diesem Rechtsstreit die Beseitigung der Mauer verlangt, weil diese nicht ortsüblich sei. Nach ihrer Vorstellung hätten die Beklagten allenfalls einen Zaun errichten dürfen. Insofern ist ihr nunmehriges Begehren auf Errichtung einer Einfriedung darauf gerichtet, dass durch einen Zaun eingefriedet wird, wollen sie sich nicht in Widerspruch zu ihrem in erster Linie verfolgten Begehren setzen, dass die Mauer beseitigt wird. Ein weiterer Zaun auf dem Grundstück der Beklagten ist aber ersichtlich nicht erforderlich und geeignet, um zu verhindern, dass Erdmassen auf das Grundstück der Kläger abrutschen. Zum einen steht an der Grundstücksgrenze bereits ein von den Klägern selbst errichteter Zaun. Zum anderen können nach der Überzeugung des Senats durch einen Zaun abrutschende Erdmassen gar nicht verhindert werden. Hierfür wäre vielmehr eine Stützmauer geeignet, die aber von den Klägern gerade abgelehnt wird.

40

d. Die Kläger haben einen Anspruch auf Beseitigung schließlich auch nicht unmittelbar aus § 1004 BGB, auch wenn eine unmittelbar an der Grenze errichtete Mauer dieses Ausmaßes als hässlich eingeordnet werden könnte. Zustände auf einem Grundstück, die gegen das ästhetische Empfinden des Nachbarn verstoßen, können nicht mit einem Unterlassungsanspruch nach §§ 906, 1004 BGB unterbunden werden (vgl. BGH, NJW 1975, 170).

41

2. Hinsichtlich der Nebengebäude haben die Kläger derzeit auch keinen Anspruch auf Beseitigung nach §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 6 Abs. 9 BauO LSA.

42

Zwar hat § 6 Abs. 9 BauO LSA, mit dem Anforderungen an die maximale Länge von Bauwerken an der Grundstücksgrenze getroffen werden, nachbarschützende Wirkung (vgl. BGH, NJW 1985, 1298 zu § 6 BauO NRW). Dem Beseitigungsanspruch der Kläger stehen jedoch, soweit er - wie hier - auf den nachbarschützenden Charakter einer öffentlich-rechtlichen, gleichzeitig als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizierenden Bauvorschrift gestützt wird, die erteilten Baugenehmigungen entgegen, solange diese Bestand haben. Eine Baugenehmigung ist nur dann unbeachtlich, wenn der Nachbar bei der Bauausführung wesentlich von ihr abgewichen ist (z. B. KG Berlin, Grundeigentum 2013, 1274; OLG Hamm, WuM 2006, 584). Hier bestehen jedoch für beide Nebengebäude unstreitig Baugenehmigungen. Diese haben derzeit Bestand, weil über die gegen die Baugenehmigungen gerichteten Widersprüche der Kläger noch nicht entschieden worden ist.

43

Aber auch eine wesentliche Abweichung von den Baugenehmigungen kann nicht festgestellt werden. Zwar haben die Kläger im Berufungsverfahren in ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 2015 behauptet, sie hätten bereits vorgetragen, dass die Beklagten die Nebengebäude nicht entsprechend der erteilten Genehmigungen errichtet hätten. Dieser Vortrag ist jedoch ersichtlich ohne Substanz. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, inwiefern welches der beiden errichteten Nebengebäude nicht der jeweiligen Genehmigung entsprechen soll. Die Kläger hätten hierzu dezidiert vortragen müssen. Dies gilt umso mehr, als sich aus dem Schreiben des Landkreises S. Kreis an das Landesverwaltungsamt vom 9. Juli 2013 ergibt, dass eine Prüfung vor Ort ergeben hat, dass aus Sicht der Behörde nicht abweichend von den Genehmigungsunterlagen gebaut worden ist.

44

Selbst wenn jenem allgemeinen Vorbringen die erforderliche Substanz beigemessen werden könnte, wäre dieser Vortrag der Kläger gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO im Berufungsverfahren nicht zuzulassen. Es handelt sich bei dem Vortrag, die Beklagten hätten die Nebengebäude nicht entsprechend der erteilten Genehmigungen errichtet, um ein neues Angriffsmittel. Erstinstanzlich haben die Kläger zwar zu Protokoll der mündlichen Verhandlung am 9. April 2014 angemerkt, dass die Beklagten wohl ohne Genehmigung gebaut hätten, wenn sie den Geräteschuppen entgegen der Genehmigungsplanung nicht auf den Flurstücken 224 und 14, sondern nur auf dem Flurstück 224 errichtet hätten. Dieser Bewertung liegt allerdings ein bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens überholter Stand der Baugenehmigungen zugrunde. Zwar ging die ursprüngliche Planung und Genehmigung hinsichtlich des Geräteschuppens tatsächlich dahin, diesen auf den Flurstücken 224 und 14 zu errichten. Allerdings wurde, wie aus dem Schreiben des Landkreises S. Kreis vom 9. Juli 2013 an das Landesverwaltungsamt ersichtlich ist, der zunächst genehmigte Standort nachträglich in westlicher Richtung verschoben, sodass die Errichtung des Gebäudes nachfolgend durch Änderungsbescheid vom 29. November 2012 entsprechend den geänderten Bauvorlagen nur auf dem Flurstück 224 genehmigt wurde. Der Vortrag der Kläger hätte sich erstinstanzlich also dazu verhalten müssen, inwiefern die Nebengebäude abweichend von den Anforderungen der Baugenehmigungen in der Gestalt, die sie durch den Änderungsbescheid erhalten haben, gebaut worden sind. Solchen Vortrag haben die Kläger erstinstanzlich nicht gehalten, was vorwerfbar im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ist. Der Angriff gegen die Baugenehmigungen für die beiden Nebengebäude spielte für die Argumentation der Kläger vor dem Landgericht grundsätzlich eine bedeutende Rolle. In diesem Zusammenhang haben sie die Nebengebäude durchaus auch vermessen. Es wäre ihnen ein Leichtes gewesen, seit dem Baubeginn im Mai 2013 Abweichungen der tatsächlich ausgeführten Bauten von den ihnen bekannt gegebenen Baugenehmigungen zu erkennen und im erstinstanzlichen Verfahren vorzutragen.

45

Der Senat war auch nicht gehalten, den Rechtsstreit nach § 148 ZPO bis zu der abschließenden Entscheidung über die Widersprüche der Kläger gegen die Baugenehmigungen auszusetzen. Dies verbietet sich im Hinblick auf die damit einhergehende Prozessverzögerung, weil nicht absehbar ist, wann über die von den Klägern eingelegten Widersprüche im Verwaltungsverfahren abschließend entschieden werden wird. Insbesondere ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht würde sich erfahrungsgemäß über Jahre hinziehen. Die Erfolgsaussichten (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1149) der Kläger sind auch eher als gering zu veranschlagen, wie sich aus der nachvollziehbaren Argumentation des Landkreises S. Kreis in seinem Schreiben vom 9. Juli 2013 an das Landesverwaltungsamt ergibt. Der Ansatz der Baubehörde, dass für die Prüfung der nachbarschützenden Vorschrift des § 6 Abs. 8 BauO LSA (nunmehr in der aktuellen Gesetzesfassung § 6 Abs. 9 BauO LSA) prinzipiell die Buchgrundstücke zu würdigen sind, entspricht jedenfalls der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, wonach für das Bauordnungsrecht grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen (grundbuchrechtlichen) Grundstücksbegriff auszugehen ist (z.B. BVerwG, MDR 1991, 1101; OVG Weimar, LKV 1997, 71; vgl. auch Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, Loseblattsammlung Stand Juni 2015, Rdn. 7 zu § 1 BauO LSA, Rdn. 81 zu § 6 BauO LSA).

III.

46

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713, 544 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

47

Die Festsetzung des Streitwertes hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 39 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Der Senat teilt für das Berufungsverfahren die nach Anhörung der Parteien gewonnene Einschätzung des Landgerichts, dass sich mangels widersprechender Angaben der Parteien das Interesse der Kläger an den verfolgten Beseitigungsansprüchen auf bis zu 7.000 Euro bemisst.


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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Annotations

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.