Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 26. Mai 2010 - 1 W 27/10

bei uns veröffentlicht am26.05.2010

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1) wird die Entscheidung des Landgerichts Halle vom 15.4.2010 (6 OH 6/09) abgeändert:

Der Beschluss des Landgerichts Halle vom 30.9.2009 (6 OH 6/09) wird ergänzt:

Die Antragstellerin trägt die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens .

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 30.9.2009 (Bl. 107 ff.) hat das Landgericht den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschluss enthält keine Kostenentscheidung. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner zu 1) am 13.11.2009 zugestellt (Bl. 113). Mit Schriftsatz vom 24.11.2009 (beim Landgericht am 25.11.2009 eingegangen) hat der Antragsgegner zu 1) beantragt, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (Bl. 122). Über diesen Antrag wurde zunächst im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren 1 W 50/09 nicht entschieden. Der Senat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 30.12.2009 zurückgewiesen (Bl. 144 f.) Mit Schriftsatz vom 6.4.2010 (Bl. 165) hat der Antragsgegner zu 1) erneut beantragt, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen. Mit formlosen Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 165 R) hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Kostenentscheidung nicht in Betracht komme. Gegen den Inhalt dieses Schreibens hat der Antragsgegner zu 1) mit Schriftsatz vom 26.4.2010 (Bl. 166) sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Datum vom 17.5.2010 hat das Landgericht im Hinblick auf die sofortige Beschwerde vom 26.4.2020 einen Nichtabhilfebeschluss erlassen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

2

Die sofortige Beschwerde ist zulässig . Es ist zwar zweifelhaft, ob das formlose Schreiben vom 15.4.2010 eine Entscheidung i.S.v. § 567 Abs. 1 ZPO darstellt. Das Landgericht selbst ist davon im Hinblick auf den Nichtabhilfebeschluss vom 17.5.2010 aber ausgegangen (obgleich das Schreiben vom 15.4.2010 als richterliche Verfügung bezeichnet wird), sodass von einer rechtsmittelfähigen Grundentscheidung auszugehen ist. Weder dem Schreiben vom 15.4.2010 noch dem Nichtabhilfebeschluss ist zu entnehmen, über welchen Antrag entschieden werden sollte (der Antragsgegner zu 1) hat zwei Anträge gestellt: 24.11.2009/6.4.2010). Da es für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde entscheidungserheblich darauf ankommt, dass über den Antrag vom 24.11.2009 entschieden wurde, sich Gegenteiliges – trotz des zeitlichen Zusammenhanges zwischen dem Antrag vom 6.4.2010 und dem Schreiben vom 15.4.2010 – den Entscheidungen des Landgerichts nicht entnehmen lässt, geht der Senat zugunsten des Antragsgegners zu 1) davon aus, dass – auch – über den Antrag vom 24.11.2009 entschieden wurde. Enthält eine Entscheidung keine Kostenentscheidung, obgleich sie eine solche enthalten müsste, kommt bei Urteilen die Ergänzung des Urteils gemäß § 321 ZPO in Betracht. Diese Vorschrift ist entsprechend auch auf andere Entscheidungen - z.B. Beschlüsse - anzuwenden (Zöller/ Vollkommer ZPO, 28. Aufl., § 321, Rn. 1 m.w.N.). Ist § 321 ZPO vorliegend grundsätzlich anwendbar, so gilt dies auch für die Frist aus § 321 Abs. 2 ZPO (HansOLG Bremen, Beschluss vom 12.9.2003 – 2 W 69/03 – [z.B. OLGR 2003, 491]; hier: zitiert nach juris). Einen entsprechend fristgemäßen Antrag enthält der Schriftsatz des Antraggegners zu 1) vom 24.11.2009. Gegen den einen Antrag gemäß § 321 ZPO zurückweisenden Beschluss ist grundsätzlich die sofortige Beschwerde statthaft (HansOLG a.a.O).

3

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet . Zwar ist eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs von § 494 a ZPO nicht veranlasst, weil eine Kostenerstattung grundsätzlich nur und erst im Hauptsacheprozess möglich ist (Zöller/Herget a.a.O., § 490, Rn. 5). Dieser Grundsatz gilt nach h.M. dann allerdings nicht, wenn der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen wurde (Zöller/Herget a.a.O., § 91, Rn. 13 [selbstständiges Beweisverfahren] m.w.N.). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum dem mit einem unzulässigen Verfahren überzogenen Gegner eine Kostenentscheidung analog § 91 ZPO zu versagen wäre (HansOLG a.a.O.). Der Hinweis der Antragstellerin im Schriftsatz 9.5.2010 (Bl. 169 R) darauf, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens gehören, verkennt für den vorliegenden Fall, dass es ein solches Hauptsacheverfahren, das an ein selbständiges Beweisverfahren (kostenmäßig) anknüpft, nicht geben kann, wenn der Antrag als unzulässig zurückgewiesen wurde. In diesem Fall entsteht zulasten des Antragsgegners – der sich gegen den (unzulässigen) Antrag wehren können muss - eine Lücke, die durch den Rückgriff auf § 91 ZPO zu schließen ist.

4

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.