Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 20. Nov. 2014 - 1 U 59/14
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. April 2014 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg in Ziff. 2. teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
2. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 9.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. August 2009 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger ¼ und die Beklagten als Gesamtschuldner ¾. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden den Beklagten als Gesamtschuldner auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren zweiter Instanz wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Unter Abänderung der Streitwertentscheidung des Landgerichts im angefochtenen Urteil wird der Wert für die zu erhebenden Gerichtsgebühren erster Instanz auf 21.653,40 EUR festgesetzt.
Gründe
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Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 II; 313a I 1; 543 I ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 1 EGZPO abgesehen.
I.
- 2
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil des Landgerichts hält im Hinblick auf die Höhe des festgesetzten Schmerzensgeldes einer Nachprüfung durch das Berufungsgericht nicht gänzlich stand (§ 513 I ZPO).
- 3
1. Der aus §§ 7 I; 18 I 1; 11 2 StVG; §§ 823 I; 253 BGB und § 115 I 1 Nr. 1, 4 VVG sowie § 1 PflVG folgende Anspruch des Klägers ist zwischen den Parteien unstreitig.
- 4
2. Zur Höhe des Schmerzensgeldes hat das Landgericht unter Wiederholung der Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. aus dem schriftlichen Gutachten vom 30.11.2012 (Seite 11) ausgeführt, der Kläger sei durch die Verletzungen des linken Daumens und Handgelenkes dauerhaft beeinträchtigt. Daumengrund- und -endgelenk seien nicht mehr voll beweglich. Als Linkshänder schränke das den Kläger beim Schreiben und bei sonstigen Tätigkeiten besonders ein. Schon jetzt seien arthritische Veränderungen eingetreten. Auch im rechten Kniegelenk lasse sich bereits eine posttraumatische Arthrose nachweisen. Dies gehe auf die Unfallverletzung zurück. Der Kläger könne nicht mehr, wie vor dem Unfall, Sport treiben. Dies rechtfertige - auch unter Berücksichtigung vergleichbarer Fälle - ein Schmerzensgeld von 30.000,00 EUR.
- 5
Dem vermag sich der Senat nicht uneingeschränkt anzuschließen.
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3. Das Berufungsgericht kann die Schmerzensgeldbemessung der ersten Instanz in vollem Umfange überprüfen und abändern, ohne an die dortige Schätzung gebunden zu sein. Hier verlangt der vom Kläger unfallbedingt davon getragene immaterielle Schaden billigerweise eine Entschädigung von 35.000,00 EUR (§ 287 I 1 ZPO i.V.m. § 253 BGB und § 11 2 StVG).
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a) Bei der Bemessung des der Billigkeit entsprechenden Schmerzensgeldes sind die im Einzelfall heranzuziehenden verletzungsbedingten Nachteile nicht zu eng zu fassen. Der Ausgleich des Nichtvermögensschadens geht über die bloßen Schmerzen hinaus. Zu berücksichtigen sind die Schwere der Verletzungen, die Dauer der Leiden, der Verlauf des Heilungsprozesses, die Anzahl der Operationen, die verbliebenen Dauerschäden, das Alter des Geschädigten, entgangene Lebensfreude durch den Verlust bisher gepflegter Freizeitaktivitäten sowie berufliche Beeinträchtigungen. Dies hat das Landgericht auch nicht verkannt. Seine Gewichtung der von ihm festgestellten immateriellen Unfallfolgen entspricht allerdings nicht der Billigkeit. Insbesondere die folgenden Umstände verlangen ein um 5.000,00 EUR höheres Schmerzensgeld:
- 8
aa) Der zurzeit des Unfalls fast 39 Jahre alte Kläger war nach den Feststellungen des Landgerichts, an denen zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat (§ 529 I Nr. 1 ZPO), bis über die Grenze zum Leistungssport hinaus sportlich aktiv. Diese zweifelsohne die bisherige Lebensführung prägende Freizeitbeschäftigung wurde dem Kläger mit dem Unfall genommen. Es ist nachvollziehbar, dass der Kläger den jetzt mit erheblichem Einsatz erreichten, aber auch nicht mehr zu überschreitenden Leistungsstand eines normalen Freizeitsportlers nicht als gleichwertig empfindet. Der damit verbundene Verlust an Lebensfreude muss sich spürbar auf die Höhe des Schmerzensgeldes auswirken. Dabei darf allerdings auch nicht unberücksichtigt blieben, dass dieser Schaden mit der Zeit an Bedeutung verliert, weil an seine Stelle neue Aktivitäten und Interessen treten.
- 9
bb) Gleichfalls nicht unerheblich sind die vom Sachverständigen bereits festgestellten posttraumatischen knöchernen Veränderungen zu gewichten, die nicht nur gegenwärtig, sondern auch zukünftig die Lebensführung des Klägers negativ beeinflussen werden. Allein das Wissen um die damit verbundenen drohenden Schmerzen stellt sich schon als auszugleichender Nachteil dar. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass der Kläger jetzt schon hierdurch bedingte Schmerzen hat.
- 10
cc) Nach den Feststellungen des Sachverständigen handelt es sich bei der Verletzung der linken Hand um eine schwerwiegende Unfallfolge, die die Hand und das Handgelenk betrifft. Als Linkshänder kann der Kläger die Hand nur noch erheblich eingeschränkt und mit Schmerzen gebrauchen. Dies hat durch die eingenommene Schonhaltung zu einer Änderung des Muskelprofils des linken Arms geführt. Die damit einhergehende Einbuße von ansonsten als selbstverständlich empfundenen Fertigkeiten wird faktisch täglich erlebt. Angesichts des Berufs des Klägers mag das zu keiner Erwerbsminderung führen, weil auf einen Computer zurückgegriffen werden kann und es auf feinmotorische Fähigkeiten nicht ankommt. Die vom Kläger glaubhaft geschilderten Einschränkungen beim Schreiben und Greifen wiegen dennoch schwer.
- 11
dd) Auch die Knieverletzung und der Verlust der Milz werden nach den Feststellungen des Sachverständigen das weitere Leben des Klägers im Vergleich zur vor dem Unfall liegenden Zeit weiter negativ beeinflussen. Bewegungseinschränkungen, posttraumatische Arthrose und ein erhöhtes Infektionsrisiko sind also nicht unerhebliche und damit auszugleichende Schäden.
- 12
Unter Berücksichtigung der weiteren vom Landgericht zutreffend festgestellten polytraumatischen Unfallfolgen, einschließlich der mehrtätigen intensivmedizinischen Betreuung sieht der Senat einen Betrag von 35.000,00 EUR als erforderlich an, um die erheblichen immateriellen Nachteile auszugleichen. Daran vermag auch die auf immaterielle Schäden bezogene Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten nichts zu ändern. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es in der Regel, die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Betrages auf Grund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (BGH NJW 2004, 1243 m.w.N.). Unberücksichtigt bleiben nur die noch nicht absehbaren Folgen. Da angesichts der Schwere der Verletzungen mit solchen Nachteilen durchaus zu rechnen ist, hat die Feststellung des Landgerichts weiterhin ihre Berechtigung.
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b) Gemessen an den in annähernd vergleichbaren Fällen ausgeworfenen Schmerzensgeldbeträgen fällt der dem Kläger zuzuerkennende Betrag nicht aus dem Rahmen.
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aa) Das Oberlandesgericht Celle hielt in einer Entscheidung vom 26.4.2001 (14 U 139/00) nach stumpfem Bauchtrauma mit Entfernung der Milz, Schädelhirntrauma ersten Grades sowie Thoraxprellung nebst diversen Schnitt- und Risswunden ein Schmerzensgeld von 23.000,00 DM für ausreichend.
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bb) Das OLG Stuttgart hat einem fünfzigjährigen Motorradfahrer auf Grund unfallbedingt erlittener Hüftpfannenfraktur links, einer Ausrenkung des Hüftkopfes, einer Kniescheibenfraktur links sowie Schürfwunden und Prellungen mit verbliebenen mäßiggradigen Bewegungseinschränkungen, Muskelminderung, einliegenden Implantaten und fortschreitender Arthrose ein Schmerzensgeld von 30.000,00 EUR zuerkannt (NJOZ 2010, 1374 nebst den dort aufgeführten weiteren Schmerzensgeldfällen).
- 16
cc) 35.000,00 EUR Schmerzensgeld sprach der 2. Zivilsenat (OLG Naumburg, Urteil vom 4.11.2004, 2 U 69/04 - BeckRS 2004, 30345875) einem zur Hälfte mithaftenden Geschädigten für folgende Beeinträchtigungen zu: Oberschenkelmehrfragmentur links, diakondyläre Humerusfraktur links, Rippenserienfraktur (4-8) links, Acetabulumfraktur links, Schambeinfraktur rechts, Schädelbasisfraktur, Pneumothorax links, oberflächliche Wunde der Peniswurzel, Kompartmentsyndrom linker Oberschenkel, inkomplette Peroneusparese links, Ischämie des linken Beines mit a.v. Fistel und lokalem Hämatom, Ruptur der Leber, Verlust der Milz nach Bauchtrauma, Intercostalneuralgie Th 5, peroneusbetonte Ischiadicuparese links, Beinlängendifferenz von 3 cm, Einschränkung der Kniegelenksbeweglichkeit links, Bewegungseinschränkungen im Bereich des rechten Ellenbogengelenks, sensomotorische Läsion des Nervus ulnaris links im Bereich des Sulcus bei unfallbedingtem Sulcus-ulnaris-Syndrom. Der Geschädigte bezog eine Erwerbsunfähigkeitsrente und wies einen Grad der Behinderung von 60 auf.
- 17
dd) Vom Oberlandesgericht München (10 U 4926/12 vom 13.12.2013) wurden einem schwer unfallgeschädigten Mofafahrer nach proximaler Humerusfraktur links, Clavikulaschaftfraktur rechts, Handgelenkluxationsfraktur links, Daumenendgliedfaktur links, Rippenserienfraktur beidseits mit Thoraxtrauma, Pneumothorax rechts, Beckenringfraktur, Acetabulumfraktur links, Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks, Fußheberschwäche, Armnervengeflechtsschädigung beidseits, handgelenksnaher Teilschädigung des linken Nervus medianus und einer Teilschädigung des Nervus ischiadicus rechts mit insgesamt verbliebenen erheblichen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld von insgesamt 80.000,00 EUR zuerkannt.
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Ein über 35.000,00 EUR hinausgehendes Schmerzensgeld ist danach aber ebenso wenig zu rechtfertigen.
II.
- 19
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 I 1; 92 I 1; 100 IV 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10; 713 ZPO.
- 20
Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 II 1 ZPO).
- 21
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug ist nach §§ 47 I 1; 43 I; 48 I 1 GKG und § 3 ZPO festgesetzt. Maßgeblich ist der anhand der Darlegungen des Klägers für schlüssig gehaltene Schmerzensgeldbetrag, hier also 35.000,00 EUR abzüglich gezahlter 26.000,00 EUR und in erster Instanz zuerkannter 4.000,00 EUR (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 Rdn. 16 - Stichwort: unbezifferte Klageanträge m.w.N.).
- 22
Der Streitwert erster Instanz betrug daher nur 21.653,40 EUR (7.653,40 EUR + 9.000,00 EUR + 5.000,00 EUR). Das Landgericht hätte den Wert des Schmerzensgeldantrages nicht auf 16.000,00 EUR festsetzen dürfen. Dies führt zur Abänderung der aus dem angefochtenen Urteil hervorgehenden Wertfestsetzung von Amts wegen.
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Der Halter eines Kraftfahrzeugs oder Anhängers mit regelmäßigem Standort im Inland ist verpflichtet, für sich, den Eigentümer und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden nach den folgenden Vorschriften abzuschließen und aufrechtzuerhalten, wenn das Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen (§ 1 des Straßenverkehrsgesetzes) verwendet wird. Der Halter eines Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1d des Straßenverkehrsgesetzes ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung gemäß Satz 1 auch für eine Person der Technischen Aufsicht abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
(1) Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde). Die Fahrerlaubnis wird in bestimmten Klassen erteilt. Sie ist durch eine amtliche Bescheinigung (Führerschein) nachzuweisen. Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung auf Grund des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Absatz 3 Nummer 2 kann die Gültigkeitsdauer der Führerscheine festgelegt werden.
(2) Die Fahrerlaubnis ist für die jeweilige Klasse zu erteilen, wenn der Bewerber
- 1.
seinen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Artikels 12 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 26) im Inland hat, - 2.
das erforderliche Mindestalter erreicht hat, - 3.
zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, - 4.
zum Führen von Kraftfahrzeugen nach dem Fahrlehrergesetz und den auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften ausgebildet worden ist, - 5.
die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen hat, - 6.
Erste Hilfe leisten kann und - 7.
keine in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erteilte Fahrerlaubnis dieser Klasse besitzt.
(3) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b kann für die Personenbeförderung in anderen Fahrzeugen als Kraftomnibussen zusätzlich zur Fahrerlaubnis nach Absatz 1 eine besondere Erlaubnis verlangt werden. Die Erlaubnis wird befristet erteilt. Für die Erteilung und Verlängerung können dieselben Voraussetzungen bestimmt werden, die für die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftomnibussen gelten. Außerdem kann ein Fachkundenachweis verlangt werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen für Fahrerlaubnisse entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
(4) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Ist der Bewerber auf Grund körperlicher oder geistiger Mängel nur bedingt zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet, so erteilt die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis mit Beschränkungen oder unter Auflagen, wenn dadurch das sichere Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist.
(5) Befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer
- 1.
ausreichende Kenntnisse der für das Führen von Kraftfahrzeugen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften hat, - 2.
mit den Gefahren des Straßenverkehrs und den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist, - 3.
die zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs, gegebenenfalls mit Anhänger, erforderlichen technischen Kenntnisse besitzt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist und - 4.
über ausreichende Kenntnisse einer umweltbewussten und energiesparenden Fahrweise verfügt und zu ihrer praktischen Anwendung in der Lage ist.
(6) Wer die Erteilung, Erweiterung, Verlängerung oder Änderung einer Fahrerlaubnis oder einer besonderen Erlaubnis nach Absatz 3, die Aufhebung einer Beschränkung oder Auflage oder die Ausfertigung oder Änderung eines Führerscheins beantragt, hat der Fahrerlaubnisbehörde nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1 mitzuteilen und nachzuweisen
- 1.
Familiennamen, Geburtsnamen, sonstige frühere Namen, Vornamen, Ordens- oder Künstlernamen, Doktorgrad, Geschlecht, Tag und Ort der Geburt, Anschrift, Staatsangehörigkeit, Art des Ausweisdokumentes und - 2.
das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und Satz 2 und Absatz 3
(7) Die Fahrerlaubnisbehörde hat zu ermitteln, ob der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen, gegebenenfalls mit Anhänger, geeignet und befähigt ist und ob er bereits eine in- oder ausländische Fahrerlaubnis oder einen entsprechenden Führerschein besitzt. Sie hat dazu Auskünfte aus dem Fahreignungsregister und dem Zentralen Fahrerlaubnisregister nach den Vorschriften dieses Gesetzes einzuholen. Sie kann außerdem insbesondere entsprechende Auskünfte aus ausländischen Registern oder von ausländischen Stellen einholen sowie die Beibringung eines Führungszeugnisses zur Vorlage bei der Verwaltungsbehörde nach den Vorschriften des Bundeszentralregistergesetzes verlangen.
(8) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung oder Befähigung des Bewerbers begründen, so kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass der Antragsteller ein Gutachten oder Zeugnis eines Facharztes oder Amtsarztes, ein Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung oder eines amtlichen anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr innerhalb einer angemessenen Frist beibringt. Anstelle eines erneuten Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung genügt zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung in der Regel die Vorlage einer Bescheinigung über die Teilnahme an einem amtlich anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung, wenn
- 1.
auf Grund eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, bestehende Eignungsmängel zu beseitigen, - 2.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und - 3.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme zugestimmt hat.
(9) Die Registerauskünfte, Führungszeugnisse, Gutachten und Gesundheitszeugnisse dürfen nur zur Feststellung oder Überprüfung der Eignung oder Befähigung verwendet werden. Sie sind nach spätestens zehn Jahren zu vernichten, es sei denn, mit ihnen im Zusammenhang stehende Eintragungen im Fahreignungsregister oder im Zentralen Fahrerlaubnisregister sind nach den Bestimmungen für diese Register zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt zu tilgen oder zu löschen. In diesem Fall ist für die Vernichtung oder Löschung der frühere oder spätere Zeitpunkt maßgeblich. Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller. Die Sätze 1 bis 4 gelten auch für entsprechende Unterlagen, die der Antragsteller nach Absatz 6 Satz 1 Nr. 2 beibringt. Anstelle einer Vernichtung der Unterlagen ist die Verarbeitung der darin enthaltenen Daten einzuschränken, wenn die Vernichtung wegen der besonderen Art der Führung der Akten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.
(10) Bundeswehr, Bundespolizei und Polizei können durch ihre Dienststellen Fahrerlaubnisse für das Führen von Dienstfahrzeugen erteilen (Dienstfahrerlaubnisse). Diese Dienststellen nehmen die Aufgaben der Fahrerlaubnisbehörde wahr. Für Dienstfahrerlaubnisse gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes und der auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Mit Dienstfahrerlaubnissen dürfen nur Dienstfahrzeuge geführt werden.
(10a) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste, des Technischen Hilfswerks und sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes, die ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausüben, Fahrberechtigungen zum Führen von Einsatzfahrzeugen auf öffentlichen Straßen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t – auch mit Anhängern, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 4,75 t nicht übersteigt – erteilen. Der Bewerber um die Fahrberechtigung muss
- 1.
mindestens seit zwei Jahren eine Fahrerlaubnis der Klasse B besitzen, - 2.
in das Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 t eingewiesen worden sein und - 3.
in einer praktischen Prüfung seine Befähigung nachgewiesen haben.
(11) Nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 1 und 2 berechtigen auch ausländische Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland.
(12) Die Polizei hat Informationen über Tatsachen, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung oder auf Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen, den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln, soweit dies für die Überprüfung der Eignung oder Befähigung aus der Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist. Soweit die mitgeteilten Informationen für die Beurteilung der Eignung oder Befähigung nicht erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu vernichten.
(13) Stellen oder Personen, die die Eignung oder Befähigung zur Teilnahme am Straßenverkehr oder Fachkundenachweise zwecks Vorbereitung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung beurteilen oder prüfen oder die in Erster Hilfe (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6) ausbilden, müssen für diese Aufgaben gesetzlich oder amtlich anerkannt oder beauftragt sein. Personen, die die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 2 Abs. 5 prüfen, müssen darüber hinaus einer Technischen Prüfstelle für den Kraftfahrzeugverkehr nach § 10 des Kraftfahrsachverständigengesetzes angehören. Voraussetzungen, Inhalt, Umfang und Verfahren für die Anerkennung oder Beauftragung und die Aufsicht werden - soweit nicht bereits im Kraftfahrsachverständigengesetz oder in auf ihm beruhenden Rechtsvorschriften geregelt - durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 näher bestimmt. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 sind Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 16 für die Begleitung erfüllen, berechtigt, die Befähigung zum Führen von Einsatzfahrzeugen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen zu prüfen.
(14) Die Fahrerlaubnisbehörden dürfen den in Absatz 13 Satz 1 genannten Stellen und Personen die Daten übermitteln, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Die betreffenden Stellen und Personen dürfen diese Daten und nach näherer Bestimmung durch Rechtsverordnung gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c und d in Verbindung mit Absatz 3 Nummer 3 die bei der Erfüllung ihrer Aufgaben anfallenden Daten verarbeiten.
(15) Wer zur Ausbildung, zur Ablegung der Prüfung oder zur Begutachtung der Eignung oder Befähigung ein Kraftfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss dabei von einem Fahrlehrer oder einem Fahrlehreranwärter im Sinne des Fahrlehrergesetzes begleitet werden. Bei den Fahrten nach Satz 1 sowie bei der Hin- und Rückfahrt zu oder von einer Prüfung oder einer Begutachtung gilt im Sinne dieses Gesetzes der Fahrlehrer oder der Fahrlehreranwärter als Führer des Kraftfahrzeugs, wenn der Kraftfahrzeugführer keine entsprechende Fahrerlaubnis besitzt.
(16) Wer zur Einweisung oder zur Ablegung der Prüfung nach Absatz 10a ein entsprechendes Einsatzfahrzeug auf öffentlichen Straßen führt, muss von einem Fahrlehrer im Sinne des Fahrlehrergesetzes oder abweichend von Absatz 15 Satz 1 von einem Angehörigen der in Absatz 10a Satz 1 genannten Organisationen oder Einrichtungen, der
begleitet werden. Absatz 15 Satz 2 gilt entsprechend. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann überprüfen, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind; sie kann die Auskunft nach Satz 1 Nummer 3 beim Fahreignungsregister einholen. Die Fahrerlaubnis nach Satz 1 Nummer 2 ist durch einen gültigen Führerschein nachzuweisen, der während der Einweisungs- und Prüfungsfahrten mitzuführen und zur Überwachung des Straßenverkehrs berechtigten Personen auszuhändigen ist.Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.