Oberlandesgericht München Endurteil, 22. März 2017 - 7 U 3356/16

bei uns veröffentlicht am22.03.2017

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 8.7.2016 (Az.: 10 HK O 23409/15) im Kostenpunkt sowie in Ziffer II aufgehoben. Die Klage wird hinsichtlich des Klagantrags 5 abgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das genannte Urteil in Ziffer I abgeändert und gefasst wie folgt:

Die Beklagte wird verurteilt, Herrn Rechtsanwalt Bernd S., …, … B., Einsicht in folgende Unterlagen zu gewähren, was die Gewährung der Möglichkeit, Kopien von diesen Unterlagen zu fertigen, einschließt: - die TÜV-Berichte, die im Rahmen der Auseinandersetzung bzgl. der an der Immobile Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg, vorliegenden Baumängel erstellt wurden; - die Baugenehmigungen bzgl. der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen Rue G. K.12, … Luxemburg; - den Generalmietvertrag zwischen K. S.C., Luxemburg und ABM I. S.A., Luxemburg über Flächen in der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg; - die Unterlagen zu den nachfolgend benannten rechtlichen Auseinandersetzungen der K. S.C.: dem Klageverfahren gegen P. S.A., D. (Luxembourg) Holding S.A., G. S.C.I und Herrn A. W. auf Rückzahlung des Kaufpreises und Vergütung des Generalübernehmers nebst merkantilem Minderwert der Immobilie wegen 500 nicht genehmigter Stellplätze; dem Klageverfahren gegen die Stadt Luxemburg über die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit bezüglich der nicht genehmigten 500 Innenstellplätze; dem Klageverfahren der Stadt Luxemburg gegen die K. S.C. wegen illegal errichteter Stellplätze; - den Generalübernehmervertrag der K. S.C., Luxemburg mit der G. S.C.I., Luxemburg über die schlüsselfertige Errichtung der Immobilie Bürokomples „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg.

Im Übrigen wird die Klage in Klagantrag 1 abgewiesen.

3. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 5/14 und die Beklagte 9/14 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 2/7 und die Beklagte 5/7 zu tragen.

5. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil, soweit es noch Bestand hat, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagte Einsichtsrechte in bestimmte Unterlagen aus einem Gesellschaftsverhältnis geltend.

Die Beklagte ist ein Immobilienfonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Der Kläger beteiligte sich mit Beitrittserklärung vom 19.1.2009 über die als Treuhandkommanditistin fungierende H. Leasing Treuhandvermögensverwaltung GmbH mit einer Einlage von 23.000,- € an der Beklagten. Im Innenverhältnis der Beklagten hat der Kläger nach § 5 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten die Stellung eines Direktkommanditisten.

Die Beklagte ist zu 99,95% an der H. … GmbH & Co. Beteiligungs KG [im Folgenden: Beteiligungsgesellschaft] beteiligt. Diese Beteiligung stellt im Wesentlichen das gesamte Vermögen der Beklagten dar. Die Beteiligungsgesellschaft ist zu 99,95% an der K. S.C. [im Folgenden: Objektgesellschaft] beteiligt. Die Objektgesellschaft ist Eigentümerin des Bürokomplexes „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen in Luxemburg.

Dieses Grundstück hatte die Objektgesellschaft von der P. S.A. und der D. (Luxembourg) Holding S.A. erworben. Als Generalübernehmerin für das Projekt fungierte die G. S.C.I. Hinter den genannten Firmen steht Herr A. W. Das Objekt wurde über Darlehensverträge mit einem Bankenkonsortium, bestehend u. a. aus der Landesbank H. Girozentrale und der B. Landesbank bzw. der Banque LB Lux S.A. finanziert.

Mit ihrer laufenden Verwaltung hat die Beklagte die H. Leasing GmbH & Co. KG [im Folgenden: Geschäftsbesorgerin] beauftragt. An der Geschäftsbesorgerin und deren Komplementärin ist die Landesbank H. Girozentrale maßgeblich beteiligt. Die Geschäftsbesorgerin hatte auch den zur Veräußerung der Beteiligungen an der Beklagten zu erstellenden Prospekt zu verantworten. Hinsichtlich dieses Prospektes war (bzw. ist) eine Vielzahl von Prospekthaftungsklagen anhängig, die bisher weit überwiegend erfolgreich waren. Als Prospektfehler wurden dabei insbesondere unzutreffende Prospektangaben über die Stellplätze des Objektes angesehen; hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Stellplätze bestehen rechtliche Auseinandersetzungen zwischen der Objektgesellschaft und der Stadt Luxemburg.

§ 15 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten lautet:

(1) Jeder Gesellschafter kann in Angelegenheiten der Gesellschaft Auskunft verlangen und Bücher und Schriften der Gesellschaft in den Räumen der Gesellschaft einsehen. Der Prüfungszweck bestimmt Inhalt und Umfang des Einsichtsrechts. Die Mitgesellschafter sind vor jeder Kenntnisnahme durch einen einsichtnehmenden Gesellschafter zu schützen (Datenschutz).

(2) Die Gesellschafter können das Informations- und Kontrollrecht durch einen von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) auf eigene Kosten ausüben lassen.

(3) Alle Gesellschafter haben Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, vertraulich zu behandeln und Dritten gegenüber Stillschweigen zu bewahren.

(4) Die Gesellschafter unterliegen keinem Wettbewerbsverbot. Wettbewerbsrelevante Informationen sollen jedoch nur an einen von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichteten, für beide Seiten vertrauenswürdigen Dritten gegeben werden.

(5) Die Informations- und Kontrollrechte nach § 166 HGB stehen den Gesellschaftern auch in Bezug auf Angelegenheiten von Tochter- und Enkelgesellschaften der Gesellschaft zu. Die Gesellschaft stellt sicher, dass die Gesellschafter die Bücher und Papiere dieser Tochter- und Enkelgesellschaften einsehen können und durch einen von ihnen beauftragten Wirtschaftsprüfer prüfen lassen können.

Der Kläger hat beantragt,

1. Die Beklagte wird verurteilt, Herrn Rechtsanwalt Bernd S., …, … B., Einsicht in folgende Unterlagen zu gewähren;

a) die Objektwertgutachten bzgl. der Immobilie Bürokomplex „D.“ mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G.K. 12, … Luxenburg, insbesondere das Marktwertgutachten von Jones L. L.S. vom 28.11.2008 und die jährlich gemäß den Finanzierungsverträgen fortlaufend zu erstellenden Gutachten, insbesondere das Bewertungsgutachten von DTZ bezogen auf Dezember 2011, das Bewertungsgutachten von Jones L. L.S. bezogen auf den Stichtag 31.12.2012 sowie das Bewertungsgutachten von Jones L. L.S. bezogen auf den Stichtag 1.5.2014;

b) die TÜV-Berichte, die im Rahmen der Auseinandersetzung bzgl. der an der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg, vorliegenden Baumängel erstellt wurden;

c) die Baugenehmigungen bzgl. der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg; d) den Generalmietvertrag zwischen K. S.C., Luxemburg und ABM I. S.A., Luxemburg über Flächen in der Immobilie Bürokomplex „D. „, Rue G. K. 12, … Luxemburg;

e) die Unterlagen zu den rechtlichen Auseinandersetzungen der K. S.C. mit Dritten, insbesondere P. S.A., Luxemburg, D. (Luxembourg) Holding S.A., Luxemburg, dem Generalübernehmer G. S.C.I., Luxemburg und Herrn A. W.;

f) den Generalübernehmervertrag der K. S.C., Luxemburg, mit der G. S.C.I., Luxemburg, über die schlüsselfertige Errichtung der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg;

g) die Darlehensverträge der K. S.C., Luxemburg mit dem Bankenkonsortium bestehend aus der Landesbank H.Girozentrale und der B. Landesbank bzw. der Banque LB Lux S.A. bezüglich des zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie Bürokomplex „D. „mit Tiefgaragen- und Außenstellplätzen, Rue G. K. 12, … Luxemburg aufgenommenen Darlehens, sowie die Korrespondenz der K. S.C. mit den finanzierenden Banken bezüglich der von diesen gerügten Covenantverletzungen.

2. Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Einsicht in die in Ziffer 1. a) - g) genannten Unterlagen zu gewähren.

3. Weiter hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, als Gesellschafter der H. Leasing … GmbH & Co. Beteiligungs KG die Geschäftsführung der H. … GmbH & Co. Beteiligungs KG anzuweisen, als Gesellschafter der K. S.C. die Geschäftsführung der K. S.C. anzuweisen, Herrn Rechtsanwalt B. S. B., Einsicht in die in Ziffer 1. a) - g) genannten Unterlagen zu gewähren.

4. Weiter hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, als Gesellschafter der H. Leasing … GmbH & Co. Beteiligungs KG die Geschäftsführer der H. … GmbH & Co. Beteiligungs KG anzuweisen, als Gesellschafter der K. S.C. die Geschäftsführer der K. S.C. anzuweisen, dem Kläger Einsicht in die in Ziffer 1. a) - g) genannten Unterlagen zu gewähren.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 887,03 € zu zahlen Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache bezüglich der Hauptanträge (oben Antrag 1) stattgegeben sowie die begehrten vorgerichtlichen Kosten gemäß Antrag 5 zuerkannt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Klagabweisungsbegehren weiter.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts München I vom 8.7.2016 (Az.: 10 HK O 23409/15) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe, dass Klagantrag 1 im Einleitungssatz und in 1 e) wie folgt lautet:

Die Beklagte wird verurteilt, Herrn Rechtsanwalt B1. S., B., Einsicht in folgende Unterlagen zu gewähren, was die Gewährung der Möglichkeit, Kopien von diesen Unterlagen zu fertigen, einschließt: …

e) die Unterlagen zu den nachfolgend benannten rechtlichen Auseinandersetzungen der K. S.C,: dem Klageverfahren gegen P. S.A., D. (Luxembourg) Holding S.A., G. S.C.I. und Herrn A. W. auf Rückzahlung des Kaufpreises und Vergütung des Generalübernehmers nebst merkantilem Minderwert der Immobilie wegen 500 nicht genehmigter Stellplätze; dem Klageverfahren gegen die Stadt Luxemburg über die baurechtliche Genehmigungsfähigkeit bezüglich der nicht genehmigten 500 Innenstellplätze; dem Klageverfahren der Stadt Luxemburg gegen die K. S.C. wegen illegal errichteter Stellplätze

Gründe

Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet und war im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen.

I.

Die Klage ist zulässig.

Zwar spricht viel dafür, dass die Streitigkeit erstinstanzlich von den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Verfahren nach dem FamFG zu entscheiden gewesen wäre (vgl. §§ 23 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 4 GVG, 375 Nr. 1 FamFG), da der Sache nach ein Anspruch aus § 166 Abs. 3 HGB geltend gemacht wird (vgl. dazu näher unten B.II.1.). Das Landgericht hat diese Problematik aber gesehen und seine Zuständigkeit ausdrücklich bejaht. Damit hat der Senat diese Frage nach dem Rechtsgedanken der §§ 17 a Abs. 5, 6 GVG, 513 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu prüfen.

Sonstige Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht. Insbesondere fehlt dem Kläger nicht das Rechtsschutzbedürfnis; die Beklagte hat ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, dass der Kläger bereits rechtskräftig die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der Beklagten erstritten habe, mit Schriftsatz vom 13.2.2017 nicht mehr aufrecht erhalten.

II.

Zu entscheiden war über die klägerischen Anträge in der Fassung des Schriftsatzes vom 15.2.2017. Die damit verbundene Klageänderung in der Berufungsinstanz erachtet der Senat für sachdienlich; über die geänderten Anträge kann auf der Basis des Prozessstoffs erster Instanz entschieden werden (§ 533 Nr. 1, 2 ZPO).

Das Einsichtsrecht erfasst, soweit es reicht, auch die Fertigung von Kopien auf eigene Kosten des Einsichtnehmenden (vgl. dazu auch unten B.III.4.c). Die Erstreckung des Antrags hierauf stellt daher lediglich eine - rechtlich nicht erforderliche - Präzisierung dar, die sachdienlich erscheint, um Streitigkeiten über diese Frage im eventuell folgenden Vollstreckungsverfahren zu vermeiden.

Die Umstellung des Antrags 1 e stellt sich auf Reaktion der Klagepartei auf den im Senatstermin vom 17.1.2017 erteilten Hinweis dar, dass dieser Antrag erstinstanzlich (in Teilen) nicht hinreichend bestimmt war (vgl. dazu auch unten C.). Die nunmehr erfolgte Konkretisierung des Antrags ist damit sachdienlich.

III.

Die Klage auf Einsicht in Unterlagen (Klaganträge 1 - 4) ist nur aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die begehrten Einsichtsrechte beziehen sich insgesamt auf Unterlagen der Objektgesellschaft, also der Enkelgesellschaft der Beklagten. Einschlägig ist daher - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - die für die Einsicht in Unterlagen der Tochter- und Enkelgesellschaften der Beklagten getroffene Spezialregelung in § 15 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten und nicht § 15 Abs. 1 des Vertrages. Die Regelung verweist auf die Einsichtsrechte des § 166 HGB.

Vorliegend sind die begehrten Einsichtsrechte somit an § 166 Abs. 3 HGB zu messen. § 166 Abs. 1 HGB ist nicht einschlägig, weil es der Klagepartei nicht um die Mitteilung des Jahresabschlusses oder dessen Prüfung geht. Zu beachten ist daher die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Inhalt und Reichweite von § 166 Abs. 3 HGB (vgl. Beschluss vom 14.6.2016 - II ZB 10/15, zitiert nach juris).

Hiernach gibt die Norm dem Kommanditisten (also vorliegend dem Kläger, der im Innenverhältnis der Beklagten als Vollkommanditist behandelt wird) ein außerordentliches Prüfungsrecht zur Kontrolle der Geschäftsführung, das inhaltlich über § 166 Abs. 1 HGB hinausgeht, aber das Vorliegen eines wichtigen Grundes voraussetzt (a. a. O., Rz. 14 - 16). Dabei gibt die Norm kein allgemeines Informationsrecht, um auf Maßnahmen der allgemeinen Geschäftsführung hinzuwirken, sondern sie dient nur zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen des Auskunft begehrenden Kommanditisten (a. a. O., Rz. 23). Ein wichtiger Grund liegt hiernach vor, wenn die Belange des Kommanditisten durch die Rechte nach § 166 Abs. 1 HGB nicht hinreichend gewahrt sind und die Gefahr einer Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist besteht; der Anspruchsteller hat insbesondere darzulegen, dass begründetes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung besteht (a. a. O., Rz. 24).

Das Landgericht hat daher im Ansatz zutreffend geprüft, ob ein wichtiger Grund für die Geltendmachung des außerordentlichen Einsichtsrechts besteht und ob hierdurch die einzelnen geltend gemachten Informationen gerechtfertigt werden.

2. Der Senat teilt im Ergebnis die Einschätzung des Landgerichts, dass der Kläger erhebliches Misstrauen gegen die Geschäftsführung der Beklagten hegen durfte, so dass ein außerordentliches Einsichtsrecht dem Grunde nach besteht.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sieht der Senat in der verzögerten Erstellung von Jahresabschlüssen keinen wichtigen Grund für die Geltendmachung des außerordentlichen Informationsrechts: Insoweit handelt es sich um einen Formalverstoß, der nichts darüber besagt, dass die Geschäftsführung inhaltlich nicht den Interessen der Gesellschaft oder der Kommanditisten entspricht, und der deshalb für sich genommen ein berechtigtes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung nicht zu rechtfertigen vermag.

b) Auch die behauptete unzureichende Informationspolitik der Geschäftsführung im Allgemeinen rechtfertigt nicht (ohne weiteres) die Geltendmachung des außerordentlichen Einsichtsrechts. Zum einen bleiben die Ausführungen des Klägers hierzu im Vagen. Zum anderen ist es den Anlegern unbenommen, erstellten Jahresabschlüssen die Zustimmung zu verweigern bzw. beschlossene Jahresabschlüsse anzufechten, wenn sie sich (diesbezüglich) unzureichend informiert fühlen.

c) Auch die dargestellten Verflechtungen der Geschäftsbesorgerin mit der Landesbank H. Girozentrale rechtfertigen nicht ohne weiteres bzw. ohne Hinzutreten konkreter Umstände ein begründetes Misstrauen gegen die Geschäftsführung der Beklagten. Allein die abstrakte Befürchtung, dass die Geschäftsbesorgerin die Interessen ihrer Hauptgesellschafterin über diejenigen der Beklagten stellen könnte, rechtfertigt die Geltendmachung des außerordentlichen Informationsrechts nicht, zumal sich gegenläufige Interessen zwischen Beklagter und Landesbank nicht aufdrängen; beiden muss am wirtschaftlichen Wohlergehen der Objektgesellschaft gelegen sein.

d) Mit dem Landgericht sieht der Senat jedoch hinreichenden Anlass für ein berechtigtes Misstrauen gegen die Geschäftsführung der Beklagten aufgrund der Tatsache, dass der Prospekt der Beklagten einen massiven Fehler aufweist, der von der Geschäftsbesorgerin zu verantworten ist und der noch heute die wirtschaftliche Entwicklung der Objektgesellschaft und damit der Beklagten entscheidend prägt.

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München (vgl. z. B. Urteile vom 26.4.2016 - 17 U 3043/15 und vom 12.10.2016 - 19 U 4843/15, jeweils m. w. Nachw.) ist der Prospekt der Beklagten (Anlage K 1) fehlerhaft und unvollständig, was die Stellplatzsituation des gegenständlichen Anlageobjekts „D. „betrifft. Er weist weder auf die baurechtliche Unzulässigkeit bereits vorhandener Stellplätze noch darauf hin, dass die Genehmigungsfähigkeit weiterer geplanter Stellplätze nicht gesichert ist. Soweit es auf S. 37 des Prospekts heißt, dass zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits „sämtliche … erforderlichen behördlichen Genehmigungen“ vorgelegen hätten, erweckt dies den unzutreffenden Eindruck, als lägen auch alle erforderlichen Baugenehmigungen bereits vor. Das war jedoch tatsächlich schon für die auf S. 55 prospektierten Stellplätze (rd. 600 Stellplätze, rd. 50 Außenstellplätze) nicht der Fall, weil bis dahin nur 566 Innenstellplätze genehmigt waren. Außerdem waren nach den Angaben zu den einzelnen Mietverträgen auf S. 120 ff. bereits insgesamt 760 Innen- und 58 Außenstellplätze vermietet. Dass somit auch noch ungenehmigte Stellplätze bereits vermietet waren, hätte im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren der Vertragsdurchführung im Prospekt sehr deutlich gemacht werden müssen. Schließlich waren demnach seinerzeit für den noch nicht vermieteten Teil des Projekts (ca. 40%) überhaupt keine genehmigten Stellplätze mehr vorhanden. Auf die sich daraus ergebenden erheblichen Risiken - die sich später auch realisiert haben - hätte im Prospekt deutlich und konkret hingewiesen werden müssen. Wollte man die Prospektangaben zu den erforderlichen Genehmigungen so verstanden wissen, dass sich dies nicht auf die erforderlichen Baugenehmigungen bezieht, so wäre der Prospekt schon wegen seiner irreführenden Zweideutigkeit fehlerhaft und umso mehr wäre ein Hinweis darauf erforderlich gewesen, dass es zur Erreichung der prospektierten Vermietung weiterer Genehmigungen bedarf, die noch nicht vorlagen und deren Erlangung mit entsprechenden Unwägbarkeiten verbunden ist. - Dieser Prospektfehler ist auch im Hinblick auf das Gesamtinvestitionsvolumen und das Gesamtbeteiligungskapital erheblich, weil er - wie das Landgericht an anderer Stelle zutreffend ausführt - für die Vermietbarkeit und damit für den Wert des Fondsobjekts eine entscheidende Rolle spielt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts im unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, die der Senat zugrunde zu legen hat, wurde der Prospekt von der Geschäftsbesorgerin erstellt, welche sich somit der Gefahr von Schadensersatzansprüchen durch Anleger ausgesetzt sieht. Die Beklagte hat wesentliche Teile der Geschäftsführung, nämlich die laufende Verwaltung, insbesondere Buchführung, Bilanzerstellung, Überwachung und Steuerung von Liquidationsüberschüssen, Wiederanlage von Guthabensbeträgen, Ausschüttungen, Gesellschafterversammlungen, Abwicklung des Zahlungsverkehrs und Steuererklärungen auf die Geschäftsbesorgerin übertragen. Ein Interessenkonflikt der Geschäftsbesorgerin, die einerseits die Interessen der Beklagten und damit der Anleger zu wahren hat, sich aber gleichzeitig Schadensersatzansprüchen dieser Anleger ausgesetzt sieht, drängt sich auf. Dieser Befund rechtfertigt für den verständigen Anleger ein begründetes Misstrauen gegen die Geschäftsführung und damit die Zuerkennung außerordentlicher Informationsrechte dem Grunde nach. 3. Das damit grundsätzlich gegebene außerordentliche Einsichtsrecht bezieht sich jedoch nicht schrankenlos auf alle Unterlagen der Beklagten bzw. der Objektgesellschaft; vielmehr wird seine Reichweite bestimmt durch den Zweck der Regelung, nämlich die Kontrolle der Geschäftsführung aufgrund berechtigten Misstrauens gegen sie, wobei auch der Ausnahmecharakter des § 166 Abs. 3 HGB zu berücksichtigen ist. Hiernach erweisen sich die geltend gemachten Einsichtsrechte nur zum Teil als begründet.

a) Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die Objektwertgutachten (Klageantrag 1 a) zur sachgemäßen Ausübung des Kontrollrechts nicht erforderlich. Denn der ursprüngliche und der gegenwärtige Wert des Anlageobjekts besagen unmittelbar nichts über die Qualität der laufenden Geschäftsführung, zu deren Kontrolle das Einsichtsrecht ausnahmsweise besteht.

b) Anders liegt es im Ergebnis hinsichtlich der TÜV-Berichte betreffend Baumängel (Klageantrag 1 b). Entscheidend für diese Sichtweise ist nicht, dass eventuelle Mängel den Wert des Objekts beeinflussen, sondern dass es eine wesentliche Aufgabe der Geschäftsführung ist, Ansprüche wegen solcher Mängel zu prüfen und gegebenenfalls geltend zu machen. Von daher umfasst die Kontrolle der Geschäftsführung auch die Kenntnisnahme vom Vorliegen entsprechender Baumängel.

Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass die Einsicht nicht erforderlich sei, weil die Anleger durch Jahresberichte und Rundschreiben über die Entwicklung der Dinge hinreichend informiert worden seien. Denn diese Schriftstücke stammen von der Geschäftsführung, um deren Kontrolle es gerade geht.

c) Dasselbe gilt hinsichtlich der Baugenehmigungen (Klageantrag 1 c). Gerade wegen der Problematik nicht genehmigter Parkplätze ist es eine wesentliche Aufgabe der Geschäftsführung, den Ist-Zustand des Objekts mit den öffentlich-rechtlichen Anforderungen in Einklang zu bringen und sich diesbezüglich mit den Behörden in Luxemburg auseinander zu setzen. Eine wirksame Kontrolle der Geschäftsführung setzt daher Kenntnis der Baugenehmigungen voraus. Auch insoweit wird dem Informationsbedürfnis der Kommanditisten nicht durch die Jahresberichte und Rundschreiben der Beklagten Genüge getan (vgl. oben).

d) Das Informationsbedürfnis der Kommanditisten erfasst auch die Einsicht in den Generalmietvertrag (Klageantrag 1 d). Irrelevant ist wiederum, dass dieser für das Objekt wertrelevant ist (vgl. oben). Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, dass die Pflege der Beziehungen zum Generalmieter eine wesentliche Aufgabe der Geschäftsführung darstellt. Zur Kontrolle der Geschäftsführung erscheint daher die Kenntnis der rechtlichen Grundlagen dieser Beziehungen erforderlich.

Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass die Anleger bereits mit dem Prospekt hinreichend über den Generalmietvertrag informiert wurden. Die gedrängte Darstellung des Generalmietvertrags im Prospekt ersetzt nicht die Einsicht in die konkreten Regelungen.

e) Die rechtlichen Auseinandersetzung mit Dritten (Klagantrag 1 e - in der Fassung des Schriftsatzes vom 15.2.2017, vgl. oben B.II.) sind eine wesentliche Aufgabe der Geschäftsführung. Zur Kontrolle der Geschäftsführung erscheint daher die Einsicht in die entsprechenden Unterlagen erforderlich. Die diesbezüglichen Angaben in den Jahresberichten und den Rundschreiben genügen dem Informationsbedürfnis zum Zwecke der Kontrolle nicht (vgl. oben).

f) Die Einsicht in den Generalübernehmervertrag mit der G. S.C.I. (Klagantrag 1 f) steht in engem Zusammenhang mit den Punkten b) [Mängel] und e) [Prozesse] und ist daher aus denselben Gründen zuzuerkennen. Die Darstellung des Generalübernehmervertrags im Prospekt ersetzt wiederum nicht die Kenntnis von den Detailregelungen (vgl. oben).

g) Kein Anspruch besteht hinsichtlich der Darlehensverträge und der Korrespondenz mit den finanzierenden Banken (Klageantrag 1 g). Zwar gehört die Pflege der Beziehungen zu den finanzierenden Banken und die Abwicklung der Darlehensverträge zu den wesentlichen Aufgaben der Geschäftsführung. Der Senat sieht aber insoweit - anders als bei den unter b) bis f) abgehandelten Punkten - keinen hinreichenden Zusammenhang mit den Prospektfehlern, die das Misstrauen gegen die Geschäftsführung begründen und damit die Rechtfertigung für das außerordentliche Kontrollrecht bilden.

4. Die Klage erweist sich daher im dargestellten Umfang in den Hauptanträgen als begründet.

a) Der Kläger kann sein Einsichtsrecht in die Unterlagen der Objektgesellschaft durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt ausüben. Zwar sagt dies § 15 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags (anders als § 15 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages für das Einsichtsrecht in die Unterlagen der Beklagten selbst) nicht ausdrücklich. Es ist aber kein Grund ersichtlich, warum insoweit die Vertretung durch Rechtsanwälte ausgeschlossen sein sollte. Nach allgemeinen Grundsätzen kann man sich in Rechtsangelegenheiten anwaltlich vertreten lassen. Wenn der Gesellschaftsvertrag diese Möglichkeit ausschließen wollte, hätte dies der ausdrücklichen Regelung bedurft.

b) § 15 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags gibt ausdrücklich ein Einsichtsrecht in die Unterlagen der Tochter- und Enkelgesellschaften, welches die Beklagte sicherzustellen hat. Der Senat versteht diese Regelung so, dass sich die Beklagte selbst verpflichtet hat, diese Einsicht zu gewähren, was ihr wegen ihres beherrschenden Einflusses auf die Tochter- und Enkelgesellschaften auch möglich ist; jedenfalls ist nichts Gegenteiliges dargetan. Die Beklagte ist daher - wie primär beantragt - zur Gewährung von Einsicht und nicht lediglich zur Einwirkung auf die Tochter- und Enkelgesellschaften zu verurteilen.

c) Das Recht zur Einsichtnahme umfasst auch - was die Beklagte grundsätzlich nicht in Abrede stellt (vgl. Schriftsatz vom 3.3.2017) - das Recht zur Fertigung von Kopien auf eigene Kosten des Klägers. Soweit die Beklagte einwendet, dass sie nicht verpflichtet sei, sich zu diesem Zweck ein Kopiergerät anzuschaffen, wird sie - angesichts der Vielzahl der versandten Rundschreiben, auf die sie ständig in anderem Zusammenhang Bezug nimmt - nicht ernsthaft behaupten wollen, dass weder sie noch die Geschäftsbesorgerin (deren Bestand sich die Beklagte insoweit zurechnen lassen muss, weil sie sich ihrer im Verkehr mit den Anlegern regelmäßig bedient) bereits Kopiergeräte besitzen.

d) Über die Hilfsanträge (Klaganträge 2 - 4) ist auch, soweit die Hauptanträge abzuweisen waren, nicht zu entscheiden. Diese sind nämlich unter die Bedingungen gestellt, dass kein Einsichtsrecht durch einen Rechtsanwalt angenommen würde bzw. nur eine Verurteilung zur Einwirkung auf die Tochter- und Enkelgesellschaften in Betracht käme. Beide Bedingungen sind nicht eingetreten.

IV.

Ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten setzt die Existenz eines Schadensersatzanspruchs dem Grunde nach im Zeitpunkt der Entstehung der Kosten voraus, in dessen Rahmen die außergerichtlichen Kosten als Schadensposition geltend gemacht werden können. Vorliegend sind die geltend gemachten Gebühren und Auslagen bereits mit dem Anwaltsschreiben vom 29.4.2015 (Anlage K 20) entstanden. In diesem Zeitpunkt stand der Klägerin kein Schadensersatzanspruch zu.

Insbesondere befand sich die Beklagte nicht mit der Einsichtsgewährung in Verzug. Durch das Schreiben des Klägers vom 23.3.2015 unter Fristsetzung bis zum 31.3.2015 (Anlage K 18) wurde Verzug der Beklagten mit der Gewährung von Einsicht nicht begründet. Denn mit diesem Schreiben forderte der Kläger die Übersendung bestimmter Unterlagen. Die Beklagte schuldete aber weder nach § 15 ihres Gesellschaftsvertrages noch nach § 166 HGB die Übersendung von Unterlagen. Das Einsichtsrecht war vielmehr in den Geschäftsräumen der Beklagten auszuüben. Die Beklagte kam daher weder durch Verstreichen der vom Kläger gesetzten Frist noch dadurch, dass sie das unberechtigte Verlangen des Klägers auf Übersendung von Unterlagen mit Schreiben vom 29.4.2015 ablehnte, in Verzug.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergab sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht. Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, dass statt einer Übersendung von Unterlagen die Einsichtnahme in diese in den Geschäftsräumen der Beklagten in Betracht kam. Dass dem Kläger ein solches Recht zustand, hätte dieser unschwer § 15 des Gesellschaftsvertrages entnehmen können, so dass es eines derartigen Hinweises der Beklagten nicht bedurfte.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Für das Maß des Obsiegens hatte Klagantrag 5 außer Betracht zu bleiben, weil die außergerichtlichen Kosten sowohl erstals auch zweitinstanzlich als Nebenforderung geltend gemacht wurden. Für die erste Instanz ergibt sich eine geringfügig abweichende Kostenquote, weil der Kläger - anders als in der Berufungsinstanz aufgrund der Klageänderung (vgl. oben B.II.). - mit Klageantrag 1 e in der Fassung erster Instanz teilweise unterlegen wäre. Dieser Antrag war nämlich nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Soweit Einsicht in die Unterlagen zu Rechtsstreitigkeiten der Objektgesellschaft „mit Dritten“ gefordert wurde, ging diese Antragsfassung über den Zweck des Kontrollrechts hinaus. Erfasst wären etwa auch Arbeitsgerichtsstreitigkeiten mit Arbeitnehmern der Objektgesellschaft oder mit Einzelmietern geringer Teilflächen; insoweit war nicht ersichtlich, dass diesbezüglich Misstrauen gegen die Geschäftsführung veranlasst war und damit ein Kontrollbedürfnis bestand. Auf den Antrag erster Instanz wäre daher nur die Einsicht in die Unterlagen der konkret genannten Prozesse (gegen P. S.A., D. [Luxembourg] Holding S.A., G. S.C.I., A. W.) zuerkannt worden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalls auf der Basis der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 22. März 2017 - 7 U 3356/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Oberlandesgericht München Endurteil, 22. März 2017 - 7 U 3356/16 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2016 - II ZB 10/15

bei uns veröffentlicht am 14.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 10/15 vom 14. Juni 2016 in dem unternehmensrechtlichen Verfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja HGB § 166 Abs. 3 Das in § 166 Abs. 3 HGB geregelte außerordentliche Informationsrecht des

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(1) Der Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.

(2) Die in § 118 dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumten weiteren Rechte stehen dem Kommanditisten nicht zu.

(3) Auf Antrag eines Kommanditisten kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Der Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.

(2) Die in § 118 dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumten weiteren Rechte stehen dem Kommanditisten nicht zu.

(3) Auf Antrag eines Kommanditisten kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 10/15
vom
14. Juni 2016
in dem unternehmensrechtlichen Verfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Das in § 166 Abs. 3 HGB geregelte außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten
ist nicht auf Auskünfte beschränkt, die der Prüfung des Jahresabschlusses
dienen oder zum Verständnis des Jahresabschlusses erforderlich sind. Vielmehr
erweitert § 166 Abs. 3 HGB das Informationsrecht des Kommanditisten bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs
allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der
Gesellschaft.
BGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 - II ZB 10/15 - OLG Oldenburg
AG Aurich
ECLI:DE:BGH:2016:140616BIIZB10.15.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe sowie die Richter Prof. Dr. Drescher, Born und Sunder
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18. Juni 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
I. Die Beteiligten streiten um Auskünfte nach § 166 Abs. 3 HGB.
2
Die Antragstellerin ist als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Antragstellers , ihres im Laufe des Verfahrens verstorbenen Ehemannes, Kommanditistin der im Jahr 2005 errichteten Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5, Kommanditgesellschaften in der Form der GmbH & Co. KG, die jeweils durch die Antragsgegnerin zu 1 als Komplementärin vertreten werden. Außer den Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 bestehen noch sechs weitere Kommanditgesellschaften in der Form der GmbH & Co. KG, die C. I, III, IV, VII, X und XI, deren einzige Komplementärin ebenfalls die Antragsgegnerin zu 1 ist. An diesen Gesellschaften war der ursprüngliche Antragsteller (künftig: die Antragstellerin ) nicht beteiligt.
3
Die Antragstellerin begehrt unter Berufung auf § 166 Abs. 3 HGB Informationen zu den Gründen der bislang nicht erfolgten Umsetzung des Geschäftsgegenstandes der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5. Gegenstand sämtlicher C. Kommanditgesellschaften sei die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen sowie die Veräußerung des dadurch gewonnenen Stroms; dieser Geschäftsgegenstand sei bei Gesellschaften, an denen sie nicht beteiligt sei, bereits umgesetzt, während dies bei den Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 nicht der Fall sei.
4
Das Amtsgericht hat den Antrag, das Oberlandesgericht die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist nach ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und insgesamt zulässig.
6
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung beschränkt sich die Rechtsbeschwerde nicht darauf, den Beschluss des Beschwerdegerichts hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Auskunft gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 anzugreifen. Zwar bezieht sich der Antrag in der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich auf den Antrag der Antragstellerin vom 6. November 2014, der zunächst nur gegen die Antragsgegnerin zu 1 gerichtet war. Der Rechtsbeschwerdebegründung lässt sich jedoch im Übrigen mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass die Antragstellerin ihre Auskunftsanträge gegen sämtliche Antragsgegnerinnen weiterverfolgt.
7
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
8
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
9
Ein außerordentlicher Auskunftsanspruch nach § 166 Abs. 3 HGB bestehe nicht. Ein solcher Anspruch könne sich zwar auch gegen die Antragsgegnerin zu 1 als persönlich haftende Gesellschafterin richten, da diese als Wissensträgerin Zugriff auf die Bücher und Papiere der Gesellschaft habe und deshalb auch neben der Kommanditgesellschaft als Informationsschuldnerin anzusehen sei. Auch stehe der Umstand, dass beim Landgericht Aurich ein Klageverfahren nach § 166 Abs. 1 HGB rechtshängig sei, dem Antrag nach § 166 Abs. 3 HGB nicht entgegen. Das Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB sei jedoch auf solche Auskünfte begrenzt, die zum Verständnis des von den geschäftsführenden Gesellschaftern aufgestellten Jahresabschlusses erforderlich seien. Darüber gingen die Auskünfte, die hier Gegenstand des Antrags seien, hinaus. Der Wortlaut der Vorschrift und ihre systematische Stellung verwiesen auf § 166 Abs. 1 HGB, so dass die Frage, was unter „sonstige Auskünfte“ zu verstehen sei, nur eine auf § 166 Abs. 1 HGB Bezug nehmende Les- art gestatte. Auskünfte seien folglich auf Vermögensfragen betreffend den Jahresabschluss beschränkt. Vor dem Hintergrund des Ausschlusses eines allgemeinen , unbeschränkten Informationsanspruchs des Kommanditisten in § 166 Abs. 2 HGB erscheine es sachlich nicht gerechtfertigt, das Verfahren nach § 166 Abs. 3 HGB für sämtliche in Betracht kommenden Auskunftsansprüche zur Verfügung zu stellen, soweit ein wichtiger Grund vorliege. Stattdessen entspreche dem Ausnahmecharakter der Regelung eher die Beschränkung auf Auskunftsrechte nach § 166 Abs. 1 HGB.
10
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung lässt sich ein Auskunftsanspruch der Antragstellerin aus § 166 Abs. 3 HGB nicht verneinen.
11
a) Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die gleichzeitige Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs aus § 166 Abs. 1 HGB durch eine Leistungsklage der Zulässigkeit des Antrags nach § 166 Abs. 3 HGB nicht entgegensteht. Das Kontrollrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB tritt neben das Informationsrecht aus § 166 Abs. 1 HGB (OLG Celle, BB 1983, 1450; OLG München, ZIP 2008, 2017; vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 36/83, ZIP 1984, 702, 705; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 166 Rn. 14; Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 50; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 166 Rn. 14; Mock in Born/ Ghassemi-Tabar/Gehle, MünchHdBGesR VII, 5. Aufl., § 66 Rn. 20).
12
b) Ebenfalls zu Recht hat das Beschwerdegericht, soweit der Antrag sich gegen die Antragsgegnerin zu 1, also die geschäftsführende Gesellschafterin der übrigen Antragsgegnerinnen richtet, diese als Informationsschuldnerin angesehen. Das Antragsrecht des Kommanditisten nach § 166 Abs. 3 HGB dient ebenso wie der allgemeine Informationsanspruch eines Gesellschafters in jeder Personengesellschaft der Durchsetzung der dem Kommanditisten zustehenden mitgliedschaftlichen Informationsrechte. Ebenso wie beim allgemeinen Informationsanspruch des Gesellschafters gilt auch hier, dass sich die aus dem Informationsrecht des Kommanditisten folgenden Ansprüche neben der Gesellschaft auch gegen das geschäftsführende Organ richten, das die Auskunft unschwer erteilen kann (ständige Rechtsprechung: vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, BGHZ 196, 131 Rn. 48 mwN; Urteil vom 20. Juni 1983 - II ZR 85/82, ZIP 1983, 935, 936; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 166 Rn. 15; Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 49; Haas/Mock in Röhricht/ Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 23).
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c) Rechtsfehlerhaft hat das Beschwerdegericht jedoch von einer näheren Prüfung der Begründetheit der Auskunftsansprüche deshalb abgesehen, weil diese keinen inhaltlichen Bezug zum Jahresabschluss der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 5 haben. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist das in § 166 Abs. 3 HGB geregelte außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten nicht auf Auskünfte beschränkt, die der Prüfung des Jahresabschlusses dienen oder zum Verständnis des Jahresabschlusses erforderlich sind. Vielmehr erweitert § 166 Abs. 3 HGB das Informationsrecht des Kommanditisten bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Gesellschaft (OLG Hamm, NZG 2006, 620, 621; OLG München, ZIP 2008, 2017; OLG München, ZIP 2009, 1165; OLG München ZIP 2010, 1692, 1693; OLG München, ZIP 2011, 1619; im Ergebnis ebenso BayObLG, NZG 2003, 25 f. sowie zu § 233 Abs. 3 HGB: OLG Düsseldorf, NZG 2015, 1153; Schlegelberger/Martens, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 29; Staub/ Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 42; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 166 Rn. 33 f.; Haas/Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 26; Oetker/Oetker, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 26; Heymann/ Horn, HGB, 2. Aufl., § 166 Rn. 12; Kajetan Schuhknecht/Irmler, GWR 2016, 50, 51 f.; a.A. - Beschränkung auf Auskünfte nach § 166 Abs. 1 HGB - OLG Köln, NZG 2014, 660; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 166 Rn. 40; a.A. auch - reine Verfahrensvorschrift - Karsten Schmidt in MünchKommHGB, 3. Aufl., § 233 Rn. 14, ihm folgend Häublein in BeckOKHGB [Stand 1. Mai 2015] § 166 Rn. 20, 23 und wohl auch Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 166 Rn. 8).
14
Für den Fall der stillen Gesellschaft, für die in § 338 Abs. 3 HGB aF bzw. § 233 Abs. 3 HGB nF ein gleichlautender Informationsanspruch des stillen Gesellschafters geregelt ist, hat der Senat bereits entschieden, dass das außerordentliche Prüfungsrecht auch der Kontrolle der Geschäftsführung dient (BGH, Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 36/83, ZIP 1984, 702, 703 f.). Gleiches gilt auch für den Anspruch des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB.
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aa) Der Wortlaut des § 166 Abs. 3 HGB nennt neben der Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses sowie der Vorlegung der Bücher und Pa- piere auch die Anordnung „sonstiger Aufklärungen“ durch das Gericht. Die Vor- schrift enthält keinen ausdrücklichen Bezug auf das in § 166 Abs. 1 HGB geregelte Informationsrecht des Kommanditisten, das die Mitteilung des Jahresabschlusses und dessen Prüfung unter Einsicht der Bücher und Papiere vorsieht. Die Nennung der Anordnung „sonstiger Aufklärungen“ stellt gegenüber den in beiden Absätzen ausdrücklich genannten Informationsquellen ein Mehr an Informationsmöglichkeiten dar und geht damit inhaltlich über das in § 166 Abs. 1 HGB geregelte Informationsrecht hinaus. Die Anordnung kann zudem „jederzeit“ auf Antrag eines Kommanditisten ergehen;auch dies spricht dafür, dass das in § 166 Abs. 3 HGB geregelte Auskunftsrecht vom Jahresabschluss unabhängig ist (Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 166 Rn. 12).
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bb) Aus der Regelungssystematik des § 166 HGB ergibt sich ebenfalls eine eigenständige Stellung des in § 166 Abs. 3 HGB geregelten außerordentlichen Informationsrechts. Während das Informationsrecht aus § 166 Abs. 1 HGB ohne weitere Voraussetzungen besteht und in § 166 Abs. 2 HGB klargestellt wird, dass dem Kommanditisten die in § 118 HGB dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter einer OHG eingeräumten Kontrollrechte - also insbesondere das Recht auf (jederzeitige) persönliche Unterrichtung von den Angelegenheiten der Gesellschaft - nicht zustehen, besteht das außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (vgl. etwa Oetker/Oetker, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 1). Hinzu kommt, dass die Geltendmachung des Anspruchs aus § 166 Abs. 1 HGB im Wege der zivilprozessualen Klage zu erfolgen hat, während § 166 Abs. 3 HGB die Geltendmachung des außerordentlichen Informationsrechts in einem Streitverfahren im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorschreibt. Bei einer inhaltlichen Beschränkung auf Auskünfte, die der Prüfung des Jahresabschlusses dienen oder zum Verständnis des Jahresabschlusses erforderlich sind, würde eine Verbindung mit der prozessualen Durchsetzung des Anspruchs aus § 166 Abs. 1 HGB eher naheliegen.
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cc) Auch die Entstehungsgeschichte des § 166 HGB spricht für einen außerordentlichen Auskunftsanspruch des Kommanditisten, der inhaltlich über das in § 166 Abs. 1 HGB geregelte Informationsrecht hinausgeht. § 166 HGB geht auf Art. 150 des Preußischen HGB-Entwurfs von 1857 und auf Art. 153 des Ersten ADHGB-Entwurfs zurück (vgl. Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, III. Teil, 1858, Protokoll CXXXIX., S. 1154), die das Auskunftsrecht des Kommanditisten inhaltlich der heutigen Fassung der Absätze 1 und 2 entsprechend auf die Mitteilung der jährlichen Bilanz und deren Prüfung durch Einsicht in Bücher und Papiere der Gesellschaft beschränkten und dem Kommanditisten die weitergehenden Auskunftsrechte eines OHG-Gesellschafters ausdrücklich versagten. Auf einen Antrag Hamburgs, den 2. Absatz zu streichen oder einen Zusatz des Inhalts anzunehmen , dass ein Richter auf Antrag des Kommanditisten bei Vorliegen eines zwingenden Grundes „dieErtheilung einer Abrechnung oder sonstiger Aufklärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere zu jeder Zeit anordnen“ könne, wurde sodann „nach kurzer Diskussion, bei welcher hervorgehoben wurde, daß die jetzige Fassung des Artikels zu absolut sei und unter Umständen die Statu- ierung einer Ausnahme nicht umgangen werden könne“, der vorgeschlagene Zusatz angenommen (Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches, IX. Teil, 1861, Protokoll der 553. Sitzung , S. 4540 i.V.m. Beilagenband II. Teil, S. 31).
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Die Regelungen zum Recht der Kommanditgesellschaft wurden danach im Wesentlichen unverändert in das HGB übernommen und § 166 Abs. 3 HGB in der bis heute - abgesehen von einer hier nicht interessierenden redaktionellen Anpassung an das Bilanzrechtrichtlinienumsetzungsgesetz aus dem Jahr 1985 (BT-Drucks. 10/317, S. 74) - geltenden Fassung erlassen (Schubert/ Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897 Band I, 1986, S. 63, 752; Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 3).
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dd) Schließlich dient § 166 HGB insgesamt dazu, die Auskunftsansprüche des Kommanditisten von denen eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementärs abzugrenzen (Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 1), der sich anlassunabhängig von den Angelegenheiten der Gesellschaft unterrichten kann. Dazu reicht es aus, die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu knüpfen.
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3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 74 Abs. 2 FamFG). Bereits mangels Wiedergabe des konkreten Inhalts der von der Antragstellerin begehrten Auskünfte im Beschluss des Beschwerdegerichts lässt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung das für die Begründetheit der Auskunftsansprüche aus § 166 Abs. 3 HGB erforderliche Vorliegen eines wichtigen Grundes durch den erkennenden Senat nicht verneinen. Die Feststellungen des Beschwerdegerichts erlauben zudem schon keine Entscheidung darüber, ob die konkret begehrten Auskünfte Gegenstand eines Auskunftsanspruchs gem. § 166 Abs. 3 HGB sein können oder nicht.
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III. Die Beschwerdeentscheidung ist danach aufzuheben. Die Sache ist, da sie nicht entscheidungsreif ist, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 75 Abs. 5 Satz 2 FamFG). Dieses wird die bislang von seinem Rechtsstandpunkt aus unterbliebene Prüfung nachzuholen haben, ob es sich bei den begehrten Auskünften um solche handelt, die von einem Kommanditisten nach § 166 Abs. 3 HGB verlangt werden können, und, soweit dies bejaht wird, ob für jede einzelne der von der Antragstellerin begehrten Auskünfte der nach § 166 Abs. 3 HGB erforderliche wichtige Grund vorliegt.
22
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
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1. Das außerordentliche Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 3 HGB stellt, wie dargestellt, kein allgemeines Auskunfts- und Einsichtsrecht des Kommanditisten dar, der gem. § 166 Abs. 2 HGB ausdrücklich nicht wie ein von der Geschäftsführung ausgeschlossener Gesellschafter einer OHG das Recht auf jederzeitige Unterrichtung von den Angelegenheiten der Gesellschaft hat, sondern rechtfertigt von vornherein nur die Zuerkennung solcher Informations- und Aufklärungsrechte, die zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen des Kommanditisten geeignet und angemessen sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 36/83, ZIP 1984, 702, 704). Das außerordentliche Informationsrecht wird insoweit durch das Informationsbedürfnis des Kommanditisten begrenzt, das sich aus dem wichtigen Grund ergibt. Es steht dem Kommanditisten deshalb auch nicht zur Verfügung, um auf Maßnahmen hinzuwirken, die Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung sind (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1992 - II ZR 128/91, ZIP 1992, 758, 760).
24
Ein wichtiger Grund ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Belange des Kommanditisten durch das vertragliche oder aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung besteht (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 36/83, ZIP 1984, 702, 704). Ein wichtiger Grund ist deshalb etwa dann anzunehmen, wenn die Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist, z.B. bei drohender Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist. Der Kommanditist muss konkrete Umstände für die Erforderlichkeit und Bedeutung der begehrten Informationen darlegen (Oetker/Oetker, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 21), d.h. zumindest dafür, dass ein begründetes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung besteht (Staub/Casper, HGB, 5. Aufl., § 166 Rn. 47; MünchKommHGB/Grunewald, 3. Aufl., § 166 Rn. 30).
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Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der zu erteilenden Auskunft hängen von dem geltend gemachten wichtigen Grund ab (vgl. OLG Düsseldorf, NZG 2015, 1153 f. mwN; Heymann/Horn, HGB, 2. Aufl., § 166 Rn. 12). In diesem Zusammenhang muss eine Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der Gesellschaft vorgenommen werden (vgl. OLG Hamm, NZG 2006, 620, 621; Oetker/Oetker, HGB, 4. Aufl., § 166 Rn. 24).
26
2. Das Beschwerdegericht wird zu beachten haben, dass sich ein Auskunftsanspruch der Antragstellerin grundsätzlich nur auf die geschäftlichen Belange und die Geschäftsführung derjenigen Kommanditgesellschaften beziehen kann, deren Kommanditistin sie ist; zwar umfasst das Auskunftsrecht auch die evtl. Rechtsbeziehungen zwischen diesen Gesellschaften und Dritten, nicht jedoch die geschäftlichen Belange anderer Kommanditgesellschaften oder Rechtsbeziehungen zwischen Dritten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. Januar 1984 - II ZR 36/83, ZIP 1984, 702, 704). Des Weiteren wird das Beschwerdegericht zu prüfen haben, ob es sich bei den begehrten Auskünften nicht - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend macht - ganz oder teilweise um Auskünfte handelt, die die Antragstellerin bereits erhalten hat.
VRiBGH Prof. Dr. Bergmann Caliebe Drescher ist erkrankt und kann deshalb nicht unterschreiben. Caliebe Born Sunder
Vorinstanzen:
AG Aurich, Entscheidung vom 11.05.2015 - 14 II 50/14 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 18.06.2015 - 12 W 117/15 (UK) -

(1) Der Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.

(2) Die in § 118 dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumten weiteren Rechte stehen dem Kommanditisten nicht zu.

(3) Auf Antrag eines Kommanditisten kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere jederzeit anordnen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.