Gericht

Oberlandesgericht München

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 23 U 1751/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 17.09.2015

27 O 27509/12 LG München I

In dem Rechtsstreit

1) ...

- Klägerin und Berufungsbeklagte -

2) ...

- Kläger und Berufungsbeklagter - Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: Rechtsanwälte ...

gegen

1) ...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

2) ...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

3) ...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

4) ...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

5) ...

- Beklagte und Berufungsklägerin -

Prozessbevollmächtigte zu 1 - 5: Rechtsanwälte ...

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 23. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2015 folgendes

Endurteil

1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 13.11.2014, 23 U 1751/14, wird aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 31.03.2014, Az. 27 O 27509/12, in Ziff. 1 und Ziff. 2 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Säumnis der Beklagten im Termin vom 13.11.2014 zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Gründe:

I. Die Kläger machen gegen die Beklagten als Versicherer Deckungsansprüche zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer, Herrn Wirtschaftsprüfer Horst F., geltend. Die F. Zins AG legte im März 2003 den F. Zinsfonds auf. Grundlage des Vertriebs war der Verkaufsprospekt vom 11.03.2003 (Anlage B 4). Der Wirtschaftsprüfer Horst F. führte die Prospektprüfung durch und übernahm die Mittelverwendungskontrolle. Der Mittelverwendungskontrollvertrag ist im Verkaufsprospekt abgedruckt. Nach § 1 Abs. 1 des Mittelverwendungskontrollvertrags richtet die Fondsgesellschaft ein Sonderkonto ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Mittelverwendungskontrolleur verfügen kann. Dies wurde von der Fondsgesellschaft nicht umgesetzt, tatsächlich waren die Geschäftsführer einzelvertretungsbefugt. Der Wirtschaftsprüfer Horst F. kontrollierte die ordnungsgemäße Einrichtung des Kontos nicht. Hierüber informierte er weder die bereits beigetretenen Anleger noch beitrittswillige Interessenten. Die Kläger beteiligten sich am 08.12.2003 mit 40.000,00 Euro an der F.-zinsfonds GbR.

Das AG Rosenheim eröffnete mit Beschluss vom 01.09.2010 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Wirtschaftsprüfers Horst F. Die Kläger meldeten im Insolvenzverfahren Forderungen in Höhe von 24.391,26 Euro (Hauptforderung), ausgerechnete Zinsen in Höhe von 7.089,80 Euro und Kosten in Höhe von 6.727,74 Euro an, die vom Insolvenzverwalter zur Tabelle festgestellt wurden.

Mit Urteil des LG München I, Az. 4 KLs 314 Js 34413/07 vom 18.10.2010 wurde der Wirtschaftsprüfer Horst F. wegen Untreue im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Mittelverwendungskontrolleur für die F. Zinsfonds GbR verurteilt. Am 22.02.2013 erhielten die Kläger eine Kapitalrückzahlung durch die F. Zinsfonds GbR in Höhe von 3.000,00 Euro, am 19.12.2013 in Höhe weiterer 3.000,00 Euro und am 01.09.2014 in Höhe von 660,00 Euro. Die Kläger sind der Ansicht, der Deckungsanspruch sei nicht nach § 4 Nr. 5 AVB - RSW aufgrund einer wissentlichen Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers ausgeschlossen. Die Bedingungen seien nicht Vertragsbestandteil geworden. Der Haftungsausschluss sei unwirksam. Zudem komme allein eine fahrlässige Pflichtverletzung in Betracht. Allein eine möglicherweise wissentliche Verletzung der Pflicht, die Zeichnungsbefugnisse bezüglich des Sonderkontos zu kontrollieren, genüge nicht. Maßgeblich sei die unterlassene Aufklärung potentieller Anleger. Dass Herr Wirtschaftsprüfer F. von einer derartigen Offenbarungspflicht Kenntnis gehabt habe, könne nicht angenommen werden. Die Kläger haben in erster Instanz beantragt: 1. Die Beklagten zu 1) bis 5) werden als Gesamtschuldner verpflichtet zur Zahlung an die Klagepartei von EUR 28.480,56 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus einem Betrag von 31.480,56 Euro seit 01.09.2010 bis zum 21.02.2013, sowie aus einem Betrag von 28.480, 56 Euro seit dem 22.02.2013 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Vermögensrechte aus und im Zusammenhang mit der Beteiligung der Klageparteien an der F. Zinsfonds GbR vom 08.12.2003 mit einem Beteiligungsbetrag von 40.000,00 Euro. Im Übrigen ist der Rechtsstreit in Höhe von 3.000,00 Euro erledigt. Für den Fall der Abweisung des Klageantrags Ziff. 1 haben die Kläger hilfsweise beantragt: 2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) gegenüber Herrn Rechtsanwalt Klaus Martin L., ..., als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Horst F., ..., eingesetzt durch Beschluss des AG Rosenheim - Insolvenzgericht - vom 01.09. 2010, Az. 601 IN 277/10, aufgrund des Versicherungsvertrages zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn Horst F., Kundennummer ...398, bezüglich des Schadensfalls unter Ziffer 1 aus der Tätigkeit des Herrn Horst F. als Mittelverwendungskontrolleur der F. Zinsfonds GbR Deckung zu erteilen hat. 3. Die Beklagten zu 2) bis 5) werden als Gesamtschuldner verurteilt, Herrn Rechtsanwalt Klaus Martin L., ..., als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Horst F., ..., eingesetzt durch Beschluss des AG Rosenheim - Insolvenzgericht - vom 01.09. 2010, Az. 601 IN 277/10, aufgrund des Versicherungsvertrages zwischen der Beklagten zu 1) und Herrn Horst F., Kundennummer ...398, bezüglich des Schadensfalls unter Ziffer 1 aus der Tätigkeit des Herrn Horst F. als Mittelverwendungskontrolleur der F. Zinsfonds GbR von der Forderung aus Ziff. 1 der Klagepartei freizustellen. Für den Fall der Abweisung des vorstehenden Hilfsantrags zu Ziffer 2 haben die Kläger den Antrag zu Ziff. 4 hilfsweise gestellt: 4. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 2) bis 5) gegenüber Herrn Rechtsanwalt Klaus Martin L., ..., als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn Horst F., ..., eingesetzt durch Beschluss des AG Rosenheim - Insolvenzgericht - vom 01.09.2010, Az. 601 IN 277/10, aufgrund des Versicherungsvertrages zwischen den Beklagten zu 2) bis 5) und Herrn Horst F., Kundennummer ...398 bezüglich des Schadensfalls unter Ziffer 1 aus der Tätigkeit des Herrn Horst F. als Mittelverwendungskontrolleur der F. Zinsfonds GbR Deckung zu erteilen hat. 5. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten zu 1) bis 5) seit Rechtshängigkeit mit den Leistungen des Klageantrags zu Ziff. 1 in Annahmeverzug befinden.

Die Beklagten zu 2) bis 5) haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der Deckungsausschluss aus § 4 Nr. 5 AVB-RSW greife. Die Überprüfung des Sonderkontos auf die ordnungsgemäße Einrichtung sei eine Kardinalpflicht des Mittelverwendungskontrollvertrages. Da Herrn Horst F. bewusst gewesen sei, dass er diese Kontrolle nicht vorgenommen habe, liege eine wissentliche Pflichtverletzung vor. Die Nichtaufklärung der Anleger sei nur eine Fortsetzung dieser ersten Pflichtverletzung; ob Herr Horst F. auch die Aufklärungspflicht wissentlich verletzt habe, sei nicht maßgeblich. Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat dem Klageantrag Ziff. 1 im Wesentlichen - bis auf Teile des Zinsanspruchs - und dem Klageantrag Ziff. 5 stattgegeben. Die Beklagten zu 1) bis 5) seien passivlegitimiert. Der Anspruch sei nicht durch § 4 Nr. 5 AVB-RSW ausgeschlossen. Der geltend gemachte Zeichnungsschaden sei nicht die kausale Folge der pflichtwidrigen Mittelverwendungskontrolle, sondern der Verletzung einer hiervon zu unterscheidenden Aufklärungspflicht gegenüber potentiellen Anlegern. Eine solche Aufklärungspflicht habe vor dem Urteil des BGH vom 19.11.2009, Az. III ZR 108/08 und III ZR 109/08 die Rechtsprechung nicht angenommen. Herr Wirtschaftsprüfer Horst F. habe daher allenfalls fahrlässig gehandelt. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie wiederholen und vertiefen ihren erst- instanzlichen Vortrag. Die Verletzung der Kontrollpflicht und der Aufklärungspflicht seien keine unabhängig voneinander zu betrachtenden Einzelpflichten. Herr Wirtschaftsprüfer F. habe gewusst, dass er für eine ordnungsgemäße Kontoerrichtung sorgen und Misstände beseitigen, mithin zum Schutz der Anleger tätig werden musste. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht die Beklagte zu 1) als passivlegitimiert angesehen. Gegen die Beklagten hat der Senat im Verhandlungstermin vom 13.11.2014 Versäumnisurteil erlassen und die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Hauptsache in Höhe von 3.660,00 Euro erledigt ist (Bl. 230 d. A.). Die Beklagten haben gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und beantragen zuletzt, unter Aufhebung des Versäumnisurteils das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Kläger beantragen,

das Versäumnisurteil vom 13.11.2014 aufrechtzuerhalten. Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil. Insbesondere fehle es an einer wissentlichen Pflichtverletzung. Die Beklagten versuchten zu Unrecht, aus einem Durchführungsschaden einen Zeichnungsschaden zu konstruieren. Zudem hätten schon die Instanzgerichte die später vom BGH bejahte Aufklärungspflicht nicht erkannt. In Höhe von 3.660,00 Euro haben die Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklärt; die Beklagten haben dem nicht zugestimmt.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 13.11.2014 (Bl. 228 ff d. A.) und vom 06.08.2015 (Bl. 258 ff d. A.) Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist in vollem Umfang begründet. 1. Die Beklagten haben gegen das am 13.11.2014 erlassene Versäumnisurteil form- und fristgerecht nach § 339, § 340 ZPO Einspruch eingelegt. 2. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, da die Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist. 2.1 Die Kläger haben keinen Zahlungsanspruch gemäß § 154, § 157 VVG a. F., Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG gegen die Beklagten. Der Anspruch ist nach § 4 Nr. 5 AVB-RSW (Anlage B 1) ausgeschlossen. 2.2 Die Beklagte zu 1) ist passivlegitimiert. Der Versicherungsvertrag wurde mit der Beklagten zu 1), einer GbR, an der die Beklagten zu 2) bis 5) als Gesellschafter beteiligt sind, geschlossen, wie das Landgericht zutreffend annimmt. In den als Anlage K 3 vorgelegten „Versicherungs- und Produktinformationen der Versicherungsstelle Wiesbaden“ ist ausgeführt: „Sie schließen den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen“. Daraus ergibt sich, dass entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) diese selbst Vertragspartner wurde. Auch die als Anlage B 1) vorgelegte Korrespondenz mit Herrn Wirtschaftsprüfer F. wurde stets von der „Versicherungsstelle für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen“ geführt. Demgegenüber ist es rechtlich ohne Bedeutung, wenn, wie die Beklagten in zweiter Instanz vorgetragen, im aktuellen Internetauftritt nur die Beklagten zu 2) bis 5) als Vertragspartner etwaiger Versicherungsverträge genannt werden.

Dass die Beklagten zu 2) bis 5) passivlegimiert sind, stellen diese selbst nicht in Frage. 2.3 Nach § 4 Nr. 5 AVB-RSW bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Haftpflichtansprüche wegen wissentlichen Abweichens von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt: 2.3.1 § 4 Nr. 5 AVB-RSW wurde wirksam in den Versicherungsvertrag einbezogen. Mit dem von den Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Schreiben der Beklagten zu 1) vom 28.01.2004 wurden Herrn Wirtschaftsprüfer Horst F. als Nachtrag zum Versicherungsschein „die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen (AVB-RSW)“ übersendet und Herr Horst F. in Fettdruck darauf hingewiesen, dass Abweichungen vom Antrag oder bisher getroffenen Vereinbarungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats widerspricht. Dass Herr Horst F. das Schreiben nicht erhalten oder fristgerecht widersprochen hätten, behaupten auch die Kläger nicht. Gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 VVG a. F., Art. 1 EGVVG wurden die Vertragsbedingungen mithin Vertragsbestandteil. 2.3.2 Der Haftungsausschluss ist entgegen der Ansicht der Kläger wirksam, auch wenn er weiter geht als § 152 VVG a. F. (Voith/Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl, § 152 Rz. 7 m. w. N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 17.12.1986, IV a ZR 166/85, juris Tz. 15 und BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 8 ff, die jeweils von der Wirksamkeit des Haftungsausschlusses ausgehen). 2.3.3 Entgegen der Ansicht der Kläger besteht bezüglich der Frage, ob eine wissentliche Pflichtverletzung vorlag, keine Bindungswirkung des Haftpflicht- für den Deckungsprozess (BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 13). Zudem fehlt es vorliegend ohnehin an einem rechtskräftigen Urteil im Haftpflichtprozess; das als Anlage K 17 vorgelegte Urteil des Landgerichts München I vom 18.11.2010, 10 O 14541/06 erging nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

2.3.4 Eine wissentliche Pflichtverletzung i. S. d. § 4 Nr. 5 AVB-RSW begeht nur der Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat und das Bewusstsein hatte, pflichtwidrig zu handeln (BGH, NJW 2006, S. 289, 291; BGH, Urteil vom 20.06.2001, IV ZR 101/00, Juris Tz. 23; BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 15). Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (BGH, Urteil vom 20.06.2001, IV ZR 101/00 Juris Tz. 23; BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 16). Dabei hat zunächst der Versicherer einen Sachverhalt vorzutragen, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei ist der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann. Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Wenn dies geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen (BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 20 f). Nach diesen Grundsätzen ist von einer wissentlichen Pflichtverletzung auszugehen: 2.3.4.1. Herr Wirtschaftsprüfer Horst F. hat seine Kontrollpflicht aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag wissentlich verletzt.

Im Mittelverwendungskontrollvertrag (abgedruckt im Prospekt, Anlage B 4) ist unter § 1 ausgeführt, die Fondsgesellschaft richte ein Sonderkonto ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten - Herrn Wirtschaftsprüfer F. - verfügen dürfe. Auf dieses Konto seien die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fondsgesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen. Gemäß § 4 wird der Mittelverwendungskontrollvertrag als Vertrag zugunsten der Gesellschafter abgeschlossen, die aus diesem eigene Rechte herleiten können. Im Prospekt ist unter „Rechtliche Grundlagen“ Ziff. 3 (S. 44 des Prospekts, Anlage B 4) ausgeführt: „Zur Absicherung der Kapitalanleger hat ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die Auszahlung von Darlehen übernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschreibung des Mittelverwendungskontrollvertrags verwiesen“.

Unstreitig wurde ein Sonderkonto entsprechend diesen Vorgaben nie eingerichtet, eine zwingende Mitzeichnung des Herrn F. nie vorgesehen. Seine Pflicht, zu kontrollieren, ob ein Sonderkonto entsprechend der Vorgaben eingerichtet wurde, kannte Herr Wirtschaftsprüfer F.; indem er diese Kontrolle unterließ, handelte er bewusst pflichtwidrig. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass er als Mittelverwendungskontrolleur Vertragspartner des Mittelverwendungskontrollvertrages war und auch den Prospektprüfungsbericht (Anlage B 5) erstellt hatte, den Text des Mittelverwendungskontrollvertrags und die sich daraus ergeben Pflichten mithin kannte. Zudem handelt es sich gerade um die Kardinalspflicht aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag. Von jedem Wirtschaftsprüfer kann erwartet werden, dass ihm bewusst ist, dass er die im Vertrag vorgesehene Einrichtung des Sonderkontos mit zwingender Mitzeichnung zu kontrollieren hat und sich anderenfalls pflichtwidrig verhält. Überdies zeigt sich auch aus dem als Anlage B 9 vorgelegten, von Herrn F. erstellten Bericht über die Mittelverwendungskontrolle vom 22.03.2004, dass ihm diese Pflicht durchaus bewusst war. So ist gerade unter der Überschrift „Die Kontrollmaßnahmen stellen sich im Einzelnen wie folgt dar“ - unzutreffend - angeführt, ein Sonderkonto, über das die Fondsgesellschaft nur gemeinsam mit dem Mittelverwendungskontrolleur verfügen dürfe, sei eingerichtet. Unstreitig hat der Wirtschaftsprüfer F. diese Angaben bewusst wahrheitswidrig gemacht. Dass ihm die Fondsgesellschaft die Einrichtung eines entsprechenden Kontos vorgespiegelt oder Herr F. sich bezüglich der Existenz eines derartigen Kontos geirrt hätte, behaupten auch die Kläger nicht. Allein die Tatsache, dass das Konto von der Fondsgesellschaft - und nicht von Herrn F. - einzurichten war, ändert an der bewussten Pflichtverletzung entgegen der Ansicht der Kläger nichts. 2.3.4.2. Der Senat verkennt nicht, dass die Kläger vorliegend den Zeichnungsschaden vom Dezember 2003 geltend machen. Für diesen haftet Herr F. Insoweit hat der BGH im Urteil vom 19.11.2009 (III ZR 109/08, NJW 2010, S. 1279 ff) - anders als zuvor die Instanzgerichte - eine vorvertragliche Aufklärungspflicht auch des reinen Mittelverwendungskontrolleurs gegenüber künftigen potentiellen Anlegern angenommen. Soweit die Kläger hieraus jedoch ableiten, bezüglich dieser Aufklärungspflicht fehle es an einer wissentlichen Pflichtverletzung, folgt der Senat dem nicht: Herr F. wusste aus dem Vertragstext, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag als Vertrag zugunsten der Anleger ausgestaltet war. Damit war ihm auch bewusst, dass er bei Pflichtverletzungen unmittelbar den Anlegern gegenüber haftbar war und mithin im Interesse der Anleger umfassende Maßnahmen ergreifen musste, die Missstände abzustellen. Damit war ihm aber notwendigerweise ebenfalls bewusst, dass er sich auch neuen Anlegern gegenüber, die sich an der Fondsgesellschaft beteiligen würden, bevor die Missstände abgestellt waren, haftbar machen würde. Zudem kannte Herr Wirtschaftsprüfer F., wie ausgeführt, den Prospekt, mit dem - im Dezember 2003 - neue Anleger geworben wurden: Er wusste mithin, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag im Prospekt abgedruckt und werbend herausgestellt war, obwohl Herr F. eine entsprechende Mittelverwendungskontrolle gerade nicht durchgeführt hatte. Damit war ihm bewusst, dass neue Anleger getäuscht würden und fälschlicherweise davon ausgehen müssten, der Mittelverwendungskontrolleur - Herr Freiheit - überwache die Einrichtung eines Sonderkontos für die Einlagen der Gesellschafter und stelle sicher, dass Verfügungen nur mit seiner Mitzeichnung möglich seien.

Vor diesem Hintergrund wäre es eine lebensfremde Aufspaltung der Bewusstseinslage, das einheitliche Untätigbleiben von Herrn F. zwar in Bezug auf die alten Anleger, nicht aber in Bezug auf die neu zu werbenden Anleger als bewusste Pflichtverletzung anzusehen. Letztlich stellen die weiteren Pflichtverletzungen, wie das Nicht- abstellen der Missstände und die fehlende Warnung der potentiellen Anleger, sich als weitere Glieder einer Kausalkette dar, die mit der wissentlichen Pflichtverletzung des Wirtschaftsprüfers Freiheit durch die fehlende Kontrolle des Sonderkontos und der Mittelverwendung in Gang gesetzt wurden (so auch OLG Frankfurt, Urteil vom 20.03.2014, 3 U 233/12, Juris Tz. 34 ff). Selbst wenn man dem nicht folgen wollte, hätten die Beklagten jedenfalls ausreichend Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung des Herrn F. auch in Bezug auf die neuen Anleger betrachtet werden können. Die wissentliche Verletzung des Mittelverwendungskontrollvertrags als Vertrag zugunsten der Anleger lässt jedenfalls den Schluss zu, Herr Wirtschaftsprüfer Horst F. habe auch in Bezug auf die Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber neuen Anlegern wissentlich gehandelt. Umstände, warum die Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung im konkreten Fall nicht zulassen, haben die Kläger im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.2014, IV ZR 90/13, Juris Tz. 20 f.) nicht dargetan. Auf die sekundäre Darlegungslast und das vorbezeichnete Urteil des BGH vom 17.12.2014 hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2015 hingewiesen (Bl. 259 d. A.), ohne dass die Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung weiter vorgetragen oder Stellungnahmefrist beantragt hätten. Soweit die Kläger erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 09.09.2015 (Bl. 261 d. A.) ausführen, der Zeuge F. wurde als Zeuge für die Nichtkenntnis der Aufklärungspflicht hilfsweise angeboten, ist dieses Beweisangebot nach § 296 a, § 525 S. 1 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO ist nicht veranlasst. 2.4 Soweit die Kläger in Höhe von 3.660,00 Euro die Klage in zweiter Instanz einseitig für erledigt erklärt haben, war dies als Antrag auf Feststellung der Erledigung auszulegen (vgl. das Versäumnisurteil des Senats vom 13.11.2014, Bl. 230 f d. A.). Dieser Antrag verbleibt indessen ohne Erfolg, da die Klage von Anfang an unbegründet war. 2.5 Da sich die Beklagten insgesamt auf den Ausschlusstatbestand des § 4 Nr. 5 AVB-RSW berufen und die Versicherungsleistung verweigern können, verbleiben auch die Hilfsanträge der Kläger (Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Deckung zu erteilen oder den Insolvenzverwalter von der Klageforderung freizustellen) sowie der Antrag, den Annahmeverzug der Beklagten festzustellen, ohne Erfolg. 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 344 ZPO. Die Beklagten waren zum Termin am 13.11.2014 ordnungsgemäß geladen und hatten mit Schriftsatz vom 12.11.2014 (Bl. 227 d. A.) angekündigt, den Verhandlungstermin am 13.11.2014 nicht wahrzunehmen. 4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. 5. Die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Entgegenstehende höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung ist ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere weicht der Senat nicht von der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 20.03.2014, 3 U 233/12 (Juris Tz. 34 ff) ab.

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00

bei uns veröffentlicht am 20.06.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 101/00 Verkündet am: 20. Juni 2001 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _______________

Oberlandesgericht München Endurteil, 17. Sept. 2015 - 23 U 1751/14

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 23 U 1751/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 17.09.2015 27 O 27509/12 LG München I In dem Rechtsstreit 1) ... - Klägerin und Berufungsbeklagte - 2) ...

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2014 - IV ZR 90/13

bei uns veröffentlicht am 17.12.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR90/13 Verkündet am: 17. Dezember 2014 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja AVB Berufshaftpflichtversicherung
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Oberlandesgericht München Endurteil, 17. Sept. 2015 - 23 U 1751/14

bei uns veröffentlicht am 17.09.2015

Gründe Oberlandesgericht München Az.: 23 U 1751/14 IM NAMEN DES VOLKES Verkündet am 17.09.2015 27 O 27509/12 LG München I In dem Rechtsstreit 1) ... - Klägerin und Berufungsbeklagte - 2) ...

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 108/08
Verkündet am:
19. November 2009
K i e f e r
Justizangesteller
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Der im Emissionsprospekt einer Fondsgesellschaft abgedruckte Mittelverwendungskontrollvertrag
, der als ein dem Schutz der Anleger dienender Vertrag
zugunsten Dritter ausgestaltet ist, unterliegt auch dann der Inhaltskontrolle nach
dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn er zwischen der
Fondsgesellschaft (Versprechensempfänger) und dem als Mittelverwendungskontrolleur
eingesetzten Wirtschaftsprüfer (Versprechender) individuell ausgehandelt
wurde.
BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 108/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. März 2008 im Kostenpunkt - mit Ausnahme der Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen den Beklagten zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Kläger machen gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer (vormals Beklagter zu 1, nachfolgend: Beklagter) Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. Z. GbR geltend, die sie im September 2004 zeichneten.
2
Die Anlage wurde anhand eines von der Fondsgesellschaft herausgegebenen Emissionsprospekts vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag ein im Prospekt hinter dem Gesellschaftsvertrag als Anlage 2 abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der F. Z. GbR und dem dort noch nicht benannten Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag enthielt insbesondere folgende Regelungen: "§ 1 Sonderkonto (1) Die Fonds-Gesellschaft richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann ("Sonderkonto"). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fonds-Gesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen. … § 4 Haftung (1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die Gesellschafter können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten. (2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die Fonds-Gesellschaft oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen."
3
Weiter enthielt der Vertrag in § 1 Abs. 3 die Bedingungen, unter denen Zahlungen von dem Sonderkonto geleistet werden durften und deren Einhaltung der Mittelverwendungskontrolleur zu überwachen hatte.
4
Der Beklagte war Mitte März 2003 als Mittelverwendungskontrolleur gewonnen worden und hatte mit der Fondsgesellschaft den im Prospekt wiedergegebenen Vertrag abgeschlossen.
5
Nachdem bereits Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fondsgesellschaft offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des Jahres 2005 in Liquidation. Die Kläger begehren von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes unter anderem die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Einlagen abzüglich der aus der Liquidation erhaltenen Beträge Zug um Zug gegen Abtretung des weiteren Liquidationserlöses und die Freistellung von den Verpflichtungen aus der Beteiligung. Ferner beantragen sie, den Annahmeverzug des Beklagten wegen der Abtretung und die Erledigung der Hauptsache, soweit sie Gelder aus der Liquidation erhalten haben, festzustellen. Sie werfen dem Beklagten unter anderem vor, er habe die ihm nach dem Vertrag übertragene Mittelverwendungskontrolle nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Insbesondere habe die Fondsgesellschaft entgegen § 1 Abs. 1 des Mittelverwendungskontrollvertrags (im Folgenden: MVKV) und den Angaben im Prospekt ohne Mitwirkung des Beklagten über die angelegten Gelder verfügen können.
6
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Nach dessen Auffassung scheiden Ansprüche gegen den Beklagten aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV aus. Diese Klausel unterliege keiner AGB-Kontrolle, da sie zwischen der F. Z. GbR und dem Beklagten individuell ausgehandelt worden sei.
9
Deliktische Ansprüche scheiterten an nicht ausreichendem Sachvortrag.

II.


10
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sich der Beklagte gegenüber den Anlegern - und damit auch gegenüber den Klägern - nicht auf die Subsidiarität seiner Haftung gemäß § 4 Abs. 2 MVKV berufen. Die Klausel ist insoweit nach § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam.
12
1. Bei § 4 Abs. 2 MVKV handelt es sich um eine der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB unterliegende Klausel. Zwar ist sie vordergründig eine einzeln ausgehandelte Vertragsbestimmung, da sie - nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand - individuell zwischen dem Beklagten und der Fondsgesellschaft vereinbart wurde und den aus einem Vertrag nach § 328 Abs. 1 BGB begünstigten Dritten (hier den Anlegern) nur ein aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Schuldner (hier dem Beklagten) und dem Versprechensempfänger (hier der Fondsgesellschaft) abgespaltenes Forderungsrecht zusteht (z.B.: BGH, Urteile vom 8. Februar 2006 - IV ZR 205/04 - NJW 2006, 1434, 1437 Rn. 39 und vom 2. Oktober 1969 - KZR 10/68 - DNotZ 1970, 240). Allerdings handelt es sich um eine Bestimmung, die für eine Vielzahl von vertraglichen Verhältnissen vorformuliert ist und die der Beklagte über die zwischen der Fondsgesellschaft und den Anlegern geschlossenen Verträge gegenüber diesen verwendete. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass es für die Anwendbarkeit des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht darauf ankommt, ob derartige Klauseln Bestandteil eines zweiseitigen Vertrags sind. Vielmehr können nach dem Schutzzweck des AGB-Rechts auch vorformulierte Klauseln der Inhaltskontrolle unterliegen, die nicht im engen Sinne Vertragsbedingungen sind, sofern sie im Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung stehen (so für einseitige Erklärungen des Kunden, die auf einer Vorformulierung des Verwenders beruhen BGHZ 98, 24, 28; 141, 124, 126; BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - I ZR 241/97 - NJW 2000, 2677; zust.: Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 305 Rn. 7; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 305 BGB Rn. 16). Der Schutzzweck der §§ 305 ff BGB gebietet es, auch § 4 Abs. 2 MVKV der Inhaltskontrolle zu unterwerfen.
13
a) Zweck der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ist es, zum Ausgleich ungleicher Verhandlungspositionen und damit zur Sicherung der Vertragsfreiheit Schutz und Abwehr gegen die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht durch den Verwender zu gewährleisten (BGHZ 130, 50, 57; 126, 326, 332; siehe auch Regierungsbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - AGB-Gesetz -, BTDrucks. 7/3919, S. 13, 22; die Neuregelung durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts hat insoweit zu keinen inhaltlichen Änderungen geführt, vgl. Regierungsbegründung, BR-Drucks. 338/01, S. 344, 351 ff). Das in § 305 Abs. 1 BGB genannte Kriterium der Vorformulierung für eine Vielzahl von Ver- trägen ist dabei ein formales und in aller Regel auch inhaltlich zutreffendes Indiz für das Vorliegen einer solchen, die Vertragsfreiheit beeinträchtigenden, überlegenen Verhandlungsmacht (Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer aaO, Einl Rn. 19).
14
Bei dem Mittelverwendungskontrollvertrag handelt es sich um derartige vorformulierte Bedingungen, die Ausdruck einer die Vertragsfreiheit einschränkenden überlegenen Verhandlungsmacht des Beklagten und der Fondsgesellschaft gegenüber den Anlegern sind. Die Bedingungen des zwischen dem Beklagten und der Fondsgesellschaft geschlossenen Vertrags sollten nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Beteiligten von vornherein gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Anlegern Verwendung finden. Der Mittelverwendungskontrollvertrag war wesentlicher Bestandteil des Gesamtkonzepts der Anlage. Der Vertragstext war dementsprechend ebenso wie die Bedingungen des Gesellschaftsvertrags vorformuliert in dem Emissionsprospekt der Fondsgesellschaft abgedruckt, wobei bei der rechtlichen Beurteilung offen bleiben kann, ob die Fondsgesellschaft oder der Beklagte den Text maßgeblich entworfen hat (vgl. BGHZ 126, 326, 332). Aus Sicht des Anlegers war der Inhalt des Mittelverwendungskontrollvertrags, ebenso wie der des Gesellschaftsvertrags, vorgegeben. Eine Bereitschaft des Beklagten oder der Fondsgesellschaft, über den Inhalt des Vertrags zu verhandeln, war nicht erkennbar. Der Anleger sah sich damit in zumindest gleicher Weise den vorformulierten Bedingungen des Drittschutzes ausgeliefert wie bei einem unmittelbaren Vertragsschluss mit dem Beklagten. Er hatte - wie bei Vertragsverhandlungen mit ungleicher Gestaltungsmacht sonst auch - nur die Wahl, den Beitrittsvertrag abzuschließen und den damit vermittelten Schutz durch die Mittelverwendungskontrolle zu den vorformulierten Bedingungen in Anspruch zu nehmen oder auf beides zu verzich- ten. Die inhaltliche Gestaltungsmacht lag insoweit einseitig bei dem Beklagten sowie der Fondsgesellschaft.
15
b) Die Interessenlage des Anlegers ist in Bezug auf den Mittelverwendungskontrollvertrag auch sonst mit der eines Vertragsschließenden vergleichbar , der im Hinblick auf die Leistungen der Gegenseite eigene Dispositionen - hier den Beitritt zur Fondsgesellschaft - vornimmt. Die Mittelverwendungskontrolle stellte sich dabei, wie auch dem Beklagten bewusst war, als werbewirksames Merkmal der zu zeichnenden Anlage dar, das neben den Gesellschaftsvertrag trat. Die Anleger erklärten - jedenfalls nach der typischen und von den Parteien des Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle vorausgesetzten Interessenlage - zumindest auch aufgrund der Zusage dieses Schutzes den Beitritt zu der Fondsgesellschaft.
16
2. Die Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV ist, soweit die Ansprüche der Anleger beschränkt werden, gemäß § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam. Eine nach § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unzulässige Haftungsbegrenzung liegt unter anderem vor, wenn der Gläubiger auch wegen Ersatzansprüchen aufgrund grob fahrlässiger Pflichtverletzungen darauf verwiesen wird, seine Schadensersatzforderungen zunächst bei anderen, eventuell mithaftenden Personen geltend zu machen (Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 309 Nr. 7 BGB, Rn. 28; MünchKommBGB/Kieninger, 5. Aufl., § 309 Nr. 7, Rn. 23; Wolf in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 309 Nr. 7 Rn. 53; so auch zu § 9 AGBG BGH, Urteil vom 15. Mai 1991 - VIII ZR 123/90 - NJW-RR 1991, 1120, 1123; a.A.: Staudinger/Coester-Waltjen [2006], § 309 Nr. 7 Rn. 23; vgl. auch Senatsurteil vom 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1134, Rn. 35). So liegt es hier. § 4 Abs. 2 MVKV nimmt Ansprüche aufgrund grob fahrlässiger Pflichtverletzungen nicht von der Haftungsein- schränkung aus. Eine geltungserhaltende Reduktion auf die Fälle einfacher Fahrlässigkeit wäre unzulässig (vgl. z.B.: BGHZ 153, 293, 300 m.w.N.).
17
3. a) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Anwendung von § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB auf § 4 Abs. 2 MVKV auch nicht aufgrund der Erwägung ausgeschlossen, der durch den Vertrag begünstigte Anleger erwerbe nur ein abgespaltenes Recht, das von vornherein nur in begrenztem Umfang bestehe, so dass er durch die fragliche Klausel nicht in ihm an sich zustehenden Rechten beschränkt werde.
18
§ 4 Abs. 2 MVKV begrenzt zwar bei formaler Betrachtung nur eine Zuwendung des Beklagten gegenüber den Anlegern. Begrenzungen der Pflichten des Versprechenden - hier des Beklagten - wirken sich sowohl bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter als auch bei einem Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter nach § 334 BGB regelmäßig auch zu Lasten des Dritten - hier der Kläger - aus. Die Rechte des Dritten können grundsätzlich nicht weitergehen als diejenigen des Vertragspartners (BGHZ 56, 269, 272 m.w.N.).
19
Insbesondere der echte Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB und damit auch § 334 BGB betreffen allerdings üblicherweise Fallgestaltungen, in denen die Interessen des Versprechensempfängers und die des Dritten gleichgerichtet sind (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 127, 378, 386; für eine Differenzierung im Ergebnis ebenfalls: BGH, Urteil vom 13. November 1997 - X ZR 144/94 - NJW 1998, 1059, 1061; Staudinger/Jagmann [2004], § 328 Rn. 94, 111; MünchKommBGB/Gottwald, 5. Aufl., § 328 Rn. 142). In diesen typischen Fällen ist die Interessenlage des Dritten grundsätzlich nicht mit der einer in ihrer Verhandlungsmacht unterlegenen Vertragspartei vergleichbar. Vielmehr werden ihre Interessen bei den Vertragsverhandlungen regelmäßig von dem Verspre- chensempfänger gegenüber dem Versprechenden gewahrt. Eine darüber hinausgehende Gestaltungsmacht des Dritten zur Sicherung der Vertragsfreiheit ist nicht erforderlich.
20
Diese Gesichtspunkte treffen jedoch auf den Streitfall nicht zu. Vielmehr sind die Interessen der Fondsgesellschaft als Versprechensempfängerin und die der Anleger in Bezug auf die Mittelverwendungskontrolle nicht deckungsgleich , da der Beklagte zur Wahrung der Belange der Anleger gewährleisten sollte, dass die Organe der Gesellschaft ihre Verfügungsbefugnis über die Fondsgelder nur unter den in § 1 Abs. 3 MVKV bestimmten Voraussetzungen ausübten. Der Mittelverwendungskontrollvertrag richtet sich damit im Interesse der Anleger potentiell gegen die Entscheidungsfreiheit der Gesellschaftsorgane.
21
Schließlich b) ist der unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 22. März 2007 (III ZR 98/06 - ZIP 2007, 873, 875 Rn. 21) gegebene Hinweis des Beklagten, es existiere für Mittelverwendungskontrollverträge kein Leitbild, von dem Allgemeine Geschäftsbedingungen abweichen könnten, unbehelflich. § 4 Abs. 2 MVKV definiert nicht die vom Beklagten aufgrund des Mittelverwendungskontrollvertrags zu erbringenden Leistungen. Vielmehr beschränkt die Bestimmung die Haftungsfolgen einer Verletzung der geschuldeten Pflichten. Insofern gilt jedoch für alle Verträge, gleichgültig, welche Leistungen dem Schuldner obliegen, dass Haftungsbeschränkungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur nach Maßgabe des § 309 Nr. 7 und 8 BGB zulässig sind.

III.

22
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den dem Beklagten vorgeworfenen Verletzungen seiner aus dem Mittelkontrollvertrag folgenden Pflichten getroffen hat, kann der Senat eine eigene Sachentscheidung nicht treffen. Die Sache war daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird hinsichtlich der Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Haftung des Beklagten auch die im Senatsurteil vom heutigen Tag, das in der Parallelsache III ZR 109/08 ergangen ist, aufgestellten Grundsätze zu beachten haben. Gegebenenfalls wird es sich auch mit den weiteren Rügen der Revision zu befassen haben, auf die näher einzugehen, der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung sieht. Schlick Dörr Herrmann Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 14.08.2007 - 23 O 16300/06 -
OLG München, Entscheidung vom 03.03.2008 - 21 U 4695/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 109/08
Verkündet am:
19. November 2009
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Fb, 311 Abs. 2
Zur Haftung des in einem Kapitalanlagemodell eingesetzten Mittelverwendungskontrolleurs
, der es unterlässt, vor Aufnahme der Tätigkeit der Fondsgesellschaft
sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße
Verwendungskontrolle vorliegen.
BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 109/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Die machen gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. Z. GbR geltend, die sie am 16. Juni 2004 zeichneten.
2
Die Anlage wurde anhand eines von der Fondsgesellschaft herausgegebenen Emissionsprospekts vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag ein im Prospekt abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der F. Z. GbR und dem Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag enthielt insbesondere folgende Regelungen: "§ 1 Sonderkonto (1) Die Fonds-Gesellschaft richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann ("Sonderkonto"). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fonds-Gesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen. … (3) Zahlungen aus dem Sonderkonto dürfen nur entweder zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft oder zur Ausreichung von Darlehen geleistet werden. Zahlungen zur Ausreichung eines Darlehens dürfen nur geleistet werden, wenn - die Ausreichung des Darlehens an Mutter-, Tochterund /oder Schwesterunternehmen der Fonds-Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 6 und 7 KWG erfolgt, - ein schriftlicher Darlehensvertrag zwischen der Fonds-Gesellschaft und dem Darlehensnehmer abgeschlossen worden ist, - der Darlehensvertrag vorsieht, dass die Tilgung des Darlehens durch Zahlung auf das Sonderkonto erfolgt, - das Darlehen der kurz- oder mittelfristigen Finanzierung des unmittelbaren oder mittelbaren (d.h. im Wege des Erwerbs von - auch stillen - Beteiligungen an Gesellschaften, die Immobilien halten) Erwerbs von Immobilien im In- und/oder Ausland, einschließlich der Erwerbsnebenkosten sowie sämtlicher Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auflegung von Mutter-, Tochter- und/oder Schwesterunterneh- men der Fonds-Gesellschaft als geschlossene Immobilienfonds , oder der Umschuldung solcher Darlehen dient, und - eine nach dem Erwerbskonzept des Darlehensnehmers einzudeckende langfristige Fremdfinanzierung ausgereicht oder zugesagt ist oder eine nach diesem Konzept zu übernehmende langfristige Fremdfinanzierung übernommen werden kann. Zahlungen zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft dürfen nur gegen Vorlage entsprechender Rechnungen geleistet werden. … § 4 Haftung (1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die Gesellschafter können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten. (2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die Fonds-Gesellschaft oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen. …"
3
DieMittelverwendungskontrollesollt e nach dem Prospekt von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, der "aus standesrechtlichen Gründen" nicht genannt wurde. Als Herausgeber des Prospekts war die F. F. M. GmbH bezeichnet, deren Geschäftsführer teilweise zugleich Vorstände der F. C. AG und daneben geschäftsführende Gesellschafter der F. Z. GbR waren.
4
Der Beklagte wurde Mitte März 2003 als Mittelverwendungskontrolleur gewonnen. Er erstellte im April 2003 zudem ein Prospektprüfungsgutachten. Für das Sonderkonto, auf das die Anleger ihre Gesellschaftereinlagen einzahlten , war er gesamtvertretungsberechtigt. Drei der geschäftsführenden Gesellschafter waren demgegenüber einzeln zeichnungsbefugt. Erst nach dem 1. Dezember 2004 wurden deren Zeichnungsrechte dahingehend geändert, dass sie nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnten.
5
Nachdem Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fondsgesellschaft offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des Jahres 2005 in Liquidation. Die Kläger begehren von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes unter anderem die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Einlagen abzüglich der aus der Liquidation erhaltenen Beträge Zug um Zug gegen Abtretung des weiteren Liquidationserlöses sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, sie von Ansprüchen aus der Beteiligung freizustellen.
6
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheiden Ansprüche aus Prospekthaftung aus. Der Beklagte sei nicht prospektverantwortlich gewesen und habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Eine Haftung für die mögliche Fehlerhaftigkeit des von ihm erstellten Prospektprüfungsberichts komme nicht in Betracht, da dieser den Anlegern nicht vor der Anlageentscheidung zur Kenntnis gelangt sei.
9
Der Beklagte hafte auch nicht wegen einer Verletzung des Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle. Eine Haftung für vorvertragliche Pflichtverletzungen komme schon mangels eines vor Vertragschluss bestehenden Vertrauensverhältnisses nicht in Betracht. Zudem habe sich der Beklagte weder im Rahmen der eigentlichen Prospektprüfung noch später Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto wie im Prospekt angegeben geregelt gewesen seien. Positive Kenntnis des Beklagten von einer vertragswidrigen Gestaltung der Zeichnungsberechtigungen sei nicht festzustellen. Ansprüche aufgrund einer positiven Forderungsverletzung des Vertrages über die Mittelverwendungskontrolle schieden schon deshalb aus, weil diese jedenfalls die von den Klägern begehrte Form des Schadensersatzes , die Rückgängigmachung des Vertrags, nicht rechtfertigten.
10
Schließlich scheiterten deliktische Ansprüche am fehlenden Vorsatz des Beklagten.

II.


11
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
12
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand Prospekthaftungsansprüche unabhängig vom Vorliegen eines Prospektfehlers gegenüber dem Beklagten nicht bestehen.
13
Prospekthaftungsansprücheimenger en Sinne richten sich gegen Personen , die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Dazu zählen die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (z.B.: Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGHZ 145, 187, 196; jew. m.w.N). Darüber hinaus haften auch Personen , die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss bei der Initiierung des Prospekts ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen, ohne dass es darauf ankommt, dass sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind. Diese Verantwortlichkeit gründet sich allgemein auf das Vertrauen, das diesem Personenkreis von Anlegern typischerweise entgegengebracht wird (Senat aaO; BGHZ aaO; jew. m.w.N.). Voraussetzung dafür ist, dass ihnen als "Hintermännern" faktisch eine Schlüsselfunktion zukommt, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - ZIP 2007, 1993, 1995). Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte nicht. Dem von der Revision in Bezug genommenen Vortrag der Kläger zufolge hatte er zwar als (künftiger) Mittelverwendungskontrolleur den Entwurf des Prospekts und insbesondere des Mittelverwendungskontrollvertrags zur Durchsicht und mit der Rückfrage erhalten , ob er dazu Anmerkungen habe. All dies belegt jedoch keineswegs, dass er maßgebliche Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung des Prospekts hatte, an die typischerweise Vertrauen der Anleger geknüpft gewesen wäre. Ihm kam vielmehr keine weitergehende Funktion als die eines berufsmäßigen Sachkenners zu, der lediglich als so genannter Garant der Prospekthaftung unterliegt.
14
Als Inhaber einer solchen Garantenstellung haften Personen mit Rücksicht auf eine allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung allerdings nur, sofern sie gerade durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Emissionsprospekt einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen (z.B.: Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1996; BGHZ 77, 172, 176 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - ZIP 1992, 912, 917 f). In dem Emissionsprospekt war jedoch eine auf dessen Gestaltung bezogene Mitwirkung oder Kontrolle durch den Beklagten nicht offen gelegt.
15
Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat das Berufungsgericht auch Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne wegen eines möglicherweise fehlerhaften Prospektprüfungsberichtes abgelehnt. Ein derartiger aus der Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter folgender Anspruch setzt voraus, dass Anleger das Gutachten zur Kenntnis nehmen und zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung machen (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1997 m.w.N.). Dies war bei den Klägern nicht der Fall.
16
2. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist jedoch ein Anspruch der Kläger gegen den Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Pflichten, die aufgrund des zugunsten der Anleger (§ 328 BGB) geschlossenen Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle (im Folgenden: MVKV) bestanden , nicht auszuschließen.

17
a) Den Beklagten traf nach dem Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle gegenüber den Anlegern unter anderem die Verpflichtung zu überprüfen, ob die Konditionen des Sonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV genannten Kriterien übereinstimmten. Er hatte sich deshalb insbesondere zu vergewissern , dass sämtliche Verfügungsberechtigten nur gemeinsam mit ihm zeichnungsbefugt waren.
18
aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten war das Sonderkonto so zu führen, dass nicht ohne seine Mitwirkung verfügt werden konnte. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV. Danach war das Sonderkonto ein solches, über das die Fondsgesellschaft "nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann". Hiernach sollte bereits die formale Verfügungsbefugnis gegenüber der kontoführenden Bank eingeschränkt sein. Schon mit dem Wortlaut der Regelung ist die Auslegung des Vertrages, nach der eine Bindung der Fondsgesellschaft lediglich im Innenverhältnis zu dem Mittelverwendungskontrolleur bestanden hätte, nicht zu vereinbaren. Auch der Schutzzweck des Vertrages gegenüber den einzelnen Anlegern spricht für eine solche Einschränkung der Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis, da auf diese Weise die Ausführung von Zahlungen , denen der Mittelverwendungskontrolleur nach dem Vertrag nicht zustimmen durfte, am wirksamsten verhindert werden konnte. Dem widerspricht nicht, dass die geschäftsführenden Gesellschafter nach Seite 11 des Prospektes grundsätzlich einzelvertretungsberechtigt sein sollten.
19
Dieser Auslegung steht, anders als der Beklagte meint, auch die vereinbarte Höhe seiner Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht entgegen. Hätte die Mitzeichnung jeder Verfügung über das Sonderkonto tatsächlich einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand bedingt, wäre die Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 MVKV anzupassen gewesen.
20
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag unter Berücksichtigung seines Zwecks die weitere Verpflichtung des Beklagten, die Einhaltung dieser vertraglich vorausgesetzten Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto nachzuprüfen.
21
(1) Der Wortlaut des Vertrages enthält eine solche Kontrollpflicht zwar nicht. Die Einrichtung des Sonderkontos oblag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV der Fondsgesellschaft. Den Mittelverwendungskontrolleur treffende Pflichten bestanden nach dem Text des § 1 Abs. 2 bis 4 MVKV nur in Bezug auf Zahlungen von dem Sonderkonto.
22
(2) Der Zweck des MVKV gebot jedoch, dass der Beklagte als Mittelverwendungskontrolleur , bevor das Anlagemodell "einsatzbereit" war, zu kontrollieren hatte, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto ordnungsgemäß eingerichtet waren.
23
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 (III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342, 1343) einen Mittelverwendungskontrolleur gegenüber den künftigen Anlegern schon vor Abschluss des Vertrages und ohne konkreten Anlass für verpflichtet gehalten, sicherzustellen, dass sämtliche Anlagegelder von Anfang an in seine (Mit-)Verfügungsgewalt gelangten, da er ansonsten nicht in der Lage war, deren Verwendung zu den vertraglich vorgesehenen Zwecken auftragsgerecht zu gewährleisten. Hierzu gehörte es, das Anlagemodell darauf zu untersuchen, ob ihm Anlagegelder vorenthalten und damit seiner Mittelverwendungskontrolle entzogen werden könnten. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf einen Mittelverwendungskontrolleur, der zugleich Treuhandkommanditist war. Einen solchen treffen gegenüber dem bloßen Mittelverwendungskontrolleur weitergehende Prüfungs-, Kontroll- und Hinweispflichten in Bezug auf alle wesentlichen Umstände, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind (z.B.: BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8 und 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Hinsichtlich der Pflichten, die aus der Übernahme der Mittelverwendungskontrolle folgen, kann für den Beklagten nach dem Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags jedoch nichts anderes gelten.
24
Die vom Beklagten übernommene Funktion bestand darin, die Anleger davor zu schützen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter Zahlungen von dem Sonderkonto vornehmen, ohne dass die in § 1 Abs. 3 MVKV genannten Voraussetzungen vorliegen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, musste er sicherstellen, dass er die ihm obliegende Kontrolle über den Mittelabfluss auch tatsächlich ausüben konnte. Da ein Konto, über das nur unter Mitwirkung des Beklagten verfügt werden konnte, eine zentrale Bedingung des MVKV darstellte und Voraussetzung für die effektive Verwirklichung seines Schutzzwecks war, durfte er nicht ohne eigene Vergewisserung darauf vertrauen, dass die für das Sonderkonto bestehenden Zeichnungsbefugnisse den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV entsprachen. Dabei konnte er, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, schon nicht ausschließen, insoweit von den Geschäftsführern der Fondsgesellschaft mit einer "dreisten Lüge bedient" zu werden. Jedenfalls aber musste der Beklagte gewärtigen, dass es bei der Einrichtung des Sonderkontos infolge von Unachtsamkeiten oder Irrtümern auf Seiten der Bank oder der Fondsgesellschaft zu Fehlern bei der Einräumung der Zeichnungsrechte kommen konnte.
25
Hiernach oblag dem Beklagten die Überprüfung, ob die geschäftsführenden Gesellschafter nur mit ihm gemeinschaftlich für das Sonderkonto zeichnungsberechtigt waren.
26
Diese Prüfungspflicht bestand zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anlage "einsatzbereit" war. Die Mittelverwendungskontrolle musste naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten (Senatsurteil 24. Juli 2003 - III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342, 1343). Bereits hieraus folgt, dass den Beklagten - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - vorvertragliche Pflichten gegenüber den (künftigen) Anlegern trafen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag , wie der Beklagte wusste, im Emissionsprospekt als ein die Sicherheit und Seriosität der Anlage suggerierendes, werbewirksames Merkmal des Fonds hervorgehoben wurde. Dementsprechend vertrauten nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die potentiellen Anleger, die sich für den Zinsfonds interessierten, darauf, dass der Beklagte die Mittelverwendungskontrolle gemäß den Vertragsbedingungen ins Werk gesetzt hatte, § 311 Abs. 2 BGB (vgl. auch BGHZ 145, 187, 197).
27
b) Seine Verpflichtung zur Kontrolle der Zeichnungsbefugnisse verletzte der Beklagte nach der im Revisionsverfahren mangels entgegen stehender Feststellungen zugrunde zu legenden Darstellung der Kläger. Da die ihm vorgelegte Liste der Bankvollmachten Angaben zu den übrigen Zeichnungsberechtigungen nicht enthielt, hätte er sich durch Nachfrage bei der kontoführenden Bank Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des MVKV entsprachen.
28
In diesem Fall hätte sich ergeben, dass drei der geschäftsführenden Gesellschafter einzelzeichnungsbefugt waren, es mithin entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht gewährleistet war, dass die Fondsgesellschaft nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnte. Dem Beklagten hätte sich dann aufdrängen müssen, dass die Mittelverwendungskontrolle wirkungslos werden konnte, da es den einzelverfügungsbefugten Geschäftsführern faktisch überlassen blieb, ob und an welchen Auszahlungen sie den Beklagten beteiligten. War hiernach die vertragsgemäße Verwendung der Anlegergelder nicht wie im Mittelverwendungskontrollvertrag gesichert, durfte der Beklagte nicht untätig bleiben. Er hätte von der Fondsgesellschaft verlangen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto vor der Einzahlung von Anlegergeldern entsprechend den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags so eingerichtet werden, dass Auszahlungen nur gemeinsam mit ihm möglich waren (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).
29
c) Den Klägern gegenüber beschränkten sich indessen die Pflichten des Beklagten nicht auf die bloße Überprüfung, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags entsprachen, und darauf, der Fondsgesellschaft gegenüber auf die Beseitigung der Mängel hinzuwirken. Zum Zeitpunkt des Fondsbeitritts der Kläger im Juni 2004 war die Gesellschaft bereits geraume Zeit tätig, ohne dass der Beklagte seinen Verpflichtungen nachgekommen war. Er konnte deshalb nicht ausschließen , dass es bereits vor dem Beitritt der Kläger § 1 Abs. 3 MVKV widersprechende Auszahlungen von dem Sonderkonto gegeben hatte, durch die das Gesellschaftsvermögen – auch zum Nachteil der künftig beitretenden Gesell- schafter – fortwirkend vermindert worden war. In dieser Situation hätte der Beklagte seinen vorvertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beitrittsinteressenten nicht allein dadurch genügt, für eine ordnungsgemäße Mittelverwendungskontrolle in der Zukunft Sorge zu tragen. Da eine zweckwidrige Minderung des Gesellschaftsvermögens bereits eingetreten sein konnte, hätte er nach Aufnahme der Tätigkeit des Fonds vielmehr unverzüglich zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die im Prospekt werbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte deshalb auf eine Änderung des Prospekts drängen müssen und Anleger, die vor einer derartigen Prospektänderung ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten, in geeigneter anderer Weise unterrichten müssen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).
30
Der Senat verkennt nicht, dass es für den Beklagten - anders als in den Fällen, in denen der Treuhandkommanditist zum Mittelverwendungskontrolleur bestimmt ist und daher zwangsläufig in unmittelbaren Kontakt zu den beitrittswilligen Anlegern tritt -, durchaus mit Mühen verbunden gewesen wäre, die Anlageinteressenten rechtzeitig vor Tätigung der Anlage zu informieren. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass dem Beklagten zumutbare und hinreichend erfolgversprechende Mittel zur Verfügung standen. So hätte er insbesondere den Vertrieb und notfalls die Fachpresse über die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle informieren können. Es wird Sache des Beklagten sein, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm die Erfüllung dieser Informationspflichten nicht möglich war.
31
d) Gründe dafür, dass der Beklagte seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob er positive Kenntnis von der nicht ordnungemäßen Einrichtung des Sonderkontos hatte. Der Schuldner haftet auch für Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).
32
e) Aufgrund der - nach dem klägerseitigen Vortrag - vom Beklagten zu vertretenden Verletzung seiner vorvertraglichen Pflichten muss er die Kläger im Wege des Schadensersatzes so stellen, als hätte er die gebotene Unterrichtung vorgenommen (§ 249 Abs. 1 BGB).
33
aa) Die Einhaltung seiner Pflichten hätte nach dem mangels entgegen stehender Feststellungen für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Vortrag der Kläger - für dessen Richtigkeit eine tatsächliche Vermutung streitet (vgl. z.B.: Senatsurteile vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - BeckRS 2009, 22376 Rn. 17 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 688 Rn. 23 f) - dazu geführt, dass sie die Beteiligung an dem Zinsfonds nicht eingegangen wären. Dies hat nach der Differenzhypothese zur Folge, dass ihnen ein Schaden nicht nur in Form der durch die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle verursachten Beeinträchtigungen des Gesellschaftsvermögens entstanden ist. Vielmehr besteht der Schaden in der Zeichnung der Beteiligung selbst, so dass die Kläger - ihrem Klagebegehren entsprechend - von dem Beklagten verlangen können, so gestellt zu werden, als ob sie der Fondsgesellschaft nicht beigetreten wären. Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes Ereignis verantwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten Schadensfolgen. http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-116-209_enr24'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-116-212_enr24'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore - 16 -
34
bb) Der etwaige Ersatzanspruch der Kläger ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten auf den Schaden begrenzt, der bei ordnungsgemäßer Ausübung der Mittelverwendungskontrolle durch den Beklagten vermieden worden wäre, so dass nur Ausgleich für Verfügungen von dem Sonderkonto verlangt werden könnte, denen der Beklagte die Zustimmung hätte verweigern müssen. Zwar ist sowohl für das Delikts- als auch für das Vertragsrecht und für den Bereich vorvertraglicher Schuldverhältnisse anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht mit begrenztem Schutzzweck nur zum Ersatz der Schäden verpflichtet, deren Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte (z.B.: BGHZ 146, 235, 239 f; 116, 209, 212 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Pflicht desjenigen, der, ohne Partner des Anlagegeschäfts zu sein, einem Anlageinteressenten Beratung oder Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelaspekts schuldet, darauf, Schäden zu verhindern, die in diesem Punkt eintreten können. Dass ein Anleger bei fehlerfreier Beratung das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, kann es deshalb allgemein nicht rechtfertigen, dem nur begrenzt Beratungs- oder Aufklärungspflichtigen den gesamten mit dem fehlgeschlagenen Vorhaben verbundenen Schaden aufzuerlegen. (z.B.: BGHZ 146 aaO; 116, 209, 213; BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02 - ZIP 2003, 806 f; vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/07 - ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 20. November 1997 - IX ZR 286/96 - NJW 1998, 982, 983; Lange in: Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 108 f; Palandt/Heinrichs, 68. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 63).
35
Die vom Beklagten übernommene Mittelverwendungskontrolle und die daraus abzuleitenden Prüfungs- und Unterrichtungspflichten beschränkten sich aber nicht auf einen Einzelaspekt der Anlage. Vielmehr hatte der Beklagte jedwede Verfügung von dem Sonderkonto auf die Vereinbarkeit mit den in § 1 Abs. 3 MVKV bestimmten Voraussetzungen zu prüfen. Die darin bestimmten Kriterien für die Ausreichung von Darlehen betreffen die Kernbedingungen für die Sicherheit und den Erfolg der Anlage. Dem Beklagten kam damit eine zentrale und umfassende, für den Gesamterfolg wesentliche Rolle in dem Investitionskonzept zu, die eine Beschränkung seiner Haftung unter den dargestellten Schutzzweckgesichtspunkten ausschließt. Der Senat hat bereits durch Urteil vom 1. Dezember 1994 (III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025, 1026) erkannt, dass geschädigte Anleger von einem als Treuhänder bezeichneten Rechtsanwalt, der den Prospektangaben zufolge (nur) die Verfügungen über das Anlegerkonto zu überwachen hatte, im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung der Beteiligung" verlangen können, wenn dieser es schuldhaft unterlassen hatte , die Anleger vor Vertragsschluss mit dem kapitalsuchenden Unternehmen wegen Unzulänglichkeiten im Geschäftsbetrieb dieses Unternehmens zu warnen. Die Funktion des Beklagten innerhalb des Anlagemodells ist mit der eines solchen Treuhänders vergleichbar.
36
f) Schließlich scheitert eine Haftung des Beklagten nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam. Zur Begründung nimmt der Senat auf das am selben Tag ergangene Urteil in der Parallelsache III ZR 108/08 Bezug.

III.


37
Da noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.10.2007 - 35 O 16007/06 -
OLG München, Entscheidung vom 16.04.2008 - 20 U 5417/07 -

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

(1) Macht der Versicherer im Zusammenhang mit dem Angebot oder dem Abschluss einer Lebensversicherung bezifferte Angaben zur Höhe von möglichen Leistungen über die vertraglich garantierten Leistungen hinaus, hat er dem Versicherungsnehmer eine Modellrechnung zu übermitteln, bei der die mögliche Ablaufleistung unter Zugrundelegung der Rechnungsgrundlagen für die Prämienkalkulation mit drei verschiedenen Zinssätzen dargestellt wird. Dies gilt nicht für Risikoversicherungen und Verträge, die Leistungen der in § 124 Absatz 2 Satz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bezeichneten Art vorsehen.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer klar und verständlich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Modellrechnung nur um ein Rechenmodell handelt, dem fiktive Annahmen zu Grunde liegen, und dass der Versicherungsnehmer aus der Modellrechnung keine vertraglichen Ansprüche gegen den Versicherer ableiten kann.

Ist das Alter der versicherten Person unrichtig angegeben worden, verändert sich die Leistung des Versicherers nach dem Verhältnis, in welchem die dem wirklichen Alter entsprechende Prämie zu der vereinbarten Prämie steht. Das Recht, wegen der Verletzung der Anzeigepflicht von dem Vertrag zurückzutreten, steht dem Versicherer abweichend von § 19 Abs. 2 nur zu, wenn er den Vertrag bei richtiger Altersangabe nicht geschlossen hätte.

(1) Weicht der Inhalt des Versicherungsscheins von dem Antrag des Versicherungsnehmers oder den getroffenen Vereinbarungen ab, gilt die Abweichung als genehmigt, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind und der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht.

(2) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer bei Übermittlung des Versicherungsscheins darauf hinzuweisen, dass Abweichungen als genehmigt gelten, wenn der Versicherungsnehmer nicht innerhalb eines Monats nach Zugang des Versicherungsscheins in Textform widerspricht. Auf jede Abweichung und die hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist der Versicherungsnehmer durch einen auffälligen Hinweis im Versicherungsschein aufmerksam zu machen.

(3) Hat der Versicherer die Verpflichtungen nach Absatz 2 nicht erfüllt, gilt der Vertrag als mit dem Inhalt des Antrags des Versicherungsnehmers geschlossen.

(4) Eine Vereinbarung, durch die der Versicherungsnehmer darauf verzichtet, den Vertrag wegen Irrtums anzufechten, ist unwirksam.

(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.

(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.

(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR90/13 Verkündet am:
17. Dezember 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Berufshaftpflichtversicherung (hier: § 4 Nr. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen
für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren
(AVB-I))
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer
darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er - wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher
Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen
vorausgesetzt werden kann - Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die
als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden
können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im
Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die
vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht
zulassen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 90/13 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Insolvenzverwalter der Fa. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Beklagten versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren (AVBI )" sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2000 führte der Kläger den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F. (im Folgenden: F. ) aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F. mit Schreiben vom 1. März 2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F. wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. € begründet.
3
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kläger erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18. September 2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F. wurden nicht mehr befriedigt.
4
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kläger auf Schadensersatz gemäß §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kläger rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 € nebst Zinsen verurteilt.
5
Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F. zu gewähren.
6
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 AVB-I leistungsfrei sei, weil der Kläger die aus § 61 InsO folgende Pflicht wissentlich verletzt habe, indem er Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet habe, zu deren Erfüllung diese nicht ausreichte.
9
Zwar sei eine wissentliche Pflichtverletzung nicht bereits mit Bindungswirkung im Haftpflichtprozess festgestellt und der Versicherer sei darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses. Zuvor habe aber der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei. Dazu genüge der Vortrag des Klägers (dieF. sei über die wirtschaftlichen Risiken ihres Engagements hinreichend informiert gewesen und der Kläger habe aufgrund des Wertes des Warenbestandes und im Hinblick auf einen "asset deal" davon ausgehen dürfen , dass dieser zur Befriedigung der Verbindlichkeiten ausreiche) nicht.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

11
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 unter II 1 b; vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 1).
12
Danach besteht die vom Kläger verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 Rn. 13).
13
2. Weiter zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbständig zu prüfen (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 2 und 3; vom 28. Septem- ber 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 a; vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b).
14
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
15
a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 b).
16
Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (Senatsurteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 3; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84, VersR 1986, 647 unter 2 d). In diesem Rahmen muss vom Versicherer dargelegt werden, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
17
b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den Versicherer treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausführt, der Versicherungsnehmer habe im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei, "bevor" der Versicherer die Wissentlichkeit darzulegen und zu beweisen habe.
18
aa) Soweit sich das Berufungsgericht für diese Ansicht auf Urteile anderer Oberlandesgerichte berufen hat (OLG Köln VersR 2012, 560; VersR 1990, 193; OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219; ZfSch 2007, 522; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 439; OLG Hamm VersR 2000, 482), ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine entsprechende Rechtsauffassung einem Teil der zitierten Urteile nicht entnehmen lässt.
19
Lediglich das Oberlandesgericht Saarbrücken hat ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer schon aufgrund der bloßen Behauptung des Versicherers, es sei Wissentlichkeit der Pflichtverletzung gegeben, plausibel machen müsse, aus welchen Gründen es zu seinem Fehlverhalten gekommen ist; anderenfalls sei vom Vorliegen dieses Umstands auszugehen (OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219 unter II 1 a (2); ZfSch 2007, 522 unter II 2 c).
20
bb) Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Aus der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Versicherers folgt vielmehr, dass dieser zunächst einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei wird der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich sein, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann, so wie dies etwa in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall gewesen ist (Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen und den Mandanten über den Verfahrensstand zu unterrichten; OLG Köln VersR 2012, 560).

21
Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
22
c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen nach diesen Maßstäben die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht zu tragen.
23
aa) Eine Feststellung dahingehend, dass Art und Umfang der vom Kläger verletzten Pflicht aus sich heraus auf eine wissentliche Begehung hindeuten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil selbst angenommen, dass allein das Fehlen eines Liquiditätsplans für eine solche Annahme nicht genügt (eingangs unter II 2 c bb der Gründe). Dies ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
24
bb) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht die Feststellung getroffen, der Kläger habe positiv gewusst, dass die Eingehungder Verbindlichkeiten auf unzureichender Prüfung ihrer Erfüllbarkeit beruhte. Dem Berufungsurteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, weshalb er von einer genügenden Sicherung der neu begründeten Verbindlichkeiten ausgegangen sein will.
Daraus folgt aber noch nicht, dass er positiv wusste, den Wert des Warenbestandes unzureichend ermittelt zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, was der Kläger alles nicht hätte tun dürfen, tragen außer dem Befund einer objektiven Pflichtverletzung allenfalls noch einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für das Wissen des Klägers ist dagegen nicht entscheidend, ob er so hätte handeln dürfenwie geschehen.
25
Ferner hat der Kläger vorgetragen, er habe nicht gewusst, einen Liquiditätsplan aufstellen zu müssen, weil eine entsprechende Konkretisierung der Pflicht aus § 61 InsO erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2004 (IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104) erfolgt sei, und er habe auf eine ausreichende Abdeckung der Verbindlichkeiten durch eine spätere Verwertung des Warenlagers vertraut. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt war oder dem Kläger insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, hat er damit Gründe, warum er sich für berechtigt erachtete, die Masseverbindlichkeiten einzugehen , dargelegt. Selbst wenn der vom Kläger erwartete "asset deal" nur eine unbestimmte Hoffnung gewesen sein sollte, würde dies deshalb möglicherweise nur dazu führen, dass ihm hinsichtlich der Frage, ob die Masse zur Erfüllung in der Lage sein wird, eine fahrlässige Fehleinschätzung vorzuwerfen wäre.
26
d) Das Berufungsgericht wird deshalb die Frage der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung auf zutreffender rechtlicher Grundlage erneut zu beurteilen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich Erklärungen , die dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls im Rahmen sekundärer Darlegungslast obliegen, nur auf den fehlenden Vorsatz der Pflichtverletzung beziehen müssen. In keinem Fall obliegt es ihm darzu- legen, dass das tatsächliche Handeln auch objektiv gerechtfertigt gewesen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.06.2012- 6 O 94/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 31.01.2013- 8 U 203/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 101/00 Verkündet am:
20. Juni 2001
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ist im Haftpflichturteil ein schadensverursachender Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers
festgestellt, kann sich der Versicherer im Deckungsprozeß zur Begründung
des Ausschlußtatbestandes ("... Schadensverursachung durch ... wissentliche
Pflichtverletzung") nicht auf eine andere schadensverursachende Pflichtwidrigkeit
berufen.
BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
20. Juni 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Pfändungsgläubiger den beklagten Versicherer aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Streithelfers in Anspruch.
Der Kläger beauftragte den Streithelfer als Prozeßanwalt, nach dem Tod seines Vaters einen Pflichtteilsanspruch gegen seine Stiefmutter geltend zu machen. Der Streithelfer reichte eine von dem Ver-

kehrsanwalt des Klägers entworfene Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Zahlung ein. Im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte er die Auskunftsklage einseitig in der Hauptsache für erledigt; weitere Anträge stellte er nicht. Durch Teilurteil wurde die Klage in der ersten Stufe abgewiesen. Der Streithelfer übermittelte das Teilurteil dem Kläger; darüber hinausgehende Maßnahmen wurden durch ihn nicht getroffen. Auf fünf anschließende Sachstandsanfragen des Klägers bzw. des Verkehrsanwalts reagierte er nicht. Daraufhin kündigte der Kläger dem Streithelfer das Mandat fristlos.
Die neu beauftragten Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten die Fortsetzung des Pflichtteilsrechtsstreits in der zweiten und dritten Stufe. Die restliche Klage wurde durch Schlußurteil wegen Verjährung abgewiesen.
In dem folgenden Haftpflichtprozeß wurde der Streithelfer rechtskräftig verurteilt, wegen positiver Vertragsverletzung des Anwaltsvertrages dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 131.207,32 DM zu leisten. Für diesen Rechtsstreit hatte die Beklagte dem Streithelfer unter Vorbehalt einer Prüfung der Leistungsfreiheit nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten (AVB-RA) vorläufig Dekkungsschutz erteilt. Die Klausel lautet:
"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche ... wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abwei-

chen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."
Nachdem der Kläger nur Teilbeträge auf seine titulierte Forderung von dem Streithelfer erhalten hatte, pfändete er dessen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten und ließ sie sich zur Einziehung überweisen. Die Beklagte berief sich gegenüber dem Streithelfer auf Leistungsfreiheit, weil dieser Sachstandsanfragen des Mandanten nicht beantwortet und es unterlassen habe, Schritte zur Unterbrechung der Verjährung zu unternehmen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 114.176,73 DM weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts greift der Risikoausschluß nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ein. Diese Klausel sei Inhalt des Versicherungsvertrages geworden, den der Streithelfer mit der Beklagten abgeschlossen habe. Sie stelle einen subjektiven Risikoausschluß dar und sei wirksam.

Es sei zwar zweifelhaft, wenn nicht auszuschließen, daß der Streithelfer den Pflichtteilsanspruch des Klägers vorsätzlich habe verjähren lassen. In jedem Fall habe der Streithelfer seine Anwaltspflichten aber wissentlich dadurch verletzt, daß er die Sachstandsanfragen des Klägers und des Verkehrsanwalts unbeantwortet gelassen habe. Die wissentliche Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen sei ursächlich für den Schaden des Klägers - die Abweisung des Pflichtteilsanspruchs wegen Verjährung - gewesen. Die Beklagte sei nicht gehindert, sich im Deckungsprozeß auf diese Pflichtverletzung zu berufen. Denn das Landgericht habe in dem Haftpflichtprozeß lediglich festgestellt, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers infolge einer dem Streithelfer anzulastenden Untätigkeit verjährt sei. Es habe die schuldhafte Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser keine die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen ergriffen habe. Damit, wie die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu bewerten sei, habe es sich nicht befaßt.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Bestimmung des § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ist nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts in den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Streithelfer einbezogen worden.

Sie enthält einen subjektiven Risikoausschluß, der in zweifacher Hinsicht von der dispositiven Vorschrift des § 152 VVG abweicht. Zum einen stellt § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA zugunsten des Versicherungsnehmers nur auf näher beschriebene Verstöße gegen konkrete Berufspflichten ab und läßt insoweit nicht bedingten Vorsatz genügen, sondern fordert direkten Vorsatz. Zum anderen muß der Versicherungsnehmer nicht den schädigenden Erfolg als möglich vorhergesehen und billigend in Kauf genommen haben (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 166/85 - VersR 1987, 174 unter II 1).
Ein solcher Risikoausschluß in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 6 c).
2. Aufgrund der Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist es der Beklagten im Deckungsprozeß verwehrt, sich auf eine wissentliche Pflichtverletzung des Streithelfers durch Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu berufen.

a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennungsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozeß

geklärt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 m.w.N.).

b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozeß nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGHZ 119, 276, 280 f). Sie bedeutet , daß das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 f m.w.N.).
Trotz der Bindungswirkung bleiben dem Versicherer im Deckungsprozeß etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen erhalten; so kann er sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder aufgrund eines Risikoausschlusses berufen (BGH, Urteile vom 28. April 1958 - II ZR 163/57 - VersR 1958, 361 unter 1 und vom 20. September 1978 - V ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I). Ist eine für den Dekkungsanspruch im Hinblick auf eine Risikobegrenzung oder einen Risikoausschluß wesentliche Tat- oder Rechtsfrage im Haftpflichtprozeß offen geblieben, so ist sie im Deckungsprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 26. April 1962 - II ZR 40/60 - VersR 1962, 557 unter II B c).

Das Haftpflichturteil entfaltet aber im nachfolgenden Deckungsprozeß Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGHZ 119, 276, 278). Dieser umfaßt die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat. Wird dem Versicherungsnehmer vorgeworfen, pflichtwidrig eine Handlung unterlassen zu haben, so gehört zum Haftungstatbestand auch, was der Versicherungsnehmer hätte tun müssen, um pflichtgemäß zu handeln.

c) Diese Grundsätze gelten auch hier. Bindend festgestellt ist im Haftpflichtprozeß nicht nur, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers verjährt und die Klage daher zu Recht abgewiesen worden ist. Auch der dem Streithelfer anzulastende Pflichtverstoß wird von der Bindungswirkung erfaßt. Das Haftpflichturteil hat die Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser es unterlassen hat, den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Welche Maßnahmen der Streithelfer hätte ergreifen müssen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, ist im Haftpflichturteil - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht offen geblieben. Vielmehr ist dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe , soweit sie sich mit der objektiven Pflichtwidrigkeit befassen, zu entnehmen, daß dem Streithelfer vorgeworfen worden ist, den Rechtsstreit nicht weiter betrieben zu haben. Als nächste Prozeßhandlung, die geeignet gewesen wäre, die durch den Stillstand des Verfahrens erneut in Lauf gesetzte Verjährungsfrist zu unterbrechen (§ 211 Abs. 2 Satz 2 BGB), hat der Tatrichter des Haftpflichtprozesses die Einreichung des Schriftsatzes genannt, mit dem die späteren Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten, das Verfahren über die weiteren Stufen fortzuset-

zen. Außerdem ist im Haftpflichturteil festgehalten, daß dem Kläger ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 118.846,99 DM zuerkannt worden wäre, wenn der Streithelfer spätestens nach Erlaß des Teilurteils den Rechtsstreit um den Pflichtteil weitergeführt hätte. Damit hat der Tatrichter im Haftpflichtprozeß die Pflichtwidrigkeit des Streithelfers dahin konkretisiert , daß er es versäumt hat, rechtzeitig einen Fortsetzungsantrag zu stellen.

d) Nachdem das Haftpflichturteil den schadensverursachenden Pflichtverstoß des Streithelfers so festgestellt hat, kann ihm im Dekkungsprozeß nicht die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen als - andere - schadensverursachende Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden. Denn der Tatbestand der Ausschlußklausel ("... Schadenverursachung durch ... wissentliche Pflichtverletzung") deckt sich mit dem Haftungstatbestand im Haftpflichtprozeß, jedenfalls was die den Schaden verursachende Pflichtverletzung angeht. In einem solchen Falle muß der Versicherungsnehmer es hinnehmen, wenn das Gericht im Haftpflichtprozeß einen Tatbestand feststellt, der zugleich versicherungsrechtlich einen Risikoausschluß ausfüllt. Umgekehrt kann der Versicherer, wenn - wie hier - im Haftpflichtprozeß festgestellt wurde, daß der Versicherungsnehmer den Schaden durch ein bestimmtes Verhalten verursacht hat, diese Feststellung im Deckungsprozeß nicht mehr nachprüfen lassen (Voit in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 149 Rdn. 30 m.w.N.).
3. Offen geblieben ist im Haftpflichtprozeß allerdings, ob der Streithelfer es wissentlich unterließ, den verjährungsunterbrechenden Fortsetzungsantrag zu stellen.

Der nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA notwendige direkte Vorsatz erfordert das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung. Der Versicherungsnehmer muß die von ihm verletzte Pflicht positiv gekannt und subjektiv das Bewußtsein gehabt haben, gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrig zu handeln (BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 - II ZR 37/58 - VersR 1959, 691 unter 2; Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 aaO VersR 1987, 174 unter II 1). Demgemäß müßte der Streithelfer gewusst haben, daß er die Fortsetzung des Prozesses zu beantragen hatte, und willentlich gegen diese Pflicht verstoßen haben. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der beklagte Versicherer (Senatsurteil vom 26. September 1990 aaO VersR 1991, 176 unter 5 c).
Die fehlenden Tatsachenfeststellungen zum Grad des Verschuldens des Streithelfers wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, daß der Streithelfer durch die wiederholten Sachstandsanfragen Anlaß hatte, die materiellen und prozessualen Folgen des gegen den Kläger ergangenen Teilurteils zu prüfen. Zudem wird es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und Beweisantritt geben müssen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR90/13 Verkündet am:
17. Dezember 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Berufshaftpflichtversicherung (hier: § 4 Nr. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen
für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren
(AVB-I))
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer
darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er - wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher
Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen
vorausgesetzt werden kann - Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die
als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden
können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im
Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die
vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht
zulassen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 90/13 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Insolvenzverwalter der Fa. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Beklagten versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren (AVBI )" sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2000 führte der Kläger den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F. (im Folgenden: F. ) aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F. mit Schreiben vom 1. März 2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F. wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. € begründet.
3
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kläger erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18. September 2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F. wurden nicht mehr befriedigt.
4
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kläger auf Schadensersatz gemäß §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kläger rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 € nebst Zinsen verurteilt.
5
Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F. zu gewähren.
6
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 AVB-I leistungsfrei sei, weil der Kläger die aus § 61 InsO folgende Pflicht wissentlich verletzt habe, indem er Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet habe, zu deren Erfüllung diese nicht ausreichte.
9
Zwar sei eine wissentliche Pflichtverletzung nicht bereits mit Bindungswirkung im Haftpflichtprozess festgestellt und der Versicherer sei darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses. Zuvor habe aber der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei. Dazu genüge der Vortrag des Klägers (dieF. sei über die wirtschaftlichen Risiken ihres Engagements hinreichend informiert gewesen und der Kläger habe aufgrund des Wertes des Warenbestandes und im Hinblick auf einen "asset deal" davon ausgehen dürfen , dass dieser zur Befriedigung der Verbindlichkeiten ausreiche) nicht.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

11
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 unter II 1 b; vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 1).
12
Danach besteht die vom Kläger verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 Rn. 13).
13
2. Weiter zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbständig zu prüfen (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 2 und 3; vom 28. Septem- ber 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 a; vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b).
14
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
15
a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 b).
16
Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (Senatsurteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 3; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84, VersR 1986, 647 unter 2 d). In diesem Rahmen muss vom Versicherer dargelegt werden, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
17
b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den Versicherer treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausführt, der Versicherungsnehmer habe im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei, "bevor" der Versicherer die Wissentlichkeit darzulegen und zu beweisen habe.
18
aa) Soweit sich das Berufungsgericht für diese Ansicht auf Urteile anderer Oberlandesgerichte berufen hat (OLG Köln VersR 2012, 560; VersR 1990, 193; OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219; ZfSch 2007, 522; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 439; OLG Hamm VersR 2000, 482), ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine entsprechende Rechtsauffassung einem Teil der zitierten Urteile nicht entnehmen lässt.
19
Lediglich das Oberlandesgericht Saarbrücken hat ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer schon aufgrund der bloßen Behauptung des Versicherers, es sei Wissentlichkeit der Pflichtverletzung gegeben, plausibel machen müsse, aus welchen Gründen es zu seinem Fehlverhalten gekommen ist; anderenfalls sei vom Vorliegen dieses Umstands auszugehen (OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219 unter II 1 a (2); ZfSch 2007, 522 unter II 2 c).
20
bb) Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Aus der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Versicherers folgt vielmehr, dass dieser zunächst einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei wird der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich sein, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann, so wie dies etwa in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall gewesen ist (Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen und den Mandanten über den Verfahrensstand zu unterrichten; OLG Köln VersR 2012, 560).

21
Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
22
c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen nach diesen Maßstäben die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht zu tragen.
23
aa) Eine Feststellung dahingehend, dass Art und Umfang der vom Kläger verletzten Pflicht aus sich heraus auf eine wissentliche Begehung hindeuten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil selbst angenommen, dass allein das Fehlen eines Liquiditätsplans für eine solche Annahme nicht genügt (eingangs unter II 2 c bb der Gründe). Dies ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
24
bb) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht die Feststellung getroffen, der Kläger habe positiv gewusst, dass die Eingehungder Verbindlichkeiten auf unzureichender Prüfung ihrer Erfüllbarkeit beruhte. Dem Berufungsurteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, weshalb er von einer genügenden Sicherung der neu begründeten Verbindlichkeiten ausgegangen sein will.
Daraus folgt aber noch nicht, dass er positiv wusste, den Wert des Warenbestandes unzureichend ermittelt zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, was der Kläger alles nicht hätte tun dürfen, tragen außer dem Befund einer objektiven Pflichtverletzung allenfalls noch einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für das Wissen des Klägers ist dagegen nicht entscheidend, ob er so hätte handeln dürfenwie geschehen.
25
Ferner hat der Kläger vorgetragen, er habe nicht gewusst, einen Liquiditätsplan aufstellen zu müssen, weil eine entsprechende Konkretisierung der Pflicht aus § 61 InsO erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2004 (IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104) erfolgt sei, und er habe auf eine ausreichende Abdeckung der Verbindlichkeiten durch eine spätere Verwertung des Warenlagers vertraut. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt war oder dem Kläger insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, hat er damit Gründe, warum er sich für berechtigt erachtete, die Masseverbindlichkeiten einzugehen , dargelegt. Selbst wenn der vom Kläger erwartete "asset deal" nur eine unbestimmte Hoffnung gewesen sein sollte, würde dies deshalb möglicherweise nur dazu führen, dass ihm hinsichtlich der Frage, ob die Masse zur Erfüllung in der Lage sein wird, eine fahrlässige Fehleinschätzung vorzuwerfen wäre.
26
d) Das Berufungsgericht wird deshalb die Frage der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung auf zutreffender rechtlicher Grundlage erneut zu beurteilen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich Erklärungen , die dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls im Rahmen sekundärer Darlegungslast obliegen, nur auf den fehlenden Vorsatz der Pflichtverletzung beziehen müssen. In keinem Fall obliegt es ihm darzu- legen, dass das tatsächliche Handeln auch objektiv gerechtfertigt gewesen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.06.2012- 6 O 94/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 31.01.2013- 8 U 203/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 101/00 Verkündet am:
20. Juni 2001
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ist im Haftpflichturteil ein schadensverursachender Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers
festgestellt, kann sich der Versicherer im Deckungsprozeß zur Begründung
des Ausschlußtatbestandes ("... Schadensverursachung durch ... wissentliche
Pflichtverletzung") nicht auf eine andere schadensverursachende Pflichtwidrigkeit
berufen.
BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
20. Juni 2001

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 2. März 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt als Pfändungsgläubiger den beklagten Versicherer aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des Streithelfers in Anspruch.
Der Kläger beauftragte den Streithelfer als Prozeßanwalt, nach dem Tod seines Vaters einen Pflichtteilsanspruch gegen seine Stiefmutter geltend zu machen. Der Streithelfer reichte eine von dem Ver-

kehrsanwalt des Klägers entworfene Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Zahlung ein. Im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte er die Auskunftsklage einseitig in der Hauptsache für erledigt; weitere Anträge stellte er nicht. Durch Teilurteil wurde die Klage in der ersten Stufe abgewiesen. Der Streithelfer übermittelte das Teilurteil dem Kläger; darüber hinausgehende Maßnahmen wurden durch ihn nicht getroffen. Auf fünf anschließende Sachstandsanfragen des Klägers bzw. des Verkehrsanwalts reagierte er nicht. Daraufhin kündigte der Kläger dem Streithelfer das Mandat fristlos.
Die neu beauftragten Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten die Fortsetzung des Pflichtteilsrechtsstreits in der zweiten und dritten Stufe. Die restliche Klage wurde durch Schlußurteil wegen Verjährung abgewiesen.
In dem folgenden Haftpflichtprozeß wurde der Streithelfer rechtskräftig verurteilt, wegen positiver Vertragsverletzung des Anwaltsvertrages dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 131.207,32 DM zu leisten. Für diesen Rechtsstreit hatte die Beklagte dem Streithelfer unter Vorbehalt einer Prüfung der Leistungsfreiheit nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 ihrer Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und Patentanwälten (AVB-RA) vorläufig Dekkungsschutz erteilt. Die Klausel lautet:
"Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche ... wegen Schadenverursachung durch wissentliches Abwei-

chen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Auftraggebers oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."
Nachdem der Kläger nur Teilbeträge auf seine titulierte Forderung von dem Streithelfer erhalten hatte, pfändete er dessen Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten und ließ sie sich zur Einziehung überweisen. Die Beklagte berief sich gegenüber dem Streithelfer auf Leistungsfreiheit, weil dieser Sachstandsanfragen des Mandanten nicht beantwortet und es unterlassen habe, Schritte zur Unterbrechung der Verjährung zu unternehmen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren in Höhe von 114.176,73 DM weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts greift der Risikoausschluß nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ein. Diese Klausel sei Inhalt des Versicherungsvertrages geworden, den der Streithelfer mit der Beklagten abgeschlossen habe. Sie stelle einen subjektiven Risikoausschluß dar und sei wirksam.

Es sei zwar zweifelhaft, wenn nicht auszuschließen, daß der Streithelfer den Pflichtteilsanspruch des Klägers vorsätzlich habe verjähren lassen. In jedem Fall habe der Streithelfer seine Anwaltspflichten aber wissentlich dadurch verletzt, daß er die Sachstandsanfragen des Klägers und des Verkehrsanwalts unbeantwortet gelassen habe. Die wissentliche Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen sei ursächlich für den Schaden des Klägers - die Abweisung des Pflichtteilsanspruchs wegen Verjährung - gewesen. Die Beklagte sei nicht gehindert, sich im Deckungsprozeß auf diese Pflichtverletzung zu berufen. Denn das Landgericht habe in dem Haftpflichtprozeß lediglich festgestellt, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers infolge einer dem Streithelfer anzulastenden Untätigkeit verjährt sei. Es habe die schuldhafte Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser keine die Verjährung unterbrechenden Maßnahmen ergriffen habe. Damit, wie die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu bewerten sei, habe es sich nicht befaßt.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Die Bestimmung des § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA ist nach der von der Revision nicht angegriffenen Feststellung des Berufungsgerichts in den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen der Beklagten und dem Streithelfer einbezogen worden.

Sie enthält einen subjektiven Risikoausschluß, der in zweifacher Hinsicht von der dispositiven Vorschrift des § 152 VVG abweicht. Zum einen stellt § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA zugunsten des Versicherungsnehmers nur auf näher beschriebene Verstöße gegen konkrete Berufspflichten ab und läßt insoweit nicht bedingten Vorsatz genügen, sondern fordert direkten Vorsatz. Zum anderen muß der Versicherungsnehmer nicht den schädigenden Erfolg als möglich vorhergesehen und billigend in Kauf genommen haben (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 - IVa ZR 166/85 - VersR 1987, 174 unter II 1).
Ein solcher Risikoausschluß in Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist wirksam (vgl. Senatsurteil vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 6 c).
2. Aufgrund der Bindungswirkung des Haftpflichturteils ist es der Beklagten im Deckungsprozeß verwehrt, sich auf eine wissentliche Pflichtverletzung des Streithelfers durch Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen zu berufen.

a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennungsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozeß

geklärt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 m.w.N.).

b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozeß nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGHZ 119, 276, 280 f). Sie bedeutet , daß das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrundeliegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGHZ 117, 345, 350; BGHZ 119, 276, 278 f m.w.N.).
Trotz der Bindungswirkung bleiben dem Versicherer im Deckungsprozeß etwaige versicherungsrechtliche Einwendungen erhalten; so kann er sich auf Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung oder aufgrund eines Risikoausschlusses berufen (BGH, Urteile vom 28. April 1958 - II ZR 163/57 - VersR 1958, 361 unter 1 und vom 20. September 1978 - V ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I). Ist eine für den Dekkungsanspruch im Hinblick auf eine Risikobegrenzung oder einen Risikoausschluß wesentliche Tat- oder Rechtsfrage im Haftpflichtprozeß offen geblieben, so ist sie im Deckungsprozeß zu entscheiden (BGH, Urteil vom 26. April 1962 - II ZR 40/60 - VersR 1962, 557 unter II B c).

Das Haftpflichturteil entfaltet aber im nachfolgenden Deckungsprozeß Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGHZ 119, 276, 278). Dieser umfaßt die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflichtprozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat. Wird dem Versicherungsnehmer vorgeworfen, pflichtwidrig eine Handlung unterlassen zu haben, so gehört zum Haftungstatbestand auch, was der Versicherungsnehmer hätte tun müssen, um pflichtgemäß zu handeln.

c) Diese Grundsätze gelten auch hier. Bindend festgestellt ist im Haftpflichtprozeß nicht nur, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers verjährt und die Klage daher zu Recht abgewiesen worden ist. Auch der dem Streithelfer anzulastende Pflichtverstoß wird von der Bindungswirkung erfaßt. Das Haftpflichturteil hat die Vertragspflichtverletzung des Streithelfers darin gesehen, daß dieser es unterlassen hat, den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Welche Maßnahmen der Streithelfer hätte ergreifen müssen, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern, ist im Haftpflichturteil - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht offen geblieben. Vielmehr ist dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe , soweit sie sich mit der objektiven Pflichtwidrigkeit befassen, zu entnehmen, daß dem Streithelfer vorgeworfen worden ist, den Rechtsstreit nicht weiter betrieben zu haben. Als nächste Prozeßhandlung, die geeignet gewesen wäre, die durch den Stillstand des Verfahrens erneut in Lauf gesetzte Verjährungsfrist zu unterbrechen (§ 211 Abs. 2 Satz 2 BGB), hat der Tatrichter des Haftpflichtprozesses die Einreichung des Schriftsatzes genannt, mit dem die späteren Prozeßbevollmächtigten des Klägers beantragten, das Verfahren über die weiteren Stufen fortzuset-

zen. Außerdem ist im Haftpflichturteil festgehalten, daß dem Kläger ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von 118.846,99 DM zuerkannt worden wäre, wenn der Streithelfer spätestens nach Erlaß des Teilurteils den Rechtsstreit um den Pflichtteil weitergeführt hätte. Damit hat der Tatrichter im Haftpflichtprozeß die Pflichtwidrigkeit des Streithelfers dahin konkretisiert , daß er es versäumt hat, rechtzeitig einen Fortsetzungsantrag zu stellen.

d) Nachdem das Haftpflichturteil den schadensverursachenden Pflichtverstoß des Streithelfers so festgestellt hat, kann ihm im Dekkungsprozeß nicht die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfragen als - andere - schadensverursachende Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden. Denn der Tatbestand der Ausschlußklausel ("... Schadenverursachung durch ... wissentliche Pflichtverletzung") deckt sich mit dem Haftungstatbestand im Haftpflichtprozeß, jedenfalls was die den Schaden verursachende Pflichtverletzung angeht. In einem solchen Falle muß der Versicherungsnehmer es hinnehmen, wenn das Gericht im Haftpflichtprozeß einen Tatbestand feststellt, der zugleich versicherungsrechtlich einen Risikoausschluß ausfüllt. Umgekehrt kann der Versicherer, wenn - wie hier - im Haftpflichtprozeß festgestellt wurde, daß der Versicherungsnehmer den Schaden durch ein bestimmtes Verhalten verursacht hat, diese Feststellung im Deckungsprozeß nicht mehr nachprüfen lassen (Voit in Prölss/Martin, VVG 26. Aufl. § 149 Rdn. 30 m.w.N.).
3. Offen geblieben ist im Haftpflichtprozeß allerdings, ob der Streithelfer es wissentlich unterließ, den verjährungsunterbrechenden Fortsetzungsantrag zu stellen.

Der nach § 4 Ziff. 5 Satz 1 AVB-RA notwendige direkte Vorsatz erfordert das Wissen und Wollen der Pflichtverletzung. Der Versicherungsnehmer muß die von ihm verletzte Pflicht positiv gekannt und subjektiv das Bewußtsein gehabt haben, gesetz-, vorschrifts- oder sonst pflichtwidrig zu handeln (BGH, Urteil vom 13. Juli 1959 - II ZR 37/58 - VersR 1959, 691 unter 2; Senatsurteil vom 17. Dezember 1986 aaO VersR 1987, 174 unter II 1). Demgemäß müßte der Streithelfer gewusst haben, daß er die Fortsetzung des Prozesses zu beantragen hatte, und willentlich gegen diese Pflicht verstoßen haben. Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der beklagte Versicherer (Senatsurteil vom 26. September 1990 aaO VersR 1991, 176 unter 5 c).
Die fehlenden Tatsachenfeststellungen zum Grad des Verschuldens des Streithelfers wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Dabei dürfte auch zu berücksichtigen sein, daß der Streithelfer durch die wiederholten Sachstandsanfragen Anlaß hatte, die materiellen und prozessualen Folgen des gegen den Kläger ergangenen Teilurteils zu prüfen. Zudem wird es den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und Beweisantritt geben müssen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR90/13 Verkündet am:
17. Dezember 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Berufshaftpflichtversicherung (hier: § 4 Nr. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen
für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren
(AVB-I))
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer
darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er - wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher
Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen
vorausgesetzt werden kann - Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die
als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden
können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im
Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die
vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht
zulassen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 90/13 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Insolvenzverwalter der Fa. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Beklagten versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren (AVBI )" sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2000 führte der Kläger den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F. (im Folgenden: F. ) aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F. mit Schreiben vom 1. März 2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F. wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. € begründet.
3
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kläger erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18. September 2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F. wurden nicht mehr befriedigt.
4
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kläger auf Schadensersatz gemäß §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kläger rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 € nebst Zinsen verurteilt.
5
Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F. zu gewähren.
6
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 AVB-I leistungsfrei sei, weil der Kläger die aus § 61 InsO folgende Pflicht wissentlich verletzt habe, indem er Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet habe, zu deren Erfüllung diese nicht ausreichte.
9
Zwar sei eine wissentliche Pflichtverletzung nicht bereits mit Bindungswirkung im Haftpflichtprozess festgestellt und der Versicherer sei darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses. Zuvor habe aber der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei. Dazu genüge der Vortrag des Klägers (dieF. sei über die wirtschaftlichen Risiken ihres Engagements hinreichend informiert gewesen und der Kläger habe aufgrund des Wertes des Warenbestandes und im Hinblick auf einen "asset deal" davon ausgehen dürfen , dass dieser zur Befriedigung der Verbindlichkeiten ausreiche) nicht.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

11
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 unter II 1 b; vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 1).
12
Danach besteht die vom Kläger verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 Rn. 13).
13
2. Weiter zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbständig zu prüfen (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 2 und 3; vom 28. Septem- ber 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 a; vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b).
14
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
15
a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 b).
16
Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (Senatsurteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 3; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84, VersR 1986, 647 unter 2 d). In diesem Rahmen muss vom Versicherer dargelegt werden, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
17
b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den Versicherer treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausführt, der Versicherungsnehmer habe im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei, "bevor" der Versicherer die Wissentlichkeit darzulegen und zu beweisen habe.
18
aa) Soweit sich das Berufungsgericht für diese Ansicht auf Urteile anderer Oberlandesgerichte berufen hat (OLG Köln VersR 2012, 560; VersR 1990, 193; OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219; ZfSch 2007, 522; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 439; OLG Hamm VersR 2000, 482), ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine entsprechende Rechtsauffassung einem Teil der zitierten Urteile nicht entnehmen lässt.
19
Lediglich das Oberlandesgericht Saarbrücken hat ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer schon aufgrund der bloßen Behauptung des Versicherers, es sei Wissentlichkeit der Pflichtverletzung gegeben, plausibel machen müsse, aus welchen Gründen es zu seinem Fehlverhalten gekommen ist; anderenfalls sei vom Vorliegen dieses Umstands auszugehen (OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219 unter II 1 a (2); ZfSch 2007, 522 unter II 2 c).
20
bb) Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Aus der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Versicherers folgt vielmehr, dass dieser zunächst einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei wird der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich sein, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann, so wie dies etwa in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall gewesen ist (Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen und den Mandanten über den Verfahrensstand zu unterrichten; OLG Köln VersR 2012, 560).

21
Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
22
c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen nach diesen Maßstäben die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht zu tragen.
23
aa) Eine Feststellung dahingehend, dass Art und Umfang der vom Kläger verletzten Pflicht aus sich heraus auf eine wissentliche Begehung hindeuten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil selbst angenommen, dass allein das Fehlen eines Liquiditätsplans für eine solche Annahme nicht genügt (eingangs unter II 2 c bb der Gründe). Dies ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
24
bb) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht die Feststellung getroffen, der Kläger habe positiv gewusst, dass die Eingehungder Verbindlichkeiten auf unzureichender Prüfung ihrer Erfüllbarkeit beruhte. Dem Berufungsurteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, weshalb er von einer genügenden Sicherung der neu begründeten Verbindlichkeiten ausgegangen sein will.
Daraus folgt aber noch nicht, dass er positiv wusste, den Wert des Warenbestandes unzureichend ermittelt zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, was der Kläger alles nicht hätte tun dürfen, tragen außer dem Befund einer objektiven Pflichtverletzung allenfalls noch einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für das Wissen des Klägers ist dagegen nicht entscheidend, ob er so hätte handeln dürfenwie geschehen.
25
Ferner hat der Kläger vorgetragen, er habe nicht gewusst, einen Liquiditätsplan aufstellen zu müssen, weil eine entsprechende Konkretisierung der Pflicht aus § 61 InsO erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2004 (IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104) erfolgt sei, und er habe auf eine ausreichende Abdeckung der Verbindlichkeiten durch eine spätere Verwertung des Warenlagers vertraut. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt war oder dem Kläger insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, hat er damit Gründe, warum er sich für berechtigt erachtete, die Masseverbindlichkeiten einzugehen , dargelegt. Selbst wenn der vom Kläger erwartete "asset deal" nur eine unbestimmte Hoffnung gewesen sein sollte, würde dies deshalb möglicherweise nur dazu führen, dass ihm hinsichtlich der Frage, ob die Masse zur Erfüllung in der Lage sein wird, eine fahrlässige Fehleinschätzung vorzuwerfen wäre.
26
d) Das Berufungsgericht wird deshalb die Frage der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung auf zutreffender rechtlicher Grundlage erneut zu beurteilen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich Erklärungen , die dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls im Rahmen sekundärer Darlegungslast obliegen, nur auf den fehlenden Vorsatz der Pflichtverletzung beziehen müssen. In keinem Fall obliegt es ihm darzu- legen, dass das tatsächliche Handeln auch objektiv gerechtfertigt gewesen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.06.2012- 6 O 94/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 31.01.2013- 8 U 203/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 109/08
Verkündet am:
19. November 2009
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 276 Fb, 311 Abs. 2
Zur Haftung des in einem Kapitalanlagemodell eingesetzten Mittelverwendungskontrolleurs
, der es unterlässt, vor Aufnahme der Tätigkeit der Fondsgesellschaft
sicherzustellen, dass die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße
Verwendungskontrolle vorliegen.
BGH, Urteil vom 19. November 2009 - III ZR 109/08 - OLG München
LG München I
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Oktober 2009 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Dörr,
Dr. Herrmann, Hucke und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. April 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Kläger Die machen gegen den beklagten Wirtschaftsprüfer Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Beteiligung an der F. Z. GbR geltend, die sie am 16. Juni 2004 zeichneten.
2
Die Anlage wurde anhand eines von der Fondsgesellschaft herausgegebenen Emissionsprospekts vertrieben. Unter anderem nach Nummer 10 der darin enthaltenen Erläuterungen der rechtlichen Grundlagen des Fonds hatte zur Absicherung der Kapitalanleger ein Wirtschaftsprüfer die Kontrolle über die zweckgerechte Verwendung der Gesellschaftereinlage übernommen. Dem lag ein im Prospekt abgedruckter Mittelverwendungskontrollvertrag zwischen der F. Z. GbR und dem Wirtschaftsprüfer zugrunde. Dieser Vertrag enthielt insbesondere folgende Regelungen: "§ 1 Sonderkonto (1) Die Fonds-Gesellschaft richtet ein Sonderkonto bei einem Kreditinstitut ein, über das sie nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann ("Sonderkonto"). Auf das Sonderkonto sind die Gesellschaftereinlagen einzuzahlen und die von der Fonds-Gesellschaft ausgereichten Darlehen zu tilgen. … (3) Zahlungen aus dem Sonderkonto dürfen nur entweder zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft oder zur Ausreichung von Darlehen geleistet werden. Zahlungen zur Ausreichung eines Darlehens dürfen nur geleistet werden, wenn - die Ausreichung des Darlehens an Mutter-, Tochterund /oder Schwesterunternehmen der Fonds-Gesellschaft i.S.v. § 1 Abs. 6 und 7 KWG erfolgt, - ein schriftlicher Darlehensvertrag zwischen der Fonds-Gesellschaft und dem Darlehensnehmer abgeschlossen worden ist, - der Darlehensvertrag vorsieht, dass die Tilgung des Darlehens durch Zahlung auf das Sonderkonto erfolgt, - das Darlehen der kurz- oder mittelfristigen Finanzierung des unmittelbaren oder mittelbaren (d.h. im Wege des Erwerbs von - auch stillen - Beteiligungen an Gesellschaften, die Immobilien halten) Erwerbs von Immobilien im In- und/oder Ausland, einschließlich der Erwerbsnebenkosten sowie sämtlicher Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auflegung von Mutter-, Tochter- und/oder Schwesterunterneh- men der Fonds-Gesellschaft als geschlossene Immobilienfonds , oder der Umschuldung solcher Darlehen dient, und - eine nach dem Erwerbskonzept des Darlehensnehmers einzudeckende langfristige Fremdfinanzierung ausgereicht oder zugesagt ist oder eine nach diesem Konzept zu übernehmende langfristige Fremdfinanzierung übernommen werden kann. Zahlungen zur Begleichung von Kosten der Fonds-Gesellschaft dürfen nur gegen Vorlage entsprechender Rechnungen geleistet werden. … § 4 Haftung (1) Dieser Vertrag wird als Vertrag zu Gunsten Dritter, und zwar zu Gunsten aller Gesellschafter abgeschlossen. Die Gesellschafter können aus diesem Vertrag eigene Rechte herleiten. (2) Schadensersatzansprüche gegen den Beauftragten können nur geltend gemacht werden, wenn die Fonds-Gesellschaft oder die Gesellschafter nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermögen. …"
3
DieMittelverwendungskontrollesollt e nach dem Prospekt von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, der "aus standesrechtlichen Gründen" nicht genannt wurde. Als Herausgeber des Prospekts war die F. F. M. GmbH bezeichnet, deren Geschäftsführer teilweise zugleich Vorstände der F. C. AG und daneben geschäftsführende Gesellschafter der F. Z. GbR waren.
4
Der Beklagte wurde Mitte März 2003 als Mittelverwendungskontrolleur gewonnen. Er erstellte im April 2003 zudem ein Prospektprüfungsgutachten. Für das Sonderkonto, auf das die Anleger ihre Gesellschaftereinlagen einzahlten , war er gesamtvertretungsberechtigt. Drei der geschäftsführenden Gesellschafter waren demgegenüber einzeln zeichnungsbefugt. Erst nach dem 1. Dezember 2004 wurden deren Zeichnungsrechte dahingehend geändert, dass sie nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnten.
5
Nachdem Mitte Dezember 2004 wirtschaftliche Schwierigkeiten der Fondsgesellschaft offen gelegt wurden, befindet sich diese seit Ende des Jahres 2005 in Liquidation. Die Kläger begehren von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes unter anderem die Rückzahlung der von ihnen geleisteten Einlagen abzüglich der aus der Liquidation erhaltenen Beträge Zug um Zug gegen Abtretung des weiteren Liquidationserlöses sowie die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten, sie von Ansprüchen aus der Beteiligung freizustellen.
6
Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts scheiden Ansprüche aus Prospekthaftung aus. Der Beklagte sei nicht prospektverantwortlich gewesen und habe auch kein persönliches Vertrauen in Anspruch genommen. Eine Haftung für die mögliche Fehlerhaftigkeit des von ihm erstellten Prospektprüfungsberichts komme nicht in Betracht, da dieser den Anlegern nicht vor der Anlageentscheidung zur Kenntnis gelangt sei.
9
Der Beklagte hafte auch nicht wegen einer Verletzung des Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle. Eine Haftung für vorvertragliche Pflichtverletzungen komme schon mangels eines vor Vertragschluss bestehenden Vertrauensverhältnisses nicht in Betracht. Zudem habe sich der Beklagte weder im Rahmen der eigentlichen Prospektprüfung noch später Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto wie im Prospekt angegeben geregelt gewesen seien. Positive Kenntnis des Beklagten von einer vertragswidrigen Gestaltung der Zeichnungsberechtigungen sei nicht festzustellen. Ansprüche aufgrund einer positiven Forderungsverletzung des Vertrages über die Mittelverwendungskontrolle schieden schon deshalb aus, weil diese jedenfalls die von den Klägern begehrte Form des Schadensersatzes , die Rückgängigmachung des Vertrags, nicht rechtfertigten.
10
Schließlich scheiterten deliktische Ansprüche am fehlenden Vorsatz des Beklagten.

II.


11
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
12
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, dass nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand Prospekthaftungsansprüche unabhängig vom Vorliegen eines Prospektfehlers gegenüber dem Beklagten nicht bestehen.
13
Prospekthaftungsansprücheimenger en Sinne richten sich gegen Personen , die für die Geschicke des Unternehmens und damit für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich sind. Dazu zählen die Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen (z.B.: Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGHZ 145, 187, 196; jew. m.w.N). Darüber hinaus haften auch Personen , die hinter der Gesellschaft stehen und neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss bei der Initiierung des Prospekts ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen, ohne dass es darauf ankommt, dass sie in dieser Einflussnahme nach außen in Erscheinung getreten sind. Diese Verantwortlichkeit gründet sich allgemein auf das Vertrauen, das diesem Personenkreis von Anlegern typischerweise entgegengebracht wird (Senat aaO; BGHZ aaO; jew. m.w.N.). Voraussetzung dafür ist, dass ihnen als "Hintermännern" faktisch eine Schlüsselfunktion zukommt, die mit derjenigen der Geschäftsleitung vergleichbar ist (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 - III ZR 125/06 - ZIP 2007, 1993, 1995). Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte nicht. Dem von der Revision in Bezug genommenen Vortrag der Kläger zufolge hatte er zwar als (künftiger) Mittelverwendungskontrolleur den Entwurf des Prospekts und insbesondere des Mittelverwendungskontrollvertrags zur Durchsicht und mit der Rückfrage erhalten , ob er dazu Anmerkungen habe. All dies belegt jedoch keineswegs, dass er maßgebliche Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung des Prospekts hatte, an die typischerweise Vertrauen der Anleger geknüpft gewesen wäre. Ihm kam vielmehr keine weitergehende Funktion als die eines berufsmäßigen Sachkenners zu, der lediglich als so genannter Garant der Prospekthaftung unterliegt.
14
Als Inhaber einer solchen Garantenstellung haften Personen mit Rücksicht auf eine allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung allerdings nur, sofern sie gerade durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken an dem Emissionsprospekt einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen (z.B.: Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1996; BGHZ 77, 172, 176 f; BGH, Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - ZIP 1992, 912, 917 f). In dem Emissionsprospekt war jedoch eine auf dessen Gestaltung bezogene Mitwirkung oder Kontrolle durch den Beklagten nicht offen gelegt.
15
Zutreffend - und von der Revision unbeanstandet - hat das Berufungsgericht auch Prospekthaftungsansprüche im weiteren Sinne wegen eines möglicherweise fehlerhaften Prospektprüfungsberichtes abgelehnt. Ein derartiger aus der Verletzung eines Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter folgender Anspruch setzt voraus, dass Anleger das Gutachten zur Kenntnis nehmen und zur Grundlage ihrer Anlageentscheidung machen (Senatsurteil vom 14. Juni 2007 aaO S. 1997 m.w.N.). Dies war bei den Klägern nicht der Fall.
16
2. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist jedoch ein Anspruch der Kläger gegen den Beklagten nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Pflichten, die aufgrund des zugunsten der Anleger (§ 328 BGB) geschlossenen Vertrags über die Mittelverwendungskontrolle (im Folgenden: MVKV) bestanden , nicht auszuschließen.

17
a) Den Beklagten traf nach dem Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle gegenüber den Anlegern unter anderem die Verpflichtung zu überprüfen, ob die Konditionen des Sonderkontos mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV genannten Kriterien übereinstimmten. Er hatte sich deshalb insbesondere zu vergewissern , dass sämtliche Verfügungsberechtigten nur gemeinsam mit ihm zeichnungsbefugt waren.
18
aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten war das Sonderkonto so zu führen, dass nicht ohne seine Mitwirkung verfügt werden konnte. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV. Danach war das Sonderkonto ein solches, über das die Fondsgesellschaft "nur gemeinsam mit dem Beauftragten verfügen kann". Hiernach sollte bereits die formale Verfügungsbefugnis gegenüber der kontoführenden Bank eingeschränkt sein. Schon mit dem Wortlaut der Regelung ist die Auslegung des Vertrages, nach der eine Bindung der Fondsgesellschaft lediglich im Innenverhältnis zu dem Mittelverwendungskontrolleur bestanden hätte, nicht zu vereinbaren. Auch der Schutzzweck des Vertrages gegenüber den einzelnen Anlegern spricht für eine solche Einschränkung der Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis, da auf diese Weise die Ausführung von Zahlungen , denen der Mittelverwendungskontrolleur nach dem Vertrag nicht zustimmen durfte, am wirksamsten verhindert werden konnte. Dem widerspricht nicht, dass die geschäftsführenden Gesellschafter nach Seite 11 des Prospektes grundsätzlich einzelvertretungsberechtigt sein sollten.
19
Dieser Auslegung steht, anders als der Beklagte meint, auch die vereinbarte Höhe seiner Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht entgegen. Hätte die Mitzeichnung jeder Verfügung über das Sonderkonto tatsächlich einen erheblichen zeitlichen Mehraufwand bedingt, wäre die Vergütung nach § 2 Abs. 1 Satz 3 MVKV anzupassen gewesen.
20
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt aus dem Mittelverwendungskontrollvertrag unter Berücksichtigung seines Zwecks die weitere Verpflichtung des Beklagten, die Einhaltung dieser vertraglich vorausgesetzten Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto nachzuprüfen.
21
(1) Der Wortlaut des Vertrages enthält eine solche Kontrollpflicht zwar nicht. Die Einrichtung des Sonderkontos oblag nach § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV der Fondsgesellschaft. Den Mittelverwendungskontrolleur treffende Pflichten bestanden nach dem Text des § 1 Abs. 2 bis 4 MVKV nur in Bezug auf Zahlungen von dem Sonderkonto.
22
(2) Der Zweck des MVKV gebot jedoch, dass der Beklagte als Mittelverwendungskontrolleur , bevor das Anlagemodell "einsatzbereit" war, zu kontrollieren hatte, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto ordnungsgemäß eingerichtet waren.
23
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 (III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342, 1343) einen Mittelverwendungskontrolleur gegenüber den künftigen Anlegern schon vor Abschluss des Vertrages und ohne konkreten Anlass für verpflichtet gehalten, sicherzustellen, dass sämtliche Anlagegelder von Anfang an in seine (Mit-)Verfügungsgewalt gelangten, da er ansonsten nicht in der Lage war, deren Verwendung zu den vertraglich vorgesehenen Zwecken auftragsgerecht zu gewährleisten. Hierzu gehörte es, das Anlagemodell darauf zu untersuchen, ob ihm Anlagegelder vorenthalten und damit seiner Mittelverwendungskontrolle entzogen werden könnten. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf einen Mittelverwendungskontrolleur, der zugleich Treuhandkommanditist war. Einen solchen treffen gegenüber dem bloßen Mittelverwendungskontrolleur weitergehende Prüfungs-, Kontroll- und Hinweispflichten in Bezug auf alle wesentlichen Umstände, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind (z.B.: BGHZ 84, 141, 144 f; Senatsurteile vom 12. Februar 2009 - III ZR 90/08 - NJW-RR 2009, 613, 614 Rn. 8 und 29. Mai 2008 - III ZR 59/07 - NJW-RR 2008, 1129, 1130 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Hinsichtlich der Pflichten, die aus der Übernahme der Mittelverwendungskontrolle folgen, kann für den Beklagten nach dem Zweck des Mittelverwendungskontrollvertrags jedoch nichts anderes gelten.
24
Die vom Beklagten übernommene Funktion bestand darin, die Anleger davor zu schützen, dass die geschäftsführenden Gesellschafter Zahlungen von dem Sonderkonto vornehmen, ohne dass die in § 1 Abs. 3 MVKV genannten Voraussetzungen vorliegen. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, musste er sicherstellen, dass er die ihm obliegende Kontrolle über den Mittelabfluss auch tatsächlich ausüben konnte. Da ein Konto, über das nur unter Mitwirkung des Beklagten verfügt werden konnte, eine zentrale Bedingung des MVKV darstellte und Voraussetzung für die effektive Verwirklichung seines Schutzzwecks war, durfte er nicht ohne eigene Vergewisserung darauf vertrauen, dass die für das Sonderkonto bestehenden Zeichnungsbefugnisse den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV entsprachen. Dabei konnte er, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, schon nicht ausschließen, insoweit von den Geschäftsführern der Fondsgesellschaft mit einer "dreisten Lüge bedient" zu werden. Jedenfalls aber musste der Beklagte gewärtigen, dass es bei der Einrichtung des Sonderkontos infolge von Unachtsamkeiten oder Irrtümern auf Seiten der Bank oder der Fondsgesellschaft zu Fehlern bei der Einräumung der Zeichnungsrechte kommen konnte.
25
Hiernach oblag dem Beklagten die Überprüfung, ob die geschäftsführenden Gesellschafter nur mit ihm gemeinschaftlich für das Sonderkonto zeichnungsberechtigt waren.
26
Diese Prüfungspflicht bestand zu dem Zeitpunkt, ab dem die Anlage "einsatzbereit" war. Die Mittelverwendungskontrolle musste naturgemäß sichergestellt sein, bevor die Anleger Beteiligungen zeichneten und Zahlungen auf ihre Einlagen leisteten (Senatsurteil 24. Juli 2003 - III ZR 390/02 - NJW-RR 2003, 1342, 1343). Bereits hieraus folgt, dass den Beklagten - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - vorvertragliche Pflichten gegenüber den (künftigen) Anlegern trafen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass der Mittelverwendungskontrollvertrag , wie der Beklagte wusste, im Emissionsprospekt als ein die Sicherheit und Seriosität der Anlage suggerierendes, werbewirksames Merkmal des Fonds hervorgehoben wurde. Dementsprechend vertrauten nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise die potentiellen Anleger, die sich für den Zinsfonds interessierten, darauf, dass der Beklagte die Mittelverwendungskontrolle gemäß den Vertragsbedingungen ins Werk gesetzt hatte, § 311 Abs. 2 BGB (vgl. auch BGHZ 145, 187, 197).
27
b) Seine Verpflichtung zur Kontrolle der Zeichnungsbefugnisse verletzte der Beklagte nach der im Revisionsverfahren mangels entgegen stehender Feststellungen zugrunde zu legenden Darstellung der Kläger. Da die ihm vorgelegte Liste der Bankvollmachten Angaben zu den übrigen Zeichnungsberechtigungen nicht enthielt, hätte er sich durch Nachfrage bei der kontoführenden Bank Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des MVKV entsprachen.
28
In diesem Fall hätte sich ergeben, dass drei der geschäftsführenden Gesellschafter einzelzeichnungsbefugt waren, es mithin entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 MVKV nicht gewährleistet war, dass die Fondsgesellschaft nur gemeinsam mit dem Beklagten über das Konto verfügen konnte. Dem Beklagten hätte sich dann aufdrängen müssen, dass die Mittelverwendungskontrolle wirkungslos werden konnte, da es den einzelverfügungsbefugten Geschäftsführern faktisch überlassen blieb, ob und an welchen Auszahlungen sie den Beklagten beteiligten. War hiernach die vertragsgemäße Verwendung der Anlegergelder nicht wie im Mittelverwendungskontrollvertrag gesichert, durfte der Beklagte nicht untätig bleiben. Er hätte von der Fondsgesellschaft verlangen müssen, dass die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto vor der Einzahlung von Anlegergeldern entsprechend den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags so eingerichtet werden, dass Auszahlungen nur gemeinsam mit ihm möglich waren (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).
29
c) Den Klägern gegenüber beschränkten sich indessen die Pflichten des Beklagten nicht auf die bloße Überprüfung, ob die Zeichnungsbefugnisse für das Sonderkonto den Anforderungen des Mittelverwendungskontrollvertrags entsprachen, und darauf, der Fondsgesellschaft gegenüber auf die Beseitigung der Mängel hinzuwirken. Zum Zeitpunkt des Fondsbeitritts der Kläger im Juni 2004 war die Gesellschaft bereits geraume Zeit tätig, ohne dass der Beklagte seinen Verpflichtungen nachgekommen war. Er konnte deshalb nicht ausschließen , dass es bereits vor dem Beitritt der Kläger § 1 Abs. 3 MVKV widersprechende Auszahlungen von dem Sonderkonto gegeben hatte, durch die das Gesellschaftsvermögen – auch zum Nachteil der künftig beitretenden Gesell- schafter – fortwirkend vermindert worden war. In dieser Situation hätte der Beklagte seinen vorvertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beitrittsinteressenten nicht allein dadurch genügt, für eine ordnungsgemäße Mittelverwendungskontrolle in der Zukunft Sorge zu tragen. Da eine zweckwidrige Minderung des Gesellschaftsvermögens bereits eingetreten sein konnte, hätte er nach Aufnahme der Tätigkeit des Fonds vielmehr unverzüglich zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass die im Prospekt werbend herausgestellte Mittelverwendungskontrolle bislang nicht stattgefunden hatte. Er hätte deshalb auf eine Änderung des Prospekts drängen müssen und Anleger, die vor einer derartigen Prospektänderung ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten, in geeigneter anderer Weise unterrichten müssen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juli 2003 aaO).
30
Der Senat verkennt nicht, dass es für den Beklagten - anders als in den Fällen, in denen der Treuhandkommanditist zum Mittelverwendungskontrolleur bestimmt ist und daher zwangsläufig in unmittelbaren Kontakt zu den beitrittswilligen Anlegern tritt -, durchaus mit Mühen verbunden gewesen wäre, die Anlageinteressenten rechtzeitig vor Tätigung der Anlage zu informieren. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist jedoch davon auszugehen, dass dem Beklagten zumutbare und hinreichend erfolgversprechende Mittel zur Verfügung standen. So hätte er insbesondere den Vertrieb und notfalls die Fachpresse über die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle informieren können. Es wird Sache des Beklagten sein, darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihm die Erfüllung dieser Informationspflichten nicht möglich war.
31
d) Gründe dafür, dass der Beklagte seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB), sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt es nicht darauf an, ob er positive Kenntnis von der nicht ordnungemäßen Einrichtung des Sonderkontos hatte. Der Schuldner haftet auch für Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).
32
e) Aufgrund der - nach dem klägerseitigen Vortrag - vom Beklagten zu vertretenden Verletzung seiner vorvertraglichen Pflichten muss er die Kläger im Wege des Schadensersatzes so stellen, als hätte er die gebotene Unterrichtung vorgenommen (§ 249 Abs. 1 BGB).
33
aa) Die Einhaltung seiner Pflichten hätte nach dem mangels entgegen stehender Feststellungen für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Vortrag der Kläger - für dessen Richtigkeit eine tatsächliche Vermutung streitet (vgl. z.B.: Senatsurteile vom 23. Juli 2009 - III ZR 306/07 - BeckRS 2009, 22376 Rn. 17 und vom 9. Februar 2006 - III ZR 20/05 - NJW-RR 2006, 685, 688 Rn. 23 f) - dazu geführt, dass sie die Beteiligung an dem Zinsfonds nicht eingegangen wären. Dies hat nach der Differenzhypothese zur Folge, dass ihnen ein Schaden nicht nur in Form der durch die unterbliebene Mittelverwendungskontrolle verursachten Beeinträchtigungen des Gesellschaftsvermögens entstanden ist. Vielmehr besteht der Schaden in der Zeichnung der Beteiligung selbst, so dass die Kläger - ihrem Klagebegehren entsprechend - von dem Beklagten verlangen können, so gestellt zu werden, als ob sie der Fondsgesellschaft nicht beigetreten wären. Grundsätzlich haftet derjenige, der für ein schädigendes Ereignis verantwortlich ist, dem Geschädigten für alle dadurch ausgelösten Schadensfolgen. http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-116-209_enr24'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-116-212_enr24'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore - 16 -
34
bb) Der etwaige Ersatzanspruch der Kläger ist auch nicht unter Schutzzweckgesichtspunkten auf den Schaden begrenzt, der bei ordnungsgemäßer Ausübung der Mittelverwendungskontrolle durch den Beklagten vermieden worden wäre, so dass nur Ausgleich für Verfügungen von dem Sonderkonto verlangt werden könnte, denen der Beklagte die Zustimmung hätte verweigern müssen. Zwar ist sowohl für das Delikts- als auch für das Vertragsrecht und für den Bereich vorvertraglicher Schuldverhältnisse anerkannt, dass der Verstoß gegen eine Rechtspflicht mit begrenztem Schutzzweck nur zum Ersatz der Schäden verpflichtet, deren Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern sollte (z.B.: BGHZ 146, 235, 239 f; 116, 209, 212 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränkt sich die Pflicht desjenigen, der, ohne Partner des Anlagegeschäfts zu sein, einem Anlageinteressenten Beratung oder Aufklärung nur hinsichtlich eines bestimmten Einzelaspekts schuldet, darauf, Schäden zu verhindern, die in diesem Punkt eintreten können. Dass ein Anleger bei fehlerfreier Beratung das Geschäft nicht abgeschlossen hätte, kann es deshalb allgemein nicht rechtfertigen, dem nur begrenzt Beratungs- oder Aufklärungspflichtigen den gesamten mit dem fehlgeschlagenen Vorhaben verbundenen Schaden aufzuerlegen. (z.B.: BGHZ 146 aaO; 116, 209, 213; BGH, Urteile vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02 - ZIP 2003, 806 f; vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/07 - ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 20. November 1997 - IX ZR 286/96 - NJW 1998, 982, 983; Lange in: Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 108 f; Palandt/Heinrichs, 68. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn. 63).
35
Die vom Beklagten übernommene Mittelverwendungskontrolle und die daraus abzuleitenden Prüfungs- und Unterrichtungspflichten beschränkten sich aber nicht auf einen Einzelaspekt der Anlage. Vielmehr hatte der Beklagte jedwede Verfügung von dem Sonderkonto auf die Vereinbarkeit mit den in § 1 Abs. 3 MVKV bestimmten Voraussetzungen zu prüfen. Die darin bestimmten Kriterien für die Ausreichung von Darlehen betreffen die Kernbedingungen für die Sicherheit und den Erfolg der Anlage. Dem Beklagten kam damit eine zentrale und umfassende, für den Gesamterfolg wesentliche Rolle in dem Investitionskonzept zu, die eine Beschränkung seiner Haftung unter den dargestellten Schutzzweckgesichtspunkten ausschließt. Der Senat hat bereits durch Urteil vom 1. Dezember 1994 (III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025, 1026) erkannt, dass geschädigte Anleger von einem als Treuhänder bezeichneten Rechtsanwalt, der den Prospektangaben zufolge (nur) die Verfügungen über das Anlegerkonto zu überwachen hatte, im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung der Beteiligung" verlangen können, wenn dieser es schuldhaft unterlassen hatte , die Anleger vor Vertragsschluss mit dem kapitalsuchenden Unternehmen wegen Unzulänglichkeiten im Geschäftsbetrieb dieses Unternehmens zu warnen. Die Funktion des Beklagten innerhalb des Anlagemodells ist mit der eines solchen Treuhänders vergleichbar.
36
f) Schließlich scheitert eine Haftung des Beklagten nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 4 Abs. 2 MVKV. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB unwirksam. Zur Begründung nimmt der Senat auf das am selben Tag ergangene Urteil in der Parallelsache III ZR 108/08 Bezug.

III.


37
Da noch ergänzende Feststellungen erforderlich sind, ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1, 3 ZPO).
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 10.10.2007 - 35 O 16007/06 -
OLG München, Entscheidung vom 16.04.2008 - 20 U 5417/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR90/13 Verkündet am:
17. Dezember 2014
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Berufshaftpflichtversicherung (hier: § 4 Nr. 5 Allgemeine Versicherungsbedingungen
für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren
(AVB-I))
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer
darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er - wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher
Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen
vorausgesetzt werden kann - Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die
als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden
können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im
Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die
vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht
zulassen.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 90/13 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter
Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Brockmöller auf die
mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2014

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 31. Januar 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Insolvenzverwalter der Fa. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Beklagten versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeine(n) Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren (AVBI )" sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
2
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 2000 führte der Kläger den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F. (im Folgenden: F. ) aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F. mit Schreiben vom 1. März 2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F. wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. € begründet.
3
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kläger erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18. September 2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F. wurden nicht mehr befriedigt.
4
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kläger auf Schadensersatz gemäß §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kläger rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 € nebst Zinsen verurteilt.
5
Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F. zu gewähren.
6
In den Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist begründet; sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte gemäß § 4 Nr. 5 AVB-I leistungsfrei sei, weil der Kläger die aus § 61 InsO folgende Pflicht wissentlich verletzt habe, indem er Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse begründet habe, zu deren Erfüllung diese nicht ausreichte.
9
Zwar sei eine wissentliche Pflichtverletzung nicht bereits mit Bindungswirkung im Haftpflichtprozess festgestellt und der Versicherer sei darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Merkmale des Risikoausschlusses. Zuvor habe aber der Versicherungsnehmer im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei. Dazu genüge der Vortrag des Klägers (dieF. sei über die wirtschaftlichen Risiken ihres Engagements hinreichend informiert gewesen und der Kläger habe aufgrund des Wertes des Warenbestandes und im Hinblick auf einen "asset deal" davon ausgehen dürfen , dass dieser zur Befriedigung der Verbindlichkeiten ausreiche) nicht.
10
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

11
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts , dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 unter II 1 b; vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 1).
12
Danach besteht die vom Kläger verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senatsurteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senatsurteil vom 8. Dezember 2010 - IV ZR 211/07, VersR 2011, 203 Rn. 13).
13
2. Weiter zutreffend erkennt das Berufungsgericht, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbständig zu prüfen (Senatsurteile vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03, VersR 2007, 641 unter II 2 und 3; vom 28. Septem- ber 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 a; vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 2 b).
14
3. Die vom Berufungsgericht auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Klägers beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
15
a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04, VersR 2006, 106 unter II 2 b).
16
Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der Versicherer (Senatsurteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00, VersR 2001, 1103 unter II 3; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84, VersR 1986, 647 unter 2 d). In diesem Rahmen muss vom Versicherer dargelegt werden, der Versicherungsnehmer habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
17
b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den Versicherer treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausführt, der Versicherungsnehmer habe im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast vorzutragen und plausibel zu machen, aus welchen Gründen es zum Verstoß gekommen sei, "bevor" der Versicherer die Wissentlichkeit darzulegen und zu beweisen habe.
18
aa) Soweit sich das Berufungsgericht für diese Ansicht auf Urteile anderer Oberlandesgerichte berufen hat (OLG Köln VersR 2012, 560; VersR 1990, 193; OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219; ZfSch 2007, 522; OLG Frankfurt NVersZ 2000, 439; OLG Hamm VersR 2000, 482), ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sich eine entsprechende Rechtsauffassung einem Teil der zitierten Urteile nicht entnehmen lässt.
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Lediglich das Oberlandesgericht Saarbrücken hat ausgeführt, dass ein Versicherungsnehmer schon aufgrund der bloßen Behauptung des Versicherers, es sei Wissentlichkeit der Pflichtverletzung gegeben, plausibel machen müsse, aus welchen Gründen es zu seinem Fehlverhalten gekommen ist; anderenfalls sei vom Vorliegen dieses Umstands auszugehen (OLG Saarbrücken ZfSch 2008, 219 unter II 1 a (2); ZfSch 2007, 522 unter II 2 c).
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bb) Diese Rechtsauffassung trifft jedoch nicht zu. Aus der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast des Versicherers folgt vielmehr, dass dieser zunächst einen Sachverhalt vorzutragen hat, der auf eine Wissentlichkeit der Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zumindest hindeutet. Dabei wird der Vortrag weiterer zusätzlicher Indizien dann entbehrlich sein, wenn es sich um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann, so wie dies etwa in einem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall gewesen ist (Pflicht des Rechtsanwalts zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, kein Versäumnisurteil gegen sich ergehen zu lassen und den Mandanten über den Verfahrensstand zu unterrichten; OLG Köln VersR 2012, 560).

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Jenseits der Fälle der Verletzung von beruflichen Kardinalpflichten, in denen vom äußeren Geschehensablauf und dem Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann, ist es aber Aufgabe des beweispflichtigen Versicherers, Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
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c) Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts vermögen nach diesen Maßstäben die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung nicht zu tragen.
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aa) Eine Feststellung dahingehend, dass Art und Umfang der vom Kläger verletzten Pflicht aus sich heraus auf eine wissentliche Begehung hindeuten, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat im Gegenteil selbst angenommen, dass allein das Fehlen eines Liquiditätsplans für eine solche Annahme nicht genügt (eingangs unter II 2 c bb der Gründe). Dies ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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bb) Auch im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht die Feststellung getroffen, der Kläger habe positiv gewusst, dass die Eingehungder Verbindlichkeiten auf unzureichender Prüfung ihrer Erfüllbarkeit beruhte. Dem Berufungsurteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Kläger nicht ausreichend vorgetragen habe, weshalb er von einer genügenden Sicherung der neu begründeten Verbindlichkeiten ausgegangen sein will.
Daraus folgt aber noch nicht, dass er positiv wusste, den Wert des Warenbestandes unzureichend ermittelt zu haben. Die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, was der Kläger alles nicht hätte tun dürfen, tragen außer dem Befund einer objektiven Pflichtverletzung allenfalls noch einen Fahrlässigkeitsvorwurf. Für das Wissen des Klägers ist dagegen nicht entscheidend, ob er so hätte handeln dürfenwie geschehen.
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Ferner hat der Kläger vorgetragen, er habe nicht gewusst, einen Liquiditätsplan aufstellen zu müssen, weil eine entsprechende Konkretisierung der Pflicht aus § 61 InsO erst durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Mai 2004 (IX ZR 48/03, BGHZ 159, 104) erfolgt sei, und er habe auf eine ausreichende Abdeckung der Verbindlichkeiten durch eine spätere Verwertung des Warenlagers vertraut. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Vertrauen gerechtfertigt war oder dem Kläger insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen ist, hat er damit Gründe, warum er sich für berechtigt erachtete, die Masseverbindlichkeiten einzugehen , dargelegt. Selbst wenn der vom Kläger erwartete "asset deal" nur eine unbestimmte Hoffnung gewesen sein sollte, würde dies deshalb möglicherweise nur dazu führen, dass ihm hinsichtlich der Frage, ob die Masse zur Erfüllung in der Lage sein wird, eine fahrlässige Fehleinschätzung vorzuwerfen wäre.
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d) Das Berufungsgericht wird deshalb die Frage der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung auf zutreffender rechtlicher Grundlage erneut zu beurteilen haben. Dabei wird es zu beachten haben, dass sich Erklärungen , die dem Versicherungsnehmer gegebenenfalls im Rahmen sekundärer Darlegungslast obliegen, nur auf den fehlenden Vorsatz der Pflichtverletzung beziehen müssen. In keinem Fall obliegt es ihm darzu- legen, dass das tatsächliche Handeln auch objektiv gerechtfertigt gewesen ist.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 27.06.2012- 6 O 94/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 31.01.2013- 8 U 203/12 -

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.