I.
Die Parteien streiten um gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB im Zusammenhang mit der Aufnahme zweier Darlehen im Juni 2006.
Die Klägerin, die Mutter der Beklagten, begehrt von dieser einen anteiligen Ausgleich für die alleinige Begleichung der Schulden der vorgenannten Darlehen.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, insbesondere zu einzelnen Zahlungsvorgängen wird grundsätzlich auf die Ausführungen im angefochtenen Ersturteil verwiesen (vgl. § 540 ZPO). Ergänzend und vor allem klarstellend gilt Folgendes:
Am 22.06.2006 schlossen die Klägerin und die Beklagte gemeinschaftlich zwei Darlehensverträge über je € 3.618.000,00 mit der … AG der R-bank O. (nachfolgend: „Privatbank“; vgl. Anlagen K 1 und K 2). Die Darlehen sahen jeweils monatliche Tilgungsraten in Höhe von € 6.030,00 vor, beginnend ab dem 30.05.2006. Verwendungszweck der Darlehen war die Umfinanzierung bzw. Zusammenführung anderer Bankverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Finanzierung von (vermieteten Bestands-)Immobilien, die teilweise im Eigentum der Klägerin und teilweise im Eigentum der Beklagten standen bzw. stehen.
Ein Konto („Konto 1“; vgl. Anlage K 1) hatte die Nr…, welches 2015 bankintern wegen einer Fusion die Kontonummer: … erhielt. Das andere Konto („Konto 2“, vgl. Anlage K 2) hatte zunächst die Nr. …, erhielt sodann im Dezember 2008 wegen der Umwandlung der Valuta in Schweizer Franken die Kontonummer: …98 und dann 2015 wegen vorgenannter Fusion die Kontonummer: … Die von der Klägerin behaupteten Zins- und Tilgungsleistungen über diese Konten werden von der Beklagten zum Teil bestritten. Nach den von der Klageseite vorgelegten Unterlagen K 3 bis K 7 sollen auf den Konten in den Jahren 2010 und 2011 folgende (Sonder-)Tilgungsleistungen durch die Klägerin erfolgt sein:
Konto 1:
– 22.10.2010: € 1.400.000,-
– 08.04.2011: € 450.000,-
Konto 2:
– 20.01.2010: € 30.000,-
– 19.02.2010: € 30.000,-
– 25.06.2010: € 10.000,-
– 18.10.2010: € 200.000,-
– 22.10.2010: € 1.400.000,-
– 10.01.2011: € 29.100,-
– 31.03.2011: € 42.000,-
– 07.07.2011: € 42.000,-
– 05.10.2011: € 42.000,-.
Nach der als Anlage BK 4 vorgelegten Bankauskunft valutierten die Darlehnsverträge zum Ablauf ihrer Laufzeit am 01.03.2016 noch auf € 2.852.062,13 bzw. € 1.268.830,00. Es wurde umgeschuldet.
Die Klägerin erteilte am 20.01.2014 Frau S.-K. eine notarielle „Vollmacht in Vermögensangelegenheiten und Betreuungsverfügung“ (vgl. Anlage K 13). In einem als Anlage K 12 vorgelegten Attest vom 20.01.2014 erklärte der Arzt Dr. Sch.: „Frau S. ist zur Willensäußerung und Entscheidungsbildung geistig und körperlich im Stande, so dass aus medizinischer Sicht keine Einwände gegen eine Erstellung oder Änderung eines Testamentes bestehen“.
Mit Urteil vom 23.09.2015 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, es sei der Klägerin nicht gelungen, die Höhe des Ausgleichsanspruchs substantiiert darzulegen. Es sei nicht ersichtlich, dass Sondertilgungen vertraglich vereinbart gewesen seien, somit seien diese Zahlungen nicht nachweisbar auf eine fällige Schuld geleistet worden. Bezüglich der übrigen Zahlungen sei nicht nachvollziehbar, auf welche Schuld geleistet worden sei und ob es sich dabei um fällige Zins- und Tilgungsforderungen handele. Gestellte Hilfsanträge seien unzulässig und auch unbegründet.
Die Klageseite begehrt im Berufungsverfahren weiterhin - wie bereits in der Klageschrift dargetan - einen Ausgleich für die im Jahre 2010 und 2011 geleisteten Sondertilgungen und Zahlungen (vgl. klarstellend: Schriftsatz vom 22.12.2016, Bl. 316/326 d. A. i. V. m. der Klageschrift, S. 5/6 d. A.). Es seien von der Klägerin in diesem Zeitraum Tilgungsleistungen in einer Gesamthöhe von € 3.675.100,- erbracht worden, wobei nach Klagesicht hiervon ein Anteil von 39,07% auf Altverbindlichkeiten der Klägerin und 60,93% auf abgelöste Kredite der Beklagten entfielen. Entsprechend dieser Anteilsquote stehe der Klägerin ein Ausgleich zu. Mit Auslaufen der Darlehen im Jahr 2016 seien die Kredite jedenfalls fällig, weswegen das Urteil des Landgerichts keinen Bestand haben könne.
Die Klägerin beantragt daher zuletzt,
-
1.Das Urteil des Landgerichts München I vom 23.09.2015, AZ: 40 O 1210/15, wird aufgehoben.
-
2.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.239.238,43 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Den ursprünglich in der Berufungsbegründung gestellten Hilfsantrag hatte die Klageseite im Termin am 23.05.2016 für erledigt erklärt. Der Erledigterklärung hatte die Beklagtenseite zugestimmt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte beanstandet zunächst vor allem die Unzulässigkeit der Berufung bzw. letztlich auch der Klage wegen fehlender Prozessfähigkeit der Klägerin. Sie stützt sich hierbei vor allem auf ein Kurzgutachten der Fachärztin für Neurologie, Frau Dr. N. K., vom 30.05.2014 (vorgelegt als „Anlage B1“ zum Schriftsatz vom 26.07.2016, vgl. Bl. 256/262), worin diese für die Klägerin die Diagnose: „Demenzielles Syndrom DD - Demenz vom Alzheimertyp“ stellt. Die Beklagte fordert daher eine Sachverständigenbegutachtung zu der Behauptung, dass die Geschäftsfähigkeit der Klägerin bereits zum Zeitpunkt der Einleitung der Klage nicht mehr gegeben war.
Darüber hinaus bestreitet die Beklagte generell eine Ausgleichspflicht, die Höhe der Klageforderung und erhebt die Einrede der Verjährung. Insbesondere wendet sie unter Verweis auf die als Anlage B 4 vorgelegte Vereinbarung ein, dass zwischen den Parteien stets die Absprache bestanden habe, dass die Klägerin alle Verbindlichkeiten für die Beklagte wegfertigen wollte und sollte. Sie stützt sich dabei u. a. auf folgende Passage in der Anlage B 4, welche die Beklagte allerdings nur in Kopie vorlegen kann: „… Ablösung sämtlicher Kredite bei den jetzigen Banken, bei denen der Boden verbrannt ist und weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist und Sicherstellung sämtlicher Zahlungen (Zinsen, Tilgung etc.) durch Frau S. …“.
Einen steuerlichen Vorteil im Zusammenhang mit den Tilgungsleistungen habe die Beklagte in den Jahren 2006 bis 2012 nicht erzielt.
Der Senat hat im Termin am 13.02.2017 den Steuerberater der Parteien, Herrn Dr. R., als Zeugen einvernommen und im Termin am 07.11.2016 die Beklagte informatorisch angehört. In beiden Terminen war die Klägerin durch ihre Bevollmächtigte, Frau S.-K., vertreten. Diese erklärte im Termin am 07.11.2016: „Ich bin vollständig einverstanden mit der Prozessführung“. In demselben Termin legte der Prozessbevollmächtigte die Originalvollmacht der Klägerin für die Prozessführung vor, die in Kopie dem Protokoll angehängt wurde.
Auf die beiden Terminprotokolle (vgl. Protokoll vom 13.02.2017, Bl. 358/365 d. A.; vgl. Protokoll vom 07.11.2016, Bl. 293/298 d. A.) sowie auf das Protokoll der ersten Sitzung am 23.05.2016 (vgl. Bl. 236/238 d. A.) wird verwiesen, ebenso zur weiteren Ergänzung des Tatbestands auf die zwischen den Parteien gewechselten umfassenden Schriftsätze nebst Anlagen.
Mit nachgelassenen Schriftsätzen vom 06.03.2017 (vgl. Bl. 366/368 und 369/374 d. A.) haben die Prozessbevollmächtigten zur Beweisaufnahme Stellung genommen.
II.
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Entsprechend ist die Berufung zurückzuweisen.
Während allerdings das Landgericht die Klage deswegen abgewiesen hat, weil es die Klageseite nicht vermocht habe, die Höhe des geltend gemachten Ausgleichsanspruchs gemäß § 426 Abs. 1 S. 1 BGB hinreichend zur Überzeugung des Gerichts zu substantiieren, scheitert ein etwaiger Ausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB oder § 426 Abs. 2 BGB aus Sicht des Senats bereits daran, dass die Parteien letztlich ausgehend von ihrem unterschiedlichen wirtschaftlichen Potential eine konkludente Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass die Beklagte nur bei erfolgreichem wirtschaftlichen Engagement im Bereich der kreditfinanzierten Immobilien für „ihre“ Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag einzustehen habe. Darüber hinaus ist der Anspruch zumindest auch teilweise verjährt.
Im Einzelnen:
A) Die Klage ist zulässig.
Die Prozessfähigkeit als Prozessvoraussetzung ist nach § 56 ZPO vom Gericht in jeder Verfahrenslage und in jedem Rechtszug von Amts wegen zu prüfen und zwar im Freibeweisverfahren.
Vorliegend beanstandet die Beklagte die Prozessfähigkeit der Klägerin. Der Senat geht jedoch unter Verweis auf § 51 Abs. 3, Abs. 1 ZPO davon aus, dass die Klägerin jedenfalls ordnungsgemäß vertreten ist. Die Bevollmächtige der Klägerin hat die Prozessführung der Klägerin ausdrücklich genehmigt. Dies überwindet eine etwaige fehlende Prozessfähigkeit der Klägerin (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., Rn. 14 zu § 51 ZPO). Die von der Beklagten geforderte und im Wege der Amtsaufklärung grundsätzlich gebotene Sachverständigenbegutachtung der Klägerin zur behaupteten „Demenz vom Alzheimertyp“ ist daher nicht erforderlich.
§ 51 Abs. 3 ZPO lautet wie folgt:
„Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen“.
Die hier streitgegenständliche notarielle „Vollmacht in Vermögensangelegenheiten und Betreuungsverfügung“ (vgl. Anlage K 13) zugunsten von Frau Seil-Kopp datiert vom 20.01.2014. Diese Vollmacht ist in ihrer Ausgestaltung geeignet, die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen (vgl. auch Unterlagen aus dem Betreuungsverfahren, Anlagen BK 1, BK 2).
Nach der Beweislastregelung von § 104 BGB ist bis zum Beweis des Gegenteils auch davon auszugehen, dass die Betroffene im Zeitpunkt der Erteilung der Vorsorgevollmacht geschäftsfähig war (vgl. Palandt, 76. Auflage, Götz zu § 1896 BGB, RN 12). Darüber hinaus setzt die wirksame Erteilung einer Vorsorgevollmacht zwar grundsätzlich Geschäftsfähigkeit voraus, maßgeblich ist aber nicht eine Geschäftsfähigkeit für alle Geschäfte, sondern ob die Betroffene die Vollmacht ohne fremde Willensbeeinflussung und im grundsätzlichen Bewusstsein ihrer Bedeutung erteilt hat (vgl. Palandt, 76. Auflage, Götz zu Einf zu § 1896 BGB, Rn. 5). Dementsprechend kann die zur Abwendung einer Betreuung erteilte Vollmacht noch wirksam sein, auch wenn der Betroffene zu komplizierteren Rechtsgeschäften nicht mehr in der Lage wäre (Palandt. a. a. O.)
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung das grundsätzliche Bewusstsein über diesen Vorgang hatte. Hierfür spricht zum einen der Vermerk des Notars D., der einleitend in der Vollmachtsurkunde vermerkt hat, dass er sich von der Geschäftsfähigkeit der Vollmachtgeberin überzeugt hat. Weiterhin hat der Hausarzt Dr. Sch. in einem von der Klageseite als Anlage K 12 vorgelegten Attest vom 20.01.2014 festgehalten: „Frau S. ist zur Willensäußerung und Entscheidungsbildung geistig und körperlich im Stande, so dass aus medizinischer Sicht keine Einwände gegen eine Erstellung oder Änderung eines Testamentes bestehen“. Die Beklagte betrachtet das Attest zwar als Gefälligkeitsattest, konkrete stichhaltige Einwände bringt sie allerdings nicht vor. Zudem stellt die Fachärztin für Neurologie, Frau Dr. N. K., in ihrem von der Beklagten bemühten Kurzgutachten vom 30.05.2014 (vorgelegt als „Anlage B1“ zum Schriftsatz vom 26.07.2016, vgl. Bl. 256/262), also vier Monate später, ebenfalls selbst fest, dass „der freie Wille (von der Klägerin) noch gebildet und geäußert werden kann“ und lediglich komplexere Zusammenhänge nicht mehr erfasst würden. Das hohe Alter der Klägerin, gelegentliche Gedächtnisstörungen (vgl. Beklagtenschriftsatz vom 26.07.2016, Bl. 256/262 d. A.) oder nachlassende Sehschärfe sind für den Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte, an der freien Willensbildung der Klägerin zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung zu zweifeln. Der Senat hat dabei auch die von der Beklagten vorgelegten schriftlichen Stellungnahmen der Zeugen A. und Isabella H. berücksichtigt. Die Angaben von Frau H. bezogen sich auf einen Zeitraum bis 2010. Danach hatte sie mehrere Jahre lang keinen persönlichen Kontakt mehr zu ihrer Großmutter. Der Zeuge A. bezog sich auf punktuelle Eindrücke bei einigen Telefonaten mit der Klägerin im Jahr 2011 und eine Situation, in der er die Klägerin von der Ferne auf ihrem Balkon sah. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei Erteilung der Vollmacht im Jahr 2014 entgegen den ärztlichen Attesten und der vom Notar gewonnenen Einschätzung nicht mehr in der Lage gewesen wäre, ihren freien Willen zu bilden und die grundsätzliche Bedeutung ihrer Erklärung zu erkennen, ergeben sich daraus nicht. Hieran ändert auch der von der Beklagten im Termin vom 13.02.2017 vorgelegten Beschluss des Landgerichts München II vom 07.02.2017, der als Anlage zu Protokoll genommen wurde, nichts. Nähere Hintergründe, welchen Informationsstand das Landgericht hatte und was der Anlass war, eine sachverständige Begutachtung zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht vom 20.01.2014 anzuordnen, hat die Beklagte nicht dargetan.
Mit ihrer protokollierten Einverständniserklärung konnte daher die bevollmächtigte Frau S.-K. gleichsam einer gesetzlichen Vertreterin der Klägerin die Prozessführung (rückwirkend) in Gänze genehmigen (§ 51 Abs. 3 ZPO). Sollte bei der Klägerin im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung tatsächlich die Prozessfähigkeit entfallen sein (oder die Klägerin bereits bei Klageerhebung nicht mehr voll geschäfts- und prozessfähig gewesen sein, § 52 ZPO), wäre dies somit unschädlich.
B) Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet.
1. Es besteht bereits keine Ausgleichungspflicht der Beklagten gleichsam „dem Grunde nach“ aufgrund interner Absprache zwischen den Parteien zur Lastentragung.
Unstreitig sind die Parteien jeweils Darlehensschuldnerinnen der beiden streitgegenständlichen Darlehensverträge. Sie sind damit gesamtschuldnerisch verbunden. § 426 BGB regelt das Innenverhältnis zwischen den Gesamtschuldnern im Hinblick auf etwaige Ausgleichspflichten.
Die Beklagte ist - jedenfalls derzeit - nicht verpflichtet, der Klägerin die Hälfte (entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 426 BGB) oder sogar überschießend einen Anteil von 60,93% (entsprechend der klageseits behaupteten steuerlichen Zuschreibung) der von der Klägerin bezahlten Darlehensverbindlichkeiten zu erstatten.
Der Senat ist nach durchgeführter Beweisaufnahme im Abgleich mit dem sich im Laufe des Berufungsverfahrens weiter konkretisierenden Parteivortrag zu der Überzeugung gelangt, dass sich Klägerin und Beklagte angesichts der wirtschaftlichen Gesamtsituation beider Parteien darin einig waren, dass die Darlehensschulden grundsätzlich von der Klägerin übernommen werden, wie es auch über viele Jahre ohne Beanstandung oder Aufforderung zur Mitwirkung praktiziert wurde und die Beklagte allenfalls bei erfolgreichem wirtschaftlichen Engagement im Bereich der kreditfinanzierten Immobilien für „ihre“ Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag einstehen konnte und sollte.
1.1. Sowohl der originäre gesamtschuldnerische Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB (s. nachfolgend Ziffer 2) als auch der Rückgriff im Wege des Übergangs der Gläubigerforderung nach § 426 Abs. 2 BGB (s. nachfolgend Ziffer 3) sind jeweils auf den vom Ausgleichsschuldner zu tragenden Anteil beschränkt.
Die Haftung zu gleichen Teilen, die in § 426 Abs. 1 BGB als Grundregel vorgesehen ist, ist allerdings nur dann anzuwenden, wenn jeder andere Verteilungsmaßstab fehlt. Aus dieser Hilfsregel ergibt sich aber, dass der Gesamtschuldner, der eine davon abweichende Verteilung verlangt, für die Tatsachen beweispflichtig ist, die die Abweichung rechtfertigen sollen (vgl. Palandt, 76. Auflage, Grüneberg zu § 426 BGB, Rn. 88 ff.).
Die Klageseite, welche zumindest bis zur letzten mündlichen Verhandlung einen Verteilungsmaßstab von 39,07% (Klägerin) und 60,93% (Beklagte) forderte, hat entsprechend den Zeugen Dr. R., den Steuerberater der Parteien, als Zeugen für diese Verteilungsquote benannt. Aus der steuerlichen Veranlagung, also dem Ansatz der geleisteten Darlehensverbindlichkeiten bei der jeweils der Klägerin bzw. der Beklagten zuzuschreibenden Immobilien folge quasi „aus der Natur der Sache“ der geforderte Verteilungsmaßstab.
Diesen Nachweis konnte jedoch die Klageseite nicht zur Überzeugung des Senats führen. Im Gegenteil - der Senat hat nach durchgeführter Beweisaufnahme (vorgelegte Unterlagen, informatorische Anhörung der Beklagten, Einvernahme des Zeugen Dr. R. und Würdigung der sonstigen Gesamtumstände) im Abgleich mit dem sich im Laufe des Berufungsverfahrens weiter konkretisierenden Parteivortrag in der Gesamtschau die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte (jedenfalls derzeit) nicht zu irgendeinem Ausgleich verpflichtet ist. Auch ein Rückfall auf die gesetzlich vorgegebene Verteilungsquote von jeweils 50% verbietet sich aus Sicht des Senats.
1.2. Den wesentlichen Ausschlag für diese abschließende Einschätzung gab die Aussage des Zeugen Dr. R. im Termin am 13.02.2017.
So hat der Zeuge die Behauptung der Klageseite zur steuerlichen Veranschlagung auf Beklagtenseite (vgl. Bl. 166 d. A.), welche die Anteilsquote von 60,93% rechtfertigen sollte, nicht bestätigt, sondern im Gegenteil ist der Beklagten der Nachweis ihres Vortrags gelungen.
Der Zeuge, der jedenfalls im Jahr 2006 für die Beklagte als Steuerberater tätig war, führte aus, dass in den Jahren 2006 - 2011 die Tilgungsleistungen betreffend die streitgegenständlichen Darlehen bei der Beklagten gar nicht zum Ansatz kamen, sondern die Steuerbehörde jeweils auf der Basis einer Schätzung die Einkommensteuerfestsetzung vorgenommen hatte. Bei der Klägerin wurden hingegen Zinsen für die Jahre 2006 - 2013 berechnet und steuerlich geltend gemacht, und zwar soweit dies steuerlich möglich war. Dies betraf anteilige Zinsen für Darlehen in Bezug auf die Immobilie B-straße (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Dass die Klägerin Zinsen nur für diesen Anteil der Darlehen steuermindernd geltend gemacht hat, hatte somit rein steuerrechtliche Gründe und ihre Ursache nicht in einer Absprache mit der Beklagten oder der Verwendung der Darlehen für „Kredite der Klägerin“ bzw. „Kredite der Beklagten“.
Wenngleich der Zeuge entsprechend seinem Aufgabenfeld nur mit steuerlichen Themen, zunächst nur für die Beklagte, ab 2006 dann auch für die Klägerin, befasst und somit nicht in die mehrjährige Projekt- und Immobilienfinanzierung im Detail eingebunden war, führte er des Weiteren aus, dass angesichts der ihm bekannten hohen Vorverbindlichkeiten auf Klageseite (z. B. Bürgschaft) und der sonstigen finanziellen Verhältnisse der Parteien für ihn - als insofern Außenstehenden - klar gewesen sei, dass die Darlehensverbindlichkeiten grundsätzlich zunächst von der Klägerin getragen würden: „Tatsächlich wurden Zinsen und Tilgungen von Frau S. bezahlt, wer hätte sie denn sonst zahlen sollen …“.
In diesem Zusammenhang meinte der Zeuge auch, sich an die von der Beklagtenseite bemühte Anlage B 4 zu erinnern. Er habe eine derartige Vereinbarung mit Unterschriften in seinen Unterlagen wahrgenommen, sie jedoch nicht weiter beachtet, weil sie für seine Aufgabenstellung nicht von Relevanz gewesen sei: „Mich hat das steuerlich auch nicht interessiert. Ich selbst hätte solche Vereinbarungen ganz anders konzipiert …“.
Aufgrund der Aussage des Zeugen Dr. R., an dessen Glaubwürdigkeit der Senat keinerlei Zweifel hat und der wegen seiner offensichtlichen beruflichen Wertschätzung und Tätigkeit auf beiden Parteiseiten insofern als neutral einzustufen ist, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Parteien im Rahmen der Umschuldung davon ausgegangen sind, dass allein die Klägerin Zinsen und Tilgungen leistet, jedenfalls solange sich kein geschäftlicher Erfolg bei der Beklagten einstellt. Die Aussage des Zeugen lässt darüber hinaus die Angaben der Beklagten, die diese im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung am 07.11.2006 gemacht hat, glaubhaft erscheinen. So hat der Zeuge Dr. R. es für möglich gehalten, dass er der Beklagten - wie von ihr geschildert - gesagt habe, es sei zulässig, eine Urkunde mit dem Namen des Vollmachtgebers zu unterzeichnen, wenn man tatsächlich bevollmächtigt sei. Dem Vorbringen der Klägerin, die Beklagte scheue nicht einmal eine Urkundenfälschung, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen, ist damit der Boden entzogen. Die Beklagte gab an, dass sich im Jahre 2005 - als Kredite betreffend diverser Bestandsimmobilien umgeschuldet werden mussten - die Klägerin und sie unter Mithilfe ihres damaligen Lebensgefährten, Herrn B., auf eine Vorgehensweise, wie sie in der Vereinbarung B 4 dokumentiert, verständigt hätten. Die Vereinbarung sei mit ihrer Mutter abgesprochen und sei auch von dieser unterschrieben worden. Der Zeuge Dr. R. bestätigte, die als Anlage B 4 in Kopie vorgelegte Vereinbarung im Original gesehen zu haben, was dafür spricht, dass die strittige Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten tatsächlich im Vorfeld der Umschuldung - wie von der Beklagten geschildert - geschlossen wurde, auch wenn die Beklagte die Urkunde im Original nicht vorlegen kann.
Wie dargelegt werden die Angaben der Beklagten, sie sei zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen, die Darlehensverbindlichkeiten auch nur anteilig zu tilgen, was ihrer Mutter bekannt gewesen sei, ebenfalls durch die Aussage des Zeugen Dr. R. gestützt, ebenso, dass der wirtschaftliche Erfolg der jeweiligen Projekte (wie in der Vergangenheit) in den Folgejahren ausblieb. Dies wird von der Klagepartei auch gar nicht in Frage gestellt, lediglich die Gründe für das Scheitern sind strittig.
Ein weiteres schwerwiegendes Indiz für den Senat, dass die Absprache bestand, dass die Klägerin bis auf Weiteres die Darlehensschulden trägt, ist die Tatsache, dass die Klägerin über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren die Beklagte offensichtlich nie zu irgendeiner auch nur geringen Beteiligung an der Rückführung der Darlehensverbindlichkeiten aufforderte. Die Klägerin hat sogar nach ihrem Vortrag von 2006 bis Ende 2009 mindestens 240.000 € an die Beklagte überwiesen für deren Hausverwaltertätigkeit, ohne je Abzüge vorzunehmen (vgl. Bl.l 349/350 d. A., Anlagenkonvolut BK 15/16). Erstmals mit Klageerhebung ist die Klägerin an die Beklagte mit der Forderung eines Gesamtschuldnerausgleichs herangetreten. Ausweislich zahlreicher Anlagen (vgl. Anlagenkonvolut BK 3) fand auch die Kommunikation der Privatbank im Wesentlichen mit der Klägerin statt, welche die Bank offensichtlich als die wirtschaftliche Ansprechpartnerin einstufte.
Darüber hinaus ist die Klägerin unstreitig schon vor der Umschuldung jahrelang für die (mit Hilfe der Umschuldung abgelösten) Kredite aufgekommen. Die Kredite waren durch Grundschulden an Immobilien aus dem Familienvermögen gesichert, es drohte eine Verwertung der Immobilien durch die Banken, zudem hatte sich die Klägerin Bürgschaften für die aufgenommenen Kredite übernommen, war somit in der persönlichen Haftung. Wie der Zeuge Dr. R. im Rahmen seiner Vernehmung bestätigte, wurde durch die streitgegenständlichen Kredite im Jahr 2006 u. a. auch eine Verbindlichkeit beim Bankhaus M. F. und Co. in Höhe von 3.450.000 € abgelöst. Dieser Kredit war zur Finanzierung des - letztlich gescheiterten - Projekts in der F. Straße (vormaliges „Kaufhaus B.“) aufgenommen worden, zu dem die Parteien im Jahr 2002 einen Gesellschaftsvertrag (auszugsweise vorgelegt als Anlage K 4) geschlossen hatten. Damit erweist sich auch das Argument der Klägerin, die aufgenommenen Darlehen seien zu 60% zur Tilgung rein „eigener“ Kredite der Beklagten verwendet worden, als nicht stichhaltig.
Die Gesamtumstände sprechen vielmehr dafür, dass die Umschuldung der Kredite im Jahr 2006 vor dem Hintergrund erfolgt sind, dass die Klägerin ohnehin für die abzulösenden Verbindlichkeiten einstehen musste und eine Vollstreckung in die Immobilien der Familie abgewendet werden sollte. Ersichtlich war die Klägerin (trotz gewisser vom Zeugen Dr. R. geschilderter emotionaler Spannungen zwischen Mutter und Tochter) weiterhin bereit, wie in der Vergangenheit die finanziellen Belastungen vollständig zu tragen, die durch - teils gemeinsame - geschäftliche Aktivitäten (mit) der Tochter entstanden waren, jedenfalls solange und soweit sich die finanzielle Lage der Beklagten nicht entscheidend verbesserte. Auch die Erläuterung der Beklagten, dass die im Wege des Nießbrauchs an die Klägerin fließenden Mieteinnahmen aus den beiden Immobilien in der M-straße absprachegemäß zur Tilgung der Kredite verwendet werden sollten, erscheint dem Senat plausibel.
Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge Dr. R. auf Nachfrage des Klägervertreters zur Verteilung der Belastungen angegeben hat, er sei für sich davon ausgegangen, es „gehe nach der gesetzlichen Regel“. Auch die von Klageseite vorgehaltenen Schreiben des Zeugen hat der Senat berücksichtigt. Letztlich hat der Zeuge jedoch immer wieder betont, er habe keine nähere Kenntnis von den internen Absprachen der Parteien gehabt, auch seine Nachfragen, wie Tilgungsleistungen der Klägerin einzuordnen seien (z. B. als Schenkungen, Darlehen oder Beteiligungsleistungen) seien unbeantwortet geblieben. Er könne deshalb nicht beurteilen, ob und wie ein Ausgleich zwischen der Klägerin und der Beklagten erfolgen sollte. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass diese Aussage des Zeugen zutreffend ist.
Eine Anhörung der Klägerin zu der Frage, ob und in welcher Weise ein Ausgleich von Zins- und Tilgungsleistungen zwischen ihr und der Beklagten vorgesehen war, ist aufgrund des fortgeschrittenen Alters und des aktuellen Gesundheitszustandes der mittlerweile 88-jährigen Klägerin unstreitig nicht mehr möglich.
Zusammenfassend ist der Senat nach Ausschöpfung aller in Betracht kommender Beweismittel aufgrund der Gesamtumstände davon überzeugt, dass die Klägerin vor dem Hintergrund der damaligen familiären Verbundenheit zu ihrer einzigen Tochter, dem Interesse am Erhalt der für die Verbindlichkeiten haftenden Immobilien, der zumindest zeitweiligen eigenen Involvierung in geschäftliche Aktivitäten der Beklagten und der damaligen finanziellen Verhältnisse der Beteiligten keinen Ausgleich für geleistete Tilgungen erhalten sollte und mangels liquider Mittel der Beklagten auch nicht mit einem Ausgleich rechnete.
Soweit die Klägerin meint, zumindest für den rechnerischer Anteil von 230.000 €, der unstreitig auf das Privathaus der Beklagten in Bad W. entfalle, müsse ein Ausgleichsanspruch gegeben sein, ist dem Senat ein „Herausrechnen“ nicht möglich. Es lässt sich nicht feststellen, inwieweit mit den streitgegenständlichen Tilgungsleistungen ganz oder teilweise der ursprünglich im Gesamtvolumen enthaltene Anteil von 230.000 € weggefertigt wurde, nachdem die Klägerin auch in der Vergangenheit - nicht streitgegenständliche - Zahlungen auf die Kredite geleistet hat, sich die nachfolgend dargelegte Verjährungsproblematik stellt und nach wie vor eine gemeinsame Restverbindlichkeit besteht.
2. Der originäre gesamtschuldnerische Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB in all seinen drei Modifikationen (Anspruch auf Mitwirkung bei Befriedigung, Freistellung, Ausgleich des Geleisteten) ist verjährt.
2.1. Dieser Ausgleichsanspruch entsteht als selbstständiger Anspruch bereits mit der Begründung der Gesamtschuld und nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, was mit den vorgenannten Anspruchsmodifikationen korrespondiert, welche bereits einen Anspruch auf Mitwirkung z. B. bei künftiger Zahlung eröffnen. Der Anspruch nach § 426 Abs. 1 BGB unterscheidet sich daher wesentlich von dem in § 426 Abs. 2 BGB geregelten Übergang einzelner Forderungen.
Ausgehend von der unterschiedlichen Entstehung ist auch hinsichtlich der Verjährung zu differenzieren:
„Der Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern unterliegt unabhängig von seiner Ausprägung als Mitwirkungs-, Befreiungs- oder Zahlungsanspruch einer einheitlichen Verjährung. Auch soweit er auf Zahlung gerichtet ist, ist er mit der Begründung der Gesamtschuld im Sinne des § 199 BGB entstanden“ (vgl. Versäumnisurteil des BGH vom 18.06.2009, AZ: VII ZR 167/08; NJW 2010, 60).
Der Senat hatte, insbesondere im Termin am 13.02.2017, nochmals ausdrücklich auf diese Rechtsposition hingewiesen. Die Einwände der Klageseite zur Fälligkeitsproblematik verfangen demnach nicht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass für den Beginn der Verjährung nicht erforderlich ist, dass der Ausgleichsanspruch beziffert werden bzw. Gegenstand einer Leistungsklage sein kann. Es genügt die Möglichkeit, eine die Verjährung unterbrechende Feststellungsklage zu erheben. Zudem ist der Grundsatz der Schadenseinheit zu berücksichtigen. Mit dem Wesen des Ausgleichsanspruchs als einheitlicher Anspruch ist ein Abstellen auf die Fälligkeit einzelner Raten für den Beginn der Verjährung nicht vereinbar (vgl. insbesondere Urteil des BGH vom 08.11.2016, Az.: VI ZR 200/15).
2.2. Dass vorliegend ein etwaiger Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB verjährt ist, folgt daraus, dass das Gesamtschuldverhältnis zwischen den Parteien mit Abschluss der beiden streitgegenständlichen Darlehensverträge im Juni 2006 begründet wurde. Verjährungsbeginn war damit der 31.12.2006. Es gilt die Regelverjährung von drei Jahren gemäß § 195 BGB (vgl. Palandt, 76. Auflage, Grüneberg zu § 426 BGB, RN 4). Der Anspruch war daher am 31.12.2009 verjährt.
Die Klageschrift vom 20.12.2013 ist, unabhängig von der streitigen Zustellungs- und Rechtshängigkeitsproblematik (s. nachfolgende Ziffer 3), erst am 23.12.2013 - folglich verspätet - bei Gericht eingegangen. Eine Hemmung konnte nicht mehr bewirkt werden. Sonstige Hemmungs- oder Unterbrechungsgründe sind nicht ersichtlich.
3. Ansprüche nach § 426 Abs. 2 BGB sind aus Sicht des Senats jedenfalls zum Teil verjährt.
3.1. Wenn ein Gesamtschuldner den Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat, erlischt die Gläubigerforderung nicht, sondern bleibt gleichsam als zweite Absicherung für den Gesamtschuldner für den Zweck des Rückgriffs im Wege der „cessio legis“ nach § 426 Abs. 2 BGB erhalten.
Der Anspruch ist allerdings - wie bei § 426 Abs. 1 BGB - auf den Umfang des Ausgleichsanspruchs beschränkt, weswegen unter Verweis auf die Ausführungen in Ziffer 1 in vorliegender Konstellation unabhängig von den einzelnen Anspruchsvoraussetzungen nach § 426 Abs. 2 BGB bereits kein Ausgleich stattfindet.
3.2. Einem Forderungsrückgriff für die im Jahre 2010 geleisteten Sondertilgungen stünde zudem die Einrede der Verjährung entgegen.
3.2.1. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin die streitgegenständlichen (Sonder-) Tilgungen in den Jahren 2010 und 2011 erbracht hat.
Ein Bestreiten mit „Nichtwissen“ ist der Beklagten unter Verweis auf § 138 Abs. 4 ZPO als Mit-Darlehensnehmerin und Mit-Kontoinhaberin verwehrt, zumal die Klageseite durch Vorlage der Anlagen K 3 bis K 7 konkreten Vortrag zu den einzelnen Zahlungsvorgängen gebracht hat. Dieser wurde von der Beklagten nicht substantiiert angegriffen.
3.2.2. Sobald die Klägerin demnach eine (Sonder-)Tilgungsleistung erbracht hat, wäre grundsätzlich die gegen die Beklagte gerichtete Gläubigerforderung aus dem Darlehensvertrag in der jeweiligen Ausgleichshöhe auf die Klägerin übergangen.
Die übergegangene Forderung aus dem Darlehensvertrag mit der österreichischen Privatbank untersteht nach Artikel 27 EGBGB a. F. deutschem Rechtsregime. Nach klägerischem Vortrag verfügt die P. Bank AG über eine eigenständige Niederlassung in der B. Straße 23 in M. (vgl. Anlage BK 4), über die die Verträge auch abgeschlossen, verwaltet und abgewickelt wurden. Unterzeichnet wurden beide Verträge am Wohnsitz der Beklagten in Bad W. Die Vertragsurkunden (vgl. Anlagen K 1 und K 2) enthalten zudem einleitend den klarstellenden Verweis: „Verbraucherdarlehensvertrag gemäß §§ 491 ff. BGB“.
Aufgrund der im Tatbestand aufgelisteten Zahlungsvorgänge für die Jahre 2010 und 2011 - Zahlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, in sehr unterschiedlicher Höhe, stets unabhängig von der vertraglich vorgegebenen monatlichen Tilgungsvereinbarung -, geht der Senat ferner davon aus, dass die Klägerin jederzeit die Darlehensverbindlichkeiten durch Sondertilgungen in beliebiger Höhe wegfertigen durfte und insofern gewissermaßen eine sanktionsfreie „Vorfälligkeit“ in Anspruch nehmen konnte. Die übergegangenen Forderungen wären damit auch als im Jahre 2010 fällig einzustufen.
3.2.3. Die auf diesem Wege im Jahre 2010 nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangenen einzelnen Forderungen aus den Darlehensverträgen in einer Gesamthöhe von € 3.070.000,- wären allerdings aus Sicht des Senats ebenfalls bereits verjährt.
Es gilt die Regelverjährung von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB), so dass für diesen Forderungskomplex von einer grundsätzlichen Verjährung zum 31.12.2013 auszugehen ist.
Rechtshängigkeit ist jedoch erst mit der Auslandszustellung am 22.08.2014 (vgl. Bl. 1, PZU nach Bl. 45 d. A.) eingetreten.
Die Beklagte war nach Großbritannien verzogen. Im Schriftsatz vom 22.12.2016 (vgl. Bl. 316/326 d. A.) hat die Klageseite zwar ihre Zustellungsbemühungen dargelegt, jedoch nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte bei Einreichung der Klageschrift vom 20.12.2013 noch in Bad W. wohnhaft bzw. gemeldet gewesen sei. Ausweislich der Postzustellungsurkunde konnte die Klageschrift dort nicht zugestellt werden. Die Tatsache, dass sich kurzzeitig ein Anwalt für die Beklagte bestellt hat, hat die Beklagte plausibel damit erklärt, dass dies ihre Tochter ohne Absprache mit ihr veranlasst habe. Sie habe seit Dezember 2012 nicht mehr in Bad W. gewohnt, sondern in P. und sei im März 2014 nach England verzogen.
Im Übrigen hat die Klagepartei nach Rückmeldung des Gerichts vom 05.03.2014, wonach die Zustellung fehlgeschlagen sei, eine Auskunft bei der Gemeinde Bad W. erholt, aber versäumt, zu überprüfen, ob die Beklagte in Pullach auch aktuell wohnhaft bzw. gemeldet war. Erst als auch die zweite Zustellung fehlschlug, wurde von der Klagepartei eine weitere Auskunft beim Einwohnermeldeamt P. erholt, die den Hinweis enthielt, dass die Beklagte nach England verzogen war. Die Bekanntgabe der richtigen Adresse erfolgte deswegen erst mit Schriftsatz vom 25.04.2014. Es wurden damit zumutbare Handlungen unterlassen, die die Zustellung der Klage über den angemessenen Zeitraum hinaus verzögert haben. Von einer unschädlichen geringfügigen Verzögerung (bis zu 2 Wochen) kann ebenfalls nicht ausgegangen werden.
Die Klage gilt daher nicht gemäß § 167 ZPO als noch im Jahre 2013 zugestellt, so dass eine entsprechende Verjährungshemmung für das Jahr 2013 nicht mehr erreicht werden konnte. Hinreichende Anhaltspunkte für eine treuwidrige Zugangsvereitelung vermag die Klägerin ebenfalls nicht aufzuzeigen.
3.2.4. Abgesehen davon trägt die Klägerin selbst vor, dass es im Jahr 2010 erhebliche Rückstände gegenüber der Bank gegeben habe, weil sie zeitweise nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Kredite zu bedienen und dass sie diese Rückstände auch mit den streitgegenständlichen Beträgen ausgeglichen habe. Für Zins- und Tilgungsleistungen, die vor 2010 oder regulär bis zum Ablauf des Jahres 2010 gegenüber der Bank zu erbringen gewesen wären, greift damit jedenfalls der Einwand der Verjährung.
III.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 22.03.2017 enthält keine relevanten Ausführungen und wurde bei der Entscheidungsfindung auch nicht berücksichtigt. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand kein Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 a ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 2 ZPO nicht vorliegen.