Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 750/13
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers vom 21.02.2013 wird das Schlussurteil des LG Ingolstadt
I.
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich 1.512,33 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
II.
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
III.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten unter Einbeziehung des Teilanerkenntnisurteils vom
IV.
Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger samtverbindlich vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 617,61 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.04.2011 zu bezahlen. Der Beklagte zu 1) wird darüber hinaus verurteilt, Zinsen aus 617,61 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den 28.04.2011 zu bezahlen.
V.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI.
Von den Kosten des Verfahrens (erster Instanz) tragen der Kläger 38% und die Beklagten samtverbindlich 62%.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Entgegen dem Ersturteil (Haftungsverteilung von 50 /50), aber auch entgegen den Auffassungen des Klägers auf der einen Seite (Haftungsverteilung von 0 /100) und der Beklagten auf der anderen (Haftungsverteilung von 75 /25), entspricht eine Haftungsverteilung von 25 /75 (zulasten der Beklagten) der Sach- und Rechtslage.
- Der Kraftfahrzeugverkehr ist gegenüber Fußgängern bevorrechtigt (§ 25 III StVO), sofern nicht, wie hier, ein Fußgängerüberweg (§§ 25 III 1; 41 I StVO, Anlage 2, Zeichen 293) vorliegt (§ 26 I StVO).
- In jedem Fall hat der Kraftfahrer die allgemeinen Verkehrsregeln zu beachten, insbesondere Geschwindigkeitsvorschriften (§ 3 I 2, III StVO; vgl. OLG Düsseldorf NZV 1994, 70), das Sichtfahrgebot (§ 3 I 4 StVO; vgl. BGH NJW 1984, 50 ff. [51 unter 2 c]) und das Rücksichtnahmegebot (§ 1 II StVO). In diesem Rahmen hat er den gesamten Verkehrsraum, auch bezüglich von links kommender Fußgänger, sorgfältig zu beobachten (BGH VersR 1966, 736 [für Sichtbehinderungen am eigenen Fahrzeug]; OLG Hamm NZV 2000, 371 ff. [372 unter 3 a]; KG VRS 100 [2001] 269; OLG Düsseldorf NZV 2002, 90), sowie rechtzeitig und richtig auf etwaige Fehler anderer Verkehrsteilnehmer zu reagieren (OLG Hamm NZV 1993, 314 [unter I]; KG VRS 100 [2001] 269). Bei unachtsamem Verhalten eines Fußgängers bestehen Brems- und Ausweichpflicht (OLG Hamm r+s 1989, 396; OLG Koblenz NZV 2012, 177), sowie die Notwendigkeit, die Geschwindigkeit herabsetzen, sobald der Fahrer sieht, dass ein Fußgänger die Straße betritt (OLG Düsseldorf VRS 56 [1979] 2). Letztere Verpflichtung besteht auch bei witterungsbedingten Sichtbeeinträchtigungen (OLG Hamm r+s 1989, 396; OLG Saarbrücken r+s 2010, 479).
- Gegenüber Fußgängern, die aus Sicht des Kraftfahrzeugführers von links kommend eine mehrspurige Fahrbahn überqueren wollen, gelten die oben genannten Verpflichtungen im Grundsatz gleichermaßen. Darüber hinaus darf sich ein Kraftfahrer nicht ohne weiteres darauf verlassen, dass Fußgänger in der Fahrbahnmitte oder vor seiner Fahrbahnbegrenzung noch warten werden, um ihn vorbeifahren zu lassen (BGH VersR 1956, 804; NJW 1958, 1630; VRS 31 [1966] 332 ff.; BGH VersR 1967, 608; VersR 1968, 848; OLG Celle VersR 1977, 1131; OLG Hamm NZV 2001, 41). Eine abweichende Bewertung kommt nur in Betracht, wenn Sonderfälle wie etwa ein Abwarten des Fußgängers auf einer Verkehrsinsel, ein Hervortreten des Fußgängers hinter einem Verkehrsstau (OLG Hamm NZV 2000, 371) oder eine Vernachlässigung eines naheliegenden Fußgängerüberwegs (BGH NJW 1958, 1630; KG VM 1992, 27; VRS 100 [2001] 269; OLG Hamm NZV 2000, 371; OLG Dresden NZV 2001, 378) vorliegen. Selbst wenn jedoch ein derartiger Vertrauensschutz angenommen werden kann, beseitigt dieser einerseits nicht die Verpflichtung, die gesamte Fahrbahn zu beobachten, um rechtzeitig auch wegen der in solchen Fällen gegebenen Abstandsverkürzung reagieren zu können (BGH VersR 1966, 736; BGH VersR 1968, 897; OLG Köln VersR 1987, 513; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 1249; KG VersR 1993, 201; OLG Hamm NZV 2000, 371), und zwar zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Fußgänger die Fahrbahn betritt (OLG Bremen VersR 1966, 962; OLG Düsseldorf VersR 1979, 649). Andererseits setzt der genannte Vertrauensgrundsatz jedenfalls ein merkliches Verhalten des Fußgängers voraus, das die Erwartung des Kraftfahrers, ihm werde die Vorbeifahrt gestattet, stützen kann (BGH VersR 1961, 592; KG VersR 1968, 259; OLG Karlsruhe VersR 1971, 1177; OLG Hamm r+s, 2002, 192).
- Keiner der Beteiligten /Zeugen hat im Laufe des Verfahrens letztlich substantiierte bzw. belastbare Angaben zur konkreten Geschwindigkeit des Beklagten-Pkw gemacht:
Zwar hatte der Beklagte zu 1) bei seiner Beschuldigtenvernehmung (Beiakte der Staatsanwaltschaft Ingolstadt, Az.: 33 Js 3677/10, Bl. 6) noch behauptet, mit 50 km/h gefahren zu sein. Allerdings hat er dies bereits bei seiner erstinstanzlichen Parteianhörung vom 12.10.2011 dahingehend relativiert, er „meine“, dass er mit „ca.“ 50 km/h gefahren sei (vgl. S. 2 des Protokolls = Bl. 45 d. A.). Im Rahmen seiner Anhörung in der Berufungsverhandlung vom 13.03.2015 hat er schließlich geäußert, er könne nicht sagen, wie schnell er gefahren sei (vgl. S. 6 des Protokolls = Bl. 173 d. A.).
- Die Kollisionsgeschwindigkeit wurde jedoch von der Sachverständigen Dipl.-Ing. K. im Rahmen ihres unfallanalytischen Gutachtens vom
Diese Position ist im Ersturteil übersehen worden. Dass der Anspruch grundsätzlich in Höhe von 314,79 € entstanden ist, ist indes - abgesehen von der Frage der Haftungsverteilung - unstreitig. Bei Berücksichtigung des auf den Kläger entfallenden Haftungsanteils von 25% verbleiben 236,09 €. Hiervon abzuziehen waren die bereits gezahlten 79,00 €, so dass sich 157,09 € errechnen.
Obwohl diese Kosten eigentlich dem Kläger selbst nicht entstanden sind, handelt es sich dabei grundsätzlich gem. der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. z. B. das Urteil vom 19.02.1991, Az.: VI ZR 171/90
Unstreitig (abgesehen von der Frage der Haftungsverteilung) ist dieser Anspruch in Höhe von 2.680,32 € entstanden. Entsprechend der o.g. Haftungsverteilung verbleiben 2.010,24 €. Hiervon waren die bereits gezahlten 670,00 € abzuziehen, so dass sich 1.340,24 € errechnen.
Dass dieser Anspruch in Höhe von 30,00 € grundsätzlich entstanden ist, ist unstreitig. Bei Berücksichtigung des auf den Kläger entfallenen Haftungsanteils von 25% verbleiben 22,50 €. Hiervon waren die bereits gezahlten 7.50 € abzuziehen, so dass sich 15,00 € errechnen.
- Die Parteien sind sich darüber einig, dass ein Schmerzensgeld von 30.000,00 € angemessen wäre, träfe den Kläger kein Mitverschulden.
- Auch der Senat hält dies bei Berücksichtigung der vom Landgericht zutreffend festgestellten Verletzungen und Verletzungsfolgen für grundsätzlich angemessen, zumal der Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens und vor allem nach seiner Anhörung zu seinem Gesundheitszustand in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2015 keine Veränderungen oder für ihn nachteilige Entwicklungen vorgetragen hat.
- Zu beachten war jedoch noch der Mithaftungsanteil des Klägers von 25%. Zwar ist dieser gem. der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. z. B. Urteil vom 12.03.1991, Az.: VI ZR 173/90
- Stellt man dieses nicht unwesentliche Bemessungselement, nämlich den Mithaftungsanteil des Klägers von 25%, in die Gesamtbetrachtung ein, so erscheint letztlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 22.500,00 € angemessen.
- Auszugehen ist von einem Gegenstandswert von 28.547,78 €, nämlich der Summe der o.g. einzelnen Beträge, soweit sie dem Kläger jeweils, bei einem eigenen Haftungsanteil von 25%, ursprünglich, vor der teilweisen Erfüllung, zustanden, zuzüglich 3.000,00 € bzgl. des Feststellungsantrages (75% des mit 4.000,00 € bewerteten Antrages).
- Zugestanden war hieraus eine 1,5 Geschäftsgebühr zu berechnen, d. h. bei Anwendung der Gebührentabelle gem. Anlage 2 zu § 13 I RVG in der vom
- Hinzuzuaddieren waren sodann die Pauschale von 20,00 € sowie anschließend die Mehrwertsteuer, so dass sich 1.376,83 € errechnen.
- Hiervon abzuziehen waren schließlich die bereits hierauf bezahlten 759,22 €.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 750/13
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 750/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht München Endurteil, 16. Sept. 2016 - 10 U 750/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 23.680,17 €
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens nach einem Verkehrsunfall in Anspruch. Der Kläger ist Zeitsoldat. Seine Dienststelle befindet sich in der M-I.-Kaserne in M. Am 20. Januar 2010 gegen 7.05 Uhr bei 0 Grad Celsius und nassen Straßen überquerte der Kläger - der eine Tarnuniform trug - zu Fuß den vor dem Kaserneneingang gelegenen und als solchen gekennzeichneten Fußgängerüberweg. Als er etwa die Mitte der Straße erreicht hatte, wurde er von dem vom Beklagten zu 1 geführten und bei der Beklagten zu 2 versicherten Kraftfahrzeug erfasst und schwer verletzt. Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1 habe sich der Unfallstelle mit überhöhter Geschwindigkeit genähert. Die Beklagten behaupten, der Kläger sei plötzlich und unvermittelt im Lichtkegel des Scheinwerfers des Fahrzeuges aufgetaucht. Die sofort eingeleitete Vollbremsung habe die Kollision nicht mehr verhindern können.
- 2
- Das Landgericht hat der Klage auf der Grundlage einer Haftungsquote von 50 % entsprochen. Es hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.235,44 € (Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 €, Haushaltsführungsschaden in Höhe von 1.340,16 €, Fahrtkosten in Höhe von 382,50 €, Schadenspauschale in Höhe von 12,78 € abzüglich geleisteter Zahlungen der Beklagten in Höhe von 10.500 €) zu zahlen. Darüber hinaus hat es festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % seiner weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen. Die weiter gehende Klage hat es abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 26. Juni 2013 einstimmig als unbegründet zurückgewiesen. Es hat dabei zugrunde gelegt, dass die Beklagten lediglich in Höhe von 40 % hafteten. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
- 3
- Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
- 4
- 1. Unter entscheidungserheblichem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist das Berufungsgericht zu der Beurteilung gelangt, der Kläger habe sich durch ein Beharren auf seinem Vorrecht offensichtlich unvernünftig der Gefahr ausgesetzt , auf dem Fußgängerüberweg angefahren zu werden.
- 5
- a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass sich die offensichtlich unvernünftige Selbstgefährdung des Klägers vorliegend darin gezeigt habe, dass er entweder auf den Verkehr überhaupt nicht geachtet habe, etwa weil er in Eile gewesen sei, oder den Beklagten zu 1 gesehen und gemeint habe, dass dieser noch rechtzeitig werde anhalten können. Im Hinweisbeschluss, auf den das Berufungsgericht in seinem Zurückweisungsbeschluss Bezug genommen hat, hat es weiter ausgeführt, der Kläger habe selbst nicht vorgetragen, dass er vor dem Überqueren des Fußgängerüberwegs angehalten habe, um den fließenden Verkehr zu beobachten. Auch habe er nicht dargelegt, aus welchen Gründen er das herannahende Fahrzeug des Beklagten zu 1 nicht habe erkennen können. Unerheblich sei, dass es möglich sein könne, dass der Beklagte zu 1 schneller als mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h gefahren sei. Seine diesbezügliche Behauptung habe der Kläger nicht bewiesen.
- 6
- b) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Nichtzulassungsbeschwerde mit Erfolg. Sie beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht eine vom Kläger vorgetragene alternative Möglichkeit der Unfallverursachung, die ein schuldhaftes Verhalten des Klägers ausschließen oder jedenfalls in günstigerem Licht erscheinen lassen könnte, unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt hat. Der Kläger hatte mit Schriftsatz vom 10. Juni 2011, S. 3 vorgetragen, der Beklagte zu 1 habe seiner Lebensgefährtin unmittelbar nach dem Unfall erklärt, mit einer Geschwindigkeit von 60 bis 65 km/h gefahren zu sein. Die vom Kläger zum Beweis dieser Behauptung benannte Zeugin S. ist zu dieser Frage nicht vernommen worden. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt darüber hinaus zu Recht, dass das Berufungsgericht die Angaben des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 4. Februar 2010, S. 10 sowie in der mündlichen Verhandlung vom 4. Februar 2010 (Protokoll S. 12 unten) nicht berücksichtigt hat, wonach die Geschwindigkeit des Fahrzeugs der Beklagten noch nach der Kollision rund 45 km/h betragen habe bzw. wonach von einer Kollisionsgeschwindigkeit von 45 bis 50 km/h auszugehen sei, obwohl der Beklagte zu 1 vor der Kollision eine Vollbremsung eingeleitet hatte. Diese ihm günstigen Angaben hat sich der Kläger jedenfalls konkludent zu eigen gemacht (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1991 - VI ZR 102/90, VersR 1991, 467, 468; Senatsbeschluss vom 30. November 2010 - VI ZR 25/09, VersR 2011, 1158 Rn. 9).
- 7
- Das Berufungsgericht hat darüber hinaus - wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht geltend macht - den Vortrag des Klägers in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 10. Juni 2011 nicht berücksichtigt, wonach der Beklagte die örtlichen Verhältnisse bestens kenne, weil er in der Nähe wohne und deshalb gewusst habe, dass sich dort ein Fußgängerüberweg befinde, der zu der Kaserne führe und von Soldaten in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 7.15 Uhr benutzt werde.
- 8
- 2. Die Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre.
- 9
- 3. Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwendungen des Klägers auseinanderzusetzen. Es wird dabei insbesondere zu beachten haben, dass der Ersatzanspruch des Klägers, den als Fußgänger im Gegensatz zu den Beklagten keine Gefährdungshaftung trifft, gemäß § 9 StVG, § 254 BGB nur dann gekürzt werden darf, wenn feststeht, dass er den Schaden durch sein Verhalten mitverursacht oder mitverschuldet hat. Auf die "bloße Unterstellung der wahrscheinlichsten Parameter" (vgl. Zurückweisungsbeschluss S. 3 unter 2. a) kann ein Mitverschulden des Klägers nicht gestützt werden. Erforderlich ist vielmehr eine Überzeugung des Gerichts nach dem Beweismaß des § 286 ZPO.Die Darlegungsund Beweislast für ein Fehlverhalten des Klägers trifft dabei die Beklagten.
- 10
- Das Berufungsgericht wird auch zu berücksichtigen haben, dass es sich bei dem Schmerzensgeldanspruch und dem Anspruch auf Ersatz materiellen Schadensersatzes um prozessual selbständige Streitgegenstände handelt (Senat , Beschluss vom 25. April 1989 - VI ZB 13/89, VersR 1989, 818; Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, VersR 1984, 782, 783; BGH, Urteil vom 18. März 1959 - IV ZR 182/58, BGHZ 30, 7, 18; Zöller, ZPO, 30. Auflage, Einleitung Rn. 73). Sie unterliegen jeweils für sich genommen dem Verbot der reformatio in peius (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - IX ZR 66/01, VersR 2003, 509).
von Pentz Offenloch
Vorinstanzen:
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 30.01.2013 - 33 O 623/11 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2013 - 10 U 750/13 -
Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden die Vorschriften des § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe Anwendung, dass im Fall der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
(1) Andere als die in den §§ 422 bis 424 bezeichneten Tatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten.
(2) Dies gilt insbesondere von der Kündigung, dem Verzug, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung in der Person eines Gesamtschuldners, von der Verjährung, deren Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung, von der Vereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem rechtskräftigen Urteil.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.