A.
Die Klägerin machte gegen die Beklagte, eine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, Heilbehandlungs- und Fahrtkosten für den Zeitraum vom 10.01.2013 bis 29.04.2014 geltend, wobei ursprünglich 16.841,56 € gefordert worden waren.
I.
Zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 22.06.2004 gegen 14.10 Uhr in der L.Straße in G., die Klägerin wurde auf einem Wegeunfall durch einen Frontalzusammenstoß mit einem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw Ford Fiesta schwer verletzt. Die alleinige und vollständige Haftung der Beklagten für die Unfallschäden ist dem Grunde nach unstreitig.
Die Klägerin hat die gesundheitlichen Folgen des Unfalls zunächst ausschließlich durch Einrichtungen und Ärzte der Berufsgenossenschaft behandeln lassen. Insoweit wird auf den Schriftsatz vom 23.10.2017 (S. 1/8 = Bl. 176/183 d. A.) verwiesen.
Von Mai 2007 bis Mai 2008 fand eine psychotherapeutische Behandlung wegen posttraumatischer Belastungsstörung und depressiven Episoden bei Frau Dr. M. statt, einer Ärztin der Berufsgenossenschaft, die diese Kosten übernommen hatte. Da die Klägerin deren bloße Gesprächstherapie für unergiebig hielt, wechselte sie ab 16.07.2008 zu Dr. M.-R., deren Kosten die Beklagte, nach einer Rückfrage einer Sachbearbeiterin der Beklagten, worum es bei der Behandlung gehe, bis zum Schreiben vom 22.01.2013 ohne Einschränkungen und ohne Vorbehalt übernommen hatte. Insoweit wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 23.10.2017 (S. 12/23 = Bl. 187/198 d. A.) und das Protokoll d. mdl. Verhandlung (v. 22.12.2017, S. 5 = Bl. 219 d. A.).
Ab April 2007 begann die Klägerin zusätzlich eine osteopathische Behandlung bei Y.B. Praxis für ganzheitliche Medizin, nachdem nach Beendigung der Behandlung im Traumazentrum bei Dr. M. ein Durchgangsarzt der Berufsgenossenschaft im Krankenhaus P. mitgeteilt hatte, dass eine solche Behandlung zwar sinnvoll sei, die Berufsgenossenschaft die Kosten jedoch nicht übernehme. Im Jahr 2016 hat die Berufsgenossenschaft diese Kosten aus Kulanzgründen doch und sogar rückwirkend übernommen. Die Klägerin hat deshalb hinsichtlich eines Teilbetrags von 7.256,50 € beantragt, die Erledigung der Hauptsache festzustellen.
In der Zwischenzeit hat wiederum die Beklagte vorbehaltlos und ohne Einschränkungen geleistet. Insoweit wird auf die Schriftsätze vom 12.10.2017 (Bl. 176/198 d. A.) und 06.11.2017 (Bl. 200/201 d. A.), sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung (v. 22.12.2017, S. 5 = Bl. 219 d. A.) verwiesen.
Die Massagetherapie bei der Physiotherapeutin W.-S. wurde ab März 2008 begonnen, wiederum hat die Beklagte jahrelang sämtliche Kosten ohne Einschränkung oder Vorbehalt übernommen.
II.
Ergänzend wird hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz auf das Endurteil des Landgerichts München II vom 09.06.2016 (Bl. 102/120 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO). Die Klägerin hatte zuletzt hinsichtlich eines Teilbetrags von 7.256,50 € beantragt, die Erledigung der Hauptsache festzustellen, weil die Berufsgenossenschaft kulanzhalber diese Behandlungs- und Fahrtkosten übernommen hatte.
III.
Das Erstgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage im Wesentlichen stattgegeben (EU 1/2 = Bl. 102/103 d. A.).
Von den Behandlungskosten bei der Ärztin für physikalische und rehabilitative Medizin M.-R. wurden 4.719,38 € für privatärztliche Untersuchungen, Beratungen und Behandlungen, Akupunktur, Chirotherapie, Massagen und symptomatische Schmerztherapie anerkannt, dagegen ein Betrag von insgesamt 1.632,69 € für EMDR- und homöopathische Behandlung verweigert. Die hierauf entfallenden Taxikosten von 2.103,- € wurden ohne Einschränkung bewilligt.
Ebenso wurden die Kosten einer Therapie für ausgleichende Punkt- und Meridianmassage der Physiotherapeutin W.-S. in Höhe von 700,- € samt den zugehörigen Taxikosten von 410,- € antragsgemäß zuerkannt.
Die Kosten einer osteopathischen Behandlung in der Praxis Y.B. wurden in der geltend gemachten Höhe von 5.222,- € samt der hierauf entfallenden Taxikosten von 2.050,- € für gerechtfertigt gehalten, und die Kostenübernahme durch die Berufsgenossenschaft als erledigendes Ereignis angesehen.
Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnung wird auf das Ersturteil verwiesen (EU 3/4, 14/18 = Bl. 104/105, 115/119 d. A.).
IV.
Gegen dieses ihr am 14.06.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 04.07.2016 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 136/137 d. A.) und diese mit Schriftsatz vom 12.09.2016, eingegangen am 14.09.2016, – nach Fristverlängerung durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 16.08.2016 (Bl. 143 d. A.) fristgerecht – begründet (Bl. 144/154 d. A.).
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen (BB 1 = Bl. 114 d. A.).
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen (Bl. 141 d. A.).
Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
V.
Der Senat hat eine mündliche Verhandlung durchgeführt, die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Sachverständigen Dr. B. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.12.2017 (Bl. 215/223 d. A.) verwiesen. Im Übrigen wird ergänzend auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B.
Die statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet, somit insgesamt zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, sodass der Beklagten ein Erfolg in der Sache versagt bleiben muss.
I.
Das Landgericht hat zu Recht die Ansprüche der Klägerin – im jetzt noch streitgegenständlichen Umfang – gegen die Beklagte zuerkannt. Die Klägerin hatte ihre Aktivlegitimation nicht wegen eines gesetzlichen Forderungsübergangs verloren, sodass die gleichwohl erfolgte spätere Erstattung der Berufsgenossenschaft ein erledigendes Ereignis darstellen musste. Aufgrund der Besonderheiten des Streitfalles könnte sich die Beklagte unter Treuwidrigkeitsgesichtspunkten auf einen Wegfall der Aktivlegitimation nicht berufen, selbst wenn dieser eingetreten wäre. Im Übrigen waren die von der Klägerin wahrgenommenen medizinischen Leistungen wie auch die hierfür abgerechneten Taxifahrten medizinisch notwendig, und die unbeschränkte Einstandspflicht der Beklagten unstreitig.
Die vom Senat wiederholte und ergänzte Beweisaufnahme liefert eine uneingeschränkte Bestätigung der erstinstanzlichen Feststellungen und rechtlichen Bewertungen.
1. Die Beklagte meint, der gesetzliche Forderungsübergang nach § 116 I SGB gelte auch dann, wenn der Sozialversicherungsträger, der jegliche medizinisch notwendige Leistungen erbringen müsse, solche Leistungen verweigere. Notfalls müsste der Geschädigte den Sozialrechtsweg ausschöpfen, und das oberste Sozialgericht entscheiden, ob die Berufsgenossenschaft zur Übernahme der Behandlungskosten verpflichtet sei. Wenn dann feststehe, dass dies nicht der Fall sei, seien die Behandlungskosten medizinisch nicht notwendig gewesen – und folglich auch vom Schädiger nicht zu tragen – was die Zivilgerichte vorrangig und verbindlich zugrunde zu legen hätten.
Diese Auffassung ist abzulehnen und findet auch in den von der Beklagten genannten Entscheidungen (BGH NJW 2003, 3193; 2012, 3639) keinen Stütze. Das erstgenannte Urteil behandelt einen Streit zwischen Krankenversicherung und Sozialversicherungsträger wegen ungerechtfertigter Bereicherung, jedoch spielte ein möglicher Unterschied des Leistungsumfangs keine Rolle. Deswegen kann aus der Textfassung des ersten Leitsatzes („soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat“) nicht gefolgert werden, dass die eigenständige Überprüfung und Bewertung des sozialrechtlichen Leistungsumfangs (Hervorhebung des Senats) dem Sozialversicherungsträger entzogen und eine gerichtliche Überprüfung zur Entlastung des Schädigers dem Geschädigten aufzubürden sei. Ebenso wenig kann aus dem Umstand, dass eine Leistungspflicht der Krankenversicherung nicht bestehe, weil der Anspruch bereits mit dem schadensstiftenden Ereignis dem Grunde in die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträger falle, und unerheblich sei ob der Verletzte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung auch tatsächlich erhält, entscheidendes für den Streitfall abgeleitet werden: Letzterer betrifft Ansprüche der Höhe nach, die von der Berufsgenossenschaft nicht wie im Fall des BGH noch nicht erbracht wurden, sondern sozialrechtlich bestandskräftig verweigert wurden. Das zweitgenannte Urteil betrifft einen Fall, in welchem das Sozialversicherungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt als der haftpflichtauslösende Schadensfall entstanden war, und deswegen schon kein Anspruchsübergang dem Grunde nach (Hervorhebung des Senats) im Zeitpunkt des schadensstiftenden Ereignisses angenommen wurde.
a) Für den Streitfall maßgeblich ist zunächst die Äußerung des BGH, die SGB-Vorschriften bezweckten „zu vermeiden, dass der Schädiger durch die dem Geschädigten zufließenden Sozialleistungen haftungsfrei gestellt oder aber der Geschädigte doppelt entschädigt (bereichert)“ werde. Die Rechtsauffassung der Beklagten hätte eine ähnliche Folge, der Schädiger würde zu Lasten des Geschädigten freigestellt, weil letzterer eine Leistungsverweigerung des Unfallversicherers bekämpfen und ein Scheitern hinnehmen müsste. Der in § 116 I SGB X normierte Anspruchsübergang findet in aller Regel bereits im Zeitpunkt des schadensstiftenden Ereignisses statt, da aufgrund des zwischen dem Geschädigten und dem Sozialversicherungsträger bestehenden Sozialversicherungsverhältnisses von vornherein eine Leistungspflicht in Betracht kommt. Es handelt sich danach um einen Anspruchsübergang dem Grunde nach, der den Sozialversicherungsträger vor Verfügung des Geschädigten schützen soll. Allerdings erfolgt ein Anspruchsübergang auf den Sozialversicherungsträger dann nicht im Zeitpunkt des Schadenseintritts, wenn die Entstehung einer Leistungspflicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen ist bzw. ist der Forderungsübergang auflösend bedingt, die Bedingung tritt aber nur ein, wenn der Sozialversicherungsträger nicht geleistet hat und feststeht, dass ihn keine Leistungspflicht mehr trifft Eine solche Situation liegt etwa vor, wenn davon auszugehen ist, dass der sozialversicherungsträger sich nicht an den Kosten der Schadensbehebung beteiligen werde (BGH NJW 2004, 3324).
Es ist nicht Sinn und Zweck des § 116 ISGB X, den Geschädigten zu verpflichten, seine Versicherung in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 05.11.2013, Az. 3 U 421/13 [Juris]). Es soll vielmehr vermieden werden, dass der Geschädigte die Inanspruchnahme des Schädigers etwa durch Abtretung seiner Ansprüche nach Vorleistung durch den Sozialversicherungsträger verhindert und der Schädiger soll durch die fehlende Inanspruchnahme der Krankenversicherung nicht besser gestellt werden als im Fall der Inanspruchnahme.
Nach der Rspr. des BGH (NJW 2004, 3324 = MDR 2004, 1413) kann die Haftpflicht des Schädigers die Übernahme einer privatärztlichen Behandlung über einen geschädigten Kassenpatienten umfassen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls feststeht, dass das Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung nur unzureichende Möglichkeiten zur Schadensbeseitigung bietet oder die Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Leistung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise dem Geschädigten nicht zumutbar ist.
b) Soweit die Beklagte meint, die Berufsgenossenschaft müsse (anders als die gesetzliche Krankenversicherung) jegliche medizinisch notwendige Leistungen erbringen und notfalls Wahlleistungen anbieten und bezahlen, während der Geschädigte kein Wahlrecht habe, ist dies nicht uneingeschränkt zutreffend. Wenn – wie im Streitfall – die Berufsgenossenschaft Leistungen verweigert (Widerspruchsbescheid v. 22.11.2016, Anlage K 90) ist – auch zivilrechtlich – bindend festgestellt, dass die beantragten Leistungen nicht zu erbringen sind; dies gilt jedoch nicht für die medizinische Notwendigkeit der Krankenbehandlung, da der Unfallversicherungsträger durchaus aus anderen Gründen eine Leistung verweigern kann. Die Beklagte übersieht, dass der genannte Bescheid genau aus Gründen des Leistungskatalogs (§§ 26, 28, 34 SGB VII) eine Kostenerstattung ablehnt, also durchaus eine Deckungslücke entstehen kann und im Streitfall entstanden ist. Zwar besteht ein allgemeines Wahlrecht des Geschädigten tatsächlich nicht, dies schließt jedoch nach der vorgenannten Rechtsprechung nicht aus, dass besondere Umstände des Einzelfalls die Verweisung auf Vertragsärzte als unzumutbar erscheinen lassen.
(1) So liegt der Fall vorliegend. Die Klägerin wurde bis Februar 2013 von Dr. M.-R. erfolgreich auf ihre unfallbedingten Beeinträchtigungen behandelt, sodass sich in dieser Zeit zwischen der behandelnden Ärztin und der Klägerin ein Vertrauensverhältnis entwickelt hat. Ein erzwungener Wechsel nach einer mehrjährigen Schmerztherapie hätte nach den glaubhaften Angaben der Klägerin anlässlich ihrer persönlichen Anhörung und insbesondere den Ausführungen des Sachverständigen in mündlicher Verhandlung, von denen der Senat überzeugt ist, eine Gefährdung des Behandlungserfolgs zur Folge.
Gleiches gilt nach Auffassung des Senats für die Therapiekosten bei der Physiotherapeutin und die Kosten der osteopathischen Behandlung. Auch insoweit hat die Klägerin während der diesbezüglich erfolgten jahrelangen Zahlungen der Beklagten ein Vertrauensverhältnis zu den Behandlern aufgebaut, die einen Wechsel nicht zumutbar erscheinen lassen, weswegen die lediglich aus Kulanzgründen erfolgte Erstattung der Kosten durch die Berufsgenossenschaft nach zunächst jahrelanger vorbehaltloser Zahlung seitens der Beklagten sich als erledigendes Ereignis darstellt.
Grundsätzlich hatte die Berufsgenossenschaft nach den Bekundungen des Sachverständigen nicht nur medizinisch notwendige, sondern auch alle geeigneten Mittel zur Behandlung leisten oder erstatten müssen. Insoweit wird jedenfalls seit dem Behandlungsbeginn der Klägerin eine sogenannte multimodale Schmerztherapie, etwa Physiotherapie, manuelle Therapie und begleitend Psychotherapie, von den Berufsgenossenschaften angeboten, sodass die von der Klägerin in Anspruch genommenen Leistungen auch durch Vertragsärzte der Berufsgenossenschaft übernommen worden wären. Jedoch hat jede Berufsgenossenschaft einen weiten Ermessensspielraum, welche Behandler in das Heilverfahren und welche Leistungen in den Leistungskatalog eingebunden werden. Die Verwendung eines Taxis statt öffentlicher Verkehrsmittel war im Falle der Klägerin aufgrund der Häufung und engen Abfolge zahlreicher Termine aus medizinischer Sicht erforderlich. Ergänzend wird auf die Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (Protokoll v. 22.12.2017, S. 4/6 = Bl. 218/220 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin hat nach zunächst ausschließlicher Behandlung durch die berufsgenossenschaftlichen Einrichtungen oder Vertragsärzte Ergänzungen vorgenommen, nachdem der Fortsetzung aller bisheriger Maßnahmen Schwierigkeiten entgegenstanden. Dagegen hat die Berufsgenossenschaft keinerlei Angebote und Hinweise auf eigene Vertragsärzte gegeben, die die Klägerin hätte in Anspruch nehmen können. Ebenso hat die Beklagte, nach Überprüfung, die Entscheidung der Klägerin gebilligt, ohne die jetzt geltend gemachten Einwände auch nur im Ansatz anzudeuten und so der Klägerin Gelegenheit zur geben, ihre Wahl zu überdenken. Vielmehr hat die Beklagte über mehrere Jahre durch anstandslose Zahlung aller Rechnungen in der Klägerin ein Vertrauen erweckt, dass die Zuständigkeit für derartige Erstattungen nicht in Frage stehe. Deswegen ist über mehrere Jahre ein Vertrauensverhältnis zu den behandelnden Ärzten und Therapeuten entstanden, das bei einer rechtzeitigen Warnung oder Ablehnung der Beklagten nicht aufgebaut oder nicht schutzwürdig gewesen wäre. Ein Wechsel des behandelnden Arztes würde angesichts der schwierigen gesundheitlichen Lage, der schwerwiegenden Unfallfolgen und der zahlreichen notwendigen Maßnahmen eine erhebliche Gefährdung des Behandlungserfolges bedeuten. Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats in der Beweisverhandlung (Protokoll v. 22.12.2017, S. 6/7 = Bl. 220/221 d. A.) Bezug genommen. Deswegen mag zwar sein, dass die Berufsgenossenschaft die von der Klägerin in Anspruch genommenen medizinischen Leistungen ebenfalls in gleicher Art und Güte geleistet hätte. Jedoch ist der Klägerin angesichts des Verhaltens der Beklagten nicht vorzuwerfen, keine entsprechenden Bemühungen entfaltet zu haben. Folglich kann der Auffassung der Beklagten (Schriftsatz v. 18.12.2017, S. 2/3 = Bl. 203/204 d. A.), es sei unerheblich, ob und dass der Verletzte bisher privatärztliche Leistungen in Anspruch genommen habe und zu diesen Behandlern ein persönliches Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, nicht gefolgt werden.
(2) Aus den vorstehend dargestellten Erwägungen kann sich die Beklagte darüber hinaus nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf eine vorrangige Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers und eine deshalb entfallene Aktivlegitimation berufen. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, frühzeitig darauf hinzuweisen, dass sie trotz vorbehaltloser Zahlung derartige medizinisch gewichtige Umstände künftig nicht mehr gelten lassen wolle. Die Meinung, zwischen den Parteien bestehe wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs kein Rechtsverhältnis mehr, auf das § 242 BGB zur Anwendung kommen könne (Protokoll v. 22.12.2017, S. 8 = Bl. 222 d. A.), missachtet die Tatsache, dass die Beklagte nach wie als der vorrangig vor dem Schädiger eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer für jegliche Unfallfolgen der Klägerin zu haften hat, also ein deliktisches Schuldverhältnis nicht geleugnet werden kann.
Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 18.12.2017, S. 6 = Bl. 207 d.A. ausführt, die Klägerin sei bereits 2012 oder 2013 in einem anderen Verfahren vor dem Landgericht auf die geänderte Abrechnungspraxis hingewiesen worden und ihr Vertrauen auf die weitere Erbringung der Leistungen daher nicht schutzwürdig, ist anzumerken, dass zu diesem Zeitpunkt das Vertrauensverhältnis zu den Ärzten und Behandlern, das einem Wechsel vorliegend entgegensteht, bereits längst aufgebaut war. Daher kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte auf die Fristsetzung des Senats vom 08.08.2017 (Bl. 172/173 d. A.) und auf den Schriftsatz der Klägerin vom 28.02.2017 (Bl. 162/171 d. A.) trotz Fristverlängerung bis 29.09.2017 (Bl. 175 d. A.) nicht erwidert und auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.10.2017 (Bl. 176/198 d. A.) erst mit Schriftsatz vom 18.12.2017 (Bl. 202/207) Stellung genommen, diesen jedoch der Klagepartei nicht bzw. an die falsche, nicht mehr gültige Kanzleianschrift zugestellt hat.
2. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten (Schriftsatz v. 18.12.2017, S. 2/3 = Bl. 203/204 d. A.) bestand und besteht keine Verpflichtung der Klägerin, den Widerspruchsbescheid des Unfallversicherungsträgers anzufechten und sozialgerichtlich zu Überprüfen. Dies gilt sowohl für die Streitfrage des Anspruchsübergangs (§ 116 I SGB X „soweit … zu erbringen hat“), als auch für einen im Rahmen Treu und Glaubens zu gewichtenden Umstand im Bereich der Klägerin. Es ist nicht Sinn und Zweck des § 116 I SGB X, den Geschädigten zu verpflichten, seine Versicherung in Anspruch zu nehmen (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 05.11.2013, Az. 3 U 421/13 [Juris]). Auch ein in den Ruhestand versetzter Beamter ist im Regelfall nicht verpflichtet, im Rahmen der Schadensminderungspflicht die Entscheidung des Dienstherrn verwaltungsgerichtlich zu überprüfen (BGH NJW 1984, 354; Senat, Urt. v. 29.04.2011 – 10 U 4208/10 [juris, dort Rz. 17]; OLG Frankfurt NZV 1993, 471; OLG München NZV 1997, 518; OLG Celle, Urt. v. 07.12.2006 – 14 U 99/06 [juris, dort Rz. 22]; KG NVwZ-RR 2002, 450). Deswegen kann ein Verstoß gegen § 254 II 1, 3. Var. BGB nicht damit begründet werden, dass der Beamte seine Pensionierung nicht mit Rechtsbehelfen angegriffen habe (BGH NJW 2010, 927 [929]; OLG Frankfurt NZV 1993, 471 [472]; OLG Bamberg, Urt. v.16.02.1998 – 4 U 72/97 [juris]; OLG Celle, Urt. v. 07.12.2006 – 14 U 99/06 [juris, dort Rz. 23]). Ein Ausnahmefall, etwa der Willkür oder „reinen“ Willkür (BGH NJW 1984, 354; OLG Frankfurt NZV 1993, 471; OLG München NZV 1997, 518; KG NVwZ-RR 2002, 450; OLG Celle, Urt. v. 07.12.2006 – 14 U 99/06 [juris, dort Rz. 22, 23]; v. 30.05.2007 – 14 U 277/01 [juris, dort Rz. 74, 75]) ist im Streitfall weder vorgetragen noch ersichtlich.
Das Vorgehen der Beklagten, die im Fall einer vorrangigen Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers als primär Ersatzpflichtige nicht leistungsfrei, sondern wegen des unter 1. dargestellten Anspruchsüberganges in Regress genommen wird, wäre nur vor dem Hintergrund der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme oder eines Teilungsabkommens verständlich, welches einen Regress nur in Höhe eines Teils der erbrachten Sozialversicherungsleistungen vorsieht. Letzteres ist nicht vorgetragen und weitere Leistungen der Berufsgenossenschaft hinsichtlich der hier verfahrensgegenständlichen Kosten angesichts des Zeitablaufs und des Widerspruchsbescheids nicht anzunehmen.
3. Die Beklagten scheinen davon auszugehen, dass der sozialrechtliche Widerspruchsbescheid für die Zivilgerichte bindend sei, was auch die medizinische Notwendigkeit der abgelehnten Maßnahmen umfasse (Schriftsatz v. 18.12.2017, S. 4 = Bl. 205 d. A.). Dies trifft jedoch nicht zu, weil sich die Bindungswirkung lediglich auf die Entscheidungsformel und die Fragen der grundsätzlichen Eintrittspflicht bezieht. Folglich können die Beklagten keine höchst- oder obergerichtliche Rechtsprechung benennen, die ihre Auffassung stützen könnte. Vielmehr ist die vorbeschriebene „Deckungslücke“ angesichts geeigneter Leistungen, die über medizinische Notwendigkeit hinausgehen, tatsächlich möglich und im Streitfall eingetreten. Insoweit wird verwiesen auf die Aussage des Sachverständigen B. (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 22.12.2017, S. 4 = Bl. 218 d. A.: „… Behandlungen mit allen geeigneten Mitteln und nicht nur die medizinisch notwendigen zu ersetzen … durch den Begriff des geeigneten Mittels wird das Behandlungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung wesentlich größer als bei den Krankenkassen … Jede BG hat einen sehr großen Ermessensspielraum dafür, welcher Behandler in das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren eingebunden wird …“) und den Widerspruchsbescheid (Anlage K 90), den die Beklagten lediglich abweichend verstehen will: Die Behandlungskostenerstattung wurde gerade nicht mangels medizinischer Notwendigkeit abgelehnt.
4. Die noch im Streit stehenden Behandlungs- und Taxikosten der Klägerin waren medizinisch notwendig. Soweit die Beklagten dies hinsichtlich der Taxikosten bezweifeln, übersehen sie, dass der Sachverständige insoweit seine erstinstanzlich protokollierte Aussage geändert und dies in der Beweisaufnahme nochmals ausdrücklich bestätigt hat (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 22.12.2017, S. 6 = Bl. 220 d. A.). Mangels Auseinandersetzung mit dem Beweisergebnis vermag der Senat an der erstinstanzlichen Tatsachen- und Beweiswürdigung keine „konkrete Anhaltspunkte” für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen zu erkennen (BGH NJW 2004, 2751). Solche Zweifel können sich zwar (auch) aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben (BVerfG NJW 2003, 2524), etwa wenn das Berufungsgericht Beweisergebnisse anders würdigt als die Vorinstanz, jedoch setzt dies zwingend voraus, dass entweder solche Mängel von der Berufung aufgedeckt, oder bei der Überprüfung von Amts wegen entdeckt werden. Ungeeignet und im Berufungsverfahren nicht zielführend sind Versuche, ohne nähere Begründung eine eigene Bewertung des Sachvortrags und des erwünschten Ergebnisses als vorzugswürdig oder die Beurteilung des Tatrichters (BGH NJW 1988, 266; BayObLG NZM 2002, 449; s. a. BGH NJW 1988, 566) als verfehlt zu bezeichnen.
Ähnliches gilt für die bestrittene medizinische Notwendigkeit der Heilpraktikerleistungen. Die Beklagten bieten eine abweichende Erklärung und Auslegung der Aussagen der erstinstanzlichen Gutachter, ohne dass auf die Unterschiede zwischen psychiatrischer oder psychologischer und orthopädischer Behandlung eingegangen würde. Folglich werden auch keine i.S.d. § 529 I Nr. 1 ZPO erhebliche Mängel des Ersturteils aufgezeigt, sodass diese erstinstanzlichen Feststellungen für den Senat bindend sind.
5. Soweit sich die Beklagten schließlich auf eine in einem früheren landgerichtlichen Verfahren bestimmte Auslauffrist berufen (Schriftsatz v. 18.12.2017, S. 7 = Bl. 207 d. A.), ist dieses Vorbringen wegen eines Verstoßes gegen Präklusionsvorschriften (§§ 530, 296 ZPO) nicht zuzulassen. Die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände waren der Beklagten von Anfang an bekannt und hätten deswegen spätestens innerhalb der letzten vom Senat gesetzten Frist geltend gemacht werden können und müssen. Die Beklagte hat auf die Fristsetzung des Senats vom 08.08.2017 (Bl. 172/173 d. A.) auf den Schriftsatz der Klägerin vom 28.02.2017 (Bl. 162/171 d. A.) trotz Fristverlängerung bis 29.09.2017 (Bl. 175 d. A.) nicht erwidert. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 23.10.2017 (Bl. 176/198 d. A.) hat die Beklagte erst mit Schriftsatz vom 18.12.2017 (Bl. 202/207) Stellung genommen, diesen jedoch der Klägerin nicht zugestellt. Die Klägerin hat deswegen den Verspätungseinwand erhoben. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (v. 22.12.2017, S. 3 = Bl. 217 d. A.) verwiesen
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO, weil die Beklagte mit ihrer Berufung vollständig erfolglos geblieben ist.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben, denn weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417; BGH NJW-RR 2014, 505) noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG a.a.O.) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG a.a.O.; BGH NJW 2003, 1943) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, der grundlegende Rechtsfragen nicht aufwirft, und weicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht ab.
Zwar hat die Beklagte (erstmals in mündlicher Verhandlung) die Zulassung der Revision beantragt, jedoch eine den Vorgaben der ständigen Rechtsprechung des BGH (NJW-RR 2014, 505) genügende Begründung nicht geliefert. Eine grundsätzliche Bedeutung hätte eine Darlegung erfordert, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite aufgeworfene Fragen umstritten seien, wobei naturgemäß die Auffassung des Rechtsmittelführers für sich allein nicht ausreichend sein kann. Eine grundsätzliche Bedeutung wäre nur dann ausreichend dargelegt, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die allgemein von Bedeutung ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn ihre Beantwortung zweifelhaft ist, weil sie vom BGH noch nicht entschieden ist und in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird oder wenn sie im Schrifttum in gewissem Umfang umstritten ist. Nach den vorstehenden Erörterungen des Senats kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Auswirkungen eines langjährigen und lange zurückliegenden, Vertrauen schaffenden Verhaltens in einer Vielzahl von Fällen zur Beurteilung stehen werden. Eine die einheitliche Rechtsprechung bedrohende Divergenz im Sinne von § 543 ZPO setzt voraus, dass die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auch diese Entscheidung auf der Abweichung beruht (BGH, Beschluss vom 12.09.2017 – IX ZR 316/16 [BeckRS 2017, 132073]). Im Streitfall kann jedoch schon nicht angenommen werden, dass der Senat dieselbe Rechtsfrage anders beantworte als die genannten Vergleichsentscheidungen, mithin einen Rechtssatz aufstelle, der sich mit einem in Vergleichsentscheidungen aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht decke. Im Übrigen wäre selbst dies nicht entscheidungserheblich, worauf der Senat bereits hingewiesen hat (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 22.12.2017, S. 7 = Bl. 221 d. A.)