Oberlandesgericht München Endurteil, 22. Dez. 2017 - 10 U 2850/16
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten vom 04.07.2016 gegen das Endurteil des LG München II
II. Das Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
I.
II.
III.
IV.
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen (BB 1 = Bl. 114 d. A.).
die Berufung zurückzuweisen (Bl. 141 d. A.).
V.
B.
I.
1. Die Beklagte meint, der gesetzliche Forderungsübergang nach § 116 I SGB gelte auch dann, wenn der Sozialversicherungsträger, der jegliche medizinisch notwendige Leistungen erbringen müsse, solche Leistungen verweigere. Notfalls müsste der Geschädigte den Sozialrechtsweg ausschöpfen, und das oberste Sozialgericht entscheiden, ob die Berufsgenossenschaft zur Übernahme der Behandlungskosten verpflichtet sei. Wenn dann feststehe, dass dies nicht der Fall sei, seien die Behandlungskosten medizinisch nicht notwendig gewesen – und folglich auch vom Schädiger nicht zu tragen – was die Zivilgerichte vorrangig und verbindlich zugrunde zu legen hätten.
II.
III.
IV.
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Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.932,38 € zu bezahlen.
II. Es wird festgestellt, dass die Hauptsache in Höhe von weiteren 7.272,00 € erledigt ist.
III. Die Beklagte wird verurteilt, Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz aus 15.204,38 € vom 29.08.14 bis 09.06.15 sowie aus 7.932,38 € seit 10.06.15 zu bezahlen.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 90% und die Klägerin 10%.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 250,00 € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
„privatärztliche Behandlungen der Klägerin bei Frau Dr. M.R.:
Rechnung Dr. M.R. vom 15.04.13, Anlage K35, zu 1.448,65 €,
hierzu Taxikosten, Anlage K36, zu 463,00 €,
Rechnung Dr. M.R. vom 03.07.13, Anlage K37, zu 995,51 €,
hierzu Fahrtkosten, Anlage K38, zu 319,00 €,
Rechnung Dr. M.R. vom 29.10.13, Anlage K 39 zu 1.400,22 €,
hierzu Taxikosten, Anlage K40, zu 418,00 €,
Rechnung Dr. M.R. vom 10.02.14, Anlage K 41 zu 1.167,48 €,
hierzu Taxikosten, Anlage K42, zu 415,00 €,
Rechnung Dr. M.R. vom 03.04.14, Anlage K 43, zu 1.340,20 €,
hierzu Fahrtkosten, Anlage K44 zu 488,00 €,
(siehe Schriftsatz der Klägervertreterin vom 30.03.15 auf Seiten 6 bis 9, Bl. 39/42 d.A, osteopatische Behandlungen der Klägerin bei Hanna K. in Höhe von insgesamt bezifferten 5.222,00 € und diesbezüglichen Fahrtkosten in Höhe von insgesamt bezifferten 2.054,50 € (siehe näher Schriftsatz Klägervertreterin vom 30.03.15, Seiten 3 bis 6, 9 und 10, Bl. 36/39 und 42/43 d.A. Anlagen K45, K47, K49, K51, K53, K55, K57, K59, K61, K63, K65, K67, K69, K71, K73),
therapeutische Behandlungen für ausgleichende Punkt- und Meridianmassage (APM-Massage) bei der Physiotherapeutin W.-S., Rechnung vom 11.02.14, Anlage K75, zu 700,00 €,
hierzu Taxikosten, Anlage K76, zu 410,00 €,
(siehe Schriftsatz der Klägervertreterin vom 30.03.15 auf Seite 10, Bl. 43 d.A.).“
-
1.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 9.585,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 16.841,56 € seit 29.08.14 zu bezahlen.
-
2.Es wird festgestellt, dass die Klage in Höhe eines Betrages von 7.256,50 € erledigt ist.
die Klage abzuweisen.
Gründe
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget nach § 29 des Neunten Buches erbracht; dies gilt im Rahmen des Anspruchs auf Heilbehandlung nur für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
(2) Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig
- 1.
den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern, - 2.
den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern, - 3.
Hilfen zur Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie zur Führung eines möglichst selbständigen Lebens unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens bereitzustellen, - 4.
ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe zu erbringen, - 5.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu erbringen.
(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen.
(4) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie werden als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen.
(5) Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei prüfen sie auch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.
(1) Die ärztliche und zahnärztliche Behandlung wird von Ärzten oder Zahnärzten erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt oder Zahnarzt angeordnet und von ihm verantwortet werden.
(2) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit der Ärzte, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist.
(3) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit der Zahnärzte, die nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst erforderlich und zweckmäßig ist.
(4) Bei Versicherungsfällen, für die wegen ihrer Art oder Schwere besondere unfallmedizinische Behandlung angezeigt ist, wird diese erbracht. Die freie Arztwahl kann insoweit eingeschränkt werden.
(1) Die Unfallversicherungsträger haben alle Maßnahmen zu treffen, durch die eine möglichst frühzeitig nach dem Versicherungsfall einsetzende und sachgemäße Heilbehandlung und, soweit erforderlich, besondere unfallmedizinische oder Berufskrankheiten-Behandlung gewährleistet wird. Sie können zu diesem Zweck die von den Ärzten und Krankenhäusern zu erfüllenden Voraussetzungen im Hinblick auf die fachliche Befähigung, die sächliche und personelle Ausstattung sowie die zu übernehmenden Pflichten festlegen. Sie können daneben nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens besondere Verfahren für die Heilbehandlung vorsehen.
(2) Die Unfallversicherungsträger haben an der Durchführung der besonderen unfallmedizinischen Behandlung die Ärzte und Krankenhäuser zu beteiligen, die den nach Absatz 1 Satz 2 festgelegten Anforderungen entsprechen.
(3) Die Verbände der Unfallversicherungsträger sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (Kassenärztliche Bundesvereinigungen) schließen unter Berücksichtigung der von den Unfallversicherungsträgern gemäß Absatz 1 Satz 2 und 3 getroffenen Festlegungen mit Wirkung für ihre Mitglieder Verträge über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte und Zahnärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung. Dem oder der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist rechtzeitig vor Abschluß Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, sofern in den Verträgen die Verarbeitung von personenbezogenen Daten geregelt werden sollen.
(4) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben gegenüber den Unfallversicherungsträgern und deren Verbänden die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die Durchführung der Heilbehandlung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht.
(5) Kommt ein Vertrag nach Absatz 3 ganz oder teilweise nicht zustande, setzt ein Schiedsamt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten den Vertragsinhalt fest. Wird ein Vertrag gekündigt, ist dies dem zuständigen Schiedsamt mitzuteilen. Kommt bis zum Ablauf eines Vertrags ein neuer Vertrag nicht zustande, setzt ein Schiedsamt mit der Mehrheit seiner Mitglieder innerhalb von drei Monaten nach Vertragsablauf den neuen Inhalt fest. In diesem Fall gelten die Bestimmungen des bisherigen Vertrags bis zur Entscheidung des Schiedsamts vorläufig weiter.
(6) Die Verbände der Unfallversicherungsträger und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen bilden je ein Schiedsamt für die medizinische und zahnmedizinische Versorgung. Das Schiedsamt besteht aus drei Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und drei Vertretern der Verbände der Unfallversicherungsträger sowie einem unparteiischen Vorsitzenden und zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern. § 89 Absatz 6 des Fünften Buches sowie die aufgrund des § 89 Absatz 11 des Fünften Buches erlassenen Rechtsverordnungen gelten entsprechend.
(7) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schiedsämter nach Absatz 6 führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
(8) Die Beziehungen zwischen den Unfallversicherungsträgern und anderen als den in Absatz 3 genannten Stellen, die Heilbehandlung durchführen oder an ihrer Durchführung beteiligt sind, werden durch Verträge geregelt. Soweit die Stellen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ausführen oder an ihrer Ausführung beteiligt sind, werden die Beziehungen durch Verträge nach § 38 des Neunten Buches geregelt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.
(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Prof. Dr. Pape, Dr. Schoppmeyer und Meyberg
am 12. September 2017 einstimmig beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem am 14. Oktober 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. (fortan: Schuldner). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte dem Schuldner aufgrund eines Darlehensvertrages vom 19./22. Mai 2007 ein Darlehen in Höhe von 70.000 € netto zuzüglich eines Bearbeitungsentgeltes von 700 € ausge- reicht. Die Rückzahlung sollte in monatlichen Raten zu je 800 € erfolgen. Der Schuldner zahlte die vereinbarte Rate letztmals am 28. Februar 2010 und stellte dann seine Zahlungen ein. Am 12. Oktober 2010 kündigte die Beklagte das Darlehen und stellte es zur sofortigen Rückzahlung fällig. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens meldete die Beklagte den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens zur Tabelle an. Nachdem der Kläger die Rückzahlung der Bear- beitungsgebühr verlangt hatte, erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit ihrem Darlehensanspruch, hilfsweise mit ihrem Anspruch auf Zahlung der Rate für März 2010, und nahm ihre Anmeldung in Höhe von 700 € nebst anteiliger Zinsen zurück.
- 2
- Der Kläger hält die Aufrechnung für unzulässig. Er verlangt Zahlung von 700 € nebst Zinsen. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen worden. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
II.
- 3
- Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 4
- 1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 134 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO wegen Fehlens einer unentgeltlichen Leistung nicht erfüllt. Der Schuldner habe angenommen, sich im Darlehensvertrag vom 19./22. Mai 2007 wirksam zur Zahlung der Bearbeitungsgebühr verpflichtet zu haben. In einem solchen Fall liege keine unentgeltliche Leistung vor. Der aus § 812 BGB folgende Rückzahlungsanspruch sei gemäß § 389 BGB durch Aufrechnung erloschen.
- 5
- 2. Das Berufungsurteil ist richtig. Wie der Senat nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entschieden hat, nimmt der Schuldner, der im ZweiPersonen -Verhältnis auf eine nicht bestehende Schuld leistet, keine unentgeltli- che Leistung vor, wenn er irrtümlich annimmt, zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet zu sein. Die aufgrund von wechselseitigen Ansprüchen im Zusammenhang mit einem Vertragsverhältnis erlangte Möglichkeit einer Aufrechnung oder Verrechnung ist auch dann nicht als unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn die dem Schuldner zustehende Gegenforderung ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch ist (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, WM 2017, 1215; zVb in BGHZ). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 18. August 2017 fest. Es ist schon nicht verständlich, aus welchem Grund der Kläger den Wert des Anspruchs aus § 812 BGB mit "Geld in der Kasse oder auf der Bank" des Schuldners vergleichen will, obwohl die Bearbeitungsgebühr kreditiert wurde. Der Schuldner konnte mit dem Rückforderungsanspruch gegen den Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung des Darlehens aufrechnen (§§ 387, 389 BGB). Einer Klage bedurfte es nicht; auch ein Bonitätsrisiko bestand nicht. Im Übrigen kann es bei der Bewertung der beiderseitigen Leistungen im Rahmen von § 134 InsO nicht darauf ankommen, wie diese Leistungen nach dem Leistungsaustausch gehandelt werden würden.
- 6
- 3. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen divergierender Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zugelassen. Eine Divergenz im Sinne von § 543 ZPO setzt jedoch voraus, dass die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die anzufechtende Entscheidung muss ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantworten als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellen, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292 f). Das vom Berufungsgericht zitierte Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 2015 (6 AZR 186/14, BAGE 154, 28 = NJW 2016, 970, Rn. 23) betrifft die Anfechtung von Zahlungen aufgrund eines wirksam geschlossenen und in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses an eine grundlos freigestellte Arbeitnehmerin. Die Gleichsetzung von "rechtsgrundlos" und "unentgeltlich" (BAG, aaO Rn. 23) steht im Widerspruch zum Senatsurteil vom 20. April 2017, trägt das in Bezug genommene Urteil des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht.
Schoppmeyer Meyberg
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 16.10.2015 - 264 C 2145/15 -
LG München I, Entscheidung vom 17.11.2016 - 6 S 21301/15 -