Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Jan. 2014 - Verg 10/13

bei uns veröffentlicht am30.01.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 21.8.2013 in Ziffer 3 folgendermaßen abgeändert:

„3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer war notwendig.“

II.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin 73% und die Antragsgegnerin 27%.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird bis zur teilweisen Rücknahme der sofortigen Beschwerde auf 3.580,25 € festgesetzt und ab diesem Zeitpunkt auf 1.658,93 €.

Gründe

I.

Die Vergabestelle schrieb europaweit die Lieferung von Tausalz im Offenen Verfahren aus. Verfahrensgegenständlich sind die Lose 4 (Zentrallager D.) und 8 (Zentrallager R.). Die Antragstellerin gab für Los 4 ein Angebot von 1.677.900 € brutto ab und für Los 8 von 776.076,35 € brutto. Da sie mit diesen Angeboten jeweils an erster Stelle lag, wurde sie zu einer Probelieferung für Los 8 aufgefordert. Da eine Prüfung durch den TÜV ... ergab, dass die Probelieferung nicht den Anforderungen entsprach, wurde der Antragstellerin mit Vorabinformationsschreiben vom 18.6.2013 mitgeteilt, es sei beabsichtigt, den Zuschlag einem anderen Unternehmen zu erteilen. Mit einem als Widerspruch bezeichneten und an die Vergabekammer gerichteten Schreiben vom 19.6.2013 wandte sich die Antragstellerin gegen das Ergebnis der TÜV-Analyse und monierte weiter, dass sie bezüglich Los 4 keine weitere Information erhalten habe. Die Vergabekammer leitete ein Nachprüfungsverfahren ein.

Die Antragstellerin veranlasste am 20.6.2013 eine eigene Probeentnahme; auch die Vergabestelle zog eine weitere Probe. Mit Schreiben vom 24.6.2013 informierte die Vergabestelle die Vergabekammer über die weitere Probeentnahme und beantragte eine Fristverlängerung für die Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag, damit das Ergebnis der weiteren Probeuntersuchungen abgewartet werden könne. Zugleich teilte sie mit, bezüglich Los 4 sei noch kein Schreiben gemäß § 101a GWB an die Bieter herausgegangen. Am 26.6.2013 bestellten sich die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für diese. Am 4.7.2013 teilte der TÜV Rheinland-Pfalz mit, dass die untersuchte neue Probe doch den Anforderungen genüge. Die Vergabestelle unterrichtete die Vergabekammer von dem Ergebnis und führte weiter aus, sollte auch die von der Antragstellerin gezogene Probe den Anforderungen genügen, sei beabsichtigt, am Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin bezüglich Los 8 nicht festzuhalten und den Zuschlag auf dieses Angebot zu erteilen. In der Folgezeit wurden der Zuschlag sowohl auf das Angebot der Antragstellerin bezüglich Los 8 als auch bezüglich Los 4 erteilt.

Die Vergabekammer stellte nach Zuschlagserteilung mit Beschluss vom 21.8.2013 das Verfahren ein und verfasste folgenden Tenor:

„1. Das Verfahren wird eingestellt.

2. Die Vergabestelle trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu 1/3.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war insoweit nicht notwendig.

4. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle zu 2/3.

5. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt 1.563 €. Auslagen sind nicht angefallen.

6. Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.“

Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Vergabestelle die Kosten insoweit zu tragen habe, als Verfahrensgegenstand Los 8 gewesen sei. Mit Erteilung des Zuschlags habe die Vergabestelle dem Nachprüfungsantrag abgeholfen. Es entspreche daher der Billigkeit, ihr insofern die Kosten aufzuerlegen, § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB. Doch sei insoweit die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin nicht notwendig gewesen, da diese selbstständig im Ergebnis eine Abhilfeentscheidung erreicht habe. Die Kosten bezüglich Los 4 trage die Antragstellerin, da der Nachprüfungsantrag hinsichtlich Los 4 ohne erledigendes Ereignis unzulässig gewesen wäre. Zum Zeitpunkt der Stellung des Nachprüfungsantrages habe die Vergabestelle weder eine Vergabeentscheidung getroffen noch eine beabsichtigte mitgeteilt. Die an sich angefallene Gebühr von 4.025 € werde um 1.000 € reduziert, da sich der Nachprüfungsantrag vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung erledigt habe und noch keine Beiladung erfolgt sei. Diese Gebühr sei wegen der Erledigung gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB weiter um die Hälfte zu reduzieren.

Gegen diesen Beschluss der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.

Die Antragstellerin trägt vor,

1. Die Kostenquote sei unzutreffend festgesetzt worden. Die Quote sei nach § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB festzusetzen und folge billigem Ermessen, bei dessen Ausübung die Erfolgsaussichten zu berücksichtigen seien. Soweit die Vergabekammer bezüglich Los 4 keine Erfolgsaussicht gesehen habe, sei dem nicht zu folgen. Die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages hänge nicht davon ab, dass bereits eine Vorabinformation nach § 101a GWB erfolgt sei. Erst nach einer telefonischen Mitteilung der Vergabestelle, für den Zuschlag für Los 4 sei ein anderes Unternehmen vorgesehen, habe die Antragstellerin auch Los 4 in ihren Nachprüfungsantrag aufgenommen. Nach § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB könnten aber Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden seien, diesem auferlegt werden. Hätte die Vergabestelle der Antragstellerin klar und unmissverständlich zu verstehen gegeben, im Los 4 sei noch nichts entschieden, hätte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag nicht auf Los 4 erstreckt.

2. Die Vergabekammer habe die Vorschrift des § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB nicht zutreffend angewendet. Erledige sich ein Nachprüfungsantrag vor einer Entscheidung auf anderweitige Art und Weise, sehe § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB die Reduzierung der Gebühr um die Hälfte vor. Die von der Vergabekammer zunächst als Ausgangspunkt herangezogene Gebühr in Höhe von 4.125 € sei daher um die Hälfte auf 2.062,50 € zu reduzieren gewesen. Danach greife die Regelung des § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB ein. Der Betrag von 2.062,50 € sei daher nochmals um die Hälfte zu reduzieren, weil die Vergabekammer mit dem Verfahren praktisch keinen Aufwand gehabt habe.

3. Für einen Bieter sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in aller Regel notwendig. Dies gelte erst recht für die Antragstellerin als ausländische Bieterin.

Die Antragstellerin hat den Antrag gestellt,

den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 21.8.2013 in den Ziffern 2 bis 5 folgendermaßen abzuändern:

1. Von den Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer tragen die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3.

2. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren wird für notwendig erklärt.

3. Die Gebühr der Vergabekammer wird auf EUR 1.031,25 festgesetzt.

Die Antragsgegnerin hat den Antrag gestellt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

1. Bei der Kostenquotelung habe die Vergabekammer berücksichtigen dürfen, dass der Nachprüfungsantrag bezüglich Los 4 verfrüht gestellt worden sei. Es fehle an einem Angriff gegen ein konkretes Verhalten der Vergabestelle, welches anhand der Behauptung einer Pflichtverletzung zum Gegenstand einer vergaberechtlichen Überprüfung gemacht werden könne.

2. Die Gebühr sei zumindest vertretbar auf 1.563 € festgesetzt worden. Das Gesetz gebe keine Reihenfolge der Gebührenreduzierung vor. Daher könne die von der Vergabekammer vorgenommene Reduzierung der Gebühr auf § 128 Abs. 1 Satz 1 GWB gestützt werden. Jedenfalls könne auch bei anderer Reihenfolge der Betrag nachvollziehbar festgesetzt werden.

3. Die Bevollmächtigten der Antragstellerin hätten sich erst zu einem Zeitpunkt bestellt, als die in Aussicht gestellte Abhilfe der Vergabestelle bereits mitgeteilt worden sei. Die Abhilfeentscheidung habe auch nicht auf der anwaltschaftlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin beruht.

Zugleich legte die Antragsgegnerin Anschlussbeschwerde mit dem Ziel ein, Ziffer 2 des Beschlusses der Vergabekammer Nordbayern vom 21.8.2013 aufzuheben, soweit darin der Vergabestelle die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin zu einem Drittel auferlegt worden sind, da § 128 Abs. 4 GWB bei einer Erledigung des Nachprüfungsantrags hierfür keine Grundlage biete.

Daraufhin nahm die Antragstellerin die sofortige Beschwerde mit Schriftsatz vom 18.10.2013 insoweit zurück, als diese sich gegen die Kostentragungspflicht der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin gerichtet hatte. Die Antragsgegnerin nahm ihre Anschlussbeschwerde mit Schriftsatz vom 10.1.2014 zurück.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nur insoweit begründet, als die Vergabekammer die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten abgelehnt hat. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind nach der teilweisen Rücknahme der Beschwerde sowie der Rücknahme der Anschlussbeschwerde nun nur noch die die Kostenquotelung (1), die Gebührenhöhe (2) und die Notwendigkeit für die Antragstellerin, im Nachprüfungsverfahren einen Bevollmächtigten hinzuziehen (3).

Zu 1. Kostenquotelung.

Erledigt sich ein Nachprüfungsverfahren in der Hauptsache vor einer Entscheidung der Vergabekammer, erfolgt die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen, § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB. Für diese Entscheidung ist die Regelung des § 91a ZPO analog heranzuziehen: es entspricht billigem Ermessen, demjenigen die Kosten ganz oder teilweise aufzuerlegen, welcher ohne das erledigende Ereignis voraussichtlich mit seinem Antrag keinen oder teilweise keinen Erfolg gehabt hätte (Vavra in Praxiskommentar Kartellvergaberecht 2. Aufl.§ 128 Rn. 20). Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht orientiert sich daher in erster Linie an einer summarischen Prüfung des voraussichtlichen Verfahrensausgangs (BGH vom 25.1.2012 - X ZB 3/11; OLG München vom 10.9.2012 - Verg 17/12). Auf der anderen Seite ist es aber auch möglich, eine unnötige Verursachung des Nachprüfungsantrages, sei es durch den Bieter, sei es durch die Vergabestelle, zu berücksichtigen (Brauer in GWB-Vergaberecht 3. Aufl. § 128 Rn. 23; OLG Dresden vom 10.8.2010 - WVerg 8/10).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die von der Vergabekammer vorgenommene Kostenquotelung nicht zu beanstanden. Bei der Kostenentscheidung durfte die Vergabekammer berücksichtigen, dass die Antragstellerin unnötigerweise einen Nachprüfungsantrag auch hinsichtlich Los 4 gestellt hatte, obwohl zu diesem Zeitpunkt eine Vorabinformation nach § 101a GWB bezüglich Los 4 nicht vorlag. Zudem war auch für die Antragstellerin offensichtlich-, dass die bereits in die Wege geleitete nochmalige Untersuchung einer Tausalzprobe durch den TÜV ausschlaggebend für die Entscheidung über den Zuschlag sein würde, und zwar auch für Los 4, da die Antragstellerin sowohl bei Los 8 als auch bei Los 4 dasselbe Tausalzmaterial angeboten hatte. Es bestand daher keinerlei Veranlassung dazu, einen Nachprüfungsantrag vor Abschluss der Probenuntersuchung und vor einer Vorabinformation zu stellen. Demgegenüber tritt die unverbindliche telefonische Auskunft eines Mitarbeiters der Vergabestelle in den Hintergrund, zumal die Möglichkeit bestanden hätte, sich um eine verbindliche Auskunft zu bemühen.

Zu 2. Gebührenhöhe

Bei einer Erledigung der Hauptsache hat der Antragsteller gemäß § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Diese Regelung will die leichtere Erledigung des Verfahrens privilegieren. Nach der Gesetzessystematik bzw. dem Aufbau des § 128 GWB ist die konkrete Höhe der Gebühr entsprechend der Abfolge der Absätze festzusetzen. Erst wenn die konkrete Höhe der Gebühr feststeht, kann diese um die Hälfte (§ 128 Abs. 3 Satz 4 GWB) oder noch weiter (§ 128 Abs. 3 Satz 6 GWB) ermäßigt werden. Die Halbierung der Gebühr setzt voraus, dass die an sich - d. h. ohne das erledigende Ereignis - zu zahlende Gebühr feststeht (so auch OLG München vom 10.9.2012 - Verg 17/12).

Die Vergabekammer hat die sich nach der Gebührentabelle der Vergabekammern des Bundes ergebende Gebühr im Rahmen des § 128 Abs. 2 Satz 1 GWB aus Billigkeitsgesichtspunkten um 1.000 € ermäßigt, weil noch keine Beiladung erfolgt war und keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Dies ist die Ausgangsgebühr, die ohne erledigendes Ereignis zu zahlen gewesen wäre, wenn die Vergabekammer ohne mündliche Verhandlung und ohne Beiladung entschieden hätte. Diese Ausgangsgebühr war dann nach § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB um die Hälfte zu ermäßigen, so dass sich ein Betrag von 4.125 € - 1.000 € = 3.125 € : 2 = 1.562, 50 € bzw. aufgerundet 1.563 € ergibt. Die Vorgehensweise der Vergabekammer entspricht damit den gesetzlichen Vorgaben.

Zu 3. Hinzuziehung eines Bevollmächtigten

In diesem Punkt ist die sofortige Beschwerde begründet. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Nachprüfungsverfahren ist grundsätzlich für den antragstellenden Bieter für dessen Rechtsverfolgung notwendig und erforderlich (Brauer in GWB-Vergaberecht 3. Aufl. § 128 Rn. 29; Vavra in Praxiskommentar Kartellvergaberecht 2. Aufl. § 128 Rn. 25). Das Nachprüfungsverfahren ist ein gerichtsähnlich ausgestaltetes Verfahren, in welchem neben den technischen Fragen des Angebotes sowohl spezifische materiellrechtliche als auch prozessrechtliche Kenntnisse von Bedeutung sind. Derartige Kenntnisse können bei einem Bieter regelmäßig nicht vorausgesetzt werden, zumal dann nicht, wenn es sich um einen ausländischen Bieter handelt, der die Besonderheiten des deutschen Rechtsweges in Vergabesachen kaum kennen dürfte. Auch wenn ein Bieter selbstständig einen Nachprüfungsantrag gestellt hat, ist er durch diese Handlungsweise nicht bis zur Beendigung des Nachprüfungsverfahrens an ein Vorgehen ohne Rechtsanwalt gebunden. Dies gilt auch dann, wenn im Nachprüfungsverfahren die Vergabestelle zu Zugeständnissen bereit ist. Es ist einem Bieter nicht zuzumuten, auf eine avisierte Abhilfe ohne Beistand eines Rechtsanwaltes zu warten. Hier war im Übrigen eine Abhilfe keineswegs avisiert; es war lediglich eine Überprüfung der TÜV - Untersuchung in die Wege geleitet, ohne dass eine endgültige Zusage der Wertung der Angebote gegeben worden war. Das Ergebnis der erneuten TÜV - Untersuchung war ebenso unklar wie die Schritte, die sich an mögliche Untersuchungsergebnisse knüpfen konnten.

Unter diesen Umständen sieht der Senat keine Veranlassung, an der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes zu zweifeln.

III.

Kosten:

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB, 97, 91, 92 ZPO analog.

Die Antragstellerin trägt die Kosten insoweit, wie ihre Beschwerde unbegründet war einschließlich der Kosten der Anschlussbeschwerde. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten, soweit die Beschwerde begründet war.

IV.

Streitwert:

Zu 1. Der Streitwert des Nachprüfungsverfahrens, der analog § 50 Abs. 2 GKG 5% der Bruttoauftragssumme beträgt, beläuft sich auf 122.698,82 €.

Eine 2,0 Verfahrensgebühr, die bei einem durchschnittlichen Vergabeverfahren angesetzt wird, beträgt 2.862, 00 €. Hinzukommen 20 € Telekommunikationspauschale, so dass sich eine Anwaltsgebühr von 2.882,00 € ergibt.

Die Antragstellerin wollte mit ihrem Antrag 1 erreichen, dass sie statt 2/3 der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin nur 1/3 zu tragen hat. Ihr wirtschaftliches Interesse beläuft sich insoweit auf 960,66 € (1/3 von 2.882,00 €).

Darüber hinaus wollte die Antragstellerin mit ihrem Antrag 2 i. V. m. Antrag 1 erreichen, dass die Antragsgegnerin zum einen nicht nur 1/3 der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin, sondern 2/3 tragen sollte, und zum anderen, dass unter diese notwendigen Aufwendungen auch die Anwaltskosten einzurechnen seien. Ihr wirtschaftliches Interesse an diesen Anträgen beträgt daher 2 x 960,66 €. Es handelt sich hierbei einerseits um die Abwälzung eines zusätzlichen Drittels der ihr entstandenen Anwaltskosten auf die Antragsgegnerin und andererseits darum, die bereits der Antragsgegnerin in Ziffer 1 des Vergabekammerbeschlusses auferlegten notwendigen Aufwendungen, die nach Ziffer 3 dieses Beschlusses die Anwaltskosten nicht enthielten, mit den Aufwendungen für den Anwalt aufzufüllen. Mit diesen Anträgen hatte die Antragstellerin zur Hälfte Erfolg, da sie - entgegen dem Vergabekammerbeschluss - nun 1/3 ihrer Anwaltskosten von der Antragsgegnerin ersetzt erhält.

Mit der Anschlussbeschwerde wollte die Antragsgegnerin erreichen, dass sie statt der von der Vergabekammer festgestellten 1/3 der notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin keine derartigen Aufwendungen zu tragen habe. Das wirtschaftliche Interesse beträgt insoweit 0 €, da die Vergabekammer bezüglich dieses Drittels die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nicht für notwendig erachtet hatte und andere Aufwendungen der Antragstellerin nicht ersichtlich sind.

Der Streitwert beträgt daher insoweit 3 x 960,66 € = 2.882,00 €; die Anschlussbeschwerde hat keinen gesonderten Streitwert.

Zu 2. Hier besteht der Streitwert aus der Differenz zwischen der Zahlungspflicht der Antragstellerin aus dem von der Vergabekammer festgesetzten Gebühr und derjenigen Zahlungspflicht, die sich für die Antragstellerin aus der von ihr beantragten Gebührenhöhe ergeben würde. Es ergibt sich folgende Rechnung:

2/3 (die Antragstellerin treffende Quote) aus 1.563,00 € (von der Vergabekammer festgesetzte Gebühr) = 1.042 €

1/3 (von der Antragstellerin beantragte Quote) aus der beantragten Gebühr von 1.031,25 € = 343,35 €

Die Differenz zwischen diesen Beträgen beträgt 698,25 €.

Zu 3. Für die Feststellung fällt kein gesonderter Streitwert an. Die Frage nach der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts ist lediglich eine Vorfrage zu der Höhe des Kostenerstattungsanspruchs, der in Ziffer 1 bereits bewertet worden ist.

Insgesamt ist der Streitwert daher bis zur Teilrücknahme auf 2.882,00 € + 698,25 € = 3.580,25 € festzusetzen und nach der Teilrücknahme auf 1.658,93 € (3.580,25 - 2 x 960,66 €).

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(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/11
vom
25. Januar 2012
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Rettungsdienstleistungen IV
GWB § 128 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 nF

a) Die Regelungen in § 128 Abs. 3 Satz 4 und 5 GWB in der durch das Gesetz
zur Modernisierung des Vergaberechts (BGBl. I 2009 S. 779) erhaltenen
Fassung sind dahin auszulegen, dass Gebühr und Auslagen der Vergabekammer
bei anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens auch einem
anderen Beteiligten als dem Antragsteller auferlegt werden können,
wenn dies der Billigkeit entspricht, dass in Fällen der Antragsrücknahme oder
anderweitigen Erledigung des Nachprüfungsverfahrens aber stets nur die
Hälfte der Gebühr zu entrichten ist.

b) Wird das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer übereinstimmend
für erledigt erklärt, kann eine Erstattung notwendiger Aufwendungen von Beteiligten
weiterhin nicht angeordnet werden.
BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 - X ZB 3/11 - OLG Naumburg
2. Vergabekammer beim
Landesverwaltungsamt
Sachsen-Anhalt
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Januar 2012 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens und die
Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann

beschlossen:
Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss der 2. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt - 2 VK LSA 13/10 werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerinnen und der Antragsgegner je zu einem Drittel.
Der Wert des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 22.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Antragsgegner, eine Gebietskörperschaft, schrieb im offenen Verfahren Rettungsdienstleistungen in zwei geografisch aufgeteilten Losen aus. Die Antragstellerin zu 1 beanstandete die Vergaberechtswidrigkeit der Vergabeunterlagen und beantragte nach zurückgewiesener diesbezüglicher Rüge Vergabenachprüfung, die die zuständige Vergabekammer zunächst in zwei nach den Gebietslosen unterschiedenen Nachprüfungsverfahren durchführte. Kurz darauf teilte der Antragsgegner den Teilnehmern mit, dass das Vergabe- verfahren unterbrochen werde und der Schlusstermin der Angebotsfrist aufgehoben sei. Wegen dieses Vorgehens leitete die Antragstellerin zu 2 nach fruchtloser Rüge ebenfalls ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Vergabekammer führte dieses zunächst wiederum getrennt für beide Lose in zwei Verfahren, verband dann aber alle vier Verfahren zu einem einzigen und lud eine Bietergemeinschaft zum Verfahren bei.
2
Nachdem der Antragsgegner sich zunächst gegen die Nachprüfungsanträge verteidigt und unter anderem geltend gemacht hatte, das Vergabeverfahren falle nicht unter die Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, weil die Rettungsdienstleistungen im Wege einer Dienstleistungskonzession erbracht werden sollten, hob er das Vergabeverfahren später nach § 26 lit. b VOL/A 2006 auf. Daraufhin haben die Antragsteller und der Antragsgegner das Nachprüfungsverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
3
Die Vergabekammer hat das Nachprüfungsverfahren mit dem angefochtenen Beschluss eingestellt, die auf 6.526,83 € festgesetzten Kosten (Gebühren und Auslagen, § 128 Abs. 1 GWB) dem Antragsgegner auferlegt und im Übrigen ausgesprochen, dass die Beteiligten entstandene notwendige Aufwendungen selbst zu tragen haben. Mit ihren dagegen eingelegten sofortigen Beschwerden möchten die Antragstellerinnen erreichen, dass ihre notwendigen Aufwendungen dem Antragsgegner, hilfsweise diesem und der Beigeladenen auferlegt werden, während der Antragsgegner eine Überbürdung der Gebühren und Auslagen auf die Antragstellerinnen erstrebt. Das Beschwerdegericht erachtet die Rechtsmittel für unbegründet, sieht sich aber an der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerinnen durch entgegenstehende Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Dresden gehindert und hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof nach § 124 Abs. 2 GWB vorgelegt.
4
II. Die Vorlage ist zulässig.
5
Die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der sich mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz nicht vereinbaren lässt (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 Rn. 9 - S-Bahn-Verkehr Rhein/Ruhr I). So verhält es sich hier. Während das Oberlandesgericht Dresden die Auffassung vertreten hat, § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB ermögliche eine Ermessensentscheidung auch hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten im Nachprüfungsverfahren (Beschluss vom 10. August 2010 - W Verg 8/10), erkennt das vorlegende Oberlandesgericht im geltenden Recht von vornherein keine Grundlage für die Überwälzung notwendiger Auslagen eines Beteiligten auf einen anderen, wenn das Nachprüfungsverfahren, wie hier, infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt worden ist.
6
III. Die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragstellerinnen sind in der Sache unbegründet.
7
Die Frage, ob § 128 GWB in der durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 790) geschaffenen und seit dem 24. April 2009 geltenden Fassung ermöglicht, die einem Beteiligten zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, wenn nach Erledigung der Hauptsache keine Entscheidung der Vergabekammer ergangen ist, ist mit dem vorlegenden Oberlandesgericht zu verneinen.
8
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bot § 128 Abs. 4 in seiner bis zum 24. April 2009 geltenden Fassung nur bedingt eine Grundlage für die Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten vor der Vergabekammer (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2009 - X ZB 29/08, VergabeR 2009, 607 Rn. 10 mwN - Antragsrücknahme im Beschwerdeverfahren ). Wie für den Fall der Antragsrücknahme gab das Gesetz auch für den hier gegebenen Fall der Einstellung des Nachprüfungsverfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung keine Handhabe dafür, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen, was zur Folge hat, dass diese von jedem selbst zu tragen waren.
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2. Für die vorliegend gegebene Konstellation besteht die bisherige Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts unverändert fort. Die Regelung in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF kann entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Dresden nicht als Grundlage dafür herangezogen werden, die notwendigen Aufwendungen eines Beteiligten einem anderen aufzuerlegen. Sie bezieht sich ausschließlich auf die in Absatz 3 geregelte Kostenlast betreffend die Gebühren und Auslagen für die Amtshandlungen der Vergabekammern (§ 128 Abs. 1 GWB). Das ergibt sich aus der Systematik des Gesetzes. Es hat in seinen Kostenregelungen seit je zwischen der Kostentragungslast für die Gebühren und Auslagen auf der einen und für die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten auf der anderen Seite unterschieden und die Ersteren stets in § 128 Abs. 3 GWB und die Letzteren in § 128 Abs. 4 GWB geregelt. Davon ist das Oberlandesgericht Dresden zwar auch ausgegangen. Es meint jedoch, die im Gesetzgebungsverfahren diskutierten Formulierungsalternativen und insbesondere die vom Bundesrat für seinen Änderungsvorschlag gegebene Begründung, welche die Situation bei übereinstimmender Erledigungserklärung betreffe, machten deutlich, dass die dort angestellten Erwägungen zugunsten einer Kostenregelung nach Billigkeitsgrundsätzen für den Fall der Hauptsachenerledigung nicht auf die Gebühren und Auslagen beschränkt, sondern für die Kosten des Nachprüfungsverfahrens insgesamt gelten sollten. Dem kann nicht beigetreten werden.
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3. Die Gesetzgebungsmaterialien bieten - worauf zurückzukommen sein wird - keine Grundlage dafür, in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB entgegen seinem Wortlaut und losgelöst von seiner systematischen Stellung im Gesetz auch eine auf die notwendigen Aufwendungen der Beteiligten anwendbare Regelung zu sehen. Das Gesetz unterscheidet begrifflich seit je zwischen den zusammenfassend als Kosten bezeichneten Gebühren und Auslagen der Vergabekammer (§ 128 Abs. 1 bis 3 GWB) und den in § 128 Abs. 4 geregelten notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Vor diesem Hintergrund kann aus dem Umstand , dass der Bundesrat modifizierende Vorschläge zu dem Regierungsentwurf für einen geänderten § 128 Abs. 3 GWB unterbreitet und dabei von "Kosten" gesprochen hat, nicht auf einen Regelungswillen betreffend die notwendigen Aufwendungen geschlossen werden. Das gilt umso mehr, als durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts auch § 128 Abs. 4 GWB modifiziert werden sollte und worden ist. Während § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB nF nach wie vor eine Regelung für die Fälle der Rücknahme und der sonstigen Erledigung des Nachprüfungsantrags vorsieht, ist in § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB nF eine Kostenregelung nur für den Fall der Antragsrücknahme getroffen worden. In solchen Fällen soll der Antragsteller die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und des Beigeladenen zu tragen haben. Die Regelungen für die Erstattung der Auslagen und Gebühren einerseits und der notwendigen Aufwendungen andererseits sind somit zwar inkongruent, es besteht jedoch nach den Gesetzgebungsmaterialien und den sonstigen Umständen kein Raum dafür , in § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB nF eine planwidrige Regelungslücke zu sehen, die durch analoge Anwendung geschlossen werden dürfte. Die divergierenden Kostenfolgen bei Antragsrücknahme einerseits und bei Erledigung der Hauptsache andererseits sind nicht miteinander unvereinbar. Jedenfalls besteht kein Raum, das Gesetz anders als in den Grenzen seines Wortlauts anzuwenden.
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IV. Zu Recht hat die Vergabekammer die durch ihre Inanspruchnahme festgesetzten Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner auferlegt. Die ge- setzliche Grundlage für diese nach billigem Ermessen getroffene Entscheidung ist in § 128 Abs. 3 Satz 5 GWB nF zu sehen, wonach die Entscheidung, wer die Kosten, das heißt die Gebühren und Auslagen, zu tragen hat, nach billigem Ermessen zu treffen ist.
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1. Allerdings bedarf die gesetzliche Neuregelung in § 128 Abs. 3 GWB der Auslegung, weil in dem modifizierten Teil des jetzigen Satzes 4 der Bestimmung und dem neu eingefügten Satz 5 widersprüchliche Normbefehle unvermittelt nebeneinanderstehen. Danach soll bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags einerseits dem Antragsteller die Hälfte der Gebühr auferlegt werden, andererseits soll die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, nach billigem Ermessen erfolgen. Die zuletzt genannte Regelung ist, wie auch das vorlegende Oberlandesgericht zu Recht meint, maßgeblich. Der widersprüchliche Wortlaut der gesetzlichen Regelung beruht ersichtlich auf Missverständnissen zwischen den Gesetzgebungsorganen im Gesetzgebungsverfahren. Nach § 128 Abs. 3 Satz 3 GWB aF war angeordnet, dass bei Rücknahme oder anderweitiger Erledigung des Nachprüfungsantrags vor Entscheidung der Vergabekammern nur die Hälfte der Gebühr zu entrichten ist. Diese Regelung wollte der Regierungsentwurf durch den jetzigen § 128 Abs. 3 Satz 4 GWB, wonach in solchen Fällen "der Antragsteller" die Hälfte der Gebühr zu entrichten habe, ersetzen. Eine Begründung hierfür wurde nicht gegeben. Die diesem Vorschlag zugeordnete Erläuterung im Begründungsteil des Regierungsentwurfs bezieht sich offensichtlich auf die Regelung in § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB nF (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 25 zu Nr. 23 Buchst. bb). In seiner Stellungnahme zu RegE für § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB schlug der Bundesrat vor: "Nach Satz 4 (neu - gemeint ersichtlich: "alt") wird folgender Satz eingefügt: 'Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen'". Zur Begründung wies der Bundesrat darauf hin, dass es in bestimmten Konstellationen unbillig sein könne, dem Antragsteller die Kosten aufzuerlegen (vgl. BT-Drucks. 16/10117, S. 39 Nr. 32). In der Gegenäußerung der Bundesre- gierung hierzu ist ausgeführt, dass dem Anliegen des Bundesrates dadurch Rechnung getragen werden könne, dass § 128 Abs. 3 Satz 4 (neu) GWB dahin gefasst wird, dass die Entscheidung über die Kostentragungslast nach billigem Ermessen erfolgt, wenn sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt hat (aaO S. 43 zu Nr. 32). Danach ist offensichtlich, dass der Wortlaut des Gesetzes redaktionell verunglückt ist. Ausdrücklich übereinstimmend gewollt war die Gesetz gewordene Regelungin § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB nF. Unberührt bleiben sollte ebenfalls die Gebührenreduktion auf die Hälfte bei Antragsrücknahme. Insoweit ist es bei der Fassung des Gesetzes aber zu einem redaktionellen Versehen gekommen, indem gleichzeitig der Vorschlag für die Modifizierung von § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB gemäß dem Regierungsentwurf und die Anregung des Bundesrats übernommen wurden. Der Wille der Gesetzgebungsorgane ging insoweit ersichtlich dahin , dass in Fällen der Rücknahme oder sonstiger Erledigung des Nachprüfungsverfahrens vor einer Instanz beendenden Entscheidung nach wie vor nur die hälftige Gebühr zu entrichten sein sollte. Die Worte "hat der Antragsteller" gemäß dem Änderungsvorschlag im Regierungsentwurf wären dementsprechend wieder durch das Wort "ist" zu ersetzen gewesen. In diesem Sinne ist die gesetzliche Regelung anzuwenden (i. Erg. ebenso Summa in jurisPK-VergR § 128 GWB Rn. 36 ff.; Kompaktkommentar Vergaberecht/Hardraht, 2. Aufl., 14. Los, § 128 GWB Rn. 38 mwN in Fn. 69).
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2. Das vorlegende Oberlandesgericht befürwortet, die Gebühren und Auslagen dem Antragsgegner aufzuerlegen, wie dies bereits die Vergabekammer entschieden hat. Dem ist beizutreten. Das Oberlandesgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass sich die Billigkeitsentscheidung über die Kostentragungslast zwar grundsätzlich an dem bei summarischer Prüfung voraussichtlichen Verfahrensausgang orientiert und bei offenem Ausgang regelmäßig eine Kostenteilung naheliegen wird, dass aber nach den Umständen des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit von diesem Schema abgewichen werden kann. Das Oberlandesgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass im Streitfall solche Umstände die Belastung des Antragsgegners mit den Gebühren und Auslagen rechtfertigen. Diese sind darin zu sehen, dass der Antragsgegner selbst sich vor der Vergabekammer darauf berufen hat, gar nicht verpflichtet gewesen zu sein, die fraglichen Rettungsdienstleistungen als Dienstleistungsauftrag im offenen Verfahren nach der VOL/A auszuschreiben, weil sie im Rahmen einer nicht dem Vergaberecht unterliegenden Dienstleistungskonzession zu erbringen gewesen wären; das Vergabeverfahren sei nur "rein vorsorglich" durchgeführt worden. Mit der Ankündigung der Ausschreibung im offenen Verfahren nach der VOL/A im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einschließlich der Benennung der Vergabekammer als der für ein Nachprüfungsverfahren zuständigen Stelle hat der Antragsgegner jedoch zumindest den Rechtsschein eines dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen unterliegenden Vergabeverfahrens gesetzt und den am Auftrag Interessierten durch den von ihm gesetzten Rahmen eines üblichen Vergabeverfahrens Veranlassung gegeben, sich bei vermeintlichen Vergabeverstößen in der für solche Verfahren vorgesehenen Weise an die Vergabekammer zu wenden. An der Setzung dieses Rechtsscheins muss sich der Antragsgegner billigerweise - auch unter Kausalitätsgesichtspunkten - festhalten lassen, wenn er dem Nachprüfungsverfahren durch Aufhebung der Ausschreibung nachträglich die Grundlage entzieht.
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V. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 78 GWB und orientiert sich am Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens unter Berücksichtigung der Höhe der Gebühren und Auslagen einerseits und der zu erstattenden Rechtsanwaltskosten anderseits nach einem Geschäftswert von 1.050.000 € (von der Vergabekammer mitgeteilten Auftragssumme ).
Meier-Beck Mühlens Gröning
Grabinski Hoffmann
Vorinstanz:
OLG Naumburg, Entscheidung vom 14.04.2011 - 2 Verg 2/11 -

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden und über Rechtsbeschwerden (§§ 73 und 77 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen),
2.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 75 und 86 des Energiewirtschaftsgesetzes oder § 35 Absatz 3 und 4 des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes),
3.
über Beschwerden gegen Verfügungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 48 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes und § 113 Absatz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes),
4.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde und über Rechtsbeschwerden (§§ 13 und 24 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) und
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen der Registerbehörde (§ 11 des Wettbewerbsregistergesetzes).
Im Verfahren über Beschwerden eines Beigeladenen (§ 54 Absatz 2 Nummer 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, § 79 Absatz 1 Nummer 3 des Energiewirtschaftsgesetzes und § 16 Nummer 3 des EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes) ist der Streitwert unter Berücksichtigung der sich für den Beigeladenen ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer (§ 171 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen) einschließlich des Verfahrens über den Antrag nach § 169 Absatz 2 Satz 5 und 6, Absatz 4 Satz 2, § 173 Absatz 1 Satz 3 und nach § 176 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen beträgt der Streitwert 5 Prozent der Bruttoauftragssumme.