Oberlandesgericht München Beschluss, 13. Okt. 2017 - 27 U 688/17 Bau
Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Memmingen vom 08.02.2017, Az.: 1 HKO 1976/12, wird durch einstimmigen Beschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch aus anderen Gründen nicht geboten.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieser Beschluss und das unter Ziffer 1 genannte Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 88.342,44 € festgesetzt.
Gründe
I.
die Klage sei in Höhe von 88.342,44 € begründet, da der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 642 BGB in Höhe von 79.526,- € auf Entschädigung für unnütz bereitgehaltenes Kapital und unnütz bereitgehaltene Arbeitskraft, in Höhe von 4.500,- € auf Entschädigung für allgemeine Gemeinkosten und 1.621,- € für Baustellengemeinkosten zustehe. Des Weiteren habe die Klägerin einen restlichen Werklohnanspruch in Höhe von 2.695,44 € für vereinbarungsgemäß erbrachte Bauleistungen.
1. Das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 08.02.2017, Az.: 1 HKO 1976/12, wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.
1. Soweit die Berufungsführerin auf den Tenor des Hinweisbeschlusses des Senats, der dem Gesetzestext entspricht, verweist, ist dies als Berufungsangriff unbehelflich.
2. Die Revision ist nicht gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Von grundsätzlicher Bedeutung ist nur dann auszugehen, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH NJW 2003, 65 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben und werden von der Berufungsführerin in ihrer Stellungnahme vom 05.10.2017 auch nicht dargetan.
Der pauschale Hinweis der Berufung, es würden jährlich Hunderttausende von Bauverträgen abgeschlossen, die Bauwirtschaft sei ein wesentlicher Wirtschaftszweig in Deutschland, die Vertragssummen bei Bauverträgen dürften im dreistelligen Milliardenbereich jährlich liegen, bei nahezu jedem Bauvorhaben würden Subunternehmer beauftragt und es gebe Bauverträge mit verschiedenen Gewerken, durch die Komplexität der Bauvorhaben komme es nahezu bei jedem Bauvorhaben zu Bauzeitverzögerungen und die Auffassung der Berufungsführerin, § 642 BGB sei bis vor einiger Zeit in der Rechtswirklichkeit weitgehend nicht beachtet worden, vermögen eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zu begründen. Vielmehr hat der streitgegenständliche Sachverhalt keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen zum Inhalt, die in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten sind und zu denen in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Wie bereits unter Ziffer 2. a) des Hinweisbeschlusses ausgeführt, ist das Landgericht der höchstrichterlichen Rechtsprechung und überwiegenden Literatur im Hinblick auf die Voraussetzungen und den Umfang des Entschädigungsanspruches nach § 642 BGB gefolgt. Grundsätzlich nicht höchstrichterlich geklärte, für eine unbestimmte Anzahl von Fällen bedeutende Rechtsfragen sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich.
3. Mangels Divergenz ist zu anderer obergerichtlicher Rechtsprechung auch eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich (s. dazu unten Ziff. 5).
4. Vergeblich rügt die Berufung, das Erstgericht habe seinen Entschädigungsanspruch nicht hinreichend dargelegt.
Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin als Auftragnehmerin die Darlegungs- und Beweislast für die Grundlagen der Entschädigung trägt (vgl. Seite 20 des Ersturteils). Dieser Darlegungs- und Beweislast ist die Klägerin auch nachgekommen.
Unter Vorlage der kalkulatorischen Ausarbeitungen gemäß Anlage K 10 hat sie detailliert dargelegt, wie hoch die vertraglich vereinbarte Vergütung für ihre Soll-Leistungen war und in welcher Höhe hierbei Abzüge für Wagnis und Gewinn zugrundezulegen sind. Nach Beweisaufnahme ist das Landgericht - von der Berufung auch nicht angegriffen -zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anlage K 10 die tatsächlich von der Klägerin für den konkreten, streitgegenständlichen Auftrag kalkulierten Preise enthält.
Des Weiteren hat das Landgericht im Detail dargelegt, welche Beträge für Wagnis und Gewinn abzuziehen sind, wie die Kostenbestandteile für Lohn und Geräte zu werten sind und wie sodann der Entschädigungsanspruch der Klägerin zu bemessen ist. Vergeblich rügt die Berufung hierbei, das Landgericht habe nicht die „Differenzhypothese“ durch Gegenüberstellung der Vermögenssituation mit und ohne Bauverzögerung angewandt.
Das Landgericht sehr wohl detailliert dargelegt, dass die Klägerin während des Behinderungszeitraumes keine zusätzlichen Aufträge ausführen konnte. Weiter hat das Landgericht aufgrund der Beweisaufnahme gerade nicht festgestellt, dass Aufträge vorgezogen wurden und eine Vollauslastung der Klägerin im fraglichen Zeitraum bestanden hatte. Zweifel gehen hierbei zu Lasten der Beklagten, die die Beweislast für anderweitigen Erwerb der Klägerin trägt. Somit hat das Landgericht die Vermögenslage ohne Behinderung der mit Behinderung gegenübergestellt.
Der Auffassung der Berufungsführerin, der Klägerin falle ein Zufallsgeschenk in den Schoß und ihr sei kein auszugleichender Schaden entstanden, ist aufgrund dieser äußerst sorgfältigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Landgerichts zur Höhe des Entschädigungsanspruches nicht zu folgen.
Der entschädigungsfähige Anspruch der Klägerin ist gerade darin begründet, dass ihr für den Zeitraum der Behinderung die Fixkosten verbleiben, ohne dass diesen ein durch Einsatz von Personal und Material im Rahmen der Durchführung eines Auftrages erwirtschafteter Erfolg gegenübersteht.
5. Das streitgegenständliche Urteil steht nicht in Widerspruch zu den Entscheidungen des OLG Dresden (1 U 13/10), des OLG Köln (17 U 35/14) und des Kammergerichts Berlin (21 U 14/16).
Zu den Entscheidungen des OLG Köln und des OLG Dresden hat der Senat bereits auf Seite 6 des Hinweises Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen. Bei dem dem Kammergericht Berlin zugrundeliegenden Fall wurde von Klageseite Entschädigung nur dafür begehrt, dass aufgrund von Verzögerungen im Bauablauf gestiegene Personal- und Materialkosten angefallen seien. Diese Entscheidung ist mit dem streitgegenständlichen Fall, dem zugrundeliegt, dass die Klägerin während des Verzögerungszeitraumes keine zusätzlichen Aufträge durchführen konnte und deshalb ohne zusätzliche Gewinnmöglichkeiten Material und Personal vorhalten musste, nicht vergleichbar.
Im Übrigen steht auch die Rechtsauffassung des Kammergerichts Berlin nicht in Widerspruch zu der des Landgerichts Memmingen und des Senats.
Nach alledem erweist sich das Ersturteil als zutreffend.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.