Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 08. Nov. 2010 - 2 SsBs 100/10

ECLI: ECLI:DE:OLGKOBL:2010:1108.2SSBS100.10.0A
published on 08/11/2010 00:00
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 08. Nov. 2010 - 2 SsBs 100/10
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 18. Mai 2010 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Linz zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Mit Bußgeldbescheid vom 22. Februar 2010 warf die Kreisverwaltung dem Betroffenen vor, am 16. Dezember 2009 in Asbach unter der Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis einen PKW im Straßenverkehr geführt zu haben. Sie setzte gegen ihn eine Geldbuße von 500 Euro fest und ordnete ein einmonatiges Fahrverbot an.

2

Nach Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Ein Tatnachweis sei nicht zu führen. Das Ergebnis der vorgenommenen Blutprobenuntersuchung unterliege einem Verwertungsverbot, da die Probe dem Betroffenen ohne richterliche Anordnung entnommen worden sei. Soweit er darin eingewilligt habe, sei diese Erklärung wegen unzureichender Rechtsbelehrung durch den Ermittlungsbeamten unwirksam gewesen.

3

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie beantragt Aufhebung des angefochtenen Urteils und rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beanstandet die Annahme eines Verwertungsverbots für das vorliegende, einen THC-Gehalt von 2,4 ng/ml sowie einen Hydroxy-THC- und THC-Carbonsäure-Gehalt vom 2,0 bzw. 86 ng/ml ausweisende Ergebnis der Blutprobenuntersuchung. Außerdem lasse das Urteil eine ausreichende Sachdarstellung vermissen.

II.

4

Das nach § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 OWiG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Rechtsmittel hat Erfolg.

1.

5

Nicht begründet ist die Sachrüge. Der beanstandete Darlegungsmangel liegt nicht vor.

6

Zwar weist die Staatsanwaltschaft zutreffend darauf hin, dass der Tatrichter in den Gründen eines freisprechenden Urteils zunächst diejenigen Tatsachen bezeichnen muss, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen er die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht treffen konnte (vgl. nur BGH NStZ-RR 2010, 182 m.w.N.; OLG Koblenz, Urteile 1 Ss 205/02 vom 7.11.2002, 1 Ss 91/04 vom 16.6.2004). Diese Darstellungsanforderungen gelten gem. §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 5 StPO auch im Bußgeldverfahren (Göhler, OWiG, § 71 Rdn. 43 m.w.N.). Hier konnte jedoch ausnahmsweise davon abgesehen werden.

7

Die Urteilsgründe geben den im Bußgeldbescheid erhobenen Schuldvorwurf wieder und teilen mit, dass sich der Betroffene nicht zur Sache eingelassen hat. Daraus folgt ein Aufklärungsbedarf mit anderen Beweismitteln, dem nach Auffassung des Bußgeldrichters schon deswegen nicht zu genügen ist, weil aufgrund Unverwertbarkeit der entnommenen Blutprobe nicht festgestellt werden kann, dass der Angeklagte zur Tatzeit unter der Wirkung berauschender Mittel gestanden hat. Träfe diese Auffassung zu, wäre der Freispruch des Betroffenen gerechtfertigt, ohne dass es auf das Tatgeschehen im Einzelnen ankäme. Denn ohne den Nachweis einer der von der Bußgeldvorschrift erfassten Substanzen im Blut des Betroffenen (§ 24a Abs. 2 Satz 2 StVG) kann – anders als im Fall einer Alkoholisierung, in dem das positive Ergebnis einer Atemalkoholmessung als Indiz für eine vorhandene Alkoholwirkung und relative Fahruntüchtigkeit herangezogen werden kann (vgl. OLG Celle NJW 2009, 3524 m.w.N.) – eine rauschmittelbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit nicht aus den Tatumständen hergeleitet werden (vgl. OLG Koblenz, NJW 2009, 1222). Damit ist auch für die revisionsrechtliche Prüfung über die Darlegung des angenommenen Verwertungsverbots hinaus eine weitergehende Sachdarstellung nicht erforderlich (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 14 und Freispruch 12).

2.

8

Begründet ist die gem. §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorschriftsmäßig ausgeführte, gegen die Annahme des Verwertungsverbots gerichtete Verfahrensrüge.

9

a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde zwingt jedoch allein die Tatsache, dass der Betroffene in der Hauptverhandlung einer Verwertung des Blutprobenuntersuchungsergebnisses nicht widersprochen hat, nicht dazu, von diesem Beweismittel auch Gebrauch zu machen. Zwar besteht Anlass, die Rechtmäßigkeit einer Blutprobenentnahme zu überprüfen, nur dann, wenn der Angeklagte einer Verwertung der Probe widerspricht (vgl. nur Senatsbeschl. 2 Ss 148/10 vom 1.9.2010 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Sonst darf der Richter grundsätzlich darauf vertrauen, dass das Beweismittel entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erhoben worden ist (BGH NStZ 2006, 402). Es ist ihm aber nicht verwehrt, die in die Hauptverhandlung einzuführenden Beweismittel von sich aus auf ihre Verwertbarkeit zu prüfen (BGH a.a.O.), so dass er auch ohne vorherigen Widerspruch des Betroffenen zur Annahme eines Verwertungsverbots gelangen kann.

10

b) Die Annahme erweist sich deswegen als rechtsfehlerhaft, weil der Bußgeldrichter keine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Abwägung der widerstreitenden Interessen vorgenommen hat. Denn der erkannte Verstoß gegen den Richtervorbehalt nach § 81a Abs. 2 StPO führt für sich betrachtet noch nicht zu einem Verwertungsverbot. Das Gesetz sieht eine solche Folge nicht vor. In diesem Fall ist die Frage nach einem Beweisverwertungsverbot jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes, unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden.

11

Dabei muss beachtet werden, dass die Annahme eines Verwertungsverbots, auch wenn die Strafprozessordnung nicht auf Wahrheitserforschung "um jeden Preis" gerichtet ist, eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Daran gemessen bedeutet ein Beweisverwertungsverbot eine Ausnahme, die, soweit sie das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, nur aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des in Frage stehenden Verfahrensverstoßes. Dieses wird seinerseits wesentlich von der Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter einerseits und andererseits davon bestimmt, ob der bestehende Richtervorbehalt bewusst missachtet oder seine Voraussetzungen in gleichgewichtig grober Weise verkannt worden sind (vgl. BVerfG NJW 2008, 3053; BGH NJW 2007, 2269, 2271; OLG Hamm StV 2009, 459, 461; OLG Bamberg NJW 2009, 2146, jeweils m.w.N.).

12

Nach den Urteilsgründen hat der Betroffene gegenüber dem Ermittlungsbeamten in die Entnahme der Blutprobe eingewilligt. Es liegt daher nahe, dass dieser von einer freiwilligen Mitwirkung des Betroffenen an der Maßnahme ausgegangen ist, die die Notwendigkeit einer richterlichen Anordnung entfallen lässt. Auch wenn der Bußgeldrichter die Einwilligung wegen unzureichender Rechtsbelehrung für unwirksam erachtet hat, ergeben sich aus dem Urteil keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ermittlungsbeamte die Wirksamkeitsvoraussetzungen grob verkannt oder die Einwilligung gar durch bewusste Täuschung des Betroffenen über die Rechtslage herbeigeführt hätte. Da im Übrigen auch der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen durch die im Allgemeinen als ungefährlich angesehene Blutprobe (vgl. Meyer-Goßner, StPO, § 81a Rdn. 13 m.w.N.) nur eine geringfügige Rechtsgutverletzung darstellt, erscheint nach den Urteilsgründen ein Verwertungsverbot eher fernliegend.

3.

13

Auf dem Rechtsfehler kann das Urteil beruhen. Da das Ergebnis der Blutprobenuntersuchung einen THC-Gehalt ausweist, der über der Wirksamkeitsschwelle von 1,0 ng/ml liegt (vgl. BVerfG NJW 2005, 349, 351), wäre durch Verwertung des Gutachtens der Nachweis nach § 24a Abs. 2 Satz 2 StVG zu führen. Der Freispruch ist daher aufzuheben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 353 Abs. 1 und 2 StPO) und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Linz zurück zu verweisen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

7 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 01/09/2010 00:00

weitere Fundstellen ... Tenor Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 7. kleinen Strafkammer des Landgerichts Mainz vom 3. Mai 2010 wird als offensichtlich unbegründet verworfen. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen dem An
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.

(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht

1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen,
2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
Zur Vorbereitung der Hauptverhandlung kann das Gericht auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er zu seiner Entlastung vorbringen will; § 69 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 ist anzuwenden.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.

(1) Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden, die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahmen von Blutproben und andere körperliche Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu Untersuchungszwecken vorgenommen werden, ohne Einwilligung des Beschuldigten zulässig, wenn kein Nachteil für seine Gesundheit zu befürchten ist.

(2) Die Anordnung steht dem Richter, bei Gefährdung des Untersuchungserfolges durch Verzögerung auch der Staatsanwaltschaft und ihren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) zu. Die Entnahme einer Blutprobe bedarf abweichend von Satz 1 keiner richterlichen Anordnung, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Straftat nach § 315a Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 und 3, § 315c Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a, Absatz 2 und 3 oder § 316 des Strafgesetzbuchs begangen worden ist.

(3) Dem Beschuldigten entnommene Blutproben oder sonstige Körperzellen dürfen nur für Zwecke des der Entnahme zugrundeliegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 0,25 mg/l oder mehr Alkohol in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Atem- oder Blutalkoholkonzentration führt.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer unter der Wirkung eines in der Anlage zu dieser Vorschrift genannten berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Eine solche Wirkung liegt vor, wenn eine in dieser Anlage genannte Substanz im Blut nachgewiesen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt.

(3) Ordnungswidrig handelt auch, wer die Tat fahrlässig begeht.

(4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

(5) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates die Liste der berauschenden Mittel und Substanzen in der Anlage zu dieser Vorschrift zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies nach wissenschaftlicher Erkenntnis im Hinblick auf die Sicherheit des Straßenverkehrs erforderlich ist.

(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn

1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist,
3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war,
4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder
5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80).

(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.

(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.

(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.

(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.

(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.