Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 15. Mai 2009 - 10 U 1018/08


Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 2. Juli 2008 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.318,50 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 22. Januar 2007 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 59 % und die Beklagte 41 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
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Die Klägerin ist Eigentümerin eines Einfamilienwohnhauses in N.. Für dieses Gebäude unterhält sie bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung (Versicherungsschein Nr. 7../…/K63) nach den allgemeinen Bedingungen für die Wohngebäudeversicherung in der Version VGB 2000/E. Als Versicherungsart ist die gleitende Neuwertversicherung vereinbart. Versicherte Gefahren sind unter anderem Sturm und Hagel. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin zur Zahlung einer Entschädigung wegen eines Sturmschadens, der am 18. Januar 2007 am Dach des versicherten Wohngebäudes eintrat, verpflichtet ist.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, an diesem Tage seien infolge eines Sturms mit der Windstärke 8 die vorderen Dachschindeln des Hauses abgerissen worden und bis zu 50 m weit weggetragen worden. Mit der Beseitigung der durch den Sturm angerichteten Schäden habe sie die Firma B.-E. W. beauftragt, die die Bitumenschindeln erneuert und das Dach wieder instand gesetzt habe. Am 1. April 2007 habe diese eine Schlussrechnung in Höhe von insgesamt 17.652,22 € gestellt. Dieser Betrag stelle die zur Beseitigung der Schäden erforderlichen Kosten dar.
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Vor dem Sturm seien an dem Dach keinerlei Schäden vorhanden gewesen und auch eine Verformung der Schindeln sei nicht gegeben gewesen, so dass eine Sanierungsbedürftigkeit des Daches vor der Einwirkung durch den Sturm nicht bestanden habe. Im Übrigen habe sich der Ehemann der Klägerin regelmäßig vom Zustand des Daches überzeugt und dabei keinerlei Schäden am Dach bzw. keine alterungsbedingten Einschränkungen der Bitumenschindeln feststellen können. Es habe für die Klägerin deshalb auch kein Anlass bestanden, an der ordnungsgemäßen Beschaffenheit des Daches zu zweifeln.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.652,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat ihre Leistungspflicht bestritten, da ursächlich für den hier geltend gemachten Schaden allein die Sanierungsbedürftigkeit des versicherten Objekts gewesen sei. Das Herabfallen der Bitumendachschindeln sei nach den Feststellungen des von ihr beauftragten Sachverständigen, Dipl.-Ing. A. B., darauf zurückzuführen, dass insbesondere zur Wetterseite hin die Bitumenschindeln alterungsbedingt ausgehärtet und verformt gewesen seien. Da die Festigkeit des Materials stark herabgesetzt gewesen sei, hätten die Schindeln bereits ohne Kraftaufwendung zerbrechen können. Das Dach habe sich deshalb bereits vor dem Sturm in einem sanierungs- und erneuerungsbedürftigen Zustand befunden. Der ihr nach den vorgelegten Versicherungsbedingungen nach Ziff. 19.1c VGB obliegenden Sanierungsverpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen, so dass Leistungsfreiheit eingetreten sei.
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Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung des Sachverständigen B. sowie nach Vernehmung des Zeugen M. abgewiesen.
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Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Schaden an den Dachschindeln nicht durch das Sturmereignis vom 18. Januar 2007 bedingt gewesen sei, sondern dadurch, dass die Bitumendachschindeln alterungsbedingt erneuerungsbedürftig gewesen seien und auch ohne das Sturmereignis hätten erneuert werden müssen.
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Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.
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Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe in seiner Urteilsbegründung zu Unrecht auf allgemeine zivilrechtliche Grundsätze abgestellt, ohne die Besonderheiten des zugrunde liegenden Versicherungsvertrags und des Versicherungsvertragsrechts zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe es verkannt, dass im vorliegenden Vertragsverhältnis der Versicherungswert des beschädigten Daches nicht durch dessen Zeitwert, sondern durch dessen Neuwert bestimmt werde. Bestehende Vorschäden seien dabei ebenso wenig zu berücksichtigen wie altersbedingte Abnutzungen. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Versicherer für die Beseitigung von Folgeschäden des Sturms gemäß Nr. 4.1.a VGB 2000/E einzutreten habe. Dies seien die Kosten, die eine unvermeidliche Folge des versicherten Ereignisses, nämlich des Sturms, darstellten. Hierzu zählten insbesondere die Aufräumungs-, Abbruch- und Entsorgungskosten. Diese wären auch bei einem neuen Dach in der geltend gemachten Größenordnung entstanden. Darüber hinaus habe das Landgericht übersehen, dass die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Beschädigungen am Dach auf eine unmittelbare Einwirkung des Sturms im Sinne von Nr. 3.4.2 a VGB 2000 zurückzuführen seien. Eine solche unmittelbare Einwirkung sei dann gegeben, wenn der Sturm die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens sei. Davon müsse vorliegend ausgegangen werden, da letztlich der Sturm zur Ablösung von Teilen der wenn auch möglicherweise teilweise maroden Bitumenschindeln geführt habe. Eine Kausalität sei deshalb zu bejahen. Das Vorliegen von für den Sturmschaden mitursächlichen Substanzschäden an dem Dach stehe einer Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach auch unter sonst keinem Gesichtspunkt entgegen. Mangels Kenntnis solcher Schäden habe die Klägerin weder vorsätzlich noch grob fahrlässig ihre Instandsetzungspflicht verletzt.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Abänderung des am 2. Juli 2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Koblenz 16 O 486/07 zu verurteilen, an die Klägerin 17.652,22 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22. Januar 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung im Ergebnis und weist im Übrigen darauf hin, dass die Klägerin ihren Instandhaltungspflichten aus dem Versicherungsvertrag nicht nachgekommen sei und dies nicht nur eine Obliegenheits-verletzung gem. Ziffer 19.1, 19.2 VGB 2000/E darstelle, sondern auch eine Gefahrerhöhung nach Ziff. 19.1, 19.2, 18.1, 18.3 VGB 2000/E in Verbindung mit § 23 ff VVG.
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Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus dem Versicherungsvertrag wegen des Sturmschadens vom 18. Januar 2007 in Höhe von 7.318,50 € zu.
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Der Versicherungsfall ist eingetreten.
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Nach § 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung von Wohngebäuden gegen Feuer-, Leitungs-, Wasser- und Sturmschäden hat die Beklagte für einen Sturmschaden einzutreten, wenn versicherte Sachen durch Sturm zerstört oder beschädigt werden. Als Sturm gilt nach Ziff. 3.4.1. eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8. Die Zerstörung oder Beschädigung einer versicherten Sache fällt nach Ziff. 3.4.2 allerdings nur dann unter die Versicherung, wenn sie auf der unmittelbaren Einwirkung des Sturms beruht oder die Folge eines Sturmschadens an versicherten Sachen ist.
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Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass am 18. Januar 2007 ein Sturm mit der Windstärke 8 (Orkan „Kyrill“) geherrscht hat. Ebenfalls unstreitig ist, dass aufgrund des Sturms die vorderen Dachschindeln des Hauses abgerissen worden sind und somit die in Rede stehenden Beschädigungen am Dach auf eine unmittelbare Einwirkung des Sturms zurückzuführen sind. Eine solche unmittelbare Einwirkung ist immer dann gegeben, wenn der Sturm die zeitlich letzte Ursache des Sachschadens ist (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 1984, 1035). Davon ist vorliegend auszugehen, denn letztlich hat der Sturm zur Ablösung der - wenn auch bereits vorgeschädigten - Bitumenschindeln geführt.
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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Sturm die alleinige oder jedenfalls die wesentliche Ursache des Schadens gewesen ist. Insofern braucht der Frage, ob der vorliegend eingetretene Schaden am Dach des klägerischen Anwesens durch das Alter der Bitumenschindeln begünstigt worden ist - so die Feststellungen des Sachverständigen, Dipl.-Ing. A. B., - nicht nachgegangen zu werden.
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Für die Annahme des erforderlichen Ursachenzusammenhangs zwischen dem Sturm als versicherter Gefahr und dem Schadenseintritt genügt schon eine Mitursächlichkeit (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O. ).
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Die von dem Sachverständigen festgestellten alterungsbedingten Schäden an den Bitumenschindeln, die mitursächlich für den Sturmschaden gewesen sein können, stehen der Entschädigungspflicht der Beklagten dem Grunde nach auch unter keinem anderen rechtlichen Gesichtspunkt entgegen. Eine Leistungsfreiheit der Beklagten nach Ziff. 19.2 VGB ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Instandhaltungsobliegenheiten gemäß Ziff. 19.1 c der Vertragsbedingungen eingetreten.
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Gemäß Ziff. 19.1 c VGB hat der Versicherungsnehmer die versicherten Sachen stets in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und Mängel oder Schäden unverzüglich beseitigen zu lassen. Durch diese Instandhaltungs-obliegenheit sollen alters- und abnutzungsbedingte Verschleißschäden, die in aller Regel nicht plötzlich und unvorhersehbar, sondern allmählich und vorhersehbar, eintreten, vom Versicherungsschutz ausgenommen werden. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit, so kommt nach Ziff. 19.2 VGB eine Kündigung des Versicherers in Betracht, die zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führt, dies allerdings nur dann, wenn die Verletzung entweder auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht . Da die Beklagte den Versicherungsvertrag jedoch nicht gekündigt hat, kann sie sich auch nicht auf eine von ihr behauptete und möglicherweise auch gegebene Verletzung der Instandsetzungspflicht gemäß Ziff. 19.1 c VGB berufen.
- 27
Eine Leistungsfreiheit der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Vornahme einer Gefahrerhöhung gemäß Art. 1 Abs. 2 EGVVG i. V. m. §§ 23 ff VVG (hier und im folgenden a. F. VVG) gegeben. Unabhängig von der rechtlich zu beurteilenden Frage, ob das Unterbleiben von Instandhaltungsmaßnahmen als Vornahme einer Gefahrerhöhung im Sinne des § 23 VVG durch Unterlassen anzuerkennen ist (streitig, vgl. zum Meinungsstand Prölls/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., § 23 VVG Rdnr. 38), gilt auch im Rahmen dieser Vorschrift der für die Klägerin günstige Verschuldensmaßstab gem. Ziff. 19.2 Satz 3 VGB/2000.
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Auch wenn sich die Bitumenschindeln auf dem Dach des klägerischen Anwesens nach den Feststellungen des Sachverständigen alterungsbedingt nicht mehr in einem ordnungsgemäßen Zustand befanden, ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass diese mangels Kenntnis der alterungsbedingten Schäden weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.
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Die „ Vornahme“ einer Gefahrerhöhung ist das willentliche Herbeiführen einer Gefahrerhöhung durch den Versicherungsnehmer. Daher ist Kenntnis von die Gefahrerhöhung begründenden Umständen zwingend erforderlich, wobei es der Kenntnis gleichsteht, dass der Versicherungsnehmer sich ihr arglistig entzieht. Hierfür ist es erforderlich, dass er positiv mit der Möglichkeit eines gefahrerhöhenden Zustandes rechnet (vgl. Prölls/ Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl., § 23 VVG Rdnr.35).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein Verschulden der Klägerin weder bewiesen noch sonst feststellbar.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten traf die Klägerin nämlich keine Pflicht dahingehend, den Zustand ihres Daches regelmäßig durch einen Fachmann auf seinen ordnungsgemäßen Zustand prüfen zu lassen. Auch besteht keine allgemein verbindliche Pflicht des Versicherungsnehmers, die Dachschindeln in einem festen Turnus vorsorglich austauschen zu lassen. Wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - keine konkreten und damit seine Kenntnis begründenden Anhaltspunkte dafür hat, dass sich das Dach seines Anwesens nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden könnte, trifft ihn auch keine Pflicht, regelmäßige Kontrollen dieses Daches durchzuführen.
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Da ein grob fahrlässiges Verhalten der Klägerin nicht festgestellt werden kann, kommt auch § 61 VVG nicht zur Anwendung, so dass dem Grunde nach von einer Leistungspflicht der Beklagten auszugehen ist.
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Die Klägerin kann jedoch nicht - wie der Schlussrechnung der Firma W. zu entnehmen ist - die Kosten für die Sanierung des gesamten Daches, einschließlich der Dachfenster, verlangen. Sie hat – ausgehend vom Vorliegen eines Teilschadens - lediglich einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Reparaturkosten zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls und des dabei eingetretenen Schadens. Auf der Grundlage des von der Beklagten eingereichten Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. A. B., das dem Senat als geeignete und ausreichende Schätzungsgrundlage im Sinne von § 287 ZPO dient, errechnet sich nach Auffassung des Senats ein Reparaturaufwand in Höhe von 7.318,50 €. In diesen berechneten Kosten sind neben den Kosten zur Schadensbehebung in Form der Erneuerung der Bitumenschindeleindeckung der straßenseitigen Dachfläche auch die Kosten für Abbruch, Entsorgung und Erneuerung der Bitumenschindeln sowie die Kosten für das Aufstellen eines Gerüstes enthalten und damit alle Kosten, die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes, erforderlich waren. Ein Abzug „neu für alt“ kommt in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in Betracht.
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Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Zinsen ist ab dem 22. Januar 2007 gem. Ziff. 12.2 VGB in Höhe von 4 % begründet und mit endgültiger Ablehnung der Einstandspflicht im Schreiben vom 30. Mai 2007 gem. §§ 286, 288 Abs.1 BGB begründet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
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Die Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 17.652,22 € festgesetzt.

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(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.
(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.
(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.
(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.
(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.