Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 18. Apr. 2011 - 1 Ss 54/11, 1 Ws 216/11
Gericht
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Jugendrichter - Mayen vom 17. November 2010 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere als Jugendrichter zuständige Abteilung des Amtsgerichts Mayen zurückverwiesen.
2. Der Beschluss der 7. kleinen Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Koblenz vom 24. Januar 2011 wird aufgehoben.
Gründe
I.
- 1
Durch Urteil vom 17. November 2010 hat die Jugendrichterin des Amtsgerichts Mayen den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 12 € verurteilt.
- 2
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte durch Verteidigerschriftsatz am 24. November 2010 Rechtsmittel eingelegt. Nachdem das Urteil dem Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, am 15. Dezember 2010 zugestellt worden war, hat er das Rechtsmittel mit am 11. Januar 2011 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz als Revision bezeichnet und mit der Sachrüge begründet.
- 3
Die Staatsanwaltschaft, die die Auffassung vertrat, Sprungrevision könne in Fällen der Annahmeberufung nur durchgeführt werden, wenn zunächst die Berufung angenommen worden sei, hat die Akten der für die Berufung zuständigen Jugendkammer vorgelegt. Durch Beschluss vom 24. Januar 2011 hat die kleine Jugendkammer des Landgerichts Koblenz „die Berufung des Angeklagten“ gemäß §§ 313 Abs. 1 und 2, 322a Satz 1 StPO als unzulässig verworfen.
- 4
Mit Telefax seines Verteidigers vom 1. Februar 2011 hat der Angeklagte beantragt, die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Revision vorzulegen. Vorsorglich wendet er sich mit einem Aufhebungsantrag auch gegen den Beschluss der Jugendkammer vom 24. Januar 2011.
- 5
Nachdem die Jugendrichterin des Amtsgerichts Mayen die zuvor unterbliebene Zustellung des Urteils sowie der Revisionsanträge und ihrer Begründung an den Nebenklagevertreter nachgeholt hatte, hat die Staatsanwaltschaft die Akten dem Senat übersandt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, den Beschluss der Jugendkammer vom 24. Januar 2011 auf die als sofortige Beschwerde zu wertende Eingabe des Angeklagten aufzuheben und die Sprungrevision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
- 6
Das als Sprungrevision zulässige Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendrichters des Amtsgerichts Mayen vom 17. November 2010 hat in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.
- 7
1. Das Rechtsmittel ist als Sprungrevision zulässig (§§ 335 Abs. 1, 313 StPO).
- 8
Die Sprungrevision ist auch in den Fällen uneingeschränkt zulässig, in denen eine Berufung des Angeklagten der Annahme gemäß § 313 StPO bedürfte (BGHSt 40, 395<397>; Senat, Beschluss 1 Ss 269/99 vom 04.11.1999; BayObLG StV 1993, 572; 1994, 238;OLG Zweibrücken StV 1994, 119; OLG Karlsruhe StV 1994, 292; NStZ 1995, 562; OLG Düsseldorf VRS 88, 188; OLG Stuttgart Justiz 1995, 414; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 174; KG NStZ-RR 1999, 146; OLG Hamm NJW 2003, 3286 <3287>; OLG Celle NJW-Spezial 2008, 633). Der Begriff „zulässig“ in § 335 Abs. 1 StPO ist im Sinne von „statthaft“ zu verstehen.
- 9
Der Beschluss der Jugendkammer, durch den „die Berufung“ des Angeklagten wegen Nichtvorliegens der Annahmevoraussetzungen des § 313 Abs. 2 Satz 1 StPO als unzulässig verworfen wurde, ist gegenstandlos (BayObLG StV 1994, 238). Denn der Angeklagte hat zu keinem Zeitpunkt Berufung eingelegt. Die innerhalb der Wochenfrist (§§ 314 Abs. 1, 341 Abs. 1 StPO) formgerecht angebrachte unbestimmte Anfechtung ist rechtzeitig innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 StPO) als Sprungrevision bezeichnet und begründet worden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl. § 335 Rn. 3 m.w.N). Erst danach hat die Berufungskammer die Nichtannahmeentscheidung getroffen. Ob der Nichtannahmebeschluss auch dann ohne weiteres gegenstandlos wäre, wenn das Berufungsgericht unzulässigerweise vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist über die Nichtannahme entschieden und der Angeklagte erst anschließend endgültig die Sprungrevision gewählt hätte (so KG NStZ-RR 1999, 146 und OLG Frankfurt NStZ-RR 2003, 53; a.A. BayObLG StV 1994, 364 und Senat, Beschluss 1 Ss 269/99 vom 04.11.1999 für Fälle, in denen der Angeklagte sein Rechtsmittel zunächst als Berufung und erst nach der Nichtannahmeentscheidung, jedoch innerhalb der Revisionsbegründungsfrist als Sprungrevision bezeichnet hatte), bedarf hier keiner Entscheidung. Zur Klarstellung hebt der Senat den Beschluss des Berufungsgerichts auf (BayObLG und KG a.a.O.), auf dessen Grundlage das angefochtene Urteil fälschlicherweise einen Rechtskraftvermerk erhalten hat.
- 10
Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft bedarf es bei dieser Sachlage keiner Auslegung des von der Verteidigung vorsorglich gestellten Aufhebungsantrags als sofortige Beschwerde, da das Revisionsgericht ohnehin über die form- und fristgerecht eingelegte Revision zu entscheiden hat. Ein Bedürfnis für ein gesondertes Beschwerdeverfahren gegen die Nichtannahmeentscheidung des Berufungsgerichts besteht regelmäßig nur dann, wenn das Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil nicht als Sprungrevision bezeichnet worden ist. In diesen Fällen wird die sofortige Beschwerde entgegen § 322a Satz 2 StPO und in analoger Anwendung des § 322 Abs. 2 StPO für statthaft erachtet, wenn die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 StPO, unter denen über die Annahme der (endgültig gewählten) Berufung zu entscheiden ist, tatsächlich gar nicht vorgelegen haben (OLG Koblenz NStZ 1994, 601; OLG Zweibrücken NStZ 1994, 601; NStZ-RR 2002, 245; OLG Stuttgart Justiz 1999, 494; OLG Hamburg JR 1999, 479; OLG Hamm NStZ-RR 2006, 346; Meyer-Goßner a.a.O. § 322a Rn. 8 m.w.N.;).
- 11
2. Die Revision ist auch begründet. Sie führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere als Jugendrichter zuständige Abteilung desselben Amtsgerichts.
- 12
a) Der Schuldspruch ist nicht frei von Rechtsfehlern.
- 13
aa) Nach den Urteilsfeststellungen ging der Angeklagte am frühen Morgen des 11. Oktober 2009 nach einem Gaststättenbesuch in Mayen zusammen mit seiner Freundin und zwei Freunden in Richtung seines Fahrzeugs. Vor ihnen ging eine weitere Personengruppe, zu der der Nebenkläger gehörte. Zum eigentlichen Tatgeschehen führt das Urteil sodann folgendes aus:
- 14
„Zwischen dieser Personengruppe kam es dann zu einer Streiterei, in die der Angeklagte glaubte sich einmischen zu müssen. Dem Zeugen U. schlug er mit der rechten Hand auf die linke Backe, ohne dass es hierzu eine Veranlassung gegeben hätte. Der Zeuge U. hatte nach dem Gerangel eine blutende Wunde im Gesicht bzw. am Kopf, die ärztlich versorgt werden musste.“
- 15
Die Beweiswürdigung lautet wie folgt:
- 16
„Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, sowie den Aussagen der ausweislich des Sitzungsprotokolls vernommenen Zeugen und den im Übrigen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten und verlesenen Urkunden.
- 17
Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, dass er eine Schlägerei, die sich vor ihm und seinen Freunden ereignet habe, habe schlichten wollen. Er sei eingeschritten, um die Streitenden auseinander zu nehmen. Anscheinend habe der Zeuge U. geglaubt, dass er ihn attackieren wolle und sei mit drohender Gebärde auf ihn zugekommen. Dies sei für ihn Anlass gewesen, ihm ins Gesicht zu schlagen, um ihn wieder ‘runterzuholen’.
- 18
Das Ergebnis der Beweisaufnahme hat jedoch erbracht, dass für den Angeklagten keinerlei Notwehrlage vorgelegen hat. Aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, selbst der Freundin des Angeklagten, sah das Gericht deshalb den vom Angeklagten getätigten Schlag als nicht gerechtfertigt an.“
- 19
bb) Die Feststellungen sind bereits lückenhaft. Sie lassen den Schuldumfang nicht erkennen. Es bleibt völlig offen, ob die blutende Verletzung des Nebenklägers auf den Schlag des Angeklagten zurückzuführen ist. Die Beschreibung, wo sich diese Verletzung befunden hat, bleibt völlig unbestimmt. Deshalb kann auch aus ihrer Lokalisierung nicht darauf geschlossen werden, der Tatrichter habe zum Ausdruck bringen wollen, sie sei durch den Schlag auf die Wange entstanden. Es bleibt auch unklar, welches „Gerangel“ gemeint ist, in dessen Anschluss der Nebenkläger die Verletzung aufwies.
- 20
cc) Auch die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Ausführungen zur fehlenden Notwehrsituation sind völlig allgemein gehalten und werden den Mindestanforderungen nicht gerecht, die an die Urteilsgründe zu stellen sind. Ähnlich einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (NStZ 1993, 501 = StV 1994, 7 = BGHR StPO § 267 Abs 2 Umstände 1) könnten auch die hier vorliegenden Ausführungen als „Textbaustein“ in jedem Fall verwendet werden, in dem die Notwehreinlassung des Angeklagten durch Zeugenaussagen widerlegt wird. Die sachlichrechtliche Begründungspflicht erfordert aber Darlegungen, die die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung auf ihre Richtigkeit ermöglichen (BGH a.a.O. m.w.N.). Das bedeutet, dass die vom Angeklagten behauptete Situation, in der er sich zu einem Einschreiten in die von ihm behauptete Schlägerei (in den Feststellungen ist demgegenüber der Begriff „Streiterei“ gebraucht, der völlig offen lässt, ob es innerhalb der anderen Personengruppe zu einer tätlichen Auseinandersetzung kam) und schließlich zu einem Schlag auf die Wange des Nebenklägers entschlossen hat, konkret wiederzugeben ist. Die ihr entgegenstehenden Zeugenaussagen dürfen nicht nur als zusammenfassende rechtliche Wertung „keinerlei Notwehrlage“ abgehandelt werden. Entscheidend ist vielmehr der genaue Geschehensablauf, den die Zeugen geschildert haben. So genannte „Rechtstatsachen“ wie der Notwehrbegriff beinhalten lediglich eine zusammenfassende Bewertung zugrunde liegender Tatsachen mit einem Rechtsbegriff. Die Beweiswürdigung muss sich indes mit konkreten Tatsachen auseinandersetzen (BGH a.a.O m.w.N.). Deshalb sind auch die sich aus den Zeugenaussagen ergebenden Tatsachen nachprüfbar niederzulegen und zu würdigen.
- 21
b) Auch die Strafzumessung ist rechtsfehlerhaft. Die Jugendrichterin hat ohne jegliche Begründung auf den zur Tatzeit 19 Jahre alten Angeklagten allgemeines Strafrecht angewendet. Mit den Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 JGG, die zur Anwendung von Jugendstrafrecht führen, findet keinerlei Auseinandersetzung statt.
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(1) Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
(2) Die Berufung wird angenommen, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet ist. Andernfalls wird die Berufung als unzulässig verworfen.
(3) Die Berufung gegen ein auf Geldbuße, Freispruch oder Einstellung wegen einer Ordnungswidrigkeit lautendes Urteil ist stets anzunehmen, wenn die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zulässig oder nach § 80 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuzulassen wäre. Im übrigen findet Absatz 2 Anwendung.
(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.
(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.
(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.
(1) Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
(2) Die Berufung wird angenommen, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet ist. Andernfalls wird die Berufung als unzulässig verworfen.
(3) Die Berufung gegen ein auf Geldbuße, Freispruch oder Einstellung wegen einer Ordnungswidrigkeit lautendes Urteil ist stets anzunehmen, wenn die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zulässig oder nach § 80 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuzulassen wäre. Im übrigen findet Absatz 2 Anwendung.
(1) Ein Urteil, gegen das Berufung zulässig ist, kann statt mit Berufung mit Revision angefochten werden.
(2) Über die Revision entscheidet das Gericht, das zur Entscheidung berufen wäre, wenn die Revision nach durchgeführter Berufung eingelegt worden wäre.
(3) Legt gegen das Urteil ein Beteiligter Revision und ein anderer Berufung ein, so wird, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, die rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Revision als Berufung behandelt. Die Revisionsanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form und Frist anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347). Gegen das Berufungsurteil ist Revision nach den allgemein geltenden Vorschriften zulässig.
(1) Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
(2) Die Berufung wird angenommen, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet ist. Andernfalls wird die Berufung als unzulässig verworfen.
(3) Die Berufung gegen ein auf Geldbuße, Freispruch oder Einstellung wegen einer Ordnungswidrigkeit lautendes Urteil ist stets anzunehmen, wenn die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zulässig oder nach § 80 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuzulassen wäre. Im übrigen findet Absatz 2 Anwendung.
(1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.
(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 428 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.
(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.
(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.
Über die Annahme einer Berufung (§ 313) entscheidet das Berufungsgericht durch Beschluß. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Der Beschluß, mit dem die Berufung angenommen wird, bedarf keiner Begründung.
(1) Erachtet das Berufungsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Berufung nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. Andernfalls entscheidet es darüber durch Urteil; § 322a bleibt unberührt.
(2) Der Beschluß kann mit sofortiger Beschwerde angefochten werden.
(1) Ist der Angeklagte zu einer Geldstrafe von nicht mehr als fünfzehn Tagessätzen verurteilt worden, beträgt im Falle einer Verwarnung die vorbehaltene Strafe nicht mehr als fünfzehn Tagessätze oder ist eine Verurteilung zu einer Geldbuße erfolgt, so ist die Berufung nur zulässig, wenn sie angenommen wird. Das gleiche gilt, wenn der Angeklagte freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von nicht mehr als dreißig Tagessätzen beantragt hatte.
(2) Die Berufung wird angenommen, wenn sie nicht offensichtlich unbegründet ist. Andernfalls wird die Berufung als unzulässig verworfen.
(3) Die Berufung gegen ein auf Geldbuße, Freispruch oder Einstellung wegen einer Ordnungswidrigkeit lautendes Urteil ist stets anzunehmen, wenn die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zulässig oder nach § 80 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten zuzulassen wäre. Im übrigen findet Absatz 2 Anwendung.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.