Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Jan. 2014 - 2 Ws 449/13

published on 29/01/2014 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Jan. 2014 - 2 Ws 449/13
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Tenor

Die sofortige Beschwerde des Sicherungsverwahrten gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - F. vom 18. Oktober 2013 wird kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

 
I.
Der mittlerweile 58 Jahre alte, seit dem 20.06.2002 ununterbrochen inhaftierte W. R. wurde durch Urteil des Landgerichts F. vom 23.05.2003, rechtskräftig seit dem 05.11.2003, wegen gefährlicher Körperverletzung, vorsätzlicher Körperverletzung und Diebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Zugleich wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
Nach der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe in der JVA B. wurde der Sicherungsverwahrte am 28.02.2008 in die JVA F. verlegt, in der seither die Maßregel vollzogen wird.
Durch Beschluss vom 18.10.2013 ordnete die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts die Fortdauer des Maßregelvollzugs an. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Sicherungsverwahrten, mit der er im Wesentlichen geltend macht, der Vollzug der Sicherungsverwahrung in der JVA F. entspreche nicht den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist - im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
1. Voraussetzung für die Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in einer Maßregel zur Bewährung gemäß § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB in der - nach Art. 316f Abs. 2 Satz 1 EGStGB maßgeblichen - bis zum 31.05.2013 gültigen Fassung ist, dass aufgrund einer Gesamtwürdigung des Untergebrachten und seiner Taten die Gefahr der Begehung erheblicher Taten, namentlich solcher, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24.10.2013 - 2 Ws 382/13 und vom 16.12.2013 - 2 Ws 405/13). Dies ist derzeit nicht der Fall. Vielmehr besteht unter Berücksichtigung der Lebensgeschichte des Sicherungsverwahrten, insbesondere seiner Delinquenz, sowie seiner Persönlichkeit und seiner Entwicklung im Straf- und Maßregelvollzug für den Fall seiner Entlassung aus dem Vollzug der Sicherungsverwahrung weiterhin ein überwiegendes Rückfallrisiko für erneute Gewalttaten mit schweren bis hin zu tödlichen Verletzungsfolgen.
- Der Sicherungsverwahrte war vor der Anlassverurteilung bereits in jungen Jahren und vielfach durch teilweise massive, auch tötungsnahe Gewaltdelikte aufgefallen und insgesamt ca. 15 Jahre lang inhaftiert gewesen. 11 der 21 Vorverurteilungen hatten oftmals unter Alkoholeinfluss begangene Körperverletzungs- bzw. ein versuchtes Tötungsdelikt zum Gegenstand, durch die die Opfer teilweise schwer verletzt wurden, vor allem im Schädelbereich. Die schwerwiegendste Vortat beging der Verurteilte am 12.02.1990 zum Nachteil seiner Ehefrau und der Schwiegereltern, denen er in Tötungsabsicht einen schächtungsartigen Schnitt am Hals bzw. wuchtige Messerstiche in die Brust versetzte. Wegen dieser Tat verurteilte ihn das Landgericht T. am 17.09.1990 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu der Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten, die er vollständig verbüßte. Nach der Haftentlassung folgten weitere Verurteilungen, auch wegen vorsätzlicher Körperverletzung.
- Nach den Urteilsfeststellungen zur Anlasstat misshandelte der alkoholisierte Angeklagte, der wegen einer einschlägigen Gewalttat unter Bewährung stand, am 01.09.2001 nach einem vorausgegangenen Streit eine Bekannte mit mehreren gezielten Schlägen ins Gesicht, die unter anderem zu knöchernen Verletzungen führten. Am 17.06.2002 schlug der wiederum alkoholisierte Angeklagte eine Drogenabhängige, die er in seinen Unterschlupf gelockt hatte, nach deren Weigerung, mit ihm sexuell zu verkehren, mehrfach heftig ins Gesicht und verursachte dadurch u. a. eine Nasenbeintrümmerfraktur. Zudem würgte er sein Opfer beidhändig bis zur Bewusstlosigkeit, es bestand konkrete Todesgefahr. Anschließend entwendete er seinem bewusstlosen Opfer aufgrund neugefassten Willensentschlusses das Mobiltelefon.
Bei den Taten war die Steuerungsfähigkeit des Verurteilten aufgrund der bestehenden Alkoholisierung in Verbindung mit der bei ihm diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung sowie einer schweren Persönlichkeitsentwicklungsstörung, die beide zusammen genommen zur Annahme einer schweren anderen seelischen Abartigkeit i. S. d. § 20 StGB führten, nicht ausschließbar erheblich vermindert.
Aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. W. ging die Kammer davon aus, dass ein Hang zu vorsätzlichen Straftaten gegen die körperliche Integrität anderer mit teilweise gravierenden Folgen bestehe. Der Hang wurde begründet mit der über 3 Jahrzehnte hinweg in diesem Bereich immer wieder aufgetretenen, durch hohe Impulsivität gekennzeichneten und mit schweren Folgen verbundenen Delinquenz des Angeklagten. Für die künftige Gefährlichkeit spreche, dass die psychische Disposition des Angeklagten - Impulsivität, Externalisierung von Verantwortung, Empathiemangel, fehlende Beeindruckbarkeit durch Bestrafung - erneute Gewalttaten begünstige und der jahrelange chronische Alkoholmissbrauch, der mittlerweile das Maß einer Abhängigkeit erreicht habe, ebenfalls tatfördernd sei. Hinzu komme, dass der Angeklagte aufgrund der genannten Persönlichkeitsstörungen und jahrelanger Gefängnisaufenthalte sozial desintegriert sei. Dies und die Lebensbedingungen im sozial randständigen Milieu ließen es als unwahrscheinlich erscheinen, dass es außerhalb des Strafvollzugs zu (positiven) Verhaltensänderungen kommen könne.
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- Der Vollzugsverlauf in der Vollzugsanstalt B. war unauffällig, nennenswerte Behandlungsmaßnahmen, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, fanden allerdings ebenso wenig statt wie eine berufliche Ausbildung, was überwiegend am mangelnden Engagement des Verurteilten lag. Nach der Verlegung des Verurteilten in die JVA F. war das Vollzugsverhalten ebenfalls beanstandungsfrei und durch einen unauffälligen Verlauf geprägt, wobei der Verurteilte zunächst Einsicht in die Notwendigkeit einer Sozialtherapie gewann und deshalb zur Diagnose in der Vollzugsanstalt B. (STO) angemeldet wurde. Der vom 03.05.2010 - 12.08.2010 dauernde Aufenthalt in der STO erbracht kein abschließendes Ergebnis, weil der Verurteilte auf seine Rückverlegung in die JVA F. bestand. Dem Rückverlegungsbericht der STO vom 21.02.2011 ist zu entnehmen, dass bei dem bestehenden außerordentlich hohen Rückfallrisiko eine Sozialtherapie indiziert sei, die der Verurteilte auch machen wolle. Die Therapieeignung sei aufgrund des beeinträchtigten Vermögens zur kritischen Selbstreflektion und Introspektion, einer schwer ausgeprägten Psychopathy nach Hare, vor allem aber aufgrund der durch diverse Testverfahren festgestellten sehr geringen kognitiven Leistungsfähigkeit zu bezweifeln, so dass weitere Tests zur präziseren Einschätzung seiner Fähigkeiten erforderlich seien. Der Verurteilte sei jedoch mit einer Verlängerung der Diagnosephase nicht einverstanden gewesen und habe auf Rückverlegung bestanden.
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Zur Vorbereitung der Überprüfungsentscheidung erstattete Prof. Dr. N. am 18.05.2012 ein kriminalprognostisches Gutachten. Der Sachverständige diagnostizierte wie die Vorgutachter eine dissoziale Persönlichkeitsstörung, die gekennzeichnet sei durch einen Mangel an Empathie, Egozentrizität, geringe Frustrationstoleranz, vermindertes Verantwortungsgefühl, Missachtung sozialer und rechtlicher Normen sowie die Unfähigkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen. Zudem liege zumindest ein Alkoholmissbrauch, differentialdiagnostisch auch ein Abhängigkeitssyndrom bei derzeitiger Abstinenz vor. Die testpsychologische Zusatzuntersuchung habe zudem eine unterdurchschnittliche Intelligenz (IQ 84) ergeben und deutliche Hinweise auf eine wahrscheinlich auf jahrelangen Alkoholabusus zurückzuführende, fortschreitende Frontalhirnschädigung erbracht, die ein dysexekutives Syndrom zur Folge habe. Dieses sei gekennzeichnet durch eine Störung bzw. Aufhebung der zentralen Handlungskontrolle und erschwere insbesondere eine adäquate Reaktion in sozialen Situationen. Die prädeliktische Persönlichkeit weise im Hinblick auf frühe Delinquenz, instabile Erwerbsverhältnisse, zunehmenden Alkoholkonsum ab dem präpubertären Alter, zahlreiche Bewährungsverstöße und Rückfälligkeit innerhalb der Bewährungszeiten eine äußerst ungünstige Struktur auf. Die Betrachtung der dynamischen Risikovariablen ergebe, dass Krankheitseinsicht, Therapiemotivation, selbstkritischer Umgang mit der bisherigen Delinquenz sowie eine Besserung der psychopathologischen Auffälligkeiten nur in begrenztem Maß zu verzeichnen seien. Insbesondere habe der Sicherungsverwahrte nicht gelernt, mit seinen störungsbedingten Defiziten umzugehen, frühe Warnsignale für Rückfälle zu erkennen und ihnen adäquat entgegenzutreten. Ein sozialer Empfangsraum fehle gänzlich. Die zusammenfassende Bewertung des Sachverständigen ergab für den Fall der Entlassung eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für erneute schwere Gewaltstraftaten.
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Im Vollzugsverlauf nach der Fortdauerentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 22.11.2012 zeigten sich keine wesentlichen Veränderungen. Nach der Stellungnahme der Vollzugsanstalt F. vom 30.07.2013 wurde der Sicherungsverwahrte wegen mangelnder Therapiebereitschaft bzw. der Ablehnung der Teilnahme an Wohngruppensitzungen mit seinem Einverständnis aus dem verpflichtenden Wohngruppenvollzug der Station 3 abgelöst und auf Station 1 verlegt. Die seit Sommer 2012 stattfinden einzeltherapeutische Gespräche hätten nicht zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Straftaten geführt; Opferempathie oder Reue sei kaum zu erkennen, dagegen Bagatellisierungstendenzen. Die ihm in der Vollzugsplankonferenz vom 03.06.2013 nahegelegten gruppentherapeutischen Maßnahmen zur Förderung des Kommunikationsverhaltens, zum Erlernen von Strategien im Umgang mit Ärger/Enttäuschung, der Impulskontrolle sowie der Alkoholrückfallprävention habe der Sicherungsverwahrte, der lediglich die Einzelgespräche fortführen wolle, abgelehnt.
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Aufgrund dieses Verlaufs geht der Senat davon aus, dass sich das Rückfallrisiko nicht entscheidend verbessert hat. Vielmehr bedeutet der Rückzug des Sicherungsverwahrten aus dem verpflichtenden Wohngruppenvollzug und den damit verbundenen Gruppensitzungen, in deren Rahmen zumindest ansatzweise seine soziale Kompetenz und Frustrationstoleranz gestärkt werden könnte, einen Rückschritt in der Entwicklung. Es ist daher nach wie vor festzustellen, dass - wie zuletzt vom Sachverständigen Prof. Dr. N. dargelegt - die ungünstigen Risikofaktoren deutlich überwiegen. Dass der vom Sicherungsverwahrten ausgehenden erheblichen Gefahr erneuter Gewalttaten mit schweren Folgen durch Maßnahmen der Führungsaufsicht ausreichend begegnet werden kann, ist aufgrund des bislang weitgehenden Fehlens eigener Fähigkeiten des Sicherungsverwahrten, Gefahren zu erkennen und ihnen angemessen entgegenzusteuern, derzeit auszuschließen. Eine bedingte Entlassung nach § 67d Abs. 2 S. 1 StGB kommt daher nicht in Betracht.
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2. Die Vollstreckung der Maßregel ist auch nicht gemäß § 67d Abs. 2 Satz 2 StGB in der seit dem 01.06.2013 geltenden Fassung, die gemäß Art. 316f Abs. 3 Satz 1 EGStGB vorliegend Anwendung findet, zur Bewährung auszusetzen. Nach dieser Vorschrift erfolgt die Aussetzung zur Bewährung - unabhängig vom Fortbestehen der Gefährlichkeit des Sicherungsverwahrten -, wenn die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht binnen einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinn des § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB angeboten worden ist. Von einem unzureichenden Betreuungsangebot ist hier nicht auszugehen. Aus der Fortschreibung des Vollzugsplans vom 03.06.2013, an der der Sicherungsverwahrte entgegen seinem Vorbringen durchaus beteiligt wurde, ergibt sich, dass der Sicherungsverwahrte die ihm in der Vollzugsplankonferenz nahegelegten gruppentherapeutischen Maßnahmen zur Förderung des Kommunikationsverhaltens, zum Erlernen von Strategien im Umgang mit Ärger/Enttäuschung, der Impulskontrolle sowie der Alkoholrückfallprävention abgelehnt hat. Damit hat er sich den nach jetzigem Sachstand am aussichtsreichsten erscheinenden Maßnahmen - eine intensivere Sozialtherapie ist nach dem Gutachten Prof. Dr. N. aufgrund der eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten des Sicherungsverwahrten nicht mehr erfolgversprechend - verweigert. In den weiterhin angebotenen therapeutischen Einzelgesprächen, die der Sicherungsverwahrte aus eigenem Antrieb auch wahrnimmt, besteht deshalb derzeit die einzige Möglichkeit, einen therapeutischen Prozess auf niedrigem Niveau aufrechtzuerhalten und den Sicherungsverwahrten zur Aufnahme gruppentherapeutischer Maßnahmen zu bewegen. Entgegen der Beschwerdebegründung wird der Sicherungsverwahrte daher nicht lediglich verwahrt. Dafür, dass sachgerechte Angebote auch tatsächlich angenommen werden, hat die Vollzugsanstalt nicht die Gewähr zu übernehmen (vgl. Gesetzentwurf zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebots im Recht der Sicherungsverwahrung BT-Drs. 17/9874 S. 15).
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3. Schließlich kann auch das Beschwerdevorbringen, der Vollzug der Sicherungsverwahrung in der JVA F. widerspreche in maßgeblicher Weise den verfassungsrechtlichen und daraus abgeleiteten einfachgesetzlichen Vorgaben, so dass die Maßregel nicht weiter vollstreckt werden dürfe, dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Der Senat hat auf die Einwendungen des Sicherungsverwahrten, die die Einhaltung des Abstandsgebot, insbesondere des sich daraus ergebenden Trennungsgebots (vgl. BVerfG Urteil vom 04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 - in juris Rn. 113f.) betreffen, geprüft, ob das Gesamtkonzept des Vollzugs der Sicherungsverwahrung in der JVA F. grundsätzlich den Vorgaben genügt. Diese Überprüfung hat ergeben, dass keine durchgreifenden Mängel bestehen.
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In der Stellungnahme der Vollzugsanstalt F. vom 20.11.2013, wurden die Einzelheiten des Sicherungsverwahrungsvollzugs dargestellt.
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Daraus ergibt sich zunächst, dass die Unterbringung der Sicherungsverwahrten, von der der Senat sich im Rahmen eines Besuchs am 04.12.2013 einen Eindruck verschafft hat, getrennt von Straf- und Untersuchungsgefangenen in einem gesonderten Gebäudeteil erfolgt. Dieser ist von der Hauptanstalt, in der sich die Strafgefangenen und einige Untersuchungsgefangene befinden, baulich deutlich abgetrennt und lässt einen wechselseitigen Zugang der Insassen ohne Vollzugsbedienstete nicht zu. Die SV-Abteilung besteht aus vier Stockwerksstationen, wobei jede Station u. a. über einen Aufenthaltsraum, eine Küche und eine von innen abschließbare Stockwerksdusche verfügt. Der ca. 800 qm große, teilweise begrünte Außenbereich befindet sich auf dem Anstaltsgelände direkt vor der SV-Abteilung und ist durch eine hohe Mauer u.a. gegen Blicke, Überwürfe oder Zurufe von den Wohnbereichen der Hauptanstalt abgeschirmt.
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In der SV-Abteilung werden die Untergebrachten durch ein aus Fachdiensten der Justizvollzugsanstalt und dem Allgemeinen Vollzugsdienst gebildetes Behandlungsteam betreut. Jedem Sicherungsverwahrten wird ein Mitglied des Psychologischen Dienstes zugeordnet, der ihm eine Einzelpsychotherapie anbietet. Jedem Sicherungsverwahrten wird auch ein Mitglied des Sozialdienstes zugeordnet. Der Sozialdienst bietet u.a. milieutherapeutische Angebote auf den Stockwerken an. Je nach Behandlungsbedarf sind die Sicherungsverwahrten auf einer Zugangs- und Orientierungsstation in der Station 1, auf der Station 2 für derzeit gefährliche und gemeinschaftsunfähige Personen (sog. Individualbetreuungsstation) oder auf den zwei Stationen 3 und 4 mit verpflichtendem Wohngruppenvollzug - eine zur Motivation und zur Förderung sozialer Kompetenz und eine für Tataufarbeitung und Entlassorientierung - zur jeweils individuellen Betreuung untergebracht. Seit September des Jahres 2012 findet auf den Stationen - mit Ausnahme der Individualstation - einmal wöchentlich eine behandlungsorientierte Stationsgruppe statt. Neben regelmäßigen psychotherapeutischen Gesprächsangeboten zur Durchführung einer Einzeltherapie sowie einmal wöchentlich stattfindenden behandlungsorientierten Stationsgruppen werden deliktspezifische Therapiegruppen für Sexual- und Gewaltstraftäter angeboten. Die meisten Untergebrachten erhalten mittlerweile regelmäßig psychotherapeutische Gesprächsangebote zur Durchführung einer Einzeltherapie. Weiterhin können die Sicherungsverwahrten an Arbeits-, Kunst- und Bewegungstherapien sowie am Sozialen Kompetenztraining teilnehmen. Zudem besteht für die Untergebrachten die Möglichkeit der Teilnahme an milieutherapeutischen Einzelmaßnahmen wie gemeinsamem Kochen, Spielabenden oder einem Hofgartenprojekt.
19 
Die Motivierung der Sicherungsverwahrten zur Mitarbeit in der Behandlung und der Auseinandersetzung mit ihren deliktfördernden Einstellungen und Handlungen erfolgt grundsätzlich in den oben erwähnten Behandlungsmaßnahmen. Darüber hinaus erfolgt die Motivierung auf zwei Ebenen: Alle Mitarbeiter der SV-Abteilung, die Fachdienste und vor allem auch der AVD und der Arbeitstherapeut, suchen den Kontakt und das Gespräch im Stations- und Arbeitsalltag mit einer annehmenden und interessierten Haltung, um Vertrauen und Kooperation sowie Bereitschaft für eine weitergehende Behandlung bei den Untergebrachten zu wecken. Die zweite Ebene besteht in einem gemeinsamen Handeln von Bediensteten und Untergebrachten mit begleitenden Gesprächen, z. B. beim gemeinsamem Essen, teilweise mit gemeinsamem Kochen, beim gemeinsamen Spielen und beim gemeinsamen Basteln z. B. vor Ostern oder Weihnachten. Der Motivierung aber auch der sozialtherapeutischen Behandlung dient der jetzt begonnene Aufbau der Bezugsbetreuung durch den AVD. Den Sicherungsverwahrten wird ein Mitglied des AVD (zu dem bereits ein zufriedenstellender Kontakt besteht) zugeordnet, der seine Geschichte und aktuelle Situation gut kennt und der für ihn Ansprechpartner für alle Gesprächsthemen ist.
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Für die Bereiche Arbeit und Bildung wird - abgesehen von der Arbeitstherapie - die umfangreiche Infrastruktur der Hauptanstalt genutzt, wobei die Sicherungsverwahrten einerseits, um einen Anreiz zur Aufnahme einer Beschäftigung zu schaffen, bei Untätigkeit und zusätzlich bestehender Bedürftigkeit lediglich ein Taschengeld in Höhe von 24 Prozent der durchschnittlichen Arbeitsvergütung erhalten. Andererseits beziehen freiwillig arbeitende Sicherungsverwahrte, um die Motivation zur Mitwirkung an einer Behandlung einer etwa bestehenden psychischen oder psychiatrischen Problematik zu stärken, für die Zeit der Teilnahme an therapeutischen Behandlungsmaßnahmen weiterhin ihre Arbeitsvergütung.
21 
Nach Auffassung des Senats ist das dargestellte Konzept zur Betreuung und Motivierung der Sicherungsverwahrten grundsätzlich nicht zu beanstanden.
22 
Der Stellungnahme der Vollzugsanstalt F. ist zudem im Detail zu entnehmen, dass die Sicherungsverwahrten gegenüber Strafgefangenen insbesondere im Hinblick auf Haftraumgröße, Haftraumausstattung, Aufschluss- und Aufenthaltszeiten im Freien, Möglichkeiten zur eigenständigen Lebensgestaltung einschließlich Selbstverpflegung, Einkaufs- und Paketempfangsmöglichkeiten, Besuchsmöglichkeiten, Arbeitseinkommen und Taschengeld deutlich besser gestellt sind. Soweit der Sicherungsverwahrte auf einzelne Gesichtspunkte wie z. B. die mangelhafte Ausstattung mit Sportgeräten hinweist, um eine Schlechterstellung gegenüber dem Strafvollzug zu belegen, verkennt er, dass es auf eine Gesamtbetrachtung ankommt und eine Benachteiligung in Randbereichen bei ansonsten überwiegend erheblicher Besserstellung nicht zu der Annahme führt, das Abstandsgebot sei verletzt. Ebenfalls ohne Erfolg rügt der Sicherungsverwahrte eine Verletzung des Trennungsgebots. Dass eine partielle Anbindung an den Strafvollzug in der Hauptanstalt besteht, um das Angebot für die Sicherungsverwahrten in den Bereichen Freizeitgestaltung, Arbeit und Bildung zu erweitern, ist nicht zu beanstanden (BVerfG a.a.O. Rn. 115).
23 
Die nach der pauschalen Behauptung des Sicherungsverwahrten angeblich günstigeren Modalitäten des Sicherungsverwahrungsvollzugs in Hamburg sind nicht geeignet, Mängel des Vollzugs in der JVA F. zu begründen. Die Umsetzung des Abstandsgebots einschließlich des Ausmaßes der Besserstellung gegenüber dem Strafvollzug wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht bis ins Detail vorgegeben, so dass den jeweiligen Landesgesetzgebern insofern ein Gestaltungsspielraum zukam (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 130; BVerfGE 109, 133 - in juris Rn. 122). Dass bei der Ausfüllung dieses Spielraums Unterschiede entstehen können, liegt in der Natur der Sache.
24 
Das - bislang angeblich „ignorierte“ - Begehren des Sicherungsverwahrten nach Hamburg verlegt zu werden, kann nicht im Verfahren nach §§ 463, 454 StPO, sondern nur mit den Rechtsschutzmöglichkeiten nach dem StVollzG geltend gemacht werden. Ein dahingehender Antrag war im Übrigen bereits Gegenstand eines solchen Verfahrens nach §§ 109, 130 StVollzG, das durch Senatsbeschluss vom 10.10.2013 (2 Ws 310/13) - die vom Verteidiger eingelegte Rechtsbeschwerde wurde wegen Formmangels verworfen - abgeschlossen wurde. Die Strafvollstreckungskammer hat den in der mündlichen Anhörung am 27.09.2013 erneut gestellten Antrag auf Verlegung daher zu Recht zurückgewiesen.
25 
Die verfassungsrechtlichen sowie die einfachgesetzlichen Vorgaben an die Ausgestaltung des Sicherungsverwahrungsvollzugs, die in § 66c Abs. 1 Nr. 1a) StGB n. F. sowie im JVollzGBBW V Niederschlag gefunden haben, sind daher nach Auffassung des Senats im Wesentlichen erfüllt, wobei dem Vollzug im Hinblick auf das erst seit dem 01.06.2013 geltende neue Recht auch die Möglichkeit weiterer Verbesserungen zuzugestehen ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 04.09.2013 - 2 Ws 303/13).
26 
Das Rechtsmittel des Sicherungsverwahrten war daher als unbegründet zu verwerfen.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der
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published on 24/02/2017 00:00

Tenor 1. Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 30. September 2016 wird als unbegründet verworfen. 2. Der Justizvollzugsanstalt X wird zur Durchführung einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und Erstel
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Annotations

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die

1.
dem Untergebrachten auf der Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung anbieten,
a)
die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Untergebrachten zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind, und
b)
die zum Ziel hat, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann,
2.
eine Unterbringung gewährleisten,
a)
die den Untergebrachten so wenig wie möglich belastet, den Erfordernissen der Betreuung im Sinne von Nummer 1 entspricht und, soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen, den allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst ist, und
b)
die vom Strafvollzug getrennt in besonderen Gebäuden oder Abteilungen erfolgt, sofern nicht die Behandlung im Sinne von Nummer 1 ausnahmsweise etwas anderes erfordert, und
3.
zur Erreichung des in Nummer 1 Buchstabe b genannten Ziels
a)
vollzugsöffnende Maßnahmen gewähren und Entlassungsvorbereitungen treffen, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, der Untergebrachte werde sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen, sowie
b)
in enger Zusammenarbeit mit staatlichen oder freien Trägern eine nachsorgende Betreuung in Freiheit ermöglichen.

(2) Hat das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Urteil (§ 66), nach Vorbehalt (§ 66a Absatz 3) oder nachträglich (§ 66b) angeordnet oder sich eine solche Anordnung im Urteil vorbehalten (§ 66a Absatz 1 und 2), ist dem Täter schon im Strafvollzug eine Betreuung im Sinne von Absatz 1 Nummer 1, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, anzubieten mit dem Ziel, die Vollstreckung der Unterbringung (§ 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder deren Anordnung (§ 66a Absatz 3) möglichst entbehrlich zu machen.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Die Entscheidung, ob die Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden soll (§§ 57 bis 58 des Strafgesetzbuches) sowie die Entscheidung, daß vor Ablauf einer bestimmten Frist ein solcher Antrag des Verurteilten unzulässig ist, trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte und die Vollzugsanstalt sind zu hören. Der Verurteilte ist mündlich zu hören. Von der mündlichen Anhörung des Verurteilten kann abgesehen werden, wenn

1.
die Staatsanwaltschaft und die Vollzugsanstalt die Aussetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe befürworten und das Gericht die Aussetzung beabsichtigt,
2.
der Verurteilte die Aussetzung beantragt hat, zur Zeit der Antragstellung
a)
bei zeitiger Freiheitsstrafe noch nicht die Hälfte oder weniger als zwei Monate,
b)
bei lebenslanger Freiheitsstrafe weniger als dreizehn Jahre
der Strafe verbüßt hat und das Gericht den Antrag wegen verfrühter Antragstellung ablehnt oder
3.
der Antrag des Verurteilten unzulässig ist (§ 57 Abs. 7, § 57a Abs. 4 des Strafgesetzbuches).
Das Gericht entscheidet zugleich, ob eine Anrechnung nach § 43 Abs. 10 Nr. 3 des Strafvollzugsgesetzes ausgeschlossen wird.

(2) Das Gericht holt das Gutachten eines Sachverständigen über den Verurteilten ein, wenn es erwägt, die Vollstreckung des Restes

1.
der lebenslangen Freiheitsstrafe auszusetzen oder
2.
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren wegen einer Straftat der in § 66 Abs. 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches bezeichneten Art auszusetzen und nicht auszuschließen ist, daß Gründe der öffentlichen Sicherheit einer vorzeitigen Entlassung des Verurteilten entgegenstehen.
Das Gutachten hat sich namentlich zu der Frage zu äußern, ob bei dem Verurteilten keine Gefahr mehr besteht, daß dessen durch die Tat zutage getretene Gefährlichkeit fortbesteht. Der Sachverständige ist mündlich zu hören, wobei der Staatsanwaltschaft, dem Verurteilten, seinem Verteidiger und der Vollzugsanstalt Gelegenheit zur Mitwirkung zu geben ist. Das Gericht kann von der mündlichen Anhörung des Sachverständigen absehen, wenn der Verurteilte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft darauf verzichten.

(3) Gegen die Entscheidungen nach Absatz 1 ist sofortige Beschwerde zulässig. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Aussetzung des Strafrestes anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(4) Im Übrigen sind § 246a Absatz 2, § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden. Die Belehrung über die Aussetzung des Strafrestes wird mündlich erteilt; die Belehrung kann auch der Vollzugsanstalt übertragen werden. Die Belehrung soll unmittelbar vor der Entlassung erteilt werden.

(1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzuges oder des Vollzuges freiheitsentziehender Maßregeln der Besserung und Sicherung kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden.

(2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(3) Dient die vom Antragsteller begehrte oder angefochtene Maßnahme der Umsetzung des § 66c Absatz 1 des Strafgesetzbuches im Vollzug der Sicherungsverwahrung oder der ihr vorausgehenden Freiheitsstrafe, so ist dem Antragsteller für ein gerichtliches Verfahren von Amts wegen ein Rechtsanwalt beizuordnen, es sei denn, dass wegen der Einfachheit der Sach- und Rechtslage die Mitwirkung eines Rechtsanwalts nicht geboten erscheint oder es ersichtlich ist, dass der Antragsteller seine Rechte selbst ausreichend wahrnehmen kann. Über die Bestellung und einen Widerruf entscheidet der Vorsitzende des nach § 110 zuständigen Gerichts.

Für die Sicherungsverwahrung gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 3 bis 119 sowie 120 bis 126) entsprechend, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erfolgt in Einrichtungen, die

1.
dem Untergebrachten auf der Grundlage einer umfassenden Behandlungsuntersuchung und eines regelmäßig fortzuschreibenden Vollzugsplans eine Betreuung anbieten,
a)
die individuell und intensiv sowie geeignet ist, seine Mitwirkungsbereitschaft zu wecken und zu fördern, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die auf den Untergebrachten zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht Erfolg versprechend sind, und
b)
die zum Ziel hat, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann,
2.
eine Unterbringung gewährleisten,
a)
die den Untergebrachten so wenig wie möglich belastet, den Erfordernissen der Betreuung im Sinne von Nummer 1 entspricht und, soweit Sicherheitsbelange nicht entgegenstehen, den allgemeinen Lebensverhältnissen angepasst ist, und
b)
die vom Strafvollzug getrennt in besonderen Gebäuden oder Abteilungen erfolgt, sofern nicht die Behandlung im Sinne von Nummer 1 ausnahmsweise etwas anderes erfordert, und
3.
zur Erreichung des in Nummer 1 Buchstabe b genannten Ziels
a)
vollzugsöffnende Maßnahmen gewähren und Entlassungsvorbereitungen treffen, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen, insbesondere konkrete Anhaltspunkte die Gefahr begründen, der Untergebrachte werde sich dem Vollzug der Sicherungsverwahrung entziehen oder die Maßnahmen zur Begehung erheblicher Straftaten missbrauchen, sowie
b)
in enger Zusammenarbeit mit staatlichen oder freien Trägern eine nachsorgende Betreuung in Freiheit ermöglichen.

(2) Hat das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung im Urteil (§ 66), nach Vorbehalt (§ 66a Absatz 3) oder nachträglich (§ 66b) angeordnet oder sich eine solche Anordnung im Urteil vorbehalten (§ 66a Absatz 1 und 2), ist dem Täter schon im Strafvollzug eine Betreuung im Sinne von Absatz 1 Nummer 1, insbesondere eine sozialtherapeutische Behandlung, anzubieten mit dem Ziel, die Vollstreckung der Unterbringung (§ 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) oder deren Anordnung (§ 66a Absatz 3) möglichst entbehrlich zu machen.