Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Konstanz vom 07.02.2014 (6 F 241/13) aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

Gründe

 
I.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2014 die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Sie hat dazu eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Auf dieser sind unter der Rubrik „Bank-, Giro-, Sparkonten und dergleichen?“ lediglich zwei Konten bei der Sparkasse S. angegeben. Noch im Verhandlungstermin hat das Gericht ihr die Vorlage weiterer, im Einzelnen bezeichneter Unterlagen aufgegeben. Solche wurden mit Schriftsatz vom 06.02.2014 vorgelegt.
In der Akte zur Verfahrenskostenhilfe befindet sich die Kopie eines Schriftsatzes der gegnerischen Verfahrensbevollmächtigten vom 31.01.2014 aus dem Parallelverfahren 6 F 242/13, in dem darauf hingewiesen wird, dass die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 24.01.2014 versichert habe, „kein weiteres Konto und schon gar kein Konto in der Schweiz“ zu haben. Entsprechender Vortrag ist auch im vorliegenden Verfahren mit Schriftsatz vom gleichen Tage (Hauptakte As. 103) erfolgt.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.01.2014 die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. Die Antragsgegnerin habe falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht, indem sie ein Konto bei der Raiffeisenbank in der Schweiz verschwiegen habe. Das Gericht verweist auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 124 ZPO (BGH v. 10.10.2012 - IV ZB 16/12, FamRZ 2013, 124).
Gegen den ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 12.02.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 21.02.2014 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie sei tatsächlich Inhaberin eines Kontos bei der Raiffeisenbank …. Ihr Arbeitgeber bestehe darauf, ihr Gehalt auf ein Schweizer Konto einzuzahlen. Sie habe dies nicht bewusst verschwiegen, sondern sei dem Irrtum unterlegen, dass es auf die Benennung dieses Kontos nicht ankomme, da es sich lediglich um ein Durchgangskonto handle und das Guthaben bereits zum Monatsbeginn auf das deutsche Konto verbracht werde. Zum Beleg legt sie eine Aufstellung der Kontobewegungen im Zeitraum vom 25.10.2013 bis 17.02.2014 vor.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Wenn eine Aufhebung bewilligter Verfahrenskostenhilfe wegen Falschangaben unabhängig von deren Auswirkungen auf die Unrichtigkeit der Bewilligung erfolgen könne, so müsse dies erst recht für die Bewilligungsentscheidung gelten.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Antragsgegnerin und der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ff., 127 ZPO) ist in der Sache begründet.
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann aus den dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Erwägungen nicht versagt werden. Die Vorschrift des § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist im Bewilligungsverfahren nicht anzuwenden (1). Im Übrigen liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor (2) und lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen, dass das von § 124 ZPO geforderte Ermessen ausgeübt worden wäre (3).
10 
1. § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist im Bewilligungsverfahren nicht analog anzuwenden (OLG Brandenburg v. 20.02.2007 - 10 WF 41/07, zitiert nach Juris; wohl auch OLG Köln v. 24.04.1995 - 25 WF 72/95, OLGR 1995, 327; a.A. OLG Bamberg v. 02.08.2013 - 4 U 38/13, FamRZ 2014, 589; LAG Hamm v. 30.01.2002 - 4 Ta 148/01 und v. 18.03.2003 - 4 Ta 446/02, jeweils zitiert nach Juris).
11 
a) Die Vorschrift ist nach Inhalt und systematischer Stellung im Rahmen der §§ 114 ff. ZPO für das auf Aufhebung bereits ergangener Bewilligungsentscheidungen gerichtete Verfahren konzipiert und nicht für das Bewilligungsverfahren. Das Bewilligungsverfahren ist von Erklärungs- und Mitwirkungspflichten der Verfahrenskostenhilfe beantragenden Partei und Hinweispflichten des Gerichts bei der Aufklärung der subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen (Bedürftigkeit) geprägt (vgl. Zimmermann, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, 4. Auflage 2012, Rz. 241, 243; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Auflage 2012, Rz. 148 ff.). Das Prüfungsverfahren (§§ 117, 118 ZPO) sieht bei unzureichender Mitwirkung und bei fehlerhaften Angaben des Antragstellers ein differenziertes Instrumentarium vor. Dies beginnt mit der Möglichkeit, die Bewilligung abzulehnen, wenn auch nach Fristsetzung das eingeführte Formular (§ 117 Abs. 4 ZPO) mit der Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht vorgelegt wird (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 117 Rz. 17 m.w.N.), geht weiter über die Auflagen und Anordnungen nach § 118 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO und sieht schließlich bei unzureichender Mitwirkung oder Glaubhaftmachung die Möglichkeit vor, die Bewilligung „insoweit“ abzulehnen (§ 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Insbesondere die letztgenannte Regelung lässt erkennen, dass - auch vorsätzlich oder grob nachlässig - unterlassene oder nicht glaubhaft gemachte Angaben nicht etwa in Form einer Strafsanktion die pauschale Ablehnung der Bewilligung zu begründen vermögen, sondern es dafür weiterhin einer differenzierten Beurteilung („insoweit“) und darüber hinaus insbesondere einer vorherigen Fristsetzung bedarf. Die Verletzung von Offenbarungspflichten kann danach zwar zur Ablehnung der Bewilligung führen, führt aber zu keiner Verwirkung des Anspruchs auf Verfahrenskostenhilfe (BGH v. 14.03.1984 - IVb ZB 114/83, FamRZ 1984, 677 Tz. 9). Hat das Gericht Zweifel an Richtigkeit oder Vollständigkeit der gemachten Angaben, ist es - auch zur Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. BVerfG v. 11.02.1999 - 2 BvR 229/98, NJW 2000, 275) - gehalten, vor einer ablehnenden Entscheidung auf diese Zweifel hinzuweisen.
12 
Nicht bereits dann, wenn einzelne Einnahmen-, Ausgaben- oder Vermögenspositionen unvollständig oder fehlerhaft dargelegt worden, sondern erst dann, wenn die Angaben des Antragstellers zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation insgesamt so unvollständig, widersprüchlich oder sonst fehlerhaft und damit nicht glaubhaft erscheinen, dass eine Bedürftigkeit nicht glaubhaft dargelegt ist, kommt eine Ablehnung der Bewilligung in Betracht. Wenn fehlerhafte, nicht glaubhafte oder unvollständige Angaben dagegen lediglich unwesentliche Einzelpositionen betreffen, ist die Bewilligung lediglich „insoweit“ abzulehnen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 118 Rz. 17 und § 124 Rz. 5, jeweils m.w.N.). Durch eine ablehnende Entscheidung nach § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO werden die Nachholung und Korrektur fehlerhafter Angaben nicht präkludiert (OLG Celle v. 20.12.2012 - 4 W 212/12, MDR 2013, 364; Zöller/Geimer, a.a.O., § 118 Rz. 17). Das solcherart ausdifferenzierte Instrumentarium der §§ 117, 118 ZPO würde in den Fällen von § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, zumal in der durch die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung geprägten, von einem Strafcharakter der Vorschrift ausgehenden Auslegung, weitgehend ausgehebelt.
13 
b) Unabhängig davon fehlt es für eine analoge Anwendung von § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO im Bewilligungsverfahren an einer planwidrigen Regelungslücke (OLG Brandenburg, a.a.O.). Der Gesetzgeber hat die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO und insbesondere die des § 124 ZPO erst jüngst mit dem am 01.01.2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungskostenhilferechts überarbeitet. Er hat es dabei bei der oben geschilderten Systematik und der Anwendung von § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO lediglich unter den besonderen Voraussetzungen eines Aufhebungsverfahrens belassen. Für eine gleichwohl erweiterte, analoge Anwendung im Bewilligungsverfahren ist weder eine Notwendigkeit noch ein Regelungsbedürfnis erkennbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein korrektes und vollständiges Ausfüllen des amtlichen Vordrucks (§ 117 Abs. 4 ZPO) selbst an einen verständigen und gutwilligen Antragsteller erhebliche Anforderungen stellt, vielfach nicht gelingt und gerichtliche Rückfragen aus diesem Grund vielfach unerlässlich sind (vgl. Zimmermann, Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, 4. Aufl. 2012, Rz. 241; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl. 2012, Rz. 148). Darauf, ob § 124 ZPO als Ausnahmevorschrift qualifiziert werden kann und schon aus diesem Grunde eine analoge Anwendung ausscheidet (so OLG Zweibrücken v. 01.08.2002 - 2 WF 80/02, FamRZ 2003, 1021), kommt es nicht entscheidend an.
14 
Im Übrigen eröffnet § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO im Regelfall hinreichende Möglichkeiten, auf absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachte unrichtige Angaben - nach Fristsetzung und Gewährung rechtlichen Gehörs - angemessen zu reagieren. Die Vorschrift enthält eine Sanktion für unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben (BGH v. 10.10.2012 - IV ZB 16/12, FamRZ 2013, 124). Wenn offensichtlich falsche Angaben gemacht werden, kann die Verfahrenskostenhilfe verweigert werden (KG v. 03.05.1996 - 13 WF 2973/96, zitiert nach Juris; Musielak/Fischer, ZPO, 10. Aufl. 2013, § 118 Rz. 10). Lücken in der Darlegung und Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Verhältnisse gehen zu Lasten des Antragstellers.
15 
c) Die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 124 Nr. 2 ZPO a.F. (BGH vom 10.10.2012 - IV ZB 16/12, FamRZ 2013, 124), wonach die Vorschrift nicht alleine auf einen objektiven kostenrechtlichen Ausgleich im Falle von Falschangaben abzielt, sondern ihr darüber hinaus auch Strafcharakter zukommt, hat den auf das Aufhebungsverfahren beschränkten Anwendungsbereich der Vorschrift nicht erweitert.
16 
d) Das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungskostenhilferechts, welches nach seinem Art. 20 am 01.01.2014 in Kraft getreten ist und auf alle seit diesem Tage gestellten Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe Anwendung findet, hat die Bedeutung der Vorschrift zwar verstärkt, da im Fall unrichtiger Angaben die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht nur aufgehoben werden kann, wie dies nach der vorangegangenen Fassung der Vorschrift der Fall war, sondern sie sogar aufgehoben werden „soll“. Eine Erweiterung ihres Anwendungsbereichs über das Aufhebungsverfahren hinaus ist damit jedoch nicht verbunden.
17 
2. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen einer groben Nachlässigkeit im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht vor.
18 
Eine grobe Nachlässigkeit kann in Anlehnung an den materiell-rechtlich entwickelten Begriff der groben Fahrlässigkeit angenommen werden, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, weil schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was in gegebenem Fall jedem einleuchten muss (BGHZ v. 10.05.2011 - VI ZR 196/10, NJW-RR 2011, 1055 Rz. 10). Den Handelnden muss auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (BGH v. 11.07.2007 - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988 Rz. 15; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 277, Rz. 5). Grob nachlässig sind unrichtige Angaben, wenn die Partei die jedem einleuchtende Sorgfalt bei Zusammenstellung und Überprüfung der Angaben außer Acht gelassen hat (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a.a.O., Rz. 839). Grobe Nachlässigkeit kann in Betracht kommen, wenn Falschangaben und Lücken bei sorgfältigem Ausfüllen des Formulars einfach nicht vorkommen können, so etwa wie bei einem „Vergessen“ von „werthaltigen“ Grundstücken oder Bankverbindungen, von Nebentätigkeiten oder sonst wesentlichen Angaben zu Einkommen und Vermögen (vgl. Zimmermann, a.a.O., Rz. 463; Zöller/Geimer, a.a.O., § 124 Rz. 9). Das Verschweigen von (nicht ganz unerheblichen) Vermögenswerten, die unter dem Gesichtspunkt des Sozialleistungscharakters von Verfahrenskostenhilfe für eine Verwertung grundsätzlich in Betracht kommen können, wird daher regelmäßig als grob nachlässig anzusehen sein.
19 
Insoweit ist im vorliegenden Falle insbesondere zu berücksichtigen, dass auf dem verfahrensgegenständlichen Schweizer Konto der Antragsgegnerin bei der Raiffeisenbank entsprechend ihrem Vortrag und ausweislich der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Belege über Kontobewegungen lediglich ihre Gehaltszahlungen abgewickelt wurden. Aus den vorgelegten Kontounterlagen sind weder verschwiegene Einkünfte noch weiteres Vermögen ersichtlich. Dies lässt es glaubhaft erscheinen, wenn die Antragsgegnerin vorträgt, sich über die Notwendigkeit der Angabe dieses Kontos nicht im Klaren gewesen zu sein.
20 
3. Ungeachtet dessen hat die (verschärfte) Neufassung von § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nichts daran geändert, dass das Gericht bei der Entscheidung über die Aufhebung der Bewilligung weiter eine Ermessensentscheidung zu treffen und Ermessen auszuüben hat (Zöller/Geimer, a.a.O. § 124 Rz. 7 - anders allerdings dort bei Rz. 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Rechtsirrtum über die Notwendigkeit bestimmter Angaben der groben Nachlässigkeit entgegenstehen kann (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, a. a. O., Rz. 839).
21 
Weder aus dem angefochtenen Beschluss noch aus dem Nichtabhilfebeschluss ist ersichtlich, dass sich das Amtsgericht sein ihm zukommendes Ermessen bei der Entscheidung über eine Nichtbewilligung von Falschangaben ausgeübt und dabei die vorgenannten Gesichtspunkte berücksichtigt hätte. Auch aus diesem Grunde ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.
22 
4. Da bisher eine Entscheidung über das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht ergangen, das Unterhaltsverfahren aber in der Sache bereits abgeschlossen ist, wird von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 127 Rz. 38).
23 
5. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht (§ 127 Abs. 4 ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 06. Juni 2014 - 18 WF 76/14

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 117 Antrag


(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag au

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 113 Anwendung von Vorschriften der Zivilprozessordnung


(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Ziv

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 124 Aufhebung der Bewilligung


(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn 1. die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;2. die Partei ab

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Landesarbeitsgericht Köln Beschluss, 09. Okt. 2015 - 12 Ta 319/15

bei uns veröffentlicht am 09.10.2015

Tenor Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12. August 2015 wird der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 4. August 2015 aufgehoben. 1Gründe 2I. 3Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die gerichtliche Aufhebung der

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(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 16/12
vom
10. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus
grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1
ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer
objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den
Falschangaben beruht.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012- IV ZB 16/12 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 10. Oktober 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Beklagte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO.
2
I. Von der Klägerin auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen, beantragte er mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15. Juni 2010 beim Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. In der beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war angegeben, er suche nach Arbeit und verfüge weder über eigenes Einkommen noch über Vermögen. Auf Nachfrage des Gerichts ließ er in zwei weiteren Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ergänzend vortragen, er habe kein "relevantes" Bankguthaben, wohne bei der Mutter seines Sohnes, welche ihm den Mietanteil stunde und ihn durch Naturalleistungen unterstütze; einen PKW habe er nicht, könne jedoch ein von dritter Seite leihweise zur Verfügung gestelltes Fahrzeug nutzen, wodurch weitere Schulden entstünden. Er biete sich als Security-Kraft und für Bauarbeiten an, habe aber noch keine Aufträge erhalten und sei mittellos.
3
Mit Beschluss vom 9. November 2010 bewilligte ihm das Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. Am selben Tage wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.
4
Im Juni 2011 regte die Klägerin beim Landgericht an, die Prozesskostenhilfe wieder zu entziehen, denn der Beklagte habe schon während des Rechtsstreits einen PKW Audi A6 gefahren und dafür monatliche Kosten von rund 800 € bestritten. Dazu erklärte der Beklagte auf Anfrage des Gerichts, der PKW sei das ehemalige Firmenfahrzeug einer GmbH, deren Mitgesellschafter er gewesen sei; seine Geschäftsanteile habe er inzwischen veräußert. Den Fahrzeugunterhalt nebst Leasingvertrag habe er dabei übernehmen müssen, die Kosten würden ihm von Dritten ausgelegt. Urkunden, welche der Beklagte sodann auf richterliche Anordnung vorlegte, ist weiter zu entnehmen, dass er unter Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer mit notariellem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 23. Juni 2010 seinen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 13.000 € und eine Darlehensforderung gegen die GmbH in Höhe von 26.429,04 € zum Preise von insgesamt 3.000 € an Mitgesellschafter verkauft bzw. abgetreten hatte.
5
Mit Beschluss des Rechtspflegers vom 17. November 2011 hat das Landgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Die da- gegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Rechtsschutzbegehren weiter.
6
II. Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erfüllt, weil der Beklagte im Bewilligungsverfahren absichtlich falsche Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Er habe sowohl seinen vorgenannten GmbH-Geschäftsanteil als auch die Darlehensforderung gegen die GmbH und seine Gesellschafterstellung verschwiegen, aufgrund der er zur Nutzung des Firmenwagens Audi A6 3.0 TDI DPF quattro berechtigt gewesen sei. Die darin liegende Verletzung der Pflicht, wahre und vollständige Angaben zu machen (§ 117 Abs. 2 ZPO), entfalle nicht durch den zwischen Beantragung und Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgten Verkauf seiner Gesellschaftsbeteiligung, die behauptete Verwendung des Verkaufserlöses zur Schuldentilgung und die weiteren vorgenannten Verfügungen vom Juni 2010. Die diesbezüglichen Informationen habe der Beklagte nicht freiwillig, sondern erst auf gerichtliche Nachfrage gegeben und selbst dabei noch versucht, den Sachverhalt mit der Angabe zu verschleiern, das Geld für die Fahrzeugkosten werde ihm "von dritter Seite zur Verfügung gestellt". Das lasse auf den für eine absichtliche Falschangabe i.S. von § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erforderlichen Vorsatz schließen.
8
Dass nicht der Beklagte selbst, sondern sein Prozessbevollmächtigter die maßgeblichen Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben habe, sei wegen § 85 Abs. 2 ZPO unerheblich.
9
Es komme nicht darauf an, ob dem Beklagten auch bei wahren und vollständigen Angaben ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen. Zwar sei § 124 Nr. 2 ZPO nach weit verbreiteter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Kostenvorschrift ohne Strafzweck, die die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nur gestatte, wenn sie auf den falschen Angaben des Antragstellers beruhe. Zutreffend sei jedoch die Gegenansicht, nach der § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO Sanktionscharakter habe und die Aufhebung der Bewilligung bereits allein als Folge absichtlicher oder grob fahrlässiger falscher Angaben des Antragstellers ermögliche. Sonderfällen könne im Rahmen des von § 124 Nr. 2 ZPO eröffneten Ermessens ausreichend Rechnung getragen werden.
10
Hier sei dieses Ermessen dahingehend auszuüben, dass die gesamte Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben sei. Ein weniger gravierender Verstoß gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben liege auch unter Zugrundelegung des neueren Vorbringens des Beklagten nicht vor. Insbesondere genügten seine Angaben und die eingereichten Belege noch immer nicht, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Sollstände auf seinem Konto seien mehrfach durch Bareinzahlungen unbekannter Herkunft im Gesamtwert von 1.450 € ausgeglichen worden, was die Vermutung nahelege, er verfüge über Einkünfte, die er nicht über sein Konto abwickle.
11
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Die Feststellung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe absichtlich falsche Angaben i.S. des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO gemacht und seine Darstellung sei darauf gerichtet gewesen, Fragen nach seiner Gesellschafterstellung und daraus resultierenden Einkünften und Veräußerungserlösen zu vermeiden, ist frei von Rechtsfehlern. Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei im - seiner Auffassung nach - allein maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung, d.h. am 9. November 2010, nicht mehr GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter gewesen, so dass seine ursprünglichen Angaben am Ende nicht mehr falsch gewesen seien, hat das Beschwerdegericht dies mit aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Begründung für nicht durchgreifend erachtet. Dass die Angaben des Beklagten unvollständig waren, räumt die Rechtsbeschwerde ein. Demgegenüber erscheint der Befund, dass der Beklagte im November 2010 nicht mehr als Geschäftsführer oder Gesellschafter mit der GmbH verbunden war, lediglich als Momentaufnahme, anhand derer sich seine wirtschaftliche Situation nicht ansatzweise überprüfen ließ. Weder im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. dazu OVG Hamburg NVwZ-RR 2011, 661) noch bei seiner Bewilligungsentscheidung war das Landgericht durch die Angaben des Beklagten über dessen wirtschaftliche Verhältnisse und insbesondere deren Entwicklung ausreichend unterrichtet.
13
b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, setzt § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Prozesskostenhilfebewilligung geführt haben, die Bewilligung mithin auf den Falschangaben beruht.

14
Die Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
15
aa) Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge dienen die in § 124 ZPO unter den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände sämtlich allein dem Zweck, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Auch § 124 Nr. 2 ZPO sei mithin eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter. Sie habe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zur Voraussetzung, dass die Bewilligung auf den Falschangaben des Antragstellers beruhe, mithin objektiv falsch sei (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1987, 1170 f.; OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503 f.; OLGR 2005, 930 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 296 f.; MDR 1991, 791; OLG Koblenz OLGR 2005, 887 f.; OLG Köln FamRZ 1998, 1523; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 124 Rn. 13; Musielak/Fischer, ZPO 8. Aufl. § 124 Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 29. Aufl. § 124 Rn. 5; Baumbach/Hartmann, ZPO 70. Aufl. § 124 Rn. 37; BeckOKZPO /Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19, 19.1; MünchKomm-ZPO/ Motzer, 3. Aufl. § 124 Rn. 3 und 11; HK-ZPO/Pukall, 2. Aufl. § 124 Rn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 32. Aufl. § 124 Rn. 3). Befürworter dieser Auffassung verweisen darauf, dass dem Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO als Sanktionsvorschrift das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung von Rechtsschutz entgegenstehe. Ein objektiv gegebener Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei bei einem verfassungskonformen Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO höher zu bewerten als eine Oberflächlichkeit oder Unaufrichtigkeit des Antragstellers (OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503, 504; ähnlich BeckOK- ZPO/Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19.1). Ergänzend wird angenommen , das Zivil(prozess)recht sei kein geeigneter Ort, Sanktionen zwischen der Partei und dem Staat festzusetzen (Kratz aaO).
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bb) Die Gegenmeinung (OLG Bamberg FamRZ 1989, 1204; OLG Brandenburg NJ 2007, 25; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374 f.; OLG Hamm Rpfleger 1986, 238; OLG Köln FamRZ 1987, 1169; 1988, 740; Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 124 Rn. 9), der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, verweist demgegenüber vorwiegend auf Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 124 ZPO. Gegen die behauptete Zielsetzung, lediglich eine objektiv zutreffende Bewilligungsentscheidung herbeizuführen, und die Verneinung jeglichen Sanktionscharakters der Vorschrift spreche bereits, dass § 124 ZPO lediglich von einer "Aufhebung", nicht aber einer "Änderung" oder "Anpassung" der Bewilligungsentscheidung spreche. Nach dem Gesetzeswortlaut könne die Bewilligungsentscheidung aufgehoben werden, "wenn" - und nicht nur "soweit" - die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 erfüllt seien (OLG Köln FamRZ 1987, 1169; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374). Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Fälle absichtlicher und grob fahrlässiger Falschangaben des Antragstellers in den Nummern 1 und 2 des § 124 ZPO getrennt vom Fall des bloßen Fehlens der Bewilligungsvoraussetzungen (Nr. 3) geregelt. Daraus sei zu schließen, dass das Gesetz diesen unterschiedlichen Tatbeständen auch unterschiedliche Bedeutung für eine Aufhebung der Bewilligung beimesse. Da sämtliche Fälle des § 124 ZPO eine Ermessensentscheidung eröffneten, müsse in diese auch der unterschiedliche Unwertgehalt der einzelnen Tatbestandsvarianten einfließen, woraus sich ergebe, dass die Vorschrift nicht allein auf einen objektiven kostenrechtlichen Ausgleich ziele, sondern Strafcharakter habe (OLG Köln FamRZ 1988, 740). Dafür spreche auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl. I, 677), mit welchem das frühere Armenrecht durch das Institut der Prozesskostenhilfe abgelöst wurde, heißt es zur Begründung des § 122 ZPO-E, der später als § 124 in die Zivilprozessordnung aufgenommen worden ist: "Ob das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufhebt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Bei weniger gravierenden Verstößen gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgebenden Verhältnisse zu machen …, kann eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen der Partei … die angemessenere Reaktion des Gerichts sein." (BTDrucks. 8/3068 S. 31).
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Hieraus wird gefolgert, § 124 Nr. 1 und 2 ZPO ermögliche in schwerer wiegenden Fällen von Falschangaben die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung , ohne dass es auf Weiteres ankäme (OLG Köln FamRZ 1987, 1169, 1170).
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cc) Eine vermittelnde Meinung nimmt das Oberlandesgericht Zweibrücken ein (OLGR 2007, 958-960): Für einen Strafcharakter der Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO spreche, dass eine nachträgliche Anpassung der Prozesskostenhilfebewilligung an die objektive Sach- und Rechtslage - wenngleich auf vier Jahre befristet - bereits in § 124 Nr. 3 ZPO geregelt sei, so dass die Aufstellung zweier weiterer Tatbestände (in den Nr. 1 und 2) mit gleicher Rechtsfolge, jedoch zusätzlichen qualifizierten Schuldvoraussetzungen keinen Sinn ergebe. Kennzeichnend für die in § 124 Nr. 2 ZPO geregelten Sachverhalte sei allerdings, dass dem Gericht keine ausreichende Grundlage für die Feststellung gewährt werde , der Antragsteller sei bedürftig. Das Gericht müsse deshalb im Rah- men der ihm eröffneten Ermessensentscheidung prüfen, ob sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse trotz der mittels Falschangaben heraufbeschworenen Unsicherheit noch ausreichend sicher feststellen ließen. Die Darlegungslast hierfür liege beim Antragsteller. Ergebe diese Prüfung hinreichend sicher, dass der Antragsteller bedürftig sei, könne ihm die Prozesskostenhilfe belassen werden, anderenfalls sei die Aufhebung der Bewilligung keine Strafe, sondern lediglich beweisrechtliche Folge der vom Antragsteller geschaffenen Unsicherheit.
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dd) Der Bundesgerichtshof hat lediglich vor Inkrafttreten der 2. Alternative des § 124 Nr. 2 ZPO (vgl. KostÄndG 1986 BGBl. I 1986, 2326, 2338) ausgesprochen, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sachlich gerechtfertigten Umfang nicht dadurch verwirke , dass er seine Offenbarungspflicht in Bezug auf eine Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse verletze (BGH, Beschluss vom 14. März 1984 - IVb ZB 114/83, FamRZ 1984, 677, 678 unter II 1 a). Im Übrigen hat er die hier erörterte Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - X ZR 119/99, juris Rn. 6).
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ee) Die oben unter bb) vorgestellte Rechtsauffassung trifft zu.
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Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO sprechen dafür, dass das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten falschen Angaben des Antragstellers auch dann aufheben kann, wenn die Bewilligung nicht auf diesen Angaben beruht, sofern die falschen Angaben jedenfalls generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen.

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(1) § 124 ZPO nennt unter den Nummern 1 bis 3 drei unterschiedliche Tatbestände, die die Ermessensentscheidung eröffnen, eine frühere Prozesskostenhilfebewilligung mit Blick auf die Bewilligungsvoraussetzungen , bzw. ihre Darlegung, aufzuheben. In den Nummern 1 und 2, welche zum einen eine unrichtige Darstellung des Streitstandes, zum anderen unrichtige Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zum Gegenstand haben, ist nicht davon die Rede, die Aufhebung der Bewilligung setze zusätzlich voraus, dass letztere auf den falschen Angaben beruhe, mithin nicht der objektiven Sachlage entspreche. Dies wird ausdrücklich nur in Nummer 3 vorausgesetzt und bildet dort den alleinigen Aufhebungsgrund. Wollte man annehmen , dieselbe Voraussetzung gelte - ungeschrieben - auch im Rahmen der Nummern 1 und 2, beschränkte sich deren Regelungsgehalt darauf , die Befristung der in Nummer 3 ohnehin eröffneten Aufhebungsmöglichkeit in Fällen schuldhaft falscher Angaben entfallen zu lassen.
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Ein solches Verständnis wird dem Aufbau der Vorschrift nicht gerecht. Ihm liegt stattdessen erkennbar zugrunde, dass derjenige Antragsteller , der im Bewilligungsverfahren schuldhaft falsche Angaben macht, sich mithin subjektiv falsch verhält, hinsichtlich des Bestandes seiner Bewilligung weniger schutzwürdig erscheint, als derjenige, dessen Bewilligung sich lediglich als objektiv unzutreffend erweist. Dementsprechend regeln die Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO und in § 124 Nr. 3 ZPO Aufhebungsgründe von unterschiedlichem Unwertgehalt, was in der zeitlichen Begrenzung der Aufhebung der Bewilligung nach Nummer 3 seinen Ausdruck findet. Hätten alle Tatbestände eine objektive Unrichtigkeit der ursprünglichen Bewilligung zur gemeinsamen Voraussetzung, wäre zu erwarten gewesen, dass dies "vor die Klammer gezogen", d.h. den Nummern 1 bis 3 vorangestellt worden wäre. Im Übrigen hätten die qualifizierten subjektiven Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 in diesem Falle nur noch Bedeutung für die in Nummer 3 geregelte Befristung. Es hätte dann kein Anlass bestanden, sie vor der Regelung der Nummer 3 als gesonderte Tatbestände zu formulieren, sondern genügt, es bei der Regelung der Nummer 3 bewenden zu lassen und ihr einen letzten Halbsatz hinzuzufügen, demzufolge die Befristung nicht gelte, wenn die Bewilligung auf einer unrichtigen Darstellung des Streitstandes oder absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten unrichtigen Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruht.
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(2) Das Argument, die Zivilprozessordnung sei nicht der Ort, Sanktionen zwischen Staat und Bürger zu regeln, überzeugt ebenso wenig wie das allgemeine, von seinen Befürwortern nicht näher begründete Postulat, § 124 ZPO wohne als rein kostenrechtlicher Bestimmung kein Sanktionscharakter inne. Dabei wird bereits verkannt, dass das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenngleich aus Gründen der Sachnähe in der Zivilprozessordnung geregelt, nicht Teil des kontradiktorischen Rechtstreits, sondern ein eigenes, seinem Wesen nach öffentlich-rechtliches Subventionsverfahren der Daseinsvorsorge darstellt, bei dem die bedürftige Partei dem bewilligenden Staat als Antragsteller gegenübertritt, während der Prozessgegner keine Parteirolle einnimmt, sondern lediglich ein Anhörungsrecht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1983 - VI ZR 100/83, BGHZ 89, 65 f.). Es ist deshalb nicht möglich, aus dem allgemeinen Wesen des Zivilprozesses Rückschlüsse auf den Regelungsgehalt der allein das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffenden Bestimmungen zu ziehen. Die §§ 114 ff. ZPO regeln insoweit eigenständig die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsschutz suchende Partei staatliche Unterstützung beanspruchen kann, umgekehrt aber in § 124 ZPO auch die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligung. Dass es dem Gesetzgeber dabei nicht möglich sein sollte, auch Verwirkungstatbestände für den Fall unlauteren Verhaltens des Antragstellers zu schaffen, ist nicht ersichtlich. Für einen Sanktionscharakter der in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO getroffenen Regelungen spricht insoweit gerade die alleinige Anknüpfung an ein Verschulden des Antragstellers im Kontrast zu der verschuldensunabhängigen Korrektur der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO.
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(3) Dieses Verständnis stützt auch die amtliche Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18. März 1985 (BT-Drucks. 10/3054). Danach wurde mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (KostÄndG 1986 BGBl. I 2326) § 124 Nr. 2 ZPO erklärtermaßen als "erforderliche Sanktion bei einer Verletzung der Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO" (BT-Drucks. 10/3054 S. 22) um die zweite Alternative erweitert. Auch der Aufhebungsgrund in § 124 Nr. 4 ZPO wird als reine Sanktion für die Missachtung der richterlichen Zahlungsanordnung verstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - VI ZB 72/03, NJW-RR 2006, 197 unter II 2 b).
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Ferner geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 124 Nr. 1 und 2 ZPO Hinweise darauf, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch allein als Folge falscher Angaben des Antragstellers möglich sein sollte. In der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17. Juli 1979 heißt es zum dortigen § 122, aus dem später der § 124 ZPO hervorgegangen ist: "Absatz 1 erlaubt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufzuheben, wenn die Partei die Bewilligung durch bewußt falsche Angaben über das Streitverhältnis oder über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erschlichen hat, wenn sie grob fahrlässig unrichtige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, wenn sie bewußt oder grob fahrlässig ihrer Anzeigepflicht nach § 121 … nicht nachgekommen ist oder wenn sie mit den angeordneten Zahlungen erheblich in Rückstand ist. … Nach Absatz 2 kann das Gericht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind. … In diesen Fällen soll jedoch eine zeitliche Grenze für die Aufhebung … bestehen." (BT-Drucks. 8/3068 S. 31).
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Daraus wird ersichtlich, dass der Entwurf in zwei getrennten Absätzen zwischen einer verschuldensabhängigen und einer lediglich auf objektiven Gründen beruhenden Aufhebung der Bewilligung unterschied, und der Gesetzgeber neben dem Erschleichen der Bewilligung auch grob fahrlässig unrichtige Angaben des Antragstellers für die Aufhebung ausreichen lassen wollte. Der Entwurf hat, wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat, im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren zwar redaktionelle Änderungen erfahren (vgl. dazu BT-Drucks. 10/3054 S. 22), insbesondere ist davon abgesehen worden, die objektiven Aufhebungsgründe in einem gesonderten Absatz 2 zu regeln; eine sachliche Änderung ging damit indes nicht einher.
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(4) Der Gesetzeszweck spricht ebenfalls dafür, § 124 Nr. 2 ZPO als Verwirkungstatbestand anzusehen, bei dem es auf eine Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt.
29
Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot steht (vgl. dazu Zöller/ Geimer, ZPO 29. Aufl. § 118 Rn. 13), ist der Antragsteller - wie sich insbesondere aus § 117 Abs. 2 Satz 1 und § 118 Abs. 2 ZPO ergibt - bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen. Zu eigenen Ermittlungen ist es dann in der Regel nicht verpflichtet. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO enthält insoweit ebenfalls eine Sanktion für unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben des Antragstellers (vgl. dazu OLG Saarbrücken OLGR 2009, 336, 337), für die es nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt. Es wird vielmehr allein auf seine unzureichende Mitwirkung im Bewilligungsverfahren abgestellt. Die genannten Regelungen beruhen darauf, dass das Gericht im Bewilligungsverfahren, welches sich im Interesse des Antragstellers an einer schnellen Entscheidung mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnügt, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen ist. Begründet der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheint es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglichist.
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(5) Wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, ist eine einschränkende Auslegung des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO auch aus Verfassungsgründen nicht geboten. Zwar folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Verpflichtung des Staates, die Situation Bemittelter und Unbemittelter im Bereich des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen, insbesondere letzteren den Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig zu erschweren (vgl. BVerfG NJW 2009, 209 f. m.w.N.). Dem trägt die von der Zivilprozessordnung eröffnete Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, Rechnung. Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben besagen indes nicht, dass dem um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden nicht auferlegt werden könnte, die persönlichen und wirtschaftlichen Bewilligungsvoraussetzungen in redlicher Weise darzulegen. Ebenso wenig verstößt es gegen die vorgenannte staatliche Verpflichtung zur Angleichung, wenn das Gesetz an ein schuldhaftes unredliches Verhalten des Antragstellers die Verwirkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe knüpft. Dem Beschwerdegericht ist darin zuzustimmen, dass § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO der Gefahr einer unverhältnismäßigen Erschwernis des Zugangs zu den Gerichten schon dadurch ausreichend begegnet, dass die Aufhebung der Bewilligung lediglich bei einem qualifizierten Verschulden des Antragstellers ermöglicht wird und zudem besonderen Härtefällen im Rahmen der durch die Vorschrift eröffneten Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden kann.
31
c) Das gemäß § 124 ZPO eröffnete Ermessen hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler ausgeübt. Seine Feststellung, der Beschwerdeführer habe seine frühere Beteiligung an der GmbH und seine Darlehensforderung gegen diese nicht von sich aus mitgeteilt und selbst auf Nachfrage des Gerichts noch bewusst verschleiert, um weitere Nachfragen zu vermeiden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
32
Die Rechtsbeschwerde rügt die Feststellung des Beschwerdegerichts , dem Konto des Beklagten seien Bareinzahlungen unbekannter Herkunft in Höhe von insgesamt 1.450 € zugeflossen, was die Vermu- tung eigener Einkünfte nahe lege. Dabei habe das Beschwerdegericht übergangen, dass der Beklagte - unter anderem mittels einer schriftlichen Bestätigung der Mutter seines Sohnes - dargelegt habe, die Einzahlungen stammten von dieser. Das verkennt aber, dass das Beschwerdegericht die Glaubwürdigkeit des Beklagten infolge seiner vorsätzlichen Falschangaben insgesamt in Zweifel gezogen und aus diesem Grunde weder sein Vorbringen im Aufhebungs- und Beschwerdeverfahren noch die dazu vorgelegten Nachweise als ausreichend angesehen hat, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Die Rechtsbeschwerde versucht insoweit ohne Erfolg, diese Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu ersetzen.
33
Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier lediglich ein weniger gravierender Verstoß gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgeblichen Verhältnisse zu machen, vorliegt, beidem lediglich eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten angemessen wäre (vgl. dazu BTDrucks. 8/3068 S. 31).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 17.11.2011- 5 O 120/10 T -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom18.04.2012 - 9 W 72/11 -

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 16/12
vom
10. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus
grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1
ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer
objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den
Falschangaben beruht.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012- IV ZB 16/12 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 10. Oktober 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Beklagte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO.
2
I. Von der Klägerin auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen, beantragte er mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15. Juni 2010 beim Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. In der beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war angegeben, er suche nach Arbeit und verfüge weder über eigenes Einkommen noch über Vermögen. Auf Nachfrage des Gerichts ließ er in zwei weiteren Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ergänzend vortragen, er habe kein "relevantes" Bankguthaben, wohne bei der Mutter seines Sohnes, welche ihm den Mietanteil stunde und ihn durch Naturalleistungen unterstütze; einen PKW habe er nicht, könne jedoch ein von dritter Seite leihweise zur Verfügung gestelltes Fahrzeug nutzen, wodurch weitere Schulden entstünden. Er biete sich als Security-Kraft und für Bauarbeiten an, habe aber noch keine Aufträge erhalten und sei mittellos.
3
Mit Beschluss vom 9. November 2010 bewilligte ihm das Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. Am selben Tage wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.
4
Im Juni 2011 regte die Klägerin beim Landgericht an, die Prozesskostenhilfe wieder zu entziehen, denn der Beklagte habe schon während des Rechtsstreits einen PKW Audi A6 gefahren und dafür monatliche Kosten von rund 800 € bestritten. Dazu erklärte der Beklagte auf Anfrage des Gerichts, der PKW sei das ehemalige Firmenfahrzeug einer GmbH, deren Mitgesellschafter er gewesen sei; seine Geschäftsanteile habe er inzwischen veräußert. Den Fahrzeugunterhalt nebst Leasingvertrag habe er dabei übernehmen müssen, die Kosten würden ihm von Dritten ausgelegt. Urkunden, welche der Beklagte sodann auf richterliche Anordnung vorlegte, ist weiter zu entnehmen, dass er unter Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer mit notariellem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 23. Juni 2010 seinen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 13.000 € und eine Darlehensforderung gegen die GmbH in Höhe von 26.429,04 € zum Preise von insgesamt 3.000 € an Mitgesellschafter verkauft bzw. abgetreten hatte.
5
Mit Beschluss des Rechtspflegers vom 17. November 2011 hat das Landgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Die da- gegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Rechtsschutzbegehren weiter.
6
II. Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erfüllt, weil der Beklagte im Bewilligungsverfahren absichtlich falsche Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Er habe sowohl seinen vorgenannten GmbH-Geschäftsanteil als auch die Darlehensforderung gegen die GmbH und seine Gesellschafterstellung verschwiegen, aufgrund der er zur Nutzung des Firmenwagens Audi A6 3.0 TDI DPF quattro berechtigt gewesen sei. Die darin liegende Verletzung der Pflicht, wahre und vollständige Angaben zu machen (§ 117 Abs. 2 ZPO), entfalle nicht durch den zwischen Beantragung und Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgten Verkauf seiner Gesellschaftsbeteiligung, die behauptete Verwendung des Verkaufserlöses zur Schuldentilgung und die weiteren vorgenannten Verfügungen vom Juni 2010. Die diesbezüglichen Informationen habe der Beklagte nicht freiwillig, sondern erst auf gerichtliche Nachfrage gegeben und selbst dabei noch versucht, den Sachverhalt mit der Angabe zu verschleiern, das Geld für die Fahrzeugkosten werde ihm "von dritter Seite zur Verfügung gestellt". Das lasse auf den für eine absichtliche Falschangabe i.S. von § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erforderlichen Vorsatz schließen.
8
Dass nicht der Beklagte selbst, sondern sein Prozessbevollmächtigter die maßgeblichen Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben habe, sei wegen § 85 Abs. 2 ZPO unerheblich.
9
Es komme nicht darauf an, ob dem Beklagten auch bei wahren und vollständigen Angaben ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen. Zwar sei § 124 Nr. 2 ZPO nach weit verbreiteter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Kostenvorschrift ohne Strafzweck, die die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nur gestatte, wenn sie auf den falschen Angaben des Antragstellers beruhe. Zutreffend sei jedoch die Gegenansicht, nach der § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO Sanktionscharakter habe und die Aufhebung der Bewilligung bereits allein als Folge absichtlicher oder grob fahrlässiger falscher Angaben des Antragstellers ermögliche. Sonderfällen könne im Rahmen des von § 124 Nr. 2 ZPO eröffneten Ermessens ausreichend Rechnung getragen werden.
10
Hier sei dieses Ermessen dahingehend auszuüben, dass die gesamte Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben sei. Ein weniger gravierender Verstoß gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben liege auch unter Zugrundelegung des neueren Vorbringens des Beklagten nicht vor. Insbesondere genügten seine Angaben und die eingereichten Belege noch immer nicht, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Sollstände auf seinem Konto seien mehrfach durch Bareinzahlungen unbekannter Herkunft im Gesamtwert von 1.450 € ausgeglichen worden, was die Vermutung nahelege, er verfüge über Einkünfte, die er nicht über sein Konto abwickle.
11
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Die Feststellung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe absichtlich falsche Angaben i.S. des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO gemacht und seine Darstellung sei darauf gerichtet gewesen, Fragen nach seiner Gesellschafterstellung und daraus resultierenden Einkünften und Veräußerungserlösen zu vermeiden, ist frei von Rechtsfehlern. Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei im - seiner Auffassung nach - allein maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung, d.h. am 9. November 2010, nicht mehr GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter gewesen, so dass seine ursprünglichen Angaben am Ende nicht mehr falsch gewesen seien, hat das Beschwerdegericht dies mit aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Begründung für nicht durchgreifend erachtet. Dass die Angaben des Beklagten unvollständig waren, räumt die Rechtsbeschwerde ein. Demgegenüber erscheint der Befund, dass der Beklagte im November 2010 nicht mehr als Geschäftsführer oder Gesellschafter mit der GmbH verbunden war, lediglich als Momentaufnahme, anhand derer sich seine wirtschaftliche Situation nicht ansatzweise überprüfen ließ. Weder im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. dazu OVG Hamburg NVwZ-RR 2011, 661) noch bei seiner Bewilligungsentscheidung war das Landgericht durch die Angaben des Beklagten über dessen wirtschaftliche Verhältnisse und insbesondere deren Entwicklung ausreichend unterrichtet.
13
b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, setzt § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Prozesskostenhilfebewilligung geführt haben, die Bewilligung mithin auf den Falschangaben beruht.

14
Die Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
15
aa) Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge dienen die in § 124 ZPO unter den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände sämtlich allein dem Zweck, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Auch § 124 Nr. 2 ZPO sei mithin eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter. Sie habe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zur Voraussetzung, dass die Bewilligung auf den Falschangaben des Antragstellers beruhe, mithin objektiv falsch sei (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1987, 1170 f.; OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503 f.; OLGR 2005, 930 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 296 f.; MDR 1991, 791; OLG Koblenz OLGR 2005, 887 f.; OLG Köln FamRZ 1998, 1523; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 124 Rn. 13; Musielak/Fischer, ZPO 8. Aufl. § 124 Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 29. Aufl. § 124 Rn. 5; Baumbach/Hartmann, ZPO 70. Aufl. § 124 Rn. 37; BeckOKZPO /Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19, 19.1; MünchKomm-ZPO/ Motzer, 3. Aufl. § 124 Rn. 3 und 11; HK-ZPO/Pukall, 2. Aufl. § 124 Rn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 32. Aufl. § 124 Rn. 3). Befürworter dieser Auffassung verweisen darauf, dass dem Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO als Sanktionsvorschrift das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung von Rechtsschutz entgegenstehe. Ein objektiv gegebener Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei bei einem verfassungskonformen Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO höher zu bewerten als eine Oberflächlichkeit oder Unaufrichtigkeit des Antragstellers (OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503, 504; ähnlich BeckOK- ZPO/Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19.1). Ergänzend wird angenommen , das Zivil(prozess)recht sei kein geeigneter Ort, Sanktionen zwischen der Partei und dem Staat festzusetzen (Kratz aaO).
16
bb) Die Gegenmeinung (OLG Bamberg FamRZ 1989, 1204; OLG Brandenburg NJ 2007, 25; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374 f.; OLG Hamm Rpfleger 1986, 238; OLG Köln FamRZ 1987, 1169; 1988, 740; Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 124 Rn. 9), der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, verweist demgegenüber vorwiegend auf Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 124 ZPO. Gegen die behauptete Zielsetzung, lediglich eine objektiv zutreffende Bewilligungsentscheidung herbeizuführen, und die Verneinung jeglichen Sanktionscharakters der Vorschrift spreche bereits, dass § 124 ZPO lediglich von einer "Aufhebung", nicht aber einer "Änderung" oder "Anpassung" der Bewilligungsentscheidung spreche. Nach dem Gesetzeswortlaut könne die Bewilligungsentscheidung aufgehoben werden, "wenn" - und nicht nur "soweit" - die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 erfüllt seien (OLG Köln FamRZ 1987, 1169; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374). Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Fälle absichtlicher und grob fahrlässiger Falschangaben des Antragstellers in den Nummern 1 und 2 des § 124 ZPO getrennt vom Fall des bloßen Fehlens der Bewilligungsvoraussetzungen (Nr. 3) geregelt. Daraus sei zu schließen, dass das Gesetz diesen unterschiedlichen Tatbeständen auch unterschiedliche Bedeutung für eine Aufhebung der Bewilligung beimesse. Da sämtliche Fälle des § 124 ZPO eine Ermessensentscheidung eröffneten, müsse in diese auch der unterschiedliche Unwertgehalt der einzelnen Tatbestandsvarianten einfließen, woraus sich ergebe, dass die Vorschrift nicht allein auf einen objektiven kostenrechtlichen Ausgleich ziele, sondern Strafcharakter habe (OLG Köln FamRZ 1988, 740). Dafür spreche auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl. I, 677), mit welchem das frühere Armenrecht durch das Institut der Prozesskostenhilfe abgelöst wurde, heißt es zur Begründung des § 122 ZPO-E, der später als § 124 in die Zivilprozessordnung aufgenommen worden ist: "Ob das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufhebt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Bei weniger gravierenden Verstößen gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgebenden Verhältnisse zu machen …, kann eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen der Partei … die angemessenere Reaktion des Gerichts sein." (BTDrucks. 8/3068 S. 31).
17
Hieraus wird gefolgert, § 124 Nr. 1 und 2 ZPO ermögliche in schwerer wiegenden Fällen von Falschangaben die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung , ohne dass es auf Weiteres ankäme (OLG Köln FamRZ 1987, 1169, 1170).
18
cc) Eine vermittelnde Meinung nimmt das Oberlandesgericht Zweibrücken ein (OLGR 2007, 958-960): Für einen Strafcharakter der Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO spreche, dass eine nachträgliche Anpassung der Prozesskostenhilfebewilligung an die objektive Sach- und Rechtslage - wenngleich auf vier Jahre befristet - bereits in § 124 Nr. 3 ZPO geregelt sei, so dass die Aufstellung zweier weiterer Tatbestände (in den Nr. 1 und 2) mit gleicher Rechtsfolge, jedoch zusätzlichen qualifizierten Schuldvoraussetzungen keinen Sinn ergebe. Kennzeichnend für die in § 124 Nr. 2 ZPO geregelten Sachverhalte sei allerdings, dass dem Gericht keine ausreichende Grundlage für die Feststellung gewährt werde , der Antragsteller sei bedürftig. Das Gericht müsse deshalb im Rah- men der ihm eröffneten Ermessensentscheidung prüfen, ob sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse trotz der mittels Falschangaben heraufbeschworenen Unsicherheit noch ausreichend sicher feststellen ließen. Die Darlegungslast hierfür liege beim Antragsteller. Ergebe diese Prüfung hinreichend sicher, dass der Antragsteller bedürftig sei, könne ihm die Prozesskostenhilfe belassen werden, anderenfalls sei die Aufhebung der Bewilligung keine Strafe, sondern lediglich beweisrechtliche Folge der vom Antragsteller geschaffenen Unsicherheit.
19
dd) Der Bundesgerichtshof hat lediglich vor Inkrafttreten der 2. Alternative des § 124 Nr. 2 ZPO (vgl. KostÄndG 1986 BGBl. I 1986, 2326, 2338) ausgesprochen, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sachlich gerechtfertigten Umfang nicht dadurch verwirke , dass er seine Offenbarungspflicht in Bezug auf eine Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse verletze (BGH, Beschluss vom 14. März 1984 - IVb ZB 114/83, FamRZ 1984, 677, 678 unter II 1 a). Im Übrigen hat er die hier erörterte Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - X ZR 119/99, juris Rn. 6).
20
ee) Die oben unter bb) vorgestellte Rechtsauffassung trifft zu.
21
Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO sprechen dafür, dass das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten falschen Angaben des Antragstellers auch dann aufheben kann, wenn die Bewilligung nicht auf diesen Angaben beruht, sofern die falschen Angaben jedenfalls generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen.

22
(1) § 124 ZPO nennt unter den Nummern 1 bis 3 drei unterschiedliche Tatbestände, die die Ermessensentscheidung eröffnen, eine frühere Prozesskostenhilfebewilligung mit Blick auf die Bewilligungsvoraussetzungen , bzw. ihre Darlegung, aufzuheben. In den Nummern 1 und 2, welche zum einen eine unrichtige Darstellung des Streitstandes, zum anderen unrichtige Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zum Gegenstand haben, ist nicht davon die Rede, die Aufhebung der Bewilligung setze zusätzlich voraus, dass letztere auf den falschen Angaben beruhe, mithin nicht der objektiven Sachlage entspreche. Dies wird ausdrücklich nur in Nummer 3 vorausgesetzt und bildet dort den alleinigen Aufhebungsgrund. Wollte man annehmen , dieselbe Voraussetzung gelte - ungeschrieben - auch im Rahmen der Nummern 1 und 2, beschränkte sich deren Regelungsgehalt darauf , die Befristung der in Nummer 3 ohnehin eröffneten Aufhebungsmöglichkeit in Fällen schuldhaft falscher Angaben entfallen zu lassen.
23
Ein solches Verständnis wird dem Aufbau der Vorschrift nicht gerecht. Ihm liegt stattdessen erkennbar zugrunde, dass derjenige Antragsteller , der im Bewilligungsverfahren schuldhaft falsche Angaben macht, sich mithin subjektiv falsch verhält, hinsichtlich des Bestandes seiner Bewilligung weniger schutzwürdig erscheint, als derjenige, dessen Bewilligung sich lediglich als objektiv unzutreffend erweist. Dementsprechend regeln die Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO und in § 124 Nr. 3 ZPO Aufhebungsgründe von unterschiedlichem Unwertgehalt, was in der zeitlichen Begrenzung der Aufhebung der Bewilligung nach Nummer 3 seinen Ausdruck findet. Hätten alle Tatbestände eine objektive Unrichtigkeit der ursprünglichen Bewilligung zur gemeinsamen Voraussetzung, wäre zu erwarten gewesen, dass dies "vor die Klammer gezogen", d.h. den Nummern 1 bis 3 vorangestellt worden wäre. Im Übrigen hätten die qualifizierten subjektiven Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 in diesem Falle nur noch Bedeutung für die in Nummer 3 geregelte Befristung. Es hätte dann kein Anlass bestanden, sie vor der Regelung der Nummer 3 als gesonderte Tatbestände zu formulieren, sondern genügt, es bei der Regelung der Nummer 3 bewenden zu lassen und ihr einen letzten Halbsatz hinzuzufügen, demzufolge die Befristung nicht gelte, wenn die Bewilligung auf einer unrichtigen Darstellung des Streitstandes oder absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten unrichtigen Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruht.
24
(2) Das Argument, die Zivilprozessordnung sei nicht der Ort, Sanktionen zwischen Staat und Bürger zu regeln, überzeugt ebenso wenig wie das allgemeine, von seinen Befürwortern nicht näher begründete Postulat, § 124 ZPO wohne als rein kostenrechtlicher Bestimmung kein Sanktionscharakter inne. Dabei wird bereits verkannt, dass das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenngleich aus Gründen der Sachnähe in der Zivilprozessordnung geregelt, nicht Teil des kontradiktorischen Rechtstreits, sondern ein eigenes, seinem Wesen nach öffentlich-rechtliches Subventionsverfahren der Daseinsvorsorge darstellt, bei dem die bedürftige Partei dem bewilligenden Staat als Antragsteller gegenübertritt, während der Prozessgegner keine Parteirolle einnimmt, sondern lediglich ein Anhörungsrecht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1983 - VI ZR 100/83, BGHZ 89, 65 f.). Es ist deshalb nicht möglich, aus dem allgemeinen Wesen des Zivilprozesses Rückschlüsse auf den Regelungsgehalt der allein das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffenden Bestimmungen zu ziehen. Die §§ 114 ff. ZPO regeln insoweit eigenständig die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsschutz suchende Partei staatliche Unterstützung beanspruchen kann, umgekehrt aber in § 124 ZPO auch die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligung. Dass es dem Gesetzgeber dabei nicht möglich sein sollte, auch Verwirkungstatbestände für den Fall unlauteren Verhaltens des Antragstellers zu schaffen, ist nicht ersichtlich. Für einen Sanktionscharakter der in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO getroffenen Regelungen spricht insoweit gerade die alleinige Anknüpfung an ein Verschulden des Antragstellers im Kontrast zu der verschuldensunabhängigen Korrektur der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO.
25
(3) Dieses Verständnis stützt auch die amtliche Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18. März 1985 (BT-Drucks. 10/3054). Danach wurde mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (KostÄndG 1986 BGBl. I 2326) § 124 Nr. 2 ZPO erklärtermaßen als "erforderliche Sanktion bei einer Verletzung der Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO" (BT-Drucks. 10/3054 S. 22) um die zweite Alternative erweitert. Auch der Aufhebungsgrund in § 124 Nr. 4 ZPO wird als reine Sanktion für die Missachtung der richterlichen Zahlungsanordnung verstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - VI ZB 72/03, NJW-RR 2006, 197 unter II 2 b).
26
Ferner geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 124 Nr. 1 und 2 ZPO Hinweise darauf, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch allein als Folge falscher Angaben des Antragstellers möglich sein sollte. In der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17. Juli 1979 heißt es zum dortigen § 122, aus dem später der § 124 ZPO hervorgegangen ist: "Absatz 1 erlaubt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufzuheben, wenn die Partei die Bewilligung durch bewußt falsche Angaben über das Streitverhältnis oder über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erschlichen hat, wenn sie grob fahrlässig unrichtige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, wenn sie bewußt oder grob fahrlässig ihrer Anzeigepflicht nach § 121 … nicht nachgekommen ist oder wenn sie mit den angeordneten Zahlungen erheblich in Rückstand ist. … Nach Absatz 2 kann das Gericht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind. … In diesen Fällen soll jedoch eine zeitliche Grenze für die Aufhebung … bestehen." (BT-Drucks. 8/3068 S. 31).
27
Daraus wird ersichtlich, dass der Entwurf in zwei getrennten Absätzen zwischen einer verschuldensabhängigen und einer lediglich auf objektiven Gründen beruhenden Aufhebung der Bewilligung unterschied, und der Gesetzgeber neben dem Erschleichen der Bewilligung auch grob fahrlässig unrichtige Angaben des Antragstellers für die Aufhebung ausreichen lassen wollte. Der Entwurf hat, wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat, im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren zwar redaktionelle Änderungen erfahren (vgl. dazu BT-Drucks. 10/3054 S. 22), insbesondere ist davon abgesehen worden, die objektiven Aufhebungsgründe in einem gesonderten Absatz 2 zu regeln; eine sachliche Änderung ging damit indes nicht einher.
28
(4) Der Gesetzeszweck spricht ebenfalls dafür, § 124 Nr. 2 ZPO als Verwirkungstatbestand anzusehen, bei dem es auf eine Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt.
29
Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot steht (vgl. dazu Zöller/ Geimer, ZPO 29. Aufl. § 118 Rn. 13), ist der Antragsteller - wie sich insbesondere aus § 117 Abs. 2 Satz 1 und § 118 Abs. 2 ZPO ergibt - bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen. Zu eigenen Ermittlungen ist es dann in der Regel nicht verpflichtet. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO enthält insoweit ebenfalls eine Sanktion für unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben des Antragstellers (vgl. dazu OLG Saarbrücken OLGR 2009, 336, 337), für die es nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt. Es wird vielmehr allein auf seine unzureichende Mitwirkung im Bewilligungsverfahren abgestellt. Die genannten Regelungen beruhen darauf, dass das Gericht im Bewilligungsverfahren, welches sich im Interesse des Antragstellers an einer schnellen Entscheidung mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnügt, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen ist. Begründet der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheint es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglichist.
30
(5) Wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, ist eine einschränkende Auslegung des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO auch aus Verfassungsgründen nicht geboten. Zwar folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Verpflichtung des Staates, die Situation Bemittelter und Unbemittelter im Bereich des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen, insbesondere letzteren den Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig zu erschweren (vgl. BVerfG NJW 2009, 209 f. m.w.N.). Dem trägt die von der Zivilprozessordnung eröffnete Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, Rechnung. Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben besagen indes nicht, dass dem um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden nicht auferlegt werden könnte, die persönlichen und wirtschaftlichen Bewilligungsvoraussetzungen in redlicher Weise darzulegen. Ebenso wenig verstößt es gegen die vorgenannte staatliche Verpflichtung zur Angleichung, wenn das Gesetz an ein schuldhaftes unredliches Verhalten des Antragstellers die Verwirkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe knüpft. Dem Beschwerdegericht ist darin zuzustimmen, dass § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO der Gefahr einer unverhältnismäßigen Erschwernis des Zugangs zu den Gerichten schon dadurch ausreichend begegnet, dass die Aufhebung der Bewilligung lediglich bei einem qualifizierten Verschulden des Antragstellers ermöglicht wird und zudem besonderen Härtefällen im Rahmen der durch die Vorschrift eröffneten Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden kann.
31
c) Das gemäß § 124 ZPO eröffnete Ermessen hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler ausgeübt. Seine Feststellung, der Beschwerdeführer habe seine frühere Beteiligung an der GmbH und seine Darlehensforderung gegen diese nicht von sich aus mitgeteilt und selbst auf Nachfrage des Gerichts noch bewusst verschleiert, um weitere Nachfragen zu vermeiden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
32
Die Rechtsbeschwerde rügt die Feststellung des Beschwerdegerichts , dem Konto des Beklagten seien Bareinzahlungen unbekannter Herkunft in Höhe von insgesamt 1.450 € zugeflossen, was die Vermu- tung eigener Einkünfte nahe lege. Dabei habe das Beschwerdegericht übergangen, dass der Beklagte - unter anderem mittels einer schriftlichen Bestätigung der Mutter seines Sohnes - dargelegt habe, die Einzahlungen stammten von dieser. Das verkennt aber, dass das Beschwerdegericht die Glaubwürdigkeit des Beklagten infolge seiner vorsätzlichen Falschangaben insgesamt in Zweifel gezogen und aus diesem Grunde weder sein Vorbringen im Aufhebungs- und Beschwerdeverfahren noch die dazu vorgelegten Nachweise als ausreichend angesehen hat, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Die Rechtsbeschwerde versucht insoweit ohne Erfolg, diese Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu ersetzen.
33
Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier lediglich ein weniger gravierender Verstoß gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgeblichen Verhältnisse zu machen, vorliegt, beidem lediglich eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten angemessen wäre (vgl. dazu BTDrucks. 8/3068 S. 31).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 17.11.2011- 5 O 120/10 T -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom18.04.2012 - 9 W 72/11 -

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 16/12
vom
10. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung wegen absichtlich oder aus
grober Nachlässigkeit gemachter falscher Angaben nach § 124 Nr. 2 Alt. 1
ZPO setzt nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer
objektiv unrichtigen Bewilligung geführt haben, diese mithin auf den
Falschangaben beruht.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2012- IV ZB 16/12 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski
am 10. Oktober 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. April 2012 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


1
Der Beklagte wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO.
2
I. Von der Klägerin auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch genommen, beantragte er mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15. Juni 2010 beim Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. In der beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war angegeben, er suche nach Arbeit und verfüge weder über eigenes Einkommen noch über Vermögen. Auf Nachfrage des Gerichts ließ er in zwei weiteren Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten ergänzend vortragen, er habe kein "relevantes" Bankguthaben, wohne bei der Mutter seines Sohnes, welche ihm den Mietanteil stunde und ihn durch Naturalleistungen unterstütze; einen PKW habe er nicht, könne jedoch ein von dritter Seite leihweise zur Verfügung gestelltes Fahrzeug nutzen, wodurch weitere Schulden entstünden. Er biete sich als Security-Kraft und für Bauarbeiten an, habe aber noch keine Aufträge erhalten und sei mittellos.
3
Mit Beschluss vom 9. November 2010 bewilligte ihm das Landgericht ratenfreie Prozesskostenhilfe. Am selben Tage wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.
4
Im Juni 2011 regte die Klägerin beim Landgericht an, die Prozesskostenhilfe wieder zu entziehen, denn der Beklagte habe schon während des Rechtsstreits einen PKW Audi A6 gefahren und dafür monatliche Kosten von rund 800 € bestritten. Dazu erklärte der Beklagte auf Anfrage des Gerichts, der PKW sei das ehemalige Firmenfahrzeug einer GmbH, deren Mitgesellschafter er gewesen sei; seine Geschäftsanteile habe er inzwischen veräußert. Den Fahrzeugunterhalt nebst Leasingvertrag habe er dabei übernehmen müssen, die Kosten würden ihm von Dritten ausgelegt. Urkunden, welche der Beklagte sodann auf richterliche Anordnung vorlegte, ist weiter zu entnehmen, dass er unter Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer mit notariellem Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 23. Juni 2010 seinen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 13.000 € und eine Darlehensforderung gegen die GmbH in Höhe von 26.429,04 € zum Preise von insgesamt 3.000 € an Mitgesellschafter verkauft bzw. abgetreten hatte.
5
Mit Beschluss des Rechtspflegers vom 17. November 2011 hat das Landgericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben. Die da- gegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte sein Rechtsschutzbegehren weiter.
6
II. Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erfüllt, weil der Beklagte im Bewilligungsverfahren absichtlich falsche Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Er habe sowohl seinen vorgenannten GmbH-Geschäftsanteil als auch die Darlehensforderung gegen die GmbH und seine Gesellschafterstellung verschwiegen, aufgrund der er zur Nutzung des Firmenwagens Audi A6 3.0 TDI DPF quattro berechtigt gewesen sei. Die darin liegende Verletzung der Pflicht, wahre und vollständige Angaben zu machen (§ 117 Abs. 2 ZPO), entfalle nicht durch den zwischen Beantragung und Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgten Verkauf seiner Gesellschaftsbeteiligung, die behauptete Verwendung des Verkaufserlöses zur Schuldentilgung und die weiteren vorgenannten Verfügungen vom Juni 2010. Die diesbezüglichen Informationen habe der Beklagte nicht freiwillig, sondern erst auf gerichtliche Nachfrage gegeben und selbst dabei noch versucht, den Sachverhalt mit der Angabe zu verschleiern, das Geld für die Fahrzeugkosten werde ihm "von dritter Seite zur Verfügung gestellt". Das lasse auf den für eine absichtliche Falschangabe i.S. von § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erforderlichen Vorsatz schließen.
8
Dass nicht der Beklagte selbst, sondern sein Prozessbevollmächtigter die maßgeblichen Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben habe, sei wegen § 85 Abs. 2 ZPO unerheblich.
9
Es komme nicht darauf an, ob dem Beklagten auch bei wahren und vollständigen Angaben ratenfreie Prozesskostenhilfe hätte bewilligt werden müssen. Zwar sei § 124 Nr. 2 ZPO nach weit verbreiteter Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine Kostenvorschrift ohne Strafzweck, die die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nur gestatte, wenn sie auf den falschen Angaben des Antragstellers beruhe. Zutreffend sei jedoch die Gegenansicht, nach der § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO Sanktionscharakter habe und die Aufhebung der Bewilligung bereits allein als Folge absichtlicher oder grob fahrlässiger falscher Angaben des Antragstellers ermögliche. Sonderfällen könne im Rahmen des von § 124 Nr. 2 ZPO eröffneten Ermessens ausreichend Rechnung getragen werden.
10
Hier sei dieses Ermessen dahingehend auszuüben, dass die gesamte Prozesskostenhilfebewilligung aufzuheben sei. Ein weniger gravierender Verstoß gegen die Pflicht zu wahrheitsgemäßen und vollständigen Angaben liege auch unter Zugrundelegung des neueren Vorbringens des Beklagten nicht vor. Insbesondere genügten seine Angaben und die eingereichten Belege noch immer nicht, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Sollstände auf seinem Konto seien mehrfach durch Bareinzahlungen unbekannter Herkunft im Gesamtwert von 1.450 € ausgeglichen worden, was die Vermutung nahelege, er verfüge über Einkünfte, die er nicht über sein Konto abwickle.
11
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Die Feststellung des Beschwerdegerichts, der Beklagte habe absichtlich falsche Angaben i.S. des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO gemacht und seine Darstellung sei darauf gerichtet gewesen, Fragen nach seiner Gesellschafterstellung und daraus resultierenden Einkünften und Veräußerungserlösen zu vermeiden, ist frei von Rechtsfehlern. Soweit der Beklagte darauf verweist, er sei im - seiner Auffassung nach - allein maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung, d.h. am 9. November 2010, nicht mehr GmbH-Geschäftsführer und Gesellschafter gewesen, so dass seine ursprünglichen Angaben am Ende nicht mehr falsch gewesen seien, hat das Beschwerdegericht dies mit aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Begründung für nicht durchgreifend erachtet. Dass die Angaben des Beklagten unvollständig waren, räumt die Rechtsbeschwerde ein. Demgegenüber erscheint der Befund, dass der Beklagte im November 2010 nicht mehr als Geschäftsführer oder Gesellschafter mit der GmbH verbunden war, lediglich als Momentaufnahme, anhand derer sich seine wirtschaftliche Situation nicht ansatzweise überprüfen ließ. Weder im Zeitpunkt der Bewilligungsreife (vgl. dazu OVG Hamburg NVwZ-RR 2011, 661) noch bei seiner Bewilligungsentscheidung war das Landgericht durch die Angaben des Beklagten über dessen wirtschaftliche Verhältnisse und insbesondere deren Entwicklung ausreichend unterrichtet.
13
b) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, setzt § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO nicht voraus, dass die falschen Angaben des Antragstellers zu einer objektiv unrichtigen Prozesskostenhilfebewilligung geführt haben, die Bewilligung mithin auf den Falschangaben beruht.

14
Die Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten.
15
aa) Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge dienen die in § 124 ZPO unter den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Tatbestände sämtlich allein dem Zweck, dem von einer Prozesskostenhilfebewilligung Begünstigten sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile wieder zu entziehen und so eine objektiv zutreffende Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe herbeizuführen. Auch § 124 Nr. 2 ZPO sei mithin eine rein kostenrechtliche Bestimmung ohne Sanktionscharakter. Sie habe als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zur Voraussetzung, dass die Bewilligung auf den Falschangaben des Antragstellers beruhe, mithin objektiv falsch sei (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1987, 1170 f.; OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503 f.; OLGR 2005, 930 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 296 f.; MDR 1991, 791; OLG Koblenz OLGR 2005, 887 f.; OLG Köln FamRZ 1998, 1523; Stein/Jonas/Bork, ZPO 22. Aufl. § 124 Rn. 13; Musielak/Fischer, ZPO 8. Aufl. § 124 Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO 29. Aufl. § 124 Rn. 5; Baumbach/Hartmann, ZPO 70. Aufl. § 124 Rn. 37; BeckOKZPO /Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19, 19.1; MünchKomm-ZPO/ Motzer, 3. Aufl. § 124 Rn. 3 und 11; HK-ZPO/Pukall, 2. Aufl. § 124 Rn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 32. Aufl. § 124 Rn. 3). Befürworter dieser Auffassung verweisen darauf, dass dem Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO als Sanktionsvorschrift das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation Bemittelter und Unbemittelter bei der Verwirklichung von Rechtsschutz entgegenstehe. Ein objektiv gegebener Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei bei einem verfassungskonformen Verständnis des § 124 Nr. 2 ZPO höher zu bewerten als eine Oberflächlichkeit oder Unaufrichtigkeit des Antragstellers (OLG Brandenburg Rpfleger 2001, 503, 504; ähnlich BeckOK- ZPO/Kratz, Stand 15. Juli 2012 § 124 Rn. 19.1). Ergänzend wird angenommen , das Zivil(prozess)recht sei kein geeigneter Ort, Sanktionen zwischen der Partei und dem Staat festzusetzen (Kratz aaO).
16
bb) Die Gegenmeinung (OLG Bamberg FamRZ 1989, 1204; OLG Brandenburg NJ 2007, 25; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374 f.; OLG Hamm Rpfleger 1986, 238; OLG Köln FamRZ 1987, 1169; 1988, 740; Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 124 Rn. 9), der sich das Beschwerdegericht angeschlossen hat, verweist demgegenüber vorwiegend auf Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 124 ZPO. Gegen die behauptete Zielsetzung, lediglich eine objektiv zutreffende Bewilligungsentscheidung herbeizuführen, und die Verneinung jeglichen Sanktionscharakters der Vorschrift spreche bereits, dass § 124 ZPO lediglich von einer "Aufhebung", nicht aber einer "Änderung" oder "Anpassung" der Bewilligungsentscheidung spreche. Nach dem Gesetzeswortlaut könne die Bewilligungsentscheidung aufgehoben werden, "wenn" - und nicht nur "soweit" - die Tatbestände der Nummern 1 bis 4 erfüllt seien (OLG Köln FamRZ 1987, 1169; OLG Braunschweig OLGR 2005, 373, 374). Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Fälle absichtlicher und grob fahrlässiger Falschangaben des Antragstellers in den Nummern 1 und 2 des § 124 ZPO getrennt vom Fall des bloßen Fehlens der Bewilligungsvoraussetzungen (Nr. 3) geregelt. Daraus sei zu schließen, dass das Gesetz diesen unterschiedlichen Tatbeständen auch unterschiedliche Bedeutung für eine Aufhebung der Bewilligung beimesse. Da sämtliche Fälle des § 124 ZPO eine Ermessensentscheidung eröffneten, müsse in diese auch der unterschiedliche Unwertgehalt der einzelnen Tatbestandsvarianten einfließen, woraus sich ergebe, dass die Vorschrift nicht allein auf einen objektiven kostenrechtlichen Ausgleich ziele, sondern Strafcharakter habe (OLG Köln FamRZ 1988, 740). Dafür spreche auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Gesetz vom 13. Juni 1980 (BGBl. I, 677), mit welchem das frühere Armenrecht durch das Institut der Prozesskostenhilfe abgelöst wurde, heißt es zur Begründung des § 122 ZPO-E, der später als § 124 in die Zivilprozessordnung aufgenommen worden ist: "Ob das Gericht bei Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufhebt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Bei weniger gravierenden Verstößen gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgebenden Verhältnisse zu machen …, kann eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen der Partei … die angemessenere Reaktion des Gerichts sein." (BTDrucks. 8/3068 S. 31).
17
Hieraus wird gefolgert, § 124 Nr. 1 und 2 ZPO ermögliche in schwerer wiegenden Fällen von Falschangaben die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung , ohne dass es auf Weiteres ankäme (OLG Köln FamRZ 1987, 1169, 1170).
18
cc) Eine vermittelnde Meinung nimmt das Oberlandesgericht Zweibrücken ein (OLGR 2007, 958-960): Für einen Strafcharakter der Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO spreche, dass eine nachträgliche Anpassung der Prozesskostenhilfebewilligung an die objektive Sach- und Rechtslage - wenngleich auf vier Jahre befristet - bereits in § 124 Nr. 3 ZPO geregelt sei, so dass die Aufstellung zweier weiterer Tatbestände (in den Nr. 1 und 2) mit gleicher Rechtsfolge, jedoch zusätzlichen qualifizierten Schuldvoraussetzungen keinen Sinn ergebe. Kennzeichnend für die in § 124 Nr. 2 ZPO geregelten Sachverhalte sei allerdings, dass dem Gericht keine ausreichende Grundlage für die Feststellung gewährt werde , der Antragsteller sei bedürftig. Das Gericht müsse deshalb im Rah- men der ihm eröffneten Ermessensentscheidung prüfen, ob sich die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse trotz der mittels Falschangaben heraufbeschworenen Unsicherheit noch ausreichend sicher feststellen ließen. Die Darlegungslast hierfür liege beim Antragsteller. Ergebe diese Prüfung hinreichend sicher, dass der Antragsteller bedürftig sei, könne ihm die Prozesskostenhilfe belassen werden, anderenfalls sei die Aufhebung der Bewilligung keine Strafe, sondern lediglich beweisrechtliche Folge der vom Antragsteller geschaffenen Unsicherheit.
19
dd) Der Bundesgerichtshof hat lediglich vor Inkrafttreten der 2. Alternative des § 124 Nr. 2 ZPO (vgl. KostÄndG 1986 BGBl. I 1986, 2326, 2338) ausgesprochen, dass der Antragsteller seinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sachlich gerechtfertigten Umfang nicht dadurch verwirke , dass er seine Offenbarungspflicht in Bezug auf eine Veränderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse verletze (BGH, Beschluss vom 14. März 1984 - IVb ZB 114/83, FamRZ 1984, 677, 678 unter II 1 a). Im Übrigen hat er die hier erörterte Frage bisher ausdrücklich offen gelassen (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - X ZR 119/99, juris Rn. 6).
20
ee) Die oben unter bb) vorgestellte Rechtsauffassung trifft zu.
21
Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Gesetzeszweck des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO sprechen dafür, dass das Gericht die Prozesskostenhilfebewilligung bei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten falschen Angaben des Antragstellers auch dann aufheben kann, wenn die Bewilligung nicht auf diesen Angaben beruht, sofern die falschen Angaben jedenfalls generell geeignet erscheinen, die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu beeinflussen.

22
(1) § 124 ZPO nennt unter den Nummern 1 bis 3 drei unterschiedliche Tatbestände, die die Ermessensentscheidung eröffnen, eine frühere Prozesskostenhilfebewilligung mit Blick auf die Bewilligungsvoraussetzungen , bzw. ihre Darlegung, aufzuheben. In den Nummern 1 und 2, welche zum einen eine unrichtige Darstellung des Streitstandes, zum anderen unrichtige Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers zum Gegenstand haben, ist nicht davon die Rede, die Aufhebung der Bewilligung setze zusätzlich voraus, dass letztere auf den falschen Angaben beruhe, mithin nicht der objektiven Sachlage entspreche. Dies wird ausdrücklich nur in Nummer 3 vorausgesetzt und bildet dort den alleinigen Aufhebungsgrund. Wollte man annehmen , dieselbe Voraussetzung gelte - ungeschrieben - auch im Rahmen der Nummern 1 und 2, beschränkte sich deren Regelungsgehalt darauf , die Befristung der in Nummer 3 ohnehin eröffneten Aufhebungsmöglichkeit in Fällen schuldhaft falscher Angaben entfallen zu lassen.
23
Ein solches Verständnis wird dem Aufbau der Vorschrift nicht gerecht. Ihm liegt stattdessen erkennbar zugrunde, dass derjenige Antragsteller , der im Bewilligungsverfahren schuldhaft falsche Angaben macht, sich mithin subjektiv falsch verhält, hinsichtlich des Bestandes seiner Bewilligung weniger schutzwürdig erscheint, als derjenige, dessen Bewilligung sich lediglich als objektiv unzutreffend erweist. Dementsprechend regeln die Tatbestände in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO und in § 124 Nr. 3 ZPO Aufhebungsgründe von unterschiedlichem Unwertgehalt, was in der zeitlichen Begrenzung der Aufhebung der Bewilligung nach Nummer 3 seinen Ausdruck findet. Hätten alle Tatbestände eine objektive Unrichtigkeit der ursprünglichen Bewilligung zur gemeinsamen Voraussetzung, wäre zu erwarten gewesen, dass dies "vor die Klammer gezogen", d.h. den Nummern 1 bis 3 vorangestellt worden wäre. Im Übrigen hätten die qualifizierten subjektiven Voraussetzungen der Nummern 1 und 2 in diesem Falle nur noch Bedeutung für die in Nummer 3 geregelte Befristung. Es hätte dann kein Anlass bestanden, sie vor der Regelung der Nummer 3 als gesonderte Tatbestände zu formulieren, sondern genügt, es bei der Regelung der Nummer 3 bewenden zu lassen und ihr einen letzten Halbsatz hinzuzufügen, demzufolge die Befristung nicht gelte, wenn die Bewilligung auf einer unrichtigen Darstellung des Streitstandes oder absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit gemachten unrichtigen Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen beruht.
24
(2) Das Argument, die Zivilprozessordnung sei nicht der Ort, Sanktionen zwischen Staat und Bürger zu regeln, überzeugt ebenso wenig wie das allgemeine, von seinen Befürwortern nicht näher begründete Postulat, § 124 ZPO wohne als rein kostenrechtlicher Bestimmung kein Sanktionscharakter inne. Dabei wird bereits verkannt, dass das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wenngleich aus Gründen der Sachnähe in der Zivilprozessordnung geregelt, nicht Teil des kontradiktorischen Rechtstreits, sondern ein eigenes, seinem Wesen nach öffentlich-rechtliches Subventionsverfahren der Daseinsvorsorge darstellt, bei dem die bedürftige Partei dem bewilligenden Staat als Antragsteller gegenübertritt, während der Prozessgegner keine Parteirolle einnimmt, sondern lediglich ein Anhörungsrecht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 1983 - VI ZR 100/83, BGHZ 89, 65 f.). Es ist deshalb nicht möglich, aus dem allgemeinen Wesen des Zivilprozesses Rückschlüsse auf den Regelungsgehalt der allein das Verfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffenden Bestimmungen zu ziehen. Die §§ 114 ff. ZPO regeln insoweit eigenständig die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsschutz suchende Partei staatliche Unterstützung beanspruchen kann, umgekehrt aber in § 124 ZPO auch die Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligung. Dass es dem Gesetzgeber dabei nicht möglich sein sollte, auch Verwirkungstatbestände für den Fall unlauteren Verhaltens des Antragstellers zu schaffen, ist nicht ersichtlich. Für einen Sanktionscharakter der in § 124 Nr. 1 und 2 ZPO getroffenen Regelungen spricht insoweit gerade die alleinige Anknüpfung an ein Verschulden des Antragstellers im Kontrast zu der verschuldensunabhängigen Korrektur der Bewilligung nach § 124 Nr. 3 ZPO.
25
(3) Dieses Verständnis stützt auch die amtliche Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze vom 18. März 1985 (BT-Drucks. 10/3054). Danach wurde mit dem Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen vom 9. Dezember 1986 (KostÄndG 1986 BGBl. I 2326) § 124 Nr. 2 ZPO erklärtermaßen als "erforderliche Sanktion bei einer Verletzung der Erklärungspflicht nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO" (BT-Drucks. 10/3054 S. 22) um die zweite Alternative erweitert. Auch der Aufhebungsgrund in § 124 Nr. 4 ZPO wird als reine Sanktion für die Missachtung der richterlichen Zahlungsanordnung verstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2005 - VI ZB 72/03, NJW-RR 2006, 197 unter II 2 b).
26
Ferner geben die Gesetzgebungsmaterialien zu § 124 Nr. 1 und 2 ZPO Hinweise darauf, dass die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch allein als Folge falscher Angaben des Antragstellers möglich sein sollte. In der amtlichen Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über die Prozesskostenhilfe vom 17. Juli 1979 heißt es zum dortigen § 122, aus dem später der § 124 ZPO hervorgegangen ist: "Absatz 1 erlaubt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufzuheben, wenn die Partei die Bewilligung durch bewußt falsche Angaben über das Streitverhältnis oder über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erschlichen hat, wenn sie grob fahrlässig unrichtige Angaben über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, wenn sie bewußt oder grob fahrlässig ihrer Anzeigepflicht nach § 121 … nicht nachgekommen ist oder wenn sie mit den angeordneten Zahlungen erheblich in Rückstand ist. … Nach Absatz 2 kann das Gericht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben, wenn die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Anfang an nicht vorlagen oder später entfallen sind. … In diesen Fällen soll jedoch eine zeitliche Grenze für die Aufhebung … bestehen." (BT-Drucks. 8/3068 S. 31).
27
Daraus wird ersichtlich, dass der Entwurf in zwei getrennten Absätzen zwischen einer verschuldensabhängigen und einer lediglich auf objektiven Gründen beruhenden Aufhebung der Bewilligung unterschied, und der Gesetzgeber neben dem Erschleichen der Bewilligung auch grob fahrlässig unrichtige Angaben des Antragstellers für die Aufhebung ausreichen lassen wollte. Der Entwurf hat, wie das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt hat, im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren zwar redaktionelle Änderungen erfahren (vgl. dazu BT-Drucks. 10/3054 S. 22), insbesondere ist davon abgesehen worden, die objektiven Aufhebungsgründe in einem gesonderten Absatz 2 zu regeln; eine sachliche Änderung ging damit indes nicht einher.
28
(4) Der Gesetzeszweck spricht ebenfalls dafür, § 124 Nr. 2 ZPO als Verwirkungstatbestand anzusehen, bei dem es auf eine Kausalität der falschen Angaben für die Bewilligung nicht ankommt.
29
Im Prüfungsverfahren zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe, das unter einem besonderen Beschleunigungsgebot steht (vgl. dazu Zöller/ Geimer, ZPO 29. Aufl. § 118 Rn. 13), ist der Antragsteller - wie sich insbesondere aus § 117 Abs. 2 Satz 1 und § 118 Abs. 2 ZPO ergibt - bei der Aufklärung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in besonderem Maße zur Mitwirkung verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ablehnen. Zu eigenen Ermittlungen ist es dann in der Regel nicht verpflichtet. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO enthält insoweit ebenfalls eine Sanktion für unvollständige oder nicht rechtzeitige Angaben des Antragstellers (vgl. dazu OLG Saarbrücken OLGR 2009, 336, 337), für die es nicht darauf ankommt, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung materiell erfüllt. Es wird vielmehr allein auf seine unzureichende Mitwirkung im Bewilligungsverfahren abgestellt. Die genannten Regelungen beruhen darauf, dass das Gericht im Bewilligungsverfahren, welches sich im Interesse des Antragstellers an einer schnellen Entscheidung mit einer Glaubhaftmachung der Bewilligungsvoraussetzungen begnügt, in besonderem Maße auf ein redliches Verhalten des Antragstellers angewiesen ist. Begründet der Antragsteller in vorwerfbarer Weise Zweifel an seiner Redlichkeit, erscheint es angemessen, ihm die nachgesuchte finanzielle Unterstützung zu versagen, weil ein summarisches Prüfungsverfahren dann nicht mehr möglichist.
30
(5) Wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, ist eine einschränkende Auslegung des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO auch aus Verfassungsgründen nicht geboten. Zwar folgt aus dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), dem Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) die Verpflichtung des Staates, die Situation Bemittelter und Unbemittelter im Bereich des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen, insbesondere letzteren den Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig zu erschweren (vgl. BVerfG NJW 2009, 209 f. m.w.N.). Dem trägt die von der Zivilprozessordnung eröffnete Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu erhalten, Rechnung. Die vorgenannten verfassungsrechtlichen Vorgaben besagen indes nicht, dass dem um Prozesskostenhilfe Nachsuchenden nicht auferlegt werden könnte, die persönlichen und wirtschaftlichen Bewilligungsvoraussetzungen in redlicher Weise darzulegen. Ebenso wenig verstößt es gegen die vorgenannte staatliche Verpflichtung zur Angleichung, wenn das Gesetz an ein schuldhaftes unredliches Verhalten des Antragstellers die Verwirkung des Anspruchs auf Prozesskostenhilfe knüpft. Dem Beschwerdegericht ist darin zuzustimmen, dass § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO der Gefahr einer unverhältnismäßigen Erschwernis des Zugangs zu den Gerichten schon dadurch ausreichend begegnet, dass die Aufhebung der Bewilligung lediglich bei einem qualifizierten Verschulden des Antragstellers ermöglicht wird und zudem besonderen Härtefällen im Rahmen der durch die Vorschrift eröffneten Ermessensentscheidung ausreichend Rechnung getragen werden kann.
31
c) Das gemäß § 124 ZPO eröffnete Ermessen hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler ausgeübt. Seine Feststellung, der Beschwerdeführer habe seine frühere Beteiligung an der GmbH und seine Darlehensforderung gegen diese nicht von sich aus mitgeteilt und selbst auf Nachfrage des Gerichts noch bewusst verschleiert, um weitere Nachfragen zu vermeiden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
32
Die Rechtsbeschwerde rügt die Feststellung des Beschwerdegerichts , dem Konto des Beklagten seien Bareinzahlungen unbekannter Herkunft in Höhe von insgesamt 1.450 € zugeflossen, was die Vermu- tung eigener Einkünfte nahe lege. Dabei habe das Beschwerdegericht übergangen, dass der Beklagte - unter anderem mittels einer schriftlichen Bestätigung der Mutter seines Sohnes - dargelegt habe, die Einzahlungen stammten von dieser. Das verkennt aber, dass das Beschwerdegericht die Glaubwürdigkeit des Beklagten infolge seiner vorsätzlichen Falschangaben insgesamt in Zweifel gezogen und aus diesem Grunde weder sein Vorbringen im Aufhebungs- und Beschwerdeverfahren noch die dazu vorgelegten Nachweise als ausreichend angesehen hat, um Zweifel an seiner Bedürftigkeit auszuräumen. Die Rechtsbeschwerde versucht insoweit ohne Erfolg, diese Beweiswürdigung durch eine eigene Würdigung zu ersetzen.
33
Im Übrigen ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier lediglich ein weniger gravierender Verstoß gegen die Verpflichtung, zutreffende Angaben über die maßgeblichen Verhältnisse zu machen, vorliegt, beidem lediglich eine rückwirkende Änderung der Bestimmungen über die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten angemessen wäre (vgl. dazu BTDrucks. 8/3068 S. 31).
Mayen Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 17.11.2011- 5 O 120/10 T -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom18.04.2012 - 9 W 72/11 -

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 196/10 Verkündet am:
10. Mai 2011
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der groben Fahrlässigkeit bei der Verursachung eines Brandschadens
durch Erhitzung von Fett auf einem Küchenherd.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - VI ZR 196/10 - LG Osnabrück
AG Nordhorn
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Zoll, die Richterin Diederichsen, den Richter Pauge und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 30. Juni 2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, Feuerversicherer des Hauseigentümers, nimmt den beklagten Wohnungsmieter aus gemäß § 67 VVG a.F. übergegangenem Recht wegen eines von diesem verursachten Brandschadens in Regress. Der Beklagte bewohnte eine Dachgeschosswohnung, in die er am 3. Februar 2007 gegen 4:00 Uhr zurückkehrte. Er wollte sich auf dem Küchenherd in einem Kochtopf mit Frittiereinsatz Kartoffelröllchen zubereiten und erhitzte dazu Fett. Als dieses geschmolzen und warm war, gab er die tiefgefrorenen Kartoffelröllchen hinein. Sodann verließ er die Küche und begab sich ins Wohnzimmer. Während er dort war, erhitzte sich das im Topf befindliche Fett so stark, dass es sich entzündete. Der Brand ergriff die Küchenzeile und den Deckenbereich. Von dort breitete sich das Feuer auf den Dachstuhl aus und erfasste schließlich das gesamte Haus. Der Beklagte wurde rechtskräftig wegen fahrlässiger Brandstiftung zu einer Geldstrafe verurteilt.
2
Der Kläger hält die Brandverursachung für grob fahrlässig. Er behauptet, er habe den Brandschaden mit 145.689,77 € reguliert und darüber hinaus Sachverständigenkosten von 2.076,79 € und 48,12 € sowie vorgerichtliche Anwaltskosten von 2.475,80 € erstattet.
3
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe objektiv grob fahrlässig gehandelt. Das Erhitzen von Öl oder Fett in einem offenen Kochtopf sei wegen des damit verbundenen sehr hohen Gefahrenpotentials mit höchster Aufmerksamkeit durchzuführen und zumindest im Grundsatz stetig zu überwachen. Diese Sorgfaltspflicht habe der Beklagte in besonders gravierender Weise verletzt, als er sich nach dem Anstellen der Herdplatte für etwa fünf bis 15 Minuten aus der Küche entfernt und Fett und Frittiergut unbeaufsichtigt gelassen habe. Jedoch sei der Vorwurf eines besonders schwerwiegenden persönlichen Verschuldens in subjektiver Hinsicht nicht gerechtfertigt. Ein Anscheinsbeweis komme dafür nicht in Betracht. Von Bedeutung sei lediglich, ob die gebotene Sorgfalt hätte bekannt sein müssen, wie erheblich gegen die Sorgfaltsanforderungen verstoßen worden sei und ob insgesamt ein schweres persönliches Verschulden vorliege. Im Streitfall liege ein Augenblicksversagen des Beklagten vor, das unter Berücksichtigung seiner Vorkenntnisse und der konkreten Umstände der Brandentstehung den Pflichtenverstoß insgesamt in einem milderen Licht erscheinen lasse. Es sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte erst seit kurzer Zeit eigene Erfahrungen mit der Essenszubereitung gesammelt habe. Den Topf mit dem Frittiereinsatz habe er zuvor für die Zubereitung anderer Speisen benutzt, ohne dass es zu einem Brand gekommen sei. Unwiderlegt sei, dass der als Hausmann unerfahrene Beklagte hinsichtlich der erheblichen Brandgefahr nicht ausreichend sensibilisiert gewesen sei. Unbewiesen sei, dass er wegen seiner Alkoholisierung zu einer sicheren Bedienung des Herdes nicht mehr in der Lage gewesen oder vor dem Fernseher eingeschlafen sei.

II.

5
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass ein Regressanspruch des Klägers nur unter der Voraussetzung besteht, dass der Beklagte den Brandschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Diese Auffassung entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach in der Gebäudefeuerversicherung eine ergänzende Vertragsauslegung einen konkludenten Regressverzicht des Versicherers für die Fälle ergibt, in denen der Wohnungsmieter einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat (BGH, Urteile vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, BGHZ 145, 393, 395 ff. und vom 13. September 2006 - IV ZR 273/05, BGHZ 169, 86 Rn. 8 ff.; - IV ZR 378/02, VersR 2006, 1530 Rn. 14 ff. und - IV ZR 116/05, VersR 2006, 1533 Rn. 10 f.). Da im Streitfall Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten nicht gegeben sind und der Beklagte einfache Fahrlässigkeit nicht in Abrede stellt, kommt es für seine Haftung allein darauf an, ob ihm grobe oder lediglich einfache Fahrlässigkeit anzulasten ist. Mit Recht nimmt das Berufungsgericht auch an, dass der Kläger als Versicherer die Voraussetzungen für die Annahme eines grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten darzulegen und zu beweisen hat (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO S. 400).
7
2. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Verhalten des Beklagten bei der Zubereitung der Kartoffelröllchen sei in objektiver Hinsicht grob fahrlässig gewesen. Diese tatrichterliche Beurteilung wird von der Revision als ihr günstig hingenommen.
8
3. Die Revision wendet sich allein dagegen, dass das Berufungsgericht ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten in subjektiver Hinsicht für nicht bewiesen erachtet hat. Damit hat sie keinen Erfolg.
9
a) Die tatrichterliche Entscheidung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt lediglich, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 353; vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82, VersR 1984, 775, 776; vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88, VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985 und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08, VersR 2009, 839 Rn. 9).
10
b) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Es hat seinem Urteil die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zugrunde gelegt, wonach grobe Fahrlässigkeit einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraussetzt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt , wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt und vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364). Hiernach ist es in aller Regel erforderlich, nicht nur zur objektiven Schwere der Pflichtwidrigkeit, sondern auch zur subjektiven (personalen) Seite konkrete Feststellungen zu treffen (Senatsurteile vom 12. Januar 1988 - VI ZR 158/87, aaO, 474 f. und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08, aaO Rn. 10).
11
c) Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, brandursächlich sei ein Augenblicksversagen, das in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse des Beklagten und der konkreten Umstände der Brandentstehung den Vorwurf eines schlechthin unentschuldbaren Fehlverhaltens nicht rechtfertige, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
12
aa) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den Begriff des Augenblicksversagens nicht verkannt. Der Ausdruck "Augenblicksversagen" beschreibt nur den Umstand, dass der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht ließ (BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149). Die Beurteilung des Berufungsgerichts , ein solcher Fall sei vorliegend gegeben, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht offen gelassen, in welchem konkreten Umstand das Augenblicksversagen gelegen habe. Es hat berücksichtigt, dass der Beklage nach eigenen Angaben den Garzustand der Kartoffelröllchen in gewissen Zeitabständen überprüfen wollte, jedoch nach dem Einschalten des Fernsehgeräts von dem Frittiervorgang vollständig abgelenkt wurde. Seine Unaufmerksamkeit dauerte demnach nur kurze Zeit und war für ihn nicht vorhersehbar, als er die Küche verließ, um das Fernsehgerät einzuschalten. Er war nach eigenen Angaben nicht etwa, wie die Revision ausführt, zum Fernsehen in das Wohnzimmer gegangen, sondern vielmehr nur, um das Gerät einzuschalten und sodann in die Küche zurückzukehren. Die Annahme eines Augenblicksversagens setzt, anders als die Revision wohl meint, auch nicht voraus, dass der Schädiger irrtümlich annimmt, der gefahrträchtige Vorgang sei bereits beendet. Dass der Beklagte beim "Zappen" durch die Programme hängengeblieben ist und sich bei seiner mehr als drei Jahre nach dem Brandereignis erfolgten Anhörung vor dem Berufungsgericht an konkrete Programminhalte nicht mehr erinnern konnte, spricht ebenfalls nicht gegen eine kurzfristige Unaufmerksamkeit.
13
bb) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der subjektiven Seite der groben Fahrlässigkeit auch nicht verkannt, dass die Bejahung eines Augenblicksversagens für sich allein nicht ausreicht, um grobe Fahrlässigkeit zu verneinen. Es hat, ausgehend von seiner Annahme, dass die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben seien, zutreffend darauf abgestellt, dass vorliegend weitere subjektive Umstände hinzukämen, die es im konkreten Einzelfall gerechtfertigt erscheinen ließen, unter Abwägung aller Umstände den Schuldvorwurf geringer als grob fahrlässig zu bewerten (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, aaO, 149 ff.). Als solche Umstände hat das Beru- fungsgericht zugunsten des Beklagten berücksichtigt, dass er erst seit relativ kurzer Zeit eigene Erfahrungen mit der Essenszubereitung gesammelt habe. Hiergegen wendet die Revision ohne Erfolg ein, das Berufungsgericht habe die mangelnde Erfahrung bereits bei der Prüfung der objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit berücksichtigt und in diesem Zusammenhang selbst entkräftet. Insoweit weist die Revisionserwiderung mit Recht darauf hin, dass das Berufungsgericht bei der Erörterung der objektiven Merkmale ausschließlich darauf abgestellt hat, ob der zum Schadenszeitpunkt 33-jährige Beklagte in objektiver Hinsicht einem durchschnittlichen Verkehrskreis zuzurechnen sei, in dem ein verantwortungsvoller Umgang mit Kochplatten und mit siedendem Öl bzw. Fett ohne Einschränkung erwartet werden könne. Subjektive Merkmale hat das Berufungsgericht dabei nicht geprüft. Entgegen der Auffassung der Revision lässt die Berücksichtigung der Unerfahrenheit des Beklagten infolge des späten Beginns seiner eigenen Haushaltsführung auch keinen Verfahrensfehler erkennen.
14
cc) Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht habe die Verneinung der subjektiven Merkmale grober Fahrlässigkeit auch damit begründet, dass der Beklagte die Herdplatte gerade erst angestellt gehabt und das Öl gerade erst angefangen habe sich zu erhitzen, als er die Küche verließ. Richtig ist, dass dieser Teil der Urteilsbegründung auf Antrag des Klägers durch Beschluss vom 18. August 2010 berichtigt und durch folgenden Satz ersetzt worden ist: "Das Fett war zerschmolzen und schon warm, als der Beklagte die tiefgefrorenen Kartoffelröllchen hineingab und die Küche verließ." Die Revisionserwiderung weist aber mit Recht darauf hin, dass der Beklagte auch nach der in dieser Weise berichtigten Urteilsfassung die Küche am Anfang des Frittiervorgangs verlassen hat. Die tatrichterliche Beurteilung , dass sich dieses Verhalten des Beklagten noch nicht als unvertretbares Fehlverhalten darstelle, wird auch von der berichtigten Fassung der getroffenen Feststellungen getragen.
15
dd) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass den Schädiger, soweit die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben seien, eine besondere Substantiierungspflicht hinsichtlich der ihn entlastenden subjektiven Umstände treffen könne. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Gebäudeversicherung ist für die Frage eines Regressverzichts im Falle leichter Fahrlässigkeit des Wohnungsmieters die versicherungsrechtliche Lösung maßgebend (BGH, Urteil vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO, 398 ff.). Danach obliegt es dem Versicherer darzulegen und zu beweisen, dass die Voraussetzungen für einen Regress beim Mieter vorliegen, dass dieser also grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat (BGH, Urteil vom 8. November 2000 - IV ZR 298/99, aaO, 400). Demgemäß ist der Kläger nicht nur für die objektiven Merkmale grober Fahrlässigkeit, sondern auch für die subjektive Seite des Pflichtenverstoßes des Beklagten darlegungsund beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364, 365). Die Revision verkennt nicht, dass insoweit die Grundsätze des Anscheinsbeweises nicht anwendbar sind (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1970 - VI ZR 226/68, VersR 1970, 568, 569). Sie meint jedoch, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen grober Fahrlässigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urteile vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, aaO, 151 und vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 57/88, NJW 1989, 1354, 1355) und dass es in diesem Zusammenhang Sache des Beklagten sei, in seiner Person liegende entlastende Umstände vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, VersR 2003, 364, 365). Dabei vernachlässigt die Revision indessen, dass der Beklagte sich ausdrücklich auf seine mangelnde Erfahrung mit der Zubereitung von Speisen berufen hat und Unerfahrenheit ein subjektiver Umstand ist, der es im Einzelfall rechtfertigen kann, einen Pflichtenverstoß geringer als grob fahrlässig zu bewerten. Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die subjektiven Merkmale grober Fahrlässigkeit seien hier deshalb nicht gegeben, weil der Beklagte unwiderlegt hinsichtlich der erheblichen Brandgefahr eines solchen Topfes nicht ausreichend sensibilisiert gewesen sei, berücksichtigt die besonderen Umstände des Einzelfalls und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
16
ee) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Vorfalls unter Alkoholeinwirkung stand. Das Maß seiner Alkoholisierung ist nicht festgestellt worden. Eine Blutprobe wurde nicht entnommen. Konkrete Umstände, die auf den Grad der Alkoholisierung schließen lassen könnten, hat der Kläger nicht dargetan. Sie lassen sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht dem von dem Polizeikommissar B. erstellten Brandbefundbericht entnehmen. Das Berufungsgericht hat in dem Inhalt der dort wiedergegebenen Befragung des Beklagten durch B. und in dessen subjektiver Einschätzung der Alkoholisierung des Beklagten mit Recht keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Bejahung subjektiver Merkmale grober Fahrlässigkeit gesehen. Es war deshalb nicht verfahrensfehlerhaft, dass es von einer Vernehmung des als Zeugen benannten Polizeikommissars B. abgesehen hat, zumal das Amtsgericht, auf dessen Tatsachenfeststellungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ausgeführt hat, der Beklagte habe glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er im Verlaufe des Abends zwar vier bis fünf Flaschen Bier à 0,33 l getrunken, sich aber angesichts des Umstands, dass er den Alkohol über einen längeren Zeitraum hinweg zu sich genommen habe, absolut "fit" gefühlt habe. Diese tatrichterliche Würdigung des Amtsgerichts , der das Berufungsgericht gefolgt ist, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Sie trägt die Beurteilung, dass sich die erforderlichen subjektiven Merkmale grober Fahrlässigkeit im Streitfall nicht feststellen lassen.

III.

17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Galke Zoll Diederichsen
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Nordhorn, Entscheidung vom 23.09.2009 - 3 C 445/09 -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 30.06.2010 - 1 S 446/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 197/05 Verkündet am:
11. Juli 2007
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 276 Bb, Cg
Ein Kraftfahrer, der mit seinem Fahrzeug einem die Fahrbahn überquerenden
Fuchs ausweicht, handelt nicht grundsätzlich grob fahrlässig.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2007 - XII ZR 197/05 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Fuchs
und Dr. Ahlt, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Oktober 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine Autovermieterin, macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend, weil dieser den bei ihr gemieteten Pkw grob fahrlässig beschädigt habe.
2
Am 8. Juni 2004 mietete der Beklagte bei der Klägerin einen BMW 318, wobei eine Haftungsbefreiung mit Selbstbehalt in Höhe von 550 € für selbstverschuldete Unfälle vereinbart wurde. Bei Übergabe des Fahrzeugs erhielt der Beklagte von der Klägerin ein mit "Mietvertrag" überschriebenes Blatt Papier, aus dem sich u.a. die Bezeichnung des gemieteten Fahrzeugs, die Höhe der Miete sowie die Haftungsbefreiung mit Selbstbehalt ergab.
3
Ferner heißt es dort: "Ich akzeptiere für diese und zukünftige Anmietungen die allgemeinen S. -Vermietbedingungen, die Bedingungen des S. -Expressmasteragreement sowie die Geschäftsbedingungen der Kreditkarteninstitute. ... Die allgemeinen S. -Vermietbedingungen und die Bedingungen des S. -Expressmasteragreement liegen im Vermietbüro aus."
4
In den Geschäftsbedingungen der Klägerin heißt es unter "J: Haftung des Mieters Nr. 2.": "Dem Mieter steht es frei, die Haftung aus Unfällen für Schäden der Vermieterin durch Zahlung eines besonderen Entgeltes auszuschließen = vertragliche Haftungsfreistellung. In diesem Fall haftet er für Schäden, abgesehen von der vereinbarten Selbstbeteiligung nur dann, wenn ... er oder seine Erfüllungsgehilfen den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt haben ..."
5
Am 13. Juni 2004 verursachte der Beklagte gegen 4.00 Uhr morgens auf der Bundesautobahn A 8 zwischen Stuttgart und Pforzheim mit dem gemieteten BMW einen Unfall. Hierzu heißt es im Schadensbericht des Beklagten vom 13. Juni 2004: "Leichtes Ausweichmanöver beim Befahren der A 8 von Stuttgart nach Pforzheim. Ausweichen aufgrund eines Wildwechsel (vermutlich Fuchs) nach rechts, wobei die etwas in den Seitenstreifen gebaute Leitplanke touchiert wurde."
6
An der Unfallstelle ist die Leitplanke verstärkt und ragt deshalb etwas in den Seitenstreifen hinein. Der Beklagte fuhr zum Unfallzeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h. Durch den Unfall entstand der Klägerin ein Schaden von insgesamt 8.892,69 €.
7
Das Landgericht hat der Klage auf Ausgleich dieses Schadens in vollem Umfang stattgegeben. Der Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig herbeigeführt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht ihn lediglich zur Zahlung des Selbstbehalts in Höhe von 550 € verurteilt. Die Geschäftsbedingungen der Klägerin seien Vertragsbestandteil geworden. Der Beklagte habe jedoch nicht grob fahrlässig gehandelt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision sucht die Klägerin, die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils zu erreichen.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe gegen den Beklagten gemäß §§ 535, 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag lediglich einen Anspruch auf Leistung des Selbstbehalts von 550 €. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, wonach der Beklagte auch bei vertraglicher Haftungsfreistellung dann voll hafte, wenn er den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe, seien Vertragsbestandteil geworden. Der Beklagte habe mit der Übergabe des Fahrzeugs den schriftlichen Mietvertrag mit dem Hinweis auf die AGB der Klägerin erhalten. Der Hinweis sei daher entsprechend § 305 Abs. 2 BGB bei und nicht erst nach Vertragsschluss erfolgt. Auch sei der Hinweis ausdrücklich im Sinne der genannten Vorschrift gewesen. Er sei nämlich so angeordnet gewesen, dass er von einem Durchschnittskun- den auch bei flüchtiger Betrachtung nicht habe übersehen werden können. Schließlich habe sich der Beklagte - jedenfalls durch schlüssiges Verhalten - mit der Geltung der AGB einverstanden erklärt, da er nach Übergabe des schriftlichen Vertragstextes, der den Hinweis auf die AGB enthalten habe, das Fahrzeug in Empfang genommen habe und es so zum Vertragsschluss gekommen sei. Inhaltlich sei die Klausel nicht zu beanstanden. Danach hafte der Beklagte aber für den eingetretenen Schaden nicht über den Selbstbehalt von 550 € hinaus. Denn der Klägerin sei der Nachweis nicht gelungen, der Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verschuldet. In tatsächlicher Hinsicht sei davon auszugehen , dass der Beklagte, als zum Unfallzeitpunkt ein Fuchs die vom Beklagten nachts um ca. 4.00 Uhr mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h befahrene Autobahn A 8 gekreuzt habe, reflexartig leicht nach rechts ausgewichen sei und dabei mit dem Fahrzeug der Klägerin die Leitplanke gestreift habe. Aufgrund dieses Sachverhalts liege jedenfalls ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteige, nicht vor. Zwar habe der Bundesgerichtshof (Urteil vom 18. Dezember 1996 - IV ZR 321/95 - NJW 1997, 1012) im Rahmen einer Teilkaskoversicherung entschieden, dass ein Kraftfahrer, der mit einem Mittelklasse-Pkw bei einer Geschwindigkeit von etwa 90 km/h einem Hasen ausweiche, grob fahrlässig handele. In jenem Fall sei es jedoch um die Frage gegangen, ob ein Versicherungsnehmer im Rahmen einer Teilkaskoversicherung es nach §§ 62, 63 VVG für geboten halten dürfe, zur Abwendung und Minderung des (drohenden) Schadens einem Kleintier auszuweichen. Im Rahmen einer solchen Konstellation habe der Bundesgerichtshof ausgeführt, der Versicherungsnehmer habe sich grob fahrlässig über die Erforderlichkeit der Aufwendungen zur Vermeidung des versicherten Schadens geirrt und könne deswegen nach §§ 62, 63 VVG seine Aufwendungen (Rettungskosten) nicht ersetzt verlangen. Im vorliegenden Fall gehe es jedoch nicht um den Ersatz von Aufwendungen für Ret- tungsmaßnahmen, sondern darum, ob der Versicherungsfall als solcher durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden sei. Im Rahmen dieser Prüfung dürfe ein reflexartiges Ausweichen nicht bereits als subjektiv völlig unentschuldbar und somit grob fahrlässig eingestuft werden. Denn es entspreche der natürlichen Reaktion eines Menschen, einem plötzlich auftauchenden Hindernis auszuweichen und einen Zusammenstoß zu vermeiden und nicht auf das Hindernis zuzufahren. Eine solche "natürliche", wenn auch u.U. nicht sinnvolle oder zweckmäßige Reaktion bei unvermitteltem Auftauchen eines Fuchses auf der Fahrbahn könne als fahrlässig angesehen werden, nicht aber als subjektiv völlig unentschuldbares Fehlverhalten, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteige.

II.

10
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nach § 305 Abs. 2 BGB Vertragsbestandteil geworden sind.
12
a) Dem hält die Revisionserwiderung zwar entgegen, der Beklagte habe im Einzelnen vorgetragen, dass der Mietvertrag mündlich und damit ohne Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin geschlossen worden sei. Dies habe die Klägerin auch nicht bestritten.
13
Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat bestritten, dass zwischen den Parteien zunächst ein mündlicher Vertrag über das Fahrzeug abgeschlossen worden sei und erst dann der Beklagte auf ihre Allgemeinen Ge- schäftsbedingungen hingewiesen worden sei. Des weiteren ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die mündlichen Abreden der Parteien über die Anmietung des Fahrzeuges, die Übergabe des schriftlichen Mietvertrages und die Übergabe des Fahrzeugs als einen einheitlichen Vorgang gesehen hat, die als ganzes den Vertragsschluss bildeten.
14
b) Das Berufungsgericht konnte auch - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums ohne Rechtsfehler davon ausgehen, dass der Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für einen Kunden mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit nicht zu übersehen und damit im Sinne von § 305 Abs. 2 BGB ausdrücklich sei. Diese Bewertung hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei darauf gestützt, dass der gesamte Vertragstext nur eine Seite umfasst und der Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Beginn eines neuen Absatzes und somit drucktechnisch etwas abgehoben erscheint.
15
2. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs grob fahrlässig derjenige handelt, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsse. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - NJW 2003, 1118, 1119 m.w.N.).
16
Ob die Fahrlässigkeit im Einzelfall als einfach oder grob zu bewerten ist, ist Sache der tatrichterlichen Würdigung. Sie erfordert eine Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände und entzieht sich deshalb weitgehend einer Anwendung fester Regeln. Diese tatrichterliche Würdigung ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Nachgeprüft werden kann nur, ob in der Tatsacheninstanz der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt worden ist oder ob beim Bewerten des Grads der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht geblieben sind. Haben die Tatsachengerichte hiergegen nicht verstoßen, sind etwaige unterschiedliche Beurteilungen ähnlich liegender Sachverhalte hinzunehmen (vgl. BGH Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 276/02 - NJW 2003, 2903, 2904).
17
Im vorliegenden Fall lässt die Wertung des Oberlandesgerichts, der Beklagte habe nicht grob fahrlässig gehandelt, im Ergebnis keinen Rechtsfehler erkennen, der zur Aufhebung des Berufungsurteils führte.
18
Unzutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, der Begriff der groben Fahrlässigkeit sei jeweils nach der konkreten Versicherungssituation unterschiedlich zu definieren. Vielmehr wird, worauf die Revision zu Recht hinweist , der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit nach ständiger Rechtsprechung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs grundsätzlich einheitlich bestimmt (vgl. BGH Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - NJW 2003, 1118 m.w.N.). An diesem Grundsatz ist schon aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten. Die vom Berufungsgericht befürwortete unterschiedliche Definition des Begriffs führte im Versicherungsrecht wegen der zahlreichen verschiedenen Arten von Versicherungen zu einer kaum noch überschaubaren Aufsplitterung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit und damit zu einer nicht hinnehmbaren Rechtsunsicherheit. Die gegenteiligen Ausführungen des Berufungsgerichts lassen jedoch seine Bewertung unberührt, der Beklagte habe im konkreten Fall nicht grob fahrlässig gehandelt.
19
Auch die Ausführungen des Oberlandesgerichts, das reflexartige Ausweichen des Beklagten als Reaktion auf das plötzliche Auftauchen eines Fuchses stelle grundsätzlich kein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar, nötigt - im Gegensatz zur Meinung der Revision - im Ergebnis nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils. Zwar mag die Aussage des Berufungsgerichts, eine Reflexhandlung stelle grundsätzlich kein grob fahrlässiges Fehlverhalten dar, zu weit gehen und zu allgemein sein. So wäre in der Situation des Beklagten ein reflexartiges abruptes und unkontrolliertes Ausweichmanöver verbunden mit einer scharfen Abbremsung, aufgrund dessen der Fahrer die Herrschaft über sein Fahrzeug verliert, in der Regel auch subjektiv als grob fahrlässig begangener Fahrfehler zu bewerten.
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Dies ändert jedoch nichts daran, dass im konkreten Fall die Würdigung des Berufungsgerichts Bestand hat, wonach dem Beklagten subjektiv grobe Fahrlässigkeit nicht anzulasten ist. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts ist davon auszugehen, dass der Beklagte, als zum Unfallzeitpunkt ein Fuchs die von ihm nachts mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 km/h befahrene Autobahn kreuzte, reflexartig leicht nach rechts ausgewichen ist und dabei mit dem Fahrzeug der Klägerin die Leitplanke gestreift hat. Dass das Berufungsgericht dies nicht als ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten bewertet hat, liegt im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Hahne Fuchs Ahlt Vézina Dose

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 30.03.2005 - 10 O 808/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 07.10.2005 - 10 U 53/05 -

(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn

1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat;
2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat;
3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind;
4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat;
5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.

(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.