Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 13. Jan. 2004 - 1 Ws 27/03

published on 13/01/2004 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 13. Jan. 2004 - 1 Ws 27/03
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Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde des Gefangenen gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - K. vom 02. Januar 2003 ist gegenstandslos.

2. Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag des Gefangenen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem doppelbelegten Haftraum an das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - K. zurückgegeben.

Gründe

 
I.
Mit Beschluss vom 02.01.2003 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. den Antrag des Gefangenen H., ihn in der JVA Br. in einem Einzelhaftraum unterzubringen, als unbegründet zurückgewiesen. Gegen diese dem Gefangenen am 14.01.2003 zugestellte Entscheidung hat er am 29.01.2003 zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde eingelegt. Am 19.03.2003 wurde der Gefangene sodann entsprechend seines Begehrens verlegt.
Der Senat hat hierauf der Vollzugsbehörde und dem Gefangenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, welche zunächst wechselseitige Kostenanträge gestellt haben. Mit Schreiben vom 16.09.2003 hat der Gefangene seinen Antrag geändert. Er begehrt nunmehr die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem doppelbelegten Haftraum.
II.
Nachdem dem Begehren des Gefangenen durch die JVA Br. entsprochen wurde, ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung über die ursprüngliche Rechtsbeschwerde des Gefangenen, welche zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen gewesen wäre, nicht mehr möglich; diese ist vielmehr gegenstandslos geworden, was durch Beschluss festzustellen war (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576; Callies/Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, 9. Auflage 2002, § 115 Rn. 12). Auch eine Entscheidung über die vom Gefangenen nunmehr begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung ist dem Senat nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung, von welcher abzuweichen kein Anlass besteht, nicht möglich, weil dem Rechtsbeschwerdegericht eigene tatsächliche Feststellungen zur Zulässigkeit und Begründetheit eines solchen Antrags verwehrt sind, vielmehr sich dessen Zuständigkeit auf die Überprüfung bereits getroffener Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern im Hinblick auf die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beschränkt (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576; OLG Hamburg, ZFStrVO 1979, 108 f.; OLG Naumburg, Beschluss vom 27.11.2000, 1 Ws 439/00; Callies/Müller-Dietz, a.a.O., § 116 Rn. 16 a.E. m.z.w.N.).
Eine solche Auslegung des Verfahrensrechts darf jedoch nicht dazu führen, dass eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Antragstellers nach erfolgter Verlegung in einen anderen Haftraum nicht mehr möglich ist. Vielmehr kann trotz Erledigung vor Eintritt der Rechtskraft ausnahmsweise ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit in besonderer Weise, wie etwa in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe, schutzwürdig ist (vgl. BVerfG NJW 2002, 2456 ff.; NJW 2002, 2700 ff.: Haftraum). Aus diesen verfassungsrechtlichen Gründen war die Sache an die Strafvollstreckungskammer zur Entscheidung über den Feststellungsantrag des Gefangenen zurückgegeben, welche ohne Bindung an ihre Vorentscheidung (vgl. OLG Hamm NStZ 1985, 576) hierüber zu befinden haben wird.
Für die zu treffende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass auch in den Fällen, in denen nach den Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes eine gemeinsame Unterbringung zulässig ist, zu beachten bleibt, dass dem Ermessen der Justizvollzugsanstalt bei der Belegung und Ausgestaltung der Hafträume durch das Recht des Gefangenen auf Achtung seiner Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG Grenzen gesetzt sind (BVerfG NJW 2002, 2699 ff.; OLG Frankfurt NJW 2003, 2843; NStZ-RR 2001, 28 ff.; OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 27.10.2003 - 3 Ws 162/03 - und vom 28.11.2003 - 3 Ws 233/03 -; Calliess/Müller-Dietz, a.a.O., § 144 Rn. 1). Aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Menschenwürde, die eine Herabwürdigung zum Objekt der Verwahrung und die Wahrung menschlicher Identität und Integrität gebietet (OLG Frankfurt NJW 2003, 2843, 2845), ergeben sich Mindestanforderungen für die Unterbringung von Gefangenen, von denen wegen der Unantastbarkeit der Menschenwürde auch nicht auf Grund von Ausnahmetatbeständen im StVollzG abgewichen werden darf (vgl. BVerfG NJW 2002, 2699 ff.).
Da eine weitere Sachentscheidung der Strafvollstreckungskammer ansteht, war eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.
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(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G
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Annotations

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.