Oberlandesgericht Köln Beschluss, 15. Feb. 2016 - 13 U 151/15
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.08.2015 (1 O 119/15) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ein zwischen den Parteien am 12. Juli 1977 abgeschlossener, seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreifer, nicht voll besparter und von der Beklagten am 30. November 2014 gekündigter Bausparvertrag fortbestehe. Die Beklagte hat sich auf die Wirksamkeit der Kündigung berufen.
4Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2015 abgewiesen und ausgeführt, die Beklagte habe den Vertrag wirksam gekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20.08.2015 (1 O 119/15) Bezug genommen.
5Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 25. August 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 3. September 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit am 9. Oktober 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
6Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Feststellungsbegehren weiter. Er ist der Auffassung, dass es sich bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB um eine verbraucherschützende Norm handele, auf die Beklagte ihre Kündigung nicht stützen könne. Zudem habe die Beklagte das Darlehen erst vollständig empfangen, wenn der Vertrag voll bespart sei, weil erst ab diesem Zeitpunkt der Sparer keine Möglichkeit mehr habe, das der Bausparkasse gewährte Darlehen aufzustocken.
7Zudem habe die Beklagte die Möglichkeit, ihre Bausparbedingungen sogar nachträglich zu ändern (§ 32 ABB), von der sie indessen keinen Gebrauch gemacht habe; eine entsprechende Anfrage der Beklagten bei der BaFin sei wohl abschlägig beschieden worden.
8Der Kläger beantragt,
9unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 25.08.2015 – 1 O 119/15 – festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. 654 343 00 über den 1.11.2014 hinaus fortbesteht,
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
12Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
13Der Senat hat mit Hinweisbeschluss vom 11.1.2016, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Hierzu hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.01.2015, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Stellung genommen.
14II.
15Die Berufung unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
161.
17Die Berufung des Klägers ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 11.1.2016, die trotz der vom Kläger dagegen erhobenen Einwendungen die Zurückweisung der Berufung tragen.
18Der Auffassung des Klägers, der Beklagten stehe ein Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1. Nr. 3 BGB a.F. (jetzt § 489 Abs. 1 Nr.2 BGB) nicht zu, vermag sich der Senat auch nach erneuter Prüfung nicht anzuschließen.
19Der Verweis des Klägers auf § 609a BGB a.F. führt vorliegend nicht weiter, da zum Einen der Wortlaut in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ("in jedem Fall") keine Einschränkung vornimmt und eine solche auch nicht unter Verweis auf § 609a BGB a.F. unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialen vorgenommen werden kann. So lässt sich der BT-Drs 10/4741 entnehmen, dass im Falle eines einseitigen Zinsbestimmungsrechts bzw. eines Darlehens mit variablem Zinssatz das Kündigungsrecht als Gegengewicht ausgestaltet werden sollte, was gerade im vorliegenden Fall, mit festem Zinssatz und der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht gegeben ist (vgl. auch
20LG München I, Urteil vom 06. November 2015 – 3 O 241/15 – Rn. 27, juris). So hat der Gesetzgeber bei Erlass des § 609a BGB hinsichtlich des Kündigungsrechts nach § 609 a Abs. 1 Nr. 3 BGB, anders als bei dem Kündigungsrecht nach § 609 Abs. 1 Nr. 2 BGB, das nur einer natürlichen Person zustehen sollte, keinen Anlass dazu gesehen, das Kündigungsrecht nach der Art des Schuldners auszudifferenzieren. Bestätigt wird dies dadurch, dass der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie das in Streit stehende Kündigungsrecht nicht bei den verbraucherschützenden Vorschriften aufgenommen, sondern in das allgemeine Darlehensrecht übernommen hat.
21Soweit sich der Kläger auf ein Urteil des OLG Stuttgart beruft, geht dies fehl. Dem in Bezug genommenen Urteil lag kein Bausparvertrag, sondern ein Bonussparvertrag zu Grunde, bei dem das OLG Stuttgart zu Lasten der als Darlehensnehmerin auftretenden Bank eine teleologische Reduktion des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr.1 BGB angenommen hat. Mit einem Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB brauchte sich das OLG Stuttgart nicht näher zu befassen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift war nicht eröffnet, weil die Leistung nicht vollständig empfangen war. Abgesehen hiervon hat das Oberlandesgericht Stuttgart ausdrücklich ausgeführt: „dd) Ob auch für § 489 Abs. 1 BGB bei Bausparverträgen eine andere Betrachtungsweise geboten wäre, die den Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrages und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes (BGHZ 187, 360, 364) Rechnung trägt, bedarf keiner Entscheidung (vgl. dazu u.a. Weber ZIP 2015, 961 ff. mwN). Der hier vorliegende Sparvertrag ist damit nicht vergleichbar“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015 – 9 U 31/15 –, Rn. 110, juris).
22Soweit sich der Kläger auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 23. September 2015 – 9 U 48/15 – berufen hat, geht dies abgesehen davon, dass nicht ein Bausparvertrag sondern wiederum ein Bonussparvertrag streitgegenständlich war, schon deshalb fehl, weil sich das OLG Stuttgart mit einer Kündigungsmöglichkeit nach § 489 Abs. 1 BGB mangels einer entsprechenden Kündigung durch das Kreditinstitut nicht zu befassen brauchte (OLG Stuttgart, Urteil vom 23. September 2015 – 9 U 48/15 – Rn. 94, juris).
23Aus dem ebenfalls von dem Kläger in Bezug genommenen Urteil des OLG München vom 21.11.2011 – 19 U 3638/11 – vermag der Kläger ebenfalls nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Dieses Urteil hat einen Sparkassenbrief zum Inhalt, auf den als Namensschuldverschreibung – wie das OLG München ausgeführt hat - ausschließlich die §§ 793 ff BGB, nicht indessen § 489 BGB Anwendung finden.
24Nicht anzuschließen vermag sich der Senat auch der Auffassung des Klägers, einer wirksamen Kündigung durch die Beklagte stehe entgegen, dass es sich um eine unzulässige Teilkündigung handele, da sich die Bausparkasse mit ihrer Kündigung nicht nur aus der Rolle als Darlehensnehmerin, sondern auch aus der Rolle als Darlehensgeberin löse. Der Kläger verkennt insoweit, dass sich der Wechsel von der Rolle der Beklagten als Darlehensnehmerin zur Darlehensgeberin erst mit Inanspruchnahme des Bauspardarlehens, also Zustimmung zur Zuteilung durch den Bausparer vollzieht. Aus § 1 Abs. 2 BauspkG ergibt sich nichts anderes, denn danach ist Bausparer, wer mit einer Bausparkasse einen Vertrag schließt, durch den er nach Leistung von Bauspareinlagen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens erwirbt (Bausparvertrag). Letzteres ist aber erst mit Annahme der Zuteilung der Fall.
25§ 9 ABB schließt eine Kündigung der Bausparkasse nicht aus, sondern befasst sich lediglich mit Kündigungen des Bausparvertrages durch den Bausparer. Ebensowenig wird das Kündigungsrecht der Bausparkasse durch § 14 der ABB abbedungen. Im Übrigen ist das in Rede stehende Kündigungsrecht der Bausparkasse, wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt hat, nicht abdingbar.
262.
27Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. allgemein von Bedeutung ist (siehe grundlegend hierzu BGHZ 151, 221, 223 f.; 154, 288, 291 ff.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (s. MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 543 Rdn. 7; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. § 543 Rdn. 5 a, jew. m.w.Nachw.). Derartige Unklarheiten bestehen nicht, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (s. nur BVerfG, NJW-RR 2009, 1026 Tz. 14; BGH, Beschluss vom 08. Februar 2010 – II ZR 156/09 –, Rn. 3, juris). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in vorgenanntem Sinne liegt nach Auffassung des Senats nicht vor. Dass einer Bausparkasse ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs.1 Nr. 2 BGB nach Ablauf von 10 Jahren nach Erreichen der Zuteilungsreife zusteht wird ganz überwiegend vertreten (OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – I-31 U 182/15, 31 U 182/15 –, juris; so Staudinger/Mülbert BGB § 489, Rn. 51; BeckOK BGB/Rohe BGB § 489 Rn. 10; Schwintowski in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 489 Rn. 8.1 ; Yildirim, VuR 2015, 258, 259; Edelmann/Suchowerskyj, BB 2015, 3079; wohl auch Jauernig/Berger BGB § 489 Rn. 5). Entgegenstehende Auffassungen werden für die hier vorliegende Konstellation soweit ersichtlich nur vereinzelt vertreten (vgl. Weber, BB 2015, 2185 - Horlemann, BB 2015, 2378). Abweichende obergerichtliche Rechtsprechung liegt soweit ersichtlich nicht vor.
283.
29Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Hinweisbeschluss angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.
304.
31Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 Satz 2 iVm § 711 ZPO.
32Gegenstandswert: bis zu 40.903,00 €.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger schloss am 12.07.1977 mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Bl. 25 d. A.). Die ursprüngliche Bausparsumme von 20.000,00 DM wurde später auf 80.000,00 DM, d.h. 40.903,35 €, erhöht. In den Bausparbedingungen der Beklagten (ABB) (Bl. 26 ff. d. A.) heißt es in § 1, Zweck des Bausparvertrags sei die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens aufgrund planmäßiger Sparleistungen und nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen. Nach § 6 der ABB wird das Bausparguthaben mit 3,00 % jährlich verzinst und gem. § 20 der ABB das Bauspardarlehen mit 5,00 %. § 21 der ABB regelt das Recht der Bausparkasse, in den dort geregelten Fällen das Bauspardarlehen zu kündigen.
3Die vereinbarte Bausparsumme von 40.903,35 € ist noch nicht voll angespart. Der Bausparvertrag ist seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif. Der Kläger hat die Zuteilung trotz entsprechender Aufforderungen der Beklagten nicht angenommen.
4Die Beklagte kündigte den Bausparvertrag mit Schreiben vom 19.05.2014 zum 30.11.2014, kündigte eine Auszahlung des Bausparguthabens an und verwies zur Begründung auf die seit mehr als 10 Jahren bestehende Zuteilungsreife (Anlage K 2). Der Kläger widersprach dieser Kündigung mit Schreiben vom 14.11.2014 unter Verweis darauf, dass die Bausparsumme noch nicht voll angespart sei (Anlage K 3). Die Beklagte hielt in der Folgezeit an der Kündigung fest (Anlage K 4).
5Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten stehe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, dieses sei nach deren ABB ausgeschlossen, wenn die Zuteilung nicht angenommen werde. Zudem gelte § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB als verbraucherschützende Norm nicht für die Beklagte. Diese habe das Darlehen auch noch nicht vollständig empfangen. Das sei erst dann der Fall, wenn der Bausparvertrag voll bespart sei, wofür es nicht auf die Zuteilungsreife, sondern die - hier unstreitig nicht erfolgte - Annahme der Zuteilung ankomme. Erst durch die Zuteilung komme es nämlich zum „Rollentausch“ der Vertragsparteien und dann habe der Bausparer keine Möglichkeit mehr, das der Bausparkasse gewährte Darlehen durch weitere Sparleistungen aufzustocken. Ein Abstellen auf den Eintritt der Zuteilungsreife widerspreche dem Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Fortsetzung des Vertrags sei auch nicht unbillig und stehe nicht im Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers, da die Beklagte für den Fall der Zuteilung selbst die Möglichkeit vorgesehen habe, dass der Vertrag langfristig fortgesetzt werde. Da er durch die Kündigung den Anspruch auf ein Tilgungsdarlehen verliere, stehe die Kündigung im Widerspruch zu dem Zweck des Bausparvertrags, § 1 ABB.
6Der Kläger beantragt,
7festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. XXX über den 30.11.2014 hinaus fortbesteht.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, in der Ansparphase des Bauspardarlehens sei sie Darlehensnehmerin und könne daher den Vertrag nach allgemeinen Regeln kündigen. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne als zwingendes Recht auch nicht durch ihre ABB ausgeschlossen werden. Auch wenn sie keine Verbraucherin sei, könne sie von dem Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB Gebrauch machen. Sie sei nämlich wie jeder andere Darlehensnehmer darauf angewiesen, bei Änderung des allgemeinen Zinsniveaus durch eine Kündigung eine Anpassung der von ihr zu zahlenden Zinsen an das allgemeine Marktniveau zu erreichen und damit ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu erhalten. Genau dies bezwecke § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Eine Kündigung entspreche auch dem Interesse der Gesamtheit der Bauspargemeinschaft. Die 10-Jahresfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginne mit der Zuteilungsreife. Indem der Kläger 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, mit der sich der Vertragszweck realisiere, die Zuteilung noch immer nicht angenommen habe, zeige er, dass er an dem eigentlichen Bausparvertrag mit dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus kein Interesse habe. Die Zuteilungsreife werde auch durch danach erfolgende weitere Sparleistungen nicht beeinflusst. Diese dienten nur dem Renditeinteresse des Bausparers. Auch wenn diese weiteren Sparbeiträge zulässig seien, widersprächen sie doch dem Zweck des Bausparvertrages, da sie das spätere Bauspardarlehen verringerten.
11Für das weitere Parteivorbringen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
141. Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 256 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass die Beklagte bereits die Kündigung des Darlehensvertrags zum 30.11.2014 ausgesprochen und angekündigt hat, das Bausparguthaben auszuzahlen, wodurch dem Kläger Zinseinbußen drohen. Gerade weil er selbst keine Ansprüche aus dem Bausparvertrag geltend macht, sondern nur die Bestätigung begehrt, dass dieser unverändert fortbesteht, böte eine Leistungsklage auch keine bessere Rechtsschutzmöglichkeit und ist daher nicht vorrangig.
152. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Die Beklagte konnte den Bausparvertrag wirksam nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 30.11.2014 kündigen. Danach kann ein Darlehensnehmer ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen, wenn seit dem vollständigen Empfang des Darlehens 10 Jahre vergangen sind.
16a) Die §§ 488 ff. BGB gelten auch für Bausparverträge. Ein Bausparvertrag kann als einheitlicher Darlehensvertrag qualifiziert werden, bei dem die Besonderheit besteht, dass die Parteien mit Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen tauschen, so dass der Bausparer vom Darlehensgeber zum Darlehensnehmer wird. Für das bis zur Zuteilungsreife angesparte Bausparguthaben erhält der Bausparer von der Bausparkasse den vereinbarten Guthabenzins und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen Bausparguthaben und der vertraglich vereinbarten Bausparsumme in Anspruch nehmen. Ein Bausparvertrag stellt damit einen Darlehensvertrag mit zwei Stufen dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 03.12.2009, 2 U 30/09, Tz. 75 f., juris; LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 12, juris; Staudinger/Mülbert, BGB (2010), § 488 Rn. 539 m. w. N.).
17Da das Bauspardarlehen noch nicht in Anspruch genommen wurde, ist die Beklagte weiterhin Darlehensnehmerin im Sinne der §§ 488 ff. BGB.
18b) Das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nicht auf Verbraucher beschränkt und findet deshalb auch auf die beklagte Bausparkasse Anwendung (vgl. LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 15, juris; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 549 m. w. N.). Eine solche Einschränkung lässt sich der Norm nicht entnehmen und ist auch nach deren Sinn und Zweck nicht geboten. Durch das Kündigungsrecht soll der Darlehensnehmer nämlich vor einer überlangen Zinsbindung geschützt und damit marktgerechte Zinsen ermöglicht werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Auflage 2015, § 489 Rn. 1). Dieser Zweck trifft in gleicher Weise auf einen Verbraucher und auf eine Bausparkasse in der Eigenschaft als Darlehensnehmerin zu. Etwas anderes ergibt sich, entgegen der Ansicht des Klägers, auch nicht aus dem Urteil des LG Ulm (Urteil vom 26.01.2015, 4 O 273/13, juris) oder dem Urteil des OLG München (Urteil vom 21.11.2011, 19 U #####/####, juris). Beide Fälle betrafen nämlich nicht einen Bausparvertrag, sondern einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch bzw. einen Sparkassenbrief als Form einer Namensschuldverschreibung und sind daher mit der hiesigen Konstellation schon nicht vergleichbar.
19c) Außerdem wird das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht durch die ABB der Beklagten ausgeschlossen, sondern tritt als gesetzliches Kündigungsrecht neben vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte. Die ABB der Beklagten schließen dieses gesetzliche Kündigungsrecht nicht explizit aus. Zudem bezieht sich das in den ABB der Beklagten vereinbarte Kündigungsrecht der Bausparkasse nur auf die Zeit nach der Zuteilung und Darlehensgewährung, wenn also der Bausparer das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Demgegenüber geht es hier um die Frage, ob die Beklagte nach Eintritt der Zuteilungsreife den Vertrag kündigen kann. Darüber hinaus handelt es sich bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB um ein allgemeines gesetzliches Kündigungsrecht, dessen Anwendbarkeit nicht positiv vereinbart werden muss.
20Schließlich bestimmt § 489 Abs. 4 S. 1 BGB ausdrücklich, dass das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 BGB nicht durch einen Vertrag ausgeschlossen oder auch nur erschwert werden kann. Eine Ausnahme von dieser Unabdingbarkeit für Bausparkassen findet sich in der abschließenden Aufzählung des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB gerade nicht.
21d) Der streitgegenständliche Bausparvertrag stellt auch einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz dar, § 488 Abs. 1, 5 S. 2 BGB. Für das Darlehen ist für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 3). Der festgelegte Zinssatz für das Bausparguthaben beträgt 3,00 % p.a. und der Zinssatz für das Bauspardarlehen 5,00 % p.a.
22e) Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist es sach- und interessengerecht, in einer Konstellation wie der vorliegenden, d. h. bei einem noch nicht voll besparten Bausparvertrag, dessen Zuteilungsreife mehr als 10 Jahre vor der Kündigung eintrat, den Eintritt der Zuteilungsreife dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gleich zu stellen, anstatt - wie der Kläger meint - auf die Annahme der Zuteilung abzustellen.
23Mit Eintritt der Zuteilungsreife ist nämlich das typische Ziel eines Bausparvertrags erreicht. Der Bausparer erwirbt einen Anspruch auf Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen angespartem Guthaben und der vereinbarten Bausparsumme, den er durch Annahme der Zuteilung realisieren kann (Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550). Mit dem Argument, durch die Kündigung würde dieser Anspruch des Bausparers verteilt, weshalb eine Kündigung ausgeschlossen sei, vermag der Kläger nicht durchzudringen. Leistet ein Bausparer nach Eintritt der Zuteilungsreife und einer Aufforderung der Bausparkasse, die Zuteilung anzunehmen, gleichwohl weitere Sparleistungen, aufgrund derer sich sein mögliches Bauspardarlehen reduziert, vereitelt er damit letztlich selbst seinen Anspruch auf Gewährung einer Bauspardarlehens. Das kann nicht zulasten der Bausparkasse gereichen.
24Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Abstellen auf die Annahme der Zuteilung zur Folge hätte, dass der Bausparer, der sich trotz Eintritt der Zuteilungsreife gegen die Annahme der Zuteilung entscheidet, dadurch das Kündigungsrecht der Bausparkasse nach seinem Belieben hinauszögern und möglicherweise ganz leer laufen lassen könnte, wenn er solange Sparleistungen erbringt, bis die vereinbarte Bausparsumme erreicht ist. Das widerspräche auch dem Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, den Darlehensnehmer vor überlanger Bindung an festgelegte Zinssätze zu schützen und marktgerechte Zinsen zu ermöglichen (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 1; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550), zumal das Kündigungsrecht ohnehin voraussetzt, dass 10 Jahre seit Eintritt des vollständigen Darlehensempfangs vergangen sind.
25Auch wenn ein Bausparvertrag bei Annahme der Zuteilung langfristig zwischen den Parteien fortgesetzt wird, widerspricht es nicht dem Vertragszweck, der Bausparkasse in solchen Fällen ein Kündigungsrecht einzuräumen, in denen der Bausparer erkennbar kein Interesse am Erreichen des Vertragszwecks, der Erlangung des zinsgünstigen Tilgungsdarlehens, hat, sondern die weiteren Sparleistungen nur aufgrund seines eigenen Renditeinteresses erbringt. Zweck des Bausparvertrags ist nicht eine zinsgünstige Geldanlage, § 1 Abs. 1 ABB.
26Anders als der Kläger meint, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus der Entscheidung des LG Hannover (Urteil vom 25.09.2009, 13 O 14/09, juris) oder dem Beschluss des OLG Stuttgart (Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, juris). In beiden Fällen war die Bausparsumme nämlich vollständig erreicht, was hier gerade nicht der Fall ist, so dass die Fälle schon nicht vergleichbar sind, zumal die Gerichte in den dortigen Fällen ein Kündigungsrecht auf § 488 Abs. 3 BGB stützen.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
28Der Streitwert wird auf 40.903,35 EUR festgesetzt.
29Rechtsbehelfsbelehrung:
30Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
311. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
322. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
33Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
34Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
35Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
36X2 |
C2 |
Dr. U |
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger schloss am 12.07.1977 mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Bl. 25 d. A.). Die ursprüngliche Bausparsumme von 20.000,00 DM wurde später auf 80.000,00 DM, d.h. 40.903,35 €, erhöht. In den Bausparbedingungen der Beklagten (ABB) (Bl. 26 ff. d. A.) heißt es in § 1, Zweck des Bausparvertrags sei die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens aufgrund planmäßiger Sparleistungen und nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen. Nach § 6 der ABB wird das Bausparguthaben mit 3,00 % jährlich verzinst und gem. § 20 der ABB das Bauspardarlehen mit 5,00 %. § 21 der ABB regelt das Recht der Bausparkasse, in den dort geregelten Fällen das Bauspardarlehen zu kündigen.
3Die vereinbarte Bausparsumme von 40.903,35 € ist noch nicht voll angespart. Der Bausparvertrag ist seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif. Der Kläger hat die Zuteilung trotz entsprechender Aufforderungen der Beklagten nicht angenommen.
4Die Beklagte kündigte den Bausparvertrag mit Schreiben vom 19.05.2014 zum 30.11.2014, kündigte eine Auszahlung des Bausparguthabens an und verwies zur Begründung auf die seit mehr als 10 Jahren bestehende Zuteilungsreife (Anlage K 2). Der Kläger widersprach dieser Kündigung mit Schreiben vom 14.11.2014 unter Verweis darauf, dass die Bausparsumme noch nicht voll angespart sei (Anlage K 3). Die Beklagte hielt in der Folgezeit an der Kündigung fest (Anlage K 4).
5Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten stehe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, dieses sei nach deren ABB ausgeschlossen, wenn die Zuteilung nicht angenommen werde. Zudem gelte § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB als verbraucherschützende Norm nicht für die Beklagte. Diese habe das Darlehen auch noch nicht vollständig empfangen. Das sei erst dann der Fall, wenn der Bausparvertrag voll bespart sei, wofür es nicht auf die Zuteilungsreife, sondern die - hier unstreitig nicht erfolgte - Annahme der Zuteilung ankomme. Erst durch die Zuteilung komme es nämlich zum „Rollentausch“ der Vertragsparteien und dann habe der Bausparer keine Möglichkeit mehr, das der Bausparkasse gewährte Darlehen durch weitere Sparleistungen aufzustocken. Ein Abstellen auf den Eintritt der Zuteilungsreife widerspreche dem Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Fortsetzung des Vertrags sei auch nicht unbillig und stehe nicht im Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers, da die Beklagte für den Fall der Zuteilung selbst die Möglichkeit vorgesehen habe, dass der Vertrag langfristig fortgesetzt werde. Da er durch die Kündigung den Anspruch auf ein Tilgungsdarlehen verliere, stehe die Kündigung im Widerspruch zu dem Zweck des Bausparvertrags, § 1 ABB.
6Der Kläger beantragt,
7festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. XXX über den 30.11.2014 hinaus fortbesteht.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, in der Ansparphase des Bauspardarlehens sei sie Darlehensnehmerin und könne daher den Vertrag nach allgemeinen Regeln kündigen. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne als zwingendes Recht auch nicht durch ihre ABB ausgeschlossen werden. Auch wenn sie keine Verbraucherin sei, könne sie von dem Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB Gebrauch machen. Sie sei nämlich wie jeder andere Darlehensnehmer darauf angewiesen, bei Änderung des allgemeinen Zinsniveaus durch eine Kündigung eine Anpassung der von ihr zu zahlenden Zinsen an das allgemeine Marktniveau zu erreichen und damit ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu erhalten. Genau dies bezwecke § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Eine Kündigung entspreche auch dem Interesse der Gesamtheit der Bauspargemeinschaft. Die 10-Jahresfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginne mit der Zuteilungsreife. Indem der Kläger 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, mit der sich der Vertragszweck realisiere, die Zuteilung noch immer nicht angenommen habe, zeige er, dass er an dem eigentlichen Bausparvertrag mit dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus kein Interesse habe. Die Zuteilungsreife werde auch durch danach erfolgende weitere Sparleistungen nicht beeinflusst. Diese dienten nur dem Renditeinteresse des Bausparers. Auch wenn diese weiteren Sparbeiträge zulässig seien, widersprächen sie doch dem Zweck des Bausparvertrages, da sie das spätere Bauspardarlehen verringerten.
11Für das weitere Parteivorbringen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
141. Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 256 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass die Beklagte bereits die Kündigung des Darlehensvertrags zum 30.11.2014 ausgesprochen und angekündigt hat, das Bausparguthaben auszuzahlen, wodurch dem Kläger Zinseinbußen drohen. Gerade weil er selbst keine Ansprüche aus dem Bausparvertrag geltend macht, sondern nur die Bestätigung begehrt, dass dieser unverändert fortbesteht, böte eine Leistungsklage auch keine bessere Rechtsschutzmöglichkeit und ist daher nicht vorrangig.
152. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Die Beklagte konnte den Bausparvertrag wirksam nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 30.11.2014 kündigen. Danach kann ein Darlehensnehmer ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen, wenn seit dem vollständigen Empfang des Darlehens 10 Jahre vergangen sind.
16a) Die §§ 488 ff. BGB gelten auch für Bausparverträge. Ein Bausparvertrag kann als einheitlicher Darlehensvertrag qualifiziert werden, bei dem die Besonderheit besteht, dass die Parteien mit Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen tauschen, so dass der Bausparer vom Darlehensgeber zum Darlehensnehmer wird. Für das bis zur Zuteilungsreife angesparte Bausparguthaben erhält der Bausparer von der Bausparkasse den vereinbarten Guthabenzins und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen Bausparguthaben und der vertraglich vereinbarten Bausparsumme in Anspruch nehmen. Ein Bausparvertrag stellt damit einen Darlehensvertrag mit zwei Stufen dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 03.12.2009, 2 U 30/09, Tz. 75 f., juris; LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 12, juris; Staudinger/Mülbert, BGB (2010), § 488 Rn. 539 m. w. N.).
17Da das Bauspardarlehen noch nicht in Anspruch genommen wurde, ist die Beklagte weiterhin Darlehensnehmerin im Sinne der §§ 488 ff. BGB.
18b) Das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nicht auf Verbraucher beschränkt und findet deshalb auch auf die beklagte Bausparkasse Anwendung (vgl. LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 15, juris; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 549 m. w. N.). Eine solche Einschränkung lässt sich der Norm nicht entnehmen und ist auch nach deren Sinn und Zweck nicht geboten. Durch das Kündigungsrecht soll der Darlehensnehmer nämlich vor einer überlangen Zinsbindung geschützt und damit marktgerechte Zinsen ermöglicht werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Auflage 2015, § 489 Rn. 1). Dieser Zweck trifft in gleicher Weise auf einen Verbraucher und auf eine Bausparkasse in der Eigenschaft als Darlehensnehmerin zu. Etwas anderes ergibt sich, entgegen der Ansicht des Klägers, auch nicht aus dem Urteil des LG Ulm (Urteil vom 26.01.2015, 4 O 273/13, juris) oder dem Urteil des OLG München (Urteil vom 21.11.2011, 19 U #####/####, juris). Beide Fälle betrafen nämlich nicht einen Bausparvertrag, sondern einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch bzw. einen Sparkassenbrief als Form einer Namensschuldverschreibung und sind daher mit der hiesigen Konstellation schon nicht vergleichbar.
19c) Außerdem wird das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht durch die ABB der Beklagten ausgeschlossen, sondern tritt als gesetzliches Kündigungsrecht neben vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte. Die ABB der Beklagten schließen dieses gesetzliche Kündigungsrecht nicht explizit aus. Zudem bezieht sich das in den ABB der Beklagten vereinbarte Kündigungsrecht der Bausparkasse nur auf die Zeit nach der Zuteilung und Darlehensgewährung, wenn also der Bausparer das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Demgegenüber geht es hier um die Frage, ob die Beklagte nach Eintritt der Zuteilungsreife den Vertrag kündigen kann. Darüber hinaus handelt es sich bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB um ein allgemeines gesetzliches Kündigungsrecht, dessen Anwendbarkeit nicht positiv vereinbart werden muss.
20Schließlich bestimmt § 489 Abs. 4 S. 1 BGB ausdrücklich, dass das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 BGB nicht durch einen Vertrag ausgeschlossen oder auch nur erschwert werden kann. Eine Ausnahme von dieser Unabdingbarkeit für Bausparkassen findet sich in der abschließenden Aufzählung des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB gerade nicht.
21d) Der streitgegenständliche Bausparvertrag stellt auch einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz dar, § 488 Abs. 1, 5 S. 2 BGB. Für das Darlehen ist für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 3). Der festgelegte Zinssatz für das Bausparguthaben beträgt 3,00 % p.a. und der Zinssatz für das Bauspardarlehen 5,00 % p.a.
22e) Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist es sach- und interessengerecht, in einer Konstellation wie der vorliegenden, d. h. bei einem noch nicht voll besparten Bausparvertrag, dessen Zuteilungsreife mehr als 10 Jahre vor der Kündigung eintrat, den Eintritt der Zuteilungsreife dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gleich zu stellen, anstatt - wie der Kläger meint - auf die Annahme der Zuteilung abzustellen.
23Mit Eintritt der Zuteilungsreife ist nämlich das typische Ziel eines Bausparvertrags erreicht. Der Bausparer erwirbt einen Anspruch auf Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen angespartem Guthaben und der vereinbarten Bausparsumme, den er durch Annahme der Zuteilung realisieren kann (Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550). Mit dem Argument, durch die Kündigung würde dieser Anspruch des Bausparers verteilt, weshalb eine Kündigung ausgeschlossen sei, vermag der Kläger nicht durchzudringen. Leistet ein Bausparer nach Eintritt der Zuteilungsreife und einer Aufforderung der Bausparkasse, die Zuteilung anzunehmen, gleichwohl weitere Sparleistungen, aufgrund derer sich sein mögliches Bauspardarlehen reduziert, vereitelt er damit letztlich selbst seinen Anspruch auf Gewährung einer Bauspardarlehens. Das kann nicht zulasten der Bausparkasse gereichen.
24Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Abstellen auf die Annahme der Zuteilung zur Folge hätte, dass der Bausparer, der sich trotz Eintritt der Zuteilungsreife gegen die Annahme der Zuteilung entscheidet, dadurch das Kündigungsrecht der Bausparkasse nach seinem Belieben hinauszögern und möglicherweise ganz leer laufen lassen könnte, wenn er solange Sparleistungen erbringt, bis die vereinbarte Bausparsumme erreicht ist. Das widerspräche auch dem Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, den Darlehensnehmer vor überlanger Bindung an festgelegte Zinssätze zu schützen und marktgerechte Zinsen zu ermöglichen (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 1; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550), zumal das Kündigungsrecht ohnehin voraussetzt, dass 10 Jahre seit Eintritt des vollständigen Darlehensempfangs vergangen sind.
25Auch wenn ein Bausparvertrag bei Annahme der Zuteilung langfristig zwischen den Parteien fortgesetzt wird, widerspricht es nicht dem Vertragszweck, der Bausparkasse in solchen Fällen ein Kündigungsrecht einzuräumen, in denen der Bausparer erkennbar kein Interesse am Erreichen des Vertragszwecks, der Erlangung des zinsgünstigen Tilgungsdarlehens, hat, sondern die weiteren Sparleistungen nur aufgrund seines eigenen Renditeinteresses erbringt. Zweck des Bausparvertrags ist nicht eine zinsgünstige Geldanlage, § 1 Abs. 1 ABB.
26Anders als der Kläger meint, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus der Entscheidung des LG Hannover (Urteil vom 25.09.2009, 13 O 14/09, juris) oder dem Beschluss des OLG Stuttgart (Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, juris). In beiden Fällen war die Bausparsumme nämlich vollständig erreicht, was hier gerade nicht der Fall ist, so dass die Fälle schon nicht vergleichbar sind, zumal die Gerichte in den dortigen Fällen ein Kündigungsrecht auf § 488 Abs. 3 BGB stützen.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
28Der Streitwert wird auf 40.903,35 EUR festgesetzt.
29Rechtsbehelfsbelehrung:
30Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
311. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
322. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
33Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
34Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
35Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
36X2 |
C2 |
Dr. U |
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger schloss am 12.07.1977 mit der Beklagten einen Bausparvertrag (Bl. 25 d. A.). Die ursprüngliche Bausparsumme von 20.000,00 DM wurde später auf 80.000,00 DM, d.h. 40.903,35 €, erhöht. In den Bausparbedingungen der Beklagten (ABB) (Bl. 26 ff. d. A.) heißt es in § 1, Zweck des Bausparvertrags sei die Erlangung eines unkündbaren, in der Regel zweistellig zu sichernden Tilgungsdarlehens aufgrund planmäßiger Sparleistungen und nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen. Nach § 6 der ABB wird das Bausparguthaben mit 3,00 % jährlich verzinst und gem. § 20 der ABB das Bauspardarlehen mit 5,00 %. § 21 der ABB regelt das Recht der Bausparkasse, in den dort geregelten Fällen das Bauspardarlehen zu kündigen.
3Die vereinbarte Bausparsumme von 40.903,35 € ist noch nicht voll angespart. Der Bausparvertrag ist seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif. Der Kläger hat die Zuteilung trotz entsprechender Aufforderungen der Beklagten nicht angenommen.
4Die Beklagte kündigte den Bausparvertrag mit Schreiben vom 19.05.2014 zum 30.11.2014, kündigte eine Auszahlung des Bausparguthabens an und verwies zur Begründung auf die seit mehr als 10 Jahren bestehende Zuteilungsreife (Anlage K 2). Der Kläger widersprach dieser Kündigung mit Schreiben vom 14.11.2014 unter Verweis darauf, dass die Bausparsumme noch nicht voll angespart sei (Anlage K 3). Die Beklagte hielt in der Folgezeit an der Kündigung fest (Anlage K 4).
5Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagten stehe kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, dieses sei nach deren ABB ausgeschlossen, wenn die Zuteilung nicht angenommen werde. Zudem gelte § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB als verbraucherschützende Norm nicht für die Beklagte. Diese habe das Darlehen auch noch nicht vollständig empfangen. Das sei erst dann der Fall, wenn der Bausparvertrag voll bespart sei, wofür es nicht auf die Zuteilungsreife, sondern die - hier unstreitig nicht erfolgte - Annahme der Zuteilung ankomme. Erst durch die Zuteilung komme es nämlich zum „Rollentausch“ der Vertragsparteien und dann habe der Bausparer keine Möglichkeit mehr, das der Bausparkasse gewährte Darlehen durch weitere Sparleistungen aufzustocken. Ein Abstellen auf den Eintritt der Zuteilungsreife widerspreche dem Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Fortsetzung des Vertrags sei auch nicht unbillig und stehe nicht im Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers, da die Beklagte für den Fall der Zuteilung selbst die Möglichkeit vorgesehen habe, dass der Vertrag langfristig fortgesetzt werde. Da er durch die Kündigung den Anspruch auf ein Tilgungsdarlehen verliere, stehe die Kündigung im Widerspruch zu dem Zweck des Bausparvertrags, § 1 ABB.
6Der Kläger beantragt,
7festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag Nr. XXX über den 30.11.2014 hinaus fortbesteht.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte ist der Ansicht, in der Ansparphase des Bauspardarlehens sei sie Darlehensnehmerin und könne daher den Vertrag nach allgemeinen Regeln kündigen. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB könne als zwingendes Recht auch nicht durch ihre ABB ausgeschlossen werden. Auch wenn sie keine Verbraucherin sei, könne sie von dem Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB Gebrauch machen. Sie sei nämlich wie jeder andere Darlehensnehmer darauf angewiesen, bei Änderung des allgemeinen Zinsniveaus durch eine Kündigung eine Anpassung der von ihr zu zahlenden Zinsen an das allgemeine Marktniveau zu erreichen und damit ihre wirtschaftliche Bewegungsfreiheit zu erhalten. Genau dies bezwecke § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Eine Kündigung entspreche auch dem Interesse der Gesamtheit der Bauspargemeinschaft. Die 10-Jahresfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginne mit der Zuteilungsreife. Indem der Kläger 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife, mit der sich der Vertragszweck realisiere, die Zuteilung noch immer nicht angenommen habe, zeige er, dass er an dem eigentlichen Bausparvertrag mit dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus kein Interesse habe. Die Zuteilungsreife werde auch durch danach erfolgende weitere Sparleistungen nicht beeinflusst. Diese dienten nur dem Renditeinteresse des Bausparers. Auch wenn diese weiteren Sparbeiträge zulässig seien, widersprächen sie doch dem Zweck des Bausparvertrages, da sie das spätere Bauspardarlehen verringerten.
11Für das weitere Parteivorbringen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
141. Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 256 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass die Beklagte bereits die Kündigung des Darlehensvertrags zum 30.11.2014 ausgesprochen und angekündigt hat, das Bausparguthaben auszuzahlen, wodurch dem Kläger Zinseinbußen drohen. Gerade weil er selbst keine Ansprüche aus dem Bausparvertrag geltend macht, sondern nur die Bestätigung begehrt, dass dieser unverändert fortbesteht, böte eine Leistungsklage auch keine bessere Rechtsschutzmöglichkeit und ist daher nicht vorrangig.
152. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Die Beklagte konnte den Bausparvertrag wirksam nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 30.11.2014 kündigen. Danach kann ein Darlehensnehmer ein Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündigen, wenn seit dem vollständigen Empfang des Darlehens 10 Jahre vergangen sind.
16a) Die §§ 488 ff. BGB gelten auch für Bausparverträge. Ein Bausparvertrag kann als einheitlicher Darlehensvertrag qualifiziert werden, bei dem die Besonderheit besteht, dass die Parteien mit Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen tauschen, so dass der Bausparer vom Darlehensgeber zum Darlehensnehmer wird. Für das bis zur Zuteilungsreife angesparte Bausparguthaben erhält der Bausparer von der Bausparkasse den vereinbarten Guthabenzins und kann nach Zuteilung ein Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen Bausparguthaben und der vertraglich vereinbarten Bausparsumme in Anspruch nehmen. Ein Bausparvertrag stellt damit einen Darlehensvertrag mit zwei Stufen dar (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 03.12.2009, 2 U 30/09, Tz. 75 f., juris; LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 12, juris; Staudinger/Mülbert, BGB (2010), § 488 Rn. 539 m. w. N.).
17Da das Bauspardarlehen noch nicht in Anspruch genommen wurde, ist die Beklagte weiterhin Darlehensnehmerin im Sinne der §§ 488 ff. BGB.
18b) Das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist nicht auf Verbraucher beschränkt und findet deshalb auch auf die beklagte Bausparkasse Anwendung (vgl. LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, Tz. 15, juris; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 549 m. w. N.). Eine solche Einschränkung lässt sich der Norm nicht entnehmen und ist auch nach deren Sinn und Zweck nicht geboten. Durch das Kündigungsrecht soll der Darlehensnehmer nämlich vor einer überlangen Zinsbindung geschützt und damit marktgerechte Zinsen ermöglicht werden (Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Auflage 2015, § 489 Rn. 1). Dieser Zweck trifft in gleicher Weise auf einen Verbraucher und auf eine Bausparkasse in der Eigenschaft als Darlehensnehmerin zu. Etwas anderes ergibt sich, entgegen der Ansicht des Klägers, auch nicht aus dem Urteil des LG Ulm (Urteil vom 26.01.2015, 4 O 273/13, juris) oder dem Urteil des OLG München (Urteil vom 21.11.2011, 19 U #####/####, juris). Beide Fälle betrafen nämlich nicht einen Bausparvertrag, sondern einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch bzw. einen Sparkassenbrief als Form einer Namensschuldverschreibung und sind daher mit der hiesigen Konstellation schon nicht vergleichbar.
19c) Außerdem wird das Kündigungsrecht des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht durch die ABB der Beklagten ausgeschlossen, sondern tritt als gesetzliches Kündigungsrecht neben vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte. Die ABB der Beklagten schließen dieses gesetzliche Kündigungsrecht nicht explizit aus. Zudem bezieht sich das in den ABB der Beklagten vereinbarte Kündigungsrecht der Bausparkasse nur auf die Zeit nach der Zuteilung und Darlehensgewährung, wenn also der Bausparer das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. Demgegenüber geht es hier um die Frage, ob die Beklagte nach Eintritt der Zuteilungsreife den Vertrag kündigen kann. Darüber hinaus handelt es sich bei § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB um ein allgemeines gesetzliches Kündigungsrecht, dessen Anwendbarkeit nicht positiv vereinbart werden muss.
20Schließlich bestimmt § 489 Abs. 4 S. 1 BGB ausdrücklich, dass das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 BGB nicht durch einen Vertrag ausgeschlossen oder auch nur erschwert werden kann. Eine Ausnahme von dieser Unabdingbarkeit für Bausparkassen findet sich in der abschließenden Aufzählung des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB gerade nicht.
21d) Der streitgegenständliche Bausparvertrag stellt auch einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz dar, § 488 Abs. 1, 5 S. 2 BGB. Für das Darlehen ist für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 3). Der festgelegte Zinssatz für das Bausparguthaben beträgt 3,00 % p.a. und der Zinssatz für das Bauspardarlehen 5,00 % p.a.
22e) Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist es sach- und interessengerecht, in einer Konstellation wie der vorliegenden, d. h. bei einem noch nicht voll besparten Bausparvertrag, dessen Zuteilungsreife mehr als 10 Jahre vor der Kündigung eintrat, den Eintritt der Zuteilungsreife dem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gleich zu stellen, anstatt - wie der Kläger meint - auf die Annahme der Zuteilung abzustellen.
23Mit Eintritt der Zuteilungsreife ist nämlich das typische Ziel eines Bausparvertrags erreicht. Der Bausparer erwirbt einen Anspruch auf Gewährung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens in Höhe der Differenz zwischen angespartem Guthaben und der vereinbarten Bausparsumme, den er durch Annahme der Zuteilung realisieren kann (Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550). Mit dem Argument, durch die Kündigung würde dieser Anspruch des Bausparers verteilt, weshalb eine Kündigung ausgeschlossen sei, vermag der Kläger nicht durchzudringen. Leistet ein Bausparer nach Eintritt der Zuteilungsreife und einer Aufforderung der Bausparkasse, die Zuteilung anzunehmen, gleichwohl weitere Sparleistungen, aufgrund derer sich sein mögliches Bauspardarlehen reduziert, vereitelt er damit letztlich selbst seinen Anspruch auf Gewährung einer Bauspardarlehens. Das kann nicht zulasten der Bausparkasse gereichen.
24Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Abstellen auf die Annahme der Zuteilung zur Folge hätte, dass der Bausparer, der sich trotz Eintritt der Zuteilungsreife gegen die Annahme der Zuteilung entscheidet, dadurch das Kündigungsrecht der Bausparkasse nach seinem Belieben hinauszögern und möglicherweise ganz leer laufen lassen könnte, wenn er solange Sparleistungen erbringt, bis die vereinbarte Bausparsumme erreicht ist. Das widerspräche auch dem Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, den Darlehensnehmer vor überlanger Bindung an festgelegte Zinssätze zu schützen und marktgerechte Zinsen zu ermöglichen (Palandt/Weidenkaff, BGB, § 489 Rn. 1; Staudinger/Mülbert, BGB, § 488 Rn. 550), zumal das Kündigungsrecht ohnehin voraussetzt, dass 10 Jahre seit Eintritt des vollständigen Darlehensempfangs vergangen sind.
25Auch wenn ein Bausparvertrag bei Annahme der Zuteilung langfristig zwischen den Parteien fortgesetzt wird, widerspricht es nicht dem Vertragszweck, der Bausparkasse in solchen Fällen ein Kündigungsrecht einzuräumen, in denen der Bausparer erkennbar kein Interesse am Erreichen des Vertragszwecks, der Erlangung des zinsgünstigen Tilgungsdarlehens, hat, sondern die weiteren Sparleistungen nur aufgrund seines eigenen Renditeinteresses erbringt. Zweck des Bausparvertrags ist nicht eine zinsgünstige Geldanlage, § 1 Abs. 1 ABB.
26Anders als der Kläger meint, ergibt sich Gegenteiliges auch nicht aus der Entscheidung des LG Hannover (Urteil vom 25.09.2009, 13 O 14/09, juris) oder dem Beschluss des OLG Stuttgart (Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, juris). In beiden Fällen war die Bausparsumme nämlich vollständig erreicht, was hier gerade nicht der Fall ist, so dass die Fälle schon nicht vergleichbar sind, zumal die Gerichte in den dortigen Fällen ein Kündigungsrecht auf § 488 Abs. 3 BGB stützen.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
28Der Streitwert wird auf 40.903,35 EUR festgesetzt.
29Rechtsbehelfsbelehrung:
30Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
311. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
322. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
33Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, S-Platz, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
34Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
35Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
36X2 |
C2 |
Dr. U |
Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
Gründe
Landgericht München I
Az.: 3 O 241/15
IM NAMEN DES VOLKES
Verkündet am 06.11.2015
In dem Rechtsstreit
1) ...
- Klägerin
2) ...
- Kläger
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: ...
gegen
...
- Beklagte
Prozessbevollmächtigte: ...
wegen Forderung
erlässt das Landgericht München I - 3. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.09.2015 folgendes
Endurteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 71.580,86 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass zwei zwischen den Parteien geschlossene Bausparverträge nicht durch eine Kündigung der Beklagten beendet worden sind, sondern fortbestehen.
Die Beklagte ist eine Bausparkasse.
Am 15.12.1986 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (vgl. Anlage K1) mit der Vertragsnummer ... über eine Bausparsumme in Höhe von 60.000,00 DM (entspricht 30.677,51 €). Der Bausparvertrag wies zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Guthaben in Höhe von 16.342,16 Euro aus. Grundlage des Vertrags sind die „Allgemeinen Bausparbedingungen Tarife A und B“ (im Folgenden: ABB 1, vgl. Anlage B3). Die letzte Einzahlung erfolgte am 02.03.1993.
Am 30.03.1993 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag (vgl. Anlage K2) mit der Vertragsnummer ... über eine Bausparsumme in Höhe von 80.000,00 DM (entspricht 40.903,35 €). Der Bausparvertrag wies zum Zeitpunkt der Klageerhebung ein Guthaben in Höhe von 19.358,72 Euro aus. Grundlage des Vertrags sind die „Allgemeinen Bausparbedingungen Tarif Classic“ (im Folgenden: ABB 2, vgl. Anlage B5). Die letzte Einzahlung erfolgte am 02.03.2000.
In § 9 ABB1 bzw. § 9 ABB2 ist bestimmt:
„(1) Die Bausparkasse kann den Bausparvertrag nicht kündigen, solange der Bausparer seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. (...)“
Die Kläger kamen ihren vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere zur Zahlung, immer fristgerecht nach. Seit der letzten Einzahlung erhöhte sich das Bausparguthaben jeweils nur noch durch die angefallenen Zinsen und die Wohnungsbauprämie. Ein Bauspardarlehen beantragten die Kläger nicht.
Mit zwei Schreiben vom 27.10.2014 (Anlagen K4 und K5) erklärte die Beklagte jeweils die Kündigung der Bausparverträge zum 29.05.2015.
Beide Bausparverträge waren jedenfalls seit 31.12.2003 zuteilungsreif. Die Klagepartei wendet Verwirkung ein.
Die Kläger sind der Ansicht, die Kündigungen seien unwirksam. Ein Kündigungsrecht nach § 488 Abs. 3 BGB bestehe erst, wenn die Bausparsumme vollständig erreicht sei. Zudem stehe der Kündigung die Regelung des § 9 ABB1 bzw. § 9 ABB2 entgegen. Schließlich greife auch § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht, da die Anwendung der Vorschrift auf die Beklagte als Unternehmerin fraglich sei und jedenfalls die Tatbestandsvoraussetzung des vollständigen Empfangs des Darlehens durch die Beklagte fehle. Überdies sei der Bausparvertrag eine Vertragsgestaltung eigener Art, welcher vom Darlehensvertrag zu unterscheiden sei.
Die Kläger beantragen:
Es wird festgestellt, dass die bei der Beklagten bestehenden Bausparverträge Nr. ... und Nr. ... über den 29.05.2015 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Vorschriften über den Darlehensvertrag anwendbar sind. Die Kläger würden den Bausparvertrag seit der letzten Einzahlung als Geldanlage nutzen, was außerhalb des spezifischen Vertragszwecks liege. Bei Einzahlung der Regelsparbeträge wäre schon Vollansparung und damit der Kündigungsgrund des § 488 Abs. 3 BGB eingetreten.
Jedenfalls sei sie nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung berechtigt gewesen, weil die Bausparverträge seit mindestens zehn Jahren zuteilungsreif gewesen seien und dies dem vollständigen Empfangs des Darlehens gleichstehe, da damit der vertraglich angestrebte Sollzustand erreicht sei. Die Regelung sei zudem auf alle Darlehensnehmer anwendbar und aufgrund der Regelung in § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht dispositiv.
Verwirkung liege nicht vor, da die Beklagte erst 10 Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Kündigungsrecht habe.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Anlagen und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klageanträge sind unbegründet, da die streitgegenständlichen Bausparverträge jeweils durch die Kündigung der Beklagten nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zum 29.05.2015 beendet wurden.
1. Die Beklagte war nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zur Kündigung der Bausparverträge berechtigt.
a) Nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang - oder nach der letzten Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz, falls diese nach dem vollständigen Empfang erfolgte - unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen.
Die Vorschrift gilt auch für Bausparverträge. Ein Bausparvertrag ist ein einheitlicher Darlehensvertrag, bei dem zunächst der Bausparer als Darlehensgeber anzusehen ist und die Parteien sodann mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11 LG Aachen, Urteil vom 19.05.2015, 10 O 404/14, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Es handelt sich daher um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Der Bausparer spart bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben an. Hierfür erhält er die vereinbarte Guthabenverzinsung. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.11.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Damit ist der Bausparvertrag auch bereits in der Ansparphase als Darlehensvertrag zu qualifizieren (LG Mainz, Urteil vom 28.07.2014, 5 O 1/14, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).
b) Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt auch zugunsten eines Darlehensnehmers, der kein Verbraucher ist, insbesondere auch für Banken und Bausparkassen (vgl. auch LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15)
Eine Einschränkung des Kündigungsrechts nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschrift, noch aus den Gesetzesmaterialien (vgl. Staudinger/Mülbert, BGB [2010], § 488, Rn. 549). Die Formulierung „Darlehensnehmer“ enthält zunächst in personeller Hinsicht keinerlei Einschränkung. Zudem ergibt sich aus einem Vergleich von § 489 Abs. 1 Nr. 2 (nunmehr aufgehoben) und § 489 Abs. 1 Nr. 3 (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.), dass der Gesetzgeber zwar für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a. F. die Verbrauchereigenschaft des Darlehensnehmers vorausgesetzt hat („wenn das Darlehen einem Verbraucher gewährt und nicht durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist ...“), für das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 3 a. F. (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) hingegen gerade nicht („in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang“).
Auch befindet sich § 489 BGB nach der Gesetzessystematik im für Darlehensnehmer und Darlehensverträge aller Art geltenden Abschnitt „Kapitel 1 Allgemeine Vorschriften“. Das folgende „Kapitel 2 Besondere Vorschriften für Verbraucherdarlehensverträge“ beinhaltet die §§ 491 BGB. Bereits aus den Überschriften ergibt sich, dass die §§ 488 bis 490 als allgemeine Vorschriften auf sämtliche Darlehensverträge Anwendung finden. Im Kapitel 2 befindet sich in § 500 BGB ein spezielles Kündigungsrecht für bestimmte Verbraucherdarlehensverträge. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass § 489 Abs. 1 Nr. 2, der nicht an die Verbrauchereigenschaft anknüpft, auch für andere Darlehensnehmer anwendbar sein soll. Zudem hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass § 489 für alle Darlehensnehmer anwendbar ist, lediglich § 500 BGB ausschließlich für Verbraucher (vgl. BT-Drucksache 16/11642, S. 74 f.). Dass Darlehensnehmer nicht nur ein Verbraucher sein kann, ergibt sich auch im Umkehrschluss aus § 489 Abs. 4 S. 2 BGB, wonach das Kündigungsrecht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, usw. abweichend von S. 1 durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden kann.
Der Verweis auf § 609a BGB a. F. führt vorliegend auch nicht weiter, da zum Einen der jetzige Wortlaut in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB („in jedem Fall“) keine Einschränkung vornimmt und eine solche auch nicht unter Verweis auf § 609a BGB a. F. unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien vorgenommen werden kann. So lässt sich der BT-Ds 10/4741 entnehmen, dass im Falle eines einseitigen Zinsbestimmungsrechts bzw. einem Darlehen mit variablem Zinssatz das Kündigungsrecht als Gegengewicht ausgestaltet werden sollte, was gerade im vorliegenden Fall, mit festem Zinssatz und der Regelung des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, nicht gegeben ist.
Schließlich spricht auch die teleologische Auslegung dafür, den Anwendungsbereich nicht auf Verbraucher zu beschränken. Sinn und Zweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist, den Darlehensnehmer bei einem festverzinslichen Darlehen vor einer mehr als zehn Jahre andauernden vertraglichen Bindung an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz zu bewahren (LG Aachen, Urteil vom 15.05.2015, 10 O 404/14 LG Hannover, Urteil vom 13.07.2015, 14 O 93/15 LG Hannover, Urteil vom 30.06.2015, 14 O 55/15, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Dieser Schutzzweck gilt für jeden Darlehensnehmer, nicht nur für einen Verbraucher. Selbst wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich die vorliegende Konstellation im Auge hatte, wonach beim Bausparvertrag zunächst der Bausparer in der Ansparphase der Darlehensgeber und die Bausparkasse die Darlehensnehmerin ist, ist die Vorschrift nach ihrem Schutzzweck auch hierauf anwendbar. Der Schutzzweck des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB gilt in besonderem Maße für Bausparkassen, weil ihre Guthabenszinssätze noch unter den marktgerechten Zinssätzen liegen (müssen), um das Ziel zinsgünstiger Bauspardarlehen erreichen zu können (LG Hannover, Urteil vom 13.07.2015, 14 O 93/15, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Gerade bei Bausparverträgen, die oft mehrere Jahrzehnte bespart werden, kommt es bei einer wirtschaftlichen Veränderung, wie sie eingetreten ist, wonach der Kapitalzins sehr stark fällt, zu einer langjährigen vertraglichen Bindung der Bausparkasse an einen nicht mehr zeitgemäßen Zinssatz. Das Zinsänderungsrisiko würde ohne Kündigungsmöglichkeit der Bausparkasse einseitig auf diese verlagert. Dies trifft die Bausparkassen, die nur zweckgebunden für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Darlehensvertragspartei sind, besonders hart (LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).
Zudem sichert beim Bausparvertrag die Verknüpfung der Unkündbarkeit des Bausparvertrags mit der Gewährung eines Bauspardarlehens die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). So kann sich der Bausparer eine niedrige Darlehensverzinsung mit einer niedrigeren Guthabenverzinsung in der Ansparphase sichern, umgekehrt rechtfertigt eine höhere Guthabenverzinsung in der Ansparphase einen höheren Darlehenszins der Bausparkasse. Würde der Bausparvertrag auch nach Erreichen der Bausparsumme für die Bausparkasse unkündbar bleiben, könnten die Bausparer eine attraktive höhere Verzinsung erhalten, ohne dass sie in der Form von höheren Darlehenszinsen eine entsprechende Gegenleistung zu erbringen hätten (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Zweck des Bausparvertrags ist aber nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, so dass ein Bausparvertrag nach Erreichen der Bausparsumme von der Bausparkasse gemäß § 488 Abs. 3 BGB ordentlich gekündigt werden kann (OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2011, 9 U 151/11, LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15). Die eben erwähnte Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung ist auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Bausparvertrag zuteilungsreif ist, das Bauspardarlehen aber tatsächlich nicht in Anspruch genommen wird, nicht mehr gegeben. Wenn der Bausparer trotz Zuteilungsreife gar nicht beabsichtigt, ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen, ist das wechselseitige Verhältnis zwischen der Ansparphase und der Darlehensphase bereits zu dem Zeitpunkt de facto aufgehoben und eine Kündigungsmöglichkeit für die Bausparkasse gerechtfertigt. Zudem wird die Zeit ab Zuteilungsreife bis zum Erreichen der Bausparsumme maßgeblich vom Bausparer durch die Höhe der vorgenommenen Einzahlungen beeinflusst und kann u.U. Jahrzehnte dauern. Dies ist jedoch der Bausparkasse nicht zuzumuten und widerspricht dem der Einführung des zehnjährigen Kündigungsrechts zugrunde liegenden Gedanken, dass sich ein Vertragspartner in jedem Fall nach einer gewissen Zeit (nämlich nach 10 Jahren) von einem Darlehen soll lösen können, dessen Zinssatz nicht mehr zeitgemäß ist (vgl. BT-Drucksache 10/4741, S. 23; LG Osnabrück, Urteil vom 21.08.2015, 7 O 545/15).
c) Mit Zuteilungsreife, die unstreitig spätestens jeweils zehn Jahre vor Erklärung der Kündigung erstmalig eingetreten ist, ist von einem „vollständigen Empfang“ des Darlehens i. S. des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB durch die Beklagte auszugehen (LG Mainz WM 2015, 181; Staudinger/Mülbert a. a. O., Rn. 549, LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Bereits die Formulierung in § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.E. zeigt, dass nicht nur der Zeitpunkt der vollständigen Valutierung in Betracht kommt. Dass der Zeitpunkt der Zuteilungsreife maßgeblich ist folgt aus der Struktur des Bausparvertrags, dessen Zweck vorrangig darauf gerichtet ist, dem Bausparer nach der Erbringung ausreichender Sparleistungen den Zugriff auf ein darüber hinausgehendes, zinsgünstiges Darlehen zu ermöglichen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181, LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Dieser Zugriff steht dem Bausparer ab erstmaligem Eintritt der Zuteilungsreife zu. Daher liegt es nahe, die Sparleistungen, die der Bausparer zur Erreichung der Zuteilungsreife erbringen muss, als den vollständigen Gegenstand des Darlehens anzusehen, das der Bausparer der Bausparkasse während der Ansparphase gewährt. Auch wenn der Bausparer nach Erreichen der Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nehmen muss und weitere Sparleistungen erbringen kann, ändert dies nichts daran, dass die Bausparkasse das (mit Abschluss des Bausparvertrags ins Auge gefasste, zur planmäßigen Erreichung der Zuteilungsreife notwendige) Darlehen des Bausparers mit Zuteilungsreife erhalten hat, weshalb von einem vollständigen Empfang der Darlehensvaluta auszugehen ist. Dies führt gleichermaßen dazu, dass ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB während der Ansparphase nicht entstehen kann und es daher ausgeschlossen ist, dass die Bausparkasse durch eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB das Recht des Bausparers zur Erlangung des Bauspardarlehens vereitelt. Wenn allerdings die Zuteilungsreife erreicht ist, muss der Bausparkasse eine Kündigung möglich sein, da ansonsten die Dauer der Ansparphase ins Belieben des Bausparers gestellt würde, was über den Zweck des Bausparens, der Erlangung eines zinsgünstigen Darlehens, hinausginge und auch die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung nicht mehr gewährleistet würde (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 15.09.2015, Az. 25 O 89/15).
d) Die Beklagte hat die Kündigung der Verträge unstreitig mit den beiden Schreiben vom 27.10.2014 gegenüber den Klägern erklärt. Die Kündigungsfrist von 6 Monaten (zum 29.05.2015) ist eingehalten.
2. Das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB war auch nicht vertraglich ausgeschlossen (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).
a) Dabei kann dahinstehen, ob sich die Bestimmung in § 9 ABB auch auf ein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB beziehen soll.
b) Denn ein vertraglicher Ausschluss des Kündigungsrechts wäre unwirksam.
aa) Nach § 489 Abs. 4 S. 1, S. 2 BGB kann das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 nur dann durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden, wenn der Darlehensnehmer der Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, ein Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften ist.
bb) Die Beklagte ist keine der in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB genannten Gebietskörperschaften. cc)
Auch eine analoge Anwendung des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auf die Beklagte ist nicht geboten (vgl. Staudinger/Mülbert a. a. O. § 489 Rn. 74; Palandt/Weidenkaff, BGB, 74. Aufl., § 489 Rn. 13; BeckOK-BGB/Rohe [Stand: 01.05.2015], § 489 Rn. 19).
Nach dem Wortlaut und der systematischen Fassung des Gesetzes spricht nichts dafür, dass in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB generell juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Darlehensnehmer erfasst sein sollten. Vielmehr hat sich der Gesetzgeber erkennbar die Mühe gemacht, die Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, auf die der Ausschluss nach § 489 Abs. 4 S. 2 BGB anzuwenden sein soll, ausdrücklich aufzuzählen. Diese Aufzählung hat der Gesetzgeber im Zuge der Schuldrechtsreform ausdrücklich beibehalten und um die Europäischen Gemeinschaften sowie ausländische Gebietskörperschaften erweitert. Diese enummerative Bestimmung bestimmter juristischer Personen des öffentlichen Rechts spricht dagegen, die Regelungen auf die Beklagte zu erweitern, nur weil diese in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).
Welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Auswahl der in § 489 Abs. 4 Satz 2 genannten Gebietskörperschaften verfolgt hat, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung nicht (vgl. BT-Drucks. 10/4741, S. 22). Nachdem der Gesetzgeber aber gerade darauf verzichtet hat, die Ausnahme des § 489 Abs. 4 S. 2 BGB auf sämtliche juristische Personen des öffentlichen Rechts zu erstrecken, obwohl dies unschwer möglich gewesen wäre, und diese Entscheidung auch über eine Anpassung der Vorschrift hinweg beibehalten hat, erscheint es ausgeschlossen, die Ausnahme im Wege der Analogie grundsätzlich auch auf andere öffentlich-rechtlich geprägte Erscheinungsformen der öffentlichen Hand erstrecken. Vielmehr ist verbindendes Element der Regelung in § 489 Abs. 4 S. 2 BGB die Eigenschaft als Gebietskörperschaft, die der Beklagten offensichtlich fehlt. Dies deutet darauf hin, dass sie Ausnahme gerade auf die herkömmlich von Gebietskörperschaften ausgegebenen langläufigen Anleihen beziehen soll, die durch § 489 Abs. 4 S. 1 BGB nicht ausgeschlossen werden sollen. Dieser Zweck lässt sich auf die Beklagte als öffentlich-rechtlicher Bausparkasse gerade nicht übertragen (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15).
3. Ein genereller Ausschluss des Kündigungsrechts aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich weder aus den Besonderheiten des Bausparvertrags noch aus sonstigen Erwägungen.
a) Da der Bausparvertrag seinem Wesen nach auf die Verschaffung eines zinsgünstigen Darlehens und nicht primär auf eine dauerhafte Geldanlage gerichtet ist, spricht nichts dagegen, der
Bausparkasse zehn Jahre nach Eintritt der Zuteilungsreife ein Kündigungsrecht zuzugestehen (vgl. LG Mainz WM 2015, 181; LG Nürnberg, Urteil vom 17.08.2015, Az. 6 O 1708/15). Schließlich ist der Vertragszweck mit Zuteilungsreife und der Möglichkeit der Erlangung des Bauspardarlehens erreicht und die Nutzung des Bausparvertrags vom Vertragszweck nicht umfasst. Damit steht auch die Aufrechterhaltung dieses Zustands - anders als vom Klägervertreter unter Berufung auf § 242 BGB vorgetragen - einer Kündigung nicht entgegen.
b) Eine Einschränkung auf Grundpfandkredite lässt sich weder dem Wortlaut noch der Gesetzeshistorie entnehmen. So sah die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 a. F. eine solche Differenzierung hinsichtlich grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen vor. Eine solche enthielt die Regelung in § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a. F., welche nun entsprechend in § 489 Abs.1 Nr. 2 BGB übernommen wurde, nicht.
c) Schließlich können die Kläger auch nicht Verwirkung einwenden.
Da das Kündigungsrecht erst zehn Jahre nach Zuteilungsreife angenommen wird, war die Kündigungsmöglichkeit für die Beklagte erst ab 2014 gegeben. Die Kündigungen wurden mit Schreiben vom 27.10.2014 erklärt. Damit fehlt bereits das einen Vertrauenstatbestand begründende Zeitmoment.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem
Landgericht München I Prielmayerstraße 7 80335 München
einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
Ein Entgelt hat der Darlehensnehmer spätestens bei Rückerstattung der überlassenen Sache zu bezahlen.
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 27. Februar 2015 - 4 O 379/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Diese Entscheidung und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leisten.
Gründe
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(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
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wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Ulm vom 27. Februar 2015 - 4 O 379/13 - wird zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Diese Entscheidung und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leisten.
Gründe
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(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
(1) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- 1.
wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Darlehensnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen; - 2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen.
(3) Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.
(4) Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers nach den Absätzen 1 und 2 kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder erschwert werden. Dies gilt nicht bei Darlehen an den Bund, ein Sondervermögen des Bundes, ein Land, eine Gemeinde, einen Gemeindeverband, die Europäischen Gemeinschaften oder ausländische Gebietskörperschaften.
(5) Sollzinssatz ist der gebundene oder veränderliche periodische Prozentsatz, der pro Jahr auf das in Anspruch genommene Darlehen angewendet wird. Der Sollzinssatz ist gebunden, wenn für die gesamte Vertragslaufzeit ein Sollzinssatz oder mehrere Sollzinssätze vereinbart sind, die als feststehende Prozentzahl ausgedrückt werden. Ist für die gesamte Vertragslaufzeit keine Sollzinsbindung vereinbart, gilt der Sollzinssatz nur für diejenigen Zeiträume als gebunden, für die er durch eine feste Prozentzahl bestimmt ist.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.