Oberlandesgericht Köln Beschluss, 29. Okt. 2014 - 1 RBs 298/14
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.
1
G r ü n d e
2I.
3Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 37 Abs. 2, 21a Abs. 1, 49 OWiG (Rotlichtverstoß; Verstoß gegen die Gurtpflicht) zu einer Geldbuße von 215 € verurteilt und ihm - verbunden mit der Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG - für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art (im Straßenverkehr) zu führen. Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung materiellen Rechts gerügt.
4II.
5Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Sie erweist sich auch in der Sache als begründet und führt gemäß §§ 353 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (§ 79 Abs. 6 OWiG).
61.
7Der Betroffene rügt mit Erfolg, dass die Entscheidung des Amtsgericht auf einem Verstoß gegen die Bestimmung des § 261 StPO (i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG) beruht, wonach der Tatrichter seine Überzeugung (nur) aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen hat.
8a)
9Das Amtsgericht stützt die tatsächlichen Feststellungen, auf denen der Schuldspruch beruht, entscheidend auf die Bekundungen des Zeugen C und führt dazu (u.a.)
10„Der Zeuge C hat angegeben, dass er die fragliche Kreuzung regelmäßig gezielt auf Rotlichtverstöße überwache. Er stünde dabei mit seinem Streifenkrad auf dem Gehweg der L Hauptstraße vor der Apotheke. Dabei habe er einen unverstellte Blick in Richtung S-straße. Er könne die Ampel sowohl für die Kraftfahrzeuge als auch für die Fußgänger frei sehen sowie den davorliegenden Fahrbahnbereich auf etwa 3 Fahrzeuglängen. Die Dauer der Rotlichtphase ergebe sich aus den Phasenwechsel der Lichtzeichenanlage. Wenn die Fußgänger grün hätten, zeige die Anlage für die querenden Autofahrer bereits seit mindestens 1 Sekunde Rotlicht. In Köln gäbe es keine Ampel, bei der der Phasenwechsel von Fahrzeugen auf Fußgänger weniger als 1 Sekunde dauere.
11Zwar hatte der Zeuge C hinsichtlich der Einzelheiten der von ihm gemachten Beobachtungen keine Erinnerung mehr. Jedoch übernahm er für die Richtigkeit der von ihm seinerzeit selbst gefertigten Ordnungswidrigkeitenanzeige die Verantwortung. Wenn er schreibe, die Fußgängerampel habe Grünlicht gezeigt, so entspräche dies seinen damals gemachten Beobachtungen. Wenn er schreibe, der Betroffene habe sich beim Wechsel der Lichtzeichenanlage für die querenden Fußgängern auf grün noch mindestens 10 m vor der Haltelinie befunden, so habe er eine Entfernung zur Haltelinie von etwa 2 Fahrzeuglängen beobachtet, wobei er pro Fahrzeuglänge eine Entfernung von etwa 5 m schätze.
12Der Zeuge, der einen zuverlässigen Eindruck machte, sagte schlüssig und in sich widerspruchsfrei aus. Er verfügte von seiner Position aus über eine gute Beobachtungsmöglichkeit des Geschehens, sowohl auf die Ampel für den Kraftfahrzeug verkehr wie auch auf die Ampel für die querenden Fußgänger und den davorliegenden Fahrbahnbereich. Der/Zeuge zeigte keine Belastungstendenz. So räumte er z.B. ein, dass. noch Fußgänger die L Hauptstraße gequert haben könnten. Es entspreche seiner langjährigen Erfahrung, dass in diesem Kreuzungsbereich sich auch die Fußgänger nicht an das Ampelrotlicht halten würden. Es käme regelmäßig vor, dass Fußgänger die L Hauptstraße queren würden, obwohl die Lichtzeichenanlage für sie rot zeige.
13Wenn er schreibe, dass ihm während des Anhaltevorgangs, als er sich direkt neben dem Betroffenen befand, zudem aufgefallen fallen sei, dass der erforderliche Sicherheitsgurt nicht angelegt sei, so sei dies damals auch so gewesen Der Zeuge identifizierte die auf der Anzeige von ihm gefertigte Unterschrift. Er machte seine Aussage gewissenhaft, sachlich und gründlich. Anhaltspunkte, dem Zeugen nicht zu glauben, haben sich nicht ergeben.
14Dem steht die Aussage der Zeugin P nicht entgegen. …
15Der Zeuge C konnte demgegenüber nachvollziehbar erklären, daß und warum auch bei roter Ampelschaltung häufig Fußgänger auf der Fahrbahn sind (siehe oben). Auch soweit der Zeuge C während des Anhaltevorgangs, als er sich mit seinem Krad direkt neben dem Betroffenen befand, feststellte, dass der Sicherheitsgurt nicht angelegt war, hat das Gericht keine Anhaltspunkte, dem Zeugen nicht zu glauben. Der Zeuge legt sein Augenmerk beruflich bedingt auf derartige Verstöße. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er derartige Feststellungen ohne Grund zur Anzeige bringen sollte.
16Nach der Vernehmung des Zeugen C steht somit fest, dass die Lichtzeichenanlage für die die S-straße querenden Fußgänger zur Tatzeit grün gezeigt hatte. Dies lässt - in Verbindung mit der ihrem wesentlichen Inhalt nach im Hauptverhandlungstermin verlesenen Sachverständigenauskunft des Dipl Ing. D des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik und dem in Augenschein genommenen Ampelphasenplan - den zwingenden Schluss zu, dass die Ampel für den Betroffenen zur Tatzeit bereits mehr als 1 Sekunde rot gezeigt hat. Hieraus ergibt sich eine Rotlichtdauer von 2,2 Sekunden.“
17b)
18Aufgrund der negativen Beweiskraft der Niederschrift über die Hauptverhandlung ist davon auszugehen, dass der Zeuge - entsprechend der bestimmten Behauptung des Rechtsmittelführers - in der Hauptverhandlung nicht vernommen worden ist. In der Rechtsbeschwerdebegründung wird dazu wird dazu ausgeführt:
19„Der vorgedruckte Protokollvermerk, dass Zeugen vernommen worden sind und insoweit auf einen „Einlegebogen Zeugenvernehmung (Anlage I)“ verwiesen wrid, ist (…) nicht ausgefüllt worden.…Zwar sind im Anschluss an das auf Bl. 24 unten d.A. fertiggestellte Hauptverhandlungsprotokoll neben einer „Anlage 1 z. Protokoll vom 1.9.14“ (Bl. 25 d.A.) zwei Einlegebögen über eine Vernehmung der Zeugen C und P abgeheftet worden (Bl. 26, 27 d.A.). Diese Einlegebögen sind aber gerade nicht als Anlagen zum Hauptverhandlungsprotokoll gekennzeichnet worden. Sie wurden auch nicht von der Vorsitzenden und der Protokollführerin unterzeichnet, so dass es sich eindeutig nicht um Protokollanlagen handelt Dies ergibt sich schon aus der Gegenüberstellung der Protokollanlage 1 (Bl. 25 d.A.) und der Einlegebögen über Zeugenvernehmungen.…Dass es sich bei Bl. 26, 27 d.A. nicht um Protokollanlagen handelt, ergibt sich im übrigen schon daraus, dass im Hauptverhandlungsprotokoll nicht auf sie verwiesen worden ist.“
20Diese Darstellung wird durch den Akteninhalt bestätigt.
21Die Erhebung von Beweisen, namentlich die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen gehört aber zu den wesentlichen Förmlichkeiten im Sinne des § 273 Abs. 1 StPO, deren Beobachtung gemäß § 274 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden kann.
22c)
23Dass hier ein Fall der so genannten „unwahren Verfahrensrüge“ vorliegt, der Beschwerdeführer also bewusst wahrheitswidrig einen Verfahrensverstoß behauptet und sich zum Beweis auf ein als unrichtig erkanntes Protokoll beruft, so dass von einem - zur Unzulässigkeit der Rüge führenden - Rechtsmissbrauch auszugehen wäre, kann nicht festgestellt werden (vgl. dazu BGH NStZ 2007, 49 m. Bspr. Satzger/Hanft NStZ 2007, 185). Der Verfasser der Rechtsbeschwerdebegründung hat nicht an der Hauptverhandlung teilgenommen.
242.
25Darüber hinaus rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass die Urteilsgründe zur Beweiswürdigung materiell-rechtlich unvollständig sind, soweit es die Begründung der festgestellten Dauer der für den Betroffenen geltenden Rotlichtphase von 2,2 Sekunden betrifft. Dazu wird auf eine verlesene „Sachverständigenauskunft des Dipl. Ing. D des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik“ verwiesen. Es wird jedoch nicht mitgeteilt, welche konkreten Erkenntnisse daraus gewonnen worden sind, so dass nicht nachvollzogen werden kann, wie das Tatgericht die – für den Schuldumfang und die Rechtsfolgenbemessung bedeutsame - Rotlichtdauer bestimmt hat.
263.
27Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
28Bei einer ordnungsgemäß funktionierenden Lichtzeichenanlage kann auf den Rotlichtverstoß geschlossen werden, wenn durch Zeugenbeweis zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass der Querverkehr grün hatte, als der Betroffene in die Kreuzung einfuhr (SenE v. 10.08.2006 - 82 Ss-OWi 60/06 -; SenE v. 30.09.2010 - III-1 RBs 256/10 -; SenE v. 24.10.2013 - III-1 RBs 290/13 -). Denn jede Ampelschaltung an einer Kreuzung ist ihrer Zweckbestimmung entsprechend darauf ausgelegt, Begegnungen im Querverkehr zu verhindern und daher den Kreuzungsbereich jeweils nur für eine Richtung durch Grünlicht freizugeben. Sollen die Feststellungen zur Dauer der Rotlichtphase im Wege der Schlussfolgerung aus Wahrnehmungen zu den Lichtzeichen für den Querverkehrs gezogen werden, so kommt es auf den zeitlichen Abstand an, der zwischen dem Phasenwechsel von Gelb auf Rot für den Betroffenen einerseits und dem Wechsel von Rot/Gelb auf Grün für den Querverkehr andererseits lag. Es muss positiv die Zeitspanne zwischen Umschalten des für den Betroffenen geltenden Lichtzeichens auf Rotlicht und dem Umschalten auf Grünlicht für den Querverkehr festgestellt sein (OLG Hamm DAR 1999, 417; OLG Hamm NZV 2002, 577; OLG Jena DAR 2006, 164 = VRS 110, 38; SenE v. 10.08.2006 - 82 Ss-OWi 60/06 -; SenE v. 24.10.2013 - III-1 RBs 290/13 -).
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(1) Örtlich zuständig ist die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk
- 1.
die Ordnungswidrigkeit begangen oder entdeckt worden ist oder - 2.
der Betroffene zur Zeit der Einleitung des Bußgeldverfahrens seinen Wohnsitz hat.
(2) Ändert sich der Wohnsitz des Betroffenen nach Einleitung des Bußgeldverfahrens, so ist auch die Verwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der neue Wohnsitz liegt.
(3) Hat der Betroffene im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen Wohnsitz, so wird die Zuständigkeit auch durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort bestimmt.
(4) Ist die Ordnungswidrigkeit auf einem Schiff, das berechtigt ist, die Bundesflagge zu führen, außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes begangen worden, so ist auch die Verwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Heimathafen oder der Hafen im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes liegt, den das Schiff nach der Tat zuerst erreicht. Satz 1 gilt entsprechend für Luftfahrzeuge, die berechtigt sind, das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen.
(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
- 1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, - 4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder - 5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.
(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.
(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.
(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.
(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.
(1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn
- 1.
gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 2.
eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundertfünfzig Euro festgesetzt worden ist, - 3.
der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt oder von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als sechshundert Euro festgesetzt, ein Fahrverbot verhängt oder eine solche Geldbuße oder ein Fahrverbot von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, - 4.
der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder - 5.
durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde.
(2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder Satz 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig.
(3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. § 342 der Strafprozeßordnung gilt auch entsprechend für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 72 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1.
(4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet und dieser dabei auch nicht nach § 73 Abs. 3 durch einen mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten worden ist.
(5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden.
(6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten.
(2) Zur besseren Aufklärung der Sache kann das Gericht
- 1.
einzelne Beweiserhebungen anordnen, - 2.
von Behörden und sonstigen Stellen die Abgaben von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2) verlangen.
(1) Das Protokoll muß den Gang und die Ergebnisse der Hauptverhandlung im wesentlichen wiedergeben und die Beachtung aller wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich machen, auch die Bezeichnung der verlesenen Urkunden oder derjenigen, von deren Verlesung nach § 249 Abs. 2 abgesehen worden ist, sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Entscheidungen und die Urteilsformel enthalten. In das Protokoll muss auch der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Erörterung nach § 257b aufgenommen werden.
(1a) Das Protokoll muss auch den wesentlichen Ablauf und Inhalt sowie das Ergebnis einer Verständigung nach § 257c wiedergeben. Gleiches gilt für die Beachtung der in § 243 Absatz 4, § 257c Absatz 4 Satz 4 und Absatz 5 vorgeschriebenen Mitteilungen und Belehrungen. Hat eine Verständigung nicht stattgefunden, ist auch dies im Protokoll zu vermerken.
(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird. Der Vorsitzende kann anordnen, dass anstelle der Aufnahme der wesentlichen Vernehmungsergebnisse in das Protokoll einzelne Vernehmungen im Zusammenhang als Tonaufzeichnung zur Akte genommen werden. § 58a Abs. 2 Satz 1 und 3 bis 6 gilt entsprechend.
(3) Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen. Lehnt der Vorsitzende die Anordnung ab, so entscheidet auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person das Gericht. In dem Protokoll ist zu vermerken, daß die Verlesung geschehen und die Genehmigung erfolgt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.
(4) Bevor das Protokoll fertiggestellt ist, darf das Urteil nicht zugestellt werden.
Die Beobachtung der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen den diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt des Protokolls ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.