Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 01. März 2018 - 3 U 167/15

bei uns veröffentlicht am01.03.2018

Tenor

I. Auf die Berufungen der Parteien wird unter Abweisung der weitergehenden Berufungen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 8 für Handelssachen, vom 26.8.2015 (Az.: 408 HKO 143/14) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr für ein Nachrichten- und Informationsportal im Internet

a) die Bezeichnung „tagesumschau“ (gleich in welcher Schreibweise) zu verwenden, wenn dies so geschieht wie in der Anlage zu diesem Urteil (Anlage K 4)

b) die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, wenn dies so geschieht wie im Rahmen von www.tagesumschau.de.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits (I. und II. Instanz) verteilen sich wie folgt:

Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 3/5 und die Klägerin 2/5. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) trägt diese selbst 3/5 und die Klägerin 2/5. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) trägt dieser selbst 3/5 und die Klägerin 2/5.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung aus dem Urteil zu Ziffer I a) und I. b) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils € 50.000,00 und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung hinsichtlich der Ziffer I. Sicherheit in der jeweils genannten Höhe und hinsichtlich der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Kostenvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Der Klägerin, der ..., ist eine öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt. Sie hat sich mit weiteren Landesrundfunkanstalten und der Deutschen Welle zu der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (nachfolgend auch „ARD“) zusammengeschlossen.

2

Die ARD strahlt seit 1952 die Fernsehnachrichtensendung „Tagesschau“ aus. Seit dem 01.08.1996 existiert die zugehörige Internetseite www.tagesschau.de. Zu Gunsten der Klägerin ist seit dem 21.03.1984 die Wortmarke „Tagesschau“ für die Klasse „Produktion von Fernseh-Nachrichtensendungen“ als verkehrsdurchgesetzte Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer 1061269 eingetragen. Seit dem 27.09.2011 ist zu Gunsten der Landesrundfunkanstalten darüber hinaus unter der Nummer 010237543 die Wortmarke „tagesschau“ beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eingetragen.

3

Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft. Der Beklagte zu 2) ist der einzige Vorstand ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, der Firma „xy“. Im Jahr 2014 bot die Beklagte zu 1) in der aus der Anlage K 4 ersichtlichen Weise im Internet einen Überblick über aktuelle Nachrichten an, welcher unter www.tagesumschau.de aufgerufen werden konnte. Zudem erfolgte bei Aufruf der Seiten www.tagesumschau.com und www.tagesumschau.eu eine Weiterleitung auf die Seite www.tagesumschau.de. Inhaberin der Domains www.tagesumschau.de, www.tagesumschau.com und www.tagesumschau.eu ist die Firma xyz, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist. Zudem meldete die Beklagte zu 1) im Jahr 2014 die Wortmarken „tagesumschau.de“, „TAGESUMSCHAU EINFACH SCHNELLER INFORMIERT“ an sowie die Wort/Bildmarke TAGESUMSCHAU EINFACH SCHNELLER INFORMIERT (Anlagenkonvolut K 6).

4

Nachdem die Klägerin hierauf aufmerksam geworden war, mahnte sie die Beklagten mit Schreiben vom 04.06.2014 ab und erwirkte gegen sie in der Folge die als Anlage K 11 eingereichte einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 20.06.2014 (Az. 312 O 238/14).

5

Die Klägerin hat geltend gemacht:

6

Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass sie für „Tagesschau“ den Schutz der bekannten Marke bzw. des bekannten Werktitels in Anspruch nehmen könne. Die Beklagten übernähmen 1:1 die Bestandteile „Tages“ und „schau“; der einzige Unterschied sei das dazwischengeschobene „um“, aber dieses schaffe keinen ausreichenden Abstand. Letztlich sei es so, dass das Portal der Beklagten ihr, der Klägerin, zugerechnet werden könne, weil man es für einen Ableger der „Tagesschau“ bzw. jedenfalls für einen Auftritt halte, der mit der ARD und ihren marktführenden Informationskompetenzen etwas zu tun habe.

7

Zur Reihenfolge der von ihr geltend gemachten Ansprüche hat die Klägerin ausgeführt, sie mache in erster Linie Ansprüche aus Werktitelschutz (§ 15 Abs. 2, 3 MarkenG), sodann Ansprüche aus der deutschen Marke Nr. 1061269 und zuletzt Ansprüche aus der Gemeinschaftsmarke 010237543 geltend.

8

Die Klägerin hat beantragt,

9

den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,-- (in Worten: Euro zweihundertfünfzigtausend) oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wegen jeder Zuwiderhandlung

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zu untersagen,

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für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal die Bezeichnung „tagesumschau“ (gleich in welcher Schreibweise) zu verwenden und/oder dafür die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de.

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sowie hilfsweise

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den Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, für ein deutschsprachiges Internet-Nachrichten- und Informationsportal die Bezeichnung „tagesumschau“ (gleich in welcher Schreibweise) zu verwenden und/oder dafür die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de.

14

Die Beklagten haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagten haben vorgetragen:

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Die Beklagte zu 1) baue geschäftliche Vorhaben in Eigenregie aus, darunter auch das Projekt „(Zeitangabe)umschau.de“, dessen Gegenstand die Schaffung von intuitiv erreichbaren Informationsportalen sei, die entsprechend den Gegebenheiten der jeweiligen Tageszeit bzw. den Tag zusammenfassend einen Blick auf bzw. einen Überblick über die jeweiligen Aktualitäten schaffen wolle. Unter Berücksichtigung der Internetverwendung könne die Verwendung der Wortfolgen „MORGENUMSCHAU“, „TAGESUMSCHAU“, „ABENDUMSCHAU“ und „NACHTUMSCHAU“ im Zusammenhang mit einem Nachrichten- und Informationsportal für den Internetnutzer nur als Beschreibung der jeweils zu erwartenden Inhalte und der Konkretisierung des Begriffs „Umschau“ auf eine bestimmte zeitliche Periode des Tages verstanden werden. Ihr habe sich bei der Konzeption einer solchen Staffel von Beschreibungen / Bezeichnungen eines internetbezogenen Informations- und Nachrichtenportals zum Jahreswechsel 2013/2014 keine freie Wahl mehr angeboten. Lediglich beim Begriff „Umschau“ habe sie eine Verfügbarkeit für die konzeptionierte Wortfolgenstaffel „Morgen-, Tages-, Abend- und Nacht“ feststellen können.

18

Es bestehe keine wettbewerbliche Situation zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1). Während die Klägerin einen grundsätzlich gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Programmauftrag im Bereich des Rundfunks zu erfüllen habe, betätige die Beklagte zu 1) sich auf diesem Gebiet überhaupt nicht; es liege eine weite Ferne zwischen Rundfunknachrichtensendung und Internetinformationsportal. Die Klägerin werde auch nicht tätig, um ihre Leistungen in einen Markt zu bringen, sondern in Erfüllung eines öffentlich-rechtlichen Programmauftrags. Die Rundfunkprogramme sollten der Information, Bildung und Unterhaltung dienen, wobei insoweit Theorie und Praxis Risse aufwiesen (in Bezug auf den letzteren Punkt beziehen sich die Beklagten u.a. auf die Anlage 1.1.). In dieses Bild passe auch die Markenpolitik der Klägerin, welche ausweislich der Anlage 1.2. ein riesiges Markenportfolio unterhalte mit einem erheblichen jährlichen Kostenapparat, errichtet aus Rundfunkgebühren. Es handele sich offensichtlich um Sperrmarkenanmeldungen ohne eigene Benutzungsabsicht, aber auf Kosten der Gebührenzahler. Ein geschäftliches Angebot oder die Erbringung der Dienstleistung „Produktion von Fernseh-Nachrichtensendungen“ könne unter der Wortmarke „Tagesschau“ nicht festgestellt werden und wäre der Klägerin nach dem NDR-Staatsvertrag und ihrer Satzung auch nicht erlaubt.

19

Die von der Klägerin in der Anlage K 3 zusammengestellten angeblichen demoskopischen Ergebnisse würden bestritten; es bleibe diffus, wer der Autor der Angaben sei, auch seien die Quellenangaben so unspezifisch, dass eine Überprüfung zur Richtigkeit nicht möglich sei. Die Klage lasse es an Angaben vermissen, die in überprüfbarer und definierbarer Form das Beweisthema der von der Klägerin ins Feld geführten Bekanntheit umschrieben. Auch dürfte die Ausstrahlung von Früchten, die aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Programmauftrages geerntet würden, auf den geschäftlichen Verkehr ohnehin von geringstem Ausmaß sein.

20

Dass die Klägerin über eine Ermächtigung zur Rechtsverfolgung aus den Klagemarken und dem Werktitel verfüge, werde bestritten.

21

In den letzten Jahren habe sich in sichtbarer Weise die Mediennutzung verändert. Die Idee der Veranstaltung eines Rundfunkprogramms werde zunehmend belanglos, wie sich an der sehr großen Resonanz von sog. Youtube-Kanälen zeige. Zunehmend werde der eigene Medienkonsum „on demand“ gesteuert. Da die Befugnis der Klägerin, im Internet Inhalte zu verbreiten, auf das nach § 6 Abs. 1 S. 2 NDR-Staatsvertrag Zulässige beschränkt sei, seien Inhalte unter „tagesschau.de“ nicht nur der rechtlichen Natur nach programmbegleitende Informationen, sondern würden auch als solche wahrgenommen. Auch die App werde lediglich als komplementäres Werkzeug zur Fernsehsendung wahrgenommen. Im allgemeinen Internet werde die Tagesschau nicht wahrgenommen, sie sei in der Online-Welt eine Randerscheinung.

22

Die Beklagte zu 1) lehne sich mit der Gestaltung der Bezeichnung für ihr Informationsangebot und auch mit dem Layout für dieses unter keinem Gesichtspunkt an typische Gestaltungselemente der Tagesschau an und komme diesen auch nicht nahe.

23

Mit Blick auf den lediglich in einem „insbesondere“-Teil beschränkten Klagantrag hinsichtlich des Toplevels für Domainbezeichnungen werde insoweit der gesamte Bestand an Topleveln relevant. Mangels territorialer Beschränkung des Klagantrags schieße dieser jedoch weit über das vernünftigerweise anpeilbare Ziel hinaus. Ohnehin sei fraglich, was mit Blick auf eine hinreichende Bestimmtheit unter einem „Internet-Nachrichten- und Informationsportal“ zu verstehen sein solle.

24

Das Landgericht, Kammer 8 für Handelssachen, hat die Beklagten mit Urteil vom 26.8.2015 (Az. 408 HKO 143/14) bei Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für ein Nachrichtenportal im Internet

25

a) die Bezeichnung „tagesumschau“ gleich in welcher Schreibweise zu verwenden, wie in der Anlage K 4 geschehen;

26

und/oder

27

b) die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de.

28

Gegen dieses Urteil richten sich die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen beider Parteien.

29

Die Klägerin macht geltend:

30

Das Landgericht habe ihren Antrag, welcher lediglich auf ein Verbot der Verwendung des Begriffs „Tagesumschau“ in Alleinstellung bzw. als dominierende Hauptbezeichnung abziele, falsch, nämlich zu weit, ausgelegt. Bei richtiger Auslegung sei er weder abstrakt noch ziele er auf ein Schlechthin-Verbot. Vielmehr erfasse er die konkrete Verletzungsform, die sich dadurch auszeichne, dass die Beklagten die Bezeichnung „Tagesumschau“ isoliert bzw. unter Beifügung der kennzeichenrechtlich unmaßgeblichen Aussagen „EINFACH:SCHNELLER:INFORMIERT“ verwendeten. Der für die Auslegung ihres Begehrens maßgebliche Klagevortrag gehe an keiner Stelle dahin, den Beklagten die Verwendung von „Tagesumschau“ in jeder beliebigen Zusammensetzung, beispielsweise auch bei einer untergeordneten, beschreibenden Verwendung im Rahmen komplexer Kennzeichnungen zu untersagen. Es gehe um die Verwendung in Alleinstellung oder jedenfalls als (dominante) Hauptbezeichnung. So hätten die Beklagten das Zeichen aber nicht nur in der Anlage K 4 verwendet, sondern auch als Marke, insbesondere als Wortmarke „tagesumschau.de“ (Anlage K 6). Auch begründe die Markenanmeldung eine über das Logo gemäß K 4 hinausgehende Erstbegehungsgefahr.

31

Zu Unrecht habe das Landgericht ferner bemängelt, dass sie neben einem Nachrichtenportal auch ein Informationsportal zum Gegenstand ihres Antrags gemacht habe. Die Beklagten sprächen selbst in der Klagerwiderung von einem Informationsportal, auch enthalte die werbliche Unterzeile zum Logo schließlich das Wort „informiert“. Zudem enthalte das Internetangebot gemäß Anlage K 4 neben Tagesnachrichten auch Mitteilungen, bei denen man sich darüber streiten könne, ob es sich noch um Nachrichten handele.

32

Im Übrigen verteidigt die Klägerin das landgerichtliche Urteil.

33

Die Klägerin beantragt,

34

die Beklagten unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils dahingehend zu verurteilen, dass den Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wird, für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal die Bezeichnung „tagesumschau“ (gleich in welcher Schreibweise) zu verwenden und / oder dafür die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de.

35

Die Beklagten beantragen,

36

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen (ggf. mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird)

37

sowie

38

das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts vom 26.08.2015 (Az.: 408 O 143/14), soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt, teilweise abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen (ggf. mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird).

39

Die Klägerin beantragt,

40

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, soweit die Berufung nicht bereits als unzulässig zu verwerfen sei.

41

Die Beklagten machen geltend:

42

Die Klage sei unzulässig, weil der Antrag nicht hinreichend bestimmt sei. Die zur Reihenfolge der Anspruchsgrundlagen/Streitgegenstände gemachten Angaben in der Klage seien bei Zugrundelegung des Klagepetitums zu allgemein und unpräzise. Ferner lasse der Klageantrag offen, welche Formen der Verwendung der Bezeichnung „Tagesumschau“ untersagt werden sollten. Auch der Begriffsinhalt von „Internet-Nachrichten- und Informationsportal“ sei zu undeutlich und werde durch die Klägerin nicht hinreichend abgegrenzt.

43

Das Landgericht habe keine hinreichenden Feststellungen zu den Werkkategorien der gegenüberstehenden Werktitel getroffen sowie dazu, ob insoweit eine Werkkategorienidentität oder -ähnlichkeit vorliege. Ohne derartige Feststellungen könne eine Beurteilung der Verwechslungsgefahr weder auf der Basis von Erst- noch von Wiederholungsgefahren erfolgen, welche darüber hinaus jeweils einen eigenen Streitgegenstand bildeten.

44

Es sei nicht einmal vorgetragen, dass die Beklagte zu 1) eine Second-Level-Domain benutzt habe, Gegenstand des Klagevortrags seien ausschließlich Third-Level-Domains. Auch seien Domainnamen keine Werktitel. Ferner dienten Werktitel grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes vom anderen, ohne einen Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Das Landgericht habe ferner ohne Benennung der zugrundeliegenden Tatsachen nicht davon ausgehen dürfen, es handele sich um ein bekanntes Kennzeichen.

45

Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass es auf das Layout der beanstandeten Internetseite nicht ankomme und das Zeichen „TAGESUMSCHAU EINFACH SCHNELLER INFORMIERT“ nicht als Gesamtzeichen aufzufassen sei. Der Durchschnittsbetrachter sehe hierin ein Gesamtzeichen, weil der Wortfolge „Tagesumschau“ durch die drei weiteren Begriffe jeweils ein die Wesenseigenschaft beschreibendes Attribut gegeben werde, welches dann sogar einen Slogan bilde.

46

Weitere rechtliche Problematiken seien, so die Beklagten, kurz anzureißen: Die Klägerin verbreite ihr Rundfunkprogramm nur regional, begehre aber ein im Gültigkeitsbereich des Markengesetzes geltendes Verbot. Es stelle sich weiter die Frage, wer Inhaber eines etwaigen Werktitels „Tagesschau“ sei. Zudem sei fraglich, ob tatsächlich ein aus einer Buchstabenfolge bestehender Werktitel „Tagesschau“ bestehe, wenn eine solche Bezeichnung gar nicht stattfinde, sondern diese Buchstabenfolge lediglich einem oder einer Vielzahl von gestaltenden Gesamtzeichen entnommen werden könne. Auch müsse gegebenenfalls geklärt werden, ob ein von ihrem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag nicht gedecktes Verhalten der Klägerin (insbesondere ihre Internetaktivitäten) überhaupt zu einer Beschränkung der Handlungsfreiheit von grundrechtsberechtigten Personen führen könne.

47

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 23. November 2017 Bezug genommen.

II.

48

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten und der Klägerin haben nur in geringem Umfang Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage als zulässig angesehen (hierzu unter Ziff. 1) und weiter angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagten Unterlassungsansprüche aus Werktitelschutz zustehen (hierzu nachfolgend unter Ziffer 2), wobei der Senat, anders als das Landgericht, solche nicht nur in Bezug auf ein reines Internet-Nachrichtenportal, sondern weitergehend in Bezug auf ein Informations- und Nachrichtenportal im Internet als gegeben ansieht. Allerdings waren die Verbote jeweils zu begrenzen auf die konkrete Verletzungsform (hierzu nachfolgend unter Ziffer 3).

49

1. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.

50

a. Die gestellten Unterlassungsanträge -und damit auch die Verbote- sind hinreichend bestimmt.

51

Die Klägerin begehrt das an die Beklagten gerichtete Verbot,

52

- für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal

53

- die Bezeichnung „tagesumschau“ (gleich in welcher Schreibweise) zu verwenden
und/oder
- dafür die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de

54

Hierdurch wird hinreichend beschrieben, worin der Streitgegenstand liegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (BGH GRUR 2003, 716 - Reinigungsarbeiten; BGH, Beschluss vom 24. März 2011, I ZR 108/09, BGHZ 189, 56Rn. 8 - TÜV I).

55

Vorliegend ergibt sich daher aus den Anträgen unter ergänzender Berücksichtigung der Ausführungen in der Klagschrift, dass die Klägerin kein Verbot jedweder Benutzung des Begriffs „Tagesumschau“ begehrt. Vielmehr wendet sie sich mit dem Klagantrag zu a) gegen die Verwendung der Bezeichnung „tagesumschau“ für ein „Nachrichten- und Informationsportal“. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff der Nachrichten mit Berichten über aktuelle Ereignisse in den Massenmedien gleichgesetzt, während der Begriff der „Information“ allgemeiner eine Wissensteilmenge beschreibt. Unter einem Internetportal ist ein zentraler Zugang zu verstehen, unter dem thematisch strukturierte und gegliederte Informationen oder Dienste angeboten werden. Ein Informations- und Nachrichtenportal ist daher eine virtuelle Plattform, die in erster Linie strukturiert Zugang zu Berichten über aktuelle Ereignisse bietet, im Zusammenhang damit aber auch weitergehende Darstellungen/Angaben über Sachverhalte und Vorgänge liefern kann. Indem sie sich gegen die Verwendung als „Bezeichnung“ für ein solches Portal wendet und in der Klagschrift u.a. geltend gemacht hat, die Beklagte zu 1) wolle sich mit „Tagesumschau“ an den prestigeträchtigen Titel „tagesschau“ anlehnen und so Aufmerksamkeit generieren, macht sie auch deutlich, dass es ihr um die Verwendung des Begriffes „Tagesumschau“ als titelmäßige Bezeichnung eines solchen Portals geht.

56

Mit dem Klagantrag zu b) begehrt die Klägerin das Verbot, für ein solches Informations- und Nachrichtenportal die Second-Level-Domain „tagesumschau“ zu verwenden, insbesondere im Rahmen von www.tagesumschau.de“. Da Domain-Namen hierarchisch von rechts nach links gegliedert sind und der ganz rechte Abschnitt hinter dem letzten Punkt als Top-Level-Domain bezeichnet wird, beschreibt der Begriff der Second-Level-Domain die zweite Ebene links neben der Domain-Endung; in dieser Weise taucht das Wort „Tagesumschau“ auch in dem von der Klägerin mit dem „insbesondere“-Halbsatz angeführten Beispiel www.tagesumschau.de auf. Hierdurch und indem sie in der Klagschrift ausdrücklich ausgeführt hat, dass die Beklagte zu 1) im Internet unter der auf die Internet Leasing GmbH registrierten Domain www.tagesumschau.de ein Nachrichtenportal betreibe, hat die Klägerin auch klargestellt, dass sie mit dem Begriff „verwenden“ nicht die Nutzung der Domain www.tagesumschau.de durch die Domaininhaberin bzw. die Verwendung der Bezeichnung „Tagesumschau“ im Rahmen der Domainbezeichnung meint, sondern dass ihr Angriff sich richtet gegen das Betreiben des Nachrichten- und Informationsportals unter einer Domain, die eine derartige Second-Level-Domain enthält.

57

Mithin wendet sich die Klägerin mit ihrem mit a) bezeichneten Antrag dagegen, dass die Beklagte zu 1) unter dem Werktitel „Tagesumschau“ im Internet Nachrichten- und Informationsinhalte anbietet und in dem mit b) bezeichneten Antrag dagegen, dass die Beklagte zu 1) diese Nachrichten- und Informationsinhalte unter einer Second-Level-Domain „tagesumschau“ anbietet.

58

b. Der Bestimmtheit des Klageantrags steht nicht entgegen, dass die Klägerin ihr gegen die Beklagten gerichtetes einheitliches Klagebegehren aus mehreren Schutzrechten herleitet und es sich dabei um verschiedene prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) handelt. Die Klägerin hat dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dadurch genügt, dass sie die Reihenfolge bezeichnet hat, in der sie die Streitgegenstände geltend macht (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011, I ZR 108/09, BGHZ 189, 56Rn. 8 - TÜV I). Sie hat nämlich in der Klagschrift ausgeführt, die Reihenfolge ihrer Ansprüche laute „a) Ansprüche aus Werktitelschutz (§ 15 Abs. 2, 3 MarkenG), b) Ansprüche aus der deutschen Marke Nr. 1061269 (§§ 14 Abs. 2, 3 MarkenG - Anlage K 1), c) Ansprüche aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 010237543 (§§ 14 Abs. 2, 3 MarkenG - Anlage K 2)“. Dies ist ausreichend.

59

c. Die Klägerin ist auch prozessführungsbefugt.

60

Dass die Klägerin berechtigt ist, nicht nur die Rechte aus der deutschen Marke Nr. 1061269, deren Inhaberin sie ist, sondern auch Ansprüche aus Werktitelschutz sowie der Gemeinschaftsmarke Nr. 010237543 im eigenen Namen geltend zu machen, ergibt sich aus den als Anlagenkonvolut eingereichten Ermächtigungen der Intendanten der übrigen in der ARD zusammengefassten Landesrundfunkanstalten. Diese haben die Klägerin ermächtigt, diese Rechte umfassend und im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Die Landesrundfunkanstalten gemeinsam sind sowohl titelschutzberechtigt als auch Inhaberinnen der Gemeinschaftsmarke.

61

2. Der aufgrund der Ermächtigungen der Intendanten der Rundfunkanstalten aktivlegitimierten Klägerin stehen gegen die Beklagten auch Unterlassungsansprüche aus § 15 Abs. 2, 4 MarkenG zu.

62

a. Die Bezeichnung einer Nachrichtensendung (sowie auch einer zugehörigen Internetseite) stellt einen schutzfähigen Werktitel im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG dar.

63

Werktitel werden nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG geschützt. Gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sind schutzfähige Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff. Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 1997, I ZR 44/95, BGHZ 135, 278, 280 - PowerPoint; Urteil vom 22. März 2012, I ZR 102/10, GRUR 2012, 1265Rn. 13 - Stimmt's?, mwN). Eine Nachrichtensendung fällt hierunter.

64

b. Die Bezeichnung „Tagesschau“ hat auch eine hinreichende originäre Unterscheidungskraft.

65

Unterscheidungskraft bezeichnet die Eignung eines Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003, I ZR 171/00, GRUR 2003, 440, 441 - Winnetous Rückkehr; BGH, Urteil vom 22. März 2012, I ZR 102/10, GRUR 2012, 1265Rn. 19 - Stimmt's?). Sie fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012, I ZR 102/10, GRUR 2012, 1265Rn. 19 - Stimmt's?).

66

Hinsichtlich der Bezeichnung „Tagesschau“ für eine Nachrichtensendung ist eine hinreichende Unterscheidungskraft zu bejahen. Bei Titeln von Rundfunk- und Fernsehsendungen sind keine hohen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.1993, I ZR 113/91, GRUR 1993, 769, 770 - Radio Stuttgart). Dies gilt in gesteigertem Maße für die Titel von Nachrichtensendungen. Sie werden im Allgemeinen so gewählt, dass dem Titel der Charakter der Sendung ohne weiteres entnommen werden kann. Insofern hat sich der Verkehr hier - ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (vgl. BGH, Urt. v. 16.07.1998, I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 - Wheels Magazine, m.w.N.; ferner BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE; Urt. v. 22.09.1999, I ZR 50/97, GRUR 2000, 504, 505 - FACTS) - an Titel gewöhnt, die sich an beschreibende Angaben anlehnen und nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen.

67

Dem kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass an der Bezeichnung "Tagesschau" ein allgemeines Freihaltebedürfnis besteht. Denn es handelt sich bei dem Titel "Tagesschau" um eine im Verkehr durchgesetzte Bezeichnung. Das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltebedürfnisses kann mit Hilfe einer Durchsetzung des Kennzeichens innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise überwunden werden (vgl. BGHZ 4, 167, 169 - DUZ; BGH, Urt. v. 15.06.1956, I ZR 105/54, GRUR 1957, 29, 31 - Der Spiegel; Urt. v. 11.07.1958, I ZR 187/56, GRUR 1959, 45, 47 - Deutsche Illustrierte; Urt. v. 15.11.1967, Ib ZR 119/66, GRUR 1968, 259 - NZ; Urt. v. 12.11.1987, I ZR 19/86, GRUR 1988, 638, 639 - Hauer's Auto-Zeitung; BGHZ 74, 1, 6 f. - RBB/RBT).

68

Schließlich kann die Schutzfähigkeit des Titels auch nicht mit dem Argument verneint werden, es bestehe wegen der Nähe zu beschreibenden Angaben die Gefahr, dass aus dem geschützten Werktitel "Tagesschau" gegen rein beschreibende oder aus anderen Gründen freizuhaltende Bezeichnungen vorgegangen werden könnte. Denn dieser Gefahr kann bei der Bemessung des Schutzumfangs Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Urt. v. 17.01.1985, I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 - Gefa/Gewa; vgl. zum Markenrecht BGH, Urt. v. 18.06.1998 , I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 240 - Tour de Culture; Beschl. v. 18.03.1999, I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 990 - HOUSE OF BLUES).“

69

c. Titelschutz entsteht, wenn der Titel für ein bestehendes Werk im geschäftlichen Verkehr benutzt wird.

70

Dass der Titel „Tagesschau“ zur Bezeichnung der ARD-Nachrichtensendung verwendet wird, haben die Beklagten nicht substantiiert bestritten. Das Zeichen wird auch in Alleinstellung verwendet; insoweit ist auf die überzeugenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung zu verweisen.

71

Es handelt sich hierbei auch um eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr. Ein Zeichen wird im geschäftlichen Verkehr benutzt, wenn die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit erfolgt. Abgesehen von der Zeichenverwendung im privaten Bereich fehlt es an einer Verwendung im geschäftlichen Verkehr auch bei der Betätigung der öffentlichen Hand im hoheitlichen Bereich und der Kennzeichenverwendung im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung (Hacker in Hacker/Ströbele/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 14 Rn. 65f.). Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs stimmt im Wesentlichen überein mit dem gleichlautenden Tatbestandsmerkmal im UWG a.F. (Hacker, a.a.O. Rn. 48).

72

Mit dem an die Allgemeinheit gerichteten Angebot der Nachrichtensendung „Tagesschau“ handeln die Klägerin bzw. die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten nicht hoheitlich bzw. öffentlich-rechtlich. Hoheitlich handelt eine Behörde, wenn sie einseitig-diktierend im Über-/Unterordnungsverhältnis kraft hoheitlicher Gewalt auftritt; auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts handelt eine Behörde, wenn die angewandte Rechtsnorm dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, das heißt, wenn sie einen Träger hoheitlicher Gewalt einseitig berechtigt oder verpflichtet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 07. Februar 2017, I-20 U 139/15 -, juris). Beides ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr treten die Klägerin und die übrigen Landesrundfunkanstalten mit dem Angebot ihrer Fernsehnachrichtensendung in Wettbewerb mit privaten Anbietern von Nachrichten- und Informationsdienstleistungen.

73

d. Die Beklagte zu 1) verwendet die angegriffene Bezeichnung „Tagesumschau“ auch titelmäßig.

74

Ein Zeichen wird dann titelmäßig verwendet, wenn es nach Anschauung eines nicht unerheblichen Teils des Verkehrs der Bezeichnung eines Werks zur Unterscheidung von einem anderen Werk dient. Dies kann auch durch die Benutzung eines Domainnamens erfolgen, nämlich dann, wenn der Verkehr in dem Domainnamen bei einem Werktitel ein Zeichen zur Unterscheidung eines Werks von einem anderen und nicht nur eine Adressbezeichnung sieht (BGH, GRUR 2016, 939, Rn. 24ff, 38 - wetter.de; OLG München GRUR 2001, 522, 524; Hacker, a.a.O., § 5 Rn. 108).

75

So liegt der Fall hier. Die Beklagte zu 1) hat den Begriff „Tagesumschau“ zur Unterscheidung ihres Nachrichtenportals von anderen Werken in Benutzung genommen, indem sie ihre Nachrichten- und Informationsdienstleistungen unter der Domain www.tagesumschau.de angeboten und im Rahmen des Internetauftritts, wie aus der Anlage K 4 ersichtlich, ihre Inhalte unter der Überschrift „Tagesumschau“ präsentiert hat. Darauf, dass nicht sie, sondern die Internet Leasing GmbH Inhaberin der Domain www.tagesumschau.de ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil dies, wie bereits dargelegt, nicht Gegenstand des Angriffs der Klägerin ist.

76

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird von der Beklagten zu 1) insoweit auch nicht lediglich das Gesamtzeichen „Tagesumschau Einfach Schneller Informiert“ verwendet. Die Worte „Einfach Schneller Informiert“ werden vom angesprochenen Verkehr nicht als Bestandteil des Titels aufgefasst, sondern als eine auf die unter „Tagesumschau“ angebotenen Informations- und Nachrichtendienstleistungen bezogene beschreibende Sachangabe bzw. eine Anpreisung allgemeiner Art (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2000, I ZB 34/98, GRUR 2001, 735, 736 - Test it.).

77

e. Zwischen den Werktiteln „Tagesschau“ und „Tagesumschau“ besteht auch Verwechslungsgefahr.

78

Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004, I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. - Das Telefon-Sparbuch, mwN). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (BGH, Urteil vom 1. März 2001, I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass der Verkehr mit bekannten Werktiteln häufig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGHZ 102, 88, 91 f. - Apropos Film; 120, 228, 230 - Guldenburg; BGH, Urt. v. 12.11.1998, I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 - Max).

79

Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ähnlichkeit der Werke sowie auf die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (vgl. zu Unternehmenskennzeichen BGH, Urt. v. 21.11.1996, I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 - NetCom; Urt. v. 28.1.1999, I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 - Altberliner).

80

(1) Dem Werktitel „Tagesschau“ ist überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft beizumessen.

81

Der Begriff "Tagesschau“ ist als Titel einer Nachrichtensendung von Haus aus unterscheidungskräftig und daher auch ohne den Nachweis der Verkehrsgeltung bereits vom Zeitpunkt seiner Ingebrauchnahme an nach § 15 Abs. 1 und 2 sowie § 5 Abs. 3 MarkenG schutzfähig. An die Unterscheidungskraft von Zeitschriftentiteln werden nur geringe Anforderungen gestellt, weil auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt seit jeher Zeitungen und Zeitschriften unter mehr oder weniger farblosen Gattungsbezeichnungen angeboten werden (BGH, GRUR 02, 176 - Auto Magazin; BGH, GRUR 99, 235, 237 - Wheels Magazine). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt der Titel "Tagesschau". Der Titel "Tagesschau“ bezeichnet von Haus aus nicht zwingend eine Nachrichtensendung. Er weist damit ein Mindestmaß an Individualität auf, welches dem Verkehr eine Unterscheidung von anderen Nachrichtensendungen ermöglicht.

82

Dem Werktitel "Tagesschau“ kommt ferner eine durch Benutzung erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft zu, und zwar bereits zum Zeitpunkt der Registrierung der Domain www.tagesumschau.de im Februar 2014. Es ist anerkannt, dass eine Kennzeichnungskraft durch Verkehrsbekanntheit gesteigert werden kann (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rn. 181). Der für die gesteigerte Kennzeichnungskraft erforderliche Bekanntheitsgrad des Zeichens ist keine feste Größe, sondern von der jeweiligen Marktbedeutung für die tatsächlich benutzten Waren abhängig. Maßgebend sind die Einzelfallumstände (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rn. 222), namentlich der Marktanteil, die Intensität, die geographische Ausdehnung und die Dauer der Benutzung des Zeichens sowie der Umfang der Investitionen, die das Unternehmen zur Förderung der Marke getätigt hat (vgl. zu Art. 5 Abs. 2 MarkenRL EuGH, Urt. vom 14.09.1999, Rs. C-375/97, EuZW 2000, 56, 57 f. - Chevy; zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG BGH, GRUR 2002, 340, 341 - Fabergé; BGH, WRP 2003, 647, 653 - BIG BERTHA).

83

Die Sendung „Tagesschau“, welche sich als Nachrichtensendung an den allgemeinen Verkehr wendet, wird seit 1952 ausgestrahlt, u.a. von dem Sender „Das Erste“ (welcher umgangssprachlich nach wie vor ganz überwiegend als „ARD“ bezeichnet wird); dass sich dieses Format in der Folgezeit zu einer überaus bekannten Sendung mit hohen Einschaltquoten entwickelt hat, lässt sich den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in den am 01.03.2011 ergangenen Entscheidungen Tagesschau“ (I ZR 211/98, juris) und „Tagesreport“ (I ZR 205/98, juris) entnehmen; insoweit wird auch auf die nachfolgenden Ausführungen unter Ziffer 2 f. (4) verwiesen. Auch die Tatsache, dass die Wortmarke der Klägerin „Tagesschau“ 1984 als verkehrsdurchgesetzte Marke beim DPMA eingetragen wurde, belegt die besondere Bekanntheit des Titels. Darüber hinaus ist auch zu sehen, dass die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten seit dem Jahr 1996 das Online-Portal „tagesschau.de“ betreiben und darüber hinaus seit dem 21. Dezember 2010 die Applikation „Tagesschau-App“ für Smartphones und Tabletcomputer anbieten; dies lässt sich der Entscheidung „Tagesschau-App“ des Bundesgerichtshofes entnehmen. Auch wenn den Beklagten zuzugeben ist, dass sich die Medienkonsumgewohnheiten auch in Bezug auf den Bereich „Nachrichten“ seit 2001 deutlich verändert haben, bestehen keine Zweifel an einer ganz erheblichen Steigerung der Kennzeichenkraft des Werktitels „Tagesschau“ durch Verkehrsbekanntheit.

84

(2) Die Werkkategorien „Nachrichtensendung“ und „Internetnachrichtenportal“ sind sich ähnlich. Beide werden vom Verkehr genutzt, um sich über aktuelle Ereignisse zu informieren. Der Verkehr ist ferner auch daran gewöhnt, dass es flankierende Internetangebote zu Fernsehangeboten gibt. Dies gilt, wie beispielsweise das Beispiel des zur Sendung „Tagesschau“ zugehörigen Internetportals www.tagesschau.de belegt, gerade auch für den Nachrichtenbereich.

85

(3) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen - "Tagesschau" und "Tagesumschau“ - weisen eine starke Ähnlichkeit auf. Der Anfangsbestandteil "Tages-" ist identisch. Die inhaltliche Bedeutung weist hier wie dort auf eine Zusammenfassung der Geschehnisse des Tages hin. Die Bezeichnungen unterscheiden sich ferner auch in ihrem zweiten, gleichermaßen prägenden Bestandteil ("-schau" und "-umschau“) nur geringfügig.

86

(4) Bei Berücksichtigung dieser den Schutzumfang der in Rede stehenden Werktitel näher bestimmenden Umstände ist eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

87

Insoweit kann dahinstehen, ob erhebliche Teile des Verkehrs den Titel "Tagesumschau" mit "Tagesschau" verwechseln. Hiergegen dürfte allerdings sprechen, dass - gerade weil die Titel von Nachrichtenangeboten (sowohl im Fernsehen als auch im Internet) im allgemeinen stark beschreibende Anklänge aufweisen - eine Übereinstimmung in der inhaltlichen Bedeutung eher die Regel als die Ausnahme und der Verkehr - ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (BGH, Urt. v. 06.12.1990, I ZR 27/89, GRUR 1991, 331, 332 - Ärztliche Allgemeine; Urt. v. 27.02.1992, I ZR 103/90, GRUR 1992, 547, 549 - Morgenpost; Urt. v. 10.04.1997, I ZR 178/94, GRUR 1997, 661, 663 - B.Z./Berliner Zeitung) - daran gewöhnt ist, die bestehenden Unterschiede zu beachten.

88

Jedoch besteht ein Werktitelschutz auch im Hinblick auf eine mittelbare Verwechslungsgefahr, wenn von einer über die normale Werktitelfunktion hinausgehenden Kennzeichnungskraft auszugehen ist, was grundsätzlich bei bekannten Titeln in Betracht kommt (BGH, WRP 1999, 186, 188 - Wheels Magazine) und vorliegend in Bezug auf den streitgegenständlichen Werktitel „Tagesschau“ zu bejahen ist. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 16.07.1998 (Az.: 3 U 76/95, juris Rn. 60ff.) in Bezug auf die streitgegenständliche Fernsehnachrichtensendung „Tagesschau“ ausgeführt:

89

„1.) Es ist insbesondere durch das in dem Rechtsstreit 3 U 132/96 (der hiesigen Klägerin gegen die SAT.1 Satelliten Fernsehen GmbH wegen "Tagesreport") eingeholten Sachverständigengutachten vom Juni 1994 (betreffend "Tagesschau" und "Tagesthemen"), das die Klägerin unbeanstandet als Anlage K 17 vorliegend zur Akte gereicht hat, festzustellen, daß der Sendetitel "Tagesschau" berühmt ist und daher einen besonders weiten Schutzumfang genießt.

90

(a) Das Gutachten des B. B. (Anlage K 17) hat ergeben, daß die Sendung "Tagesschau" die für den Schutz einer berühmten Marke erforderliche Verkehrsbekanntheit erreicht und sogar den höchstmöglichen Schutzumfang beanspruchen kann.

91

Auf die offene Frage nach bekannten Nachrichtensendungen nennen spontan 87,9 % der Befragten die "Tagesschau", die ...-Sendung "heute" 69,0 % und "Tagesthemen" 36,2 % der Befragten (Anlage K 17, Seite 5). Andere Titel, insbesondere Nachrichtensendungen der privaten Sender, werden selten genannt. Die gestützte Bekanntheit der Sendung "Tagesschau" erreicht sogar 98,7 % (Anlage K 17, Seite 5); das ist ein Wert, den die berühmtesten Marken erreichen können. Dem entspricht die nahezu vollständig richtige Zuordnung des Titels zur Klägerin bzw. zur ... (eine falsche Zuordnung erfolgt nur bei 2,9 %; vgl. das Anlage K 17, Seite 6).

92

(b) Auch die Einschaltquoten belegen durchgängig, daß die "Tagesschau" die bei weitem meistgesehene Nachrichtensendung, oftmals die Sendung mit der höchsten Einschaltquote und mit dem höchsten Marktanteil überhaupt im Deutschen Fernsehen ist. So betrug die Zuschauerzahl der "Tagesschau" in 1987 9,36 (Millionen Zuschauer), 1988 8,82, 1989 8,42, 1990 8,25 (Anlage K 1, dort ASt 3, Seite 182; vgl. auch Anlage K 1 mit Schriftsatz vom 15. Juli 1991). Die Reichweite der "Tagesschau" betrug in 1987 27 %, 1988 26 %, 1989 25 %, 1990 24 % (Anlage K 1, dort ASt 3, Seite 182). Diese Reichweiten sind seit Jahren in ähnlicher Größenordnung erzielt worden, in den Jahren 1979 und 1980 erreichten die 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" und die Sendung "Tagesthemen" zusammen 40 % der Haushalte (Anlage K 1, dort ASt 4). Im Jahre 1997 betrug -- wie die Klägerin in der Berufungsverhandlung aus einer Mitteilung im Hamburger Abendblatt vom 3. Januar 1998 unwidersprochen vorgetragen hat -- der Marktanteil der "Tagesschau" 33 %.“

93

Der Bundesgerichtshof hat in der nachfolgend ergangenen Entscheidung „Tagesschau“ vom 01.03.2001 (I ZR 211/98, juris Rn. 27) sowie in seiner am selben Tag ergangenen Entscheidung „Tagesreport“ (I ZR 205/98 - juris Rn. 28) ausgeführt:

94

„Aufgrund der jahrzehntelangen Benutzung und aufgrund der durch hohe Einschaltquoten belegten Aufmerksamkeit des Verkehrs zeichnen sich die Titel "Tagesschau" und "Tagesthemen", die der Kläger für seine Nachrichtensendungen verwendet, durch eine starke Kennzeichnungskraft aus. Zwar dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu geben (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1994 - I ZR 33/92, GRUR 1994, 908, 910 = WRP 1994, 743 - WIR IM SÜDWESTEN; GRUR 1999, 235, 237 - Wheels Magazine, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, daß der Verkehr mit bekannten Werktiteln häufig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGHZ 102, 88, 91 f. - Apropos Film; 120, 228, 230 - Guldenburg; BGH, Urt. v. 12.11.1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 = WRP 1999, 519 - Max; GRUR 2000, 504, 505 - FACTS). So verhält es sich im Streitfall: Nach den getroffenen Feststellungen weisen die beiden Titel nicht nur einen überaus hohen Bekanntheitsgrad auf, sondern werden vom Verkehr auch weitgehend - im Falle der "Tagesschau" sogar fast durchweg - zutreffend der ARD zugeordnet.“

95

Da der mittlerweile als „Das Erste“ bezeichnete Fernsehsender, auf dem die Tagesschau u.a. ausgestrahlt wird, umgangssprachlich nach wie vor als „ARD“ bezeichnet wird und die Beklagten nicht konkret zu einer Schwächung der Herkunftshinweisfunktion des Titels im Nachgang zu den BGH-Entscheidungen „Tagesschau“ und „Tagesreport“ vorgetragen haben, ist nach wie vor nicht nur von einer gesteigerten Bekanntheit des Titels, sondern auch von einer über die normale Werktitelfunktion hinausgehenden Kennzeichnungskraft auszugehen, auch wenn die den zitierten Entscheidungen zu Grunde liegenden Gutachten aus dem Jahr 1994 stammen. Insoweit hat der Senat insbesondere auch berücksichtigt, dass der Zeitraum, in dem die Sendung „Tagesschau“ täglich ausgestrahlt worden ist, mittlerweile noch deutlich länger ist als zum Zeitpunkt der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die ARD der Veränderung der Medienkonsumgewohnheiten dadurch Rechnung getragen hat, dass es, wie bereits dargelegt, mittlerweile seit dem Jahr 1996 das Online-Portal „tagesschau.de“ gibt und seit Dezember 2010 die Applikation „Tagesschau-App“ für Smartphones. Auch richtet, wie dem Senat aufgrund der eigenen Sehgewohnheiten bekannt ist und die als Anlagenkonvolut K 20 eingereichten Fernsehzeitschriften belegen, der ganz überwiegende Teil der deutschsprachigen Fernsehsender das tägliche Abendprogramm zeitlich auf die Ausstrahlung der 20:00-Uhr-Ausgabe der „Tagesschau“ aus, indem der Beginn der Ausstrahlung von Filmen, Serien und Shows auf 20:15 Uhr gelegt wird. Dies belegt die nach wie vor ganz erhebliche Bekanntheit und Bedeutung der Nachrichtensendung „Tagesschau“.

96

Aufgrund der starken Ähnlichkeit bleibt es auch nicht dabei, dass der Verkehr lediglich eine gedankliche Verbindung zwischen "Tagesschau" und „Tagesumschau“ im Sinne einer bloßen Assoziation herstellt. Vielmehr geht das Publikum aufgrund der vorhandenen Übereinstimmungen von einer organisatorischen und/oder wirtschaftlichen Identität bzw. jedenfalls einer entsprechenden Verbindung zwischen den Herstellern der beiden Werke aus und nimmt an, es handele sich bei dem Informations- und Nachrichtenportal „Tagesumschau“ um eine noch über das Angebot www.tagesschau.de hinausgehende Erweiterung des Nachrichtenangebotes der in der ARD zusammengefassten Landesrundfunkanstalten im Internet. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Internetauftritt der Beklagten zu 1) Gestaltungsmerkmale aufweist, die nicht mit den die Nachrichtensendung „Tagesschau“ sowie der Internetseite www.tagesschau.de prägenden Elementen übereinstimmenden. Der Aufbau und das Farbschema des unter www.tagesumschau.de abrufbaren Nachrichtenangebotes (Anlage K 4) entspricht dem typischen Aufbau derartiger Seiten mit verschiedenen Rubriken wie „Politik“, „Sport“, „Unterhaltung“ etc. und Fotografien mit Bezug zu aktuellen Geschehnissen. Auch die verwendeten Farbtöne - vorrangig Rot, Schwarz, Blau und Weiß - fallen nicht aus dem Rahmen dessen heraus, an das der Verkehr bei derartigen Angeboten gewöhnt ist. Es besteht somit die Gefahr, dass ein Verbraucher, der mit dem streitgegenständlichen Portal konfrontiert wird, sich in erster Linie an dem Titel orientiert und das Angebot unter www.tagesumschau.de der ARD zuordnet, jedenfalls dergestalt, dass er von einer vertraglichen Verbindung zwischen ihr und dem für die Inhalte unter www.tagesumschau.de Verantwortlichen ausgeht. Auch dass die Nutzer eines Internetportals nach der Lebenserfahrung in aller Regel wissen, wessen Informationsangebot sie gerade in Anspruch nehmen (BGH, Urteil vom 22. März 2012, I ZR 102/10, juris - Stimmt`s?), ändert nichts daran, dass vorliegend insbesondere aufgrund der erheblich gesteigerten Bekanntheit des Werktitels „Tagesschau“ und der Ähnlichkeit der bezeichneten Inhalte der Verbraucher, dem bewusst ist, dass es Kooperationen im Nachrichtenbereich gibt, diese aber nicht im Einzelnen kennt, jedenfalls von einer organisatorischen und/oder wirtschaftlichen Verbindung zwischen der ARD und dem Ersteller des unter www.tagesumschau.de abrufbaren Inhalte ausgeht.

97

f. Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin auf Unterlassung, weil sie ihre Nachrichten- und Informationsdienstleistungen unter dem Werktitel „Tagesumschau“ sowie unter der Second-Level-Domain www.tagesumschau.de angeboten hat. Der Beklagte zu 2) haftet als alleiniger Vorstand der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zu 1).

98

3. Die Verbote sind zu begrenzen auf die konkrete Verletzungsform.

99

a. Zu Recht hat das Landgericht Hamburg in dem angefochtenen Urteil das auf die Verwendung der Bezeichnung „Tagesumschau“ gerichtete Verbot zu a) auf die durch die Anlage K 4 beschriebene konkrete Verletzungsform begrenzt.

100

Ein „Schlechthin-Verbot” der Nutzung des Begriffs „Tagesumschau“ als titelmäßige Bezeichnung für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal kam nicht in Betracht. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt nämlich von den konkreten Umständen ab, insbesondere von der Frage, ob es neben der Bezeichnung „Tagesumschau“ aufklärende Zusätze über den Ersteller des Werkes gibt und ob diese geeignet sind, eine eventuelle Irreführung des Verkehrs zu vermeiden.

101

Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung vorbringt, sie wende sich lediglich gegen eine Verwendung des Begriffs „Tagesumschau“ in isolierter Stellung bzw. eine solche als dominante Hauptbezeichnung unter kennzeichenrechtlich unmaßgeblicher Hinzufügung der werblichen Aussagen „EINFACH.SCHNELLER.INFORMIERT“, lässt sich dies den Klaganträgen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Klagschrift schon nicht entnehmen. Würde man den klägerischen Antrag in diesem Sinne auslegen, wäre er ferner nicht hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003, I ZR 259/00, BGHZ 156, 1, 8 f. - Paperboy; Urteil vom 9. Juli 2009, I ZR 13/07, GRUR 2009, 977, Rn. 21 - Brillenversorgung; Urteil vom 29. April 2010, I ZR 202/07, GRUR 2010, 749, Rn. 21 - Erinnerungswerbung im Internet). Ohne Bezugnahme auf die aus der Anlage K 4 ersichtliche konkrete Verletzungsform bliebe, wenn man den klägerischen Antrag dahingehend auslegen würde, dass sie sich gegen eine isolierte Verwendung der Bezeichnung „Tagesumschau“ bzw. eine Verwendung als dominante Hauptbezeichnung wendet, unklar, welche Verwendungsformen von dem so umschriebenen Kernbereich umfasst werden. Denn je nach Einzelfall lässt sich trefflich darüber streiten, wann eine „dominante Hauptbezeichnung“ zu bejahen ist bzw. wann „kennzeichenrechtlich unmaßgebliche Hinzufügungen“ vorliegen. Insoweit handelt es sich um auslegungsbedürftige Begriffe. Die insoweit erforderliche komplexe rechtliche Würdigung ist grundsätzlich dem Erkenntnisverfahren vorbehalten und kann nicht ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden.

102

b. Auch soweit die Klägerin sich gegen die Verwendung der Bezeichnung „Tagesumschau“ für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal wendet, ist das Verbot auf die konkrete Verletzungsform, welche durch die Verwendung im Rahmen von www.tagesumschau.de beschrieben wird, zu begrenzen. Ein „Schlechthin-Verbot” der Nutzung der Bezeichnung als Second-Level-Domain für ein Internet-Nachrichten- und Informationsportal ohne Rücksicht darauf, ob im Einzelfall die Third-Level-Domain oder gegebenenfalls sogar, wie in dem Schriftsatz der Beklagten vom 18.5.2015 dargestellt, eine personalisierte Top-Level-Domain einer Verwechslungsgefahr entgegenwirken, kam nicht in Betracht. Ein solches Verbot würde auch Handlungen erfassen, die möglicherweise nicht rechtswidrig sind oder für die keine Begehungsgefahr besteht.

103

c. Schon angesichts der Begrenzung auf die konkrete Verletzungsform bedarf vorliegend der Schutzumfang des Werktitels „Tagesschau“ keiner weitergehenden Begrenzung. Schon angesichts der Möglichkeit, den Begriff „Tagesumschau“ mit Zusätzen oder einer Einbindung in andere Wortzusammenhänge zu verwenden, stehen der Beklagten zu 1) genügend andere mögliche Bezeichnungen ihr Nachrichtenportal zur Verfügung, auch unter Berücksichtigung ihres Ziels, die Wortfolgenstaffel „Morgen-, Tages-, Abend- und Nacht-“ zu verwenden.

104

4. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin weder unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des bekannten Werktitels gemäß § 15 Abs. 3, 4 MarkenG noch aus §§ 14 Abs. 2, 3 MarkenG zu.

105

a. Ein etwaiger Anspruch aus § 15 Abs. 2, 3 MarkenG führt nicht zu weitergehenden Unterlassungsansprüchen der Klägerin.

106

b. Auch nach §§ 14 Abs. 2, 3 MarkenG stehen der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche zu.

107

(1) Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG scheitern bereits an der erforderlichen markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung „Tagesumschau“. Eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt nämlich voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH, GRUR 2008, 793 Rn. 15 - Rillenkoffer). Die Rechte aus der Marke nach § 14 Abs. 2 MarkenG sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Abnehmer, beeinträchtigt oder jedenfalls beeinträchtigen könnte (BGH, GRUR 2010, 1103 Rn. 25 - Pralinenform II).

108

Eine solche markenmäßige Verwendung der Bezeichnung "Tagesumschau“ durch die Beklagte zu 1) liegt hier nicht vor. Eine herkunftshinweisende, d. h. markenmäßige Verwendung des Werktitels setzt nicht nur voraus, dass dieser für ein periodisch erscheinendes Werk verwendet wird, sondern auch, dass es sich um einen bekannten Titel handelt (BGH, GRUR 2014, 483, 486 Rn. 29 - test; BGH, GRUR 2000, 70, 72 f. - Szene; OLG Hamburg, GRUR-RR 2012, 154 - LUXOR). Dieses Erfordernis der Bekanntheit besteht nicht nur in Bezug auf den Titel, auf den der Angreifer sich stützt, sondern auch in Bezug auf den angegriffenen Werktitel, da die Frage, ob ein verwendeter Werktitel vom angesprochenen Verkehr nur zur Unterscheidung des einen Werks von einem anderen, oder darüber hinaus auch als Herkunftshinweis verstanden wird, sich für beide Konstellationen in gleicher Weise stellt. (Senat, Urteil vom 12. Mai 2016, 3 U 129/14, juris Rn. 93). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Wir im Südwesten", die Bekanntheit des angegriffenen Titels im Hinblick auf die herkunftshinweisende Funktion geprüft (BGH, GRUR 1994, 908, 910, Rn. 28 zitiert nach juris). Mithin setzt eine herkunftshinweisende, d. h. markenmäßige Verwendung des als verletzend angegriffenen Werktitels voraus, dass dieser Titel für ein periodisch erscheinendes Werk verwendet wird und bekannt ist. Hierzu gibt es vorliegend in Bezug auf das Nachrichten- und Informationsportal der Beklagten zu 1) keinerlei Vortrag der Klägerin.

109

(2) Auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, Abs. 5 MarkenG kann die Klägerin keine weitergehenden Ansprüche geltend machen. Auch insoweit fehlt es bereits an einer markenmäßigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung „Tagesumschau“.

III.

110

Die Revision ist nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

111

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 91 Abs. 1, 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2001 - I ZR 211/98

bei uns veröffentlicht am 01.03.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 211/98 Verkündet am: 1. März 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : ja

Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2001 - I ZR 205/98

bei uns veröffentlicht am 01.03.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 205/98 Verkündet am: 1. März 2001 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR :

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Juli 2009 - I ZR 13/07

bei uns veröffentlicht am 09.07.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 13/07 Verkündet am: 9. Juli 2009 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2004 - I ZR 181/02

bei uns veröffentlicht am 13.10.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 181/02 Verkündet am: 13. Oktober 2004 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGH

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Nov. 2000 - I ZB 34/98

bei uns veröffentlicht am 23.11.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZB 34/98 Verkündet am: 23. November 2000 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Rechtsbeschwerdesache betreffend die Markenanmeldung Nr. 396 33 710.4

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2003 - I ZR 171/00

bei uns veröffentlicht am 23.01.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 171/00 Verkündet am: 23. Januar 2003 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2010 - I ZR 202/07

bei uns veröffentlicht am 29.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 202/07 Verkündet am: 29. April 2010 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. März 2012 - I ZR 102/10

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 102/10 Verkündet am: 22. März 2012 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2003 - I ZR 259/00

bei uns veröffentlicht am 17.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 259/00 Verkündet am: 17. Juli 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Pap

Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil, 12. Mai 2016 - 3 U 129/14

bei uns veröffentlicht am 12.05.2016

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, KfH 6, vom 8. Juli 2014, Az. 406 HKO 71/14, abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last. Das Urteil ist vo

Referenzen

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 108/09 Verkündet am:
24. März 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
TÜV

a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren
aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet
und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es
die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.

b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung
verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er
die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungsoder
der Revisionsinstanz nachholen.

c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst in der Revisionsinstanz vor, kann
der auch im Prozessrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben den
Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst
die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung
des Revisionsgerichts stellen muss.
BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

beschlossen:
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig ist, wenn sie nicht nach Maßgabe der nachstehenden Ausführungen eine Reihenfolge bestimmt, in der die bislang alternativ geltend gemachten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) verfolgt werden.

Gründe:


1
I. Die Klägerin hat ihre Ansprüche gegen die Beklagten wegen der beanstandeten Benutzung der Bezeichnung TÜV aus den drei Klagemarken und ihrem Unternehmenskennzeichen hergeleitet und eine Verletzung dieser Kennzeichen durch eine identische Verwendung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), durch Hervorrufen einer Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und durch eine Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung ihrer bekannten Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) geltend gemacht. Eine Reihenfolge, in der die Prüfung erfolgen soll, hat sie nicht bestimmt.
2
1. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren danach auf verschiedene Streitgegenstände gestützt.
3
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 60 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Rn. 56 = WRP 2007, 1461 - Kinder II; zum Urheberrecht: BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 17 = WRP 2007, 996 - Staatsgeschenk ). Zu erwägen ist auch, ob mehrere Streitgegenstände trotz gleichen Klagebegehrens nicht auch bei einem einzelnen Kennzeichenrecht vorliegen können. Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG als auch wegen Bekanntheitsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG geltend gemacht, könnte es sich um zwei Streitgegenstände handeln, weil zur Begründung der Ansprüche Lebenssachverhalte vorgetragen werden müssen, die sich grundlegend unterscheiden (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 698).
4
b) Im Streitfall liegen danach unterschiedliche Streitgegenstände jedenfalls insoweit vor, als die Klägerin aus vier Klagezeichen vorgeht. Darüber hinaus kommen möglicherweise auch insoweit verschiedene Streitgegenstände in Betracht, als die Klägerin einerseits Ansprüche wegen Verwechslungsgefahr der Kollisionszeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und andererseits wegen einer Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung bekannter Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) verfolgt. Dass im Verhältnis zum Verwechslungsschutz - wie die Anschlussrevision meint - die Geltendmachung identischer Verletzungen der Marken im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und die identische Benutzung des Unternehmenskennzeichens nach § 15 Abs. 2 Fall 1 MarkenG weitere Streitgegenstände darstellen, begegnet dagegen Bedenken und ist eher zu verneinen. Die Frage kann derzeit aber offenbleiben.
5
c) Der Senat geht davon aus, dass die verschiedenen Streitgegenstände von der Klägerin in den Vorinstanzen nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht worden sind. In der Revisionsinstanz kann die Klägerin nicht mehr von der alternativen zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageänderung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04, BGHZ 170, 152 Rn. 30).
6
2. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Kläger ein einheitliches Klagebegehren alternativ auf mehrere Streitgegenstände stützen und dem Gericht die Auswahl des Klagegrundes überlassen kann. Teilweise wird angenommen, die alternative Klagehäufung sei zulässig. Mehrere prozessuale Ansprüche sollen danach unter der auflösenden Bedingung geltend gemacht werden können, dass einem von ihnen stattgegeben wird (OLG Nürnberg, GRUR-RR 2008, 55; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 202; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 23a; Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 260 Rn. 15; Götz, GRUR 2008, 401, 407; Bergmann, GRUR 2009, 224, 225; v. UngernSternberg , GRUR 2009, 1009, 1012; Schwippert, Festschrift Loschelder, 2010, 345, 348 ff.). Nach dieser Ansicht muss das Gericht bei einer alternativen Klagehäufung über sämtliche Streitgegenstände entscheiden, wenn es die Klage ganz oder teilweise abweist. Dagegen kann es sich bei einer die Klage zusprechenden Entscheidung darauf beschränken, einen der Klagegründe, den es als durchgreifend erachtet, auszuwählen und die Entscheidung auf diesen Klage- grund zu stützen, der dementsprechend allein in Rechtskraft erwächst (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 1279).
7
Nach anderer Ansicht soll die alternative Klagehäufung unzulässig sein (vgl. OLG München, OLG-Rep 2003, 37; OLG-Rep 2003, 179; OLG Hamm, Urteil vom 3. August 2009 - 8 U 237/07 Rn. 66, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 7 U 82/07 Rn. 13, juris; Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 7; Schwab, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, 1954, 90; Wieczorek /Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 260 Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Büscher aaO § 322 Rn. 139; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Einl. Rn. 74; Zöller/ Greger aaO § 260 Rn. 5; Berneke, WRP 2007, 579, 585 f.). Auch bei einem einheitlichen Rechtsschutzbegehren soll die alternativ auf verschiedene Klagegründe gestützte Klage nicht hinreichend bestimmt sein.
8
Der Senat hat zwar in der Vergangenheit die alternative Klagehäufung, bei der ein einheitliches Rechtsschutzbegehren auf verschiedene Klagegründe gestützt wird, nicht beanstandet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen; GRUR 2010, 642 - WMMarken ). Er stimmt jedoch nunmehr der zuletzt genannten Ansicht zu.
9
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und werden die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) bestimmt. Dies erfordert auch der Schutz des Beklag- ten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten). Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstands (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Hierfür ist es entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Beklagten den Willen des Klägers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen, im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640). Der Kläger muss aber die gebotene Bestimmung des Streitgegenstandes vornehmen und kann sie nicht zur Disposition des Gerichts stellen. Dazu gehört bei mehreren Streitgegenständen auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden. Der Bundesgerichtshof sieht es deshalb als unabdingbar an, dass bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben ist, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 7). Der Kläger kann die Auswahl, über welche selbständigen Ansprüche bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entschieden werden soll, nicht dem Gericht überlassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347).
10
Nichts anderes hat bei der Verfolgung eines einheitlichen Klagebegehrens zu gelten, das aus mehreren Schutzrechten oder mehreren wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen hergeleitet wird, sofern sie verschiedene prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) bilden und nicht kumulativ verfolgt werden. In einem solchen Fall muss der Kläger, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, die Reihenfolge bezeichnen, in der er die Streitgegenstände geltend machen will. Für den Beklagten bleibt ansonsten bis zu einem Urteil bei einer alternativen Klagehäufung unklar, ob das Gericht die Verurteilung nur auf einen oder auf mehrere Streitgegenstände stützen wird. Die Frage, ob der Beklagte nur aufgrund eines Streitgegenstands oder aufgrund mehrerer Streitgegenstände verurteilt wird, ist für die Reichweite der Verurteilung aber von Bedeutung. Hat das Gericht etwa einen Verbotsausspruch auf mehrere Kennzeichenrechte der klagenden Partei gestützt - wie dies im Streitfall geschehen ist -, lässt das Erlöschen eines der Kennzeichenrechte den Verbotsausspruch unberührt. Dagegen kann der Beklagte mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegen einen Unterlassungstitel vorgehen, wenn die Verurteilung nur auf ein Kennzeichenrecht gestützt und dieses erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 28 f. = WRP 2010, 266 - EIFEL-ZEITUNG). Nichts anderes gilt, wenn das Klagebegehren auf das Verbot einer bestimmten Werbung gerichtet ist, die der Kläger alternativ unter mehreren Gesichtspunkten, die selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) darstellen, als unlauter beanstandet. Auch in einem solchen Fall entscheidet das Gericht mit der Auswahl des Streitgegenstands über die Reichweite des Verbots. Denn je nachdem, auf welchen Streitgegenstand das Gericht das Verbot der einheitlichen Werbung stützt, beurteilt sich, was der Beklagte an der beanstandeten Werbung ändern muss, um nicht gegen das ausgesprochene Verbot zu verstoßen. Mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist aber nicht zu vereinbaren, dass die Reichweite des Verbots der Wahl des Gerichts überlassen bleibt.
11
b) Für die Unzulässigkeit der alternativen Klagehäufung spricht auch der allgemeine Rechtsgedanke der "Waffengleichheit" der Parteien im Prozess. Die alternative Klagehäufung benachteiligt den Beklagten in seiner Rechtsverteidigung im Verhältnis zum Kläger. Der Beklagte muss sich, will er nicht verurteilt werden, gegen sämtliche vom Kläger im Wege der alternativen Klagehäufung verfolgten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) zur Wehr setzen. Dagegen kann der Kläger sein Klagebegehren auf eine Vielzahl von prozessualen Ansprüchen stützen, ohne dass für ihn damit ein zusätzliches Prozesskostenrisiko verbunden ist. Der Beklagte hat auch dann die gesamten Prozesskosten zu tragen, wenn der Kläger im Rahmen des einheitlichen Klagebegehrens nur mit einem aus einer Vielzahl alternativ zur Entscheidung gestellter Streitgegenstände durchdringt. In der Praxis führt dies bei einem Vorgehen aus Schutzrechten und bei der Verfolgung von Ansprüchen aufgrund wettbewerbsrechtlicher Tatbestände wegen des fehlenden zusätzlichen Prozesskostenrisikos zu einer Häufung von Streitgegenständen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 183/07, GRUR 2010, 642 = WRP 2010, 764 - WM-Marken). Bestimmt der Kläger die Reihenfolge nicht, in der das Gericht die Prüfung der einzelnen Streitgegenstände vorzunehmen hat, erschließt sich dem Beklagten auch nicht ohne weiteres, gegen welchen aus einer Vielzahl von Streitgegenständen er seine Rechtsverteidigung in erster Linie richten muss.
12
c) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Der V. Zivilsenat hat eine alternative Klagehäufung zwar bei einer Mehrheit von Klagegründen in einem Fall zugelassen, in dem der Kläger seine Ansprüche sowohl auf einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch als auch auf einen verschuldensabhängigen Deliktsanspruch gestützt hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374). In diesem Zusammenhang hat er maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ansprüche nicht nur von den Voraussetzungen, sondern auch von den Folgen verschieden waren und der Kläger den Anspruch nur einmal geltend machen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167; NJW-RR 1997, 1374). Davon kann aber bei den hier fraglichen Fällen der alternativen Klagehäufung keine Rede sein, die auf identische Folgen gerichtet sind und bei de- nen der Kläger die nicht beschiedenen Streitgegenstände in einem weiteren Prozess aufgreifen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 272/02, BGHZ 166, 253 Rn. 23 - Markenparfümverkäufe).
13
3. Da der Senat die alternative Klagehäufung in der Vergangenheit nicht beanstandet hat, müssen die Parteien Gelegenheit haben, zur Frage der Zulässigkeit der alternativen Klagehäufung Stellung zu nehmen (§ 139 ZPO). Die Klägerin muss zudem die Möglichkeit erhalten anzugeben, in welcher Reihenfolge sie ihr Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt. Eine entsprechende Klarstellung wäre bereits in der Klage geboten gewesen. Sie kann aber noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195; Urteil vom 21. Dezember 1959 - III ZR 137/58, ZZP 78 (1960) 463, 465). Die klagende Partei ist grundsätzlich in der Bestimmung der Reihenfolge frei, in der sie die unterschiedlichen Streitgegenstände zur Überprüfung stellt. Eine Einschränkung in der Wahl der Reihenfolge kann sich aber in der Revisionsinstanz nach dem auch im Verfahrensrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben ergeben (vgl. BVerfGE 104, 220, 232; BGH, Beschluss vom 25. März 1965 - V BLw 25/64, BGHZ 43, 289, 292; Urteil vom 23. Oktober 1990 - VI ZR 105/90, BGHZ 112, 345, 349). Die Klägerseite kann danach daran gehindert sein, in der Revisionsinstanz ihre Ansprüche in erster Linie auf einen Streitgegenstand zu stützen, den das Berufungsgericht bei der bislang unbeanstandet gebliebenen alternativen Klagehäufung seiner Verurteilung nicht zugrunde gelegt hat. Denn wählt die Klagepartei in der Revisionsinstanz vorrangig einen Streitgegenstand aus, zu dem das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, weil die Partei dem Berufungsgericht die Auswahl zwischen den Streitgegenständen überlassen hatte, macht dies eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich, die vermieden werden kann, wenn die Klägerseite das Klagebegehren vorrangig aus einem Streitgegenstand herleitet, den das Berufungsgericht seiner Verurteilung zugrunde gelegt hat.
14
Nachdem das Berufungsgericht sich nur mit Ansprüchen aufgrund des Bekanntheitsschutzes der deutschen Marken Nr. 1005648 und Nr. 30412680.2 und des Unternehmenskennzeichens der Klägerin befasst, nur hierzu Feststellungen getroffen und die Verurteilung der Beklagten nur hierauf gestützt hat, wird es unter diesen Umständen naheliegen, dass die Klägerin diese Streitgegenstände - gestaffelt - in erster Linie zur Beurteilung durch das Revisionsgericht stellt.
15
II. Zur Stellungnahme - auch zur Frage, ob der Senat im schriftlichen Verfahren entscheiden kann - wird eine Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Beschlusses bestimmt.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.2008 - 37 O 51/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.06.2009 - I-20 U 87/08 -

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 108/09 Verkündet am:
24. März 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
TÜV

a) Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Klagebegehren
aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet
und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es
die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen.

b) Hat der Kläger mehrere Klagegründe im Wege einer alternativen Klagehäufung
verfolgt, kann er die gebotene Bestimmung der Reihenfolge, in der er
die prozessualen Ansprüche geltend machen will, noch in der Berufungsoder
der Revisionsinstanz nachholen.

c) Nimmt der Kläger die Bestimmung erst in der Revisionsinstanz vor, kann
der auch im Prozessrecht geltende Grundsatz von Treu und Glauben den
Kläger in der Wahl der Reihenfolge in der Weise beschränken, dass er zunächst
die vom Berufungsgericht behandelten Streitgegenstände zur Entscheidung
des Revisionsgerichts stellen muss.
BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZR 108/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

beschlossen:
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass die Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Klagegrundes unzulässig ist, wenn sie nicht nach Maßgabe der nachstehenden Ausführungen eine Reihenfolge bestimmt, in der die bislang alternativ geltend gemachten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) verfolgt werden.

Gründe:


1
I. Die Klägerin hat ihre Ansprüche gegen die Beklagten wegen der beanstandeten Benutzung der Bezeichnung TÜV aus den drei Klagemarken und ihrem Unternehmenskennzeichen hergeleitet und eine Verletzung dieser Kennzeichen durch eine identische Verwendung (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), durch Hervorrufen einer Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und durch eine Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung ihrer bekannten Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) geltend gemacht. Eine Reihenfolge, in der die Prüfung erfolgen soll, hat sie nicht bestimmt.
2
1. Die Klägerin hat ihr Klagebegehren danach auf verschiedene Streitgegenstände gestützt.
3
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 60 = WRP 2007, 1466 - Kinderzeit; Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Rn. 56 = WRP 2007, 1461 - Kinder II; zum Urheberrecht: BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 17 = WRP 2007, 996 - Staatsgeschenk ). Zu erwägen ist auch, ob mehrere Streitgegenstände trotz gleichen Klagebegehrens nicht auch bei einem einzelnen Kennzeichenrecht vorliegen können. Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG als auch wegen Bekanntheitsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG geltend gemacht, könnte es sich um zwei Streitgegenstände handeln, weil zur Begründung der Ansprüche Lebenssachverhalte vorgetragen werden müssen, die sich grundlegend unterscheiden (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 698).
4
b) Im Streitfall liegen danach unterschiedliche Streitgegenstände jedenfalls insoweit vor, als die Klägerin aus vier Klagezeichen vorgeht. Darüber hinaus kommen möglicherweise auch insoweit verschiedene Streitgegenstände in Betracht, als die Klägerin einerseits Ansprüche wegen Verwechslungsgefahr der Kollisionszeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und andererseits wegen einer Ausnutzung und Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung bekannter Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) verfolgt. Dass im Verhältnis zum Verwechslungsschutz - wie die Anschlussrevision meint - die Geltendmachung identischer Verletzungen der Marken im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und die identische Benutzung des Unternehmenskennzeichens nach § 15 Abs. 2 Fall 1 MarkenG weitere Streitgegenstände darstellen, begegnet dagegen Bedenken und ist eher zu verneinen. Die Frage kann derzeit aber offenbleiben.
5
c) Der Senat geht davon aus, dass die verschiedenen Streitgegenstände von der Klägerin in den Vorinstanzen nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht worden sind. In der Revisionsinstanz kann die Klägerin nicht mehr von der alternativen zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageänderung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - XII ZR 97/04, BGHZ 170, 152 Rn. 30).
6
2. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Kläger ein einheitliches Klagebegehren alternativ auf mehrere Streitgegenstände stützen und dem Gericht die Auswahl des Klagegrundes überlassen kann. Teilweise wird angenommen, die alternative Klagehäufung sei zulässig. Mehrere prozessuale Ansprüche sollen danach unter der auflösenden Bedingung geltend gemacht werden können, dass einem von ihnen stattgegeben wird (OLG Nürnberg, GRUR-RR 2008, 55; OLG Köln, GRUR-RR 2010, 202; Köhler in Köhler/Bornkamm , UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 23a; Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 260 Rn. 15; Götz, GRUR 2008, 401, 407; Bergmann, GRUR 2009, 224, 225; v. UngernSternberg , GRUR 2009, 1009, 1012; Schwippert, Festschrift Loschelder, 2010, 345, 348 ff.). Nach dieser Ansicht muss das Gericht bei einer alternativen Klagehäufung über sämtliche Streitgegenstände entscheiden, wenn es die Klage ganz oder teilweise abweist. Dagegen kann es sich bei einer die Klage zusprechenden Entscheidung darauf beschränken, einen der Klagegründe, den es als durchgreifend erachtet, auszuwählen und die Entscheidung auf diesen Klage- grund zu stützen, der dementsprechend allein in Rechtskraft erwächst (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 1279).
7
Nach anderer Ansicht soll die alternative Klagehäufung unzulässig sein (vgl. OLG München, OLG-Rep 2003, 37; OLG-Rep 2003, 179; OLG Hamm, Urteil vom 3. August 2009 - 8 U 237/07 Rn. 66, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 7 U 82/07 Rn. 13, juris; Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl., § 260 Rn. 7; Schwab, Der Streitgegenstand im Zivilprozess, 1954, 90; Wieczorek /Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 260 Rn. 24; Wieczorek/Schütze/Büscher aaO § 322 Rn. 139; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Einl. Rn. 74; Zöller/ Greger aaO § 260 Rn. 5; Berneke, WRP 2007, 579, 585 f.). Auch bei einem einheitlichen Rechtsschutzbegehren soll die alternativ auf verschiedene Klagegründe gestützte Klage nicht hinreichend bestimmt sein.
8
Der Senat hat zwar in der Vergangenheit die alternative Klagehäufung, bei der ein einheitliches Rechtsschutzbegehren auf verschiedene Klagegründe gestützt wird, nicht beanstandet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 26. Oktober 2000 - I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 - TCM-Zentrum; Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Urteil vom 5. November 2008 - I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 = WRP 2009, 831 - Stofffähnchen; GRUR 2010, 642 - WMMarken ). Er stimmt jedoch nunmehr der zuletzt genannten Ansicht zu.
9
a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und werden die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) bestimmt. Dies erfordert auch der Schutz des Beklag- ten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (vgl. BGHZ 154, 342, 349 - Reinigungsarbeiten). Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstands (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Hierfür ist es entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Beklagten den Willen des Klägers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen, im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640). Der Kläger muss aber die gebotene Bestimmung des Streitgegenstandes vornehmen und kann sie nicht zur Disposition des Gerichts stellen. Dazu gehört bei mehreren Streitgegenständen auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden. Der Bundesgerichtshof sieht es deshalb als unabdingbar an, dass bei einer Teilleistungsklage, mit der mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht werden, genau anzugeben ist, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719; Urteil vom 17. Juli 2008 - IX ZR 96/06, NJW 2008, 3142 Rn. 7). Der Kläger kann die Auswahl, über welche selbständigen Ansprüche bis zur Höhe der eingeklagten Forderung entschieden werden soll, nicht dem Gericht überlassen (BGH, Urteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, NJW 1984, 2346, 2347).
10
Nichts anderes hat bei der Verfolgung eines einheitlichen Klagebegehrens zu gelten, das aus mehreren Schutzrechten oder mehreren wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen hergeleitet wird, sofern sie verschiedene prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) bilden und nicht kumulativ verfolgt werden. In einem solchen Fall muss der Kläger, um dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu genügen, die Reihenfolge bezeichnen, in der er die Streitgegenstände geltend machen will. Für den Beklagten bleibt ansonsten bis zu einem Urteil bei einer alternativen Klagehäufung unklar, ob das Gericht die Verurteilung nur auf einen oder auf mehrere Streitgegenstände stützen wird. Die Frage, ob der Beklagte nur aufgrund eines Streitgegenstands oder aufgrund mehrerer Streitgegenstände verurteilt wird, ist für die Reichweite der Verurteilung aber von Bedeutung. Hat das Gericht etwa einen Verbotsausspruch auf mehrere Kennzeichenrechte der klagenden Partei gestützt - wie dies im Streitfall geschehen ist -, lässt das Erlöschen eines der Kennzeichenrechte den Verbotsausspruch unberührt. Dagegen kann der Beklagte mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gegen einen Unterlassungstitel vorgehen, wenn die Verurteilung nur auf ein Kennzeichenrecht gestützt und dieses erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 28 f. = WRP 2010, 266 - EIFEL-ZEITUNG). Nichts anderes gilt, wenn das Klagebegehren auf das Verbot einer bestimmten Werbung gerichtet ist, die der Kläger alternativ unter mehreren Gesichtspunkten, die selbständige prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) darstellen, als unlauter beanstandet. Auch in einem solchen Fall entscheidet das Gericht mit der Auswahl des Streitgegenstands über die Reichweite des Verbots. Denn je nachdem, auf welchen Streitgegenstand das Gericht das Verbot der einheitlichen Werbung stützt, beurteilt sich, was der Beklagte an der beanstandeten Werbung ändern muss, um nicht gegen das ausgesprochene Verbot zu verstoßen. Mit dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist aber nicht zu vereinbaren, dass die Reichweite des Verbots der Wahl des Gerichts überlassen bleibt.
11
b) Für die Unzulässigkeit der alternativen Klagehäufung spricht auch der allgemeine Rechtsgedanke der "Waffengleichheit" der Parteien im Prozess. Die alternative Klagehäufung benachteiligt den Beklagten in seiner Rechtsverteidigung im Verhältnis zum Kläger. Der Beklagte muss sich, will er nicht verurteilt werden, gegen sämtliche vom Kläger im Wege der alternativen Klagehäufung verfolgten prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände) zur Wehr setzen. Dagegen kann der Kläger sein Klagebegehren auf eine Vielzahl von prozessualen Ansprüchen stützen, ohne dass für ihn damit ein zusätzliches Prozesskostenrisiko verbunden ist. Der Beklagte hat auch dann die gesamten Prozesskosten zu tragen, wenn der Kläger im Rahmen des einheitlichen Klagebegehrens nur mit einem aus einer Vielzahl alternativ zur Entscheidung gestellter Streitgegenstände durchdringt. In der Praxis führt dies bei einem Vorgehen aus Schutzrechten und bei der Verfolgung von Ansprüchen aufgrund wettbewerbsrechtlicher Tatbestände wegen des fehlenden zusätzlichen Prozesskostenrisikos zu einer Häufung von Streitgegenständen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. November 2009 - I ZR 183/07, GRUR 2010, 642 = WRP 2010, 764 - WM-Marken). Bestimmt der Kläger die Reihenfolge nicht, in der das Gericht die Prüfung der einzelnen Streitgegenstände vorzunehmen hat, erschließt sich dem Beklagten auch nicht ohne weiteres, gegen welchen aus einer Vielzahl von Streitgegenständen er seine Rechtsverteidigung in erster Linie richten muss.
12
c) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Der V. Zivilsenat hat eine alternative Klagehäufung zwar bei einer Mehrheit von Klagegründen in einem Fall zugelassen, in dem der Kläger seine Ansprüche sowohl auf einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch als auch auf einen verschuldensabhängigen Deliktsanspruch gestützt hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1997 - V ZR 48/96, NJW-RR 1997, 1374). In diesem Zusammenhang hat er maßgeblich darauf abgestellt, dass die Ansprüche nicht nur von den Voraussetzungen, sondern auch von den Folgen verschieden waren und der Kläger den Anspruch nur einmal geltend machen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1990 - V ZR 282/88, BGHZ 111, 158, 167; NJW-RR 1997, 1374). Davon kann aber bei den hier fraglichen Fällen der alternativen Klagehäufung keine Rede sein, die auf identische Folgen gerichtet sind und bei de- nen der Kläger die nicht beschiedenen Streitgegenstände in einem weiteren Prozess aufgreifen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 272/02, BGHZ 166, 253 Rn. 23 - Markenparfümverkäufe).
13
3. Da der Senat die alternative Klagehäufung in der Vergangenheit nicht beanstandet hat, müssen die Parteien Gelegenheit haben, zur Frage der Zulässigkeit der alternativen Klagehäufung Stellung zu nehmen (§ 139 ZPO). Die Klägerin muss zudem die Möglichkeit erhalten anzugeben, in welcher Reihenfolge sie ihr Klagebegehren im Hinblick auf die verschiedenen Streitgegenstände stützt. Eine entsprechende Klarstellung wäre bereits in der Klage geboten gewesen. Sie kann aber noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der Revisionsinstanz nachgeholt werden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 195; Urteil vom 21. Dezember 1959 - III ZR 137/58, ZZP 78 (1960) 463, 465). Die klagende Partei ist grundsätzlich in der Bestimmung der Reihenfolge frei, in der sie die unterschiedlichen Streitgegenstände zur Überprüfung stellt. Eine Einschränkung in der Wahl der Reihenfolge kann sich aber in der Revisionsinstanz nach dem auch im Verfahrensrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben ergeben (vgl. BVerfGE 104, 220, 232; BGH, Beschluss vom 25. März 1965 - V BLw 25/64, BGHZ 43, 289, 292; Urteil vom 23. Oktober 1990 - VI ZR 105/90, BGHZ 112, 345, 349). Die Klägerseite kann danach daran gehindert sein, in der Revisionsinstanz ihre Ansprüche in erster Linie auf einen Streitgegenstand zu stützen, den das Berufungsgericht bei der bislang unbeanstandet gebliebenen alternativen Klagehäufung seiner Verurteilung nicht zugrunde gelegt hat. Denn wählt die Klagepartei in der Revisionsinstanz vorrangig einen Streitgegenstand aus, zu dem das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, weil die Partei dem Berufungsgericht die Auswahl zwischen den Streitgegenständen überlassen hatte, macht dies eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erforderlich, die vermieden werden kann, wenn die Klägerseite das Klagebegehren vorrangig aus einem Streitgegenstand herleitet, den das Berufungsgericht seiner Verurteilung zugrunde gelegt hat.
14
Nachdem das Berufungsgericht sich nur mit Ansprüchen aufgrund des Bekanntheitsschutzes der deutschen Marken Nr. 1005648 und Nr. 30412680.2 und des Unternehmenskennzeichens der Klägerin befasst, nur hierzu Feststellungen getroffen und die Verurteilung der Beklagten nur hierauf gestützt hat, wird es unter diesen Umständen naheliegen, dass die Klägerin diese Streitgegenstände - gestaffelt - in erster Linie zur Beurteilung durch das Revisionsgericht stellt.
15
II. Zur Stellungnahme - auch zur Frage, ob der Senat im schriftlichen Verfahren entscheiden kann - wird eine Frist von einem Monat ab Zustellung dieses Beschlusses bestimmt.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.2008 - 37 O 51/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.06.2009 - I-20 U 87/08 -

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/10 Verkündet am:
22. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stimmt's?

a) Titelschutz kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze
umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet
in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint.

b) Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für
die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt
der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem
die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder
auch Bilder) erheblich ist.
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 12. Mai 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin gibt die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ heraus. Darin erscheint seit vielen Jahren unter der Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ wöchentlich ein jeweils mit einer wechselnden inhaltsbezogenen Überschrift versehener Artikel, in dem Fragen der Leser beantwortet werden, die sich auf Rätsel des Alltags, schwer zu verifizierendes Allgemeinwissen, wissenschaftliche Phänomene, Mythen und andere populärwissenschaftliche Fragen beziehen. Beispielhaft wird nachfolgend der Beitrag aus der Ausgabe vom 9. August 2007 wiedergegeben:
2
Der Beitrag war dort auf Seite 30 unten links wie folgt platziert:
3
Die in der Kolumne „Stimmt’s?“ erschienenen Beiträge werden jedenfalls seit Oktober 2001 auch im Internetauftritt der „ZEIT“ unter der Internetadresse www.zeit.de veröffentlicht.
4
Die Beklagte betreibt das Internetportal „web.de“. Sie veröffentlichte dort unter der Bezeichnung „Stimmt’s?“ ebenfalls Beiträge, in denen Fragen der Nutzer beantwortet werden. Am 29. März 2007 konnte der nachfolgend eingeblendete Beitrag aufgerufen werden:
5
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte. Sie hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine redaktionelle Internetrubrik mit dem Titel „Stimmt’s?“ zu versehen bzw. diese im Internet anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wie dies beispielsweise unter http://magazine.web.de/de/themen/wissen/stimmts/index/htm am 29. März 2007 der Fall war; 2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann auf welchen Websites, mit welchen Inhalten, welchen Nutzerzahlen und jeweils für welchen Zeitraum die Rubrikenbezeichnung „Stimmt’s?“ von der Beklagten bzw. von Dritten in rechtlicher Abhängigkeit von der Beklagten verwendet wurden; 3. an die Klägerin einen Lizenzbetrag zu zahlen, dessen Höhe nach erfolgter Auskunft gemäß Ziffer 2 bestimmt wird.
6
Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2011, 70). Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 MarkenG wegen Verwendung der Bezeichnung „Stimmt’s?“ zu. Dazu hat es ausgeführt:
8
Die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei als Titel einer Rubrik nach § 5 Abs. 3 MarkenG schutzfähig und auch hinreichend unterscheidungskräftig. Zwar habe der Titel durchaus beschreibenden Gehalt. Aufgrund der umgangssprachlichen Frageform unter Verwendung eines Fragezeichens komme der Bezeichnung aber ein ausreichendes Mindestmaß an Originalität zu. Zwischen den Bezeichnungen der Parteien bestehe bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Verwechslungsgefahr. Allerdings komme dem Titel der Klägerin keine über die Werkidentifizierung hinausgehende Titelfunktion zu, weil er nicht hinreichend bekannt sei. Die von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft sei aber durch Art und Umfang der langjährigen Benutzung gesteigert. Die gegenüberstehenden Titel seien identisch und die damit bezeichneten Werke ähnlich. Daran ändere auch nichts, dass sich die Angebote der Parteien an unterschiedliche Kundenkreise richteten und in Art und Weise der Informationsvermittlung erheblich unterschieden.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ ist zwar für die Klägerin als Titel nach § 5 Abs. 1, 3 MarkenG geschützt und verfügt auch über hinreichende Unterscheidungskraft. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten gleichlautenden Bezeichnung angenommen werden.
10
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 Satz 2, § 313 Abs. 3 ZPO keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei der Serie „Stimmt’s?“ um ein titelschutzfähiges Werk handele. Es genügt den Anforderungen des § 313 Abs. 3 ZPO, wenn durch Bezugnahme in den Entscheidungsgründen erkennbar wird, dass das Berufungsgericht die von der Vorinstanz gegebene Begründung überprüft und sich zu eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 7. Juni 1996 - I ZR 114/94, GRUR 1996, 786, 788 = WRP 1996, 1020 - Blumenverkauf an Tankstellen). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Urteilsgründen auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils durch den Hinweis Bezug genommen, das Landgericht habe den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungs - und Auskunftsanspruch mit zutreffender Begründung zuerkannt. Aus dieser Bezugnahme wird hinreichend deutlich, dass das Berufungsgericht die vom Landgericht gegebene Begründung für die Annahme, die Kolumne „Stimmt’s?“ sei ein titelschutzfähiges Werk, überprüft und sich zu eigen gemacht hat. Nach Auffassung des Landgerichts weist die streitgegenständliche Kolumne die für die Werkqualität erforderliche Selbständigkeit auf, weil sie als eigenständige Abteilung und wiederkehrender Bestandteil der Zeitung wahrgenommen wird und zudem durch einen deutlichen Trennstrich von den übrigen auf der Seite befindlichen Texten abgesetzt ist.
11
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass für die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ der Klägerin Titelschutz besteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Für die Annahme eines schutzfähigen Werktitels genügt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht, dass der Verkehr die Bezeichnung einer Rubrik als bestimmt und geeignet ansieht, diese von anderen Rubriken zu unterscheiden. Dieses Kriterium dient der Prüfung, ob einem Titel die für den Schutz als Werktitel nach § 5 Abs. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft zukommt. Davon zu trennen ist die vorgelagerte Frage, ob sich die Bezeichnung, für die Titelschutz begehrt wird, überhaupt auf ein titelschutzfähiges Werk im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG bezieht.
13
b) Werktitel werden nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnung geschützt. Gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sind schutzfähige Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Markenrechtsreformgesetz , BT-Drucks. 12/6581, S. 67; Baronikians, Der Schutz des Werktitels, 2008, Rn. 94 f.; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl. 2004, Rn. 26). Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse , die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - I ZR 25/91, GRUR 1993, 767, 768 = WRP 1993, 701 - ZappelFisch ; Urteil vom 24. April 1997 - I ZR 44/95, BGHZ 135, 278 - PowerPoint; Deutsch/Ellerbrock aaO Rn. 29).
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c) Im Hinblick auf die Werkkategorie der Druckschriften war bereits in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 16 UWG aF anerkannt, dass Titelschutz nicht nur für die Bezeichnung einer Zeitung oder Zeitschrift als Ganzes, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Bezeichnung von Teilen einer Druckschrift in Betracht kommt (RGZ 133, 189, 191 - KunstseidenKurier ). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof fortgeführt (BGH, Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 = WRP 1999, 1279 - SZENE; Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 15 = WRP 2010, 266 - Eifel-Zeitung).
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Danach ist ein Teil einer Zeitung oder Zeitschrift ein eigenes titelschutzfähiges Werk im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn es sich um eine besondere , nach ihrer äußeren Aufmachung sowie nach ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt, die regelmäßig wiederkehrend unter eigener kennzeichnungskräftiger Bezeichnung erscheint (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die erforderliche äußere Selbständigkeit liegt jedenfalls bei regelmäßigen Beilagen von Zeitungen, die sich inhaltlich mit bestimmten Themen befassen (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier), sowie bei mehrseitigen Regionalteilen oder anderen Rubriken einer Tageszeitung (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 15 - Eifel -Zeitung; OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 309, 310 f.) vor und kann auch bei einer einzelnen, thematisch besonders ausgerichteten Zeitungsseite gegeben sein (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; offengelassen in BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE).
16
Nach diesen Grundsätzen kann auch der Bezeichnung einer Kolumne, die seit vielen Jahren zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint, Titelschutz zukommen. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträge. Die erforderliche äußerliche Selbständigkeit der Kolumne gegenüber dem übrigen Inhalt der Zeitschrift ergibt sich aus ihrer drucktechnischen Gestaltung, die sie von anderen Beiträgen abgrenzt. Nicht entscheidend ist, ob die Kolumne einen größeren oder kleineren Teil einer Zeitungs- oder Zeitschriftenseite einnimmt. Titelschutz kann für eine Kolumne auch dann bestehen, wenn sie regelmäßig nur wenige Absätze umfasst.
17
d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier von einer titelschutzfähigen Kolumne auszugehen. Die Kolumne ist von den übrigen Artikeln der Seite durch einen Trennstrich deutlich abgesetzt und erhält dadurch eine gewisse äußere Selbständigkeit. Sie erscheint seit vielen Jahren wöchentlich mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung. Jedenfalls im Streitfall ist die Kolumne damit ein titelschutzfähiges Werk. Dafür ist unerheblich, dass die Kolumnenbezeichnung als „Übertitel“ stets deutlich kleiner gestaltet ist als die eigentliche Überschrift des unter ihr veröffentlichten konkreten Beitrags.
18
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei hinreichend unterscheidungskräftig.
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a) Die Unterscheidungskraft bezeichnet die Eignung des Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden (RGZ 112, 2, 5 - Brehms Tierleben; BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 - I ZR 108/00, GRUR 2002, 1083, 1084 = WRP 2002, 1279 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Sie fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft (BGH, Urteil vom 27. September 1990 - I ZR 87/89, GRUR 1991, 153, 154 = WRP 1991, 151 - Pizza und Pasta). An die Unterscheidungskraft eines Zeitungs- oder Zeitschriftentitels sind nach der Rechtsprechung des Senats nur geringe Anforderungen zu stellen, da der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Zeitschriften und Zeitungen mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden (BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Diese Grundsätze hat der Senat auch bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft eines Titels des Regionalteils einer Zeitung für anwendbar erachtet (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 14 - Eifel-Zeitung). Sie gelten aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in gleichem Maße für die Bezeichnung von einzelnen Artikeln, Serien schutzfähiger Artikel zu bestimmten Themengebieten oder regelmäßig erscheinenden Kolumnen. Zwar gibt es auch hier wie bei jedem Titel ein gewisses Bedürfnis, den Inhalt des bezeichneten Werkes zu beschreiben. In diesen Fällen besteht aber regelmäßig ein deutlich größerer Gestaltungsspielraum als bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln. Daraus folgt, dass höhere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind.
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b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die umgangssprachliche Fassung in Frageform dem Titel „Stimmt’s?“ ein gewisses Mindestmaß an Originalität verleiht. Der Titel ist nicht glatt beschreibend. Er weist zwar deutlich darauf hin, dass in den unter dem Titel erscheinenden Artikeln Fragen beantwortet werden. Dass es sich dabei um Fragen der Leser handelt, wird aber ebenso wenig erkennbar wie die besondere thematische Ausrichtung auf Allgemeinwissen, Alltagsrätsel und populärwissenschaftliche Fragen.
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Auch wenn daher dem Titel „Stimmt’s?“ bereits von Haus aus eine hinreichende , wenngleich nur geringe Unterscheidungskraft zukommt, besagt dies nicht, dass ein solcher Titel schon mit Benutzungsaufnahme Titelschutz erlangt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkehr die fragliche Überschrift auch als Ti- tel eines titelschutzfähigen Werkes erkennt. Im Falle eines Kolumnentitels wird dies häufig voraussetzen, dass die Kolumne bereits mehrere Male und mit einiger Regelmäßigkeit erschienen ist. Denn andernfalls wird der Verkehr die Bezeichnung lediglich als Überschrift des einzelnen Artikels ansehen, für die ein Titelschutz nicht in Betracht käme. Im Streitfall steht diese Voraussetzung jedoch nicht in Zweifel. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten regelmäßigen Verwendung des Klagezeichens in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ seit 1997 erkennt der Leser, dass es sich bei dem Zeichen um den Titel der Kolumne und nicht nur um die Überschrift des einzelnen Artikels handelt.
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4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , zwischen dem Titel der Klägerin und der angegriffenen Bezeichnung der Beklagten bestehe im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG Verwechslungsgefahr.
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a) Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch, mwN). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau ). Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der Werknähe und der Ähnlichkeit der Titel (vgl. BGHZ 146, 56, 63 - Tagesschau; BGH GRUR 2002, 1083, 1084 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung , Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 = WRP 2002, 89 - Auto Magazin). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze.
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b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Titel der Klägerin verfüge über gesteigerte Kennzeichnungskraft, weil seine von Haus aus nur geringe Unterscheidungskraft durch langjährige Benutzung in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und jedenfalls seit dem 29. Oktober 2001 auch im Internet unter der Adresse www.zeit.de gesteigert worden sei. Die jeweiligen Kolumnen als solche seien als Informationsangebote sehr ähnlich, weil in ihnen Fragen des alltäglichen Wissens verschiedener Bereiche beantwortet würden. Nicht sehr ähnlich sei allerdings das mediale Umfeld, in das die Kolumnen eingeordnet seien. Während die Klägerin eine Qualitätszeitung für ein gehobenes Publikum anbiete , sei die Art und Weise der Information auf dem Internetportal der Beklagten eher als boulevardesk bis unterhaltungsorientiert zu bezeichnen. Trotz dieser Unterschiede in der medialen Einbettung seien die gegenüberstehenden Werke aber als ähnlich einzustufen. Angesichts einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des Titels der Klägerin, der Ähnlichkeit der Werkkategorien und der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen sei die Verwechslungsgefahr im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bejahen.
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c) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Der Titel „Stimmt’s?“ ist im Hinblick auf seine deutlich beschreibenden Anklänge von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftig (s. oben Rn. 20). Die vom Berufungsgericht festgestellte langjährige Benutzung verstärkt zwar die Kennzeichnungskraft. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Benutzung habe im Falle des Klagezeichens zu einer gesteigerten - im Sinne von überdurchschnittlichen - Kennzeichnungskraft geführt. Ein Werktitel, der von Haus aus nur eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, wird in der Regel durch intensive Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangen. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft wäre eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich, die das von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftige Klagezeichen im Zweifel nur aufgrund einer besonders intensiven Benutzung erreichen könnte. Eine derartig intensive Benutzung ist indes nicht festgestellt. Insbesondere ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Titel als Bezeichnung der Kolumne in der Wochenzeitung der Klägerin außerhalb des Kreises ihrer Leser bekannt ist, der jedenfalls nur einen Teil des angesprochenen Verkehrs umfasst. Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann im Hinblick auf die Größe und die unterschiedliche Platzierung der unter dem Klagezeichen erscheinenden Kolumne noch nicht einmal angenommen werden, dass jedem Leser der „ZEIT“ das Klagezeichen als Titel der Kolumne bekannt ist. Es ist auch weder festgestellt noch dargelegt, dass die Klägerin die fragliche Kolumne in der Werbung besonders herausgestellt hat.
27
bb) Auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reichen Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus. Denn die Art der Präsentation und die mediale Einbettung der angegriffenen Bezeichnung können eher gegen die Gefahr einer Verwechslung der beiden in Rede stehenden Titel sprechen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Teil des Verkehrs, dem der Kolum- nentitel „Stimmt’s?“ der Klägerin geläufig ist und dem unter dem gleichen Titel die Rubrik im Internetportal der Beklagten begegnet, wegen der unterschiedlichen medialen Einbettung mit Blick auf den deutlichen Inhaltsbezug des Titels von einer zufälligen Übereinstimmung ausgehen und nicht annehmen wird, die hier wie dort unter diesem Titel erscheinenden Beiträge seien Teil derselben Serie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Revision mit Recht hinweist - die Nutzer eines Internetportals nach der Lebenserfahrung in aller Regel wissen, wessen Informationsangebot sie gerade in Anspruch nehmen (vgl. zur Senderwahl der Fernsehzuschauer BGHZ 147, 56, 66 - Tagesschau; ferner OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 357, 358, insoweit bestätigt von BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die Gefahr, dass die Nutzer des Portals der Beklagten im Hinblick auf den Titel „Stimmt’s“ annehmen, sie befänden sich auf der Inter- netseite der Klägerin, erscheint unter diesen Umständen als eher fernliegend.
28
Dem kann - anders als die Revisionserwiderung unter Berufung auf das landgerichtliche Urteil meint - auch nicht entgegengehalten werden, der Schutz von Rubriktiteln laufe leer, wenn die Verwechslungsgefahr schon deshalb verneint werden könne, weil die beiden mit dem gleichen Titel versehenen Rubriken in Publikationen mit unterschiedlichem Haupttitel erschienen (vgl. hierzu Viefhues/Emsinghoff, AfP 2008, 358, 359 ff.). Tragen beispielsweise zwei Rubriken in zwei ähnlichen Zeitschriften denselben Titel, ist es denkbar, dass der wenig aufmerksame Leser mit Blick auf die Rubrik die eine Zeitschrift für die andere hält (vgl. OLG München, GRUR-RR 2008, 402, 404). Darüber hinaus wird bei besonders kennzeichnungskräftigen Titeln auch ein Teil der Leser, die erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Organe handelt, davon ausgehen , dass es sich um eine Rubrik handelt, die hier wie dort erscheint.
29
cc) Unter diesen Umständen kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
30
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin - etwa unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) oder der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) - kommen nicht in Betracht. Das Berufungsge- richt hat festgestellt, dass der regelmäßig verwendeten Kolumnenüberschrift „Stimmt’s“ keine herkunftshinweisende Kennzeichnungskraft zukommt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht in Frage gestellt.
31
IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst beurteilen, ob Verwechslungsgefahr vorliegt. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann (BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 62 = WRP 2009 1533 - airdsl). Voraussetzung dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - I ZR 123/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ /TISSERAND; Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 - Telekom). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Klagezeichens , Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte unter Berücksichtigung der medialen Einbettung ist bisher durch das Berufungsgericht nicht erfolgt.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.02.2008 - 315 O 549/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.05.2010 - 3 U 58/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 171/00 Verkündet am:
23. Januar 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Winnetous Rückkehr
Der kennzeichenrechtliche Werktitelschutz nach §§ 5, 15 MarkenG hat auch
dann weiterhin Bestand, wenn das mit dem Titel bezeichnete ursprünglich urheberrechtlich
geschützte Werk gemeinfrei geworden ist; es kommt allein darauf
an, ob der Titel weiterhin Unterscheidungskraft besitzt und benutzt wird.
BGH, Urt. v. 23. Januar 2003 - I ZR 171/00 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Januar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 23. Mai 2000 aufgehoben.
Auf deren Berufung wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 9. Juli 1999 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, eine Verlagsgesellschaft, deren Geschäftszweck u.a. darin besteht, das Gesamtwerk des Schriftstellers Karl May zu betreuen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, verwertet die seit 1963 gemeinfreien Werke Karl Mays in Buchform, zu denen u.a. die Bände "Winnetou I", "Winnetou II" und "Winnetou III" sowie "Winnetous Erben" gehören. Diese Werke werden nicht nur im Verlagsprogramm der Klägerin, sondern unter Beibehaltung der bisherigen Titel auch von anderen Verlagen herausgegeben. Daneben haben auch andere Autoren Werke verfaßt, in deren Titel der Name "Winnetou" enthalten ist und die bei anderen Verlagen erschienen sind.
Die Beklagte ist Filmproduzentin. Sie hat unter dem Titel "Winnetou's Rückkehr" einen zweiteiligen Film produziert, der inzwischen durch das ZDF ausgestrahlt wurde. Drehbuchautor und Hauptdarsteller des Films ist der Schauspieler Pierre Brice, der bereits vorher in Filmen, die unter der Lizenz der Klägerin hergestellt wurden, den Indianerhäuptling Winnetou verkörperte. Die Handlung des Films beruht darauf, daß Winnetou tatsächlich nicht gestorben, sondern nur ins Koma gefallen ist und nach seinem Erwachen zunächst in den Bergen lebt und später Häuptling eines Stammes von Waldindianern wird.
Die Klägerin sieht in der Verwendung des Filmtitels "Winnetou's Rückkehr" eine Verletzung der Titelrechte an den von ihr verlegten Winnetou-Romanen Karl Mays. Der Werktitel "Winnetou" sei kennzeichnungskräftig; aus ihm würden die angesprochenen Verkehrskreise einen Hinweis auf das Verlagsunternehmen der Klägerin entnehmen, da ein sachlicher Zusammenhang mit
dem Werk bestehe, für das der geschützte Titel vorhanden sei. Die Beklagte verstoße auch gegen § 1 UWG, weil sie sich mit ihrem Filmtitel rufausbeutend an die Leistung und Kennzeichnung der Klägerin anlehne, um ihr eigenes Produkt zu empfehlen. Mit diesem erwecke sie zudem den irreführenden Eindruck, es handele sich um einen von Karl May herrührenden Stoff.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung eines Filmwerkes die Bezeichnung "Winnetou's Rückkehr" zu benutzen, insbesondere unter dieser Bezeichnung das Filmwerk anzukündigen und/oder vorzuführen oder vorführen zu lassen, oder unter dieser Bezeichnung Werbung für das genannte Filmwerk zu betreiben oder betreiben zu lassen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat bestritten, daß Titelrechte von Karl May als Autor auf die Klägerin übergegangen seien. Die geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht, weil das Werk Karl Mays gemeinfrei sei, so daß seine Figuren dem allgemeinen Figurenschatz angehörten. Im übrigen unterscheide der Verkehr deutlich zwischen "Winnetou I", "Winnetou II" sowie "Winnetou III" auf der einen Seite und "Winnetou's Rückkehr" auf der anderen Seite, so daß eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Die Berufung ist erfolglos geblieben (OLG Nürnberg WRP 2000, 1168).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klägerin als Inhaberin der Titelrechte an den Karl-May-Romanen für aktivlegitimiert gehalten. In der Verwendung des angegriffenen Titels hat es eine Werktitelverletzung i.S. des § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 MarkenG gesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Die Titelrechte der Klägerin hätten nach wie vor Bestand, weil die Titel originär unterscheidungskräftig und von der Rechtsvorgängerin der Klägerin in Benutzung genommen worden seien. Es stehe außer Zweifel, daß die Klägerin die Titel nach wie vor nutze, indem sie die damit gekennzeichneten Werke vervielfältige und verbreite.
Die Titel hätten ihre ursprüngliche Kennzeichnungskraft auch nicht verloren. Wegen der allgemeinkundigen großen Verbreitung, die die in Rede stehenden Romanbände durch die Verlagstätigkeit der Klägerin gefunden hätten und noch fänden, sei der Name "Winnetou" als Titel bzw. Titelbestandteil von bestimmten Karl-May-Romanen dem Verkehr noch geläufig. Daran ändere sich auch nichts durch Produkte, die den Namen "Winnetou" trügen und nicht von der Klägerin vertrieben würden. Der ganz überwiegende Teil der von der Beklagten angeführten Titel beziehe sich gerade auf die fraglichen Karl-MayRomane , die nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist auch von anderen Verlagen uneingeschränkt nachgedruckt werden dürften.
Auch der Ablauf der Schutzfrist für die urheberrechtlich geschützten Werke Karl Mays ändere am Fortbestand der jeweiligen Titelrechte nichts. Ti-
telrechte nach § 5 Abs. 3 MarkenG könnten ohne weiteres auch an Titeln von Werken entstehen, die keinen urheberrechtlichen Schutz genössen, wenn nur die Schutzvoraussetzungen des § 5 MarkenG erfüllt seien. Deshalb könne der Erwerb und der Fortbestand des Titelrechts nicht vom Bestehen oder Fortbestand des urheberrechtlichen Schutzes an den gekennzeichneten Werken abhängen.
Die Verwendung eines kennzeichenrechtlich geschützten Titels oder Titelbestandteils, der in dem Namen einer bekannten fiktiven Figur bestehe, sei auch für ein nicht urheberrechtlich geschütztes oder gemeinfrei gewordenes Werk nicht stets zulässig. Gegen die freie Verwendung solcher Titel spreche, daß gerade bekannt gewordenen Namen von fiktiven Figuren die Tendenz innewohne , im Laufe der Zeit die Unterscheidungskraft zu verlieren, und es im übrigen dem späteren Titelbenutzer zuzumuten sei, unterscheidungskräftige Zusätze zu verwenden, die eine Verwechslungsgefahr mit einem prioritätsälteren Titel ausschlössen.
Zwischen dem von der Beklagten verwendeten Filmtitel "Winnetou's Rückkehr" und den für die Klägerin geschützten Titeln bestehe auch unmittelbare Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG. Die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG greife nicht ein, weil die angegriffene Bezeichnung nicht beschreibend, sondern ausschließlich als Titel für ein Filmwerk benutzt worden sei, um dieses zu identifizieren und von anderen abzugrenzen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin für die Geltendmachung der kennzeichenrechtlichen Ansprüche aus den genannten Titeln angenommen. Unabhängig von der vom Berufungsgericht im einzelnen behandelten Frage einer Rechtsnachfolge der Klägerin folgt die Aktivlegitimation der Klägerin schon daraus, daß diese die in Frage stehenden Titel rechtmäßig für die jeweiligen Bücher benutzt und damit aus dem Titelrecht vorgehen kann (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.1989 - I ZR 181/87, GRUR 1989, 626, 627 = WRP 1989, 590 - Festival Europäischer Musik, für den Fall einer Unternehmensbezeichnung; s. auch: Deutsch, WRP 2000, 1375, 1378; Deutsch/Mittas, Titelschutz, 1999, Rdn. 41).
Bei den Klagetiteln handelt es sich neben "Winnetous Erben" auch um "Winnetou I", "Winnetou II" und "Winnetou III". Dem steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen, daß der Titel ursprünglich "Winnetou, der Rote Gentleman" gelautet haben mag. Die Winnetou-Romane von Karl May werden seit Jahrzehnten und noch heute unter den Titeln "Winnetou I", "Winnetou II" und "Winnetou III" vertrieben.
2. Die Titel "Winnetou I", "Winnetou II" und "Winnetou III" bzw. "Winnetous Erben" sind auch schutzfähig. Sie haben ursprüngliche Unterscheidungskraft als Werktitel. Diese besteht, wenn auch in geringem Maß, fort.

a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Figur des "Winnetou" sei dem Publikum durch eine Vielzahl von Kinofilmen, Festspielaufführungen, Comics und sonstigen Bearbeitungen bekannt, die mehr oder weniger freie Bearbeitungen der Romane Karl Mays darstellten. Hiermit ist für die Ansicht der Revision , den genannten Werktiteln fehle die Unterscheidungskraft, nichts ge-
wonnen. Die Tatsache, daß im Verkehr die fiktive Figur "Winnetou" weithin bekannt ist, steht der Annahme der Unterscheidungskraft des Namens als Romantitel nicht entgegen. Unterscheidungskraft hat die Bezeichnung eines Werkes i.S. von § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn ihr die Eignung zur Werkindividualisierung , d.h. zur Unterscheidung eines Werkes von anderen Werken zukommt (Althammer/ Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 5 Rdn. 55; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 5 Rdn. 157; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 5 Rdn. 52; Deutsch/Mittas, Titelschutz , 1999, Rdn. 78). Diese Eignung kann für den Namen des Helden eines Romans nicht zweifelhaft sein. Daß dieser als fiktive Figur auch anderweit verwendet wird, steht seiner Eignung als titelmäßiges Unterscheidungsmittel ebensowenig entgegen wie sein - angesichts der Bekanntheit der fiktiven Figur - inhaltsbeschreibender Charakter. Denn bei Werktiteln ist der Verkehr daran gewöhnt, daß gerade auch beschreibende Angaben zur Kennzeichnung des Werkes verwendet werden.

b) Der Annahme der weiterhin bestehenden Unterscheidungskraft der genannten Titel steht nicht entgegen, daß der Senat der Bezeichnung "Winnetou" die Unterscheidungskraft als Marke abgesprochen hat (BGH, Beschl. v. 5.12.2002 - I ZB 19/00 - Winnetou, Umdr. S. 6), weil sie vom Verkehr allein als Synonym für die von Karl May geschaffene fiktive Figur und deshalb für Drukkereierzeugnisse und Filme und die mit der Produktion dieser Waren in Beziehung stehenden Dienstleistungen als beschreibend verstanden werde und nicht zur Herkunftsunterscheidung geeignet sei.
Der Begriff der Unterscheidungskraft hat - wie sich aus den vorangehenden Ausführungen ergibt - bei Marken als Herkunftshinweis und bei Werk-
titeln als Individualisierungsmittel gegenüber anderen Werken einen unterschiedlichen Inhalt.

c) Die Klagetitel sind auch nicht deshalb vom kennzeichenrechtlichen Schutz ausgeschlossen, weil die zugrundeliegenden Werke bereits im Jahre 1963 gemeinfrei geworden sind. Zwar ist früher und auch neuerdings erneut die Auffassung vertreten worden, daß mit dem Ablauf der Urheberrechte auch die Titelrechte aus §§ 5, 15 MarkenG (früher: § 16 UWG) entfallen (Goldbaum, GRUR 1926, 297, 303; Seligsohn, UFITA 6 (1933), 124, 138; Leinveber, GRUR 1956, 64 und JR 1958, 371, 372; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl., § 16 UWG Rdn. 128; Hertin, WRP 2000, 889, 896).
Diese Auffassung berücksichtigt nicht hinreichend den Unterschied zwischen dem (seltenen) Fall eines urheberrechtlich geschützten Titels, der mit Eintritt der Gemeinfreiheit seinen urheberrechtlichen Schutz verliert, und einem kennzeichenrechtlich nach §§ 5, 15 MarkenG geschützten Titel, für dessen Schutz allein seine Unterscheidungskraft sowie die Ingebrauchnahme von Bedeutung sind (vgl. § 5 Abs. 3 MarkenG). Letzterer kann, selbst wenn er in Verbindung mit einem ursprünglich urheberrechtlich geschützten, dann aber gemeinfrei gewordenen Werk verwendet wird, weiterhin kennzeichenrechtlichen Schutz genießen. Das ergibt sich ohne weiteres schon aus der Tatsache, daß der Werkbegriff des § 5 Abs. 3 MarkenG von demjenigen des § 2 UrhG abweicht und insbesondere eine urheberrechtliche Schutzfähigkeit nicht voraussetzt. Demgemäß bleibt mit dem Gemeinfreiwerden eines Werkes das kennzeichenrechtliche Titelrecht aus §§ 5, 15 MarkenG erhalten. Jedermann darf zwar Nachdrucke des gemeinfreien Werkes unter seinem Titel veröffentlichen und vertreiben. Es entfällt jedoch weder das Recht des ursprünglich Titel-
schutzberechtigten noch das eines sonstigen Verwenders des Titels im Zu- sammenhang mit dem Werk. Diese können Rechte aus dem Titel geltend machen , wenn dieser für ein neues, ein anderes Werk benutzt wird (RGZ 104, 88, 92 - Trotzkopf; BGHZ 26, 52, 59 f. - Sherlock Holmes; BGH, Urt. v. 7.12.1979 - I ZR 157/77, GRUR 1980, 227, 230 - Monumenta Germaniae Historica; Deutsch/Mittas, Titelschutz, 1999, Rdn. 181; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 5 Rdn. 59; Schricker, Urheberrecht, 2. Aufl., § 64 UrhG Rdn. 74; vgl. auch Großkomm.UWG / Teplitzky, § 16 Rdn. 138; undeutlich: Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 15 Rdn. 179).
3. Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr i.S. von § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen den Klagetiteln und der angegriffenen Bezeichnung "Winnetou's Rückkehr" bejaht. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Maßgeblich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen Werktiteln ist - entsprechend den anderen Kennzeichenrechten - die Wechselwirkung zwischen der Werknähe, der Kennzeichnungskraft der Klagetitel und der Titelähnlichkeit, die nach dem jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Titel zu bemessen ist (BGH, Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 108/00, GRUR 2002, 1083, 1084 = WRP 2002, 1279 - 1, 2, 3 im Sauseschritt, m.w.N.).
Die Werknähe ist im Streitfall nicht zu gering zu bewerten. Zwar handelt es sich auf der einen Seite um Romane, die durch die Klagetitel bezeichnet werden, während auf der anderen Seite Filme stehen. Die Werkkategorie der Filme weist zu Romanen jedoch deshalb eine besonders enge Beziehung auf,
weil in Filmen häufig Romanvorlagen umgesetzt werden (vgl. BGHZ 26, 52, 59 - Sherlock Holmes).
Die Kennzeichnungskraft der Klagetitel ist jedoch angesichts der großen Bekanntheit der fiktiven Figur mit dem Namen "Winnetou" nur unterdurchschnittlich. Zwar kann, wie schon zuvor ausgeführt, nicht davon ausgegangen werden, daß der Name auch im Zusammenhang mit Werktiteln vom Verkehr nur noch als allgemein gebräuchliche Bezeichnung für einen edlen Indianerhäuptling aufgefaßt wird, so daß ein vollständiger Verlust der Kennzeichnungskraft dieses Namens als Titelbestandteil in Rede stünde; denn erfahrungsgemäß wird wenigstens ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise dem Namen "Winnetou" in dem Filmtitel der Beklagten einen Hinweis auf die Romane von Karl May entnehmen, so daß der Name "Winnetou" den Klagetiteln noch eine geringe Kennzeichnungskraft verleiht.
Die Ähnlichkeit der einander gegenüber stehenden Titel ist nur gering, weil der Verkehr Werktiteln, die einen das jeweilige Werk beschreibenden Begriffsinhalt haben, mit der gebotenen Aufmerksamkeit begegnet und schon deshalb nicht zu einer Verkürzung der Titel auf einzelne Bestandteile neigt. Der Schutz des Rechts an einem Werktitel bestimmt sich nach dessen Funktion der bloßen Werkunterscheidung. Die gegenüberstehenden Titel stimmen hinsichtlich des Namens "Winnetou" der Hauptfigur der Romane wie des Films überein. Der Verkehr, dem der Titel eine nähere Identifikation des Werks ermöglichen soll, sieht sich deshalb veranlaßt, den zusätzlichen Bezeichnungen der einzelnen Werke sein Augenmerk zu schenken, bei den Romanen der Bezifferung "I", "II" und "III" sowie dem Zusatz "Erben", beim Filmtitel dem Hinweis "Rückkehr". Diese weisen untereinander keinerlei klangliche, schriftbildliche
oder begriffliche Übereinstimmung auf. Bei dieser Sachlage kann eine Gefahr der Verwechslung der einander gegenüberstehenden Titel zur Identifizierung des jeweiligen Werkes nicht angenommen werden.
Auf die Frage, ob die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG eingreift, kommt es wegen des Fehlens einer Verwechslungsgefahr nicht mehr an.
4. Die Klägerin kann ihre Anträge auch nicht mit Erfolg auf die Vorschriften der § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG stützen. Es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte mit der Verwendung des Titels "Winnetou's Rückkehr" die ohnehin geringe Unterscheidungskraft der genannten Titel der Romane von Karl May, an denen nicht nur die Klägerin Rechte hat, in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt hätte. Diese Titel werden in ihrer Funktion nicht dadurch berührt, daß ein weiterer Titel unter Verwendung des Namens "Winnetou" hinzukommt.
Auch aus § 3 UWG ergeben sich keine Ansprüche der Klägerin, weil angesichts der Gemeinfreiheit der den Klagetiteln zugrunde liegenden Werke jede freie oder unfreie Bearbeitung zulässig ist und deshalb eine relevante Irreführung des Verkehrs nicht in Betracht gezogen werden kann.
III. Danach war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und auf die Berufung der Beklagten die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Ullmann Starck Bornkamm

Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/10 Verkündet am:
22. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stimmt's?

a) Titelschutz kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze
umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet
in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint.

b) Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für
die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt
der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem
die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder
auch Bilder) erheblich ist.
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 12. Mai 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin gibt die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ heraus. Darin erscheint seit vielen Jahren unter der Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ wöchentlich ein jeweils mit einer wechselnden inhaltsbezogenen Überschrift versehener Artikel, in dem Fragen der Leser beantwortet werden, die sich auf Rätsel des Alltags, schwer zu verifizierendes Allgemeinwissen, wissenschaftliche Phänomene, Mythen und andere populärwissenschaftliche Fragen beziehen. Beispielhaft wird nachfolgend der Beitrag aus der Ausgabe vom 9. August 2007 wiedergegeben:
2
Der Beitrag war dort auf Seite 30 unten links wie folgt platziert:
3
Die in der Kolumne „Stimmt’s?“ erschienenen Beiträge werden jedenfalls seit Oktober 2001 auch im Internetauftritt der „ZEIT“ unter der Internetadresse www.zeit.de veröffentlicht.
4
Die Beklagte betreibt das Internetportal „web.de“. Sie veröffentlichte dort unter der Bezeichnung „Stimmt’s?“ ebenfalls Beiträge, in denen Fragen der Nutzer beantwortet werden. Am 29. März 2007 konnte der nachfolgend eingeblendete Beitrag aufgerufen werden:
5
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte. Sie hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine redaktionelle Internetrubrik mit dem Titel „Stimmt’s?“ zu versehen bzw. diese im Internet anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wie dies beispielsweise unter http://magazine.web.de/de/themen/wissen/stimmts/index/htm am 29. März 2007 der Fall war; 2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann auf welchen Websites, mit welchen Inhalten, welchen Nutzerzahlen und jeweils für welchen Zeitraum die Rubrikenbezeichnung „Stimmt’s?“ von der Beklagten bzw. von Dritten in rechtlicher Abhängigkeit von der Beklagten verwendet wurden; 3. an die Klägerin einen Lizenzbetrag zu zahlen, dessen Höhe nach erfolgter Auskunft gemäß Ziffer 2 bestimmt wird.
6
Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2011, 70). Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 MarkenG wegen Verwendung der Bezeichnung „Stimmt’s?“ zu. Dazu hat es ausgeführt:
8
Die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei als Titel einer Rubrik nach § 5 Abs. 3 MarkenG schutzfähig und auch hinreichend unterscheidungskräftig. Zwar habe der Titel durchaus beschreibenden Gehalt. Aufgrund der umgangssprachlichen Frageform unter Verwendung eines Fragezeichens komme der Bezeichnung aber ein ausreichendes Mindestmaß an Originalität zu. Zwischen den Bezeichnungen der Parteien bestehe bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Verwechslungsgefahr. Allerdings komme dem Titel der Klägerin keine über die Werkidentifizierung hinausgehende Titelfunktion zu, weil er nicht hinreichend bekannt sei. Die von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft sei aber durch Art und Umfang der langjährigen Benutzung gesteigert. Die gegenüberstehenden Titel seien identisch und die damit bezeichneten Werke ähnlich. Daran ändere auch nichts, dass sich die Angebote der Parteien an unterschiedliche Kundenkreise richteten und in Art und Weise der Informationsvermittlung erheblich unterschieden.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ ist zwar für die Klägerin als Titel nach § 5 Abs. 1, 3 MarkenG geschützt und verfügt auch über hinreichende Unterscheidungskraft. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten gleichlautenden Bezeichnung angenommen werden.
10
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 Satz 2, § 313 Abs. 3 ZPO keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei der Serie „Stimmt’s?“ um ein titelschutzfähiges Werk handele. Es genügt den Anforderungen des § 313 Abs. 3 ZPO, wenn durch Bezugnahme in den Entscheidungsgründen erkennbar wird, dass das Berufungsgericht die von der Vorinstanz gegebene Begründung überprüft und sich zu eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 7. Juni 1996 - I ZR 114/94, GRUR 1996, 786, 788 = WRP 1996, 1020 - Blumenverkauf an Tankstellen). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Urteilsgründen auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils durch den Hinweis Bezug genommen, das Landgericht habe den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungs - und Auskunftsanspruch mit zutreffender Begründung zuerkannt. Aus dieser Bezugnahme wird hinreichend deutlich, dass das Berufungsgericht die vom Landgericht gegebene Begründung für die Annahme, die Kolumne „Stimmt’s?“ sei ein titelschutzfähiges Werk, überprüft und sich zu eigen gemacht hat. Nach Auffassung des Landgerichts weist die streitgegenständliche Kolumne die für die Werkqualität erforderliche Selbständigkeit auf, weil sie als eigenständige Abteilung und wiederkehrender Bestandteil der Zeitung wahrgenommen wird und zudem durch einen deutlichen Trennstrich von den übrigen auf der Seite befindlichen Texten abgesetzt ist.
11
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass für die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ der Klägerin Titelschutz besteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Für die Annahme eines schutzfähigen Werktitels genügt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht, dass der Verkehr die Bezeichnung einer Rubrik als bestimmt und geeignet ansieht, diese von anderen Rubriken zu unterscheiden. Dieses Kriterium dient der Prüfung, ob einem Titel die für den Schutz als Werktitel nach § 5 Abs. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft zukommt. Davon zu trennen ist die vorgelagerte Frage, ob sich die Bezeichnung, für die Titelschutz begehrt wird, überhaupt auf ein titelschutzfähiges Werk im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG bezieht.
13
b) Werktitel werden nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnung geschützt. Gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sind schutzfähige Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Markenrechtsreformgesetz , BT-Drucks. 12/6581, S. 67; Baronikians, Der Schutz des Werktitels, 2008, Rn. 94 f.; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl. 2004, Rn. 26). Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse , die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - I ZR 25/91, GRUR 1993, 767, 768 = WRP 1993, 701 - ZappelFisch ; Urteil vom 24. April 1997 - I ZR 44/95, BGHZ 135, 278 - PowerPoint; Deutsch/Ellerbrock aaO Rn. 29).
14
c) Im Hinblick auf die Werkkategorie der Druckschriften war bereits in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 16 UWG aF anerkannt, dass Titelschutz nicht nur für die Bezeichnung einer Zeitung oder Zeitschrift als Ganzes, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Bezeichnung von Teilen einer Druckschrift in Betracht kommt (RGZ 133, 189, 191 - KunstseidenKurier ). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof fortgeführt (BGH, Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 = WRP 1999, 1279 - SZENE; Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 15 = WRP 2010, 266 - Eifel-Zeitung).
15
Danach ist ein Teil einer Zeitung oder Zeitschrift ein eigenes titelschutzfähiges Werk im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn es sich um eine besondere , nach ihrer äußeren Aufmachung sowie nach ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt, die regelmäßig wiederkehrend unter eigener kennzeichnungskräftiger Bezeichnung erscheint (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die erforderliche äußere Selbständigkeit liegt jedenfalls bei regelmäßigen Beilagen von Zeitungen, die sich inhaltlich mit bestimmten Themen befassen (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier), sowie bei mehrseitigen Regionalteilen oder anderen Rubriken einer Tageszeitung (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 15 - Eifel -Zeitung; OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 309, 310 f.) vor und kann auch bei einer einzelnen, thematisch besonders ausgerichteten Zeitungsseite gegeben sein (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; offengelassen in BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE).
16
Nach diesen Grundsätzen kann auch der Bezeichnung einer Kolumne, die seit vielen Jahren zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint, Titelschutz zukommen. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträge. Die erforderliche äußerliche Selbständigkeit der Kolumne gegenüber dem übrigen Inhalt der Zeitschrift ergibt sich aus ihrer drucktechnischen Gestaltung, die sie von anderen Beiträgen abgrenzt. Nicht entscheidend ist, ob die Kolumne einen größeren oder kleineren Teil einer Zeitungs- oder Zeitschriftenseite einnimmt. Titelschutz kann für eine Kolumne auch dann bestehen, wenn sie regelmäßig nur wenige Absätze umfasst.
17
d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier von einer titelschutzfähigen Kolumne auszugehen. Die Kolumne ist von den übrigen Artikeln der Seite durch einen Trennstrich deutlich abgesetzt und erhält dadurch eine gewisse äußere Selbständigkeit. Sie erscheint seit vielen Jahren wöchentlich mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung. Jedenfalls im Streitfall ist die Kolumne damit ein titelschutzfähiges Werk. Dafür ist unerheblich, dass die Kolumnenbezeichnung als „Übertitel“ stets deutlich kleiner gestaltet ist als die eigentliche Überschrift des unter ihr veröffentlichten konkreten Beitrags.
18
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei hinreichend unterscheidungskräftig.
19
a) Die Unterscheidungskraft bezeichnet die Eignung des Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden (RGZ 112, 2, 5 - Brehms Tierleben; BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 - I ZR 108/00, GRUR 2002, 1083, 1084 = WRP 2002, 1279 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Sie fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft (BGH, Urteil vom 27. September 1990 - I ZR 87/89, GRUR 1991, 153, 154 = WRP 1991, 151 - Pizza und Pasta). An die Unterscheidungskraft eines Zeitungs- oder Zeitschriftentitels sind nach der Rechtsprechung des Senats nur geringe Anforderungen zu stellen, da der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Zeitschriften und Zeitungen mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden (BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Diese Grundsätze hat der Senat auch bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft eines Titels des Regionalteils einer Zeitung für anwendbar erachtet (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 14 - Eifel-Zeitung). Sie gelten aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in gleichem Maße für die Bezeichnung von einzelnen Artikeln, Serien schutzfähiger Artikel zu bestimmten Themengebieten oder regelmäßig erscheinenden Kolumnen. Zwar gibt es auch hier wie bei jedem Titel ein gewisses Bedürfnis, den Inhalt des bezeichneten Werkes zu beschreiben. In diesen Fällen besteht aber regelmäßig ein deutlich größerer Gestaltungsspielraum als bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln. Daraus folgt, dass höhere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind.
20
b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die umgangssprachliche Fassung in Frageform dem Titel „Stimmt’s?“ ein gewisses Mindestmaß an Originalität verleiht. Der Titel ist nicht glatt beschreibend. Er weist zwar deutlich darauf hin, dass in den unter dem Titel erscheinenden Artikeln Fragen beantwortet werden. Dass es sich dabei um Fragen der Leser handelt, wird aber ebenso wenig erkennbar wie die besondere thematische Ausrichtung auf Allgemeinwissen, Alltagsrätsel und populärwissenschaftliche Fragen.
21
Auch wenn daher dem Titel „Stimmt’s?“ bereits von Haus aus eine hinreichende , wenngleich nur geringe Unterscheidungskraft zukommt, besagt dies nicht, dass ein solcher Titel schon mit Benutzungsaufnahme Titelschutz erlangt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkehr die fragliche Überschrift auch als Ti- tel eines titelschutzfähigen Werkes erkennt. Im Falle eines Kolumnentitels wird dies häufig voraussetzen, dass die Kolumne bereits mehrere Male und mit einiger Regelmäßigkeit erschienen ist. Denn andernfalls wird der Verkehr die Bezeichnung lediglich als Überschrift des einzelnen Artikels ansehen, für die ein Titelschutz nicht in Betracht käme. Im Streitfall steht diese Voraussetzung jedoch nicht in Zweifel. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten regelmäßigen Verwendung des Klagezeichens in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ seit 1997 erkennt der Leser, dass es sich bei dem Zeichen um den Titel der Kolumne und nicht nur um die Überschrift des einzelnen Artikels handelt.
22
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , zwischen dem Titel der Klägerin und der angegriffenen Bezeichnung der Beklagten bestehe im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG Verwechslungsgefahr.
23
a) Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch, mwN). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau ). Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der Werknähe und der Ähnlichkeit der Titel (vgl. BGHZ 146, 56, 63 - Tagesschau; BGH GRUR 2002, 1083, 1084 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung , Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 = WRP 2002, 89 - Auto Magazin). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze.
24
b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Titel der Klägerin verfüge über gesteigerte Kennzeichnungskraft, weil seine von Haus aus nur geringe Unterscheidungskraft durch langjährige Benutzung in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und jedenfalls seit dem 29. Oktober 2001 auch im Internet unter der Adresse www.zeit.de gesteigert worden sei. Die jeweiligen Kolumnen als solche seien als Informationsangebote sehr ähnlich, weil in ihnen Fragen des alltäglichen Wissens verschiedener Bereiche beantwortet würden. Nicht sehr ähnlich sei allerdings das mediale Umfeld, in das die Kolumnen eingeordnet seien. Während die Klägerin eine Qualitätszeitung für ein gehobenes Publikum anbiete , sei die Art und Weise der Information auf dem Internetportal der Beklagten eher als boulevardesk bis unterhaltungsorientiert zu bezeichnen. Trotz dieser Unterschiede in der medialen Einbettung seien die gegenüberstehenden Werke aber als ähnlich einzustufen. Angesichts einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des Titels der Klägerin, der Ähnlichkeit der Werkkategorien und der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen sei die Verwechslungsgefahr im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bejahen.
25
c) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Der Titel „Stimmt’s?“ ist im Hinblick auf seine deutlich beschreibenden Anklänge von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftig (s. oben Rn. 20). Die vom Berufungsgericht festgestellte langjährige Benutzung verstärkt zwar die Kennzeichnungskraft. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Benutzung habe im Falle des Klagezeichens zu einer gesteigerten - im Sinne von überdurchschnittlichen - Kennzeichnungskraft geführt. Ein Werktitel, der von Haus aus nur eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, wird in der Regel durch intensive Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangen. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft wäre eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich, die das von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftige Klagezeichen im Zweifel nur aufgrund einer besonders intensiven Benutzung erreichen könnte. Eine derartig intensive Benutzung ist indes nicht festgestellt. Insbesondere ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Titel als Bezeichnung der Kolumne in der Wochenzeitung der Klägerin außerhalb des Kreises ihrer Leser bekannt ist, der jedenfalls nur einen Teil des angesprochenen Verkehrs umfasst. Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann im Hinblick auf die Größe und die unterschiedliche Platzierung der unter dem Klagezeichen erscheinenden Kolumne noch nicht einmal angenommen werden, dass jedem Leser der „ZEIT“ das Klagezeichen als Titel der Kolumne bekannt ist. Es ist auch weder festgestellt noch dargelegt, dass die Klägerin die fragliche Kolumne in der Werbung besonders herausgestellt hat.
27
bb) Auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reichen Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus. Denn die Art der Präsentation und die mediale Einbettung der angegriffenen Bezeichnung können eher gegen die Gefahr einer Verwechslung der beiden in Rede stehenden Titel sprechen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Teil des Verkehrs, dem der Kolum- nentitel „Stimmt’s?“ der Klägerin geläufig ist und dem unter dem gleichen Titel die Rubrik im Internetportal der Beklagten begegnet, wegen der unterschiedlichen medialen Einbettung mit Blick auf den deutlichen Inhaltsbezug des Titels von einer zufälligen Übereinstimmung ausgehen und nicht annehmen wird, die hier wie dort unter diesem Titel erscheinenden Beiträge seien Teil derselben Serie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Revision mit Recht hinweist - die Nutzer eines Internetportals nach der Lebenserfahrung in aller Regel wissen, wessen Informationsangebot sie gerade in Anspruch nehmen (vgl. zur Senderwahl der Fernsehzuschauer BGHZ 147, 56, 66 - Tagesschau; ferner OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 357, 358, insoweit bestätigt von BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die Gefahr, dass die Nutzer des Portals der Beklagten im Hinblick auf den Titel „Stimmt’s“ annehmen, sie befänden sich auf der Inter- netseite der Klägerin, erscheint unter diesen Umständen als eher fernliegend.
28
Dem kann - anders als die Revisionserwiderung unter Berufung auf das landgerichtliche Urteil meint - auch nicht entgegengehalten werden, der Schutz von Rubriktiteln laufe leer, wenn die Verwechslungsgefahr schon deshalb verneint werden könne, weil die beiden mit dem gleichen Titel versehenen Rubriken in Publikationen mit unterschiedlichem Haupttitel erschienen (vgl. hierzu Viefhues/Emsinghoff, AfP 2008, 358, 359 ff.). Tragen beispielsweise zwei Rubriken in zwei ähnlichen Zeitschriften denselben Titel, ist es denkbar, dass der wenig aufmerksame Leser mit Blick auf die Rubrik die eine Zeitschrift für die andere hält (vgl. OLG München, GRUR-RR 2008, 402, 404). Darüber hinaus wird bei besonders kennzeichnungskräftigen Titeln auch ein Teil der Leser, die erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Organe handelt, davon ausgehen , dass es sich um eine Rubrik handelt, die hier wie dort erscheint.
29
cc) Unter diesen Umständen kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
30
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin - etwa unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) oder der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) - kommen nicht in Betracht. Das Berufungsge- richt hat festgestellt, dass der regelmäßig verwendeten Kolumnenüberschrift „Stimmt’s“ keine herkunftshinweisende Kennzeichnungskraft zukommt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht in Frage gestellt.
31
IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst beurteilen, ob Verwechslungsgefahr vorliegt. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann (BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 62 = WRP 2009 1533 - airdsl). Voraussetzung dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - I ZR 123/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ /TISSERAND; Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 - Telekom). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Klagezeichens , Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte unter Berücksichtigung der medialen Einbettung ist bisher durch das Berufungsgericht nicht erfolgt.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.02.2008 - 315 O 549/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.05.2010 - 3 U 58/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 34/98 Verkündet am:
23. November 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 396 33 710.4
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Test it.
Stellt eine Wortmarke eine ohne weiteres erkennbare Aufforderung zum Testkauf
dar, fehlt ihr für bestimmte Warenbereiche (hier: Genußmittel) die zu einer
Eintragung erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1
BGH, Beschl. v. 23. November 2000 - I ZB 34/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 26. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 4. Mai 1998 aufgehoben, soweit die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung bezüglich der Waren "Raucherartikel , soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 2. August 1996 eingereichten Anmeldung die Eintragung der Wortfolge
"Test it."
für die Waren
"Tabak, Tabakerzeugnisse, insbesondere Cigaretten; Raucherartikel , soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer".
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben (BPatGE 40, 13 = BPatG GRUR 1999, 168).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin das Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:
Der angemeldeten Marke stehe ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Übersetzt bedeute die englischsprachige Wortfolge "Teste es!" oder auch "Teste ihn!", "Teste sie!" und "Testen Sie ihn/
sie/es!". Der Verkehr verstehe dies, da die Wortfolge zum einfachsten englischen Grundwortschatz gehöre.
In der deutschen Werbesprache sei die Verwendung englischer Wörter weithin üblich. Die beiden Wörter bildeten die aus sich heraus verständliche Aufforderung an Kaufinteressenten, die mit dieser Bezeichnung versehenen Waren zu testen. Die Aufforderung beinhalte das Versprechen einer zumindest zufriedenstellenden Qualität. Auch ohne unmittelbare Angabe über die Beschaffenheit oder den Wert der Waren bestehe an der auf jedem Waren- und Dienstleistungsgebiet einsetzbaren Bezeichnung ein gewisses Freihaltebedürfnis , das auch nicht durch den nach den zwei Wörtern gesetzten Punkt statt eines Ausrufezeichens ausgeschlossen werde.
Der angemeldeten Wortfolge fehle auch die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. Sie werde ausschließlich als Aufforderung zum Test(kauf) der mit ihr gekennzeichneten Waren verstanden. Sie sei jedenfalls für Tabakerzeugnisse und Raucherartikel nicht geeignet, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen. Daran ändere auch der Punkt am Ende des Zeichens nichts. Soweit dieser überhaupt bewußt wahrgenommen werde, sei den überwiegenden Verkehrskreisen bekannt, daß es sich bei dem Punkt um einen in der englischen Sprache nach Aufforderungen üblichen "Ausrufungspunkt" ("exclamation point") handele, der den Aufforderungscharakter noch unterstreiche. Um so weniger werde die Wortfolge als Hinweis auf die betriebliche Herkunft aufgefaßt.
III. Die Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, soweit das Bundespatentgericht bei den für die Marke angemeldeten Waren "Raucherartikel, soweit in Klasse 34 enthalten;
Streichhölzer" vom Vorliegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG ausgegangen ist. Die weitergehende Rechtsbeschwerde hat dagegen keinen Erfolg.
1. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, der angemeldeten Wortfolge fehle jede Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, ist nicht frei von Rechtsfehlern, soweit die Anmeldung der Marke "Test it." für die Waren "Raucherartikel, soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" erfolgt ist.

a) Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 19.1.1995 - I ZB 20/92, GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; Beschl. v. 15.7.1999 - I ZB 47/96, GRUR 1999, 1093, 1094 = WRP 1999, 1169 - FOR YOU; Beschl. v. 15.7.1999 - I ZB 16/97, GRUR 1999, 1089, 1091 = WRP 1999, 1167 - YES). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, S. 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 64). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen (hier: einer sloganartigen Wortfolge) auszugehen, ohne daß unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind. Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt. Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb auch bei sloganartigen Wortfolgen lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein; solche Umstände können eine Wortfolge zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen. Auch die Mehrdeutigkeit und daher Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage kann nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns, m.w.N.; zur Unterscheidungskraft eines englischsprachigen Werbeslogans vgl. auch BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 21/97, GRUR 2000, 323 = WRP 2000, 300 - Partner with the Best; zu Werbeslogans weiter: BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 2/97, GRUR 2000, 321 = WRP 2000, 298 - Radio von hier; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 8 Rdn. 97a).

Nicht beigetreten werden kann der Annahme des Bundespatentgerichts, wegen eines Interesses der Mitbewerber an der freien Verwendung der angemeldeten Bezeichnung seien keine geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen. Ein derartiges Interesse rechtfertigt es nicht, von erhöhten Anforderungen an die Unterscheidungskraft auszugehen (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO; Beschl. v. 15.6.2000 - I ZB 4/98, GRUR 2001, 161 = WRP 2001, 33 - Buchstabe "K").

b) Die angemeldete Marke "Test it." wird den Anforderungen an die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Waren "Raucherartikel , soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" gerecht. Die Wortfolge ist kurz und prägnant und unterscheidet sich deutlich von einem längeren Werbeslogan. Sie enthält für "Raucherartikel, soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" keine beschreibenden Angaben (vgl. hierzu: BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) und weist keine Nähe zu den Produkten auf, für die die Anmeldung der Marke erfolgt ist.
Dagegen ist die Annahme des Bundespatentgerichts, der Wortfolge "Test it." fehle für die Waren "Tabak, Tabakerzeugnisse, insbesondere Cigaretten" die (konkrete) Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, frei von Rechtsfehlern. Für diese Waren, bei denen es sich im Unterschied zu Raucherartikeln und Streichhölzern um Genußmittel handelt, stellt - wie das Bundespatentgericht mit Recht festgestellt hat - die allgemein verständliche englischsprachige Wortfolge eine ausschließliche Aufforderung zum Testkauf
dar. Für diesen Warenbereich erschöpft sich "Test it." in der Aufforderung, das Genußmittel auszuprobieren.
2. Die Annahme des Bundespatentgerichts, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei gegeben, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, soweit die Anmeldung der Marke "Test it." für die Waren "Raucherartikel , soweit in Klasse 34 enthalten; Streichhölzer" erfolgt ist.
Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen , die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Beschaffenheit, des Wertes oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware dienen können. Die wörtlich aus Art. 3 Abs. 1 lit. c MarkenRL übernommene Regelung gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, wenn aber eine solche Verwendung jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - Rs. C-108 und 109/97, GRUR 1999, 723, 726 Tz. 37 = WRP 1999, 629 - Chiemsee; BGH, Beschl. v. 17.2.2000 - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine bessere Welt, m.w.N.).
Um eine solche Angabe handelt es sich bei der Wortfolge "Test it." für die in Frage stehenden Waren nicht. Diese enthält keine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage, die auf eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Waren Raucherartikel und Streichhölzer selbst Bezug nimmt. Das Bundespatentgericht hat der angemeldeten Wortfolge lediglich eine Aufforderung zum Kauf entnommen. Von einer unmittelbaren Angabe über die Beschaffenheit oder den Wert der Waren ist es nicht ausgegangen.
Soweit das Bundespatentgericht der angemeldeten Wortfolge allgemein das Versprechen einer zumindest zufriedenstellenden Qualität entnommen hat, vermag dies ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu begründen. Denn dem Freihaltebedürfnis unterfallen nur eindeutig beschreibende Angaben (vgl. BGH, Beschl. v. 27.2.1997 - I ZB 2/95, GRUR 1997, 627, 628 = WRP 1997, 739 - à la Carte; Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rdn. 92). An der notwendigen Eindeutigkeit einer beschreibenden Angabe fehlt es bei der Wortfolge "Test it." hinsichtlich der Waren Raucherartikel und Streichhölzer.
IV. Danach war der angefochtene Beschluß unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde teilweise aufzuheben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 181/02 Verkündet am:
13. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Das Telefon-Sparbuch
Ein Sachbuch und eine Broschüre über Telefontarife, die einer Zeitschrift beigefügt
ist, weisen keine hinreichende Werknähe auf, aufgrund deren der Verkehr
auch bei Identität der Titel das eine Werk für das andere halten könnte.
BGH, Urt. v. 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 31. Mai 2002 unter Zurückweisung der Anschlußrevision des Klägers im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12. April 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Autor des 1998 im D. -Verlag erschienenen Buches "Das Telefon Sparbuch". Er nimmt die Beklagte wegen Verletzung seiner Titelschutzrechte auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung in Anspruch.
Die Beklagte ist Verlegerin des bundesweit erscheinenden Nachrichtenmagazins "F. ". Sie fügte den Ausgaben 2/99, 11/99 und 23/99 ihres Magazins jeweils eine auf der Titelseite aufgeklebte, von dort leicht ablösbare Broschüre bei, die Informationen über die aktuellen Telefontarife der verschiedenen Anbieter enthielt. Das mit der Ausgabe 2/99 erschienene Extra-Heft war mit der Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" versehen, die mit den Ausgaben 11/99 und 23/99 vertriebenen Broschüren enthielten auf den Vorderseiten die Bezeichnungen "Das neue Telefon-Sparbuch" und "Das frische Telefon-Sparbuch". Neben diesen Bezeichnungen war auf den Titelseiten der Broschüren jeweils das dem Nachrichtenmagazin entsprechende "F. "-Logo abgebildet. Das der Ausgabe 2/99 beigefügte Extra-Heft konnte auch unabhängig von dem Nachrichtenmagazin gegen Einsendung eines frankierten Rückumschlags von der Beklagten bezogen werden.
Der Kläger hat das Verhalten der Beklagten als rechtswidrige Verletzung seiner Titelschutzrechte nach § 5 Abs. 3 i.V. mit § 15 Abs. 2 MarkenG beanstandet. Der von der Beklagten für ihre Broschüren verwendete Titel "Das TelefonSparbuch" sei mit demjenigen seines Werkes unmittelbar verwechslungsfähig. Hieran änderten auch Zusätze wie "neu" oder "frisch" nichts. Zwischen den unter den verwechslungsfähigen Bezeichnungen herausgegebenen Werken bestünden eindeutige thematische Überschneidungen.

Der Kläger hat beantragt, 1. es der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnungen "Das Telefon-Sparbuch" und/oder "Das neue Telefon-Sparbuch" und/ oder "Das frische Telefon-Sparbuch" für Druckwerke zu benutzen, in denen über das Tarifsystem und die Gebühren der verschiedenen Telefongesellschaften berichtet wird, insbesondere wenn ein solches Druckwerk in abtrennbarer Weise auf der Titelseite des durch die Beklagte verlegten Nachrichtenmagazins "F. " wie nachstehend (verkleinert) wiedergegeben befestigt und vertrieben wird:

2. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu erteilen,
a) in welchem Umfang sie ab 1. Januar 1999 die in Ziffer 1 genannten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe der Menge der hergestellten und/oder ausgelieferten Exemplare, aufgeschlüsselt nach Exemplaren, die gemeinsam mit der Zeitschrift "F. " abgegeben wurden, und solchen, die getrennt abgegeben wurden, weiterhin unter Angabe der Gesamtumsätze , sämtlicher Kostenfaktoren und des Gewinns sowie weiterhin unter Angabe der betriebenen Werbung, einschließlich der Art der Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und –gebiet sowie
b) in welcher Menge ab 1. Januar 1999 Exemplare der Zeitschrift "F. ", in denen keine Druckwerke nach Ziffer 1 der Klageanträge enthalten waren, im Vergleich zu den Exemplaren der Zeitschrift "F. ", in denen Druckwerke nach Ziffer 1 der Klageanträge enthalten waren, hergestellt und/oder ausgeliefert wurden unter Angabe der Gesamtumsätze, sämtlicher Kostenfaktoren und des Gewinns; 3. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, der durch die in Ziffer 1 genannten Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entsteht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation des Klägers bestritten. Etwaige Titelschutzrechte stünden nicht dem Kläger, sondern allenfalls dem D. -Verlag zu. Des weiteren hat die Beklagte geltend gemacht, bei dem Titel "Das Telefon Sparbuch" handele es sich um eine rein beschreibende und damit nicht schutzfähige Angabe. Die angegriffenen Bezeichnungen würden bei den dem "F. " beigegebenen Broschüren nicht titelmäßig benutzt. Auch scheide eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus, da der Verkehr ein Buch und die Broschüre als Beigabe nicht verwechsle. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei wegen der zusätzlichen Verwendung des Zeichens "F. " auf den Extra-Heften ebenfalls nicht gegeben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg AfP 2001, 154). Das Berufungsgericht hat ihr bis auf den Teil des geltend gemachten Auskunftsanspruchs stattgegeben, der die Gesamtumsätze, Kostenfaktoren und den Gewinn sowie die Angabe der betriebenen Werbung einschließlich der Art der Werbeträger, Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und -gebiet betrifft (OLG-Rep Hamburg 2003, 23).
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlußrevision sein Klagebegehren weiter, soweit diesem bislang nicht entsprochen worden ist. Die Beklagte beantragt, die Anschlußrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf Verwendung des Titels "Das Telefon Sparbuch" - einschließlich der in Rede stehenden Abwandlungen - gemäß § 15 Abs. 2 und 4, § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG zustehe. Der Auskunftsanspruch ergebe sich in dem zugesprochenen Umfang aus § 19 Abs. 1 und 2 MarkenG, § 242 BGB. Die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten sei aus § 15 Abs. 5 MarkenG begründet. Dazu hat es ausgeführt:
Der Kläger sei Inhaber der geltend gemachten Titelschutzrechte, da er den Titel seines Buchwerkes selbst "erfunden" habe. Den zu seinen Gunsten entstandenen Titelschutz habe er nicht nachträglich durch die Übertragung der Verlagsrechte seines Buches "Das Telefon Sparbuch" an den D. -Verlag wieder verloren.
Die Beklagte benutze die angegriffenen Bezeichnungen titelmäßig. Dabei bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr mit dem Klagetitel, der schon von Haus aus über mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfüge. Zwischen dem Klagetitel und den angegriffenen Bezeichnungen bestehe Zeichenähnlichkeit. Ebenso sei zwischen dem Werk des Klägers und den Werken der Beklagten eine Produkt- bzw. Branchenähnlichkeit gegeben. Beide Werke befaßten sich konkret mit Aspekten der Kosten für Telekommunikation und sprächen zumindest in Teilbereichen identische Verbrauchergruppen an. Sowohl das Sachbuch des Klägers als auch die von der Beklagten herausgegebenen "Tarif-Heftchen" seien derselben Werkkategorie "Buch" zuzuordnen; denn nicht das Nachrichtenmagazin, sondern die ausdrücklich zur Abtrennung vorgesehe-
nen Broschüren seien mit dem Werk des Klägers zu vergleichen, da diese durch die Klebeverbindung nicht Bestandteil des Nachrichtenmagazins geworden seien. Die Zeitschrift diene nur als bloßes austauschbares Trägermedium. Die Unterschiede im äußeren Erscheinungsbild der Werke stünden der Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr ebenfalls nicht entgegen, da ein Titel ein Sprachwerk in erster Linie in inhaltlicher und nicht in gestalterischer Hinsicht bezeichne. Der Umstand, daß die mit den angegriffenen Bezeichnungen versehenen Werke der Beklagten einen geringeren Umfang als das Werk des Klägers aufwiesen, wirke der Gefahr einer Verwechslung nicht entgegen, weil der Verkehr an den Vertrieb von Auszügen und verkleinerten Sonderausgaben gewöhnt sei. Da es zudem üblich sei, daß Bücher in Kooperation mit namhaften Markenartikelherstellern auf den Markt gebracht würden, führe auch weder der Zusatz der bekannten Marke "F. " noch der gemeinsame Vertrieb mit der Zeitschrift aus der Verwechslungsgefahr heraus.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils. Die Anschlußrevision des Klägers ist dagegen unbegründet.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, daß der Klagetitel "Das Telefon Sparbuch" die für einen Schutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft aufweist.
2. Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, daß der Kläger als alleiniger Autor und Schöpfer des schutzfähigen Titels seines Buches für die geltend gemachten Ansprüche im Fall einer Verletzung seiner Titelschutzrechte aktivlegitimiert ist. Bei Büchern steht grundsätzlich dem Autor des Wer-
kes Titelschutz zu (BGH, Urt. v. 15.6.1988 - I ZR 211/86, GRUR 1990, 218, 220 = WRP 1989, 91 - Verschenktexte). Die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts , daß durch die mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der die Veröffentlichung des D. -Verlags betreuenden Gesellschaft eine Beschränkung der Titelschutzrechte nicht erfolgt sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt insoweit ebenfalls keine Beanstandungen.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte benutze die angegriffenen Bezeichnungen titelmäßig. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, daß der Begriff "Das Telefon -Sparbuch" dem Verkehr schon aufgrund seiner optischen Heraushebung als Titel der aufgeklebten Broschüren entgegentrete. Da die Extra-Hefte zum Abtrennen und zur gesonderten Verwendung gedacht seien, erwarte der Verkehr zudem eine Bezeichnung, die ihre eigenständige Benennung - unabhängig von dem Heft des Nachrichtenmagazins als Trägermedium - ermögliche. Hierfür biete die Beklagte dem Verkehr ausschließlich die griffige und originelle Bezeichnung "Das Telefon-Sparbuch" an. Diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
4. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, zwischen dem Klagetitel des Sachbuches "Das Telefon Sparbuch" und den Broschüren mit den angegriffenen Bezeichnungen "Das (neue/frische) Telefon-Sparbuch" bestehe eine unmittelbare Verwechslungsgefahr i.S. von § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 MarkenG.
Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht:
Auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ähnlichkeit der Werke sowie auf die Id entität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (BGHZ 147, 56, 63 - Tagesschau; BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 171/00, GRUR 2003, 440, 441 = WRP 2003, 644 - Winnetous Rückkehr, m.w.N.).

a) Mit dem Berufungsgericht kann davon ausgegangen werden, daß dem Klagetitel eine von Haus aus gegebene durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukommt.

b) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen - "Das Telefon Sparbuch" auf der einen Seite und "Das (neue/frische) Telefon-Sparbuch" auf der anderen Seite - weisen in einem Fall Identität und in den beiden anderen Fällen eine hohe Ähnlichkeit auf.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die in den angegriffenen Titeln verwendeten Adjektive "neue" und "frische" seien nicht prägend, sondern stellten lediglich verschiedene Ausgaben unterscheidende Zusätze dar. Gleiches gelte für das "F. "-Logo, das zwar die Herkunft bzw. die organisatorische Verbindung offenlege, nicht aber die Bezeichnung des Werkes der Beklagten als solches präge.
Die Revision hält dem entgegen, das auf den Extra-Heften vorhandene Wort-/Bildzeichen "F. " schließe eine Verwechselungsgefahr aus, da es die Zusammengehörigkeit mit dem Nachrichtenmagazin offenlege. Zudem habe das Berufungsgericht verkannt, daß die von der Beklagten vertriebene Broschüre dem potentiellen Leser regelmäßig in körperlicher Verbindung mit dem Nachrichtenmagazin gegenübertrete. Selbst wenn isoliert auf die Tarifheftchen der
Beklagten abgestellt werde, ergebe das optische Erscheinungsbild der einander gegenüberstehenden Druckschriften einen die Verwechslungsgefahr ausschließenden anderen Gesamteindruck. Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg.
bb) Die Frage der Zeichenähnlichkeit ist danach zu bestimmen, welchen Gesamteindruck die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen im Verkehr erwecken (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 - Wheels Magazine; Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 50/97, GRUR 2000, 504, 505 = WRP 2000, 533 - FACTS; Urt. v. 6.6.2002 - I ZR 108/00, GRUR 2002, 1083, 1084 = WRP 2002, 1279 - 1, 2, 3 im Sauseschritt; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl. Rdn. 158). Bei diesem Eindruck, den der Verkehr regelmäßig nicht aufgrund einer gleichzeitigen Betrachtung der beiden Bezeichnungen, sondern aufgrund einer undeutlichen Erinnerung gewinnt, treten in der Regel die übereinstimmenden Merkmale stärker hervor als die Unterschiede (vgl. BGH, Urt. v. 27.9.1990 - I ZR 87/89, GRUR 1991, 153, 154 f. = WRP 1991, 151 - Pizza & Pasta, m.w.N.). Daher begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht den Abweichungen, nämlich der Verwendung der Adjektive "neues" und "frisches" sowie des "F. "-Logos, keine für den Gesamteindruck im Verkehr wesentliche Bedeutung beigemessen und auf die Übereinstimmungen abgehoben hat.
Insoweit hat das Berufungsgericht - zutreffend - festgestellt, daß die Werkbezeichnungen in der Wortfolge "Das Telefon Sparbuch" übereinstimmen. Es hat auch mit Recht angenommen, daß die Adjektive "neue" und "frische" angesichts der übrigen Übereinstimmungen in den Hintergrund treten. Sie geben dem Leser lediglich einen Hinweis auf eine neue überarbeitete Auflage desselben Werkes. Schließlich ist es aus Rechtsgründen auch nicht zu bean-
standen, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der Verkehr sehe in der Abbildung des Wort-/Bildzeichens "F. " auf den Broschüren kein deren Titel mitprägendes Zeichen, sondern einen Hinweis auf deren Herkunft als Beigabe zu dem Nachrichtenmagazin.

c) Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht darin beigetreten werden, daß es sich bei dem Sachbuch des Klägers und den von der Beklagten mit den angegriffenen Titeln herausgegebenen Broschüren um dieselbe Werkkategorie "Buch" handelt mit der Folge, daß Werknähe und damit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen seien. Das Tarifheftchen der Beklagten ist einem Buch nicht gleichzusetzen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheidet daher aus.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dienen Werktitel i.S. des § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich (nur) der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt (vgl. BGH GRUR 2000, 504, 505 - FACTS; GRUR 2002, 1083, 1085 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Es muß demnach für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen, daß der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (so BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau), daß also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der bezeichneten Werke irrt (Kröner in Festschrift Hertin, 2000, S. 565, 591).
Betreffen die zu vergleichenden Titel unterschiedliche Werke, so scheidet die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr mangels Werknähe
regelmäßig aus, wenn der angesprochene Verkehr das eine Werk aufgrund der Unterschiede nicht für das andere hält (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz , 7. Aufl., § 15 Rdn. 125; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 15 Rdn. 128; kritisch: Kröner aaO S. 597 ff.). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen dem Buchtitel "Das Telefon Sparbuch" und den für die Broschüren der Beklagten verwendeten Bezeichnungen sind die konkreten Marktverhältnisse maßgeblich. Insbesondere bleiben Gegenstand, Aufmachung , Erscheinungsweise und Vertriebsform der einander gegenüberstehenden Werke nicht ohne Einfluß auf das Entstehen einer Verwechslungsgefahr zwischen den Werktiteln (vgl. BGH, Urt. v. 30.5.1975 - I ZR 37/74, GRUR 1975, 604, 605 = WRP 1976, 35 - Effecten-Spiegel; Urt. v. 21.6.2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 - Auto Magazin).
bb) Die angegriffenen Bezeichnungen werden nicht für Bücher, sondern für Broschüren benutzt, die jeweils auf einer Zeitschrift aufgeklebt sind. Es besteht daher für den Verkehr trotz der Identität oder Ä hnlichkeit zwischen dem für ein Sachbuch verwendeten Klagetitel und den für eine Beigabe zu einer Zeitschrift benutzten angegriffenen Bezeichnungen keine Gefahr der unmittelbaren Verwechslung.
(1) Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten vertriebenen Broschüren dagegen als "Bücher" angesehen. Es hat angenommen, in beiden Fällen handele es sich um "Schriftstücke" mit einem konkreten, nicht periodisch veränderbaren Inhalt, die in der Wahrnehmung des Verkehrs - trotz der äußerlich unverkennbaren Unterschiede und des unterschiedlichen Anspruchsniveaus - in gleicher Weise als individuell gedruckte Sprachwerke aufgefaßt und im Unterschied zu einer Zeitung/Zeitschrift über ihren konkreten Inhalt identifiziert würden. Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.

(2) Für den Verbraucher ist es nicht ohne Bedeutung, daß die Broschüre der Beklagten einer Zeitschrift beigefügt worden ist. Er betrachtet die Beigabe als Teil der Zeitschrift, auch wenn sie getrennt von dieser aufbewahrt werden kann. Das Tarifheftchen ist der Zeitschrift ähnlich wie eine Werbebroschüre beigefügt worden.
Das Sachbuch des Klägers und die streitige Broschüre stellen nach dem Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers unterschiedliche Werke dar, die denselben Titel tragen können, ohne daß die beiden Werke miteinander verwechselt werden. Es handelt sich in beiden Fällen zwar um Druckwerke. Die einer Zeitschrift zugeordneten Broschüren und das Sachbuch des Klägers werden jedoch wegen des jedenfalls typischerweise unterschiedlichen Verwendungszwecks und der unterschiedlichen Vertriebswege als verschiedene Werke angesehen.
(3) Der Verkehr wird die Broschüre der Beklagten auch nicht für das Buch des Klägers in anderer Werkform halten. Der Verbraucher ist zwar - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - daran gewöhnt, daß ihm das gleiche Werk als gebundene Ausgabe, als Taschenbuch und gegebenenfalls auch als Buchclub-Ausgabe begegnet. Es kann den konkret angegriffenen und im Antrag wiedergegebenen Broschüren jedoch keinerlei Hinweis darauf entnommen werden, daß es sich hierbei um "Auszüge" oder Sonderausgaben des Werkes des Klägers handelt. Anders als bei Filmen, bei denen häufig Romane als Vorlage für eine Verfilmung dienen, hat der Verkehr bei einer Zeitschrift keinen Anhalt dafür, daß die mit ihr verbundenen Broschüren das Sachbuch des Klägers darstellen, zumal auf den Broschüren kein Autor genannt ist.

d) Der Kläger kann die von ihm geltend gemachten Ansprüche auch nicht mit Erfolg auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne stützen. Voraussetzung hierfür ist, daß der Verkehr mit einem Werktitel ausnahmsweise gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (kritisch hierzu: Ingerl/Rohnke aaO, § 15 Rdn. 107). Dies ist von der Rechtsprechung für bekannte Titel regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften oder auch bei (Fernseh-)Filmserien bejaht worden. Denn die Bekanntheit eines solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag können die Schlußfolgerung nahelegen, daß der Titel im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird (vgl. BGHZ 68, 132, 140 ff. - Der 7. Sinn; BGH GRUR 1999, 235, 237 - Wheels Magazine; GRUR 2000, 504, 505 - FACTS; BGH, Urt. v. 12.11.1998 - I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 = WRP 1999, 519 - Max; Urt. v. 29.4.1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 = WRP 1999, 1279 - SZENE). Bei einem Einzelwerk als Druckwerk kann dagegen nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht von einer ausnahmsweise vermittelten Herkunftsvorstellung ausgegangen werden (vgl. BGH GRUR 2002, 1083, 1085 - 1, 2, 3 im Sauseschritt; vgl. auch Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl. Rdn. 143 f.).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelte es sich bei dem Titel "Das Telefon Sparbuch" für das Buch des Klägers bei Erscheinen der Broschüre der Beklagten nicht um einen bekannten Titel. Ihm kommt daher keine über die normale Werktitelfunktion hinausgehende Herkunftsfunktion zu (vgl. BGH GRUR 2002, 1083, 1085 - 1, 2, 3 im Sauseschritt).
III. Auf die Revision der Beklagten war daher das Berufungsurteil - soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist - aufzuheben und das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil wiederherzustellen.

Da dem Kläger bereits dem Grunde nach keine Ansprüche zustehen, bleibt seine auf deren Umfang gerichtete Anschlußrevision ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 211/98 Verkündet am:
1. März 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Tagesschau

a) Werktitel, die von Haus aus mangels hinreichender Unterscheidungskraft
oder wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nicht schutzfähig sind,
können den Schutz der §§ 5, 15 MarkenG in Anspruch nehmen, wenn sie innerhalb
der angesprochenen Kreise durchgesetzt sind.

b) Besteht die Übung, als Titel für eine bestimmte Werkkategorie – hier: Nachrichtensendungen
im Fernsehen – eine nur wenig unterscheidungskräftige Bezeichnung
zu wählen, die über den Charakter der Sendung Auskunft gibt, ist
bei der Bemessung des Schutzumfangs solcher Werktitel oder entsprechender
Marken – mögen sie auch durchgesetzt, bekannt oder sogar berühmt sein –
das schutzwürdige Interesse der Wettbewerber zu berücksichtigen, für ihre
Werke oder Leistungen ebenfalls eine “sprechende” Kennzeichnung zu wählen.
Im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 2 und des § 15 Abs. 2 MarkenG
geschieht dies durch eine sachgerechte Handhabung des Merkmals der
Verwechslungsgefahr sowie durch § 23 Nr. 2 MarkenG; bei bekannten Werktiteln
oder Marken kann ein solches berechtigtes Interesse dazu führen, daß das
Merkmal “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” zu verneinen ist.
BGH, Urt. v. 1. März 2001 – I ZR 211/98 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 16. Juli 1998 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 10. Februar 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist der Norddeutsche Rundfunk. Er produziert für die der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) angeschlossenen Anstalten u.a. die Sendungen “Tagesschau” (erste Sendung 1952, für ARD seit 1954) und “Tagesthemen” (seit 1978). Er ist Inhaber der 1984 als durchgesetzte Zeichen für die Produktion von Fernseh-Nachrichtensendungen eingetragenen Wortmarken “Tagesschau” und “Tagesthemen”.
Die Beklagte veranstaltet das durch Werbung finanzierte Fernsehprogramm “ProSieben”. Sie beabsichtigt, eine Nachrichtensendung “Tagesbild” zu nennen, gegebenenfalls “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder”.
Mit der vorliegenden – 1991 erhobenen – Klage nimmt der Kläger die Beklagte aus den Marken und Werktiteln sowie aus § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Er hat vorgetragen, die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen” genössen eine überragende Bekanntheit. Die Bekanntheit von “Tagesschau” sei überwältigend. Die 20-Uhr-Ausgabe der “Tagesschau” werde regelmäßig von acht bis neun Millionen, die “Tagesthemen” würden von vier bis fünf Millionen Zuschauern gesehen. “Tagesschau” und “Tagesthemen” seien als Titel von Nachrichtensendungen nahezu vollständig durchgesetzt, dem Verkehr also fast durchweg bekannt. Der beabsichtigte Titel “Tagesbild” sei mit “Tagesschau” und “Tagesthemen” verwechselbar. Dabei sei neben der Ä hnlichkeit der Titel und der gattungsmäßigen Identität der damit bezeichneten Leistungsangebote der aufgrund der Bekanntheit weit zu ziehende Schutzbereich zu berücksichtigen. Außerdem lehne sich die Beklagte erkennbar an die “Tagesschau” an, um deren guten Ruf für sich auszunutzen, und knüpfe mit “Tagesbild” assoziativ an “Tagesschau” und “Tagesthemen” an.
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, eine Fernsehnachrichtensendung unter dem Titel “Tagesbild” und/oder “Pro 7-Tagesbild” und/oder “Pro 7-Tagesbilder” anzukündigen und/oder auszustrahlen und/oder in anderer Weise zu verbreiten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und sich darauf berufen, daß die Bezeichnung “Tagesbild” rein beschreibend sei, jedenfalls von ihr rein beschreibend benutzt werde. An den Bestandteilen “Tages-” und “-bild” bestehe außerdem ein überragendes
Freihaltebedürfnis. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei ausgeschlossen, da es dem Verkehr geläufig sei, daß zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunkunternehmen keine Wirtschaftsbeziehungen bestünden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten auf die Berufung des Klägers antragsgemäß verurteilt (OLG Hamburg GRUR 1999, 76 = WRP 1998, 1095).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das Berufungsgericht hat in der beabsichtigten Verwendung der Titel “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” und “Pro 7-Tagesbilder” einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausbeutung des guten Rufs einer berühmten Marke gesehen. Nach dem Sachverständigengutachten, das in dem den Titel “Tagesreport” betreffenden Parallelverfahren eingeholt worden sei, handele es sich bei der Bezeichnung “Tagesschau” um eine Kennzeichnung, die die für den Schutz einer berühmten Marke erforderliche Verkehrsbekanntheit erreicht habe und sogar den höchstmöglichen Schutzumfang beanspruchen könne. Der überragenden Verkehrsgeltung stehe nicht entgegen, daß der Sendetitel “Ta-
gesschau” aus den üblichen Begriffen “Tag” und “Schau” gebildet sei. Die Bezeichnung sei nicht glatt beschreibend, sondern hinreichend originell, um als Name einer Sendung und nicht lediglich als Inhaltsangabe aufgefaßt zu werden. Dem stehe nicht entgegen, daß es sich um eine “sprechende” Kennzeichnung handele. Der weite Schutzumfang der Kennzeichnung “Tagesschau” werde auch nicht durch ein Freihaltebedürfnis eingeschränkt. Dieser Titel stamme nicht aus der Umgangs- oder Fachsprache, sondern sei für die bekannte Nachrichtensendung gebildet worden. Daher bestehe kein Interesse des Verkehrs, die Bezeichnung “Tagesschau” freizuhalten, was auch dadurch belegt werde, daß es außerhalb der ARD sonst keine Sendung gebe, die den Bestandteil “Tages-” aufweise. Die “Tagesschau” genieße schließlich als Nachrichtensendung einen besonders guten Ruf.
Die Beklagte beute den guten Ruf des Titels “Tagesschau” aus, wenn sie ihre Nachrichtensendung “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” nenne. Die Beklagte beabsichtige, diese Bezeichnung nicht als Gattungsbegriff, sondern als eigenwillige Sprachschöpfung zu verwenden, die als Name einer bestimmten Nachrichtensendung verstanden werde. Dabei werde ein erheblicher Teil der Zuschauer unwillkürlich “Tagesbild” mit “Tagesschau” assoziieren. Auch wenn die Bestandteile “-schau” und “-bild” für sich genommen nicht ähnlich seien, sei eine Ä hnlichkeit zwischen “Tagesschau” und “Tagesbild” im maßgeblichen Gesamteindruck aufgrund des gemeinsamen Wortanfangs, des gleichen Wortaufbaus und der weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung der beiden Begriffe gegeben. Die assoziative Nähe werde dadurch gefördert, daß der Kläger mit “Tagesthemen” noch einen weiteren Titel mit hoher Verkehrsbekanntheit und Wertschätzung besitze und sich “Tagesbild” ohne weiteres in diese Reihe einfüge; andere Titel, bei denen ebenfalls “Tages-” am Wortanfang stehe, gebe es sonst nicht.
Die Rechtsprechung, wonach bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln bereits unwesentliche Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen , sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Zum einen sei die hier in Rede stehende Rufausbeutung nach § 1 UWG von der Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne zu unterscheiden. Zum anderen bestünden ähnliche Zeitungstitel jahrzehntelang nebeneinander, so daß sich das Publikum daran gewöhnt habe, auf Unterschiede genauer zu achten. Aufgrund der Verwendung des Titels “Tagesbild” erwarteten dagegen erhebliche Teile des Verkehrs eine Sendung wie die “Tagesschau”, so daß beim Zuschauer eine bewußte oder unbewußte Übertragung von Güte- und Sympathievorstellungen naheliege. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß diese Erwägungen auch bei der Wahl des Titels “Tagesbild” eine Rolle gespielt hätten. Die Beklagte handele daher mit diesem Anhängen an die “Tagesschau” bewußt und gezielt.
II. Für die Beurteilung des Streitfalls sind in erster Linie die Bestimmungen des Markengesetzes maßgeblich.
1. Der Kläger hat seine – 1991 erhobene – Klage einerseits auf §§ 24, 31 WZG und § 16 Abs. 1 UWG und andererseits – unter dem Gesichtspunkt des Schutzes eines berühmten Kennzeichens – auf § 1 UWG gestützt. Soweit ein kennzeichenrechtlicher Schutz in Rede steht, kommen im Streitfall nur die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Markengesetzes zur Anwendung. Denn die Parteien streiten allein über eine für die Zukunft beabsichtigte Verwendung der Bezeichnungen “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” und “Pro 7Tagesbilder” , so daß es nicht um die Weiterbenutzung einer bereits unter altem Recht benutzten Bezeichnung geht (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG).
2. Das Berufungsgericht hat nicht auf die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zurückgegriffen, den vom Kläger beanspruchten Schutz einer be-
rühmten Kennzeichnung vor Rufausbeutung vielmehr ohne weiteres der Bestimmung des § 1 UWG entnommen. Es ist dabei davon ausgegangen, daß auch unter der Geltung des Markengesetzes für den Schutz der bekannten oder berühmten Marke unbeschränkt wettbewerbsrechtliche Ansprüche herangezogen werden könnten.
Dem kann nicht beigetreten werden. Wie der Bundesgerichtshof in der – erst nach Erlaß des Berufungsurteils veröffentlichten – Entscheidung “MAC Dog” (BGHZ 138, 349) betont hat, ergibt sich der Schutz bekannter Kennzeichnungen seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes in erster Linie aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 und § 14 Abs. 2 Nr. 3 sowie aus § 15 Abs. 3 MarkenG152 MarkenG). Der Schutz der bekannten Marke im Markengesetz stellt sich als eine umfassende spezialgesetzliche Regelung dar, mit der der bislang in der Rechtsprechung entwickelte Schutz fixiert und ausgebaut werden sollte. Diese Regelung läßt in ihrem Anwendungsbereich für eine gleichzeitige Anwendung des § 1 UWG oder des § 823 BGB grundsätzlich keinen Raum (BGHZ 138, 349, 351 f. – MAC Dog, m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 995 = WRP 1999, 931 – BIG PACK; Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 – ARD-1; Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 73 = WRP 1999, 1279 – SZENE, zum Verhältnis von § 15 Abs. 3 MarkenG zu § 1 UWG).
Auch im Streitfall kann § 1 UWG für den Schutz der bekannten oder berühmten Klagekennzeichen nur insoweit herangezogen werden, als dem Markengesetz ein solcher Schutz nicht entnommen werden kann. Das Berufungsgericht hätte danach in erster Linie prüfen müssen, ob sich der vom Kläger beanspruchte Schutz aus den markengesetzlichen Bestimmungen, also aus dem Werktitel- oder Markenschutz, ergibt. Einen Rückgriff auf die zum alten Recht entwickelten Grundsätze zum Schutz bekannter oder berühmter Kennzeichnungen aus § 1
UWG hätte es nur in Betracht ziehen dürfen, soweit das Markengesetz den Schutz solcher Kennzeichen nicht abschließend regelt.
3. Die Notwendigkeit, zunächst die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zu prüfen, führt indessen noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Denn die Feststellungen, die das Berufungsgericht zu § 1 UWG getroffen hat, erlauben auch in kennzeichenrechtlicher Hinsicht eine umfassende Prüfung in der Revisionsinstanz.
III. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich nicht aus den Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” herleiten (§§ 5, 15 MarkenG).
1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Unterlassungsanspruch aus § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zu.

a) Allerdings kommt den beiden Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” von Haus aus hinreichende Unterscheidungskraft zu, um als Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG geschützt zu sein.
aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß bei Titeln von Rundfunksendungen keine hohen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1993 – I ZR 113/91, GRUR 1993, 769, 770 = WRP 1993, 755 – Radio Stuttgart; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 5 Rdn. 57). Dies gilt in gesteigertem Maße für die Titel von Nachrichtensendungen. Sie werden im allgemeinen so gewählt, daß dem Titel der Charakter der Sendung ohne weiteres entnommen werden kann. Insofern hat sich der Verkehr hier – ähnlich wie bei Zeitungs - und Zeitschriftentiteln (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 – I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 – Wheels Magazine, m.w.N.; ferner BGH GRUR 2000, 70, 72 – SZENE; Urt. v. 22.9.1999 – I ZR 50/97, GRUR 2000, 504,
505 = WRP 2000, 533 – FACTS) – an Titel gewöhnt, die sich an beschreibende Angaben anlehnen und nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen.
bb) Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, kann dem nicht entgegengehalten werden, daß an den fraglichen Bezeichnungen – hier “Tagesschau” und “Tagesthemen” – ein allgemeines Freihaltebedürfnis bestehe. Da es sich bei dem Titel “Tagesschau” unstreitig um eine – der “Wochenschau” nachempfundene – Neuschöpfung handelt, scheidet hier ein solches Interesse von vornherein aus. Im Hinblick darauf, daß es sich bei beiden Titeln um im Verkehr durchgesetzte Bezeichnungen handelt, kann offenbleiben, ob für den Titel “Tagesthemen” etwas anderes gelten würde. Denn auch für die nach § 5 MarkenG geschützten Kennzeichen gilt, daß das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltebedürfnisses mit Hilfe einer Durchsetzung des Kennzeichens innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise überwunden werden kann (vgl. BGHZ 4, 167, 169 – DUZ; BGH, Urt. v. 15.6.1956 – I ZR 105/54, GRUR 1957, 29, 31 – Der Spiegel; Urt. v. 11.7.1958 – I ZR 187/56, GRUR 1959, 45, 47 – Deutsche Illustrierte; Urt. v. 15.11.1967 – Ib ZR 119/66, GRUR 1968, 259 – NZ; Urt. v. 12.11.1987 – I ZR 19/86, GRUR 1988, 638, 639 – Hauer’s Auto-Zeitung; BGHZ 74, 1, 6 f. – RBB/RBT; Ingerl/Rohnke aaO § 5 Rdn. 28; Fezer, Markenrecht , 2. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 50; Deutsch/Mittas, Titelschutz, Rdn. 91 und 95; Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 2 Rdn. 90 f. und § 6 Rdn. 45 f.). Daß diese Voraussetzungen bei beiden Titeln erfüllt sind, unterliegt im Hinblick auf ihren hohen Bekanntheitsgrad keinem Zweifel.
cc) Schließlich kann die Schutzfähigkeit der Klagetitel auch nicht mit dem Argument verneint werden, es bestehe wegen der Nähe zu beschreibenden Angaben die Gefahr, daß aus den geschützten Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” gegen rein beschreibende oder aus anderen Gründen freizuhaltende
Bezeichnungen vorgegangen werden könne. Denn dieser Gefahr kann bei der Bemessung des Schutzumfangs Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1985 – I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 = WRP 1985, 338 – Gefa/Gewa; Goldmann aaO § 5 Rdn. 71; vgl. zum Markenrecht BGH, Urt. v. 18.6.1998 – I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 240 = WRP 1999, 189 – Tour de Culture; Beschl. v. 18.3.1999 – I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 990 = WRP 1999, 1038 – HOUSE OF BLUES).

b) Es besteht indessen keine Gefahr, daß das Publikum den Titel “Tagesbild” , den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat, mit den Titeln des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen”) verwechselt (§ 15 Abs. 2 MarkenG ). Wird der Bezeichnung “Tagesbild” – sei es im Singular oder im Plural – noch die Senderangabe “Pro 7-” vorangestellt, liegt die Gefahr einer Verwechslung noch ferner.
Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ä hnlichkeit der Werke sowie auf die Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (vgl. zu Unternehmenskennzeichen BGH, Urt. v. 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 = WRP 1997, 1093 – NetCom; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 – Altberliner).
aa) Aufgrund der jahrzehntelangen Benutzung und aufgrund der durch hohe Einschaltquoten belegten Aufmerksamkeit des Verkehrs zeichnen sich die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen”, die der Kläger für seine Nachrichtensendungen verwendet, durch eine starke Kennzeichnungskraft aus. Zwar dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber
des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu geben (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1994 – I ZR 33/92, GRUR 1994, 908, 910 = WRP 1994, 743 – WIR IM SÜDWESTEN; GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, daß der Verkehr mit bekannten Werktiteln häufig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGHZ 102, 88, 91 f. – Apropos Film; 120, 228, 230 – Guldenburg; BGH, Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 = WRP 1999, 519 – Max; GRUR 2000, 504, 505 – FACTS). So verhält es sich im Streitfall: Nach den getroffenen Feststellungen weisen die beiden Titel nicht nur einen überaus hohen Bekanntheitsgrad auf, sondern werden vom Verkehr auch weitgehend – im Falle der “Tagesschau” sogar fast durchweg – zutreffend der ARD zugeordnet.
bb) Die Beklagte beabsichtigt, den Titel “Tagesbild” ebenfalls für eine Nachrichtensendung zu verwenden. Dem Merkmal der Branchennähe bei Unternehmenskennzeichen oder der Ä hnlichkeit der Waren oder Leistungen bei Marken entspricht bei Werktiteln die Ä hnlichkeit der Werkkategorien (vgl. BGHZ 68, 132, 139 f. – Der 7. Sinn; Ingerl/Rohnke aaO § 15 Rdn. 89 ff.; Deutsch/Mittas aaO Rdn. 116 ff. m.w.N.). Im Streitfall steht eine Verwendung der beanstandeten Bezeichnung für dieselbe Werkkategorie in Rede.
cc) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen – “Tagesschau” und “Tagesthemen” auf der einen und “Tagesbild” bzw. “Pro 7-Tagesbild(er)” auf der anderen Seite – weisen nur eine geringe Ä hnlichkeit auf. Zwar stimmt der Bestandteil “Tages-” überein, und die inhaltliche Bedeutung weist hier wie dort auf eine die Nachrichten des Tages zusammenfassende Sendung hin. Die Bezeichnungen unterscheiden sich jedoch in ihrem zweiten, gleichermaßen prägenden Bestandteil (“-schau” und “-themen” auf der einen und “-bild” auf der anderen Seite) deutlich voneinander.
dd) Bei Berücksichtigung dieser den Schutzumfang der in Rede stehenden Werktitel näher bestimmenden Umstände ist die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen.
(1) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß erhebliche Teile des Verkehrs den Titel “Tagesbild” bzw. “Pro 7-Tagesbild(er)” in der Weise mit “Tagesschau” oder “Tagesthemen” verwechseln, daß sie den einen Titel für den anderen halten (unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne). Dabei spielt naturgemäß der – bereits angeführte – geringe Grad der Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Titel eine maßgebliche Rolle. Die Titel weichen in ihrem zweiten Bestandteil voneinander ab. Der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gesamteindruck wird durch diesen zweiten Bestandteil aber gleichermaßen geprägt wie durch den übereinstimmenden Teil (“Tages-”). Auch die Übereinstimmung im Sinngehalt führt nicht zu einer Gefahr der Verwechslung der Titel. Gerade weil die Titel von Nachrichtensendungen im allgemeinen stark beschreibende Anklänge aufweisen, ist eine Übereinstimmung in der inhaltlichen Bedeutung eher die Regel als die Ausnahme. Auch hier ist davon auszugehen, daß der Verkehr – ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (BGH, Urt. v. 6.12.1990 – I ZR 27/89, GRUR 1991, 331, 332 = WRP 1991, 383 – Ä rztliche Allgemeine ; Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 103/90, GRUR 1992, 547, 549 = WRP 1992, 759 – Morgenpost; Urt. v. 10.4.1997 – I ZR 178/94, GRUR 1997, 661, 663 = WRP 1997, 751 – B.Z./Berliner Zeitung) – gewohnt ist, die bestehenden Unterschiede zu beachten. An dieser Vergleichbarkeit mit Zeitungs- und Zeitschriftentiteln vermag auch der vom Berufungsgericht angeführte Umstand nichts zu ändern, daß es bislang keine Nachrichtensendungen gibt, deren Titel Ä hnlichkeit zu den Klagetiteln aufweisen.
(2) Wie bereits ausgeführt, dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine). Den Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” entnimmt der Verkehr dagegen, wie ebenfalls dargelegt, auch einen Hinweis auf die Herkunft, so daß hier – neben der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – auch die Gefahr einer Zuordnung als Teil einer Serie in Betracht zu ziehen ist.
Im Streitfall kann indessen ausgeschlossen werden, daß der Verkehr den Titel “Tagesbild” – bei “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” liegt dies ohnehin fern – dem Kläger oder der ARD als Teil einer Serie von verschiedenen Nachrichtensendungen zuordnet, deren Titel durchweg mit dem Bestandteil “Tages-” beginnen. Maßgeblich hierfür ist, daß der Fernsehzuschauer – wie sich aus der Lebenserfahrung ergibt – im allgemeinen schon wegen der vorgenommenen Senderwahl , aber auch aufgrund der Hinweise auf den jeweils eingeschalteten Sender weiß, zu welcher Sendeanstalt die laufende Sendung gehört. Hinzu kommen die augenfälligen Unterschiede zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen , die es als unwahrscheinlich erscheinen lassen, daß das Publikum die Nachrichtensendung der Beklagten mit dem Titel “Tagesbild” in die Linie von “Tagesschau” und “Tagesthemen” einordnet und dem Kläger oder generell der ARD zuordnet. Isolierte Verwendungen der Titel, die außerhalb dieses Kontextes stattfinden – etwa im persönlichen Gespräch oder in Programmzeitschriften und sonstigen Zeitungsartikeln –, treten demgegenüber in ihrer Bedeutung für eine mögliche Verwechslung zurück.
(3) Eine relevante Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Zwar erscheint es durchaus möglich, daß das Publikum,
wenn es dem Titel “Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbild(er)” zum ersten Mal begegnet , eine gedankliche Verbindung zur “Tagesschau” oder zu den “Tagesthemen” des Klägers herstellt. Eine solche bloße Assoziation reicht indessen im Rahmen des Titelschutzes – ebenso wie im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus (vgl. zum Markenschutz EuGH, Urt. v. 11.11.1997 – Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387, 389 Tz. 18 ff. – Sabèl BV/Puma AG; Urt. v. 22.6.2000 – Rs. C-425/98, GRUR Int. 2000, 899, 901 Tz. 34 = MarkenR 2000, 255 – Marca Moda/Adidas; BGH, Urt. v. 2.7.1998 – I ZR 273/95, GRUR 1999, 155, 157 = WRP 1998, 1006 – DRIBECK’s LIGHT, insoweit nicht in BGHZ 139, 147; BGH, Beschl. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875, 877 = WRP 2000, 1142 – Davidoff). Vielmehr muß die gedankliche Verbindung konkret zu einer Verwechslungsgefahr führen, die auch darin bestehen kann, daß das Publikum aufgrund der vorhandenen Übereinstimmungen eine organisatorische oder wirtschaftliche Verbindung zwischen den Herstellern der beiden Werke annimmt. Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr aufgrund der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” eine solche – etwa lizenzvertragliche – Verbindung annimmt, bestehen im Streitfall nicht.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich auch nicht auf § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG (Schutz bekannter Werktitel) stützen. Verwendet die Beklagte – wie beabsichtigt – die Bezeichnung “Tagesbild”, wird dadurch die Wertschätzung, die die Werktitel des Klägers genießen, nicht in unzulässiger Weise ausgenutzt.

a) Aufgrund der getroffenen Feststellungen besteht kein Zweifel, daß der Kläger für die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen” grundsätzlich den Schutz des § 15 Abs. 3 MarkenG in Anspruch nehmen kann. Der Schutzumfang der Klagekennzeichen bedarf jedoch im Hinblick auf das berechtigte Interesse anderer
Sendeanstalten, für ihre Nachrichtensendungen ebenfalls “sprechende” Titel zu verwenden, einer Begrenzung. Wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit Marken ausgeführt hat, die sich an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe anlehnen, ist einem solchen Interesse durch eine sachgerechte Bestimmung des Schutzumfangs sowie im Rahmen des § 23 Nr. 2 MarkenG Rechnung zu tragen, die es dem Markeninhaber verwehrt, mit Hilfe des Markenschutzes gegen beschreibende Angaben vorzugehen (BGH, Beschl. v. 13.3.1997 – I ZB 4/95, GRUR 1997, 634, 636 = WRP 1997, 758 – Turbo II; GRUR 1999, 238, 240 – Tour de Culture, jeweils m.w.N.). Im Falle bekannter Kennzeichen ist dem beschriebenen Freihaltebedürfnis – hier dem Bedürfnis anderer Sendeunternehmen, abweichende , aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen – im Rahmen des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” Rechnung zu tragen. Dagegen kommt der Bestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG in diesem Zusammenhang keine eigenständige Bedeutung zu, da im Rahmen des § 15 Abs. 3 MarkenG ohnehin eine umfassende Unlauterkeitsprüfung vorzunehmen ist (vgl. zum entsprechenden Verhältnis von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 23 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 1999, 992, 994 – BIG PACK).

b) Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Erwägung in anderem Zusammenhang auseinandergesetzt, ein berechtigtes Interesse der Beklagten jedoch zu Unrecht verneint. Wie bereits dargelegt, entspricht es einer allgemeinen Übung, den Titel von Fernsehnachrichtensendungen so zu wählen, daß er unzweideutig auf den Inhalt der Sendung hinweist. Hierzu zählen neben den hier in Rede stehenden Titeln des Klägers Bezeichnungen, die – wie etwa die Titel “heute”, “heute journal”, “aktuell”, “Aktuelle Stunde”, “News”, “Nachrichten”, “Abendschau” – von Haus aus nur eine geringe oder gar keine Unterscheidungskraft aufweisen. Ohne eine Beschränkung des Schutzumfangs bestünde gerade im Hinblick auf die hohe Bekanntheit, die derartige Titel genießen, die Gefahr, daß es später auf
den Markt getretenen Sendeunternehmen von vornherein versagt wäre, die Titel ihrer Nachrichtensendungen auf ähnliche Weise zu bilden. Sie wären vielmehr auf reine Phantasiebezeichnungen, die kaum Auskunft über den Inhalt der Sendung geben, oder auf glatt beschreibende Angaben (wie z.B. “Nachrichten”) angewiesen , die ihnen schon im Hinblick auf § 23 Nr. 2 MarkenG nicht untersagt werden könnten. Zwar wird sich eine gewisse Benachteiligung der jüngeren Sendeanstalten mit Blick auf die beschränkte Zahl denkbarer Bezeichnungen nicht vermeiden lassen. Diese Benachteiligung ist jedoch dadurch möglichst gering zu halten, daß an die Verwechslungsgefahr strenge Anforderungen gestellt werden und der Schutzumfang bekannter oder berühmter Titel oder Marken entsprechend beschränkt wird.

c) Das Freihaltebedürfnis kann auch nicht mit der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang angestellten Erwägung in Abrede gestellt werden, es gebe keine sonstigen Nachrichtensendungen, deren Titel mit “Tages-” beginne. Denn die Alleinstellung, die der Kläger bislang genießt, ist auch darauf zurückzuführen , daß er über Jahrzehnte hinweg keinem Wettbewerb privater Veranstalter ausgesetzt war und es dementsprechend wenige vergleichbare Sendungen anderer Anbieter gab. Soweit zwischen den vorhandenen Bezeichnungen mit einem überwältigenden Bekanntheitsgrad und den neu gebildeten, durch Verwendung des Bestandteils “-bild” einen klaren Abstand haltenden Titeln eine (geringe) Verwechslungsgefahr bestehen sollte, wäre sie vorübergehender Natur und eine Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für ein duales Rundfunksystem (vgl. OLG Frankfurt WRP 1992, 117, 119; OLG Karlsruhe ZUM 1993, 485, 489).

d) Diese Erwägungen führen dazu, daß ein unlauteres Ausnutzen oder eine unlautere Beeinträchtigung der Wertschätzung der vom Kläger verwendeten Titel zu verneinen ist. Denn die Nähe der sich gegenüberstehenden Zeichen ist
dadurch bedingt, daß es nur eine beschränkte Zahl von Möglichkeiten für eine an beschreibende Angaben anklingende Bezeichnung von Nachrichtensendungen gibt. Sie erlaubt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Schluß auf eine unlautere Rufausbeutung. Auch hier gilt, daß mit der Einführung des dualen Systems die neuen Anbieter an dem von den öffentlich-rechtlichen Unternehmen gesetzten Standard gemessen wurden und positive (oder negative) Assoziationen , die das Publikum mit den herkömmlichen Nachrichtensendungen verband, auf die Angebote der privaten Sendeunternehmen übertragen wurden. Doch auch wenn diese Wirkung bei der hier in Rede stehenden Nähe der Bezeichnungen etwas stärker sein sollte, ist sie wiederum nur vorübergehender Natur und muß im Hinblick auf das berechtigte Interesse der Beklagten hingenommen werden.
IV. Auch soweit der Kläger seine Klage auf die eingetragenen Marken “Tagesschau” und “Tagesthemen” stützt, hat er keinen Erfolg.
1. Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG steht dem Kläger gegenüber der Beklagten nicht zu. Denn es besteht keine Gefahr, daß das Publikum den Titel, den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat (“Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” ), mit den Marken des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen”) verwechselt. Insoweit kann auf die Ausführungen Bezug genommen werden, mit denen eine Verwechslungsgefahr der Werktitel verneint wurde (oben unter III.1.b). Unterschiede , die möglicherweise bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr von Marken (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) auf der einen und v on Werktiteln (§ 15 Abs. 2 MarkenG) auf der anderen Seite zu beachten sind, gewinnen jedenfalls im Streitfall keine Bedeutung.
2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 3 und 5 MarkenG. Dabei kann offenbleiben, ob der Schutz der bekannten Marke aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch gegenüber Zeichen gilt, die – wie vorliegend – für Waren oder Leistungen verwendet werden, die den von der bekannten Marke erfaßten Waren oder Leistungen ähnlich oder mit ihnen identisch sind (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen BGH GRUR 2000, 875, 878 f. – Davidoff).

a) Soweit die Bestimmungen des Markengesetzes auch auf den Schutz der bekannten Marke im Ä hnlichkeitsbereich anzuwenden sind, gilt hier – wie bei den bekannten Werktiteln (dazu oben unter III.2.a) –, daß dem schützenswerten Interesse anderer Anbieter, abweichende, aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen, durch eine Begrenzung des Schutzumfangs der bekannten Marke Rechnung zu tragen ist. Dies kann durch eine sachgerechte Handhabung des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” geschehen. Im Streitfall hat die Beklagte der allgemeinen Übung folgend, mit dem Titel einer Nachrichtensendung auf deren Inhalt hinzuweisen, für ihre Sendung eine einen hinreichenden Abstand haltende Bezeichnung gewählt. Soweit dieser Titel wegen der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” Assoziationen zu den bekannten Marken des Klägers weckt, ist eine sich daraus ergebende Beeinträchtigung hinzunehmen, weil sie nicht als sachlich ungerechtfertigt und unlauter bezeichnet werden kann. Im einzelnen sind hierbei dieselben Erwägungen maßgeblich, die zur Verneinung der auf die bekannten Werktitel gestützten Ansprüche geführt haben (dazu oben unter III.2.b bis d).

b) Käme eine Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG im Ä hnlichkeitsbereich nicht in Betracht, müßte insofern auf § 1 UWG zurückgegriffen werden. Hierbei sind jedoch dieselben Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die bei der
Prüfung von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG dazu geführt haben, daß ein Ausnutzen der Wertschätzung in unlauterer Weise verneint worden ist.
V. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil ist wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 211/98 Verkündet am:
1. März 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Tagesschau

a) Werktitel, die von Haus aus mangels hinreichender Unterscheidungskraft
oder wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses nicht schutzfähig sind,
können den Schutz der §§ 5, 15 MarkenG in Anspruch nehmen, wenn sie innerhalb
der angesprochenen Kreise durchgesetzt sind.

b) Besteht die Übung, als Titel für eine bestimmte Werkkategorie – hier: Nachrichtensendungen
im Fernsehen – eine nur wenig unterscheidungskräftige Bezeichnung
zu wählen, die über den Charakter der Sendung Auskunft gibt, ist
bei der Bemessung des Schutzumfangs solcher Werktitel oder entsprechender
Marken – mögen sie auch durchgesetzt, bekannt oder sogar berühmt sein –
das schutzwürdige Interesse der Wettbewerber zu berücksichtigen, für ihre
Werke oder Leistungen ebenfalls eine “sprechende” Kennzeichnung zu wählen.
Im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 2 und des § 15 Abs. 2 MarkenG
geschieht dies durch eine sachgerechte Handhabung des Merkmals der
Verwechslungsgefahr sowie durch § 23 Nr. 2 MarkenG; bei bekannten Werktiteln
oder Marken kann ein solches berechtigtes Interesse dazu führen, daß das
Merkmal “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” zu verneinen ist.
BGH, Urt. v. 1. März 2001 – I ZR 211/98 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 16. Juli 1998 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 10. Februar 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist der Norddeutsche Rundfunk. Er produziert für die der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) angeschlossenen Anstalten u.a. die Sendungen “Tagesschau” (erste Sendung 1952, für ARD seit 1954) und “Tagesthemen” (seit 1978). Er ist Inhaber der 1984 als durchgesetzte Zeichen für die Produktion von Fernseh-Nachrichtensendungen eingetragenen Wortmarken “Tagesschau” und “Tagesthemen”.
Die Beklagte veranstaltet das durch Werbung finanzierte Fernsehprogramm “ProSieben”. Sie beabsichtigt, eine Nachrichtensendung “Tagesbild” zu nennen, gegebenenfalls “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder”.
Mit der vorliegenden – 1991 erhobenen – Klage nimmt der Kläger die Beklagte aus den Marken und Werktiteln sowie aus § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Er hat vorgetragen, die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen” genössen eine überragende Bekanntheit. Die Bekanntheit von “Tagesschau” sei überwältigend. Die 20-Uhr-Ausgabe der “Tagesschau” werde regelmäßig von acht bis neun Millionen, die “Tagesthemen” würden von vier bis fünf Millionen Zuschauern gesehen. “Tagesschau” und “Tagesthemen” seien als Titel von Nachrichtensendungen nahezu vollständig durchgesetzt, dem Verkehr also fast durchweg bekannt. Der beabsichtigte Titel “Tagesbild” sei mit “Tagesschau” und “Tagesthemen” verwechselbar. Dabei sei neben der Ä hnlichkeit der Titel und der gattungsmäßigen Identität der damit bezeichneten Leistungsangebote der aufgrund der Bekanntheit weit zu ziehende Schutzbereich zu berücksichtigen. Außerdem lehne sich die Beklagte erkennbar an die “Tagesschau” an, um deren guten Ruf für sich auszunutzen, und knüpfe mit “Tagesbild” assoziativ an “Tagesschau” und “Tagesthemen” an.
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, eine Fernsehnachrichtensendung unter dem Titel “Tagesbild” und/oder “Pro 7-Tagesbild” und/oder “Pro 7-Tagesbilder” anzukündigen und/oder auszustrahlen und/oder in anderer Weise zu verbreiten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und sich darauf berufen, daß die Bezeichnung “Tagesbild” rein beschreibend sei, jedenfalls von ihr rein beschreibend benutzt werde. An den Bestandteilen “Tages-” und “-bild” bestehe außerdem ein überragendes
Freihaltebedürfnis. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei ausgeschlossen, da es dem Verkehr geläufig sei, daß zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunkunternehmen keine Wirtschaftsbeziehungen bestünden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten auf die Berufung des Klägers antragsgemäß verurteilt (OLG Hamburg GRUR 1999, 76 = WRP 1998, 1095).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das Berufungsgericht hat in der beabsichtigten Verwendung der Titel “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” und “Pro 7-Tagesbilder” einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausbeutung des guten Rufs einer berühmten Marke gesehen. Nach dem Sachverständigengutachten, das in dem den Titel “Tagesreport” betreffenden Parallelverfahren eingeholt worden sei, handele es sich bei der Bezeichnung “Tagesschau” um eine Kennzeichnung, die die für den Schutz einer berühmten Marke erforderliche Verkehrsbekanntheit erreicht habe und sogar den höchstmöglichen Schutzumfang beanspruchen könne. Der überragenden Verkehrsgeltung stehe nicht entgegen, daß der Sendetitel “Ta-
gesschau” aus den üblichen Begriffen “Tag” und “Schau” gebildet sei. Die Bezeichnung sei nicht glatt beschreibend, sondern hinreichend originell, um als Name einer Sendung und nicht lediglich als Inhaltsangabe aufgefaßt zu werden. Dem stehe nicht entgegen, daß es sich um eine “sprechende” Kennzeichnung handele. Der weite Schutzumfang der Kennzeichnung “Tagesschau” werde auch nicht durch ein Freihaltebedürfnis eingeschränkt. Dieser Titel stamme nicht aus der Umgangs- oder Fachsprache, sondern sei für die bekannte Nachrichtensendung gebildet worden. Daher bestehe kein Interesse des Verkehrs, die Bezeichnung “Tagesschau” freizuhalten, was auch dadurch belegt werde, daß es außerhalb der ARD sonst keine Sendung gebe, die den Bestandteil “Tages-” aufweise. Die “Tagesschau” genieße schließlich als Nachrichtensendung einen besonders guten Ruf.
Die Beklagte beute den guten Ruf des Titels “Tagesschau” aus, wenn sie ihre Nachrichtensendung “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” nenne. Die Beklagte beabsichtige, diese Bezeichnung nicht als Gattungsbegriff, sondern als eigenwillige Sprachschöpfung zu verwenden, die als Name einer bestimmten Nachrichtensendung verstanden werde. Dabei werde ein erheblicher Teil der Zuschauer unwillkürlich “Tagesbild” mit “Tagesschau” assoziieren. Auch wenn die Bestandteile “-schau” und “-bild” für sich genommen nicht ähnlich seien, sei eine Ä hnlichkeit zwischen “Tagesschau” und “Tagesbild” im maßgeblichen Gesamteindruck aufgrund des gemeinsamen Wortanfangs, des gleichen Wortaufbaus und der weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung der beiden Begriffe gegeben. Die assoziative Nähe werde dadurch gefördert, daß der Kläger mit “Tagesthemen” noch einen weiteren Titel mit hoher Verkehrsbekanntheit und Wertschätzung besitze und sich “Tagesbild” ohne weiteres in diese Reihe einfüge; andere Titel, bei denen ebenfalls “Tages-” am Wortanfang stehe, gebe es sonst nicht.
Die Rechtsprechung, wonach bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln bereits unwesentliche Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen , sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Zum einen sei die hier in Rede stehende Rufausbeutung nach § 1 UWG von der Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne zu unterscheiden. Zum anderen bestünden ähnliche Zeitungstitel jahrzehntelang nebeneinander, so daß sich das Publikum daran gewöhnt habe, auf Unterschiede genauer zu achten. Aufgrund der Verwendung des Titels “Tagesbild” erwarteten dagegen erhebliche Teile des Verkehrs eine Sendung wie die “Tagesschau”, so daß beim Zuschauer eine bewußte oder unbewußte Übertragung von Güte- und Sympathievorstellungen naheliege. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß diese Erwägungen auch bei der Wahl des Titels “Tagesbild” eine Rolle gespielt hätten. Die Beklagte handele daher mit diesem Anhängen an die “Tagesschau” bewußt und gezielt.
II. Für die Beurteilung des Streitfalls sind in erster Linie die Bestimmungen des Markengesetzes maßgeblich.
1. Der Kläger hat seine – 1991 erhobene – Klage einerseits auf §§ 24, 31 WZG und § 16 Abs. 1 UWG und andererseits – unter dem Gesichtspunkt des Schutzes eines berühmten Kennzeichens – auf § 1 UWG gestützt. Soweit ein kennzeichenrechtlicher Schutz in Rede steht, kommen im Streitfall nur die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Markengesetzes zur Anwendung. Denn die Parteien streiten allein über eine für die Zukunft beabsichtigte Verwendung der Bezeichnungen “Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” und “Pro 7Tagesbilder” , so daß es nicht um die Weiterbenutzung einer bereits unter altem Recht benutzten Bezeichnung geht (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG).
2. Das Berufungsgericht hat nicht auf die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zurückgegriffen, den vom Kläger beanspruchten Schutz einer be-
rühmten Kennzeichnung vor Rufausbeutung vielmehr ohne weiteres der Bestimmung des § 1 UWG entnommen. Es ist dabei davon ausgegangen, daß auch unter der Geltung des Markengesetzes für den Schutz der bekannten oder berühmten Marke unbeschränkt wettbewerbsrechtliche Ansprüche herangezogen werden könnten.
Dem kann nicht beigetreten werden. Wie der Bundesgerichtshof in der – erst nach Erlaß des Berufungsurteils veröffentlichten – Entscheidung “MAC Dog” (BGHZ 138, 349) betont hat, ergibt sich der Schutz bekannter Kennzeichnungen seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes in erster Linie aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 und § 14 Abs. 2 Nr. 3 sowie aus § 15 Abs. 3 MarkenG152 MarkenG). Der Schutz der bekannten Marke im Markengesetz stellt sich als eine umfassende spezialgesetzliche Regelung dar, mit der der bislang in der Rechtsprechung entwickelte Schutz fixiert und ausgebaut werden sollte. Diese Regelung läßt in ihrem Anwendungsbereich für eine gleichzeitige Anwendung des § 1 UWG oder des § 823 BGB grundsätzlich keinen Raum (BGHZ 138, 349, 351 f. – MAC Dog, m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 995 = WRP 1999, 931 – BIG PACK; Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 – ARD-1; Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 73 = WRP 1999, 1279 – SZENE, zum Verhältnis von § 15 Abs. 3 MarkenG zu § 1 UWG).
Auch im Streitfall kann § 1 UWG für den Schutz der bekannten oder berühmten Klagekennzeichen nur insoweit herangezogen werden, als dem Markengesetz ein solcher Schutz nicht entnommen werden kann. Das Berufungsgericht hätte danach in erster Linie prüfen müssen, ob sich der vom Kläger beanspruchte Schutz aus den markengesetzlichen Bestimmungen, also aus dem Werktitel- oder Markenschutz, ergibt. Einen Rückgriff auf die zum alten Recht entwickelten Grundsätze zum Schutz bekannter oder berühmter Kennzeichnungen aus § 1
UWG hätte es nur in Betracht ziehen dürfen, soweit das Markengesetz den Schutz solcher Kennzeichen nicht abschließend regelt.
3. Die Notwendigkeit, zunächst die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zu prüfen, führt indessen noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Denn die Feststellungen, die das Berufungsgericht zu § 1 UWG getroffen hat, erlauben auch in kennzeichenrechtlicher Hinsicht eine umfassende Prüfung in der Revisionsinstanz.
III. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich nicht aus den Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” herleiten (§§ 5, 15 MarkenG).
1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Unterlassungsanspruch aus § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zu.

a) Allerdings kommt den beiden Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” von Haus aus hinreichende Unterscheidungskraft zu, um als Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG geschützt zu sein.
aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß bei Titeln von Rundfunksendungen keine hohen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1993 – I ZR 113/91, GRUR 1993, 769, 770 = WRP 1993, 755 – Radio Stuttgart; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 5 Rdn. 57). Dies gilt in gesteigertem Maße für die Titel von Nachrichtensendungen. Sie werden im allgemeinen so gewählt, daß dem Titel der Charakter der Sendung ohne weiteres entnommen werden kann. Insofern hat sich der Verkehr hier – ähnlich wie bei Zeitungs - und Zeitschriftentiteln (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 – I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 – Wheels Magazine, m.w.N.; ferner BGH GRUR 2000, 70, 72 – SZENE; Urt. v. 22.9.1999 – I ZR 50/97, GRUR 2000, 504,
505 = WRP 2000, 533 – FACTS) – an Titel gewöhnt, die sich an beschreibende Angaben anlehnen und nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen.
bb) Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, kann dem nicht entgegengehalten werden, daß an den fraglichen Bezeichnungen – hier “Tagesschau” und “Tagesthemen” – ein allgemeines Freihaltebedürfnis bestehe. Da es sich bei dem Titel “Tagesschau” unstreitig um eine – der “Wochenschau” nachempfundene – Neuschöpfung handelt, scheidet hier ein solches Interesse von vornherein aus. Im Hinblick darauf, daß es sich bei beiden Titeln um im Verkehr durchgesetzte Bezeichnungen handelt, kann offenbleiben, ob für den Titel “Tagesthemen” etwas anderes gelten würde. Denn auch für die nach § 5 MarkenG geschützten Kennzeichen gilt, daß das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltebedürfnisses mit Hilfe einer Durchsetzung des Kennzeichens innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise überwunden werden kann (vgl. BGHZ 4, 167, 169 – DUZ; BGH, Urt. v. 15.6.1956 – I ZR 105/54, GRUR 1957, 29, 31 – Der Spiegel; Urt. v. 11.7.1958 – I ZR 187/56, GRUR 1959, 45, 47 – Deutsche Illustrierte; Urt. v. 15.11.1967 – Ib ZR 119/66, GRUR 1968, 259 – NZ; Urt. v. 12.11.1987 – I ZR 19/86, GRUR 1988, 638, 639 – Hauer’s Auto-Zeitung; BGHZ 74, 1, 6 f. – RBB/RBT; Ingerl/Rohnke aaO § 5 Rdn. 28; Fezer, Markenrecht , 2. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 50; Deutsch/Mittas, Titelschutz, Rdn. 91 und 95; Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 2 Rdn. 90 f. und § 6 Rdn. 45 f.). Daß diese Voraussetzungen bei beiden Titeln erfüllt sind, unterliegt im Hinblick auf ihren hohen Bekanntheitsgrad keinem Zweifel.
cc) Schließlich kann die Schutzfähigkeit der Klagetitel auch nicht mit dem Argument verneint werden, es bestehe wegen der Nähe zu beschreibenden Angaben die Gefahr, daß aus den geschützten Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” gegen rein beschreibende oder aus anderen Gründen freizuhaltende
Bezeichnungen vorgegangen werden könne. Denn dieser Gefahr kann bei der Bemessung des Schutzumfangs Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1985 – I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 = WRP 1985, 338 – Gefa/Gewa; Goldmann aaO § 5 Rdn. 71; vgl. zum Markenrecht BGH, Urt. v. 18.6.1998 – I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 240 = WRP 1999, 189 – Tour de Culture; Beschl. v. 18.3.1999 – I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 990 = WRP 1999, 1038 – HOUSE OF BLUES).

b) Es besteht indessen keine Gefahr, daß das Publikum den Titel “Tagesbild” , den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat, mit den Titeln des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen”) verwechselt (§ 15 Abs. 2 MarkenG ). Wird der Bezeichnung “Tagesbild” – sei es im Singular oder im Plural – noch die Senderangabe “Pro 7-” vorangestellt, liegt die Gefahr einer Verwechslung noch ferner.
Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ä hnlichkeit der Werke sowie auf die Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (vgl. zu Unternehmenskennzeichen BGH, Urt. v. 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 = WRP 1997, 1093 – NetCom; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 – Altberliner).
aa) Aufgrund der jahrzehntelangen Benutzung und aufgrund der durch hohe Einschaltquoten belegten Aufmerksamkeit des Verkehrs zeichnen sich die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen”, die der Kläger für seine Nachrichtensendungen verwendet, durch eine starke Kennzeichnungskraft aus. Zwar dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber
des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu geben (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1994 – I ZR 33/92, GRUR 1994, 908, 910 = WRP 1994, 743 – WIR IM SÜDWESTEN; GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, daß der Verkehr mit bekannten Werktiteln häufig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGHZ 102, 88, 91 f. – Apropos Film; 120, 228, 230 – Guldenburg; BGH, Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 = WRP 1999, 519 – Max; GRUR 2000, 504, 505 – FACTS). So verhält es sich im Streitfall: Nach den getroffenen Feststellungen weisen die beiden Titel nicht nur einen überaus hohen Bekanntheitsgrad auf, sondern werden vom Verkehr auch weitgehend – im Falle der “Tagesschau” sogar fast durchweg – zutreffend der ARD zugeordnet.
bb) Die Beklagte beabsichtigt, den Titel “Tagesbild” ebenfalls für eine Nachrichtensendung zu verwenden. Dem Merkmal der Branchennähe bei Unternehmenskennzeichen oder der Ä hnlichkeit der Waren oder Leistungen bei Marken entspricht bei Werktiteln die Ä hnlichkeit der Werkkategorien (vgl. BGHZ 68, 132, 139 f. – Der 7. Sinn; Ingerl/Rohnke aaO § 15 Rdn. 89 ff.; Deutsch/Mittas aaO Rdn. 116 ff. m.w.N.). Im Streitfall steht eine Verwendung der beanstandeten Bezeichnung für dieselbe Werkkategorie in Rede.
cc) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen – “Tagesschau” und “Tagesthemen” auf der einen und “Tagesbild” bzw. “Pro 7-Tagesbild(er)” auf der anderen Seite – weisen nur eine geringe Ä hnlichkeit auf. Zwar stimmt der Bestandteil “Tages-” überein, und die inhaltliche Bedeutung weist hier wie dort auf eine die Nachrichten des Tages zusammenfassende Sendung hin. Die Bezeichnungen unterscheiden sich jedoch in ihrem zweiten, gleichermaßen prägenden Bestandteil (“-schau” und “-themen” auf der einen und “-bild” auf der anderen Seite) deutlich voneinander.
dd) Bei Berücksichtigung dieser den Schutzumfang der in Rede stehenden Werktitel näher bestimmenden Umstände ist die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen.
(1) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß erhebliche Teile des Verkehrs den Titel “Tagesbild” bzw. “Pro 7-Tagesbild(er)” in der Weise mit “Tagesschau” oder “Tagesthemen” verwechseln, daß sie den einen Titel für den anderen halten (unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne). Dabei spielt naturgemäß der – bereits angeführte – geringe Grad der Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Titel eine maßgebliche Rolle. Die Titel weichen in ihrem zweiten Bestandteil voneinander ab. Der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gesamteindruck wird durch diesen zweiten Bestandteil aber gleichermaßen geprägt wie durch den übereinstimmenden Teil (“Tages-”). Auch die Übereinstimmung im Sinngehalt führt nicht zu einer Gefahr der Verwechslung der Titel. Gerade weil die Titel von Nachrichtensendungen im allgemeinen stark beschreibende Anklänge aufweisen, ist eine Übereinstimmung in der inhaltlichen Bedeutung eher die Regel als die Ausnahme. Auch hier ist davon auszugehen, daß der Verkehr – ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (BGH, Urt. v. 6.12.1990 – I ZR 27/89, GRUR 1991, 331, 332 = WRP 1991, 383 – Ä rztliche Allgemeine ; Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 103/90, GRUR 1992, 547, 549 = WRP 1992, 759 – Morgenpost; Urt. v. 10.4.1997 – I ZR 178/94, GRUR 1997, 661, 663 = WRP 1997, 751 – B.Z./Berliner Zeitung) – gewohnt ist, die bestehenden Unterschiede zu beachten. An dieser Vergleichbarkeit mit Zeitungs- und Zeitschriftentiteln vermag auch der vom Berufungsgericht angeführte Umstand nichts zu ändern, daß es bislang keine Nachrichtensendungen gibt, deren Titel Ä hnlichkeit zu den Klagetiteln aufweisen.
(2) Wie bereits ausgeführt, dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine). Den Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” entnimmt der Verkehr dagegen, wie ebenfalls dargelegt, auch einen Hinweis auf die Herkunft, so daß hier – neben der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – auch die Gefahr einer Zuordnung als Teil einer Serie in Betracht zu ziehen ist.
Im Streitfall kann indessen ausgeschlossen werden, daß der Verkehr den Titel “Tagesbild” – bei “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” liegt dies ohnehin fern – dem Kläger oder der ARD als Teil einer Serie von verschiedenen Nachrichtensendungen zuordnet, deren Titel durchweg mit dem Bestandteil “Tages-” beginnen. Maßgeblich hierfür ist, daß der Fernsehzuschauer – wie sich aus der Lebenserfahrung ergibt – im allgemeinen schon wegen der vorgenommenen Senderwahl , aber auch aufgrund der Hinweise auf den jeweils eingeschalteten Sender weiß, zu welcher Sendeanstalt die laufende Sendung gehört. Hinzu kommen die augenfälligen Unterschiede zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen , die es als unwahrscheinlich erscheinen lassen, daß das Publikum die Nachrichtensendung der Beklagten mit dem Titel “Tagesbild” in die Linie von “Tagesschau” und “Tagesthemen” einordnet und dem Kläger oder generell der ARD zuordnet. Isolierte Verwendungen der Titel, die außerhalb dieses Kontextes stattfinden – etwa im persönlichen Gespräch oder in Programmzeitschriften und sonstigen Zeitungsartikeln –, treten demgegenüber in ihrer Bedeutung für eine mögliche Verwechslung zurück.
(3) Eine relevante Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Zwar erscheint es durchaus möglich, daß das Publikum,
wenn es dem Titel “Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbild(er)” zum ersten Mal begegnet , eine gedankliche Verbindung zur “Tagesschau” oder zu den “Tagesthemen” des Klägers herstellt. Eine solche bloße Assoziation reicht indessen im Rahmen des Titelschutzes – ebenso wie im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus (vgl. zum Markenschutz EuGH, Urt. v. 11.11.1997 – Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387, 389 Tz. 18 ff. – Sabèl BV/Puma AG; Urt. v. 22.6.2000 – Rs. C-425/98, GRUR Int. 2000, 899, 901 Tz. 34 = MarkenR 2000, 255 – Marca Moda/Adidas; BGH, Urt. v. 2.7.1998 – I ZR 273/95, GRUR 1999, 155, 157 = WRP 1998, 1006 – DRIBECK’s LIGHT, insoweit nicht in BGHZ 139, 147; BGH, Beschl. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875, 877 = WRP 2000, 1142 – Davidoff). Vielmehr muß die gedankliche Verbindung konkret zu einer Verwechslungsgefahr führen, die auch darin bestehen kann, daß das Publikum aufgrund der vorhandenen Übereinstimmungen eine organisatorische oder wirtschaftliche Verbindung zwischen den Herstellern der beiden Werke annimmt. Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr aufgrund der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” eine solche – etwa lizenzvertragliche – Verbindung annimmt, bestehen im Streitfall nicht.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich auch nicht auf § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG (Schutz bekannter Werktitel) stützen. Verwendet die Beklagte – wie beabsichtigt – die Bezeichnung “Tagesbild”, wird dadurch die Wertschätzung, die die Werktitel des Klägers genießen, nicht in unzulässiger Weise ausgenutzt.

a) Aufgrund der getroffenen Feststellungen besteht kein Zweifel, daß der Kläger für die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen” grundsätzlich den Schutz des § 15 Abs. 3 MarkenG in Anspruch nehmen kann. Der Schutzumfang der Klagekennzeichen bedarf jedoch im Hinblick auf das berechtigte Interesse anderer
Sendeanstalten, für ihre Nachrichtensendungen ebenfalls “sprechende” Titel zu verwenden, einer Begrenzung. Wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit Marken ausgeführt hat, die sich an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe anlehnen, ist einem solchen Interesse durch eine sachgerechte Bestimmung des Schutzumfangs sowie im Rahmen des § 23 Nr. 2 MarkenG Rechnung zu tragen, die es dem Markeninhaber verwehrt, mit Hilfe des Markenschutzes gegen beschreibende Angaben vorzugehen (BGH, Beschl. v. 13.3.1997 – I ZB 4/95, GRUR 1997, 634, 636 = WRP 1997, 758 – Turbo II; GRUR 1999, 238, 240 – Tour de Culture, jeweils m.w.N.). Im Falle bekannter Kennzeichen ist dem beschriebenen Freihaltebedürfnis – hier dem Bedürfnis anderer Sendeunternehmen, abweichende , aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen – im Rahmen des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” Rechnung zu tragen. Dagegen kommt der Bestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG in diesem Zusammenhang keine eigenständige Bedeutung zu, da im Rahmen des § 15 Abs. 3 MarkenG ohnehin eine umfassende Unlauterkeitsprüfung vorzunehmen ist (vgl. zum entsprechenden Verhältnis von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 23 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 1999, 992, 994 – BIG PACK).

b) Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Erwägung in anderem Zusammenhang auseinandergesetzt, ein berechtigtes Interesse der Beklagten jedoch zu Unrecht verneint. Wie bereits dargelegt, entspricht es einer allgemeinen Übung, den Titel von Fernsehnachrichtensendungen so zu wählen, daß er unzweideutig auf den Inhalt der Sendung hinweist. Hierzu zählen neben den hier in Rede stehenden Titeln des Klägers Bezeichnungen, die – wie etwa die Titel “heute”, “heute journal”, “aktuell”, “Aktuelle Stunde”, “News”, “Nachrichten”, “Abendschau” – von Haus aus nur eine geringe oder gar keine Unterscheidungskraft aufweisen. Ohne eine Beschränkung des Schutzumfangs bestünde gerade im Hinblick auf die hohe Bekanntheit, die derartige Titel genießen, die Gefahr, daß es später auf
den Markt getretenen Sendeunternehmen von vornherein versagt wäre, die Titel ihrer Nachrichtensendungen auf ähnliche Weise zu bilden. Sie wären vielmehr auf reine Phantasiebezeichnungen, die kaum Auskunft über den Inhalt der Sendung geben, oder auf glatt beschreibende Angaben (wie z.B. “Nachrichten”) angewiesen , die ihnen schon im Hinblick auf § 23 Nr. 2 MarkenG nicht untersagt werden könnten. Zwar wird sich eine gewisse Benachteiligung der jüngeren Sendeanstalten mit Blick auf die beschränkte Zahl denkbarer Bezeichnungen nicht vermeiden lassen. Diese Benachteiligung ist jedoch dadurch möglichst gering zu halten, daß an die Verwechslungsgefahr strenge Anforderungen gestellt werden und der Schutzumfang bekannter oder berühmter Titel oder Marken entsprechend beschränkt wird.

c) Das Freihaltebedürfnis kann auch nicht mit der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang angestellten Erwägung in Abrede gestellt werden, es gebe keine sonstigen Nachrichtensendungen, deren Titel mit “Tages-” beginne. Denn die Alleinstellung, die der Kläger bislang genießt, ist auch darauf zurückzuführen , daß er über Jahrzehnte hinweg keinem Wettbewerb privater Veranstalter ausgesetzt war und es dementsprechend wenige vergleichbare Sendungen anderer Anbieter gab. Soweit zwischen den vorhandenen Bezeichnungen mit einem überwältigenden Bekanntheitsgrad und den neu gebildeten, durch Verwendung des Bestandteils “-bild” einen klaren Abstand haltenden Titeln eine (geringe) Verwechslungsgefahr bestehen sollte, wäre sie vorübergehender Natur und eine Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für ein duales Rundfunksystem (vgl. OLG Frankfurt WRP 1992, 117, 119; OLG Karlsruhe ZUM 1993, 485, 489).

d) Diese Erwägungen führen dazu, daß ein unlauteres Ausnutzen oder eine unlautere Beeinträchtigung der Wertschätzung der vom Kläger verwendeten Titel zu verneinen ist. Denn die Nähe der sich gegenüberstehenden Zeichen ist
dadurch bedingt, daß es nur eine beschränkte Zahl von Möglichkeiten für eine an beschreibende Angaben anklingende Bezeichnung von Nachrichtensendungen gibt. Sie erlaubt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Schluß auf eine unlautere Rufausbeutung. Auch hier gilt, daß mit der Einführung des dualen Systems die neuen Anbieter an dem von den öffentlich-rechtlichen Unternehmen gesetzten Standard gemessen wurden und positive (oder negative) Assoziationen , die das Publikum mit den herkömmlichen Nachrichtensendungen verband, auf die Angebote der privaten Sendeunternehmen übertragen wurden. Doch auch wenn diese Wirkung bei der hier in Rede stehenden Nähe der Bezeichnungen etwas stärker sein sollte, ist sie wiederum nur vorübergehender Natur und muß im Hinblick auf das berechtigte Interesse der Beklagten hingenommen werden.
IV. Auch soweit der Kläger seine Klage auf die eingetragenen Marken “Tagesschau” und “Tagesthemen” stützt, hat er keinen Erfolg.
1. Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG steht dem Kläger gegenüber der Beklagten nicht zu. Denn es besteht keine Gefahr, daß das Publikum den Titel, den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat (“Tagesbild”, “Pro 7-Tagesbild” oder “Pro 7-Tagesbilder” ), mit den Marken des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen”) verwechselt. Insoweit kann auf die Ausführungen Bezug genommen werden, mit denen eine Verwechslungsgefahr der Werktitel verneint wurde (oben unter III.1.b). Unterschiede , die möglicherweise bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr von Marken (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) auf der einen und v on Werktiteln (§ 15 Abs. 2 MarkenG) auf der anderen Seite zu beachten sind, gewinnen jedenfalls im Streitfall keine Bedeutung.
2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 3 und 5 MarkenG. Dabei kann offenbleiben, ob der Schutz der bekannten Marke aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch gegenüber Zeichen gilt, die – wie vorliegend – für Waren oder Leistungen verwendet werden, die den von der bekannten Marke erfaßten Waren oder Leistungen ähnlich oder mit ihnen identisch sind (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen BGH GRUR 2000, 875, 878 f. – Davidoff).

a) Soweit die Bestimmungen des Markengesetzes auch auf den Schutz der bekannten Marke im Ä hnlichkeitsbereich anzuwenden sind, gilt hier – wie bei den bekannten Werktiteln (dazu oben unter III.2.a) –, daß dem schützenswerten Interesse anderer Anbieter, abweichende, aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen, durch eine Begrenzung des Schutzumfangs der bekannten Marke Rechnung zu tragen ist. Dies kann durch eine sachgerechte Handhabung des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” geschehen. Im Streitfall hat die Beklagte der allgemeinen Übung folgend, mit dem Titel einer Nachrichtensendung auf deren Inhalt hinzuweisen, für ihre Sendung eine einen hinreichenden Abstand haltende Bezeichnung gewählt. Soweit dieser Titel wegen der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” Assoziationen zu den bekannten Marken des Klägers weckt, ist eine sich daraus ergebende Beeinträchtigung hinzunehmen, weil sie nicht als sachlich ungerechtfertigt und unlauter bezeichnet werden kann. Im einzelnen sind hierbei dieselben Erwägungen maßgeblich, die zur Verneinung der auf die bekannten Werktitel gestützten Ansprüche geführt haben (dazu oben unter III.2.b bis d).

b) Käme eine Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG im Ä hnlichkeitsbereich nicht in Betracht, müßte insofern auf § 1 UWG zurückgegriffen werden. Hierbei sind jedoch dieselben Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die bei der
Prüfung von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG dazu geführt haben, daß ein Ausnutzen der Wertschätzung in unlauterer Weise verneint worden ist.
V. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Das die Klage abweisende landgerichtliche Urteil ist wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 205/98 Verkündet am:
1. März 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Tagesreport
In einer Titelschutzanzeige liegt noch keine Benutzung des angezeigten Titels;
sie führt lediglich zu einer Vorverlagerung des Zeitrangs (im Anschluß an BGHZ
108, 89 – Titelschutzanzeige).
BGH, Urt. v. 1. März 2001 – I ZR 205/98 – OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die
Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 16. Juli 1998 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg , Zivilkammer 15, vom 14. Februar 1996 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist der Norddeutsche Rundfunk. Er produziert für die der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) angeschlossenen Anstalten u.a. die Sendungen “Tagesschau” (erste Sendung
1952, für ARD seit 1954) und “Tagesthemen” (seit 1978). Der Bayerische Rundfunk und der Südwestrundfunk produzieren ebenfalls für die ARD die Sendung “Report”.
Der Kläger ist Inhaber der 1984 als durchgesetzte Zeichen für die Dienstleistung “Produktion von Fernseh-Nachrichtensendungen” eingetragenen Wortmarken “Tagesschau” und “Tagesthemen”. Inhaber der ebenfalls 1984 als durchgesetzt eingetragenen Wortmarke “Report” für die Produktion einer Fernsehsendung mit politischem Inhalt war zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz der (inzwischen im Südwestrundfunk aufgegangene) Südwestfunk, der den Kläger ermächtigt hat, Ansprüche aus diesem Kennzeichen geltend zu machen.
Die Beklagte veranstaltet das durch Werbung finanzierte Fernsehprogramm “SAT.1”. Sie beabsichtigt, eine Nachrichtensendung “Tagesreport” zu nennen, gegebenenfalls mit dem Zusatz “SAT.1-News”. 1993 ließ sie für “Tagesreport” eine Titelschutzanzeige veröffentlichen.
Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagte aus den Marken und Werktiteln sowie aus § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch. Er hat vorgetragen , die Titel “Tagesschau”, “Tagesthemen” und “Report” seien überragend bekannt. Die Sendung “Report” gehöre neben “Panorama” und “Monitor” zu den bekanntesten Nachrichtenmagazinen. Die Bekanntheit der “Tagesschau” sei noch überwältigender. Die 20-Uhr-Ausgabe der “Tagesschau” werde regelmäßig von acht bis neun Millionen Zuschauern, die Sendung “Tagesthemen” von vier bis fünf Millionen Zuschauern gesehen. “Tagesschau” und “Tagesthemen” seien als Titel von Nachrichtensendungen nahezu vollständig durchgesetzt, dem Verkehr also fast durchweg bekannt. Der beabsichtigte Titel “Tagesreport” sei mit “Tages-
schau”, “Tagesthemen” und “Report” verwechselbar. Dabei sei neben der Ä hnlichkeit der Titel und der gattungsmäßigen Identität der damit bezeichneten Leistungsangebote der aufgrund der Bekanntheit weit zu ziehende Schutzbereich zu berücksichtigen. Außerdem lehne sich die Beklagte erkennbar an die “Tagesschau” an, um deren guten Ruf für sich auszunutzen, und knüpfe mit “Tagesreport” assoziativ an “Tagesschau” und “Tagesthemen” einerseits und “Report” andererseits an.
Der Kläger hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, eine Fernsehnachrichtensendung unter dem Titel “Tagesreport” in Alleinstellung oder in Verbindung mit der Zusatzbezeichnung “SAT.1News” anzukündigen und/oder auszustrahlen und/oder in anderer Weise zu verbreiten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt und sich darauf berufen, daß die Bezeichnung “Tagesreport” rein beschreibend sei, jedenfalls von ihr rein beschreibend benutzt werde. Dies werde noch deutlicher, wenn sie – wie geplant – neben dem “Tagesreport” einen “Früh-”, “Mittags-” und “Nachtreport” sende. An den Bestandteilen “Tages-” und “-report” bestehe außerdem ein überragendes Freihaltebedürfnis. Auch eine mittelbare oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei ausgeschlossen, da es dem Verkehr geläufig sei, daß zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunkunternehmen keine Wirtschaftsbeziehungen bestünden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, nachdem es zum Bekanntheitsgrad und zur Wertschätzung der Sendungen “Tagesschau”, “Tagesthemen” sowie zum Bekanntheitsgrad von “Report” auf Meinungsumfragen gestützte Sachverständigengutachten eingeholt hatte. Das Oberlandesgericht hat die Be-
rufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg AfP 1998, 640 = ZUM-RD 1998, 497).
Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
I. Das Berufungsgericht hat in der beabsichtigten Verwendung des Titels “Tagesreport” – sei es in Alleinstellung, sei es in der Verbindung mit “SAT.1News” – einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausbeutung des guten Rufs einer berühmten Marke gesehen. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten handele es sich bei der Bezeichnung “Tagesschau” um eine Kennzeichnung, die die für den Schutz einer berühmten Marke erforderliche Verkehrsbekanntheit erreicht habe und sogar den höchstmöglichen Schutzumfang beanspruchen könne. Der überragenden Verkehrsgeltung stehe nicht entgegen, daß der Sendetitel “Tagesschau” aus den üblichen Begriffen “Tag” und “Schau” gebildet sei. Die Bezeichnung sei nicht glatt beschreibend, sondern hinreichend originell, um als Name einer Sendung und nicht lediglich als Inhaltsangabe aufgefaßt zu werden. Dem stehe nicht entgegen, daß es sich um eine “sprechende” Kennzeichnung handele. Der weite Schutzumfang der Kennzeichnung “Tagesschau” werde auch nicht durch ein Freihaltebedürfnis einge-
schränkt. Dieser Titel stamme nicht aus der Umgangs- oder Fachsprache, sondern sei für die bekannte Nachrichtensendung gebildet worden. Daher bestehe kein Interesse des Verkehrs, die Bezeichnung “Tagesschau” freizuhalten, was auch dadurch belegt werde, daß es außerhalb der ARD sonst keine Sendung gebe , die den Bestandteil “Tages-” aufweise. Die “Tagesschau” genieße schließlich als Nachrichtensendung einen besonders guten Ruf.
Die Beklagte beute den guten Ruf des Titels “Tagesschau” aus, wenn sie ihre Nachrichtensendung “Tagesreport” – in Alleinstellung oder mit dem Zusatz “SAT.1-News” – nenne. Die Beklagte beabsichtige, diese Bezeichnung nicht als Gattungsbegriff, sondern als eigenwillige Sprachschöpfung zu verwenden, die als Name einer bestimmten Nachrichtensendung verstanden werde. Dabei werde ein erheblicher Teil der Zuschauer unwillkürlich “Tagesreport” mit “Tagesschau” assoziieren. Auch wenn die Bestandteile “-schau” und “-report” für sich genommen nicht ähnlich seien, sei eine Ä hnlichkeit zwischen “Tagesschau” und “Tagesreport” im maßgeblichen Gesamteindruck aufgrund des gemeinsamen Wortanfangs, des gleichen Wortaufbaus und der weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung der beiden Begriffe gegeben. Die assoziative Nähe werde dadurch gefördert, daß der Kläger mit “Tagesthemen” noch einen weiteren Titel mit hoher Verkehrsbekanntheit und Wertschätzung besitze und sich “Tagesreport” ohne weiteres in diese Reihe einfüge; andere Titel, bei denen ebenfalls “Tages-” am Wortanfang stehe, gebe es sonst nicht.
Die Rechtsprechung, wonach bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln bereits unwesentliche Unterschiede ausreichten, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen , sei auf den Streitfall nicht übertragbar. Zum einen sei die hier in Rede stehende Rufausbeutung nach § 1 UWG von der Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinne zu unterscheiden. Zum anderen bestünden ähnliche Zei-
tungstitel jahrzehntelang nebeneinander, so daß sich das Publikum daran gewöhnt habe, auf Unterschiede genauer zu achten. Aufgrund der Verwendung des Titels “Tagesreport” erwarteten dagegen erhebliche Teile des Verkehrs eine Sendung wie die “Tagesschau”, so daß beim Zuschauer eine bewußte oder unbewußte Übertragung von Güte- und Sympathievorstellungen naheliege. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß diese Erwägungen auch bei der Wahl des Titels “Tagesreport” eine Rolle gespielt hätten. Die Beklagte handele daher mit diesem Anhängen an die “Tagesschau” bewußt und gezielt.
II. Für die Beurteilung des Streitfalls sind in erster Linie die Bestimmungen des Markengesetzes maßgeblich.
1. Der Kläger hat seine – im Mai 1993 erhobene – Klage einerseits auf §§ 24, 31 WZG und § 16 Abs. 1 UWG und andererseits – unter dem Gesichtspunkt des Schutzes eines berühmten Kennzeichens – auf § 1 UWG gestützt. Soweit ein kennzeichenrechtlicher Schutz in Rede steht, kommen im Streitfall nur die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Markengesetzes zur Anwendung. Denn die Parteien streiten allein über eine für die Zukunft beabsichtigte Verwendung der Bezeichnung “Tagesreport”, so daß es nicht um die Weiterbenutzung einer bereits unter altem Recht benutzten Bezeichnung geht (§§ 152, 153 Abs. 1 MarkenG). Auch in der Titelschutzanzeige der Beklagten aus dem Jahre 1993 liegt noch keine Benutzung des Titels “Tagesreport”. Derartige Anzeigen können bei alsbaldiger Aufnahme der angezeigten Sendung zu einer Vorverlagerung des Zeitrangs führen (vgl. BGHZ 108, 89, 92 f. – Titelschutzanzeige), stellen jedoch noch keine vorgezogene Benutzungsaufnahme dar. Was die Verwendung des angezeigten Titels angeht, begründen sie dementsprechend keine Wiederholungsgefahr, sondern lediglich eine – hier auch ohne die Anzeige be-
stehende – Erstbegehungsgefahr (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 15 Rdn. 79).
2. Das Berufungsgericht hat nicht auf die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zurückgegriffen, den vom Kläger beanspruchten Schutz einer berühmten Kennzeichnung vor Rufausbeutung vielmehr ohne weiteres der Bestimmung des § 1 UWG entnommen. Es ist dabei davon ausgegangen, daß auch unter der Geltung des Markengesetzes für den Schutz der bekannten oder berühmten Marke unbeschränkt wettbewerbsrechtliche Ansprüche herangezogen werden könnten.
Dem kann nicht beigetreten werden. Wie der Bundesgerichtshof in der – erst nach Erlaß des Berufungsurteils veröffentlichten – Entscheidung “MAC Dog” (BGHZ 138, 349) betont hat, ergibt sich der Schutz bekannter Kennzeichnungen seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes in erster Linie aus § 9 Abs. 1 Nr. 3 und § 14 Abs. 2 Nr. 3 sowie aus § 15 Abs. 3 MarkenG152 MarkenG). Der Schutz der bekannten Marke im Markengesetz stellt sich als eine umfassende spezialgesetzliche Regelung dar, mit der der bislang in der Rechtsprechung entwickelte Schutz fixiert und ausgebaut werden sollte. Diese Regelung läßt in ihrem Anwendungsbereich für eine gleichzeitige Anwendung des § 1 UWG oder des § 823 BGB grundsätzlich keinen Raum (BGHZ 138, 349, 351 f. – MAC Dog, m.w.N.; BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 995 = WRP 1999, 931 – BIG PACK; Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 – ARD-1; Urt. v. 29.4.1999 – I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 73 = WRP 1999, 1279 – SZENE, zum Verhältnis von § 15 Abs. 3 MarkenG zu § 1 UWG).
Auch im Streitfall kann § 1 UWG für den Schutz der bekannten oder berühmten Klagekennzeichen nur insoweit herangezogen werden, als dem Marken-
gesetz ein solcher Schutz nicht entnommen werden kann. Das Berufungsgericht hätte danach in erster Linie prüfen müssen, ob sich der vom Kläger beanspruchte Schutz aus den markengesetzlichen Bestimmungen, also aus dem Werktitel- oder Markenschutz, ergibt. Einen Rückgriff auf die zum alten Recht entwickelten Grundsätze zum Schutz bekannter oder berühmter Kennzeichnungen aus § 1 UWG hätte es nur in Betracht ziehen dürfen, soweit das Markengesetz den Schutz solcher Kennzeichen nicht abschließend regelt.
3. Die Notwendigkeit, zunächst die Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes zu prüfen, führt indessen noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Denn die Feststellungen, die das Berufungsgericht zu § 1 UWG getroffen hat, erlauben auch in kennzeichenrechtlicher Hinsicht eine umfassende Prüfung in der Revisionsinstanz.
III. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich nicht aus den Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” herleiten (§§ 5, 15 MarkenG).
1. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Unterlassungsanspruch aus § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zu.

a) Allerdings kommt den beiden Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” von Haus aus hinreichende Unterscheidungskraft zu, um als Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG geschützt zu sein.
aa) In der Rechtsprechung ist anerkannt, daß bei Titeln von Rundfunksendungen keine hohen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1993 – I ZR 113/91, GRUR 1993, 769, 770 = WRP 1993, 755 – Radio Stuttgart; Ingerl/Rohnke aaO § 5 Rdn. 57). Dies gilt in gesteigertem
Maße für die Titel von Nachrichtensendungen. Sie werden im allgemeinen so gewählt , daß dem Titel der Charakter der Sendung ohne weiteres entnommen werden kann. Insofern hat sich der Verkehr hier – ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 – I ZR 6/96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 – Wheels Magazine, m.w.N.; ferner BGH GRUR 2000, 70, 72 – SZENE; Urt. v. 22.9.1999 – I ZR 50/97, GRUR 2000, 504, 505 = WRP 2000, 533 – FACTS) – an Titel gewöhnt, die sich an beschreibende Angaben anlehnen und nur eine geringe Unterscheidungskraft aufweisen.
bb) Wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend ausgeführt hat, kann dem nicht entgegengehalten werden, daß an den fraglichen Bezeichnungen – hier “Tagesschau” und “Tagesthemen” – ein allgemeines Freihaltebedürfnis bestehe. Da es sich bei dem Titel “Tagesschau” unstreitig um eine – der “Wochenschau” nachempfundene – Neuschöpfung handelt, scheidet hier ein solches Interesse von vornherein aus. Im Hinblick darauf, daß es sich bei beiden Titeln um im Verkehr durchgesetzte Bezeichnungen handelt, kann offenbleiben, ob für den Titel “Tagesthemen” etwas anderes gelten würde. Denn auch für die nach § 5 MarkenG geschützten Kennzeichen gilt, daß das Schutzhindernis eines bestehenden Freihaltebedürfnisses mit Hilfe einer Durchsetzung des Kennzeichens innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise überwunden werden kann (vgl. BGHZ 4, 167, 169 – DUZ; BGH, Urt. v. 15.6.1956 – I ZR 105/54, GRUR 1957, 29, 31 – Der Spiegel; Urt. v. 11.7.1958 – I ZR 187/56, GRUR 1959, 45, 47 – Deutsche Illustrierte; Urt. v. 15.11.1967 – Ib ZR 119/66, GRUR 1968, 259 – NZ; Urt. v. 12.11.1987 – I ZR 19/86, GRUR 1988, 638, 639 – Hauer’s Auto-Zeitung; BGHZ 74, 1, 6 f. – RBB/RBT; Ingerl/Rohnke aaO § 5 Rdn. 28; Fezer, Markenrecht , 2. Aufl., § 15 MarkenG Rdn. 50; Deutsch/Mittas, Titelschutz, Rdn. 91 und 95; Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 2 Rdn. 90 f. und
§ 6 Rdn. 45 f.). Daß diese Voraussetzungen bei beiden Titeln erfüllt sind, unterliegt im Hinblick auf ihren hohen Bekanntheitsgrad keinem Zweifel.
cc) Schließlich kann die Schutzfähigkeit der Klagetitel auch nicht mit dem Argument verneint werden, es bestehe wegen der Nähe zu beschreibenden Angaben die Gefahr, daß aus den geschützten Werktiteln “Tagesschau” und “Tagesthemen” gegen rein beschreibende oder aus anderen Gründen freizuhaltende Bezeichnungen vorgegangen werden könne. Denn dieser Gefahr kann bei der Bemessung des Schutzumfangs Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Urt. v. 17.1.1985 – I ZR 172/82, GRUR 1985, 461, 462 = WRP 1985, 338 – Gefa/Gewa; Goldmann aaO § 5 Rdn. 71; vgl. zum Markenrecht BGH, Urt. v. 18.6.1998 – I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 240 = WRP 1999, 189 – Tour de Culture; Beschl. v. 18.3.1999 – I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 990 = WRP 1999, 1038 – HOUSE OF BLUES).

b) Es besteht indessen keine Gefahr, daß das Publikum den Titel, den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat (“Tagesreport” oder “SAT.1News Tagesreport”), mit den Titeln des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen” ) verwechselt (§ 15 Abs. 2 MarkenG).
Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist auch beim Werktitelschutz auf drei Faktoren abzustellen, zwischen denen eine Wechselwirkung besteht: auf die Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird, auf die Identität oder Ä hnlichkeit der Werke sowie auf die Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (vgl. zu Unternehmenskennzeichen BGH, Urt. v. 21.11.1996 – I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 470 = WRP 1997, 1093 – NetCom; Urt. v. 28.1.1999 – I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 – Altberliner).
aa) Aufgrund der jahrzehntelangen Benutzung und aufgrund der durch hohe Einschaltquoten belegten Aufmerksamkeit des Verkehrs zeichnen sich die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen”, die der Kläger für seine Nachrichtensendungen verwendet, durch eine starke Kennzeichnungskraft aus. Zwar dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen nur der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu geben (vgl. BGH, Urt. v. 26.5.1994 – I ZR 33/92, GRUR 1994, 908, 910 = WRP 1994, 743 – WIR IM SÜDWESTEN; GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine, m.w.N.). In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, daß der Verkehr mit bekannten Werktiteln häufig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet (vgl. BGHZ 102, 88, 91 f. – Apropos Film; 120, 228, 230 – Guldenburg; BGH, Urt. v. 12.11.1998 – I ZR 84/96, GRUR 1999, 581, 582 = WRP 1999, 519 – Max; GRUR 2000, 504, 505 – FACTS). So verhält es sich im Streitfall: Nach den getroffenen Feststellungen weisen die beiden Titel nicht nur einen überaus hohen Bekanntheitsgrad auf, sondern werden vom Verkehr auch weitgehend – im Falle der “Tagesschau” sogar fast durchweg – zutreffend der ARD zugeordnet.
bb) Die Beklagte beabsichtigt, den Titel “Tagesreport” ebenfalls für eine Nachrichtensendung zu verwenden. Dem Merkmal der Branchennähe bei Unternehmenskennzeichen oder der Ä hnlichkeit der Waren oder Leistungen bei Marken entspricht bei Werktiteln die Ä hnlichkeit der Werkkategorien (vgl. BGHZ 68, 132, 139 f. – Der 7. Sinn; Ingerl/Rohnke aaO § 15 Rdn. 89 ff.; Deutsch/Mittas aaO Rdn. 116 ff. m.w.N.). Im Streitfall steht eine Verwendung der beanstandeten Bezeichnung für dieselbe Werkkategorie in Rede.
cc) Die sich gegenüberstehenden Bezeichnungen – “Tagesschau” und “Tagesthemen” auf der einen und “Tagesreport” bzw. “SAT.1-News Tagesreport” auf
der anderen Seite – weisen nur eine geringe Ä hnlichkeit auf. Zwar stimmt der Bestandteil “Tages-” überein, und die inhaltliche Bedeutung weist hier wie dort auf eine die Nachrichten des Tages zusammenfassende Sendung hin. Die Bezeichnungen unterscheiden sich jedoch in ihrem zweiten, gleichermaßen prägenden Bestandteil (“-schau” und “-themen” auf der einen und “-report” auf der anderen Seite) deutlich voneinander.
dd) Bei Berücksichtigung dieser den Schutzumfang der in Rede stehenden Werktitel näher bestimmenden Umstände ist die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen.
(1) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß erhebliche Teile des Verkehrs den Titel “Tagesreport” oder “SAT.1-News Tagesreport” in der Weise mit “Tagesschau” oder “Tagesthemen” verwechseln, daß sie den einen Titel für den anderen halten (unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne). Dabei spielt naturgemäß der – bereits angeführte – geringe Grad der Ä hnlichkeit der sich gegenüberstehenden Titel eine maßgebliche Rolle. Die Titel weichen in ihrem zweiten Bestandteil vollständig voneinander ab. Der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Gesamteindruck wird durch diesen zweiten Bestandteil aber gleichermaßen geprägt wie durch den übereinstimmenden Teil (“Tages-”). Auch die Übereinstimmung im Sinngehalt führt nicht zu einer Gefahr der Verwechslung der Titel. Gerade weil die Titel von Nachrichtensendungen im allgemeinen stark beschreibende Anklänge aufweisen, ist eine Übereinstimmung in der inhaltlichen Bedeutung eher die Regel als die Ausnahme. Auch hier ist davon auszugehen, daß der Verkehr – ähnlich wie bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln (BGH, Urt. v. 6.12.1990 – I ZR 27/89, GRUR 1991, 331, 332 = WRP 1991, 383 – Ä rztliche Allgemeine; Urt. v. 27.2.1992 – I ZR 103/90, GRUR 1992, 547, 549 = WRP 1992, 759 – Morgenpost; Urt. v. 10.4.1997 – I ZR 178/94, GRUR
1997, 661, 663 = WRP 1997, 751 – B.Z./Berliner Zeitung) – gewohnt ist, die bestehenden Unterschiede zu beachten. An dieser Vergleichbarkeit mit Zeitungsund Zeitschriftentiteln vermag auch der vom Berufungsgericht angeführte Umstand nichts zu ändern, daß es bislang keine Nachrichtensendungen gibt, deren Titel Ä hnlichkeit zu den Klagetiteln aufweisen.
(2) Wie bereits ausgeführt, dienen Werktitel nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG im allgemeinen der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine). Den Titeln “Tagesschau” und “Tagesthemen” entnimmt der Verkehr dagegen, wie ebenfalls dargelegt, auch einen Hinweis auf die Herkunft, so daß hier – neben der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – auch die Gefahr einer Zuordnung als Teil einer Serie in Betracht zu ziehen ist.
Im Streitfall kann indessen ausgeschlossen werden, daß der Verkehr den Titel “Tagesreport” – bei “SAT.1-News Tagesreport” liegt dies ohnehin fern – dem Kläger oder der ARD als Teil einer Serie von verschiedenen Nachrichtensendungen zuordnet, deren Titel durchweg mit dem Bestandteil “Tages-” beginnen. Maßgeblich hierfür ist, daß der Fernsehzuschauer – wie sich aus der Lebenserfahrung ergibt – im allgemeinen schon wegen der vorgenommenen Senderwahl, aber auch aufgrund der Hinweise auf den jeweils eingeschalteten Sender weiß, zu welcher Sendeanstalt die laufende Sendung gehört. Hinzu kommen die augenfälligen Unterschiede zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehprogrammen , die es als unwahrscheinlich erscheinen lassen, daß das Publikum die Nachrichtensendung der Beklagten mit dem Titel “Tagesreport” in die Linie von “Tagesschau” und “Tagesthemen” einordnet und dem Kläger oder generell der ARD zuordnet. Isolierte Verwendungen der Titel, die außerhalb dieses Kontextes
stattfinden – etwa im persönlichen Gespräch oder in Programmzeitschriften und sonstigen Zeitungsartikeln –, treten demgegenüber in ihrer Bedeutung für eine mögliche Verwechslung zurück.
(3) Eine relevante Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Zwar erscheint es durchaus möglich, daß das Publikum, wenn es dem Titel “Tagesreport” oder “SAT.1-News Tagesreport” zum ersten Mal begegnet, eine gedankliche Verbindung zur “Tagesschau” oder zu den “Tagesthemen” des Klägers herstellt. Eine solche bloße Assoziation reicht indessen im Rahmen des Titelschutzes – ebenso wie im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus (vgl. zum Markenschutz EuGH, Urt. v. 11.11.1997 – Rs. C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387, 389 Tz. 18 ff. – Sabèl BV/Puma AG; Urt. v. 22.6.2000 – Rs. C-425/98, GRUR Int. 2000, 899, 901 Tz. 34 = MarkenR 2000, 255 – Marca Moda/Adidas; BGH, Urt. v. 2.7.1998 – I ZR 273/95, GRUR 1999, 155, 157 = WRP 1998, 1006 – DRIBECK’s LIGHT, insoweit nicht in BGHZ 139, 147; BGH, Beschl. v. 27.4.2000 – I ZR 236/97, GRUR 2000, 875, 877 = WRP 2000, 1142 – Davidoff). Vielmehr muß die gedankliche Verbindung konkret zu einer Verwechslungsgefahr führen, die auch darin bestehen kann, daß das Publikum aufgrund der vorhandenen Übereinstimmungen eine organisatorische oder wirtschaftliche Verbindung zwischen den Herstellern der beiden Werke annimmt. Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr aufgrund der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” eine solche – etwa lizenzvertragliche – Verbindung annimmt, bestehen im Streitfall nicht.
2. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch läßt sich auch nicht auf § 5 Abs. 1 und 3, § 15 Abs. 3 und 4 MarkenG (Schutz bekannter Werktitel) stützen. Verwendet die Beklagte – wie beabsichtigt – die Bezeichnung “Tagesreport”,
wird dadurch die Wertschätzung, die die Werktitel des Klägers genießen, nicht in unzulässiger Weise ausgenutzt.

a) Aufgrund der getroffenen Feststellungen besteht kein Zweifel, daß der Kläger für die Titel “Tagesschau” und “Tagesthemen” grundsätzlich den Schutz des § 15 Abs. 3 MarkenG in Anspruch nehmen kann. Der Schutzumfang der Klagekennzeichen bedarf jedoch im Hinblick auf das berechtigte Interesse anderer Sendeanstalten, für ihre Nachrichtensendungen ebenfalls “sprechende” Titel zu verwenden, einer Begrenzung. Wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit Marken ausgeführt hat, die sich an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe anlehnen, ist einem solchen Interesse durch eine sachgerechte Bestimmung des Schutzumfangs sowie im Rahmen des § 23 Nr. 2 MarkenG Rechnung zu tragen, die es dem Markeninhaber verwehrt, mit Hilfe des Markenschutzes gegen beschreibende Angaben einzuschreiten (BGH, Beschl. v. 13.3.1997 – I ZB 4/95, GRUR 1997, 634, 636 = WRP 1997, 758 – Turbo II; GRUR 1999, 238, 240 – Tour de Culture, jeweils m.w.N.). Im Falle bekannter Kennzeichen ist dem beschriebenen Freihaltebedürfnis – hier dem Bedürfnis anderer Sendeunternehmen , abweichende, aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen – im Rahmen des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” Rechnung zu tragen. Dagegen kommt der Bestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG in diesem Zusammenhang keine eigenständige Bedeutung zu, da im Rahmen des § 15 Abs. 3 MarkenG ohnehin eine umfassende Unlauterkeitsprüfung vorzunehmen ist (vgl. zum entsprechenden Verhältnis von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 23 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 1999, 992, 994 – BIG PACK).

b) Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Erwägung in anderem Zusammenhang auseinandergesetzt, ein berechtigtes Interesse der Beklagten jedoch zu Unrecht verneint. Wie bereits dargelegt, entspricht es einer allgemeinen Übung,
den Titel von Fernsehnachrichtensendungen so zu wählen, daß er unzweideutig auf den Inhalt der Sendung hinweist. Hierzu zählen neben den hier in Rede stehenden Titeln des Klägers Bezeichnungen, die – wie etwa die Titel “heute”, “heute journal”, “aktuell”, “Aktuelle Stunde”, “News”, “Nachrichten”, “Abendschau” – von Haus aus nur eine geringe oder gar keine Unterscheidungskraft aufweisen. Ohne eine Beschränkung des Schutzumfangs bestünde gerade im Hinblick auf die hohe Bekanntheit, die derartige Titel genießen, die Gefahr, daß es später auf den Markt getretenen Sendeunternehmen von vornherein versagt wäre, die Titel ihrer Nachrichtensendungen auf ähnliche Weise zu bilden. Sie wären vielmehr auf reine Phantasiebezeichnungen, die kaum Auskunft über den Inhalt der Sendung geben, oder auf glatt beschreibende Angaben (wie z.B. “Nachrichten”) angewiesen , die ihnen schon im Hinblick auf § 23 Nr. 2 MarkenG nicht untersagt werden könnten. Zwar wird sich eine gewisse Benachteiligung der jüngeren Sendeanstalten mit Blick auf die beschränkte Zahl denkbarer Bezeichnungen nicht vermeiden lassen. Diese Benachteiligung ist jedoch dadurch möglichst gering zu halten, daß an die Verwechslungsgefahr strenge Anforderungen gestellt werden und der Schutzumfang bekannter oder berühmter Titel oder Marken entsprechend beschränkt wird.

c) Das Freihaltebedürfnis kann auch nicht mit der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang angestellten Erwägung in Abrede gestellt werden, es gebe keine sonstigen Nachrichtensendungen, deren Titel mit “Tages-” beginne. Denn die Alleinstellung, die der Kläger bislang genießt, ist auch darauf zurückzuführen , daß er über Jahrzehnte hinweg keinem Wettbewerb privater Veranstalter ausgesetzt war und es dementsprechend wenige vergleichbare Sendungen anderer Anbieter gab. Soweit zwischen den vorhandenen Bezeichnungen mit einem überwältigenden Bekanntheitsgrad und den neu gebildeten, durch Verwendung des Bestandteils “-report” einen klaren Abstand haltenden Titeln eine (ge-
ringe) Verwechslungsgefahr bestehen sollte, wäre sie vorübergehender Natur und eine Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für ein duales Rundfunksystem (vgl. OLG Frankfurt WRP 1992, 117, 119; OLG Karlsruhe ZUM 1993, 485, 489).

d) Diese Erwägungen führen dazu, daß ein unlauteres Ausnutzen oder eine unlautere Beeinträchtigung der Wertschätzung der vom Kläger verwendeten Titel zu verneinen ist. Denn die Nähe der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dadurch bedingt, daß es nur eine beschränkte Zahl von Möglichkeiten für eine an beschreibende Angaben anklingende Bezeichnung von Nachrichtensendungen gibt. Sie erlaubt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keinen Schluß auf eine unlautere Rufausbeutung. Auch hier gilt, daß mit der Einführung des dualen Systems die neuen Anbieter an dem von den öffentlich-rechtlichen Unternehmen gesetzten Standard gemessen wurden und positive (oder negative) Assoziationen , die das Publikum mit den herkömmlichen Nachrichtensendungen verband, auf die Angebote der privaten Sendeunternehmen übertragen wurden. Doch auch wenn diese Wirkung bei der hier in Rede stehenden Nähe der Bezeichnungen etwas stärker sein sollte, ist sie wiederum nur vorübergehender Natur und muß im Hinblick auf das berechtigte Interesse der Beklagten hingenommen werden.
IV. Auch soweit der Kläger seine Klage auf die eingetragenen Marken “Tagesschau” , “Tagesthemen” und “Report” stützt, hat er keinen Erfolg.
1. Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG steht dem Kläger gegenüber der Beklagten nicht zu. Denn es besteht keine Gefahr, daß das Publikum den Titel, den die Beklagte für ihre Nachrichtensendung gewählt hat (“Tagesreport” oder “SAT.1-News Tagesreport”), mit den Marken des Klägers (“Tagesschau” und “Tagesthemen”) oder mit der Marke
“Report”, deren Verletzung der Kläger im Wege der Prozeßstandschaft geltend macht, verwechselt.

a) Hinsichtlich der Gefahr einer Verwechslung von “Tagesreport” mit “Tagesschau” und “Tagesthemen” kann auf die Ausführungen Bezug genommen werden, mit denen eine Verwechslungsgefahr der Werktitel verneint wurde (oben unter III.1.b). Unterschiede, die möglicherweise bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr von Marken (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) auf der einen und v on Werktiteln (§ 15 Abs. 2 MarkenG) auf der anderen Seite zu beachten sind, gewinnen jedenfalls im Streitfall keine Bedeutung.

b) Auch aus der Marke “Report” kann der Kläger keine Unterlassung beanspruchen. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich dieser Marke – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen zur Kennzeichnungskraft getroffen. Dem landgerichtlichen Urteil sowie dem insofern erhobenen Sachverständigengutachten, auf das das Berufungsurteil Bezug nimmt, ist jedoch zu entnehmen, daß die Beweisaufnahme auch für dieses Zeichen eine hohe Verkehrsbekanntheit mit einer hohen Zuordnung zur ARD ergeben hat. Andererseits ist hinsichtlich dieser Marke nicht von einer Identität, sondern nur von einer (großen) Ä hnlichkeit der von den Zeichen erfaßten Dienstleistungen (Produktion einer Fernsehsendung mit politischem Inhalt auf der einen und Nachrichtensendung auf der anderen Seite) auszugehen.
Für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr sind jedoch auch hier dieselben Gesichtspunkte maßgeblich, die hinsichtlich der Klagemarken “Tagesschau” und “Tagesthemen” eine relevante Verwechslungsgefahr ausschließen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne scheidet aus, weil der Verkehr die auf eine tägliche Nachrichtensendung hinweisende Bezeichnung “Tagesre-
port” nicht mit dem für ein politisches Magazin verwandten Marke “Report” verwechseln wird. Allenfalls in Betracht zu ziehen ist eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens. Jedoch gilt auch hier, daß bei der Bemessung des Schutzumfangs der Klagemarke das Freihaltebedürfnis an der beschreibenden Angabe “-report” im Sinne von “Bericht” zu berücksichtigen ist. Es führt dazu, daß hinsichtlich der abgewandelten, nur wenig unterscheidungskräftigen Bezeichnung “Tagesreport”, in der der Bestandteil “-report” in erster Linie beschreibend für eine tägliche Nachrichtensendung verwandt wird, die Verwechslungsgefahr zu verneinen ist. Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne scheidet aus den oben angeführten Gründen aus.
2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich auch nicht aus § 4 Nr. 1, § 14 Abs. 3 und 5 MarkenG. Dabei kann offenbleiben, ob der Schutz der bekannten Marke aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auch gegenüber Zeichen gilt, die – wie vorliegend – für Waren oder Leistungen verwendet werden, die den von der bekannten Marke erfaßten Waren oder Leistungen ähnlich oder mit ihnen identisch sind (vgl. dazu das Vorabentscheidungsersuchen BGH GRUR 2000, 875, 878 f. – Davidoff).

a) Soweit die Bestimmungen des Markengesetzes auch auf den Schutz der bekannten Marke im Ä hnlichkeitsbereich anzuwenden sind, gilt hier – wie bei den bekannten Werktiteln (dazu oben unter III.2.a) –, daß dem schützenswerten Interesse anderer Anbieter, abweichende, aber auf ähnliche Weise gebildete Titel für ihre Nachrichtensendungen zu wählen, durch eine Begrenzung des Schutzumfangs der bekannten Marke Rechnung zu tragen ist. Dies kann durch eine sachgerechte Handhabung des Merkmals “ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise” geschehen. Im Streitfall hat die Beklagte der allgemeinen Übung folgend, mit dem Titel einer Nachrichtensendung auf deren Inhalt hinzuweisen, für ihre
Sendung eine einen hinreichenden Abstand haltende Bezeichnung gewählt. Soweit dieser Titel wegen der Übereinstimmung im Bestandteil “Tages-” Assoziationen zu den bekannten Marken des Klägers weckt, ist eine sich daraus ergebende Beeinträchtigung hinzunehmen, weil sie nicht als sachlich ungerechtfertigt und unlauter bezeichnet werden kann. Im einzelnen sind hierbei dieselben Erwägungen maßgeblich, die zur Verneinung der auf die bekannten Werktitel gestützten Ansprüche geführt haben (dazu oben unter III.2.b bis d).

b) Käme eine Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG im Ä hnlichkeitsbereich nicht in Betracht, müßte insofern auf § 1 UWG zurückgegriffen werden. Hierbei sind jedoch dieselben Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die bei der Prüfung von § 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG dazu geführt haben, daß ein Ausnutzen der Wertschätzung in unlauterer Weise verneint worden ist.
V. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

(1) Als geschäftliche Bezeichnungen werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

(3) Werktitel sind die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 102/10 Verkündet am:
22. März 2012
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stimmt's?

a) Titelschutz kann auch der Bezeichnung einer regelmäßig nur wenige Absätze
umfassenden Kolumne zukommen, die zu einem bestimmten Themengebiet
in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint.

b) Bei schutzfähigen Titeln für Teile einer Zeitung oder Zeitschrift kommt es für
die Frage der Verwechslungsgefahr maßgeblich auch auf Form und Inhalt
der medialen Einbettung der angegriffenen Bezeichnung an, wobei unter anderem
die typische Art der Präsentation der Beiträge (z.B. nur Text oder
auch Bilder) erheblich ist.
BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 102/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 12. Mai 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin gibt die Wochenzeitung „DIE ZEIT“ heraus. Darin erscheint seit vielen Jahren unter der Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ wöchentlich ein jeweils mit einer wechselnden inhaltsbezogenen Überschrift versehener Artikel, in dem Fragen der Leser beantwortet werden, die sich auf Rätsel des Alltags, schwer zu verifizierendes Allgemeinwissen, wissenschaftliche Phänomene, Mythen und andere populärwissenschaftliche Fragen beziehen. Beispielhaft wird nachfolgend der Beitrag aus der Ausgabe vom 9. August 2007 wiedergegeben:
2
Der Beitrag war dort auf Seite 30 unten links wie folgt platziert:
3
Die in der Kolumne „Stimmt’s?“ erschienenen Beiträge werden jedenfalls seit Oktober 2001 auch im Internetauftritt der „ZEIT“ unter der Internetadresse www.zeit.de veröffentlicht.
4
Die Beklagte betreibt das Internetportal „web.de“. Sie veröffentlichte dort unter der Bezeichnung „Stimmt’s?“ ebenfalls Beiträge, in denen Fragen der Nutzer beantwortet werden. Am 29. März 2007 konnte der nachfolgend eingeblendete Beitrag aufgerufen werden:
5
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte. Sie hat im Wege der Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine redaktionelle Internetrubrik mit dem Titel „Stimmt’s?“ zu versehen bzw. diese im Internet anzubieten und/oder anbieten zu lassen, wie dies beispielsweise unter http://magazine.web.de/de/themen/wissen/stimmts/index/htm am 29. März 2007 der Fall war; 2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, wann auf welchen Websites, mit welchen Inhalten, welchen Nutzerzahlen und jeweils für welchen Zeitraum die Rubrikenbezeichnung „Stimmt’s?“ von der Beklagten bzw. von Dritten in rechtlicher Abhängigkeit von der Beklagten verwendet wurden; 3. an die Klägerin einen Lizenzbetrag zu zahlen, dessen Höhe nach erfolgter Auskunft gemäß Ziffer 2 bestimmt wird.
6
Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß zu Unterlassung und Auskunft verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, GRUR-RR 2011, 70). Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt , erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 MarkenG wegen Verwendung der Bezeichnung „Stimmt’s?“ zu. Dazu hat es ausgeführt:
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Die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei als Titel einer Rubrik nach § 5 Abs. 3 MarkenG schutzfähig und auch hinreichend unterscheidungskräftig. Zwar habe der Titel durchaus beschreibenden Gehalt. Aufgrund der umgangssprachlichen Frageform unter Verwendung eines Fragezeichens komme der Bezeichnung aber ein ausreichendes Mindestmaß an Originalität zu. Zwischen den Bezeichnungen der Parteien bestehe bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung Verwechslungsgefahr. Allerdings komme dem Titel der Klägerin keine über die Werkidentifizierung hinausgehende Titelfunktion zu, weil er nicht hinreichend bekannt sei. Die von Haus aus nur geringe Kennzeichnungskraft sei aber durch Art und Umfang der langjährigen Benutzung gesteigert. Die gegenüberstehenden Titel seien identisch und die damit bezeichneten Werke ähnlich. Daran ändere auch nichts, dass sich die Angebote der Parteien an unterschiedliche Kundenkreise richteten und in Art und Weise der Informationsvermittlung erheblich unterschieden.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ ist zwar für die Klägerin als Titel nach § 5 Abs. 1, 3 MarkenG geschützt und verfügt auch über hinreichende Unterscheidungskraft. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel der Klägerin und der von der Beklagten verwendeten gleichlautenden Bezeichnung angenommen werden.
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1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 Satz 2, § 313 Abs. 3 ZPO keine konkreten Feststellungen dazu getroffen, dass es sich bei der Serie „Stimmt’s?“ um ein titelschutzfähiges Werk handele. Es genügt den Anforderungen des § 313 Abs. 3 ZPO, wenn durch Bezugnahme in den Entscheidungsgründen erkennbar wird, dass das Berufungsgericht die von der Vorinstanz gegebene Begründung überprüft und sich zu eigen gemacht hat (BGH, Urteil vom 7. Juni 1996 - I ZR 114/94, GRUR 1996, 786, 788 = WRP 1996, 1020 - Blumenverkauf an Tankstellen). Das ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Urteilsgründen auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Urteils durch den Hinweis Bezug genommen, das Landgericht habe den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungs - und Auskunftsanspruch mit zutreffender Begründung zuerkannt. Aus dieser Bezugnahme wird hinreichend deutlich, dass das Berufungsgericht die vom Landgericht gegebene Begründung für die Annahme, die Kolumne „Stimmt’s?“ sei ein titelschutzfähiges Werk, überprüft und sich zu eigen gemacht hat. Nach Auffassung des Landgerichts weist die streitgegenständliche Kolumne die für die Werkqualität erforderliche Selbständigkeit auf, weil sie als eigenständige Abteilung und wiederkehrender Bestandteil der Zeitung wahrgenommen wird und zudem durch einen deutlichen Trennstrich von den übrigen auf der Seite befindlichen Texten abgesetzt ist.
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2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass für die Kolumnenbezeichnung „Stimmt’s?“ der Klägerin Titelschutz besteht, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Für die Annahme eines schutzfähigen Werktitels genügt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts allerdings nicht, dass der Verkehr die Bezeichnung einer Rubrik als bestimmt und geeignet ansieht, diese von anderen Rubriken zu unterscheiden. Dieses Kriterium dient der Prüfung, ob einem Titel die für den Schutz als Werktitel nach § 5 Abs. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft zukommt. Davon zu trennen ist die vorgelagerte Frage, ob sich die Bezeichnung, für die Titelschutz begehrt wird, überhaupt auf ein titelschutzfähiges Werk im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG bezieht.
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b) Werktitel werden nach § 5 Abs. 1 MarkenG als geschäftliche Bezeichnung geschützt. Gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG sind schutzfähige Werktitel die Namen oder besonderen Bezeichnungen von Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken. Dabei gilt ein gegenüber dem Urheberrecht eigenständiger kennzeichenrechtlicher Werkbegriff (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Markenrechtsreformgesetz , BT-Drucks. 12/6581, S. 67; Baronikians, Der Schutz des Werktitels, 2008, Rn. 94 f.; Deutsch/Ellerbrock, Titelschutz, 2. Aufl. 2004, Rn. 26). Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse , die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - I ZR 25/91, GRUR 1993, 767, 768 = WRP 1993, 701 - ZappelFisch ; Urteil vom 24. April 1997 - I ZR 44/95, BGHZ 135, 278 - PowerPoint; Deutsch/Ellerbrock aaO Rn. 29).
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c) Im Hinblick auf die Werkkategorie der Druckschriften war bereits in der Rechtsprechung des Reichsgerichts zu § 16 UWG aF anerkannt, dass Titelschutz nicht nur für die Bezeichnung einer Zeitung oder Zeitschrift als Ganzes, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Bezeichnung von Teilen einer Druckschrift in Betracht kommt (RGZ 133, 189, 191 - KunstseidenKurier ). Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof fortgeführt (BGH, Urteil vom 29. April 1999 - I ZR 152/96, GRUR 2000, 70, 72 = WRP 1999, 1279 - SZENE; Urteil vom 18. Juni 2009 - I ZR 47/07, GRUR 2010, 156 Rn. 15 = WRP 2010, 266 - Eifel-Zeitung).
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Danach ist ein Teil einer Zeitung oder Zeitschrift ein eigenes titelschutzfähiges Werk im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG, wenn es sich um eine besondere , nach ihrer äußeren Aufmachung sowie nach ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt, die regelmäßig wiederkehrend unter eigener kennzeichnungskräftiger Bezeichnung erscheint (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die erforderliche äußere Selbständigkeit liegt jedenfalls bei regelmäßigen Beilagen von Zeitungen, die sich inhaltlich mit bestimmten Themen befassen (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier), sowie bei mehrseitigen Regionalteilen oder anderen Rubriken einer Tageszeitung (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 15 - Eifel -Zeitung; OLG Hamburg, GRUR-RR 2009, 309, 310 f.) vor und kann auch bei einer einzelnen, thematisch besonders ausgerichteten Zeitungsseite gegeben sein (RGZ 133, 189, 191 - Kunstseiden-Kurier; offengelassen in BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE).
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Nach diesen Grundsätzen kann auch der Bezeichnung einer Kolumne, die seit vielen Jahren zu einem bestimmten Themengebiet in einer Zeitung oder Zeitschrift erscheint, Titelschutz zukommen. Der Kolumnentitel wird dann zur geschäftlichen Bezeichnung der darunter erscheinenden redaktionellen Beiträge. Die erforderliche äußerliche Selbständigkeit der Kolumne gegenüber dem übrigen Inhalt der Zeitschrift ergibt sich aus ihrer drucktechnischen Gestaltung, die sie von anderen Beiträgen abgrenzt. Nicht entscheidend ist, ob die Kolumne einen größeren oder kleineren Teil einer Zeitungs- oder Zeitschriftenseite einnimmt. Titelschutz kann für eine Kolumne auch dann bestehen, wenn sie regelmäßig nur wenige Absätze umfasst.
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d) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist hier von einer titelschutzfähigen Kolumne auszugehen. Die Kolumne ist von den übrigen Artikeln der Seite durch einen Trennstrich deutlich abgesetzt und erhält dadurch eine gewisse äußere Selbständigkeit. Sie erscheint seit vielen Jahren wöchentlich mit einer bestimmten thematischen Ausrichtung. Jedenfalls im Streitfall ist die Kolumne damit ein titelschutzfähiges Werk. Dafür ist unerheblich, dass die Kolumnenbezeichnung als „Übertitel“ stets deutlich kleiner gestaltet ist als die eigentliche Überschrift des unter ihr veröffentlichten konkreten Beitrags.
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3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bezeichnung „Stimmt’s?“ sei hinreichend unterscheidungskräftig.
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a) Die Unterscheidungskraft bezeichnet die Eignung des Titels, ein Werk als solches zu individualisieren und von einem anderen zu unterscheiden (RGZ 112, 2, 5 - Brehms Tierleben; BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 - I ZR 108/00, GRUR 2002, 1083, 1084 = WRP 2002, 1279 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Sie fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft (BGH, Urteil vom 27. September 1990 - I ZR 87/89, GRUR 1991, 153, 154 = WRP 1991, 151 - Pizza und Pasta). An die Unterscheidungskraft eines Zeitungs- oder Zeitschriftentitels sind nach der Rechtsprechung des Senats nur geringe Anforderungen zu stellen, da der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Zeitschriften und Zeitungen mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden (BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Diese Grundsätze hat der Senat auch bei der Beurteilung der Kennzeichnungskraft eines Titels des Regionalteils einer Zeitung für anwendbar erachtet (BGH, GRUR 2010, 156 Rn. 14 - Eifel-Zeitung). Sie gelten aber - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht in gleichem Maße für die Bezeichnung von einzelnen Artikeln, Serien schutzfähiger Artikel zu bestimmten Themengebieten oder regelmäßig erscheinenden Kolumnen. Zwar gibt es auch hier wie bei jedem Titel ein gewisses Bedürfnis, den Inhalt des bezeichneten Werkes zu beschreiben. In diesen Fällen besteht aber regelmäßig ein deutlich größerer Gestaltungsspielraum als bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln. Daraus folgt, dass höhere Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind.
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b) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die umgangssprachliche Fassung in Frageform dem Titel „Stimmt’s?“ ein gewisses Mindestmaß an Originalität verleiht. Der Titel ist nicht glatt beschreibend. Er weist zwar deutlich darauf hin, dass in den unter dem Titel erscheinenden Artikeln Fragen beantwortet werden. Dass es sich dabei um Fragen der Leser handelt, wird aber ebenso wenig erkennbar wie die besondere thematische Ausrichtung auf Allgemeinwissen, Alltagsrätsel und populärwissenschaftliche Fragen.
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Auch wenn daher dem Titel „Stimmt’s?“ bereits von Haus aus eine hinreichende , wenngleich nur geringe Unterscheidungskraft zukommt, besagt dies nicht, dass ein solcher Titel schon mit Benutzungsaufnahme Titelschutz erlangt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Verkehr die fragliche Überschrift auch als Ti- tel eines titelschutzfähigen Werkes erkennt. Im Falle eines Kolumnentitels wird dies häufig voraussetzen, dass die Kolumne bereits mehrere Male und mit einiger Regelmäßigkeit erschienen ist. Denn andernfalls wird der Verkehr die Bezeichnung lediglich als Überschrift des einzelnen Artikels ansehen, für die ein Titelschutz nicht in Betracht käme. Im Streitfall steht diese Voraussetzung jedoch nicht in Zweifel. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten regelmäßigen Verwendung des Klagezeichens in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ seit 1997 erkennt der Leser, dass es sich bei dem Zeichen um den Titel der Kolumne und nicht nur um die Überschrift des einzelnen Artikels handelt.
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4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , zwischen dem Titel der Klägerin und der angegriffenen Bezeichnung der Beklagten bestehe im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG Verwechslungsgefahr.
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a) Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 - I ZR 181/02, GRUR 2005, 264, 265 f. = WRP 2005, 213 - Das Telefon-Sparbuch, mwN). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (BGH, Urteil vom 1. März 2001 - I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 64 f. - Tagesschau ). Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der Werknähe und der Ähnlichkeit der Titel (vgl. BGHZ 146, 56, 63 - Tagesschau; BGH GRUR 2002, 1083, 1084 - 1, 2, 3 im Sauseschritt). Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung , Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 27/99, GRUR 2002, 176 = WRP 2002, 89 - Auto Magazin). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze.
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b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Titel der Klägerin verfüge über gesteigerte Kennzeichnungskraft, weil seine von Haus aus nur geringe Unterscheidungskraft durch langjährige Benutzung in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und jedenfalls seit dem 29. Oktober 2001 auch im Internet unter der Adresse www.zeit.de gesteigert worden sei. Die jeweiligen Kolumnen als solche seien als Informationsangebote sehr ähnlich, weil in ihnen Fragen des alltäglichen Wissens verschiedener Bereiche beantwortet würden. Nicht sehr ähnlich sei allerdings das mediale Umfeld, in das die Kolumnen eingeordnet seien. Während die Klägerin eine Qualitätszeitung für ein gehobenes Publikum anbiete , sei die Art und Weise der Information auf dem Internetportal der Beklagten eher als boulevardesk bis unterhaltungsorientiert zu bezeichnen. Trotz dieser Unterschiede in der medialen Einbettung seien die gegenüberstehenden Werke aber als ähnlich einzustufen. Angesichts einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des Titels der Klägerin, der Ähnlichkeit der Werkkategorien und der Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen sei die Verwechslungsgefahr im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bejahen.
25
c) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
26
aa) Der Titel „Stimmt’s?“ ist im Hinblick auf seine deutlich beschreibenden Anklänge von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftig (s. oben Rn. 20). Die vom Berufungsgericht festgestellte langjährige Benutzung verstärkt zwar die Kennzeichnungskraft. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme, die Benutzung habe im Falle des Klagezeichens zu einer gesteigerten - im Sinne von überdurchschnittlichen - Kennzeichnungskraft geführt. Ein Werktitel, der von Haus aus nur eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, wird in der Regel durch intensive Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erlangen. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft wäre eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich, die das von Haus aus nur schwach unterscheidungskräftige Klagezeichen im Zweifel nur aufgrund einer besonders intensiven Benutzung erreichen könnte. Eine derartig intensive Benutzung ist indes nicht festgestellt. Insbesondere ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Titel als Bezeichnung der Kolumne in der Wochenzeitung der Klägerin außerhalb des Kreises ihrer Leser bekannt ist, der jedenfalls nur einen Teil des angesprochenen Verkehrs umfasst. Aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts kann im Hinblick auf die Größe und die unterschiedliche Platzierung der unter dem Klagezeichen erscheinenden Kolumne noch nicht einmal angenommen werden, dass jedem Leser der „ZEIT“ das Klagezeichen als Titel der Kolumne bekannt ist. Es ist auch weder festgestellt noch dargelegt, dass die Klägerin die fragliche Kolumne in der Werbung besonders herausgestellt hat.
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bb) Auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft reichen Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht aus. Denn die Art der Präsentation und die mediale Einbettung der angegriffenen Bezeichnung können eher gegen die Gefahr einer Verwechslung der beiden in Rede stehenden Titel sprechen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch der Teil des Verkehrs, dem der Kolum- nentitel „Stimmt’s?“ der Klägerin geläufig ist und dem unter dem gleichen Titel die Rubrik im Internetportal der Beklagten begegnet, wegen der unterschiedlichen medialen Einbettung mit Blick auf den deutlichen Inhaltsbezug des Titels von einer zufälligen Übereinstimmung ausgehen und nicht annehmen wird, die hier wie dort unter diesem Titel erscheinenden Beiträge seien Teil derselben Serie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - worauf die Revision mit Recht hinweist - die Nutzer eines Internetportals nach der Lebenserfahrung in aller Regel wissen, wessen Informationsangebot sie gerade in Anspruch nehmen (vgl. zur Senderwahl der Fernsehzuschauer BGHZ 147, 56, 66 - Tagesschau; ferner OLG Hamburg, NJW-RR 1997, 357, 358, insoweit bestätigt von BGH, GRUR 2000, 70, 72 - SZENE). Die Gefahr, dass die Nutzer des Portals der Beklagten im Hinblick auf den Titel „Stimmt’s“ annehmen, sie befänden sich auf der Inter- netseite der Klägerin, erscheint unter diesen Umständen als eher fernliegend.
28
Dem kann - anders als die Revisionserwiderung unter Berufung auf das landgerichtliche Urteil meint - auch nicht entgegengehalten werden, der Schutz von Rubriktiteln laufe leer, wenn die Verwechslungsgefahr schon deshalb verneint werden könne, weil die beiden mit dem gleichen Titel versehenen Rubriken in Publikationen mit unterschiedlichem Haupttitel erschienen (vgl. hierzu Viefhues/Emsinghoff, AfP 2008, 358, 359 ff.). Tragen beispielsweise zwei Rubriken in zwei ähnlichen Zeitschriften denselben Titel, ist es denkbar, dass der wenig aufmerksame Leser mit Blick auf die Rubrik die eine Zeitschrift für die andere hält (vgl. OLG München, GRUR-RR 2008, 402, 404). Darüber hinaus wird bei besonders kennzeichnungskräftigen Titeln auch ein Teil der Leser, die erkennen, dass es sich um zwei verschiedene Organe handelt, davon ausgehen , dass es sich um eine Rubrik handelt, die hier wie dort erscheint.
29
cc) Unter diesen Umständen kann das angefochtene Urteil mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
30
III. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin - etwa unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung (§ 4 Nr. 9 Buchst. b UWG) oder der gezielten Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG) - kommen nicht in Betracht. Das Berufungsge- richt hat festgestellt, dass der regelmäßig verwendeten Kolumnenüberschrift „Stimmt’s“ keine herkunftshinweisende Kennzeichnungskraft zukommt. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revisionserwiderung auch nicht in Frage gestellt.
31
IV. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend selbst beurteilen, ob Verwechslungsgefahr vorliegt. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zwar eine Rechtsfrage, die grundsätzlich auch das Revisionsgericht beantworten kann (BGH, Urteil vom 14. Mai 2009 - I ZR 231/06, GRUR 2009, 1055 Rn. 62 = WRP 2009 1533 - airdsl). Voraussetzung dafür ist aber die Beurteilung des Gesamteindrucks der Zeichen, die im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - I ZR 123/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ /TISSERAND; Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 516 = WRP 2004, 758 - Telekom). Eine fehlerfreie Gesamtbeurteilung auf der Grundlage einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Klagezeichens , Titelidentität und Ähnlichkeit der mit dem Titel bezeichneten Inhalte unter Berücksichtigung der medialen Einbettung ist bisher durch das Berufungsgericht nicht erfolgt.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.02.2008 - 315 O 549/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 12.05.2010 - 3 U 58/08 -

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 259/00 Verkündet am:
17. Juli 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Paperboy
Werden mit einer Klage Verbote verschiedener Handlungen begehrt, deren
Ausspruch jeweils von unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen
abhängt, erfordert es das Gebot, einen bestimmten Klageantrag zu
stellen, daß die einzelnen Handlungen in gesonderten Anträgen als konkrete
Verletzungsformen umschrieben werden.

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BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Oktober 2000 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klageantrag zu 1 statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Verlag der Klägerin erscheinen die Zeitung "Handelsblatt" und die Zeitschrift "DM". Einzelne darin veröffentlichte Beiträge nimmt die Klägerin auch in ihr Internet-Informationsangebot auf.
Die Beklagten, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, bieten im Internet unter der Adresse "www.paperboy.de" einen Suchdienst für tagesaktuelle Nachrichten, insbesondere Zeitungsnachrichten, an. Der Suchdienst
"Paperboy" wertet die Website (d.h. den Internetauftritt als die Gesamtheit der unter einer Internetadresse in das Internet gestellten Webseiten) von mehreren hundert Nachrichtenanbietern aus. Weit überwiegend handelt es sich dabei um die Webangebote von Zeitungstiteln, darunter auch von "Handelsblatt" und "DM", aber auch um Veröffentlichungen von Unternehmen und Organisationen, Staatsorganen, Behörden und politischen Parteien. In die Suche werden nur tagesaktuelle Informationen einbezogen. Aus diesem Material weist "Paperboy" auf Anfrage diejenigen Veröffentlichungen in Form einer Auflistung nach, die den vom Nutzer (insbesondere durch Suchworte) vorgegebenen Suchkriterien entsprechen. Zugleich werden aus der betreffenden Veröffentlichung Stichworte und, zumindest teilweise, Satzteile oder Sätze angegeben, um den Inhalt der Veröffentlichung näher zu kennzeichnen.
Ein Beispiel ist folgender Hinweis auf eine Webseite des "K. Express" :
"[K. Express]: Express Online - News Donnerstag, 25. Februar 1999, 02.39 Uhr News Bundestag: Es krachte gewaltig Kanzler kontra CSU-Chef exp Bonn - Die Redeschlacht war hart, die Wortwahl markig. Regierung und Opposition schenkten sich am zweiten Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union FDP Kampf 759 Wörter, 5550 Bytes". Die beiden Aussagen "Bundestag: Es krachte gewaltig" und "Kanzler kontra CSU-Chef" geben wörtlich Überschriften des nachgewiesenen Artikels wieder. Dem Artikel entstammen weiter der Satz "Die Redeschlacht war hart, die Wortwahl markig", der Satzteil "Regierung und Opposition schenkten sich am zweiten" sowie die Worte "Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union FDP Kampf".
In der jeweils ersten Zeile der aufgelisteten Suchergebnisse ist die Quelle angegeben (im Beispiel: "[K. Express]: Express Online - News"). Diese Angabe ist als ein Hyperlink (elektronischer Verweis) ausgestaltet, über den der Nutzer die angegebene Datei unmittelbar aufrufen kann. Durch Anklicken des Links kann die Datei mittels des im Computer des Nutzers eingerichteten Webbrowsers (eines Programms, das im World Wide Web den Zugang zu Webseiten und deren Betrachtung ermöglicht) automatisch abgerufen, in den Computer geladen und auf dem Bildschirm dargestellt werden. Bei dem Suchdienst "Paperboy" führt das Anklicken des Hyperlinks den Nutzer nicht auf die Startseite (Homepage) der Website des Informationsanbieters, sondern als sog. Deep-Link unmittelbar auf die ("tieferliegende") Webseite, auf der sich das Angebot befindet. Auf diese Weise wird der Nutzer an den Werbeeintragungen, die sich auf der Startseite des Internetauftritts befinden, vorbeigeleitet.
Die Beklagten bieten weiter an, dem Nutzer täglich eine Zusammenstellung aller tagesaktuellen Veröffentlichungen zu Suchworten, die von ihm angegeben werden, per E-Mail zu übermitteln. Diese Zusammenstellung bezeichnen sie als "persönliche Tageszeitung".
Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Suchdienst "Paperboy" ihre Rechte an dem Online-Angebot von "Handelsblatt" und "DM" verletze. Die von ihr auf diese Weise in das Internet gestellten Artikel seien urheberrechtlich schutzfähige Werke sowie Teile von Datenbanken, die nach § 87a UrhG geschützt seien. Mit der Nutzung der unter den Adressen "www.handelsblatt.com" und "www.dm-online.de" zugänglichen Datenbanken sei sie nur einverstanden, wenn dazu die von ihr selbst eingerichteten Suchmaschinen (etwa "Handelsblatt Topix") verwendet würden. Die Übermittlung von Teilen einzelner Artikel an den Nutzer des Suchdienstes sei ebenso rechtswidrig wie die Ermöglichung
des unmittelbaren Aufrufs des Volltextes der Artikel durch Hyperlinks. Das Suchdienstangebot von "Paperboy" und die Herstellung der "persönlichen Ta- geszeitung" seien zudem als unlautere Ausbeutung einer fremden Leistung, Rufausbeutung und Behinderung wettbewerbswidrig. Die Werbung mit der Bezeichnung "Ihre persönliche Tageszeitung" sei schließlich auch irreführend, weil der Nutzer durch die E-Mail-Übermittlung lediglich Hinweise auf Veröffentlichungen erhalte, auf die er mittels Hyperlink zugreifen könne.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen , wie auf ihren - in den Antrag in Form von Ausdrucken aufgenommenen - Webseiten
1. im Geschäftsverkehr das Paperboy-Informationssuchsystem für tagesaktuelle Nachrichten anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder dafür zu werben und/oder dafür werben zu lassen, soweit sich dies auf die Presseobjekte der Klägerin "DM" und/oder "Handelsblatt" bezieht, und/oder 2. die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung anzubieten und/ oder anbieten zu lassen. Auf einer der im Antrag wiedergegebenen Webseiten, deren Inhalt sich auch aus dem Berufungsurteil (S. 3-12) ergibt, wird "Paperboy" wie folgt vorgestellt :
"Paperboy ... Ihre persönliche Tageszeitung Paperboy ist ein Informationssuchsystem für tagesaktuelle Nachrichten. Mit Paperboy können Sie zum einen in den heutigen Meldungen von mehr als 290 der wichtigsten Nachrichtenanbietern suchen und zum anderen Ihre persönliche Tageszeitung erstellen, die Ihnen fortan jeden morgen als e-mail zugestellt wird, so daß Ihnen garantiert nichts mehr über Ihr
Unternehmen, Ihren Verein oder interessante Persönlichkeiten entgehen wird. Dieser Service ist kostenlos. Paperboy ist ein Service des H. systemhauses, H.. Wir bieten Lösungen für Inter- und Intranetanwendungen." Bei den übrigen in den Antrag aufgenommenen Webseiten handelt es sich um die Startseite (Homepage) von "Paperboy", die lediglich den Einstieg zu den anderen Webseiten eröffnet, eine Seite mit Hinweisen zum richtigen Suchen mit Hilfe des Suchdienstes, eine Liste der ausgewerteten Quellen (deren Zahl mit "zur Zeit 302" angegeben wird), eine Webseite mit der Aufforderung, weitere auszuwertende Quellen mitzuteilen, eine Zusammenstellung anderer Suchmaschinen und Verzeichnisse sowie eine Webseite, auf der angegeben wird, wie sich der Nutzer eine "persönliche Tageszeitung" einrichten könne.
Die Beklagten haben ein rechtswidriges Handeln in Abrede gestellt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es liege zwar keine Urheberrechtsverletzung vor, wohl aber ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Ausnutzens eines fremden Arbeitsergebnisses.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen,
die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung wie auf den nachfolgenden Seiten 3 bis 12 dieses Urteils wiedergegeben anzubieten und/oder anbieten zu lassen. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 97).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die Revisionsbeklagten waren in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, das Berufungsurteil durch Versäumnisurteil aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den - im Revisionsverfahren allein noch zu beurteilenden - Klageantrag zu 1 abgewiesen, weil das Informationssuchsystem "Paperboy" weder unter urheberrechtlichen noch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden sei.
Der Klägerin stünden auch dann keine Unterlassungsansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz zu, wenn unterstellt werde, daß jedenfalls einzelne der Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" urheberrechtlich geschützte Werke seien und angenommen werde, daß der im Internet zugängliche geordnete Bestand einer Vielzahl von Artikeln und Beiträgen aus beiden Presseerzeugnissen eine Datenbank im Sinne des § 87a UrhG sei.
Wenn "Paperboy" für seine Nutzer auf Suchanfrage hin tagesaktuelle Veröffentlichungen aufliste, würden keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletzt. Die Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung betroffener Werke würden dadurch schon deshalb nicht berührt, weil nicht dargetan sei, daß bei der Angabe einzelner Sätze, Satzteile oder Stichworte auch nur in Einzelfällen urheberrechtlich schutzfähige Werkteile übernommen worden seien.
Eine solche Wiedergabe von Ausschnitten aus den einzelnen Artikeln greife auch nicht in etwaige Rechte der Klägerin an einer Datenbank ein, weil sie weder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufe noch die berechtigten Interessen der Klägerin an der Datenbank unzumutbar beeinträchtige.
Urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin würden auch nicht dadurch verletzt, daß der Suchdienst "Paperboy" nicht jeweils auf die Startseite (Homepage) des Internetauftritts (der Website) der Klägerin, sondern durch Deep-Links unmittelbar auf den gesuchten Beitrag verweise. Da die Beiträge durch die Nutzer aufgerufen würden, komme insoweit nur eine Haftung der Beklagten als Störer oder Anstifter in Betracht. Eine solche Haftung sei jedoch nicht gegeben, weil die Nutzer nicht rechtswidrig handelten. Die abgerufenen Beiträge würden nicht im Sinne des § 17 UrhG verbreitet. Wenn ein einzelner Beitrag durch den Nutzer vorübergehend im Arbeitsspeicher seines Computers gespeichert werde, sei dies zwar eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG, diese sei aber nicht rechtswidrig, weil sie nur zum eigenen Gebrauch vorgenommen werde und daher von der Urheberrechtsschranke des § 53 UrhG gedeckt sei.
Die Nutzung der tagesaktuellen Veröffentlichungen sei weiterhin kein rechtswidriger Eingriff in das - unterstellte - Recht der Klägerin als Herstellerin einer Datenbank aus § 87b UrhG, weil durch den Abruf einzelner, allenfalls weniger Beiträge jedenfalls nicht nach Art und Umfang wesentliche Teile der Datenbank der Klägerin genutzt würden. Die Datenbank werde von den Nutzern, auch wenn diese wiederholt auf sie zugreifen sollten, nicht systematisch vervielfältigt.
Die tägliche Auflistung der jeweils aktuellen Veröffentlichungen gemäß den vom Nutzer bestimmten Suchworten und die E-Mail-Übermittlung dieser Liste an den Nutzer als "persönliche Tageszeitung" greife ebenfalls nicht in Rechte der Klägerin an den einzelnen Artikeln oder der Datenbank ein. Insoweit gelte letztlich nichts anderes als bei der Beurteilung der Vorgänge bei den einzelnen Suchabfragen.
Die Beklagten handelten auch nicht wettbewerbswidrig, wenn sie Nutzer von "Paperboy", die einen gefundenen Beitrag abrufen wollten, durch die Verwendung von Deep-Links an der Werbung vorbeiführten, die sich auf den "überschlagenen" Webseiten befinde. Dabei könne offenbleiben, ob die Klägerin dies technisch verhindern könne. Der Nutzer habe ein Interesse daran, schnell und ohne als Umweg empfundene Zwischenstufen an sein Ziel geleitet zu werden. Dieses Interesse müsse sich die Klägerin entgegenhalten lassen, nehme sie doch durch die Präsentation ihrer Beiträge im Internet ein Medium für ihre gewerblichen Zwecke in Anspruch, bei dem ein möglichst unmittelbarer und schneller Zugriff auf die Fülle der dort zugänglichen Informationen im allgemeinen Interesse liege. Die Minderung ihrer Werbeeinnahmen wiege für die Klägerin nicht schwer genug, um das Vorgehen der Beklagten wettbewerbswid-
rig zu machen. Die Klägerin könne zudem ihre Werbeeinblendungen weitgehend auf die Webseiten mit den Beiträgen verlagern.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
Der Klageantrag zu 1 ist - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, da er nicht hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ein derartiger Mangel ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen).
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269 - Zugabenbündel; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, Umdruck S. 7 - Erbenermittler , jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag zu 1 nicht.
Es ist Sache des Klägers, mit seinem Klageantrag den Umfang seines Unterlassungsbegehrens abzugrenzen und damit den Streitgegenstand zu bestimmen. Dies ist hier nicht geschehen. Der Klageantrag zu 1 ist unbestimmt, weil die Zielrichtung, die er nach seinem Wortlaut hat, in Widerspruch zu seiner Begründung steht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 12.10.1995 - I ZR 191/93,
GRUR 1996, 57, 60 = WRP 1996, 13 - Spielzeugautos). Der Antrag umschreibt - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht Verletzungshandlungen (konkrete Verletzungsformen), deren Verbot begehrt wird. Nach seinem Wortlaut richtet er sich vielmehr lediglich gegen die - durch Wiedergabe mehrerer Webseiten dargestellte - konkrete Art und Weise, wie der Suchdienst "Paperboy" im Internet öffentlich angeboten und beworben wird, soweit sich dies auf die Presseerzeugnisse "Handelsblatt" und "DM" bezieht. Um ein solches Verbot geht es der Klägerin mit ihrem Unterlassungsbegehren jedoch nicht. Nach der Klagebegründung sollen den Beklagten verschiedene Handlungen, die sie im Rahmen ihres Suchdienstes begehen, als rechtswidrig verboten werden. Welche konkreten Handlungen gemeint sind, ist dem Antrag selbst aber nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Beanstandungen der Klägerin damit zusammenhängen, daß der Suchdienst der Beklagten Deep-Links auf Artikel setzt, die von der Klägerin im Rahmen ihrer Internetauftritte ins Netz gestellt worden sind. Deshalb ist es auch nicht möglich, im Wege der Auslegung den Gegenstand des Klageantrags anhand seiner Begründung zu konkretisieren.
Ein Verbot der verschiedenen Handlungen, die nach der Klagebegründung als Eingriffe in Rechte der Klägerin aus dem Urheberrechtsgesetz oder als wettbewerbswidrig beanstandet werden, hätte zudem - wie auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils deutlich machen - jeweils sehr unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen. Bei einer derartigen Sachlage hätten die verschiedenen Handlungen, die Gegenstand des Rechtsstreits sein sollen, in gesonderten Anträgen als konkrete Verletzungsformen umschrieben werden müssen. Eine solche Konkretisierung des Klageziels erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidi-
gung danach ausrichten zu können (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 1/01, WRP 2003, 896, 899 - Reinigungsarbeiten, für BGHZ vorgesehen).
III. Die Unbestimmtheit des Klageantrags zu 1 hat nicht zur Folge, daß die Sache insoweit - unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um der Klägerin Gelegenheit zu geben , das mit ihrer Klage verfolgte Begehren in Anträge zu fassen, die dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechen (vgl. dazu auch BGHZ 135, 1, 8 - Betreibervergütung; BGH, Urt. v. 19.4.2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, 2281; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 - Rechenzentrum, jeweils m.w.N.). Denn der Klägerin stehen keine ihrem Begehren entsprechenden materiell-rechtlichen Unterlassungsansprüche zu. Dies kann der Senat auf der Grundlage des festgestellten und des unstreitigen Sachverhalts selbst beurteilen.
1. Unterlassungsansprüche der Klägerin aus § 97 Abs. 1 UrhG zur Verhinderung von Eingriffen in ihre Vervielfältigungsrechte an den Beiträgen aus dem "Handelsblatt" und aus "DM", die sie im Internet - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kostenlos - öffentlich zugänglich gemacht hat, bestehen nicht.

a) Die Klägerin kann von den Beklagten nicht verlangen, daß es diese unterlassen, Nutzern von "Paperboy" in dem dargelegten Umfang Ausschnitte aus Artikeln ihrer Presseerzeugnisse zu übermitteln. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, daß durch die Art und Weise, wie "Paperboy" Veröffentlichungen nachweist, selbständig urheberrechtlich schutzfähige Werkteile genutzt werden könnten. Aus diesem Grund kann auch die Übermittlung der "persönlichen Tageszeitung", die lediglich eine Zusammen-
stellung derartiger Hinweise auf tagesaktuelle Veröffentlichungen ist, keinen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen.

b) Die Beklagten greifen durch das Setzen von Hyperlinks auch dann nicht in Vervielfältigungsrechte ein, wenn die Datei, zu der eine Verknüpfung hergestellt wird, ein geschütztes Werk enthält. Durch einen Hyperlink wird das Werk nicht im Sinne des § 16 UrhG vervielfältigt (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rdn. 22; Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks , 2002, Rdn. 29; Sosnitza, CR 2001, 693, 698; Plaß, WRP 2001, 195, 202). Ein Link ist lediglich eine elektronische Verknüpfung der den Link enthaltenden Datei mit einer anderen in das Internet eingestellten Datei. Erst wenn der Nutzer den Link anklickt, um diese Datei abzurufen, kann es zu einer urheberrechtlich relevanten Vervielfältigung - im Bereich des Nutzers - kommen.

c) Die Beklagten haften auch nicht als Störer dafür, daß sie Nutzern von "Paperboy" durch Deep-Links ermöglichen, unmittelbar den Volltext nachgewiesener Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" abzurufen und zu vervielfältigen.
Eine Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an bestimmten Werken durch Dritte als Voraussetzung für eine Störerhaftung der Beklagten hat die Klägerin nicht dargetan.
Die Frage, ob ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen einen Störer auch dann in Betracht kommen kann, wenn (noch) nicht festgestellt ist, daß er bereits zu einer bestimmten rechtswidrigen Handlung eines Dritten beigetragen hat und eine Beeinträchtigung lediglich zu befürchten ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 904
= WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer), kann dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Nutzer, der mit Hilfe der von "Paperboy" gesetzten Hyperlinks Presseartikel abruft, an diesen bestehende urheberrechtliche Befugnisse verletzt. Denn die Beklagten würden für ein rechtswidriges Handeln der Nutzer nicht allein deshalb als Störer haften, weil sie durch Hyperlinks den unmittelbaren Zugriff auf urheberrechtlich geschützte, vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Presseartikel vorbereiten.
Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es ist seine Entscheidung, ob er das Werk trotz der Möglichkeit, daß nach Abruf auch rechtswidrige Nutzungen vorgenommen werden, weiter zum Abruf bereithält. Es wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird (vgl. dazu auch Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2002, S. 172 ff.; Ernst, NJW-CoR 1997, 224; Plaß, WRP 2001, 195, 202). Die Gefahr rechtswidriger Nutzungen eines vom Berechtigten selbst im Internet öffentlich bereitgehaltenen Werkes wird durch Hyperlinks Dritter nicht qualitativ verändert, sondern nur insofern erhöht, als dadurch einer größeren Zahl von Nutzern der Zugang zum Werk eröffnet wird. Auch ohne Hyperlink kann ein Nutzer unmittelbar auf eine im Internet öffentlich zugängliche Datei zugreifen, wenn ihm deren URL (Uniform Resource Locator), die Bezeichnung ihres Fundorts im World Wide Web, genannt wird. Ein Hyperlink verbindet mit einem solchen Hinweis auf die Datei, zu der die Verknüpfung gesetzt wird, lediglich eine technische Erleichterung für ihren Abruf. Er ersetzt die sonst vorzunehmende Eingabe der URL im Adreßfeld des Webbrowsers und das Betätigen der Eingabetaste.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, inwieweit sich Nutzer hin- sichtlich der Vervielfältigung abgerufener Werke auf die Privilegierung von Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch berufen können (§ 53 UrhG). Ebenso kann offenbleiben, ob ein Berechtigter, der ein Werk im Rahmen seines Internetauftritts allgemein zugänglich gemacht hat, stillschweigend sein Einverständnis mit Vervielfältigungen erklärt, die mit dem Abruf des Werkes notwendig verbunden sind (vgl. zu dieser Frage Leistner in Bettinger /Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2003, S. 109 ff. m.w.N.).

d) Die Frage, ob das Setzen eines Hyperlinks in der Form eines DeepLinks dann eine urheberrechtliche Störerhaftung begründen kann, wenn der Berechtigte solche Links auf technischem Weg verhindern will, der Linksetzende aber solche Sperren umgeht, kann offenbleiben. Die Klägerin hat nicht behauptet , daß sie technische Schutzmaßnahmen gegen den unmittelbaren Zugriff auf "tieferliegende" Webseiten ihrer Internetauftritte anwende. Die Revision trägt zwar vor, ein Zugang zu den einzelnen von der Klägerin zum Abruf bereitgehaltenen Artikeln sei dem gewöhnlichen Nutzer nur über die Startseite ihrer Internetauftritte möglich. Daraus folgt aber nicht, daß die Klägerin Maßnahmen gegen einen unmittelbaren Abruf von Artikeln mit Hilfe von Deep-Links getroffen hat. Der Umstand, daß Nutzer, denen kein Hyperlink zur Verfügung gestellt wird, den Weg über die Startseiten der Internetauftritte der Klägerin gehen müssen, wenn sie die URL als genaue Fundstelle der dort gesuchten Dateien nicht kennen, ist kein technisches Hindernis für den unmittelbaren Zugriff. Der Umweg über die Startseite kann einem Nutzer bereits durch eine - innerhalb oder außerhalb des Internets veröffentlichte - Fundstellenangabe, die einen unmittelbaren Aufruf der Datei ermöglicht, erspart werden.
2. Die Klägerin kann einen auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG auch nicht auf eine Verletzung ihr zustehender urheberrechtlicher Nutzungsrechte an der Zugänglichmachung von Artikeln aus "Handelsblatt" und "DM" stützen, weil das Setzen eines Hyperlinks auf eine Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk nicht in solche Rechte eingreift.

a) Nach § 15 UrhG steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, die öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu erlauben oder zu verbieten. Dieses Recht ist als unbenanntes Recht der Verwertung des Werkes in unkörperlicher Form in dem umfassenden Verwertungsrecht aus § 15 UrhG enthalten. Dabei wird allerdings die Frage, welche konkreten Nutzungshandlungen durch dieses Recht erfaßt werden, unterschiedlich beurteilt. Nach der einen Ansicht ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nur als Recht an dem öffentlichen Bereithalten von Werken zur Abrufübertragung zu verstehen, nach anderer Ansicht nur als Recht an der Abrufübertragung selbst, nach einer dritten Ansicht als ein Verwertungsrecht, das sowohl ein Bereithaltungsrecht als auch ein Abrufübertragungsrecht umfaßt und sich damit - ähnlich wie das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) - auf zwei verschiedene Verwertungshandlungen bezieht (vgl. dazu Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 15 Rdn. 2; Wandtke/Bullinger/Heerma, Urheberrecht, § 15 Rdn. 12 ff.; Schrikker /v. Ungern-Sternberg aaO § 15 Rdn. 22 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht , 2. Aufl., Rdn. 415 ff.; Haberstumpf, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., Rdn. 286 ff.; Völker in Ensthaler/Bosch/Völker, Handbuch Urheberrecht und Internet, 2002, S. 177 ff., jeweils m.w.N.). Eine nähere Erörterung dieser Fragen kann hier jedoch unterbleiben, weil die beanstandeten Handlungen jedenfalls nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, gleichgültig auf welche Nutzungshandlungen dieses bezogen wird, eingegriffen haben.


b) Wer einen Hyperlink auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk setzt, begeht damit keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, sondern verweist lediglich auf das Werk in einer Weise, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang erleichtert (vgl. Dustmann, Die privilegierten Provider, 2001, S. 188 f.; Manz, Die Haftung für Urheberrechtsverletzungen im Internet nach deutschem und amerikanischem Recht, 1999, S. 53 f.; Börsch, Sind Hyperlinks rechtmäßig?, 2003, S. 148 f.; Plaß, WRP 2000, 599, 602; dies., WRP 2001, 195, 202; Schack, MMR 2001, 9, 14 Fn. 77; Nolte, ZUM 2003, 540, 541 f.; ebenso österr. OGH MR 2003, 35 f. - METEO-data, mit zustimmender Anmerkung Burgstaller/Krüger ; a.A. Marwitz, K&R 1998, 363, 373). Er hält weder das geschützte Werk selbst öffentlich zum Abruf bereit, noch übermittelt er dieses selbst auf Abruf an Dritte. Nicht er, sondern derjenige, der das Werk in das Internet gestellt hat, entscheidet darüber, ob das Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Wird die Webseite mit dem geschützten Werk nach dem Setzen des Hyperlinks gelöscht , geht dieser ins Leere. Einem Nutzer, der die URL als genaue Bezeichnung des Fundorts der Webseite im Internet noch nicht kennt, wird der Zugang zu dem Werk durch den Hyperlink zwar erst ermöglicht und damit das Werk im Wortsinn zugänglich gemacht; dies ist aber auch bei einem Hinweis auf ein Druckwerk oder eine Webseite in der Fußnote einer Veröffentlichung nicht anders.

c) Die Informationsgesellschafts-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001 S. 10 = GRUR Int. 2001, 745), die bis zum 22. Dezember 2002 umzusetzen war (vgl. nunmehr den Ge-
setzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 11.4.2003, BR-Drucks. 271/03 für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft ), hat die urheberrechtliche Beurteilung von Hyperlinks, wie sie hier in Rede stehen, nicht verändert (vgl. Burgstaller/Krüger, MR 2003, 37; Nolte, ZUM 2003, 540, 541 f.; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 33 ff.; Stomper , MR 2003, 33, 34). Nach Art. 3 Abs. 1 der InformationsgesellschaftsRichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Urhebern das ausschließliche Recht zu gewähren, die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, daß sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Diese Vorschrift bezieht sich auf Werknutzungen der öffentlichen Wiedergabe. Das Setzen eines Hyperlinks ist keine Wiedergabe in diesem Sinn; es bewirkt weder das (weitere) Bereithalten des Werkes noch eine Abrufübertragung des Werkes an den Nutzer.
3. Entgegen der Ansicht der Revision verletzen die Beklagten mit ihrem Suchdienst "Paperboy" auch nicht die Rechte, die der Klägerin nach ihrer Behauptung als Datenbankhersteller zustehen.

a) Zu den Rechten des Datenbankherstellers gemäß § 87b UrhG gehört nach weit überwiegender Ansicht schon nach geltendem Recht neben dem Vervielfältigungsrecht das Recht, die Datenbank öffentlich zugänglich zu machen (vgl. Leistner, Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, 2000, S. 307 f.; a.A. Koch, ZUM 2001, 839, 841 f.). Der Inhalt dieses Rechts wird nach der noch geltenden Rechtslage - wie bei dem entsprechenden Recht des Urhebers (vorstehend unter 2.) - unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird es als Abrufübertragungsrecht verstanden (vgl. Schrikker /Vogel aaO § 87b Rdn. 5 f., 20; Lührig in Ensthaler/Bosch/Völker aaO
S. 136 f.; Fromm/Nordemann/Hertin aaO § 87b Rdn. 1; Haberstumpf, GRUR 2003, 14, 28) und teilweise als ein Recht, das ein Abrufübertragungsrecht und ein Bereitstellungsrecht umfaßt (vgl. Wandtke/Bullinger/Thum aaO § 87b Rdn. 38 ff.; Möhring/Nicolini/Decker, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 87b Rdn. 5). Diese Frage kann jedoch unerörtert bleiben, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 87b UrhG) aus den nachstehend dargelegten Gründen keinen Erfolg haben kann.

b) Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, daß die Artikel, die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich gemacht werden, Bestandteile von Datenbanken sind. Mit dem Setzen von Hyperlinks zu diesen Artikeln nehmen die Beklagten jedenfalls keine Nutzungshandlungen vor, die einem Datenbankhersteller vorbehalten sind.
aa) Das Setzen von Deep-Links, die den Nutzern von "Paperboy" ermöglichen , unmittelbar den Volltext der Artikel abzurufen, ist als solches keine unter § 87b UrhG fallende Nutzungshandlung (a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 68). Die oben (unter III. 1. und 2.) dargelegten Gründe, aus denen das Setzen eines Hyperlinks keine urheberrechtliche Nutzungshandlung ist, gelten hier entsprechend.
bb) Ebenso wird ein Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG nicht verletzt, wenn - wie hier - aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in einer Datenbank gespeichert sind, einzelne kleinere Bestandteile an Nutzer übermittelt werden, um diesen einen Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des Volltextes für sie sinnvoll wäre. Darin liegt keine unter § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG fallende Nutzungshandlung.
Der Suchdienst "Paperboy" geht zwar bei seiner Auswertung von Inter- netauftritten - auch denen von "Handelsblatt" und "DM" - im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG "wiederholt und systematisch" vor. Die beanstandeten Handlungen laufen aber einer normalen Auswertung der benutzten Datenbanken nicht zuwider. Diese wird nicht beeinträchtigt, wenn möglichen Nutzern aus eingespeicherten Presseartikeln einzelne splitterhafte Kleinbestandteile mitgeteilt werden, um den Inhalt der Artikel anzudeuten. Die Benutzung der Datenbank wird dadurch nicht ersetzt, sondern allenfalls angeregt. Auch durch wiederholte Zugriffe auf einzelne Datenbanken summieren sich die mitgeteilten Artikelbestandteile nicht zu wesentlichen Teilen der Datenbanken (vgl. dazu auch Schricker/Vogel aaO § 87b Rdn. 22; Möhring/Nicolini/Decker aaO § 87b Rdn. 8; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 833; vgl. weiter - zu Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie - Bensinger, Sui-generis Schutz für Datenbanken, 1992, S. 213 f.). Dies gilt hier auch, soweit die Beklagten solche Artikelbestandteile Nutzern mit den von ihnen als "persönliche Tageszeitung" bezeichneten Hyperlink -Hinweisen zu bestimmten Themen übermitteln.

c) Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daß Nutzer von "Paperboy" durch Abruf aus der Vielzahl von Datenbanken, die ausgewertet werden, wiederholt und systematisch gerade die Datenbanken von "Handelsblatt" und "DM" in einer Weise benutzen, die deren normaler Auswertung zuwiderläuft. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies auch nicht der Fall.
4. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht die Ansicht vertreten, daß die Beklagten nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG handeln, wenn ihr Suchdienst Nutzern durch Hyperlinks ermöglicht, unmittelbar auf Artikel zuzugreifen , die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich sind.

Im Hinblick darauf, daß die beanstandeten Handlungen urheberrechtlich unbedenklich sind, kämen Ansprüche aus § 1 UWG nur in Betracht, wenn sie wegen des Vorliegens besonderer Umstände gleichwohl als wettbewerbswidrig anzusehen wären (vgl. BGHZ 134, 250, 267 - CB-infobank I; 140, 183, 189 - Elektronische Pressearchive; 141, 13, 27 - Kopienversanddienst; vgl. weiter Wandtke/Bullinger/Thum aaO Vor § 87a ff. Rdn. 29). Solche Umstände sind hier nicht gegeben.
Durch das Setzen von Hyperlinks auf Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" übernehmen die Beklagten keine Leistung der Klägerin. Sie erleichtern - wie dargelegt - nur den Zugriff auf Artikel, die der Öffentlichkeit bereits ohnehin zugänglich sind. Mit ihrem Suchdienst, der eine Vielzahl von Internetauftritten auswertet, bieten die Beklagten eine eigene Leistung an. Diese wäre ihnen zwar nicht möglich, wenn nicht Unternehmen wie die Klägerin ihre Informationsangebote im Internet öffentlich zugänglich machen würden, die Beklagten bieten aber der Allgemeinheit einen erheblichen zusätzlichen Nutzen durch die gemeinsame Erschließung dieser Informationsquellen. Die Herkunft der nachgewiesenen Artikel wird nicht verschleiert. Entgegen der Ansicht der Revision werden deshalb die Nutzer von "Paperboy" nicht irregeführt; ebensowenig wird der gute Ruf von Informationsanbietern wie der Klägerin ausgebeutet.
Die Beklagten handeln auch nicht deshalb unlauter, weil ihr Suchdienst durch Deep-Links den unmittelbaren Zugriff auf die von ihm nachgewiesenen Artikel ermöglicht und die Nutzer so an den Startseiten der Internetauftritte der Klägerin vorbeiführt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widerspricht dies zwar dem Interesse der Klägerin an Werbeeinnahmen, die sie dadurch erzielen kann, daß Nutzer, die Artikel über die Startseiten aufrufen, zu-
nächst der dort aufgezeigten Werbung begegnen. Die Klägerin, die ihre Artikel im Internet selbst öffentlich zugänglich macht, kann aber nicht verlangen, daß nur der umständliche Weg über die Startseiten ihrer Internetauftritte gegangen wird und die Möglichkeiten der Hyperlinktechnik ungenutzt bleiben (vgl. dazu auch Plaß, WRP 2000, 599, 607; Sosnitza, CR 2001, 693, 702 f.; vgl. weiter österr. OGH MR 2003, 35, 36 - METEO-data; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki /Wiebe aaO Rdn. 103). Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen , daß die Klägerin, wenn sie das Internet für ihre Angebote nutzt, auch die Beschränkungen in Kauf nehmen muß, die sich aus dem Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Internets für die Durchsetzung ihrer Interessen ergeben. Ohne die Inanspruchnahme von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks (gerade in der Form von Deep-Links) wäre die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen. Ein Berechtigter, der die Vorteile des World Wide Web, die gerade auch auf der Hyperlinktechnik beruhen, für seine Angebote in Anspruch nimmt, kann es deshalb nicht als unlautere Behinderung beanstanden, wenn andere die Hyperlinktechnik zur Erschließung seines eigenen Webangebots für die Öffentlichkeit nutzen. Die Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks ist wettbewerbsrechtlich zumindest dann grundsätzlich hinzunehmen, wenn diese lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachter Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen für Nutzer erleichtern (vgl. dazu auch Stadler aaO S. 199 f., 208).
Im übrigen kann die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ihre Werbeeinblendungen auch auf die "tieferliegenden" Webseiten mit den einzelnen Artikeln verlagern und so eine Beeinträchtigung ihrer Werbeeinnahmen zumindest abmildern, falls es ihr nicht - wie die Beklagten behaupten - möglich
sein sollte, den unmittelbaren Zugriff auf ihre Artikel mit Hilfe von Deep-Links mit technischen Mitteln zu verhindern.
IV. Die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil war danach mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Klageantrag zu 1 statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird. Der Abweisung des Klageantrags zu 1 als unzulässig statt als unbegründet steht nicht entgegen, daß nur die Klägerin Revision eingelegt hat (vgl. BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen, m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher
21
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 1, 8 f. – Paperboy; BGH, Urt. v. 24.2.2005 – I ZR 128/02, GRUR 2005, 304, 305 = WRP 2005, 739 – Fördermittelberatung , jeweils m.w.N.; Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Tz. 16 = WRP 2007, 775 – Telefonwerbung für „Individualverträge“). Aus diesem Grund sind insbesondere Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; Urt. v. 12.7.2001 – I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 – Rechenzentrum; GRUR 2007, 607 Tz. 16 – Telefonwerbung für „Individualverträge“
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aa) Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 156, 1, 8 f. - Paperboy; BGH, Urt. v. 9.7.2009 - I ZR 13/07, GRUR 2009, 977 Tz. 21 = WRP 2009, 1076 - Brillenversorgung). Danach sind Unterlassungsanträge , die lediglich den Gesetzeswortlaut wiedergeben, in der Regel als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Etwas anderes kann gelten, wenn entweder bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst eindeutig und konkret gefasst oder sein Anwendungsbereich durch eine gefestigte Auslegung geklärt ist, sowie auch dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, dass er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (BGH, Urt. v. 16.11.2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Tz. 16 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für "Individualverträge"; Urt. v. 4.10.2007 - I ZR 22/05, GRUR 2008, 532 Tz. 16 = WRP 2008, 782 - Umsatzsteuerhinweis ). Die Wiedergabe des gesetzlichen Verbotstatbestands in der Antragsformulierung ist auch dann unschädlich, wenn sich das mit dem selbst nicht hinreichend klaren Antrag Begehrte im Tatsächlichen durch Auslegung unter Heranziehung des Sachvortrags des Klägers eindeutig ergibt und die betreffende tatsächliche Gestaltung zwischen den Parteien nicht in Frage gestellt ist, sondern sich der Streit der Parteien ausschließlich auf die rechtliche Qualifizierung der angegriffenen Verhaltensweise beschränkt (BGH, Urt. v. 29.6.1995 - I ZR 137/93, GRUR 1995, 832, 834 = WRP 1995, 1026 - Verbraucherservice; Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 35/04, GRUR 2007, 708 Tz. 50 = WRP 2007, 964 - Internet-Versteigerung II).

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

(3) Handelt es sich bei der geschäftlichen Bezeichnung um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so ist es Dritten ferner untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, wenn keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne des Absatzes 2 besteht, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(4) Wer eine geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen entgegen Absatz 2 oder Absatz 3 benutzt, kann von dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht.

(5) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. § 14 Abs. 6 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) § 14 Abs. 7 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, KfH 6, vom 8. Juli 2014, Az. 406 HKO 71/14, abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.

und beschließt:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf insgesamt € 71.011,90 festgesetzt. Davon entfallen € 57.500,00 auf die erstrangig geltend gemachten Ansprüche aus der Klagemarke, je € 6.000,00 auf die hilfsweise aus Titelschutzrecht und hilfshilfsweise aus Wettbewerbsrecht geltend gemachten Ansprüche sowie € 1.511,90 auf die Widerklage.

Gründe

A.

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Marken- und Titelschutzrecht und ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz auf Unterlassung der Verwendung der Bezeichnung „Mira“ als Titel einer Frauenzeitschrift sowie auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Rückruf bzw. Vernichtung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

2

Die Klägerin betreibt einen Verlag. Bis zum 1. April 2015 firmierte sie unter H Enterprises GmbH. Seither lautet ihre Firma H. Germany GmbH.

3

Die kanadische Fa. H. Enterprises Ltd. ist beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als Inhaberin der deutschen Wortmarke „MIRA“, Nr. 2097054, registriert, die mit Priorität vom 26. April 1994 für die Waren „Druckerzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)“ eingetragen worden ist (BBS 1).

4

Die Beklagte, die G. Verlag GmbH, brachte im Oktober 2013 erstmals die Frauenzeitschrift "Mira" heraus (Anlage BBS 5), und zwar bundesweit, u. a. in Hamburg (Anlage BBS 6). Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23. Oktober 2013 ließ die Klägerin die Beklagte diesbezüglich abmahnen und zur Unterlassung des Vertriebs der Frauenzeitschrift „Mira“ auffordern. Darüber hinaus wurden Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Rückruf, Vernichtung sowie Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von € 1.531,90 geltend gemacht. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Vertrieb der Zeitschrift "Mira" die Rechte der Muttergesellschaft der Klägerin, der H. Enterprises Ltd., an der Marke "MIRA" verletze. Die Klägerin sei Lizenznehmerin dieser Marke und zudem von ihrer Muttergesellschaft ermächtigt worden, die Markenrechte im eigenen Namen geltend zu machen. Darüber hinaus genieße sie für die von ihr unter der Verlagsbezeichnung "MIRA" mit großem Erfolg verlegten und vermarkteten Romane seit geraumer Zeit überregionale Bekanntheit und sei Inhaberin entsprechender Titelschutzrechte. Mit dem Vertrieb der Zeitschrift "Mira" würden auch diese Titelschutzrechte verletzt (BBS 7).

5

Die Beklagte war nicht bereit, die verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Sie führte mit Schreiben vom 31. Oktober 2013 aus, dass keine Markenverletzung vorliege. Bei der Zeitschrift handele es sich nicht um ein Druckereierzeugnis der romantischen Belletristik (einschließlich Liebesromane). Wegen der hochgradig unterschiedlichen Werkarten liege auch keine Verletzung einer etwaigen Verlagsbezeichnung "MIRA" vor (Anlage BBS 8). Bereits zuvor, am 30. Oktober 2013, hatte die Beklagte eine entsprechende Schutzschrift hinterlegt (Anlage B 1)

6

Die Beklagte setzte den Vertrieb der Zeitschrift "Mira" fort (Anlage BBS 9/Ausgaben Januar 2014 und Februar 2014).

7

Am 24. März 2014 erhob die Klägerin vorliegende Hauptsacheklage.

8

Zur Klagbegründung hat sie ausgeführt, dass ihr die geltend gemachten Ansprüche nach §§ 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG, hilfsweise aus § 15 Abs. 4, Abs. 2 und Abs. 3 MarkenG und höchsthilfsweise aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz zustünden.

9

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie eine deutsche Konzerntochter der kanadischen Fa. H. Enterprises Ltd., d. h. der Inhaberin der Klagemarke, sei. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin sei die Fa. H. Enterprises II B. V.. Alleinige Gesellschafterin der Fa. H. Enterprises II B. V. sei die H. Enterprises Ltd.. Die Klägerin sei infolge von Umwandlungen und Verschmelzungen Rechtsnachfolgerin der C. Verlag GmbH & Co. KG sowie der C. Verlag Verwaltungsgesellschaft mbH geworden (Anlage BBS 15).

10

Die Markeninhaberin, ihre kanadische Muttergesellschaft, habe sie ermächtigt, die Rechte an der Marke "MIRA" in eigenem Namen geltend zu machen. Sie sei Lizenznehmerin der Marke „MIRA“ (Anlage BBS 2).

11

Die Klagemarke stehe in Kraft. Sie werde in den Büchern der MIRA-Taschenbuchreihe an verschiedenen Stellen markenmäßig verwendet, u. a. in Verbindung mit der auf den Markenschutz hinweisenden Angabe "®" (Anlagen BBS 10 bis BBS 12), und zwar seit dem Jahr 2002 bis heute (Anlagen BBS 13 bis BBS 14).

12

Die Marke "MIRA" sei bekannt. Seit dem Jahr 2002 verlege die Klägerin unter der Bezeichnung "MIRA" überaus erfolgreiche Roman-Taschenbuchreihen. Seit 2002 seien über 1.000 Bände erschienen (Anlagen BBS 16 bis BBS 18). Die Romane erfreuten sich seit Jahren überaus großer Beliebtheit und hätten überregionale Bekanntheit erlangt (Anlagen BBS 3, BBS 19 und BBS 20). Die Romane der "MIRA"-Reihe würden in großem Umfang als klassische Taschenbücher über den Buchhandel, in Zeitschriften- und Bahnhofskiosken, online und als E-Books – u. a. über den eigenen Internetshop der Klägerin (Anlagen BBS 4 und BBS 37) – vertrieben (Anlagen BBS 21 bis BBS 30).

13

Unter der Marke "MIRA" seien bis zum 12. Februar 2014 (nach Remissionen) 19.047.211 Taschenbücher abgesetzt worden. Allein im Jahr 2013 seien über 1,2 Mio. Taschenbücher (nur Print) veräußert worden. In dem schnell wachsenden E-Book-Bereich habe die Klägerin seit 2010 zusätzlich über 1,6 Mio. Exemplare abgesetzt. Der Marktanteil der "MIRA"-Taschenbücher im Bereich romantischer Literatur einschließlich Liebesromane belaufe sich auf 10 bis 15%. Im Segment Liebesromane sei sie mit einem Marktanteil von 94% Marktführer (Anlage BBS 31). Die Bücher seien umfangreich beworben und entsprechende Publikumskataloge in hoher Auflage gedruckt und verteilt worden (Anlagen BBS 32 bis BBS 36).

14

Die Verwendung der Bezeichnung "Mira" seitens der Beklagten erfolge ebenfalls markenmäßig, denn der angesprochene Verkehr verstehe die Bezeichnung bei der periodisch erscheinenden Zeitschrift "Mira" als Herkunftshinweis.

15

Zwischen der Zeitschrift "Mira" und den für die Marke "MIRA" geschützten Waren „Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)“ bestehe Verwechslungsgefahr. Der Begriff der "romantischen Belletristik" weise nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis darauf hin, dass die Inhalte der geschützten Druckereierzeugnisse, d. h. die erzählten Geschichten gefühlsbetont, träumerisch, schwärmerisch, versponnen-rührselig und sentimental seien (Anlage BBS 38). Zu diesen Druckereierzeugnissen zählten ganz maßgeblich die im Warenverzeichnis ausdrücklich genannten Liebesromane.

16

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie durch den Vertrieb der "MIRA"-Taschenbuchreihe gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG Rechte an dem Werktitel "MIRA" begründet habe. Aufgrund des streitgegenständlichen Vertriebs der Zeitschrift "Mira" bestehe auch Verwechslungsgefahr nach § 15 Abs. 2 MarkenG.

17

Die Beklagte hafte spätestens seit Erhalt der Abmahnung vom 23. Oktober 2013 (Anlage BBS 7) für die zweifelsfrei vorliegende Verletzung der Marken- und Titelschutzrechte.

18

Die Klägerin hat beantragt,

19

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,

20

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „Mira“ für Frauenzeitschriften ohne Zustimmung der H. Enterprises Ltd., Ontario, Kanada oder der Klägerin zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Frauenzeitschriften anzubringen, unter diesem Zeichen Frauenzeitschriften anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesen Zwecken zu besitzen oder dieses Zeichen in der Werbung für Frauenzeitschriften zu benutzen;

21

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus in Ziff. 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird;

22

3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen

23

a) über Herkunft und Vertriebsweg der nach Antrag zu Ziff. 1 gekennzeichneten Waren, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für welche die Waren bestimmt waren, über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Waren sowie über die Preise, die für die Waren bezahlt wurden;

24

b) über Art und Umfang der im Antrag zu Ziff. 1. beschriebenen Handlungen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Waren nach Antrag zu Ziff. 1. erzielten Umsätze, einschließlich Einnahmen für Werbung und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren ergeben, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben;

25

4. die Beklagte zu verurteilen, die nach Antrag zu Ziff. 1 gekennzeichneten Waren zurückzurufen, sie endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen sowie solche in ihrem Besitz oder Eigentum stehenden Waren zu vernichten;

26

5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.531,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. März 2014 zu zahlen.

27

Die Beklagte hat beantragt,

28

die Klage abzuweisen.

29

Die Beklagte hat die Klaganträge als nicht hinreichend bestimmt und insgesamt zu weit reichend moniert.

30

Sie hat den Klagvortrag weitgehend bestritten. So hat sie bestritten, dass die Klägerin Lizenznehmerin hinsichtlich der Klagemarke "MIRA" und prozessführungsbefugt sei. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Geltendmachung der Klagansprüche bestehe nicht.

31

Hinsichtlich der Klagemarke "MIRA" hat die Beklagte die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Die Bezeichnung "MIRA" sei nicht in der eingetragenen Form und nicht als Marke für die eingetragenen Waren verwendet worden.

32

Von Seiten der Beklagten liege auch keine markenmäßige Benutzung der Bezeichnung "Mira" vor, denn die Verwendung der Bezeichnung als Zeitschriftentitel diene lediglich der Unterscheidung von anderen Titeln, nicht jedoch als Hinweis auf die Herkunft der Zeitschrift.

33

Auch eine Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Die Bezeichnung "MIRA" sei kennzeichnungsschwach. Die Gestaltung des Zeitschriftentitels "Mira" unterscheide sich deutlich von der registrierten Marke "MIRA". Die Marke sei zudem nur für die eingetragenen Waren "Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)" geschützt. Dabei handele es sich nicht um Druckereierzeugnisse im Allgemeinen, sondern nur um solche aus der Epoche der Romantik (Ende des 18. Jahrhunderts bis ca. 1840). Allein Liebesromane aus dieser literaturgeschichtlichen Epoche gehörten zu den mit der Marke "MIRA" geschützten Waren (Anlagen B 2 bis B 4). Die Zeitschrift "Mira" falle nicht in diesen Warenbereich, so dass Warenferne bestehe.

34

Ansprüche aus Titelschutzrechten stünden der Antragstellerin nicht zu. Sie verfüge schon nicht über einen entsprechenden Titel, insbesondere keinen bekannten Titel. Zudem bestehe aufgrund der Werkferne keine Verwechslungsgefahr.

35

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte den Ersatz der Kosten der Schutzschrift vom 30. Oktober 2013 (Anlage B 1) in Höhe von € 1.511,90 zzgl. Zinsen geltend gemacht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie den Ersatz der Kosten im Hinblick auf die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verlangen könne.

36

Die Beklagte hat widerklagend beantragt,

37

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte € 1.511,90 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Erhebung der Widerklage zu zahlen.

38

Die Klägerin hat beantragt,

39

die Widerklage abzuweisen.

40

Die Widerklage sei unbegründet. Zum einen sei die Abmahnung vom 23. Oktober 2013 (Anlage BBS 7) zu Recht erfolgt. Zum anderen stehe der Beklagten – auch bei einer unberechtigten Abmahnung – kein Anspruch auf Kostenersatz zu.

41

Das Landgericht Hamburg, KfH 6, hat der Klage mit Urteil vom 8. Juli 2014, Aktenzeichen 406 HKO 71/14, stattgegeben und die Beklagte im Hinblick auf eine Verletzung der Rechte an der Marke "MIRA" durch den Vertrieb der Zeitschrift "Mira" zu Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Rückruf bzw. Vernichtung und Erstattung von Abmahnkosten verurteilt. Die Widerklage wurde abgewiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

42

Nachfolgend firmierte die Klägerin zum 1. April 2015 von H. Enterprises GmbH in H. Germany GmbH um (Anlage BBS 39).

43

Gegen das landgerichtliche Urteil vom 8. Juli 2014 wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung vom 7. Oktober 2014, welche sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat.

44

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Darüber hinaus führt sie zur Begründung der Berufung aus, dass das Landgericht das Bestreiten der Beklagten hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis der Klägerin und der Lizenzerteilung an die Klägerin sowie den Beklagtenvortrag zum Nichtbenutzungseinwand, zur mangelnden markenmäßigen Verwendung des Zeitschriftentitels "Mira" und zur fehlenden Verwechslungsgefahr unberücksichtigt gelassen habe.

45

Der Zeitschriftentitel "Mira" sei nicht herkunftshinweisend verwendet worden. Da die Zeitschrift "Mira" nur einige wenige Male erschienen sei, komme ihr keine Bekanntheit zu.

46

Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht. Der Marke "MIRA" komme allenfalls schwache Kennzeichnungskraft zu. Im Hinblick auf die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit seien die Unterschiede in der grafischen Gestaltung zwischen der geschützten Marke "MIRA" und dem verwendeten Titel "Mira" zu berücksichtigen. Zudem bestehe keine Warenähnlichkeit (Anlagen B 5 und B 6).

47

Die Beklagte beantragt,

48

das Urteil vom 8. Juli 2014 August 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

49

Soweit die Beklagte mit der Berufung zunächst auch beantragt hatte,

50

die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen an die Beklagte € 1.511,90 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Erhebung der Widerklage zu zahlen,

51

hat sie ihre Berufung im Termin zur Berufungsverhandlung vom 29. Oktober 2015 zurückgenommen.

52

Die Klägerin beantragt,

53

die Berufung zurückzuweisen, und zwar mit der Maßgabe, dass in dem Klagantrag zu 1. hinter dem Wort "Mira" die Worte "als Titel" eingefügt werden und es am Ende des Antrags zu 1. hinter den Worten "zu diesen Zwecken zu besitzen" heißt: ", wie aus der Anlage BBS 5, dort S. 1, ersichtlich."

54

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Sie nimmt vollen Umfangs auf ihren erstinstanzlichen Vortrag einschließlich der Beweisangebote Bezug und macht diesen auch zum Gegenstand ihres Berufungsvorbringens.

55

Im Hinblick auf die Prozessführungsbefugnis führt die Klägerin erneut aus, dass die Markeninhaberin der Geltendmachung aller Rechte aus der Klagemarke durch die Klägerin im eigenen Namen ausdrücklich zugestimmt habe.

56

Im Hinblick auf die Lizenzerteilung trägt die Klägerin in der Berufungsinstanz weiter vor, dass die Markeninhaberin, die Fa. H. Enterprises Ltd. (Kanada), der Fa. H. Books S.A. (Schweiz) eine ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Klagemarke erteilt habe. Die Fa. H. Books S. A. wiederum habe der Klägerin die ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Klagemarke seit dem 1. Januar 2002 auf unbestimmte Zeit eingeräumt.

57

Die geltend gemachten Ansprüche seien aus Markenrecht, hilfsweise aus Titelschutzrecht und höchsthilfsweise aus Wettbewerbsrecht begründet.

58

Im Hinblick auf die rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke führt sie aus, dass eine ausschließlich titelmäßige Verwendung seitens der Klägerin schon deshalb nicht vorliege, weil die Bände der MIRA-Taschenbuchreihe jeweils Einzeltitel trügen. Die Klagemarke werde nicht nur im Rahmen der erforderlichen Verlagsangaben verwendet. So wiesen die MIRA-Taschenbücher die Angabe "MIRA" auf dem Buchrücken und auf der Rückseite des Buchumschlags sowie auf verschiedenen Innenseiten auf. Dabei werde z. T. auch der auf den Markenschutz hinweisende Zusatz "®" verwendet (Anlagen BBS 10 bis BBS 12).

59

Die Benutzung des Zeitschriftentitels "Mira" erfolge – jedenfalls auch – markenmäßig. Dazu genüge es, dass es sich bei der so bezeichneten Zeitschrift um ein periodisch erscheinendes Druckwerk handele. Es sei nicht erforderlich, dass der Zeitschriftentitel bereits Bekanntheit erlangt habe.

60

Es liege Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor. Die Klagemarke verfüge von Haus aus zumindest über durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Infolge intensiver Benutzung und umfangreicher Bewerbung und Vertriebstätigkeit sei die Kennzeichnungskraft der Marke "MIRA" noch gesteigert worden. Die Kennzeichen "MIRA" und "Mira" seien phonetisch und schriftbildlich identisch. Es liege eine hochgradige Zeichenähnlichkeit vor. Bei der Frauenzeitschrift der Beklagten handele es sich um eine Ware, die denjenigen Waren, für die die Klagemarke Schutz genieße, insbesondere Liebesromane, ähnlich sei. Entgegen der Ansicht der Beklagten weise der Begriff der "romantischen Belletristik" im Warenverzeichnis der Klagemarke nicht auf Druckschriften aus der literaturgeschichtlichen Epoche der Romantik hin. Vielmehr werde damit in erster Linie auf Druckschriften mit gefühlsbetontem, schwärmerischem und sentimentalem Inhalt, insbesondere Liebesromane abgestellt (Anlagen BBS 41 und BBS 42).

61

Die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche aus einem Werktitel nach § 5 Abs. 3 MarkenG seien mit der Aufnahme der Benutzung des Zeichens "MIRA" für eine Taschenbuchreihe zugunsten der Klägerin entstanden. Auch insoweit bestehe Verwechslungsgefahr. Durch die umfangsreiche Verwendung als Titel einer Taschenbuchreihe verfüge der Titel "MIRA" über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und habe zudem Bekanntheit erlangt. Auch zwischen dem Werktitel "MIRA" und dem Zeitschriftentitel "Mira" bestehe eine hochgradige Zeichenähnlichkeit. Die unter der Bezeichnung "MIRA" bzw. "Mira" angebotenen Produkte seien zudem ähnlich.

62

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Berufungsverhandlungen vom 29. Oktober 2015 und 26. April 2016 Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben über die Prozessführungsbefugnis und Aktivlegitimation der Klägerin durch Vernehmung des Zeugen S. M..

B.

63

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

I.

64

Die Klage ist – auch im Hinblick auf die erstrangig geltend gemachten Ansprüche aus der Klagemarke "MIRA" – zulässig. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin prozessführungsbefugt ist.

1.

65

Die Parteien haben um die Prozessführungsbefugnis der Klägerin gestritten, insbesondere darum, ob die Klägerin berechtigt ist, als Lizenznehmerin gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG die Rechte aus der Marke "MIRA" im eigenen Namen geltend zu machen.

66

Die Klägerin hat zuletzt behauptet, dass die Markeninhaberin, die Fa. H. Enterprises Ltd., Ontario, Kanada (Anlage BBS 1) der Fa. H. Books S. A., Freiburg, Schweiz, eine ausschließliche Markenlizenz erteilt habe und die Fa. H. Books S. A., Freiburg, Schweiz, wiederum ihr, der Klägerin, eine ausschließliche Markenlizenz erteilt habe.

67

Sie hat weiter vorgetragen, dass sie von der Markeninhaberin ermächtigt worden sei, alle Markenrechte umfassend und im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Diesbezüglich hat die Klägerin eine entsprechende schriftliche Bestätigung der Markeninhaberin und Muttergesellschaft, H. Enterprises Ltd., vom 7. Mai 2015 zur Akte gereicht (Anlage BBS 40) und sich auf den Zeugen S. M., von dem die schriftliche Bestätigung vom 7. Mai 2015 unterschrieben worden ist (Anlage BBS 40), bezogen.

68

Der Senat hat den Zeugen M. in der Berufungsverhandlung vom 26. April 2016 vernommen. Er hat den Vortrag der Klägerin zu deren Prozessführungsbefugnis und Lizenzierung vollumfassend bestätigt.

69

Der Zeuge hat angegeben, dass er als Chief Operative Officer Overseas bei der Markeninhaberin, der H. Enterprises Ltd., beschäftigt sei und dass die schriftlichen Bestätigungen vom 21. Oktober 2013 (Anlage BBS 2) und vom 7. Mai 2015 (Anlage BBS 40) von ihm stammten. Er sei zum Zeitpunkt der Erstellung der beiden Schriftstücke bei der Markeninhaberin beschäftigt gewesen und habe beide Unterlagen in seiner Eigenschaft als Chief Operating Officer Overseas, der für das internationale Geschäft, einschließlich des deutschen Geschäfts zuständig sei, unterschrieben. Aufgrund seiner Position als Chief Operative Officer Overseas sei er berechtigt, Ermächtigungen zur Geltendmachung von Markenrechten gegenüber Dritten zu erteilen.

70

Mit der Erklärung vom 7. Mai 2015 habe er bestätigt, dass die Klägerin bereits vor diesem Zeitpunkt, nämlich zu Beginn der Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin vor rund 13 Jahren, ermächtigt worden sei, die Rechte an der Marke "MIRA" umfassend und im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Dies wisse er aufgrund seiner damaligen Tätigkeit bei der H. Enterprises Ltd. und seiner Beteiligung an dem Vorgang der Ermächtigung der Klägerin. Zudem habe er vor der Erstellung der schriftlichen Bestätigung vom 7. Mai 2015 Rücksprache bei der Fa. H. Enterprises Ltd. und der Lizenzabteilung in der Schweiz gehalten. Die Ermächtigung gelte sowohl für Unterlassungs-, als auch für Auskunfts-, Schadensersatz-, Vernichtungs- und Rückrufansprüche und umfasse auch die Einziehung etwaiger Schadensersatzforderungen.

71

Der Zeuge hat weiter angegeben, dass der Klägerin die ausschließlichen Lizenzrechte an der Klagemarke "MIRA" in Deutschland und in weiteren deutsch-sprachigen Ländern, dort jedoch nur für die deutsche Sprache, gewährt worden seien.

72

Diese Angaben des Zeugen M. sind glaubhaft. Sie sind nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Sie stehen im Einklang mit den schriftlichen Erklärungen des Zeugen M. vom 21. Oktober 2013 (Anlage BBS 2) sowie vom 7. Mai 2015 (Anlage BBS 44).

73

Der Zeuge M. hat einen glaubwürdigen Eindruck gemacht. Auch der Umstand, dass der Zeuge mit der schriftlichen Ermächtigung vom 21. Oktober 2013 zunächst nur angegeben hatte, dass die Markeninhaberin die Klägerin als Lizenznehmerin zur gerichtlichen und außergerichtlichen Durchsetzung der Rechte an der Klagemarke im eigenen Namen ermächtige (Anlage BBS 2), die Beteiligung der Fa. H. Books S.A. an der Lizenzkette, jedoch unerwähnt gelassen hat, steht seiner Glaubwürdigkeit nicht entgegen.

74

Er hat dazu – auf Vorhalt – nachvollziehbar erklärt, dass die maßgeblichen Entscheidungen nicht von der Fa. H. Books S. A., sondern von der in Toronto ansässigen Muttergesellschaft, d. h. der Markeninhaberin, der Fa. H. Enterprises Ltd., getroffen würden. Die Fa. H. Books S. A. verfüge nicht über ein eigenes operatives Geschäft, sondern werde zu 100% von der Fa. H. Enterprises Ltd. kontrolliert. Über die Lizenzerteilung an die Klägerin und die Ermächtigung der Klägerin zur gerichtlichen sowie außergerichtlichen Geltendmachung der Markenrechte sei daher nicht von der Fa. H. Books S. A., sondern von der Fa. H. Enterprises Ltd entschieden worden.

75

Dies zugrunde gelegt ist die schriftliche Erklärung des Zeugen M. vom 21. Oktober 2013, wonach die Ermächtigung der Klägerin zur gerichtlichen und außergerichtlichen Durchsetzung der Rechte an der Marke "MIRA" durch die Fa. H. Enterprises Ltd. erteilt werde (Anlage BBS 2), zutreffend. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen M. ergeben sich daraus nicht. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der Zeuge als führender Mitarbeiter der Markeninhaberin mittelbar ein Interesse am Ausgang des Prozesses haben kann.

76

Aufgrund der Aussage des Zeugen M. ist somit festzustellen, dass die Klägerin berechtigt ist, als Lizenznehmerin gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG die Rechte aus der Marke "MIRA" im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, einschließlich der Einziehung etwaiger Schadensersatzforderungen. Dies hat der Zeuge M. letztlich mittelbar erneut durch die Erklärungen zu der Anlage BBS 40 bekräftigt. Darin liegt angesichts der Kompetenz des Zeugen M., derartige Ermächtigungen zu erteilen, eine Bestätigung der bereits in der Vergangenheit erfolgten Ermächtigung der Klägerin durch die Markeninhaberin.

77

Die Klägerin ist mithin prozessführungsbefugt.

II.

78

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

79

Die Klägerin stützt die geltend gemachten Ansprüche erstrangig auf die deutsche Wortmarke "MIRA", Nr. 2097054, welche mit Priorität vom 26. April 1994 zugunsten der Fa. H. Enterprises Ltd., und zwar für die Waren "Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)" geschützt ist (Anlage BBS 1). Die Ansprüche aus der Klagemarke sind unbegründet.

a)

80

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1. ist unbegründet. Er ergibt sich nicht aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG.

aa)

81

Nach dem Unterlassungsantrag zu 1. – in der Fassung der Berufungsverhandlung vom 29. Oktober 2015 – soll die Beklagte verurteilt werden, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre, letztere zu vollziehen am Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen,

82

im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen "Mira" als Titel für Frauenzeitschriften ohne Zustimmung der H. Enterprises Ltd., Ontario, Kanada, oder der Klägerin zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Frauenzeitschriften anzubringen, unter diesem Zeichen Frauenzeitschriften anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesen Zwecken zu besitzen, oder dieses Zeichen in der Werbung für Frauenzeitschriften zu benutzen, wie aus der Anlage BBS 5, dort S. 1, ersichtlich.

83

Mit der prozessualen Erklärung in der Berufungsverhandlung vom 29. Oktober 2015 hat die Klägerin klargestellt, dass sie sich gegen die Verwendung der Bezeichnung "Mira" als Titel einer Frauenzeitschrift wendet, wenn diese Verwendung wie in der Anlage BBS 5 ersichtlich erfolgt. Dabei kommt es auf die Gestaltung des Titels "Mira", nicht jedoch auf die Gestaltung und den Inhalt des Deckblatts der Zeitschrift im Übrigen an.

84

Soweit in dem Verbot auf die Zustimmung der H. Enterprises Ltd., Ontario, Kanada, oder der Klägerin abgestellt wird, genügt es – wie die Verwendung der Verknüpfung "oder" zeigt – wenn eine der beiden genannten Firmen die Zustimmung erteilt.

bb)

85

Der Unterlassungsantrag zu 1. ist nicht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG begründet. Die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vollen Umfangs vor.

(1)

86

Insoweit streiten die Parteien schon um die Aktivlegitimation der Klägerin, d. h. das Recht der Klägerin, gemäß § 30 Abs. 3 MarkenG die Rechte aus der Marke "MIRA" geltend zu machen. Insoweit gilt das zur Prozessführungsbefugnis der Klägerin oben Gesagte. Der Klägerin ist der Beweis, dass sie ausschließliche Lizenznehmerin der Klagemarke ist und dass die Markeninhaberin ihre Zustimmung zur Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen erteilt hat, gelungen. Damit liegt die Aktivlegitimation der Klägerin vor.

(2)

87

Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 MarkenG liegt jedoch nur dann vor, wenn die angegriffene Bezeichnung, hier: "Mira",markenmäßig verwendet worden ist.

88

Eine markenmäßige Benutzung oder – was dem entspricht – eine Verwendung als Marke setzt nämlich voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH, GRUR 2008, 793 Rn. 15 – Rillenkoffer). Die Rechte aus der Marke nach § 14 Abs. 2 MarkenG sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Abnehmer, beeinträchtigt oder jedenfalls beeinträchtigen könnte (BGH, GRUR 2010, 1103 Rn. 25 – Pralinenform II).

89

Eine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung "Mira" durch die Beklagte liegt jedoch hier nicht vor.

90

Zwar ist anerkannt, dass auch die Titel periodisch erscheinender Druckwerke herkunftshinweisend, d. h. markenmäßig verwendet werden können (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, 2010, § 14 Rn. 167; OLG Hamburg, NJWE-WettbR 1999, 281, 282 - Netlife). Dies allerdings nur, wenn es sich um einen bekannten Titel handelt (BGH, GRUR 2014, 483, 486 Rn. 29 - test; BGH, GRUR 2000, 70, 72 f. – Szene; OLG Hamburg, GRUR-RR 2012, 154 - LUXOR).

91

Die Klägerin hat demgegenüber die Rechtsansicht vertreten, dass eine Bekanntheit des verwendeten Titels nicht erforderlich sei und sich insoweit auf den Aufsatz von Thiering, Markenverletzung durch Werktitel, Zur markenmäßigen Benutzung bei periodischen Werken, MarkenR 2009, 517 ff. und auf die Kommentierung bei Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Auflage, 2015, § 14 Rn. 197 bezogen. Das Erfordernis der Bekanntheit bestehe bei periodisch erscheinenden Druckwerken nicht, insbesondere nicht für den angegriffenen Werktitel. Ein gerade aufgenommener Werktitel sei praktisch nie bekannt, so dass eine markenmäßige Benutzung regelmäßig nicht angenommen werden könne. Das führe dazu, dass der Rechteinhaber der Benutzung seines Zeichens zunächst so lange tatenlos zusehen müsse, bis die rechtsverletzende Verwendung der Bezeichnung hinreichende Bekanntheit erworben habe. Dann sei er jedoch dem Verwirkungseinwand ausgesetzt.

92

Die Klägerin hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die BGH Entscheidungen "test" und "Szene" – jedenfalls ausdrücklich – nur damit befasst haben, dass der Werktitel eines periodisch erscheinenden Druckwerks, aus dem geklagt werde, bekannt sein müsse, um eine markenmäßige Verwendung anzunehmen. Ausführungen zum Erfordernis der Bekanntheit des angegriffenen Werktitels enthielten die Entscheidungen hingegen nicht. Dies erlaubt jedoch nicht den Schluss, dass eine Bekanntheit des angegriffenen Titels nicht ebenfalls erforderlich ist. Dem steht schon entgegen, dass der BGH in der Entscheidung "Wir im Südwesten", die Bekanntheit des angegriffenen Titels im Hinblick auf die herkunftshinweisende Funktion geprüft hat (BGH, GRUR 1994, 908, 910 Rn. 28 zitiert nach juris).

93

Zudem besteht diesbezüglich im Hinblick auf die herkunftshinweisende bzw. markenmäßigen Verwendung eines Werktitels kein Unterschied. Das Verständnis des angesprochenen Verkehrs davon, ob ein verwendeter Werktitel nur zur Unterscheidung des einen Werks von einem anderen, oder darüber hinaus auch als Herkunftshinweis verstanden wird, stellt sich für beide Konstellationen in gleicher Weise.

94

Das Argument der Klägerin, dass der Markeninhaber zunächst tatenlos zusehen müsse, bis der angegriffene Titel bekannt geworden sei, dann jedoch dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sei, greift nicht durch. Die Verwirkung kann erst dann eintreten, wenn der Anspruchsinhaber trotz erfolgversprechender Handlungsmöglichkeiten untätig bleibt. Daran fehlt es, solange der angegriffene Titel nicht hinreichend bekannt ist.

95

Mithin setzt eine herkunftshinweisende, d. h. markenmäßige Verwendung des als verletzend angegriffenen Werktitels voraus, dass dieser Titel für ein periodisch erscheinendes Werk verwendet wird und bekannt ist.

96

Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat zwar seit dem Herbst 2013 unter der Bezeichnung "Mira" eine periodisch erscheinende Frauenzeitschrift herausgegeben (Anlage BBS 5/Ausgabe Nr. 11, November 2013), die bundesweit, u. a. in Hamburg, vertrieben worden ist (Anlage BBS 6/Kaufbeleg vom 17. Oktober 2013). Nachfolgend kamen die Hefte Nr. 1 aus 2014 und Nr. 2 aus 2014 heraus (Anlage BBS 9). Dass danach noch weitere Ausgaben der Zeitschrift auf den Markt gekommen wären, haben die Parteien nicht aber vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Mithin ist festzustellen, dass Ende 2013 und Anfang 2014 nur einige wenige Ausgaben der Zeitschrift "Mira" auf den Markt gebracht worden sind.

97

Dass der Zeitschriftentitel "Mira" kurz nach dem ersten Erscheinen bereits bekannt gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine markenmäßige Verwendung des Zeitschriftentitels scheidet damit schon mangels Bekanntheit aus.

98

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1. ergibt sich daher schon mangels markenmäßiger Verwendung des Zeitschriftentitels "Mira" nicht aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

(3)

99

Selbst wenn eine markenmäßige Verwendung – wie nicht – vorläge, bestünde keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

100

Die Frage, ob eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Identität oder der Ähnlichkeit der Zeichen und der Identität oder der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH, GRUR 2013, 833 Rn. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2014, 382 Rn. 14 - REAL-Chips; BGH, GRUR 2015, 1004 Rn. 18 - IPS/ISP; BGH, GRUR 2016, 197 Rn. 42 – Bounty).

(3.1.)

101

Die Kennzeichnungskraft der Marke "MIRA" für die eingetragenen Waren, d. h. Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane), ist von Haus aus allenfalls durchschnittlich.

(3.2.)

102

Zwischen der Klagemarke "MIRA" und dem Zeitschriftentitel "Mira" besteht Zeichenidentität.

103

Zeichenidentität im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht dann, wenn das angegriffene Zeichen ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die die Marke bilden, oder wenn es als Ganzes betrachtet Unterschiede gegenüber der Marke aufweist, die so geringfügig sind, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (BGH, BeckRS 2016, 00092, Rn. 23 – Bounty; BGH, GRUR 2015, 1009 Rn. 15 – BMW-Emblem; EuGH, GRUR 2010, 451 Rn. 25 - Bergspechte; EuGH, GRUR 2010, 841 Rn. 47 Portakabin/Primakabin).

104

Vorliegend besteht klangliche Identität. Im Übrigen liegt sehr hohe Zeichenähnlichkeit vor, denn schriftbildlich besteht ein Unterschied lediglich bzgl. der Groß- bzw. Kleinschreibung der Buchstaben "IRA" bzw. "ira" (BGH, GRUR 2002, 898, 899 – defacto). Die Verwendung der Bezeichnung "Mira" in rot-weißer farblicher Gestaltung führt nicht aus der Zeichenidentität heraus (BGH, GRUR 2015, 1009, 1011 Rn. 25 – BMW-Emblem). Das gilt auch für die zweifache, und zwar gekippte Verwendung der Angabe "Mira", nämlich horizontal und vertikal, im Zeitschriftentitel der Beklagten.

(3.3.)

105

Allerdings besteht keine Warenähnlichkeit. Die Klagemarke ist für "Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)" geschützt (Anlage BBS 1). Der angegriffene Titel wird hingegen für eine periodisch erscheinende Frauenzeitschrift verwendet (Anlage BBS 5).

106

Die für die Klagemarke eingetragenen Waren, und zwar "Druckereierzeugnisse, nämlich romantische Belletristik (einschließlich Liebesromane)" sind – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht im Sinne von "Belletristik der Epoche der Romantik (einschließlich Liebesromane aus der Epoche der Romantik)" zu verstehen. Der Begriff "Belletristik" wird im Allgemeinen und auch hier im Sinne von Unterhaltungsliteratur verstanden, und zwar in Abgrenzung zur Fachliteratur, d. h. zum Sachbuch. Mit dem Adjektiv "romantisch" wird nicht auf die literaturgeschichtliche Epoche der Romantik, sondern auf die inhaltliche Ausrichtung der Druckereierzeugnisse verwiesen, nämlich – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – auf romantische, also gefühlsbetonte Literatur wie etwa Liebesromane. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass Liebesromane in dem Warenverzeichnis ausdrücklich aufgeführt werden (vgl. Anlage BBS 1).

107

Somit stehen sich hier die Waren romantische Unterhaltungsliteratur, insbesondere Liebesromane, und periodisch erscheinende Frauenzeitschriften gegenüber. Diese Waren sind nicht ähnlich. Zwar werden beide Warenarten gedruckt und wenden sich im Wesentlichen an die gleichen Abnehmerkreise, nämlich in erster Linie an Frauen. Auch werden beide Warenarten, zumindest teilweise, in denselben Verkaufsstätten angeboten.

108

Die Waren kommen jedoch in der Regel aus unterschiedlichen Unternehmen. Ihre Erstellung erfolgt auf unterschiedliche Weise, nämlich zum einen durch ein Verlagslektorat, zum anderen im Rahmen einer Zeitungsredaktion. Während die von der Beklagten vertriebene Zeitschrift vorrangig journalistischen, informativen Inhalt hat, erweisen sich die von der Klägerin angebotenen Liebesromane als rein fiktiv. Aus dem Umstand, dass beide Arten von Druckereierzeugnissen letztlich der Unterhaltung der Leser(innen) dienen, ergibt sich keine Warenähnlichkeit.

109

Bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und klanglicher Identität, aber fehlender Warenähnlichkeit, besteht keine Verwechslungsgefahr. Dies würde – mangels Zeichenähnlichkeit – auch dann gelten, wenn die Kennzeichnungskraft der Klagemarke aufgrund der von der Klägerin behaupteten umfangreichen Verwendung seit dem Jahr 2002 erheblich gesteigert wäre.

110

Der fehlenden Verwechslungsgefahr steht auch nicht entgegen, dass verschiedene Zeitschriften- und Zeitungsverlage unter ihren bekannten Zeitungs- und Zeitschriftentiteln, z. B. BILD, SZ, Reader's Digest, F.A.Z., Hamburger Abendblatt, ZEIT, Brigitte und Emma nachfolgend gesonderte Buchreihen herausgegeben haben. Daraus ergibt sich jedenfalls nicht der umgekehrte Schluss, dass dies auch für Buchverlage gilt, d. h. dass diese unter bekannten Buchreihen-Titeln nachfolgend Zeitschriften herausbringen. Anhaltspunkte dafür, dass der angesprochene Verkehr annehmen könnte, dass die Zeitschrift "Mira" aus dem Haus des Verlags der "MIRA"-Taschenbuchreihe stammen müsse oder dass insoweit geschäftliche Beziehungen bestünden, sind nicht ersichtlich.

111

Eine Verwechslungsgefahr im engeren oder weiteren Sinne besteht somit nicht.

(4)

112

Da der aus der Klagmarke geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon im Hinblick auf die mangelnde markenmäßige Verwendung der Bezeichnung "Mira" seitens der Beklagten, aber auch der fehlenden Verwechslungsgefahr unbegründet ist, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr auf den von der Beklagten erhobenen Einwand der Nichtbenutzung nach § 25 MarkenG und den diesbezüglichen streitigen Parteivortrag an.

113

Der Unterlassungsantrag zu 1. ist mithin nicht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG begründet.

b)

114

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1. ergibt sich auch nicht aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG.

115

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist es verboten, ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz genießt, wenn es sich bei der Marke um eine im Inlandbekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

116

Die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor. Auch insoweit fehlt es an einer markenmäßigen Verwendung des Zeitschriftentitels "Mira".

117

Zudem fehlt es an hinreichendem Vortrag dazu, dass es sich bei der Klagmarke "MIRA" um eine bekannte Marke handelt. Im Hinblick auf die Ausbeutung der Bekanntheit oder des Rufs der Marke, kommt es auf die Bekanntheit bei den von der jüngeren Kennzeichnung angesprochenen Verkehrskreise an (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, 2010, § 14 Rn. 1319). Dass die Klagemarke "MIRA" bei den Adressaten der Zeitschrift "Mira", d. h. bei Frauen im Allgemeinen bekannt wäre, ist – trotz des umfangreichen Vortrags der Klägerin – nicht hinreichend vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

118

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1. ist somit auch nicht aus §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG begründet.

c)

119

Da weder ein Verstoß nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliegt, sind auch die geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Rückruf bzw. Vernichtung und Erstattung von Abmahnkosten wegen einer Verletzung der Klagemarke "MIRA" unbegründet.

II.

120

Die geltend gemachten Ansprüche ergeben sich auch nicht aus der hilfsweise geltend gemachten Verletzung eines Werktitels nach § 5 Abs. 3 MarkenG.

1.

121

Hinsichtlich dieser Ansprüche nimmt die Klägerin nicht fremde, sondern eigene Rechte wahr. Zweifel an der Prozessführungsbefugnis und der Zulässigkeit der Klage bestehen insoweit nicht.

2.

122

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu 1. ist nicht nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG begründet.

a)

123

Nach § 15 Abs. 2 MarkenG ist es verboten, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

aa)

124

Soweit in dem Unterlassungsantrag der Begriff "Zeichen" verwendet wird, ergibt sich daraus nicht der Schluss, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ausschließlich gegen eine markenmäßige Verwendung der Angabe "Mira" für Frauenzeitschriften richten soll. Die Klägerin wendet sich vielmehr ausdrücklich auch gegen eine Verwendung als Titel, d. h. eine titelmäßige Verwendung.

bb)

125

Als Werktitel werden nach § 5 Abs. 3 MarkenG die Namen oder besonderen Bezeichnungen vonDruckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Bühnenwerken oder sonstigen vergleichbaren Werken geschützt.

(1)

126

Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne sind alle immateriellen Arbeitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind (BGH GRUR 1993, 767, 768 – Zappel-Fisch; BGH, GRUR 1998, 155 – PowerPoint; BGH, GRUR 2012, 1265 Rn. 13 – Stimmt's). Neben Büchern oder Zeitschriften können auch Buchreihen oder Serien unter den Begriff des Werktitels fallen (BGH, GRUR 1990, 218 - Verschenktexte I; BGH, GRUR 1980, 227 - Monumenta Germaniae Historica; BGH, GRUR 1960, 346 - Naher Osten; alle zur alten Rechtslage § 16 UWG a. F.), aber auch Rubriken (BGH, GRUR 2012, 1265 Rn. 14; – Stimmt's; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, 2010, § 5 Rn. 76).

127

Bei der Bezeichnung "MIRA" handelt es sich – jedenfalls auch – um einen Buchreihentitel.

128

Die Bezeichnung kommt zwar, so wie sie in und auf den Büchern sowie im Werbematerial der Klägerin verwendet wird, teilweise wie der Verlagsname daher (Anlagen BBS 3, BBS 4, BBS 10, BBS 11,BBS 13, BBS 14, BBS 17 - BBS 19, BBS 32 - BBS 37). Die Klägerin firmiert allerdings gänzlich anders, in der Vergangenheit als C. Verlag GmbH & Co., nachfolgend als H. Enterprises GmbH und nunmehr als H. Germany GmbH (Anlage BBS 15).

129

Die Bezeichnung "MIRA" wird jedoch daneben aber auch als Reihentitel verwendet. Die einzelnen Bücher der MIRA-Taschenbuchreihe stammen von verschiedenen Autoren und tragen individuelle Buchtitel (Anlage BBS 10 und BBS 11). Die Klägerin als Verlag verwendet auf den Büchern und in der Werbung neben diesen Einzeltiteln jedoch regelmäßig auch die Bezeichnung "MIRA", und zwar zur Unterscheidung dieser Buchreihe von den anderen Reihen der Klägerin, wie z. B. baccara, JULIA oder BIANCA (vgl. Anlage BBS 37).

(2)

130

Das Titelrecht steht bei Büchern zunächst dem Autor zu. Wenn der Verlag für eine von verschiedenen Verfassern herausgegebene Buchreihe den Titel gewählt hat, können ihm aber von Anfang an die Rechte daran zustehen (BGH GRUR 1980, 227, 232 - Monumenta Germaniae Historica). Soweit es sich nicht um die bloße Angabe des Verlags, sondern um einen Hinweis auf eine bestimmte Reihe von Büchern handelt, stehen die Rechte an dem entsprechenden Reihentitel dem Verlag zu.

131

Da die Klägerin den Reihentitel "MIRA" im Rahmen ihrer verlegerischen Tätigkeit verwendet, stehen ihr die Rechte an dem Reihentitel zu.

cc)

132

Es besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Reihentitel der Klägerin "MIRA" und dem Zeitschriftentitel der Beklagten "Mira".

133

Werktitel i. S. des § 5 Abs. 2 MarkenG dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt (BGH, GRUR 2005, 264, 265 f. – Das Telefon-Sparbuch). Eine solche Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung liegt dann vor, wenn auf Grund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält (BGH GRUR 2001, 1050 – Tagesschau). Dabei ist die Verwechslungsgefahr auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der Werknähe und der Ähnlichkeit der Titel (vgl. BGH GRUR 2001, 1050 – Tagesschau; BGH, GRUR 2002, 1083, 1084 – 1, 2, 3 im Sauseschritt). Bei Zeitschriftentiteln sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (BGH, GRUR 2002, 176 – Auto Magazin). Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr bei selbstständig schutzfähigen Teilen einer Zeitung oder Zeitschrift gelten dieselben Grundsätze (BGH, GRUR 2012, 1265 Rn. 23 – Stimmt's).

134

Die Unterscheidungskraft des klägerischen Reihentitels "MIRA" ist von Haus aus durchschnittlich. Klanglich besteht Identität zwischen dem Reihentitel der Klägerin und dem Zeitschriftentitel der Beklagten. Die grafische Gestaltung beider Titel weicht jedoch erheblich voneinander ab. Die erforderliche Werknähe liegt nicht vor. Die vorliegenden Werke, eine Reihe von Druckereierzeugnissen, nämlich romantische Belletristik (ein schließlich Liebesromane), einerseits und Frauenzeitschrift andererseits, sind nicht ähnlich.

135

Bei der notwendigen Gesamtbetrachtung der vorgenannten Umstände besteht keine Verwechslungsgefahr. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Klagvortrags zur umfassenden Verwendung des Reihentitels "MIRA" von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft des klägerischen Titels auszugehen sein sollte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei Titeln von Zeitschriften schon geringfügige Abweichungen die Gefahr von Verwechslungen ausschließen können. Denn auf diesem Markt bestehen schon seit Jahrzehnten zahlreiche ähnliche Titel nebeneinander. Der Verkehr ist deshalb daran gewöhnt, auf kleine Unterschiede genau zu achten.

136

Der Unterlassungsanspruch zu 1. ist somit mangels Verwechslungsgefahr nicht nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG begründet.

b)

137

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nicht nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 3 und Abs. 5 MarkenG begründet.

138

Nach § 15 Abs. 3 MarkenG ist es – auch wenn keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG besteht – verboten, eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, soweit die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

139

Hinreichender Vortrag dazu, dass es sich bei dem Reihentitel "MIRA" um einen bekannten Werktitel im Sinne von § 15 Abs. 3 MarkenG handelt, ist nicht gehalten worden. Im Hinblick auf die von der Klägerin behauptete Ausbeutung der Bekanntheit oder des Rufs des Werktitels der Klägerin, kommt es auf die Bekanntheit bei den von der jüngeren Kennzeichnung angesprochenen Verkehrskreise an (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, 2010, § 14 Rn. 1319).Das sind hier die Interessenten der Zeitschrift "Mira", d. h. Frauen im Allgemeinen. Hinreichender Klagvortrag ist insoweit nicht gehalten worden.

140

Der Unterlassungsanspruch zu 1. ist somit mangels Bekanntheit des klägerischen Werktitels nicht nach §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 3 und Abs. 5 MarkenG begründet.

c)

141

Da weder ein Verstoß nach § 15 Abs. 2 MarkenG noch ein Verstoß gegen § 15 Abs. 3 MarkenG vorliegt, sind auch die geltend gemachten Annexansprüche auf Auskunft, Schadensersatzfeststellung, Rückruf bzw. Vernichtung und Erstattung von Abmahnkosten nicht wegen einer Verletzung des Werktitels "MIRA" begründet.

III.

142

Die höchsthilfsweise geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht aus ergänzendem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG 2008 bzw. § 4 Nr. 3 UWG 2015 begründet.

143

Zwar sind lauterkeitsrechtliche Ansprüche neben markenrechtlichen Ansprüchen nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

144

Die Klägerin hat jedoch (auch) ihre wettbewerbsrechtlichen Ansprüche darauf gestützt, dass mit der Verwendung des Zeitschriftentitels "Mira" eine vermeidbare Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG 2008, jetzt § 4 Nr. 3 lit. a UWG 2015, und eine Rufausbeutung nach § 4 Nr. 9 lit. b UWG 2008, jetzt § 4 Nr. 3 lit b UWG 2015, hinsichtlich der Klagemarke und des Werktitels "MIRA" erfolge.

145

Die entsprechenden tatbestandlichen Voraussetzungen liegen jedoch – wie vorstehend im Rahmen der Prüfung der marken- und titelrechtlichen Ansprüche bereits ausgeführt – nicht vor. Daher sind auch die auf den ergänzenden Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG 2008 bzw. § 4 Nr. 3 UWG 2015 gestützten Ansprüche unbegründet.

146

Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte schon deshalb nicht für etwaige Marken-, Titel- oder Wettbewerbsrechtsverletzungen hafte, weil sie lediglich die technische Verbreiterin der Zeitschrift „Mira“ sei, kommt es danach für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr an.

147

Die geltend gemachten Ansprüche sind mithin weder aus einer Verletzung der Klagemarke, noch aus Titelschutzrecht, noch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz begründet.

148

Auf die Berufung der Beklagten ist daher das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

IV.

149

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Klage auf § 91 Abs. 1, hinsichtlich der Teilrücknahme der Klage auf § 269 Abs. 3 ZPO, hinsichtlich der Teilrücknahme der Berufung bzgl. der Widerklage auf §§ 92 Abs. 2, 516 Abs. 3 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

V.

150

Entgegen der Anregung der Klägerin ist die Revision gemäß § 543 ZPO nicht zuzulassen, denn die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

151

Eine Divergenz zur Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte besteht nicht. Die Entscheidung des OLG Naumburg vom 3. September 2011, Az. 10 U 53/09, führt zwar aus, dass die markenmäßige Verwendung eines Werktitels für eine periodisch erscheinende Druckschrift nicht deren Bekanntheit voraussetzt. Das OLG Naumburg lässt diese Rechtsfrage jedoch ausdrücklich dahinstehen (OLG Naumburg, GRUR-RR 2011, 127, 129 – SUPERillu/illu der Frau). Die Entscheidung des Senats steht zudem im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH (BGH, GRUR 2014, 483, 486 Rn. 29 - test; BGH, GRUR 2000, 70, 72 f. – Szene).

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.