Tenor

1. Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 3, vom 11. November 2015, Az. 303 O 363/12, werden zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Von der Darstellung eines Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

2

Die zulässige Berufung der Beklagten (dazu unter 1.) und die zulässige Anschlussberufung des Klägers (dazu unter 2.) haben keinen Erfolg.

3

1. Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 18.545,01 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. März 2012 zu zahlen. Dem Kläger steht ein Rückgewähranspruch aus §§ 143 Abs. 1, 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO gegen die Beklagte in Höhe der zugesprochenen Hauptforderung zu, der gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in gesetzlicher Höhe ab dem auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgenden Tag zu verzinsen ist. Im Einzelnen:

4

a. Anders als die Beklagte andeutet (S. 10 f. der Berufungsbegründung, Bl. 276 f. d.A.) unterliegen auch Zahlungen auf Steuerverbindlichkeiten, wie sie hier in Rede stehen, der Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch verdrängt grundsätzlich die außerhalb der Insolvenz geltenden Regelungen etwa im Steuer- oder Abgabenrecht (BGH, Beschluss vom 24. März 2011, IX ZB 36/09, NJW 2011, 1365 f., hier zitiert nach juris, Rdn. 5). Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass man darüber streiten könnte, auf welchem Rechtsweg ein solcher Anspruch geltend zu machen ist (Ede/Hirte in: Uhlenbruck u.a., Insolvenzanfechtung, 14. Aufl. 2015, § 143 Rdn. 139 ff. m.w.N.), ist es dazu im Berufungsverfahren zu spät. Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, § 17 a Abs. 5 GVG.

5

b. Die im Berufungsverfahren noch streitbefangenen Zahlungen, nämlich

6

€ 2.257,79 am 18.04.2011

€ 2.521,14 am 19.05.2011

€ 3.167,30 am 20.06.2011

€ 5.292,48 am 22.08.2011

€ 2.881,12 am 19.09.2011

€ 2.425,18 am 20.10.2011,

------------------------------------

insgesamt also

€ 18.545,01,

7

beruhen unstreitig auf Überweisungen der Schuldnerin und damit - wie von §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzt - auf Rechtshandlungen der Schuldnerin.

8

c. Diese Rechtshandlungen haben zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO geführt.

9

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, IX ZR 12/14, WM 2016, 553 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 6 m.w.N.).

10

Dies hat das Landgericht zu Recht festgestellt (S. 7 f. des angefochtenen Urteils, Bl. 232 f. d.A.).

11

Unstreitig sind durch die Überweisungen Forderungen der Schuldnerin gegen ihre Bank vermindert worden. Dadurch verschlechterten sich die Befriedigungsmöglichkeiten der übrigen Insolvenzgläubiger, die es ausweislich der Insolvenztabelle (Anlage K 8) neben der Beklagten gibt.

12

Entgegen der Meinung der Beklagten (S. 6 f. der Berufungsbegründung, Bl. 272 f. d.A.) setzt die Feststellung einer objektiven Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO ebenso wenig wie die Feststellung eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners voraus, dass zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung andere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen infolge der Zahlungen an den Anfechtungsgegner nicht mehr vollständig befriedigt werden konnten. Im Falle der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO genügt vielmehr eine mittelbare, erst künftig eintretende Gläubigerbenachteiligung. Eine Vorsatzanfechtung ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung noch gar keine Gläubiger hatte (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 159/06, WM 2009, 1643 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 5 m.w.N.). Es bedarf daher nicht eines - von der Beklagten vermissten (S. 7 der Berufungsbegründung, Bl. 273 d.A.) - Vortrags des Klägers dazu, welche Gläubiger welche titulierte Forderung zur Zeit der einzelnen hier relevanten Zahlungen gegen die Schuldnerin hatten.

13

Der Einwand der Beklagten, die in § 129 Abs. 1 InsO vorausgesetzte Kausalität sei schon nach dem Vortrag des Klägers nicht gegeben (S. 6 der Berufungsbegründung, Bl. 272 d.A.), greift nicht durch. Die Anfechtung ist zwar nur möglich, wenn die Rechtshandlung die Gläubigerbenachteiligung herbeigeführt hat. Vorausgesetzt wird dabei aber lediglich ein ursächlicher Zusammenhang im natürlichen Sinne: Wird die Rechtshandlung hinweggedacht, so müsste ein entäußertes Vermögensobjekt noch uneingeschränkt den Insolvenzgläubigem haften, oder diese müssten mit einer geringeren Schuldsumme belastet sein (Kayser in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2013, Rdn. 169 m.w.N.). Ein solcher Kausalzusammenhang ist hier gegeben. Wenn die angefochtenen Überweisungen nicht erfolgt wären, stünde die hierfür verwendete Liquidität, namentlich ein Bankguthaben, für den Zugriff aller Insolvenzgläubiger zur Verfügung, und zwar unabhängig davon, ob die Insolvenzgläubiger ihre Forderungen vor oder nach den angefochtenen Überweisungen erworben haben. Der Umstand, dass man sich die Begründung der Forderungen der später hinzugekommenen Gläubiger nicht hinwegdenken kann, ohne dass dies Einfluss auf die Befriedigungsmöglichkeiten jedes einzelnen Mitglieds der Gläubigergesamtheit hätte, steht der Annahme eines Kausalzusammenhangs zwischen den angefochtenen Rechtshandlungen und der objektiven Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen, denn die betreffende Rechtshandlung muss nicht die einzige Ursache für eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung gewesen sein (Kayser, a.a.O., § 129 Rdn. 171 m.w.N.).

14

Die Verminderung des Aktivvermögens der Schuldnerin ist entgegen der Meinung der Beklagten (S. 7 der Berufungsbegründung, Bl. 273 d.A.) nicht dadurch ausgeglichen worden, dass die Schuldnerin Schadensersatzansprüche gegen ihre Geschäftsführerin gemäß § 64 GmbHG bzw. gemäß § 43 GmbHG in Verbindung mit dem Anstellungsvertrag erworben hätte. Wenn überhaupt, könnte es bei einem solchen „Passivtausch“ nur dann an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung fehlen, wenn der Anspruch der Schuldnerin gegen ihre Geschäftsführerin ebenso werthaltig wäre wie es der Anspruch der Schuldnerin gegen ihre Bank war (vgl. Kayser, a.a.O., § 129 Rdn. 122 m.w.N.), was hier nicht anzunehmen ist. Nach dem unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag des Klägers (S. 7 des Schriftsatzes des Klägers vom 22. April 2014, Bl. 100 d.A.) war und ist die Geschäftsführerin der Schuldnerin vermögenslos. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Soweit sie sich auf S. 4 f. ihres Schriftsatzes vom 7. Mai 2014 (Bl. 112 f. d.A.). mit dem Schriftsatz des Klägers vom 22. April 2014 auseinandergesetzt hat, ist sie nicht auf die o.g. Behauptung eingegangen. Bei ihrem an anderer Stelle erhobenen Einwand, der Kläger kenne die wirtschaftlichen Verhältnisse der Geschäftsführerin der Schuldnerin nicht (S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 9. September 2015, Bl.193 d.A.), handelt es sich nicht um ein erhebliches Bestreiten seines Vorbringens. Soweit ersichtlich, entspricht der Vortrag des Klägers den Erkenntnissen, die er im Rahmen des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gewonnen hat. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Geschäftsführerin der Schuldnerin dem Kläger ihre Vermögensverhältnisse nicht vollständig und zutreffend offenbart haben könnte. Es bleibt einer Partei aber grundsätzlich unbenommen, entsprechend ihrer Darlegungspflicht eine Tatsache vorzutragen, von der sie keine gesicherte Kenntnis haben kann (Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor § 284 Rdn. 8d m.w.N.). Die Ausführungen der Beklagten, wonach das Risiko der Wertlosigkeit eines Anspruchs der Schuldnerin gegen deren Geschäftsführerin nicht auf sie, die Beklagte, abgewälzt werden könne (S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 9. September 2015, Bl. 193 d.A.), gehen fehl. Es geht hier darum, den Umfang des für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung stehenden Schuldnervermögens mit und ohne die anfechtbaren Rechtshandlungen objektiv festzustellen. Dass bei einer die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligenden Rechtshandlung unter Umständen das Risiko einer Insolvenzanfechtung besteht, entspricht der in §§ 129 ff. InsO getroffenen gesetzlichen Regelung.

15

d. Zu Recht hat das Landgericht ferner festgestellt, dass die Schuldnerin bei den angefochtenen Überweisungen mit dem Vorsatz einer Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO handelte (S. 8 ff. des angefochtenen Urteils, Bl. 233 ff. d.A.).

16

Der Einwand der Beklagten, dass das Verhalten der Schuldnerin außerhalb der letzten drei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht pflichtwidrig gewesen sei und deshalb keine Grundlage für die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin bestehe (S. 9 der Berufungsbegründung, Bl. 275 d.A.), ist nicht stichhaltig. Das anfechtungsrechtlich zu missbilligende Verhalten des Schuldners liegt in der Bevorzugung einzelner Gläubiger unter Inkaufnahme der Benachteiligung anderer Gläubiger (BGH, Urteil vom 16. Januar 2014, IX ZR 31/12, WM 2014, 272 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 16). Ein solches Verhalten wird innerhalb des gesamten, von § 133 Abs. 1 InsO umfassten Zehnjahreszeitraum missbilligt. Aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des BGH vom 16. Januar 2014 (IX ZR 31/12, a.a.O.) folgt nichts Anderes. Es heißt dort nur, dass der Schuldner außerhalb des „kritischen“ Dreimonatszeitraums vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dem der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz das die Einzelvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip verdrängt, anfechtungsrechtlich nicht dazu verpflichtet sei, Maßnahmen zum Schutz einer gleichen Befriedigungsmöglichkeit aller Gläubiger einzuleiten, so dass ein Unterlassen solcher Maßnahmen mangels einer Garantenpflicht nicht gemäß § 129Abs. 2 InsO einer Rechtshandlung gleichsteht (BGH, Urteil vom 16. Januar 2014, IX ZR 31/12, a.a.O., Rdn. 17). Für die Annahme einer anfechtbaren Rechtshandlung i.S.d. § 129Abs. 1 InsO, um die es vorliegend geht, bedarf es einer derartigen Garantenpflicht nicht.

17

Wie das Landgericht entgegen der von der Beklagten geübten Kritik (S. 9 f. der Berufungsbegründung, Bl. 275 f. d.A.) richtig angenommen hat (S. 8 des angefochtenen Urteils, Bl. 233 d.A.), kommt auch bei einer - wie hier - kongruenten Deckung eine Vorsatzanfechtung in Betracht (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007, IX ZR 93/06, WM 2008, 452 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 18 f.). Gewährt der Schuldner dem Gläubiger mit der angefochtenen Rechtshandlung nur das, worauf dieser einen Anspruch hatte, so sind an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes zwar erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Benachteiligungsvorsatz ist aber gleichwohl zu vermuten, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007, IX ZR 93/06, a.a.O.). In einem solchen Fall handelt der Schuldner in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er Forderungen einzelner Gläubiger erfüllt, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch dann, wenn der Schuldner lediglich seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt, ist ein Benachteiligungsvorsatz zu vermuten, wie sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ergibt (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 8 m.w.N.).

18

Die Feststellung des Landgerichts, dass die Voraussetzungen einer solchen Vermutung gegeben sind, ist nicht zu beanstanden. Im Streitfall ist von einer Zahlungseinstellung der Schuldnerin auszugehen, derentwegen in der Regel Zahlungsunfähigkeit anzunehmen ist (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Eine solche Zahlungseinstellung liegt im allgemeinen vor, wenn zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, IX ZR 134/10, a.a.O., Rdn. 12). So war es hier. Gemäß dem Steuerbescheid der Beklagten vom 15. Februar 2011 bestanden zum Zeitpunkt der ersten der noch in Rede stehenden Zahlungen (18. April 2011) Steuerforderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von Höhe von € 376.879,23 (Anlage K 2), die mit Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2011 (Anlage K 3) auf € 144.214,93 reduziert wurden. Auf die jedenfalls in letzterer Höhe begründeten, nicht unbeträchtlichen Forderungen wurde unstreitig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nichts gezahlt. Soweit in erster Instanz darüber gestritten worden ist, ob die Steuerforderungen in dem hier in Rede stehenden Zeitraum ernsthaft eingefordert worden und damit im insolvenzrechtlichen Sinne fällig gewesen sind, kann auf die zutreffenden Argumentation des Landgerichts (S. 9 des angefochtenen Urteils, Bl. 234 d.A.) Bezug genommen werden, auf die die Beklagte in der Berufungsbegründung nicht konkret eingegangen ist, so dass keine Veranlassung für ergänzende Ausführungen besteht. Unstreitig kannte die Schuldnerin die die Vermutung einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit begründenden Tatsachen.

19

Der Meinung der Beklagten, wonach nur Zahlungen auf die Steuernachforderungen, die nicht hätten „gestemmt" werden können, die Gläubiger hätten benachteiligen können, nicht aber Zahlungen auf laufende steuerliche Verpflichtungen, wie sie hier in Rede stünden (S. 8 der Berufungsbegründung, Bl. 274 d.A.), ist nicht zu folgen. Entscheidend ist, dass die vorhandenen finanziellen Mittel der Schuldnerin nicht ausreichten, um alle fälligen Verbindlichkeiten zu erfüllen. In Kenntnis dieser Situation hätte nichts mehr an die Beklagte gezahlt werden dürfen, sondern Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden müssen.

20

Darauf, ob sich die Geschäftsführerin der Schuldnerin eine - wie auch immer geartete - Relation zwischen den einzelnen Zahlungen an die Beklagte und dem Befriedigungsinteresse anderer Gläubiger vorgestellt hat, was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet (S. 7, 10 der Berufungsbegründung, Bl. 273, 276 d.A.), kommt es nicht an. Es reicht aus, dass die Schuldnerin die tatsächlichen Umstände kannte, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt, was keinem konkreten Zweifel unterliegt.

21

Dass die Schuldnerin im Hinblick auf die Steuernachforderungen nur zahlungsunwillig, nicht aber zahlungsunfähig gewesen sein könnte, kann ihr nicht zu Gute gehalten werden. Eine im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist. Ist es - wie hier - zu einer Zahlungseinstellung gekommen, so wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass dem nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit zugrunde liegt. Zwar kann diese Vermutung vom Prozessgegner widerlegt werden (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2014, IX ZR 287/13, ZInsO 2014, 1661 f., hier zitiert nach juris, Rdn. 6). Hierfür fehlen jedoch ein erheblicher Vortrag und ein Beweisantritt der Beklagten. Insbesondere hat sie keinen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung von Zeugen dafür gestellt, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgeblichen Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausweise. Soweit sie geltend macht, dass die Schuldnerin in der Vergangenheit Schwarzgeld erwirtschaftet habe (S. 8 der Berufungsbegründung, Bl. 274 d.A.), wäre es angesichts der für den Kläger sprechenden Vermutung ihre Sache gewesen, konkret zu behaupten und unter Beweis zu stellen, dass dieses Geld zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen noch vorhanden gewesen sei. Dies hat sie nicht getan. Vielmehr hat sie vorgetragen, dass sich der unversteuerte Gewinn nicht mehr im Vermögen der Schuldnerin befunden habe, sondern verdeckte Gewinnausschüttungen vorgenommen worden seien (S. 1 des Schriftsatzes der Beklagten vom 3. Februar 2015, Bl. 141 d.A.). Weiter hat sie angenommen, dass die in der Einzelfirma des Ehemanns der Geschäftsführerin der Schuldnerin festgestellten Einlagen wenigstens teilweise aus nicht versteuerten Einnahmen der Schuldnerin stammten (S. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 3. Februar 2015, Bl. 142 d.A.). Wenn überhaupt, könnten somit zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlungen noch Forderungen der Schuldnerin gegen ihre Geschäftsführerin und deren Ehemann im Zusammengeld mit erwirtschaftetem Schwarzgeld bestanden haben. Dass solche Forderungen werthaltig gewesen wären, hat der Kläger jedoch in Abrede genommen (S. 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 13. Februar 2015, Bl. 148 d.A.). Dem ist die Beklagte - wie bereits ausgeführt - nicht hinreichend entgegengetreten.

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e. Zutreffend hat das Landgericht schließlich angenommen, dass die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin kannte (S. 10 f. des angefochtenen Urteils, Bl. 235 f. d.A.). Eine solche Kenntnis wird gemäß § 133 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (zumindest) drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Hierfür reicht es aus, dass der Beklagten das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ihr gegenüber bekannt war und dass sie wusste, dass es sich bei der Schuldnerin um ein im Gastgewerbe tätiges Unternehmen handelte, bei dem mit weiteren Gläubigern zu rechnen war, was mit der Berufung nicht in Abrede genommen wird.

23

Der Einwand der Beklagten, eine entsprechende Kenntnis habe bei den nicht angekündigten bargeldlosen Zahlungen schon deshalb nicht vorgelegen, weil die betreffenden Rechtshandlungen in dem Moment abgeschlossen gewesen seien, in dem die Gläubigerbank in die Lage versetzt worden sei, den Überweisungsbetrag dem Gläubigerkonto gutzuschreiben und ihr zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die Zahlungen selbst bekannt gewesen seien (S. 10 der Berufungsbegründung, Bl. 276 d.A.), ist nicht erheblich. Nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 6. Februar 2014, IX ZR 148/13, ZInsO 2014, 495 f.), welcher der Senat folgt, muss die Kenntnis des Anfechtungsgegners von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zwar zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung vorliegen. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung annimmt, kann dies jedoch nicht dazu führen, dass unangekündigte Zahlungen mittels Überweisung nicht anfechtbar wären. Auf den in der Sache 1 U 136/14 ergangenen Beschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO vom 31. Oktober 2014 und den zugrundeliegenden Hinweisbeschluss vom 8. Oktober 2014 wird beispielsweise verwiesen. Dort heißt es u.a.:

24

„... Dass die Beklagte bei einer Zahlung an den Vollziehungsbeamten des Hauptzollamtes zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung gem. § 140 InsO in der Regel keine Kenntnisse über die Person des Zahlenden, die Herkunft des Geldes und über weitere Hintergründe der Zahlung und noch nicht einmal über die Zahlung selbst hat, steht einer Anfechtung nach § 133 InsO nicht entgegen. Es handelt sich insoweit nicht um eine Besonderheit bei Barzahlungen an Vollstreckungsbeamte, sondern die vorgenannten Umstände treffen generell zu, wenn nicht Bargeld vom Schuldner an den Gläubiger übergeben wird, so etwa auch für bargeldlose Überweisungen. Der Empfänger einer Überweisung erlangt vom Zahlungseingang und weiteren Einzelheiten regelmäßig erst Kenntnis durch die der Handlung im Sinne des § 140 InsO nachfolgende Gutschrift auf seinem Konto. Würde man, wie von der Beklagten gefordert, für eine Anfechtung i.S.v. § 133 InsO verlangen, dass der Anfechtungsgegner neben der Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligungsabsicht durch jedwede zu einer Vermögensverlagerung führenden Rechtshandlung des Schuldners auch positive Kenntnis von der konkreten dem Schuldner zurechenbaren Handlung i.S.v. § 140 InsO zum Zeitpunkt der Vornahme derselben haben müsste, hätte dies zur Folge, dass eine Anfechtung von Zahlungen, die nicht mittels Bargeldübergabe an den Anfechtungsgegner vorgenommen worden sind, im Regelfall nicht in Betracht käme. Ein solches Verständnis kann dem Sinn und Zweck der Regelung in § 133 InsO hingegen nicht beigemessen werden, weil sonst die Anfechtbarkeit nach § 133 InsO weitgehend leer liefe. Jedenfalls dann, wenn der Zahlungsempfänger sich der Kenntnis nicht verschließen kann, dass die an ihn mit Benachteiligungsvorsatz bewirkten Zahlungen auf einer die Gläubigergesamtheit benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners beruhten, ist eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO auch dann möglich, wenn zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung keine positive Kenntnis von einer Rechtshandlung des Schuldners beim Zahlungsempfänger vorlag (BGH, Urteil vom 24.10.2013, IX ZR 104/13, juris, Rn. 15). Allein der Umstand, dass Sachverhaltsvarianten denkbar sind, nach der die Zahlungen nicht auf Rechtshandlungen des Schuldners beruhen, steht einer Kenntnis der Rechtshandlung und der durch sie bewirkten Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen (BGH, Urteil vom 24.10.2013, IX ZR 104/13, juris, Rn. 17). Vielmehr hat derjenige allgemeine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, der im Wissen um die Willensrichtung des Schuldners auf der Grundlage einer von diesem tatsächlich veranlassten Rechtshandlung befriedigt wird, die unter den äußerlich zutage getretenen Gegebenheiten nach allgemeiner Erfahrung auf den Schuldner zurückgehen kann. Eine fehlende Kenntnis kann nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen anerkannt werden, in denen der Anfechtungsgegner über den maßgeblichen Geschehensablauf im Ansatz unterrichtet ist, aber auf der Grundlage des für ihn nicht vollständig erkennbaren Sachverhalts - etwa im berechtigten Vertrauen auf einen ihm mitgeteilten Zahlungsweg - bei unvoreingenommener Betrachtung eine Rechtshandlung des Schuldners zuverlässig ausschließen darf (BGH, Urteil vom 24.10.2013, IX ZR 104/13, juris, Rn. 19).“

25

Für das Vorliegen eines derartigen Ausnahmefalls hat in der Sache 1 U 136/14 nichts gesprochen und spricht auch hier nichts. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats vom 31. Oktober 2014 ist mit Beschluss des BGH vom 21. April 2016 (IX ZR 269/14) zurückgewiesen worden.

26

Aus dem Beschluss des BGH vom 6. Februar 2014 (IX ZR 148/13, ZInsO 2014, 495 f.) und dem Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Juni 2013 (11 U 58/12) ergibt sich nichts Anderes. In diesem Fall ging es nicht - wie hier - um bargeldlose Zahlungen der Schuldnerin an die Anfechtungsgegnerin, sondern um Zahlung der Schuldnerin an eine Dritte (Hauptschuldnerin), für deren Verbindlichkeiten sich die Anfechtungsgegnerin verbürgt hatte, wobei letztere von den Zahlungen und den insofern getroffenen Vereinbarungen zwischen der Schuldnerin und der Dritten (Hauptschuldnerin) nichts wusste. Diese Konstellation lässt sich mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichen.

27

2. Die Anschlussberufung des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 18.545,01 für den 13. März 2012 gegen die Beklagte zu.

28

Der Kläger hat seine Zinsforderung auf das Urteil des BGH vom 1. Februar 2007 (IX ZR 96/04, NZI 2007, 230 f.) gestützt (S. 7 der Klagschrift, Bl. 36 d.A.; S. 2 f. der Anschlussberufungsschrift, Bl. 259 f. d.A.). Danach hat der Anfechtungsgegner gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bei anfechtbarem Erwerb von Geld Prozesszinsen in gesetzlicher Höhe zu entrichten (Rdn. 14). Die Zinspflicht beginnt gemäß § 291 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB mit der Fälligkeit der in Rede stehenden Geldschuld (Rdn. 19). Der Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO wird mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig (Rdn. 20), die hier mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 13. März 2012 (Anlage K 1) erfolgte.

29

Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, § 187 Abs. 1 BGB. Bei Rechtshängigkeit (und Verzug) gilt § 187 Abs. 1 BGB für den Zinsbeginn entsprechend (BGH, Urteil vom 24. Januar 1990, VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518 f., hier zitiert nach juris, Rdn. 25; weitere Nachweise bei Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 187 Rdn. 1). Für die Verzinsung des hier in Rede stehenden Rückgewähranspruchs, der wie ein rechtshängiger Anspruch zu behandeln ist, kann nichts Anderes gelten. Daraus ergibt sich, dass die Verzinsung mit dem auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens folgenden Tag beginnt (so auch BAG, Urteil vom 3. Juli 2014, 6 AZR 296/13, ZInsO 2014, 2040 ff., hier zitiert nach juris, Rdn. 20), also hier ab dem 14. März 2012.

30

Soweit in den vom Kläger zitierten Entscheidungen des BGH und verschiedener Oberlandesgerichte ohne eine Auseinandersetzung mit § 187 Abs. 1 BGB Zinsen gemäß §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 BGB bereits ab dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugesprochen worden sind, ist dies als eine Ungenauigkeit in einem zu vernachlässigenden Nebenpunkt und nicht als Ausdruck einer abweichenden Rechtsauffassung anzusehen.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO begründet.

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(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 36/09
vom
24. März 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für insolvenzrechtliche Anfechtungsklagen gegen Sozialversicherungsträger ist der
Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben.
BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 36/09 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Vill, die Richterin Lohmann und die Richter
Dr. Fischer und Dr. Pape
am 24. März 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands der Rechtsbeschwerde wird auf 6.508,23 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Kläger ist Verwalter in dem am 21. April 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Er begehrt von der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenkasse, im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO Rückzahlung von 19.524,68 €, die der Schuldner auf erhebliche Beitragsrückstände bei der Beklagten im Zeitraum vom 15. April 1999 bis 15. Dezember 2001 geleistet hat, sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.561,28 €, jeweils zuzüglich Zinsen.
2
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten gerügt. Das Landgericht hat durch Beschluss den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für zulässig erklärt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, den Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit festzustellen.

II.


3
Rechtsbeschwerde Die ist statthaft (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Der Bundesgerichtshof ist an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht gebunden (§ 17a Abs. 4 Satz 6 GVG). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO).
4
Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache unbegründet. Gemäß § 13 GVG ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Eine öffentlichrechtliche Streitigkeit nach § 51 SGG liegt nicht vor.
5
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört der Anfechtungsrechtsstreit als bürgerlich-rechtlicher Rechtsstreit gemäß § 13 GVG vor die ordentlichen Gerichte. Für die Bestimmung des Rechtswegs ist die Natur des Rechtsverhältnisses entscheidend, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 29. Oktober 1987 - GmS - OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283). Ob der Insolvenzverwalter bestimmte Rechtshandlungen anfechten und daraus einen Rückgewähranspruch herleiten kann, ist nach den Rechtssätzen der Insolvenzordnung zu entscheiden. Dieser Rückgewähranspruch ist generell ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch, der die materiellen Ordnungsvorstellungen des Insolvenzrechts gegenüber sämtlichen Gläubigern nach Maßgabe der §§ 129 ff InsO durchsetzt. Er verdrängt grundsätzlich die außerhalb der Insolvenz geltenden allgemeinen Regelungen etwa im Sozialversicherungs-, Steuer- oder Abgabenrecht. Es handelt sich mithin nach der Rechtsnatur der zu beurteilenden Verhältnisse um einen Rechtsstreit im Sinne des § 13 GVG (BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - IX ZR 30/90, BGHZ 114, 315, 320 f; vom 21. September 2006 - IX ZR 89/05, ZIP 2006, 2234 Rn. 10; Beschluss vom 2. Juni 2005 - IX ZB 235/04, ZIP 2005, 1334, 1335; vom 2. April 2009 - IX ZB 182/08, ZIP 2009, 825 Rn. 10).
6
Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch ist von Ansprüchen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis wesensverschieden und folgt eigenen Regeln. Er verdrängt in seinem Anwendungsbereich die allgemeineren Regeln der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse und eröffnet dem Insolvenzverwalter eine Rückforderungsmöglichkeit, die nach dem außerhalb der Insolvenz geltenden Rechte dem Verfügenden selbst verwehrt ist. Bei dem Rückgewähranspruch handelt es sich um einen originären gesetzlichen Anspruch, der mit Insolvenzeröffnung entsteht und der dem Insolvenzverwalter vorbehalten ist, mit dessen Amt er untrennbar verbunden ist. Der Insolvenzverwalter handelt materiell-rechtlich wie prozessual im eigenen Namen und aus eigenem Recht, jedoch mit Wirkung für und gegen die Masse; er wird dabei in Erfüllung der ihm durch die Insolvenzordnung auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen tätig (BGH, Beschluss vom 2. April 2009 - IX ZB 182/08, aaO Rn. 13 mwN).
7
2. Soweit die Sozialgerichte sich bislang mit dieser Frage zu befassen hatten, haben sie den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für gegeben erachtet (LSG Rheinland-Pfalz, ZInsO 2003, 195). Derselben Meinung ist die sozialgerichtliche Literatur (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 9. Aufl. § 51 Rn. 39 Stichwort Insolvenz). Die Rechtsbeschwerde zeigt keine abweichende Entscheidung der Sozialgerichte oder abweichende Auffassungen in der Literatur auf.
8
3. Demzufolge werden in ständiger, bislang nicht in Frage gestellter Praxis die Insolvenzanfechtungsklagen der Insolvenzverwalter und Treuhänder gegen Sozialversicherungsträger von den ordentlichen Gerichten entschieden.
9
4. An dieser Beurteilung etwas zu ändern gibt die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. September 2010 keinen Anlass. Dieser hat für insolvenzrechtliche Anfechtungsklagen gegen Arbeitnehmer auf Rückzahlung von Lohn die Arbeitsgerichte für zuständig erachtet (Beschluss vom 27. September 2010 - GmS - OGB 1/09, ZIP 2010, 2418, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ). Hieraus ergibt sich nichts für einen Rechtsweg zu den Sozialgerichten bei Anfechtungsklagen gegen Sozialversicherungsträger.
10
a) Der Gemeinsame Senat hat insolvenzrechtliche Anfechtungsklagen gegen Arbeitnehmer als bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit angesehen und auf die bisherige Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats zur Abgrenzung öffentlich- und bürgerlich-rechtlicher Streitigkeiten Bezug genommen (Beschluss vom 27. September 2010 aaO Rn. 6). Danach richtet sich, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, die Frage, ob eine Streitigkeit öffentlich oder bürgerlich-rechtlich ist, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat, Beschluss vom 10. April 1986 - GmS - OGB 1/85, BGHZ 97, 312, 313 f; vom 29. Oktober 1987 - GmS - OGB 1/86, BGHZ 102, 280, 283). Es kommt darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem ho- heitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich die Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen, ihnen zugeordneten Rechtssätze des ordentlichen Rechts bedienen, oder ob sie den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt sind (Gemeinsamer Senat, Beschluss vom 10. April 1986 aaO; vom 29. Oktober 1987 aaO).
11
Für die Annahme einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit ist zwar noch nicht ausreichend, dass sich der Kläger auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage beruft. Maßgebend ist, dass der Parteivortrag - seine Richtigkeit unterstellt - Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für welche die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht (Gemeinsamer Senat, Beschluss vom 10. April 1986 aaO S. 284).
12
Die Rechtsfolge, die sich aus der insolvenzrechtlichen Anfechtung ergibt, ist gemäß § 143 Abs. 1 InsO der Rückgewähranspruch. Dabei handelt es sich - wie ausgeführt - um einen originären gesetzlichen Anspruch des Insolvenzverwalters. Die Rückgewährpflicht hat ihre Grundlage nicht im Sozialversicherungsrecht , sondern allein im Insolvenzrecht. Die Insolvenzordnung eröffnet mit der Insolvenzanfechtung eine Rückforderungsmöglichkeit, die dem Schuldner selbst gerade verwehrt ist und die der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dient. Die zugrunde liegende Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Anfechtungsgegner wird dadurch nicht umgestaltet. Die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind vielmehr an Verwaltungsakte, auch diejenigen der Sozialversicherungsträger, in den Grenzen ihrer Bestandskraft gebunden. Sie haben diese, selbst wenn sie fehlerhaft sind, zu beachten, solange sie nicht durch die zuständigen Behörden oder durch die zuständigen Gerichte aufgehoben worden sind. Sie haben sie folglich ihrer Entscheidungsfindung auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts zugrunde zu legen, ohne deren Rechtmäßigkeit zu prüfen (BGH, Urteil vom 21. September 2006 - IX ZR 89/05, ZIP 2006, 2234 Rn. 14 mwN). Deshalb kommt die insolvenzrechtliche Anfechtung von Verwaltungsakten (und Gerichtsurteilen), auch wenn sie von Insolvenzgläubigern erlassen wurden, nicht in Betracht.
13
Das Insolvenzverfahren schafft jedoch zwischen den Verfahrensbeteiligten , insbesondere dem Schuldner, den Gläubigern und den Aus- und Absonderungsberechtigten , Rechtsbeziehungen, die bürgerlich-rechtlicher Natur sind. In der Gesamtvollstreckung gibt es keine Privilegierung von Hoheitsträgern; Gläubiger , die gegenüber dem Schuldner ihre Zahlungsansprüche in einem Über-/ Unterordnungsverhältnis durch öffentlich-rechtliche Leistungsbescheide selbst titulieren und außerhalb des Insolvenzverfahrens selbst vollstrecken können, verlieren im Insolvenzverfahren diese Befugnis (§ 89 InsO; Jaeger/Eckardt, InsO § 89 Rn. 13). Sie sind im laufenden Insolvenzverfahren den anderen Gläubigern gleichgestellt. Maßgebend für die Insolvenzfestigkeit der erfolgten Befriedigung von Insolvenzgläubigern ist allein die Insolvenzordnung.
14
b) Nur für das Verhältnis zwischen den ordentlichen Gerichten und der Arbeitsgerichtsbarkeit hat der Gemeinsame Senat im Beschluss vom 27. September 2010 den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch nicht als rechtswegbestimmend und die Rechtsnatur des Anfechtungsrechts für belanglos angesehen. Insoweit handele es sich um einen Streit aus einem Arbeitsverhältnis. Dies wird mit arbeitsrechtlichen Überlegungen, der schnelleren und kostengünstigeren Abwicklung der Verfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit, der Nutzung der Kenntnisse von im Arbeitsleben (nicht im Insolvenzrecht) erfahrenen Personen und mit dem geringeren Kostenrisiko vor den Arbeitsgerichten begründet. Auch dem Umstand, dass sich die Parteien kostenlos von volljährigen Familienangehörigen oder Gewerkschaftern (von letzteren in allen In- stanzen) vertreten lassen können, wird Bedeutung beigemessen. Zudem wird auf die Möglichkeit des § 11a Arbeitsgerichtsgesetz Bezug genommen, wonach einem beklagten Arbeitnehmer auch dann ein Rechtsanwalt beigeordnet werden kann, wenn seine Rechtsverteidigung keine Aussicht auf Erfolg hat (Gemeinsamer Senat, aaO Rn. 10 ff). Diese Schutzbestimmungen des Arbeitsgerichtsgesetzes zugunsten der Arbeitnehmer sollen vollen Umfangs auch für Insolvenzanfechtungsklagen gegen Arbeitnehmer aufrechterhalten werden (Gemeinsamer Senat aaO Rn. 13).
15
c) Diese Argumente sind auf die Sozialgerichtsbarkeit - aber auch auf die anderen Gerichtsbarkeiten, die über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zu entscheiden haben - nicht übertragbar. Den Sozialversicherungsträgern ist durch die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes gegenüber den Beitragspflichtigen kein besonderer verfahrensrechtlicher Schutz eingeräumt, den es gegenüber dem Insolvenzverwalter, der im Interesse der Gläubigergleichbehandlung Anfechtungsansprüche geltend zu machen hat, zu erhalten gilt.
16
5. Soweit der Kläger die außergerichtlich angefallene Vergütung seines Rechtsanwalts als Verzugsschaden geltend macht, wird von der Rechtsbe- schwerde nichts gegen die Annahme eingewandt, dass es sich hierbei um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit handelt.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 14.11.2008 - 16 O 63/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.01.2009 - I-12 W 76/08 -

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 12/14
Verkündet am:
25. Februar 2016
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erbringt eine von mehreren verbundenen Gesellschaften, denen die Bank eine gemeinschaftliche
Kreditlinie eingeräumt hatte, eine Zahlung durch eine geduldete
Überziehung ihres Kontos, benachteiligt dies ihre Gläubiger, auch wenn mit der Zahlung
die Verbindlichkeit einer verbundenen Gesellschaft getilgt wird.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 12/14 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:250216UIXZR12.14.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf einen Antrag vom 17. September 2010 am 27. Oktober 2010 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der D. GmbH (fortan: Schuldnerin), einer Tochtergesellschaft der A. AG, über deren Vermögen am 29. November 2010 ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die A. AG schuldete der Beklagten nach ei- nem am 25. November 2009 geschlossenen Vergleich 27.608 €. Am 23.De- zember 2009 überwies die Schuldnerin diesen Betrag von ihrem Konto bei der D. Bank, die den verbundenen Gesellschaften eine gemeinsame Kre- ditlinie von 5 Mio. € eingeräumt hatte, an die Beklagte. DieA. AG verfügte zu diesem Zeitpunkt noch über liquide Mittel in Höhe von 28.197,88 €.
2
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung der von der Schuldnerin geleisteten Zahlung unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Schenkungsanfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
4
1. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Überweisung der Schuldnerin sei nicht nach § 134 InsO anfechtbar, weil bereits nicht feststehe, dass die Mittel der Zahlung aus dem Vermögen der Schuldnerin stammten. Wenn, wie der Kläger vortrage, am Zahlungstag sowohl die Schuldnerin als auch die A. AG zahlungsunfähig gewesen seien und die ihnen eingeräumte Kreditlinie nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, könne die Überweisung nur durch eine geduldete Überziehung dieser gemeinsamen Kreditlinie bestritten worden sein. Wegen des bei der Überweisung angegebenen Verwendungszwecks "Vereinbarung /Vergleich vom November 2009 mit der A. " sei von einer Überziehung der Kreditlinie durch die A. AG auszugehen.
5
2. Diese Ausführungen sind rechtlich nicht haltbar.

6
a) Der Insolvenzanfechtung unterliegen gemäß § 129 Abs. 1 InsO nur Rechtshandlungen, welche die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligen. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Demnach scheidet eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger aus, wenn die angefochtene Rechtshandlung nicht das haftende Vermögen des Insolvenzschuldners , sondern dasjenige eines Dritten betroffen hat (BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 287/14, WM 2016, 282 Rn. 13 mwN).
7
Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung und fließen diese aufgrund einer vom Schuldner veranlassten Überweisung von der Bank direkt dem Empfänger zu, benachteiligt dies die Gläubiger des Schuldners, weil die Zuwendung an den Empfänger nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden kann. Eine solche Direktzahlung kann anfechtungsrechtlich nicht anders behandelt werden, als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14 f; vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 12).
8
b) Nach diesen Maßstäben kann im Streitfall eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger der Schuldnerin nicht verneint werden. Der Überweisungsauftrag erfolgte zu Lasten eines Kontos der Schuldnerin. Die Gläubigerbenach- teiligung liegt in einem solchen Fall darin, dass die Mittel des Überziehungskredits nicht zunächst in das Vermögen der Schuldnerin gelangt und dort für den Zugriff der Gesamtheit ihrer Gläubiger verblieben sind. Der Umstand, dass die ausführende Bank der Schuldnerin und ihrer Muttergesellschaft eine gemeinsame Kreditlinie eingeräumt hatte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Er besagt nur, dass sowohl die Schuldnerin als auch die Muttergesellschaft im Rahmen der gemeinsamen offenen Kreditlinie Darlehensmittel abrufen konnten. Nahm eine der verbundenen Gesellschaften Kreditmittel in Anspruch, gleichviel ob diesseits oder jenseits der eingeräumten Kreditlinie, war insoweit nur diese Gesellschaft Darlehensnehmerin. Nur ihre Gläubiger wurden benachteiligt, wenn die Bank das Darlehen nicht an die anweisende Gesellschaft, sondern zu Lasten ihres Kontos direkt an einen Dritten auszahlte. Dabei ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unerheblich, ob die Überweisung der Tilgung einer eigenen Verbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin, einer Schuld der verbundenen Gesellschaft oder derjenigen eines Dritten diente. Entscheidend für die Frage der Gläubigerbenachteiligung ist allein, dass die Zahlung auf der Grundlage einer zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Bank bestehenden Darlehensbeziehung erfolgte.
9
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

a) Die von § 134 Abs. 1 InsO vorausgesetzte Unentgeltlichkeit der Leistung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die A. AG zum Zeitpunkt der Zahlung der Schuldnerin noch über liquide Mittel verfügte, die den Zahlungsbetrag geringfügig überstiegen.
10
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, wenn die gegen den Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos war; dann hat der Zuwendungsempfänger wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13, WM 2013, 2182 Rn. 6 mwN; vom 29. Oktober 2015 - IX ZR 123/13, WM 2016, 44 Rn. 6). Von der Wertlosigkeit der Forderung des Zuwendungsempfängers ist regelmäßig nicht erst dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Forderungsschuldners wegen Zahlungsunfähigkeit bereits das Insolvenzverfahren eröffnet war, sondern schon dann, wenn er materiell zahlungsunfähig, mithin insolvenzreif war (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 8; vom 17. Juni 2010 - IX ZR 186/08, WM 2010, 1421 Rn. 7; vom 18. April2013 - IX ZR 90/10, WM 2013, 1079 Rn. 6; vom 17. Oktober 2013 - IX ZR 10/13, WM 2013, 2182 Rn. 7). Ist der Schuldner zahlungsunfähig, dürfen Forderungen nicht mehr im Wege der Einzelzwangsvollstreckung verwertet werden. Dies widerspräche dem Grundsatz, dass bei Insolvenzreife des Schuldners eine gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger in dem dafür vorgesehenen Verfahren stattzufinden hat. Der Leistungsempfänger kann sich in einem solchen Fall nur dann darauf berufen, noch Vollstreckungsmöglichkeiten gegen seinen Schuldner gehabt zu haben, wenn er trotz dessen Zahlungsunfähigkeit insolvenzbeständig auf noch vorhandene Vermögensgegenstände hätte zugreifen können. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Anfechtungsgegner (BGH, Urteil vom 17. Juni 2010, aaO Rn. 8 f).
11
bb) Die im Streitfall getroffenen Feststellungen rechtfertigen danach nicht die Beurteilung, bei der Zahlung der Insolvenzschuldnerin an die Beklagte habe es sich um eine entgeltliche Leistung gehandelt. Der Kläger hat vorgetragen, die A. AG sei im Zeitpunkt der angefochtenen Überweisung zahlungsunfähig gewesen. Hiervon ist für das Revisionsverfahren auszugehen, weil die Vorinstanzen keine gegenteiligen Feststellungen getroffen haben. War die A. AG zahlungsunfähig, war die gegen sie gerichtete Forderung der Beklagten ohne Wert. Allein der Umstand, dass die A. AG noch über liquide Mittel verfügte , die knapp über der Höhe ihrer Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten lagen, ändert daran nichts. Die in den Vorinstanzen getroffene Feststellung zu den noch vorhandenen liquiden Mitteln beruht auf dem Vortrag des Klägers, der hierzu auf die Auswertung einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Bezug genommen hat. Um welche Art von liquidem Vermögen es sich handelte, ist nicht festgestellt. Schon deshalb kann nicht beurteilt werden, ob die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, sich aus diesem Vermögen im Wege der Einzelzwangsvollstreckung anfechtungsfest Befriedigung zu verschaffen. Die Beklagte hat zu dieser Voraussetzung keinerlei Vortrag gehalten.
12
b) Die Leistung der Schuldnerin ist auch nicht bereits deshalb entgeltlich, weil die mit der Leistung getilgte Forderung der Beklagten auf einem Vergleich beruhte, nach dem restliche Werklohnansprüche der Beklagten gegen die A. AG und von dieser erhobene Gegenansprüche durch eine Zahlung der A. AG in Höhe von 27.608 € abgegolten werden sollten. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des Senats, wonach das gegenseitige Nachgeben im Rahmen eines Vergleichs regelmäßig nicht unentgeltlich erfolgt (BGH, Urteil vom 9. November 2006 - IX ZR 285/03, NZI 2007, 101 Rn. 15 ff), ist hier nicht einschlägig, weil der Kläger nicht die im Vergleich getroffene Vereinbarung angefochten hat, sondern die von der Schuldnerin auf die Verpflichtung der A. AG aus dem Vergleich erbrachte Leistung. Der Umstand, dass mit dieser Leistung der im Vergleich vereinbarte Verzicht der Beklagten auf weitergehende Forderungen wirksam wurde, begründet im Verhältnis zur Schuld- nerin ebenfalls nicht die Entgeltlichkeit der Leistung; insoweit kommt es, wie bei der durch die Zahlung erfüllten Forderung, auf die Werthaltigkeit der Forderungen an.
13
c) Der vom Kläger erklärten Schenkungsanfechtung steht auch nicht der Vorrang einer konkurrierenden Deckungsanfechtung des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. AG entgegen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 23 ff; vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 12). Die Beklagte hat weder dargelegt, dass eine Deckungsanfechtung erklärt worden wäre, noch dass die Voraussetzungen einer solchen erfüllt wären. Eine Deckungsanfechtung durch den Insolvenzverwalter der A. AG käme nur in Betracht, wenn diese der Schuldnerin den Gegenwert der Mittel, mit denen die Beklagte befriedigt wurde, aus ihrem Vermögen zur Verfügung gestellt hätte, die Befriedigung der Beklagten sich somit als mittelbare Zuwendung der A. AG darstellen würde. Hierfür ist jedoch nichts ersichtlich.
14
4. Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dieses wird die erforderlichen Feststellungen zu der von der Beklagten bestrittenen Behauptung des Klägers treffen müssen, die A. AG sei zum Zeitpunkt der angefochtenen Überweisung zahlungsunfähig gewesen.
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 09.05.2012 - 2-18 O 408/11 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.12.2013 - 3 U 157/12 -

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 159/06 Verkündet am:
13. August 2009
Hauck
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Eine Vorsatzanfechtung ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Schuldner zum
Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung noch keine Gläubiger hatte.
2. Tatsachen, aus denen die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Vorsatzanfechtung
gefolgert werden können, begründen keine Vermutung, sondern stellen
nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen dar.
BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter
Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 15. Januar 2003 am 1. März 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH (künftig: Schuldnerin). Diese war Mitglied der beklagten Berufsgenossenschaft. Laut Beitragsbescheid der Beklagten vom 23. April 2002 für das Kalenderjahr 2001 belief sich die Beitragsschuld der Schuldnerin am 31. März 2002 auf 82.147,17 €. In diesem Betrag waren Säumniszuschläge für 2001 in Höhe von 2.640,31 € enthalten. Die Beklagte setzte drei Vorschusszahlungen für 2002 in Höhe von jeweils 28.850 € fest. Der erste Vorschuss war im Betrag von 82.147,17 € enthalten, der zweite war am 15. August 2002 fällig, der dritte am 15. November 2002. Die Schuldnerin zahlte am 29. April 12.000 €, am 6. Mai, am 3. Juni und am 1. Juli 2002 jeweils 6.000 €. Am 30. Juli 2002 ließ die Beklagte den Beitragsbescheid vom 23. April mit dem aktuellen Rückstand von 52.147,17 € zur Zwangsvollstreckung ausfertigen. Am 10. September 2002 wurde der Vertreter der Schuldnerin von der zwischenzeitlich beauftragten Gerichtsvollzieherin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf den 25. September 2002 geladen. Daraufhin zahlte die Schuldnerin an die Gerichtsvollzieherin 12.500 €. Von diesem Betrag wurden 10.000 € an die Beklagte weitergeleitet. Am 9. Oktober zahlte die Schuldnerin weitere Beträge in Höhe von 12.488,90 € und 12.463,40 €, insgesamt somit 64.952,30 €. Diesen Betrag fordert der Kläger von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) zurück. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Rückzahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


2
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


3
Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZInsO 2007, 219 veröffentlicht ist, hat ausgeführt: Es könne nicht geprüft werden, ob die Schuldnerin mit dem Vorsatz gehandelt habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen, weil der Kläger keine konkreten Tatsachen dazu vorgetragen habe, dass zum Zeitpunkt jeder ange- fochtenen Rechtshandlung andere Gläubiger vorhanden gewesen seien, deren Forderungen durch die Zahlungen an die Beklagte nicht mehr hätten vollständig befriedigt werden können. Auch könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zur Zeit der Zahlungen einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gekannt habe. Die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO, wonach diese Kenntnis vermutet wird, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, lägen nicht vor. Das Bestehen der Beitragsrückstände und die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen reichten nicht aus, um eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nachzuweisen. Es könne unterschiedliche Gründe dafür geben, dass Zahlungen erst nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen erfolgten, zumal die Nichtabführung der Beiträge an die Beklagte nicht strafbewehrt sei. Die schleppende Zahlung an die Beklagte könne darauf beruht haben, dass andere Gläubiger bevorzugt befriedigt worden seien. Auch eine Kenntnis der Beklagten von der Benachteiligung anderer Gläubiger sei nicht dargetan oder gar erwiesen.

II.


4
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt weder die Feststellung der für einen Anspruch nach § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung noch des darauf gerichteten Vorsatzes des Schuldners voraus, dass zum Zeitpunkt jeder angefochtenen Rechtshandlung andere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen durch die Zahlungen an die Beklagte nicht mehr vollständig befriedigt werden konnten. Im Falle der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare, erst künftig eintretende Gläubigerbenachteiligung. Für den auf eine solche Benachteiligung gerichteten Vorsatz des Schuldners ist es daher unerheblich, ob er sich gegen alle oder nur einzelne, gegen bestimmte oder unbestimmte, gegen schon vorhandene oder nur mögliche künftige Gläubiger richtet. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung noch gar keine Gläubiger hatte (zu § 3 AnfG: RGZ 26, 11, 13; BGH, Urt. v. 28. September 1964 - VIII ZR 21/61, WM 1964, 1166, 1167; Urt. v. 7. Mai 1987 - IX ZR 51/86, WM 1987, 881, 882; zu § 37 KO: BGH, Urt. v. 11. November 1954 - IV ZR 64/54, WM 1955, 407, 412; zu § 133 InsO: OLG Dresden ZInsO 2007, 497, 499; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 133 Rn. 16; Jaeger/Henckel, InsO § 133 Rn. 45; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 133 Rn. 10; Uhlenbruck/Hirte, InsO 12. Aufl. § 133 Rn. 24; HmbKomm-InsO/Rogge, 3. Aufl. § 133 Rn. 14; FKInsO /Dauernheim, 5. Aufl. § 133 Rn. 10). Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Hauptbegründung können die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO daher nicht verneint werden.
6
Die 2. Entscheidung des Berufungsgerichts wird auch nicht von der Hilfsbegründung getragen, es sei weder nachgewiesen noch gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten, dass die Beklagte einen Vorsatz der Schuldnerin zur Benachteiligung ihrer Gläubiger gekannt habe.
7
a) Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen , kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet , wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte.
8
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

9
b) Das Berufungsgericht hat eine Kenntnis der Beklagten von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin trotz des Bestehens der Beitragsrückstände und der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles als nicht nachgewiesen erachtet. Diese Würdigung lässt wesentliche Gesichtspunkte außer Acht.
10
aa) Zahlungsunfähig im Sinne von § 17 InsO ist regelmäßig, wer nicht innerhalb von drei Wochen mehr als 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten erfüllen kann (BGHZ 163, 134 ff). Zahlungsunfähigkeit droht, wenn eine solche Liquiditätslücke unter Berücksichtigung der bestehenden, aber erst künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten und der im entsprechenden Zeitraum verfügbaren Zahlungsmittel voraussichtlich eintreten wird. Ein einzelner Gläubiger, der von seinem Schuldner Leistungen erhält, wird die zur Beurteilung dieser Voraussetzungen notwendigen Tatsachen meist nicht kennen, weil es ihm an dem erforderlichen Gesamtüberblick fehlt. Er kennt in der Regel nur seine eigenen Forderungen und das auf diese Forderungen bezogene Zahlungsverhalten des Schuldners. Zahlungsunfähigkeit ist jedoch in der Regel auch dann anzunehmen , wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO), das heißt wenn ein Verhalten des Schuldners nach außen hervorgetreten ist, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Kenntnis des Gläubigers von drohender Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und von einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne von § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO in der Regel anzunehmen, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007, aaO Rn. 24 m.w.N.). Diese Formulierung ist allerdings nicht dahin zu verstehen, dass in einem solchen Fall eine entsprechende Kenntnis - widerleglich - vermutet wird. Es handelt sich vielmehr ebenfalls nur um ein Beweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes. Soweit es um die Kenntnis des Gläubigers von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht, muss deshalb darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende, möglicherweise erst unter dem Druck einer angedrohten Zwangsvollstreckung erfolgende oder auch ganz ausbleibende Tilgung der Forderung des Gläubigers bei einer Gesamtbetrachtung der ihm bekannten Umstände, insbesondere der Art der Forderung, der Person des Schuldners und des Zuschnitts seines Geschäftsbetriebs als ausreichendes Indiz für eine solche Kenntnis darstellt (Ganter WM 2009, 1441, 1445).
11
bb) Das Berufungsgericht hat die bestehenden Beitragsrückstände und die Tatsache, dass Zahlungen der Schuldnerin zunehmend nur unter dem Eindruck der bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgten, als Gesichtspunkte bewertet, die für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sprachen. Seine Ausführungen lassen jedoch nicht erkennen, warum dies nicht auch für die Beklagte deutlich gewesen ist. Der Beitragsbescheid vom 23. April 2002 enthielt Säumniszuschläge für das Jahr 2001 in Höhe von 2.640,31 €. Demnach muss es bereits im Jahr 2001 zu beträchtlichen Rückständen gekommen sein. Nach Erlass des Beitragsbescheids über 82.147,17 € leistete die Schuldnerin nur kleinere und unregelmäßige Teilzahlungen, ab September 2002 zudem unter dem Druck eingeleiteter Vollstreckungsmaßnahmen. Soweit das Berufungsgericht der Beklagten zugesteht, sie habe die schleppende Zahlungsweise darauf zurückführen dürfen, dass die Schuldnerin andere Gläubiger bevorzugt bediente, gab es dafür keinen tatsächlichen Anhaltspunkt. Da die Beklagte - trotz Titulierung ihrer Forderungen und der Entfaltung erheblichen Vollstreckungsdrucks - nur schleppend geringe Teilzahlungen auf ihre Gesamtforderungen erhielt, lag es aus ihrer Sicht fern, dass andere Gläubiger, die keinen Titel hatten, pünktlich und vollständig befriedigt wurden.
12
Für c) die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird weiter die Kenntnis der Beklagten von der Benachteiligung der Gläubiger vorausgesetzt. Das Berufungsgericht hat gemeint, diese Kenntnis nicht feststellen zu können, und hierbei auf seine vorangegangenen Ausführungen zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und zur Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit Bezug genommen. Wegen der dort unterlaufenen Rechtsfehler erweist sich auch diese Bezugnahme nicht als tragfähig.

III.


13
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
14
Das Berufungsgericht wird bei seiner neuen Entscheidung den Sachverhalt zur Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung umfassend zu würdigen haben. Insbesondere wird - bezogen auf die Schuldnerin - zu prüfen sein, ob der Schluss auf ihre Zahlungsunfähigkeit und sodann von erkannter Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz (BGHZ 167, 190, 195; BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, ZIP 2009, 573, 574 Rn. 13; Urt. v. 5. März 2009 - IX ZR 85/07, ZIP 2009, 922, 923 Rn. 10, jeweils m.w.N.) auch dann möglich ist, wenn - wie bisher im Streitfall - nur zu den Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten vorge- tragen ist. Zusätzlich wird das Berufungsgericht - bezogen auf die Beklagte - untersuchen müssen, ob unter diesen Umständen der Schluss von der Kenntnis des Anfechtungsgegners von drohender Zahlungsunfähigkeit (sofern eine solche anzunehmen sein sollte) auf seine Kenntnis von einer Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10) möglich ist. Hierfür ist es zumindest erforderlich, dass der Anfechtungsgegner weiß, es mit einem unternehmerisch tätigen Schuldner zu tun zu haben, bei dem das Entstehen von Verbindlichkeiten, die er nicht im selben Maße bedienen kann (wobei künftige Verbindlichkeiten ebenfalls in Betracht kommen), auch gegenüber anderen Gläubigern unvermeidlich ist (Ganter aaO). Der Kläger hat seinen Vortrag bisher auf das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber der Beklagten beschränkt, möglicherweise weil er dies im Hin- blick auf die bisherige Rechtsprechung des Senats für ausreichend hielt. Durch die Zurückverweisung erhält er Gelegenheit, seinen Vortrag unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zu ergänzen.
Ganter Kayser Gehrlein
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.08.2005 - 9 O 4398/05 -
OLG München, Entscheidung vom 22.06.2006 - 6 U 5448/05 -

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.

(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.

(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 9b Abs. 1 entsprechende Anwendung. Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, daß dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.

(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 31/12
Verkündet am:
16. Januar 2014
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt es der Schuldner, dessen Konten durch seinen Gläubiger gepfändet sind,
ein weiteres Konto zu eröffnen und Zahlungen seiner Schuldner auf dieses freie Konto
zu leiten, steht diese Unterlassung einer Rechtshandlung nicht gleich.
BGH, Urteil vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Lohmann, die Richter Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 18. Mai 2007 am 4. September 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin war schon seit Ende 2003 überschuldet. Ab Juli 2005 war sie nicht mehr in der Lage, die der Beklagten geschuldete Gewerberaummiete zu zahlen. Aufgrund eines Versäumnisurteils vom 31. März 2006 erwirkte die Beklagte am 8. Juni 2006 einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss, mit dem sie unter anderem die bei zwei Banken unterhaltenen Geschäftskonten der Schuldnerin pfändete. Hieraus erhielt die Beklagte in der Zeit vom 3. Juli 2006 bis zum 20. Februar 2007 einen Betrag von insgesamt 21.191,90 €. Mit Schreiben vom 16. Februar 2007 kündigte sie wegen der aufgelaufenen Mietrückstände das Mietverhältnis fristlos. In einem von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin ließ dieser sich wie folgt ein: "Der Angeklagte weist mit Nachdruck darauf hin, alles getan zu haben, damit es doch noch zu einer Befriedigung der Gläubiger, insbesondere der Vermieterin kommen konnte. In diesem Zusammenhang weist er auch darauf hin, dass er sämtliche Geschäftskunden angewiesen hatte, auf die bekannten, wenn auch gepfändeten Konten weiter die Überweisungen vornehmen und nicht von der theoretischen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, auf andere Konten, die der Vermieterin nicht bekannt gewesen sind, die Zahlungen vorzunehmen. Er habe sich bis zum letzten Augenblick absolut solidarisch zur Vermieterin verhalten."
2
Der Kläger hat die Zahlungen an die Beklagte von den gepfändeten Konten angefochten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die noch in Rede stehenden Zahlungen seien nicht wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil es an einer Rechtshandlung der Schuldnerin fehle. Die Anweisung des Geschäftsführers an sämtliche Geschäftskunden, weiterhin auf die gepfändeten Konten zu zahlen, habe nicht zu der Vermögensverlagerung beigetragen, weil nicht ersichtlich sei, dass die Kunden nicht ohnehin auf diese Konten gezahlt hätten. Ein Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung beruhe nur dann auf einem Unterlassen im anfechtungsrechtlichen Sinne, wenn der Gläubiger bei Vornahme der dem Schuldner möglichen und von ihm bewusst vermiedenen Rechtshandlung den zwangsweise erworbenen Gegenstand nicht erlangt hätte. Ob die Schuldnerin die Möglichkeit gehabt habe, ein neues Konto zu eröffnen, auf das ihre Schuldner hätten zahlen können, könne offen bleiben, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Geschäftsführer die Eröffnung eines neuen Kontos bewusst vermieden habe. Dies sei der Äußerung im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht zu entnehmen. Soweit es der Geschäftsführer unterlassen habe, die Drittschuldner aufzufordern , auf ein nicht gepfändetes Konto zu zahlen, könne daraus nicht hinreichend sicher entnommen werden, dass er tatsächlich das Bewusstsein gehabt habe, eine Vermögensverlagerung auf die Beklagte zu fördern. Unter Umständen habe er es für unmöglich gehalten, dass die Drittschuldner die Anweisung befolgen würden. Jedenfalls sei nicht dargetan, dass sich dieses Unterlassen objektiv gläubigerbenachteiligend ausgewirkt habe, weil der Kläger nichts zum Vorhandensein eines weiteren, nicht gepfändeten Kontos der Schuldnerin vorgetragen habe. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Pflicht des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH dafür zu sorgen, dass Zahlungen von Gesellschaftsschuldnern auf ein kreditorisch geführtes Bankkonto erfolgten, ergebe sich nur etwas für die Haftung des Geschäftsführers aus § 64 Abs. 2 GmbHG, § 130a Abs. 3 HGB, nicht aber für die Frage der Anfechtbarkeit.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
6
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durch Überweisung von den gepfändeten Konten erlangte Befriedigung der Beklagten in Höhe von 21.191,90 € nicht auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin beruht und damit nicht nach der zeitlich allein in Betracht kommenden Regelung des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten werden kann. Sie ist vielmehr Folge einer wirksamen und unanfechtbaren Pfändung und Überweisung. Die Beklagte hat als Pfändungspfandgläubigerin nur das erhalten, was ihr bereits aufgrund des Pfändungspfandrechts und des damit erlangten Rechts zur abgesonderten Befriedigung (§ 50 Abs. 1 InsO) zustand (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 142/11, WM 2013, 48 Rn. 14 mwN).
7
1. Die Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt eine Rechtshandlung des Schuldners und damit dessen willensgeleitetes verantwortungsgesteuertes Handeln voraus (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 10). Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert. Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Rechtshandlung des Schuldners, wenn der Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch eine Leistung des Schuldners erlangt, bei deren Vornahme jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen ist. Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung aber dann, wenn eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners zumindest auch dazu beigetragen hat, selbst wenn dies unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt ist. Fördert der Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme oder trägt er dazu bei, dass eine Situation entsteht, in der seine Leistung wegen des sonst erfolgenden Vollstreckungszugriffs als nicht selbstbestimmt zu werten ist, kann dies die Qualifizierung der Vermögensverlagerung als Rechtshandlung des Schuldners rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 79; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 213/09, WM 2011, 501 Rn. 5, 12; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074, Rn. 9; vom 21. November 2013 - IX ZR 128/13, nv Rn. 7). Eine durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers erlangte Zahlung kann daher der Vorsatzanfechtung unterliegen , wenn eine Schuldnerhandlung oder eine dieser gleichstehende Unterlassung zum Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme beigetragen hat (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 8 mwN; vom 22. November 2012 - IX ZR 142/11, WM 2013, 48 Rn. 15). Ausreichend ist eine mitwirkende Rechtshandlung des Schuldners, ohne dass sie die einzige Ursache für die Gläubigerbenachteiligung bilden muss (BGH, Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 10).
8
2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Rechtshandlung der Schuldnerin zutreffend verneint.
9
a) Die Schuldnerin hat nicht durch aktives Tun zur Befriedigung der Beklagten aus dem anfechtungsfest erworbenen Pfändungspfandrecht beigetragen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind der Beklagten die von den Drittschuldnern auf den Konten eingezahlten Beträge allein aufgrund der Pfändung zugeflossen und die Schuldnerin hat keinen für den Vollstreckungserfolg wenigstens mitursächlichen Beitrag geleistet. Für einen mitursächlichen Beitrag, wie er etwa bei einer vom Schuldner bewusst zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers veranlassten Einzahlung auf ein gepfändetes Kon- to bestehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 2, 10), besteht kein Anhalt. Vielmehr waren die Drittschuldner schon vor der Aufforderung des Geschäftsführers der Schuldnerin gehalten, auf eines der bereits bekannten , wenn auch gepfändeten Konten zu zahlen. Den Drittschuldnern war es nicht möglich, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Schuldnerin durch Überweisungen auf bestehende andere, nicht gepfändete Konten nachzukommen. Über solche weiteren Kontoverbindungen verfügte die Schuldnerin nach den für die Revisionsinstanz bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Damit lag in der wiederholten Aufforderung, weiterhin auf die bekannten, Konten der Schuldnerin zu zahlen, lediglich eine gegenüber den Drittschuldnern zum Ausdruck gebrachte Hinnahme des bisherigen Zahlungswegs. Mangels einer bestehenden Alternative liegt hierin kein über das bloße Stillhalten hinausgehender Beitrag der Schuldnerin, mit dem die Befriedigung der Beklagten gefördert wurde.
10
Aus diesem Grund kann auch nicht angenommen werden, dass die Schuldnerin an der Erlangung eines werthaltigen Pfändungspfandrechts der Beklagten aktiv mitgewirkt hat, indem die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung durch sie erst geschaffen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 12; vom 21. November 2013, aaO Rn. 14). Vielmehr hat die Schuldnerin nur die Fortzahlung der Drittschuldner auf die gepfändeten Konten nicht unterbunden. Das im Wege der Forderungspfändung erwirkte Pfandrecht der Beklagten beruht damit allein auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme und nicht auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin im Sinne von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012, aaO Rn. 15).
11
b) Weder in der unterbliebenen Eröffnung eines neuen Kontos noch in der fehlenden Anweisung an die Drittschuldner, zu Barzahlungen überzugehen, kann ein der Rechtshandlung nach § 133 Abs. 1 InsO gleichgestelltes Unterlassen (§ 129 Abs. 2 InsO) gesehen werden.
12
aa) Im Insolvenzanfechtungsrecht ist eine Gleichstellung mit einer Rechtshandlung nur gerechtfertigt, wenn die Unterlassung auf einer Willensbetätigung beruht, also bewusst und gewollt erfolgt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, BB 1997, 436, 437; vom 22. Dezember 2005 - IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343, 348). Eine bloße Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit genügt nicht (MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 24; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 129 Rn. 35). Der Schuldner muss das Gebotene in dem Bewusstsein unterlassen haben, dass sein Nichthandeln irgendwelche Rechtsfolgen auslöst (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 24). Dabei müssen sich die Vorstellungen des Schuldners nicht auf eine konkrete Rechtsfolge beziehen oder rechtlich zutreffend sein; es genügt, wenn aus einer Situation, die naheliegender Weise materiellrechtliche Ansprüche zur Folge hat, bewusst keine Konsequenzen gezogen werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 8).
13
Bei der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ergibt sich aus deren subjektiven Voraussetzungen die weitergehende Anforderung, dass die gebotene Handlung bewusst und wenigstens unter Inkaufnahme der Gläubigerbenachteiligung unterlassen worden sein muss (vgl. Jaeger/Henckel, aaO Rn. 18). Die untätige Hinnahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen muss also gerade in der Vorstellung und mit dem Willen erfolgen, dass durch das Unterlassen einer möglichen Handlung die anstehende Vermögensverlagerung auf den voll- streckenden Gläubiger gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 aaO Rn. 10). Für ein entsprechend zielgerichtetes Unterlassen (vgl. MünchKomm -InsO/Kayser, aaO § 133 Rn. 7) reicht es nicht aus, dass der Schuldner die Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers lediglich geschehen lässt. Vielmehr hat er andere Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Gläubigergesamtheit in Erwägung zu ziehen und muss hiervon bewusst im Interesse einzelner Gläubiger absehen. Dieses Bewusstsein kann vorhanden sein, wenn von der Geltendmachung bestehender Erstattungsansprüche kein Gebrauch gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO S. 348 f) oder erfolgversprechende Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen eine rechtswidrige Vollstreckung nicht genutzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1959 - VIII ZR 179/58, WM 1959, 891, 892; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 10).
14
bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht ein solches Bewusstsein der Schuldnerin in revisionsrechtlich hinzunehmender tatrichterlicher Würdigung nicht festgestellt. Aus der Aussage des Geschäftsführers, dass die theoretische Möglichkeit bestanden habe, die Geschäftskunden zur Zahlung auf andere, nicht gepfändete Konten aufzufordern, musste das Berufungsgericht nicht zwingend den Schluss ziehen, dass er zur Zeit der Kundenzahlungen die Eröffnung eines neuen Kontos als Handlungsalternative gesehen und bewusst von dieser Möglichkeit abgesehen hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Erklärung des Geschäftsführers, dass er insbesondere die Befriedigung der Vermieterin sichern wollte und sich zu ihr absolut solidarisch verhalten habe. Ebensowenig lag bei seiner Aufforderung die Vorstellung nahe, damit auf die Möglichkeit von Barzahlungen zu verzichten. Das Berufungsgericht hat damit in zulässiger und für das Revisionsgericht bindender Art und Weise die Voraussetzungen eines zielgerichteten Unterlassens der Schuldnerin verneint.
15
cc) Ebenso scheidet ein anfechtungsrechtlich erhebliches, prozessuales Unterlassen (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 129 Rn. 27 ff; Gehrlein, aaO Rn. 36) aus, weil es keine Gründe gibt, auf die eine Erinnerung gegen die Pfändung der Konten erfolgreich hätte gestützt werden können. Werden von vorneherein aussichtslose Rechtsbehelfe nicht ergriffen, kann dies eine Vermögensverlagerung zugunsten des vollstreckenden Gläubigers nicht gefördert haben ; eine Gleichstellung mit einer Rechtshandlung scheidet aus (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1959, aaO; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 8).
16
3. Ob die Schuldnerin durch ihre Untätigkeit eine spezielle Pflicht zum Handeln verletzt hat, ist nach dem Schutzzweck des Insolvenzanfechtungsrechts unerheblich (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 129 Rn. 24; HmbKomm -InsO/Rogge/Leptien, InsO, 4. Aufl., § 129 Rn. 15). So rechtfertigt die Verletzung der Insolvenzantragspflicht keine Insolvenzanfechtung (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 154 ff; vgl. auch Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 18). Anfechtungsrechtlich soll nicht die Rechtswidrigkeit des Tuns oder Unterlassens sanktioniert werden, sondern der mitherbeigeführte gläubigerbenachteiligende Erfolg (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO). In der bewussten Bevorzugung einzelner Gläubiger unter Inkaufnahme der Benachteiligung anderer Gläubiger liegt das anfechtungsrechtlich zu missbilligende Verhalten des Schuldners (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 133 Rn. 4). Auf die benachteiligende Wirkung hat auch der Gesetzgeber bei Einführung des § 129 Abs. 2 InsO maßgeblich abgestellt, um die Anfechtbarkeit von Unterlassungen zu rechtfertigen (vgl. Begr.RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 157). Damit kommt es unter anfechtungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, ob nach der Pfändung der bestehenden Geschäftskonten eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Verpflichtung der Schuldnerin zur Eröffnung eines neuen Kontos be- stand, um die Zahlungen ihrer Drittschuldner auf jenes Konto zu leiten und sie allen Gläubigern zugutekommen zu lassen.
17
Das Berufungsgericht hat deshalb folgerichtig einen Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneint, wonach der Geschäftsführer einer GmbH, der seiner Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a Abs. 1 InsO nicht rechtzeitig nachkommt, aufgrund seiner Masseerhaltungspflicht dafür zu sorgen hat, dass Zahlungen als Äquivalent für dadurch erfüllte Gesellschaftsforderungen der Masse zugutekommen und nicht auf ein debitorisch geführtes Konto mit der Folge der bevorzugten Befriedigung bestimmter Gesellschaftsgläubiger gelangen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZInsO 2007, 542 Rn. 12). Als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mag er in einer solchen Situation aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Pflichten gehalten sein, ein neues, kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen und den aktuellen Gesellschaftsschuldnern die geänderte Bankverbindung unverzüglich bekannt zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 188; vom 26. März 2007, aaO). Anfechtungsrechtlich bleibt das Unterlassen einer Kontoeröffnung indes bedeutungslos. Die Regelung des § 133 Abs. 1 InsO soll zwar das Interesse der Gläubiger daran schützen, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 150). Hieraus folgt jedoch keine Garantenpflicht des Schuldners, die es gebieten könnte, schon vor Eintritt der Krise sämtliche ihm möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu gewährleisten. Der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wurde nach dem System der Anfechtungsregeln bewusst auf die Zeit der Krise beschränkt und verdrängt gemäß §§ 130, 131 InsO erst in der „kritischen“ Zeit das die Einzelvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 148 ff). Außerhalb der Krise ist der Schuldner jedenfalls anfechtungsrechtlich nicht dazu verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz einer gleichen Befriedigungsmöglichkeit aller Gläubiger einzuleiten.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.07.2010 - 6 O 196/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.01.2012 - I- 12 U 149/10 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 31/12
Verkündet am:
16. Januar 2014
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterlässt es der Schuldner, dessen Konten durch seinen Gläubiger gepfändet sind,
ein weiteres Konto zu eröffnen und Zahlungen seiner Schuldner auf dieses freie Konto
zu leiten, steht diese Unterlassung einer Rechtshandlung nicht gleich.
BGH, Urteil vom 16. Januar 2014 - IX ZR 31/12 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Lohmann, die Richter Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag vom 18. Mai 2007 am 4. September 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der K. GmbH (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin war schon seit Ende 2003 überschuldet. Ab Juli 2005 war sie nicht mehr in der Lage, die der Beklagten geschuldete Gewerberaummiete zu zahlen. Aufgrund eines Versäumnisurteils vom 31. März 2006 erwirkte die Beklagte am 8. Juni 2006 einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss, mit dem sie unter anderem die bei zwei Banken unterhaltenen Geschäftskonten der Schuldnerin pfändete. Hieraus erhielt die Beklagte in der Zeit vom 3. Juli 2006 bis zum 20. Februar 2007 einen Betrag von insgesamt 21.191,90 €. Mit Schreiben vom 16. Februar 2007 kündigte sie wegen der aufgelaufenen Mietrückstände das Mietverhältnis fristlos. In einem von der Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Schuldnerin ließ dieser sich wie folgt ein: "Der Angeklagte weist mit Nachdruck darauf hin, alles getan zu haben, damit es doch noch zu einer Befriedigung der Gläubiger, insbesondere der Vermieterin kommen konnte. In diesem Zusammenhang weist er auch darauf hin, dass er sämtliche Geschäftskunden angewiesen hatte, auf die bekannten, wenn auch gepfändeten Konten weiter die Überweisungen vornehmen und nicht von der theoretischen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, auf andere Konten, die der Vermieterin nicht bekannt gewesen sind, die Zahlungen vorzunehmen. Er habe sich bis zum letzten Augenblick absolut solidarisch zur Vermieterin verhalten."
2
Der Kläger hat die Zahlungen an die Beklagte von den gepfändeten Konten angefochten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die noch in Rede stehenden Zahlungen seien nicht wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil es an einer Rechtshandlung der Schuldnerin fehle. Die Anweisung des Geschäftsführers an sämtliche Geschäftskunden, weiterhin auf die gepfändeten Konten zu zahlen, habe nicht zu der Vermögensverlagerung beigetragen, weil nicht ersichtlich sei, dass die Kunden nicht ohnehin auf diese Konten gezahlt hätten. Ein Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung beruhe nur dann auf einem Unterlassen im anfechtungsrechtlichen Sinne, wenn der Gläubiger bei Vornahme der dem Schuldner möglichen und von ihm bewusst vermiedenen Rechtshandlung den zwangsweise erworbenen Gegenstand nicht erlangt hätte. Ob die Schuldnerin die Möglichkeit gehabt habe, ein neues Konto zu eröffnen, auf das ihre Schuldner hätten zahlen können, könne offen bleiben, weil der Kläger nicht vorgetragen habe, dass der Geschäftsführer die Eröffnung eines neuen Kontos bewusst vermieden habe. Dies sei der Äußerung im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht zu entnehmen. Soweit es der Geschäftsführer unterlassen habe, die Drittschuldner aufzufordern , auf ein nicht gepfändetes Konto zu zahlen, könne daraus nicht hinreichend sicher entnommen werden, dass er tatsächlich das Bewusstsein gehabt habe, eine Vermögensverlagerung auf die Beklagte zu fördern. Unter Umständen habe er es für unmöglich gehalten, dass die Drittschuldner die Anweisung befolgen würden. Jedenfalls sei nicht dargetan, dass sich dieses Unterlassen objektiv gläubigerbenachteiligend ausgewirkt habe, weil der Kläger nichts zum Vorhandensein eines weiteren, nicht gepfändeten Kontos der Schuldnerin vorgetragen habe. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Pflicht des Geschäftsführers einer insolvenzreifen GmbH dafür zu sorgen, dass Zahlungen von Gesellschaftsschuldnern auf ein kreditorisch geführtes Bankkonto erfolgten, ergebe sich nur etwas für die Haftung des Geschäftsführers aus § 64 Abs. 2 GmbHG, § 130a Abs. 3 HGB, nicht aber für die Frage der Anfechtbarkeit.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
6
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die durch Überweisung von den gepfändeten Konten erlangte Befriedigung der Beklagten in Höhe von 21.191,90 € nicht auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin beruht und damit nicht nach der zeitlich allein in Betracht kommenden Regelung des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten werden kann. Sie ist vielmehr Folge einer wirksamen und unanfechtbaren Pfändung und Überweisung. Die Beklagte hat als Pfändungspfandgläubigerin nur das erhalten, was ihr bereits aufgrund des Pfändungspfandrechts und des damit erlangten Rechts zur abgesonderten Befriedigung (§ 50 Abs. 1 InsO) zustand (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 142/11, WM 2013, 48 Rn. 14 mwN).
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1. Die Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt eine Rechtshandlung des Schuldners und damit dessen willensgeleitetes verantwortungsgesteuertes Handeln voraus (BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, WM 2011, 1343 Rn. 10). Der Schuldner muss darüber entscheiden können, ob er eine Leistung erbringt oder verweigert. Grundsätzlich fehlt es an einer solchen Rechtshandlung des Schuldners, wenn der Gläubiger eine Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch eine Leistung des Schuldners erlangt, bei deren Vornahme jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen ist. Anfechtbar ist eine im Rahmen oder aus Anlass einer Zwangsvollstreckung erfolgte Vermögensverlagerung aber dann, wenn eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners zumindest auch dazu beigetragen hat, selbst wenn dies unter dem Druck oder zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt ist. Fördert der Schuldner aktiv eine Vollstreckungsmaßnahme oder trägt er dazu bei, dass eine Situation entsteht, in der seine Leistung wegen des sonst erfolgenden Vollstreckungszugriffs als nicht selbstbestimmt zu werten ist, kann dies die Qualifizierung der Vermögensverlagerung als Rechtshandlung des Schuldners rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 79; vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff; vom 3. Februar 2011 - IX ZR 213/09, WM 2011, 501 Rn. 5, 12; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074, Rn. 9; vom 21. November 2013 - IX ZR 128/13, nv Rn. 7). Eine durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers erlangte Zahlung kann daher der Vorsatzanfechtung unterliegen , wenn eine Schuldnerhandlung oder eine dieser gleichstehende Unterlassung zum Erfolg der Vollstreckungsmaßnahme beigetragen hat (BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 8 mwN; vom 22. November 2012 - IX ZR 142/11, WM 2013, 48 Rn. 15). Ausreichend ist eine mitwirkende Rechtshandlung des Schuldners, ohne dass sie die einzige Ursache für die Gläubigerbenachteiligung bilden muss (BGH, Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 10).
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2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht eine Rechtshandlung der Schuldnerin zutreffend verneint.
9
a) Die Schuldnerin hat nicht durch aktives Tun zur Befriedigung der Beklagten aus dem anfechtungsfest erworbenen Pfändungspfandrecht beigetragen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind der Beklagten die von den Drittschuldnern auf den Konten eingezahlten Beträge allein aufgrund der Pfändung zugeflossen und die Schuldnerin hat keinen für den Vollstreckungserfolg wenigstens mitursächlichen Beitrag geleistet. Für einen mitursächlichen Beitrag, wie er etwa bei einer vom Schuldner bewusst zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers veranlassten Einzahlung auf ein gepfändetes Kon- to bestehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013, aaO Rn. 2, 10), besteht kein Anhalt. Vielmehr waren die Drittschuldner schon vor der Aufforderung des Geschäftsführers der Schuldnerin gehalten, auf eines der bereits bekannten , wenn auch gepfändeten Konten zu zahlen. Den Drittschuldnern war es nicht möglich, ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Schuldnerin durch Überweisungen auf bestehende andere, nicht gepfändete Konten nachzukommen. Über solche weiteren Kontoverbindungen verfügte die Schuldnerin nach den für die Revisionsinstanz bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Damit lag in der wiederholten Aufforderung, weiterhin auf die bekannten, Konten der Schuldnerin zu zahlen, lediglich eine gegenüber den Drittschuldnern zum Ausdruck gebrachte Hinnahme des bisherigen Zahlungswegs. Mangels einer bestehenden Alternative liegt hierin kein über das bloße Stillhalten hinausgehender Beitrag der Schuldnerin, mit dem die Befriedigung der Beklagten gefördert wurde.
10
Aus diesem Grund kann auch nicht angenommen werden, dass die Schuldnerin an der Erlangung eines werthaltigen Pfändungspfandrechts der Beklagten aktiv mitgewirkt hat, indem die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung durch sie erst geschaffen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 12; vom 21. November 2013, aaO Rn. 14). Vielmehr hat die Schuldnerin nur die Fortzahlung der Drittschuldner auf die gepfändeten Konten nicht unterbunden. Das im Wege der Forderungspfändung erwirkte Pfandrecht der Beklagten beruht damit allein auf einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme und nicht auf einer Rechtshandlung der Schuldnerin im Sinne von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2012, aaO Rn. 15).
11
b) Weder in der unterbliebenen Eröffnung eines neuen Kontos noch in der fehlenden Anweisung an die Drittschuldner, zu Barzahlungen überzugehen, kann ein der Rechtshandlung nach § 133 Abs. 1 InsO gleichgestelltes Unterlassen (§ 129 Abs. 2 InsO) gesehen werden.
12
aa) Im Insolvenzanfechtungsrecht ist eine Gleichstellung mit einer Rechtshandlung nur gerechtfertigt, wenn die Unterlassung auf einer Willensbetätigung beruht, also bewusst und gewollt erfolgt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - IX ZR 284/95, BB 1997, 436, 437; vom 22. Dezember 2005 - IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343, 348). Eine bloße Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit genügt nicht (MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 129 Rn. 24; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 129 Rn. 35). Der Schuldner muss das Gebotene in dem Bewusstsein unterlassen haben, dass sein Nichthandeln irgendwelche Rechtsfolgen auslöst (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO; Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 12; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 129 Rn. 24). Dabei müssen sich die Vorstellungen des Schuldners nicht auf eine konkrete Rechtsfolge beziehen oder rechtlich zutreffend sein; es genügt, wenn aus einer Situation, die naheliegender Weise materiellrechtliche Ansprüche zur Folge hat, bewusst keine Konsequenzen gezogen werden (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 8).
13
Bei der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ergibt sich aus deren subjektiven Voraussetzungen die weitergehende Anforderung, dass die gebotene Handlung bewusst und wenigstens unter Inkaufnahme der Gläubigerbenachteiligung unterlassen worden sein muss (vgl. Jaeger/Henckel, aaO Rn. 18). Die untätige Hinnahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen muss also gerade in der Vorstellung und mit dem Willen erfolgen, dass durch das Unterlassen einer möglichen Handlung die anstehende Vermögensverlagerung auf den voll- streckenden Gläubiger gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 2011 aaO Rn. 10). Für ein entsprechend zielgerichtetes Unterlassen (vgl. MünchKomm -InsO/Kayser, aaO § 133 Rn. 7) reicht es nicht aus, dass der Schuldner die Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers lediglich geschehen lässt. Vielmehr hat er andere Handlungsmöglichkeiten zum Schutz der Gläubigergesamtheit in Erwägung zu ziehen und muss hiervon bewusst im Interesse einzelner Gläubiger absehen. Dieses Bewusstsein kann vorhanden sein, wenn von der Geltendmachung bestehender Erstattungsansprüche kein Gebrauch gemacht wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005, aaO S. 348 f) oder erfolgversprechende Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen eine rechtswidrige Vollstreckung nicht genutzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1959 - VIII ZR 179/58, WM 1959, 891, 892; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 10).
14
bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht ein solches Bewusstsein der Schuldnerin in revisionsrechtlich hinzunehmender tatrichterlicher Würdigung nicht festgestellt. Aus der Aussage des Geschäftsführers, dass die theoretische Möglichkeit bestanden habe, die Geschäftskunden zur Zahlung auf andere, nicht gepfändete Konten aufzufordern, musste das Berufungsgericht nicht zwingend den Schluss ziehen, dass er zur Zeit der Kundenzahlungen die Eröffnung eines neuen Kontos als Handlungsalternative gesehen und bewusst von dieser Möglichkeit abgesehen hat. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Erklärung des Geschäftsführers, dass er insbesondere die Befriedigung der Vermieterin sichern wollte und sich zu ihr absolut solidarisch verhalten habe. Ebensowenig lag bei seiner Aufforderung die Vorstellung nahe, damit auf die Möglichkeit von Barzahlungen zu verzichten. Das Berufungsgericht hat damit in zulässiger und für das Revisionsgericht bindender Art und Weise die Voraussetzungen eines zielgerichteten Unterlassens der Schuldnerin verneint.
15
cc) Ebenso scheidet ein anfechtungsrechtlich erhebliches, prozessuales Unterlassen (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 129 Rn. 27 ff; Gehrlein, aaO Rn. 36) aus, weil es keine Gründe gibt, auf die eine Erinnerung gegen die Pfändung der Konten erfolgreich hätte gestützt werden können. Werden von vorneherein aussichtslose Rechtsbehelfe nicht ergriffen, kann dies eine Vermögensverlagerung zugunsten des vollstreckenden Gläubigers nicht gefördert haben ; eine Gleichstellung mit einer Rechtshandlung scheidet aus (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 1959, aaO; vom 3. Februar 2011, aaO Rn. 8).
16
3. Ob die Schuldnerin durch ihre Untätigkeit eine spezielle Pflicht zum Handeln verletzt hat, ist nach dem Schutzzweck des Insolvenzanfechtungsrechts unerheblich (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO § 129 Rn. 24; HmbKomm -InsO/Rogge/Leptien, InsO, 4. Aufl., § 129 Rn. 15). So rechtfertigt die Verletzung der Insolvenzantragspflicht keine Insolvenzanfechtung (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 154 ff; vgl. auch Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 18). Anfechtungsrechtlich soll nicht die Rechtswidrigkeit des Tuns oder Unterlassens sanktioniert werden, sondern der mitherbeigeführte gläubigerbenachteiligende Erfolg (vgl. MünchKomm-InsO/Kayser, aaO). In der bewussten Bevorzugung einzelner Gläubiger unter Inkaufnahme der Benachteiligung anderer Gläubiger liegt das anfechtungsrechtlich zu missbilligende Verhalten des Schuldners (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 133 Rn. 4). Auf die benachteiligende Wirkung hat auch der Gesetzgeber bei Einführung des § 129 Abs. 2 InsO maßgeblich abgestellt, um die Anfechtbarkeit von Unterlassungen zu rechtfertigen (vgl. Begr.RegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 157). Damit kommt es unter anfechtungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht darauf an, ob nach der Pfändung der bestehenden Geschäftskonten eine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Verpflichtung der Schuldnerin zur Eröffnung eines neuen Kontos be- stand, um die Zahlungen ihrer Drittschuldner auf jenes Konto zu leiten und sie allen Gläubigern zugutekommen zu lassen.
17
Das Berufungsgericht hat deshalb folgerichtig einen Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verneint, wonach der Geschäftsführer einer GmbH, der seiner Insolvenzantragspflicht gemäß § 15a Abs. 1 InsO nicht rechtzeitig nachkommt, aufgrund seiner Masseerhaltungspflicht dafür zu sorgen hat, dass Zahlungen als Äquivalent für dadurch erfüllte Gesellschaftsforderungen der Masse zugutekommen und nicht auf ein debitorisch geführtes Konto mit der Folge der bevorzugten Befriedigung bestimmter Gesellschaftsgläubiger gelangen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2007 - II ZR 310/05, ZInsO 2007, 542 Rn. 12). Als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mag er in einer solchen Situation aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Pflichten gehalten sein, ein neues, kreditorisch geführtes Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen und den aktuellen Gesellschaftsschuldnern die geänderte Bankverbindung unverzüglich bekannt zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1999 - II ZR 273/98, BGHZ 143, 184, 188; vom 26. März 2007, aaO). Anfechtungsrechtlich bleibt das Unterlassen einer Kontoeröffnung indes bedeutungslos. Die Regelung des § 133 Abs. 1 InsO soll zwar das Interesse der Gläubiger daran schützen, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 150). Hieraus folgt jedoch keine Garantenpflicht des Schuldners, die es gebieten könnte, schon vor Eintritt der Krise sämtliche ihm möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger zu gewährleisten. Der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wurde nach dem System der Anfechtungsregeln bewusst auf die Zeit der Krise beschränkt und verdrängt gemäß §§ 130, 131 InsO erst in der „kritischen“ Zeit das die Einzelvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005, aaO S. 148 ff). Außerhalb der Krise ist der Schuldner jedenfalls anfechtungsrechtlich nicht dazu verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz einer gleichen Befriedigungsmöglichkeit aller Gläubiger einzuleiten.
Kayser Lohmann Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.07.2010 - 6 O 196/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.01.2012 - I- 12 U 149/10 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 287/13
vom
10. Juli 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, den Richter Prof. Dr. Gehrlein, die Richterin Lohmann, die
Richter Dr. Fischer und Dr. Pape
am 10. Juli 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. November 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 93.296 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsrund auf. Die angefochtene Entscheidung wird bereits durch die Hauptbegründung getragen, dass die Aufrechnung der Beklagten an § 96 Abs. 1 Nr. 3, § 133 Abs. 1 InsO scheitert.
2
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass § 133 Abs. 1 InsO eingreift, weil der Schuldner mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgegangen ist.
3
a) Der Schuldner handelt dann mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshand- lung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder aber sich diese Folge als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 84; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 8). Hat der Schuldners sich die Benachteiligung nur als möglich vorgestellt, so ist zu unterscheiden, ob er den Fall, dass sie nicht eintrete, erwartet und wünscht, oder ob er die Benachteiligung in Kauf nimmt, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen. Im ersteren Fall hat er die Benachteiligung nicht gewollt, im zweiten dagegen ist der Benachteiligungsvorsatz gegeben (BGH, Urteil vom 26. Februar 1969 - VIII ZR 41/67, WM 1969, 374, 376).
4
b) Danach sind die Voraussetzungen eines Benachteiligungsvorsatzes im Streitfall erfüllt. Der Schuldner hat, wie die Beklagte erkannte, eine Gläubigerbenachteiligung gebilligt, weil er in Kenntnis der gegen ihn gerichteten Forderungen seiner Arbeitnehmer, ohne die gerichtliche Klärung der bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten abzuwarten, die Beklagte bevorzugt befriedigt hat. Selbst wenn er die Forderungen der Arbeitnehmer persönlich als unbegründet erachtete, hat er in Kauf genommen, dass diese Forderungen, wenn sie - wie tatsächlich geschehen - rechtskräftig zuerkannt werden, infolge der vorherigen Befriedigung der Beklagten einen Ausfall erleiden.
5
2. Die Feststellung einer Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) des Schuldners scheitert nicht - wie die Beklagte geltend macht - daran, dass dieser lediglich zahlungsunwillig war.
6
Die im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist. Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Zahlungsunfähigkeit kann vom Prozessgegner widerlegt werden. Dazu ist es ihm unbenommen , der auf eine Zahlungseinstellung gestützten Annahme der Zahlungsunfähigkeit etwa durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung vom Zeugen zum Nachweis entgegenzutreten, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke von weniger als 10 v.H. auswies (BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, WM 2012, 711, Rn. 18). Einen solchen Antrag hat die Beklagte ausweislich ihres Beschwerdevorbringens nicht gestellt.
7
3. Der geltend gemachte Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht gegeben.
8
Insoweit ist das Vorbringen der Beklagten bereits widersprüchlich, weil sie einerseits geltend macht, von der Unbegründetheit der weiteren gegen den Schuldner gerichteten Forderungen ausgegangen zu sein, die Gehörsrüge hingegen darauf stützt, von diesen Forderungen überhaupt keine Kenntnis gehabt zu haben. Davon abgesehen kann die Beklagte mit diesem Vorbringen nicht durchdringen, weil das Berufungsgericht eine Kenntnis der Forderungen festgestellt hat. Diese tatbestandlichen Feststellungen können mangels Einlegung eines Tatbestandsberichtigungsantrags (§ 320 ZPO) in dem Beschwerdeverfahren nicht mehr mit Verfahrensrügen angegriffen werden, sondern sind als bindend zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 12; vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11, WM 2013, 1115 Rn. 19).

9
4. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Kayser Gehrlein Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Krefeld, Entscheidung vom 24.04.2013 - 5 O 387/12 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 22.11.2013 - I-22 U 78/13 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 148/13
vom
6. Februar 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Februar 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Juni 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 56.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf. Das Berufungsgericht ist zutreffend und in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) ausscheidet, weil die Beklagte die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme (§ 140 InsO) nicht erkannt hat.
2
1. Der von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO verlangte Benachteiligungsvorsatz des Schuldners knüpft an die von ihm vorgenommene, eine Gläubigerbenachteiligung hervorrufende Rechtshandlung an. Spiegelbildlich muss der Anfechtungsgegner erkannt haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte. Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und seine Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner sind mithin auf die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners bezogen (BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 18; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 13). Der Anfechtungsgegner muss zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (§ 140 InsO) gewusst haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799, 1800). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der Vollendung des Rechtserwerbs (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - IX ZR 47/96, ZIP 1997, 423, 426), also der Akt, durch den die Masse endgültig geschmälert worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 237/91, ZIP 1993, 271, 274 f). Die anfechtungsrechtliche Schwäche des Rechtserwerbs wird dadurch gerechtfertigt, dass wenigstens im abschließenden Erwerbszeitpunkt ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorliegt und der Leistungsempfänger das auch weiß (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, NZI 1999, 152, 153). Diese Auffassung wird im Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig geteilt (MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 20; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 21; Bork in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 54; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 133 Rn. 26; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 133 Rn. 20).
3
2. Diesen Grundsätzen entspricht die angefochtene Entscheidung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren der Beklagten die Kaufpreiszahlungen der Schuldnerin zum Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht bekannt. Bei dieser Sachlage hat sie nicht um die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin und deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gewusst.

4
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.03.2012 - 413 HKO 91/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.06.2013 - 11 U 58/12 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

15
bb) Den subjektiven Anforderungen ist in der Person des Beklagten genügt. Dieser konnte sich nicht der Kenntnis verschließen, dass die an ihn mit Benachteiligungsvorsatz bewirkte Zahlung auf einer die Gläubigergesamtheit benachteiligenden Rechtshandlung des Schuldners beruhte (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, DB 2013, 2496 Rn. 20 ff).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 148/13
vom
6. Februar 2014
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Februar 2014

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Juni 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 56.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die Beschwerde deckt keinen Zulassungsgrund auf. Das Berufungsgericht ist zutreffend und in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass im Streitfall eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) ausscheidet, weil die Beklagte die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme (§ 140 InsO) nicht erkannt hat.
2
1. Der von § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO verlangte Benachteiligungsvorsatz des Schuldners knüpft an die von ihm vorgenommene, eine Gläubigerbenachteiligung hervorrufende Rechtshandlung an. Spiegelbildlich muss der Anfechtungsgegner erkannt haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte. Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und seine Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner sind mithin auf die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners bezogen (BGH, Urteil vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 18; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 13). Der Anfechtungsgegner muss zum Zeitpunkt ihrer Vornahme (§ 140 InsO) gewusst haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799, 1800). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der Vollendung des Rechtserwerbs (vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - IX ZR 47/96, ZIP 1997, 423, 426), also der Akt, durch den die Masse endgültig geschmälert worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1992 - IX ZR 237/91, ZIP 1993, 271, 274 f). Die anfechtungsrechtliche Schwäche des Rechtserwerbs wird dadurch gerechtfertigt, dass wenigstens im abschließenden Erwerbszeitpunkt ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorliegt und der Leistungsempfänger das auch weiß (BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - IX ZR 329/97, NZI 1999, 152, 153). Diese Auffassung wird im Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig geteilt (MünchKomm-InsO/Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 20; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 21; Bork in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2012, § 133 Rn. 54; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 133 Rn. 26; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 133 Rn. 20).
3
2. Diesen Grundsätzen entspricht die angefochtene Entscheidung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren der Beklagten die Kaufpreiszahlungen der Schuldnerin zum Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht bekannt. Bei dieser Sachlage hat sie nicht um die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin und deren Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gewusst.

4
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 22.03.2012 - 413 HKO 91/11 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 04.06.2013 - 11 U 58/12 -

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2012 - 3 Sa 1267/12 - unter Zurückweisung der weiter gehenden Revision teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Mai 2012 - 4 Ca 37/12 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.798,84 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. August 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Arbeitsentgelt, das er unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erlangte, im Weg der Insolvenzanfechtung an die Masse zurückzugewähren.

2

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 29. August 2011 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der A GmbH (Schuldnerin). Der Insolvenzantrag der DAK vom 17. März 2011 war am 21. März 2011 beim Insolvenzgericht eingegangen. Der Beklagte war zunächst als Baufachwerker, später als Lastkraftwagenfahrer bei der Schuldnerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) vom 4. Juli 2002 in seiner jeweiligen Fassung.

3

Die Schuldnerin wurde durch Versäumnisurteil zur Zahlung des Entgelts für September 2010 bis Februar 2011 nebst Zinsen verurteilt. Am 27. April 2011 ließ der Beklagte der Schuldnerin ein vorläufiges Zahlungsverbot zustellen. Die Schuldnerin überwies daraufhin am 6. Mai 2011 5.400,00 Euro an die Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Am 19. Mai 2011 wurde der Bank der Schuldnerin als Drittschuldnerin mit Bezug auf das Versäumnisurteil ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17. Mai 2011 zugestellt. Daraufhin erfolgten am 30. Mai 2011 und am 9. Juni 2011 weitere Zahlungen von 2.000,00 Euro bzw. 4.398,84 Euro an die Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Die Beträge wurden dem Konto der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gutgeschrieben.

4

Der Kläger focht die Zahlungen mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 nach §§ 129 ff., 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO an und forderte den geleisteten Betrag nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Insolvenzeröffnung zurück.

5

Der Kläger hat mit seiner dem Beklagten am 9. Januar 2012 zugestellten Klage die Auffassung vertreten, die Beträge seien nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO zurückzugewähren. Tarifliche Ausschlussfristen seien auf Ansprüche des Insolvenzverwalters aus § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht anzuwenden.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.798,84 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 29. August 2011 zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, es habe sich um eine kongruente Zahlung gehandelt. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO verstoße zudem gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Jedenfalls seien die Ausschlussfristen des § 15 BRTV auf Rückgewähransprüche anwendbar und hier nicht gewahrt.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Beklagten ist ganz überwiegend unbegründet. Erfolg hat die Revision nur hinsichtlich des Zinsantrags für den Tag der Insolvenzeröffnung, den 29. August 2011.

10

A. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es kommt nicht darauf an, wie sich die Rückgewährforderungen auf die einzelnen Vergütungsansprüche des Beklagten für September 2010 bis Februar 2011 verteilen.

11

B. Die Klage ist bis auf den Zinsantrag für den 29. August 2011 begründet. Der Beklagte muss die von der Schuldnerin am 6. Mai 2011, 30. Mai 2011 und 9. Juni 2011 an seine Prozessbevollmächtigten überwiesenen Beträge von insgesamt 11.798,84 Euro nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO an die Masse zurückgewähren. Die Rückforderungsansprüche begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und unterfallen nicht den tariflichen Ausschlussfristen des § 15 BRTV.

12

I. Anfechtungsgegner ist der Beklagte, obwohl die Zahlungen nicht an ihn als Gläubiger, sondern an die von ihm bestellten Empfangsbeauftragten erfolgten (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 11; BGH 17. Dezember 2009 - IX ZR 16/09 - Rn. 12).

13

II. Der Beklagte erlangte nach Stellung des Insolvenzantrags - durch die Überweisungen vom 6. Mai 2011, 30. Mai 2011 und 9. Juni 2011 an seine Prozessbevollmächtigten und die späteren Gutschriften auf deren Konto - insgesamt 11.798,84 Euro, die zu seiner inkongruenten Befriedigung führten. Damit ist der Tatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfüllt.

14

1. Um eine inkongruente Deckung im Sinn des Anfechtungsrechts handelt es sich bereits dann, wenn der Schuldner während der „kritischen Zeit“ der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag oder in der Zeit nach Stellung des Insolvenzantrags unter dem Druck unmittelbar drohender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen leistet, um sie zu vermeiden (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 465/12 - Rn. 21; 8. Mai 2014 - 6 AZR 722/12 - Rn. 13; 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 14). Der Schuldner gewährt damit eine Befriedigung, die der Gläubiger „nicht in der Art“ zu beanspruchen hat. Unerheblich ist, ob die Zwangsvollstreckung im verfahrensrechtlichen Sinn schon begonnen hatte, als die Leistung des Schuldners erfolgte. Die Inkongruenz wird durch den zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang begründet (vgl. BAG 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 24 f.; 19. Mai 2011 - 6 AZR 736/09 - Rn. 12; BGH 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02 - zu I 2 a aa der Gründe, BGHZ 157, 242).

15

a) Die Schuldnerin erbrachte die Zahlung vom 6. Mai 2011 von 5.400,00 Euro aufgrund der ihr am 27. April 2011 zugestellten Vorpfändung und damit unter dem Druck der Zwangsvollstreckung (BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 16). Die Zahlungen vom 30. Mai 2011 und 9. Juni 2011 von insgesamt 6.398,84 Euro erfolgten aufgrund des am 19. Mai 2011 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 17. Mai 2011 und damit aufgrund schon ausgebrachter Vollstreckungsmaßnahmen. Bei den Zahlungen handelte es sich jeweils nicht um freiwillige Handlungen.

16

b) Das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO scheidet bereits deshalb aus, weil die Zahlungen nicht aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten, sondern unter dem Druck der Zwangsvollstreckung mit der Folge inkongruenter Befriedigung geleistet wurden(vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 722/12 - Rn. 16; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 38 f. mwN). Muss der Gläubiger den Schuldner durch die Zwangsvollstreckung oder die Drohung mit ihr zur Leistung zwingen, liegt der Verdacht nahe, dass der Schuldner nicht zahlungsfähig ist. Eine solche Leistung ist nicht insolvenzfest (vgl. BAG 19. Mai 2011 - 6 AZR 736/09 - Rn. 16).

17

2. Die zeitlichen Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind erfüllt. Der Insolvenzantrag der DAK vom 17. März 2011 ging am 21. März 2011 beim Insolvenzgericht ein. Leistungshandlungen und Leistungserfolg traten nach dem aufgrund von § 139 Abs. 1 Satz 1 InsO maßgeblichen Eingang des Eröffnungsantrags beim Insolvenzgericht am 21. März 2011 ein. Weitere tatbestandliche Voraussetzungen enthält § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht. Es ist deswegen unerheblich, ob die Schuldnerin im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolgs Kenntnis von dem Insolvenzantrag der DAK vom 17. März 2011 hatte.

18

III. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Er verletzt insbesondere nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG oder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG iVm. dem durch Art. 20 Abs. 1 GG gewährleisteten Sozialstaatsprinzip. Das hat der Senat mit mehreren Entscheidungen eingehend begründet (vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 722/12 - Rn. 23 ff.; 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 19 ff., 27 ff. mit zustimmender Anm. Froehner NZI 2014, 562; s. auch 8. Mai 2014 - 6 AZR 465/12 - Rn. 24; 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 17 ff.). Darauf nimmt der Senat Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden. Hervorzuheben ist, dass eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 129 ff. InsO zum Schutz des Existenzminimums in Fällen der hier gegebenen inkongruenten Deckung durch Erfüllung von Entgeltrückständen unter dem Druck der Zwangsvollstreckung ausscheidet. Bei solchen Vergütungsrückständen können Arbeitnehmer die zur Sicherung des Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen (vgl. BAG 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 43; 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 34; 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12 - Rn. 43).

19

IV. Die geltend gemachten Ansprüche bestehen fort. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO ist als gesetzliches Schuldverhältnis der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien entzogen. Er unterfällt tariflichen Ausschlussfristen nicht. Das hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung ausführlich begründet (vgl. BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 35 ff.; 24. Oktober 2013 - 6 AZR 466/12 - Rn. 18 ff.; zustimmend Froehner Anm. NZI 2014, 133, 134; Hamann/Böing jurisPR-ArbR 7/2014 Anm. 1; Knof/Stütze EWiR 2014, 359). Darauf verweist der Senat. Der Beklagte führt keine Argumente an, die Anlass zu einer abweichenden Würdigung geben.

20

V. Der Beklagte hat die Rückgewähransprüche des Klägers seit 30. August 2011 - dem Folgetag der Insolvenzeröffnung - mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Verzinsungspflicht beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB erst mit dem Folgetag der Fälligkeit(vgl. BAG 8. Mai 2014 - 6 AZR 465/12 - Rn. 26; 27. Februar 2014 - 6 AZR 367/13 - Rn. 39 f.).

21

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Lorenz     

        

    M. Geyer    

                 

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.