Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Sept. 2016 - 9 U 238/15
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 16.11.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin macht Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis vom 09.09.20## geltend, an dem sie und der im Unfallzeitpunkt 11-jährige Beklagte als Fahrradfahrer beteiligt waren.
4Durch das angefochtene Urteil, auf das gem. § 540 ZPO verwiesen wird, soweit sich aus dem Nachstehenden nichts Anderes ergibt, hat das Landgericht der Klage ganz überwiegend stattgegeben.
5Mit seiner Berufung verfolgt der inzwischen volljährige Beklagte seine ursprünglichen Anträge auf Klageabweisung aus erster Instanz weiter. Er ist weiterhin der Ansicht, er hafte der Klägerin nicht auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, weil der Unfall allein, oder jedenfalls ganz überwiegend, von der Klägerin verschuldet worden sei. Er habe auf dem Gehweg der M‘er Straße die Einmündung der K-straße noch vor der von links herannahenden Klägerin passieren wollen, was ohne Probleme möglich gewesen sei. Nur wegen eines aus der gleichen Richtung schnell herannahenden PKW habe er im Einmündungsbereich anhalten müssen. Die Klägerin sei infolge Unaufmerksamkeit und weil – unstreitig - die Vorderradbremse ihres Fahrrades ohne Funktion gewesen sei, in sein querendes Rad gefahren.
6Das Schmerzensgeld sei überhöht. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Verzögerung des Heilungsprozesses in einem nicht unerheblichen Maß durch ein Fehlverhalten der Klägerin bedingt gewesen sei, die ihre Ernährung nicht umgestellt und physiotherapeutische Anwendungen nicht mehr in Anspruch genommen habe.
7Hinsichtlich des Haushaltsführungs- und des Erwerbsschadens wiederholt der Beklagte sein erstinstanzliches Vorbringen.
8Der Senat hat mit der Terminsverfügung den Parteien einen umfassenden Hinweis zu den Erfolgsaussichten der Berufung erteilt. Lediglich die Klägerin hat innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitraums von 5 Monaten darauf reagiert und angekündigt, hinsichtlich eines Betrages von 450,- € aus dem Bereich des Haushaltsführungsschadens für den Zeitraum vom 10.05. bis zum 03.06.20##, während dessen die Klägerin an einer Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen hatte, die Klage zurücknehmen zu wollen. Eine dahingehende Erklärung, der der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zugestimmt hat, hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Senatstermin abgegeben.
9Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den damit überreichten Anlagen verwiesen.
10II.
11Die Berufung des Beklagten ist, nachdem die Klägerin die Klage in Bezug auf den von ihr geltend gemachten und erstinstanzlich zuerkannten Haushaltsführungsschaden in Höhe von 450,- € für den Zeitraum vom 10.05 bis zum 03.06.20## zurückgenommen hat, unbegründet.
12Im Einzelnen:
131.
14Haftungsgrund
15a)
16Die Haftung des Beklagten für die der Klägerin aus Anlass des Verkehrsunfalles vom 09.09.20## entstandenen materiellen und immateriellen Schäden ergibt sich aus § 823 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 StVO. Der zum damaligen Zeitpunkt 11jährige Beklagte hat den Gehweg der vorfahrtsberechtigten M-er Straße entgegen der eigentlichen Fahrtrichtung genutzt, obwohl er zur Nutzung des Gehwegs wegen seines Alters mit Blick auf § 2 Abs. 5 S. 1 StVO nicht berechtigt war. Die so erfolgte Benutzung des Gehweges vermittelte dem Beklagten gegenüber der sich auf der Fahrbahn der untergeordneten K-straße auf den Einmündungsbereich zufahrenden Klägerin kein Vorfahrtsrecht (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 8 Rn. 30 m.w.N.). Die sich daraus ergebende grundsätzliche Haftung des Beklagten hat der hinter diesem stehende Haftpflichtversicherer vorprozessual anerkannt. Dieser hat die an ihn herangetragenen Ansprüche der Klägerin, soweit er deren Berechtigung der Höhe nach akzeptiert hat, nach einer Haftungsquote von 70 % reguliert. Dass den Beklagten an dem Zustandekommen des Verkehrsunfalls ein Verschulden trifft, hat der hinter diesem stehende Haftpflichtversicherer auch mit der Berufungsbegründung nicht in Abrede gestellt, wenn auf Bl. 6 der Berufungsbegründung ausgeführt wird, es liege kein ausschließliches Verschulden des Beklagten vor.
17Ungeachtet dessen ist nach den den Senat gem. § 529 ZPO grundsätzlich bindenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass der Beklagte die K-straße hat überqueren wollen, ohne zuvor anzuhalten und sich davon zu vergewissern, dass dies gefahrlos möglich war. Hierbei konnte sich das Landgericht auf die Angaben des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung stützen, die im Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Vorbringen standen, wonach der Beklagte sein Fahrrad vor dem Einmündungsbereich angehalten und sich davon überzeugt habe, dass er die Straße gefahrlos überqueren könne. Die erneute Präsentation dieses widerlegten Geschehensablaufs mit der Berufungsbegründung steht weiterhin im Widerspruch zu den Angaben des Beklagten im Rahmen seiner Anhörung, von denen der Beklagte nicht behauptet, dass und aus welchen Gründen diese unzutreffend gewesen sein sollen.
18Mit dem Landgericht hält auch der Senat die Behauptung des Beklagten, er habe im Straßentrichter angehalten, um ein sich von links schnell näherndes Fahrzeug passieren zu lassen, für nicht glaubhaft. Unabhängig davon, dass dieser Verlauf nicht bewiesen ist, entlastete dies den Beklagten nicht. Denn er hätte sich so verhalten müssen, dass er sich zuverlässig über herannahenden Verkehr auf der K-straße einen Überblick verschaffen konnte. Keinesfalls durfte er seine Fahrt fortsetzen, um dann erkennen zu müssen, dass er die Straße vor dem herannahenden PKW nicht würde überqueren können, und durch den Halt ein quer gestelltes Hindernis für den Verkehr auf der K-straße bildete.
19Der im Unfallzeitpunkt 11jährige Beklagte ist für sein Fehlverhalten auch verantwortlich.
20Gemäß § 828 Abs. 3 BGB ist derjenige, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Dabei obliegt es dem Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass ihm die erforderliche Einsicht zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit gefehlt hat. Substantiierten Sachvortrag hierzu enthält auch die Berufungsbegründung nicht. Im Gegenteil: die Beschreibung der Annäherung an die Einmündung, nämlich die Beachtung des sich auf der Fahrbahn befindlichen bevorrechtigten Verkehrs, belegt, dass der Beklagte damals bereits erkannt hat, dass er die Einmündung nur queren durfte, wenn er sich zuvor über die Verkehrssituation ein Bild gemacht hatte. Diese war vorliegend auch nicht so komplex und unübersichtlich, dass der Beklagte damit überfordert gewesen wäre.
21b)
22Die Haftung des Beklagten war daher nur dann beschränkt, wenn der Klägerin ein schuldhafter Verkehrsverstoß nachgewiesen werden könnte, der ein Mitverschulden begründete. In Betracht kommt nach der Darstellung des Beklagten allein, dass die Klägerin auf das auf der Fahrbahn zum Stehen gebrachte Fahrrad des Beklagten schuldhaft zu spät reagiert hat. Mangels der erforderlichen Anknüpfungstatsachen ist auch mit Hilfe eines verkehrsanalytischen Sachverständigengutachtens nicht der Beweis zu führen, dass die Klägerin verspätet reagiert haben muss, und sie bei rechtzeitiger Reaktion die Kollision hätte vermeiden können. Dazu hätte es über die aus der Unfallskizze ersichtlichen Endlage der Fahrräder hinaus insbesondere belastbarer Angaben zu den gefahrenen Geschwindigkeiten und den Entfernungen bedurft. Solche Angaben fehlen. Der Mitverschuldensvorwurf lässt sich auch nicht damit begründen, dass das von der Klägerin benutzte Fahrrad nicht über eine funktionstüchtige Vorderradbremse verfügte. Mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen kann der Beklagte nicht den ihm obliegenden Beweis führen, dass mit einsatzfähiger Vorderradbremse der Unfall vermieden worden wäre. In diesem Zusammenhang ist ohne Belang, wer wem in das Fahrrad gefahren ist.
232.
24Schaden
25a)
26Schmerzensgeld
27Das vom Landgericht mit sorgfältiger Begründung ausgeurteilte Schmerzensgeld ist auch nach Auffassung des Senats der Höhe nach nicht zu beanstanden. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen werden. Die Berufungsbegründung gibt lediglich Anlass zu den nachstehenden Ausführungen.
28Zu Recht hat das Landgericht auch die Revision des rechten Kniegelenks nach Zerreissen des bei dem ersten Eingriff eingebrachten Bandmaterials, einer PDS Kordelnaht, als einen bei der Schmerzensgeldbemessung zu bewertenden Faktor angesehen. Dass die Klägerin, wie der Beklagte, ohne einen Anhaltspunkt dafür zu haben, behauptet, durch eigenes nachoperatives Fehlverhalten die Zerreißung der PDS Kordelnaht herbeigeführt zu haben, erweist sich als reine Spekulation.
29Der vom Beklagten erhobene Vorwurf, die Verzögerung des Heilungsprozesses sei in einem nicht unerheblichen Maß durch ein Fehlverhalten der Klägerin bedingt, die ihre Ernährung nicht umgestellt und physiotherapeutische Anwendungen seit Sommer 2013 nicht mehr in Anspruch genommen habe, bleibt bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt. Eine Stütze findet sich hierfür im Sachverständigengutachten nicht. Hinzu kommt, dass sich der Schädiger zu seiner Entlastung nicht darauf berufen kann, dass er einen vorbelasteten bzw. anlagebedingt gehandicapten Geschädigten in seiner Gesundheit verletzt hat. Dass die seit dem Unfallzeitpunkt zu verzeichnende Gewichtszunahme und die Steigerung des Langzeitzuckerwertes durch den Unfall zumindest mitbedingt worden ist, ist auch aus Sicht des Senats mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Der bis Juli 20## mit Medikamenten gut eingestellte Langzeitzuckerwert von ca. 6,2 hat sich bis März 2014 auf kritische 9,2 gesteigert. Damit einher geht eine Gewichtszunahme von 87,7 kg im Juli 2013 auf 108,4 kg im März 2014 (Bl. 392ff GA). Ob neben der unfallbedingten eingeschränkten Beweglichkeit auch weniger bewusste Ernährungsgewohnheiten zu der Verschlechterung des Stoffwechsels geführt haben, kann dahin gestellt bleiben, führt jedenfalls aber nicht dazu, dass hier spürbare Abzüge bei dem erforderlichen Schmerzensgeld vorzunehmen sind. Was die Nichtteilnahme an physiotherapeutischen Anwendungen anbetrifft, ist mit den Ausführungen des Sachverständigen darauf zu verweisen, dass in jedem Fall bei fortbestehender Instabilität des Innenbandes am rechten Knie - unabhängig von physiotherapeutischen Anwendungen - nachvollziehbar dauerhafte Schmerzen verbleiben.
30Die Klägerin wird sich aller Voraussicht nach einer Wechseloperation der Knieprothese unterziehen müssen. Der bei einem leicht übergewichtigen Betroffenen erfahrungsgemäß nach einem Zeitraum von ca. 10 bis 15 Jahren vorzunehmende Wechsel wird in Bezug auf die Klägerin mit Blick auf den seit November 2010 deutlich gestiegenen Langzeitzuckerwert und die damit einhergehende Gewichtszunahme voraussichtlich nach deutlich kürzerer Zeit zu dem Erfordernis einer Auswechselung führen. Aller Voraussicht nach, so der Sachverständige, münden diese Konstellationen binnen eines Zeitraums von 5 bis 10 Jahren in eine frustrane Wechseloperation und dem frühzeitigen Versteifen des rechten Knies.
31Diese vom Sachverständigen aufgezeigten Spätfolgen hat das Landgericht zutreffend bei der Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt. Verlangt der Geschädigte aufgrund einer Körperverletzung angemessenes Schmerzensgeld, so werden durch den in dem Urteil zuerkannten Betrag grundsätzlich sämtliche Verletzungsfolgen abgegolten, die sich aus dem zur Begründung des Anspruchs vorgetragenen Verletzungstatbestand ergeben. Denn das Urteil erfasst den gesamten Streitstoff, den der Kläger dem Gericht zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zur Beurteilung unterbreitet hatte; ob das Gericht dieses Vorbringen bezüglich des tatsächlichen Umfangs der Verletzungen sowie der weiteren Verletzungsfolgen umfassend berücksichtigt und zutreffend gewürdigt hat, ist für den Umfang des Streitgegenstands und damit auch der Rechtskraft des Urteils in der Regel ohne Bedeutung. Daher ist der Verletzte durch die Rechtskraft des Urteils grundsätzlich gehindert, für tatsächlich eingetretene, vom Gericht aber nicht festgestellte Verletzungen sowie unberücksichtigt gelassene Verletzungsfolgen im Wege einer erneuten Klage weiteres Schmerzensgeld zu fordern (Senat, U.v. 27.02.1996 - 9 U 192/94 -; juris). Etwas anderes gilt nur bei solchen Verletzungsfolgen, die zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zwar eingetreten, aber objektiv - d.h. nach den Erkenntnissen und Erfahrungen eines insoweit Sachkundigen - noch nicht erkennbar waren, oder bei solchen Spätfolgen, die erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind ("künftige Auswirkungen") und nicht als naheliegend vorhersehbar waren. Diese Ausnahmen sind deshalb gerechtfertigt, weil derartige Verletzungsfolgen bei der Bemessung zwangsläufig unberücksichtigt bleiben müssen und aus diesem Grunde nicht Teil des Streitgegenstandes sein können.
32Eine Ausnahme von der umfassenden Entscheidung über den Verletzungstatbestand kommt ferner dann in Betracht, wenn der Kläger bestimmte Verletzungsfolgen mangels gegenwärtiger Überschaubarkeit noch nicht zur Entscheidung des Gerichts stellen wollte oder wenn das Gericht selbst einzelne Folgeschäden bewusst ausgeklammert hat, weil deren weitere Entwicklung noch nicht abzusehen war.
33Vorliegend ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T eine nicht mit sicherem Erfolg verbundene Wechseloperation erforderlich, die letztlich über kurz oder lang in einer operativen Versteifung des rechten Knies enden wird. Diese Umstände hat das Landgericht ersichtlich bei der Bemessung des Schmerzensgeldes bereits einbezogen. Insbesondere vor diesem Hintergrund ist der zuerkannte Betrag von 25.000,- € keinesfalls übersetzt.
34b)
35Haushaltsführungsschaden
36Bei der Bemessung des erstattungsfähigen Haushaltsführungsschadens ist durchgängig von einem 1-Personenhaushalt einfachen Zuschnitts auszugehen. Nach der bereits im Senatsbeschluss vom 24.08.2012 in Bezug genommenen Tabelle 8 bei Pardey erfordert die Haushaltsführung ca. 24,9 Wochenstunden. In den Zeiten der Ortsabwesenheit hat der Senat vorliegend ca. 30 Minuten täglich zur Durchführung der notwendigen Unterhaltungsarbeiten als angemessen angesehen.
37Der von der Klägerin geführte Haushalt wurde nicht dadurch zu einem Zweipersonenhaushalt, dass ihr volljähriger Sohn bei ihr gewohnt und Versorgungsleistungen entgegen genommen hat. Denn, wie im Senatsbeschluss bereits ausgeführt, schuldete die Klägerin ihrem volljährigen Sohn keine unterhaltsrechtliche Betreuung. Andererseits kann der Beklagte die Klägerin aber auch nicht darauf verweisen, dass die ihr nicht mehr möglichen Haushaltstätigkeiten von ihrem Sohn unentgeltlich zu erbringen seien. Auch kann der Beklagte die Klägerin nicht darauf verweisen, sie hätte durch Leistungen ihrer Krankenkasse eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen können. Das führte nur zu einer Verlagerung des der Klägerin entstandenen Schadens auf einen Sozialversicherungsträger, der sodann Regress bei dem Beklagten genommen hätte.
38Die Einschränkungen der Klägerin in ihrer Fähigkeit zur Haushaltsführung hat das Landgericht sorgfältig nach Zeitabschnitten aufgeteilt und begründet. Wohl infolge eines lässlichen Versehens hat das Landgericht übersehen, dass die Klägerin während des Zeitraums vom 10.05.20## bis 03.06.20## an einer Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen hat, so dass nur die notwendigen Unterhaltungsmaßnahmen (0,5 h), statt der üblichen Haushaltstätigkeit (2,5 h) anfielen. Für die 25 Tage ergibt sich daher statt eines Betrages von 562,50 € (62,5 h) ein Betrag von 112,50 € (12,5 h), mithin 450,- € als abzuziehender Betrag. Dem hat die Klägerin durch teilweise Rücknahme der Klage in Höhe dieses Betrages Rechnung getragen. Bei der Berechnung hat das Landgericht den vom Senat für angemessen gehaltenen Stundensatz von 9,00 € bei fiktiver Abrechnung zugrunde gelegt.
39Ab dem 01.10.2015 hat das Landgericht in Bezug auf den Haushaltsführungsschaden eine im Voraus fällige vierteljährlich zu zahlende und mit 819,- € festgesetzte Rente ausgeurteilt. Diese hat es, wie es auch der Rechtsprechung des Senats entspricht, bis zur Vollendung des 75 Lebensjahres der Klägerin begrenzt, und diese Begrenzung im Tenor ausgesprochen (01.04.2027). Mit der Begrenzung auf das 75. Lebensjahr wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Senioren und Seniorinnen angesichts des steigenden durchschnittlichen Lebensalters und der Fähigkeit sich eigenständig zu versorgen, länger in die Lage versetzt sind, in einem eigenen Haushalt zu leben. Wesentliche, jetzt noch nicht absehbare Änderungen hinsichtlich dieses Zeitpunktes können zu einer Verlängerung, aber auch zur Verkürzung der Laufzeit führen.
40Den Erwerbsschaden hat die Klägerin substantiiert dargelegt. In der Sache sind hiergegen auch keine Einwände erhoben. Den von dem Beklagten vorprozessual gezahlten Betrag von 431,94 € hat die Klägerin bereits bei der Berechnung ihres Verdienstausfallschadens in Abzug gebracht, so dass ein erneuter Abzug ausscheidet.
41Konkrete Angriffe gegen die Verzinsung der ausgeurteilten Beträge und die Berechtigung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten enthält die Berufungsbegründung nicht.
42Dem Feststellungsantrag hat das Landgericht mit zutreffender Begründung entsprochen.
43Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2, 269, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
44Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
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(1) Fahrzeuge müssen die Fahrbahnen benutzen, von zwei Fahrbahnen die rechte. Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.
(2) Es ist möglichst weit rechts zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.
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(3a) Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen. Satz 1 gilt nicht für
- 1.
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motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung, - 5.
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- 1.
vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist, - 2.
während der Fahrt - a)
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(4) Mit Fahrrädern darf nebeneinander gefahren werden, wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden. Eine Pflicht, Radwege in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzt werden. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist. Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas und E-Bikes Radwege benutzen.
(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen. Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist. Auf zu Fuß Gehende ist besondere Rücksicht zu nehmen. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden. Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.
(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.