Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Nov. 2018 - 5 RVs 149/18
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten mit Urteil vom 11. August 2017 wegen Diebstahls im besonders schweren Fall in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Im Rahmen der Urteilsgründe hat das Amtsgericht dabei festgestellt, dass der Angeklagte offensichtlich erheblich drogenabhängig ist und die Taten begeht, um seine Drogensucht zu finanzieren.
4Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte sowohl selbst mit Schreiben vom 12. August 2017 als auch mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 14. August 2017 Berufung eingelegt. Auf das Rechtsmittel des Angeklagten hin hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 13. Juni 2018 das Urteil des Amtsgerichts Essen dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte wegen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt wird. Zudem hat es festgestellt, dass die Tat aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden ist. Im Hauptverhandlungstermin vor dem Landgericht Essen war zuvor das Verfahren wegen des weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten versuchten Diebstahls nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt worden. Im Rahmen der Urteilsgründe hat das Landgericht ausgeführt, dass der Angeklagte langjähriger Drogenkonsument ist und die Tat aufgrund seiner Drogensucht beging, um sich auf diese Weise Mittel zur Finanzierung seiner Sucht beschaffen zu können.
5Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der mit Schriftsatz seiner Verteidigerin vom 20. Juni 2018 eingelegten, auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision.
6Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gem. § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
7II.
8Die Revision des Angeklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und hat auch in der Sache in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – jedenfalls vorläufig – Erfolg.
91.
10Soweit sich die Revision aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge auch gegen den Schuldspruch wendet, war sie entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils insoweit keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
112.
12Das Urteil ist jedoch im Rechtsfolgenausspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben. Ein sachlich-rechtlicher Mangel des Urteils liegt nämlich darin, dass die Strafkammer sich nicht mit den Voraussetzungen einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB auseinandergesetzt hat, obwohl dies angesichts der mitgeteilten Gesamtumstände erforderlich gewesen wäre.
13Die Strafkammer hat vorliegend Feststellungen zu einer Betäubungsmittelabhängigkeit des Angeklagten getroffen, die Anlass geben, die Frage seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu erörtern. Ausweislich der im Urteil mitgeteilten Eintragungen im Bundeszentralregister ist der Angeklagte bereits vielfach vorbestraft, wobei die Straftaten meistens aufgrund der bei ihm vorliegenden Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden sind. So ist der Angeklagte zuletzt vom Amtsgericht Essen am 6. Juli 2016 wegen versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall und Diebstahls im besonders schweren Fall in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Essen vom 15. April 2016 verurteilt worden. Dabei wurde festgestellt, dass die Taten aufgrund der bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden sind.
14In den Urteilsgründen führt die Strafkammer aus, dass der Angeklagte langjähriger Drogenkonsument ist. Im Jahre 2003/2004 habe er auch schon an einer Therapie zur Bekämpfung seiner Drogensucht teilgenommen, die letztlich jedoch erfolglos gewesen sei. Ende 2017 habe er auch schon an einem Methadonprogramm teilgenommen, sei aus diesem aber im Februar 2018 aus disziplinarischen Gründen entlassen worden. Es sei dann wieder zu einem Rückfall in den Drogenkonsum gekommen. Zudem hat die Strafkammer festgestellt, dass der Angeklagte die im vorliegenden Verfahren abgeurteilte Tat beging, um seine Drogensucht zu finanzieren. Auch im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer nochmals ausgeführt, dass der Angeklagte die Tat aufgrund seiner Drogensucht beging, um diese letztlich bezahlen zu können.
15Diese von der Strafkammer getroffenen Feststellungen legen es nahe, dass der Angeklagte den in § 64 Abs. 1 StGB beschriebenen Hang hat, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. In einem solchen Fall muss sodann eine Prüfung der Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB erfolgen. Über die Anordnung einer
16Maßregel nach § 64 StGB ist eine Entscheidung zu treffen. Die Prüfung der Frage einer Unterbringung ist nicht deshalb entbehrlich, weil nach § 64 Abs. 1 StGB die Maßregel nicht zwingend anzuordnen ist. Denn das Gericht „soll“ die Unterbringung anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen darf es von der Unterbringungsanordnung absehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Juli 2018 in 5 RVs 95/18, vom 28. März 2017 in 5 RVs 27/17, vom 1. Juli 2014 in 5 RVs 39/17, vom 8. Mai 2012 in 5 RVs 33/12, vom 6. März 2012 in 5 RVs 14/12, vom 23. Februar 2012 in 5 RVs 10/12 und vom 27. Januar 2015 in 5 RVs 106/14; BGH, Beschluss vom 13. November 2007 in 3 StR 452/07; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 64 Rdnr. 22, 23).
17Vorliegend ist auch nicht deswegen von einer Prüfung abzusehen, da nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen der Angeklagte trotz seines langjährigen Drogenkonsums derzeit keine Entwöhnungsbehandlung anstrebt. Das aktuelle Fehlen einer Therapiewilligkeit steht einer Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB nicht entgegen. Der hier nicht näher erläuterte Hinweis der Strafkammer, dass der Angeklagte derzeit keine Entwöhnungsbehandlung anstrebe und insofern Verharmlosungstendenzen zeige, belegt das Fehlen einer Erfolgsaussicht nicht. Hier ist zu prüfen, ob die konkrete Aussicht besteht, dass eine Therapiebereitschaft für eine erfolgversprechende Behandlung geweckt werden kann (vgl. Fischer, a.a.O., § 64 Rdnr. 20).
18Da vorliegend eine Entscheidung über eine Unterbringung nach § 64 StGB unterblieben ist, liegt ein Rechtsfehler vor. Vor dem Hintergrund der von der Strafkammer zur Drogenabhängigkeit des Angeklagten getroffenen Feststellungen ist zwingend die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu prüfen und zu entscheiden. Dies wird die für die Neubehandlung der Sache zuständige Strafkammer zu beachten haben. Da eine solche Unterbringung des Angeklagten unzweifelhaft in Erwägung zu ziehen ist, bedarf es zur Prüfung der Frage ihrer Anordnung der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO; Fischer, a.a.O., § 64 Rdnr. 27; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 246 a Rdnr. 3 ff.).
19Aufgrund des aufgezeigten Mangels ist das Urteil im Rechtsfolgenausspruch nach § 349 Abs. 4 StPO insgesamt aufzuheben. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (vgl. § 358 Abs. 2 S. 3 StPO). Der Angeklagte hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 in 4 StR 636/11). Die Sache ist an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.
20Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass bei der erneuten Verurteilung des Angeklagten der Tenor dahingehend zu berichtigen ist, dass er des Diebstahls schuldig ist. In die Urteilsformel sind nicht die gesetzlichen Überschriften von Bestimmungen aufzunehmen, die keine eigene Straftat beschreiben, sondern nur eine Strafzumessungsregelung enthalten. Das Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere oder minderschwere Fälle wird nicht in die Urteilsformel aufgenommen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 260 Rdnr. 25). Die Bestimmung des § 243 StGBlistet Regelbeispiele für besonders schwere Fälle des Diebstahls auf. Es handelt sich um gesetzliche Strafzumessungsregeln, die keinen eigenen Tatbestand bilden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Nov. 2018 - 5 RVs 149/18
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Nov. 2018 - 5 RVs 149/18
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Beschluss, 20. Nov. 2018 - 5 RVs 149/18 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit jeweils eine Prüfung der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB unterblieben ist sowie die Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.
1
Gründe:
2I.
3Das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer sprach die Angeklagten am 3. Dezember 2013 des Diebstahls schuldig. Es verurteilte die Angeklagte y zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10,- € und den Angeklagten y2 zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 3,- €.
4Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Essen Berufung ein, die Angeklagten y und y2 jeweils „Rechtsmittel“, eine nähere Konkretisierung erfolgte nicht.
5Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Essen mit Urteil vom 8. April 2014 das Urteil des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer aufgehoben. Die Angeklagte y hat es wegen Diebstahls unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2013 verhängten Strafe im Verfahren 314 Cs 80 Js 1525/13 (536/13) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten und zwei Wochen verurteilt. Den Angeklagten y2 hat es wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Monaten verurteilt. Die Berufungen der Angeklagten y und y2 hat es verworfen.
6Nach den getroffenen Feststellungen betraten die miteinander liierten Angeklagten
7in den Abendstunden des 13. Juni 2013 gemeinsam die Geschäftsräume des
8Q-Marktes in der I-Straße in H, wobei die Angeklagte y eine leere Plastiktüte der Supermarktkette „O“ mitführte. Entsprechend ihrem vorgefasstem Tatplan, nach dem einer von ihnen anwesendes Personal des Marktes ablenken sollte, um dem anderen zu ermöglichen, unbemerkt die mitgeführte Plastiktüte mit Waren zu füllen, steckten sie sodann ein Glas Kaffee der Marke „O H“ zum Verkaufspreis von 8,99 € und Rasierklingen der Marke „H N #“ zum Verkaufspreis von 3,49 € in die Tüte der Firma O. Mit dieser Tüte begaben sich die Angeklagten sodann, ohne die Waren zu bezahlen, durch die Kassenzone. Nach Passieren der Kassenzone wurden sie von einem Mitarbeiter des Marktes angesprochen und kontrolliert.
9Die Strafkammer hat zudem festgestellt, dass dieser von den Angeklagten begangene Diebstahl sowie auch ihre jeweils erheblichen Vorstrafen vor dem Hintergrund der bei ihnen beiden bestehenden langjährigen, noch nicht ausreichend therapierten Heroinabhängigkeit zu sehen sei. Der Diebstahl zum Nachteil des Q-Marktes sei von den Angeklagten begangen worden, um ihre Heroinabhängigkeit zu finanzieren. Dabei hätten die gestohlenen Waren insbesondere an Dritte verkauft werden sollen. Für die Angeklagten habe es sich bei der Tat um tägliche sogenannte Beschaffungskriminalität gehandelt. Beide Angeklagte seien sich des bei ihnen bestehenden Drogenproblems sowie dessen Behandlungsbedürftigkeit bewusst. Der Angeklagte y2 habe insoweit bereits mehrfach Therapien in Angriff genommen. Auch die Angeklagte y habe sich im Jahr 2013 erstmals zur Behandlung ihrer Drogenabhängigkeit zu einem Arzt begeben.
10Gegen das Berufungsurteil der Strafkammer wenden sich die Angeklagten mit den von ihnen form- und fristgerecht eingelegten Revisionen, mit denen sie die Verletzung materiellen Rechts rügen.
11Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revisionen der Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
12II.
13Die Revisionen der Angeklagten sind zulässig. Mit der von ihnen erhobenen allgemeinen Sachrüge haben sie jedoch nur hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg.
14Zum Schuldspruch und zu den verhängten Einzelstrafen sowie der hinsichtlich der Angeklagten y festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe verwirft der Senat die Revisionen als offensichtlich unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO, weil die Nachprüfung des Urteils auf die erhobene Sachrüge insoweit keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten aufdeckt.
15Die getroffenen Feststellungen der Strafkammer zur Sache tragen den Schuldspruch. Sie beruhen insbesondere auf einer sehr ausführlichen, in sich schlüssigen und überzeugenden Beweiswürdigung, die in keiner Weise zu bestanden ist. Auch die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer hinsichtlich der verhängten Einzelstrafen sowie der Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe bezüglich der Angeklagten y sind rechtsfehlerfrei und begegnen keinen Bedenken.
16Das Urteil ist jedoch im Rechtsfolgenausspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang mit den insoweit zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben. Ein sachlich-rechtlicher Mangel des Urteils liegt nämlich darin, dass die Strafkammer sich nicht mit den Voraussetzungen einer Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB auseinandergesetzt hat, obwohl dies angesichts der mitgeteilten Gesamtumstände und der sowohl bei der Angeklagten y als auch bei dem Angeklagten y2 offenbar vorhandenen Therapiewilligkeit erforderlich gewesen wäre.
17Vorliegend sind von der Strafkammer Feststellungen zu Suchtmittelabhängigkeiten der beiden Angeklagten getroffen worden, die Anlass geben, die Frage ihrer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu erörtern. So führt die Strafkammer aus, dass die Angeklagte y bereits als Schülerin Kontakt zu Drogen hatte und seit ca. 20 Jahren bei ihr eine Heroinabhängigkeit bestehe, vor deren Hintergrund sie praktisch sämtliche ihren Vorverurteilungen zugrunde liegenden Straftaten begangen habe. Vor diesem Hintergrund sei auch die vorliegend abzuurteilende Diebstahlstat zu sehen, bei der es sich um sogenannte Beschaffungskriminalität zur Finanzierung des Drogenkonsums handele. Die Angeklagte habe nunmehr auch erstmals Maßnahmen zur Behandlung ihrer Drogenabhängigkeit ergriffen und sich Mitte des Jahres 2013 an einen Arzt in H gewandt, um an ambulanten Psychotherapiesetzungen teilzunehmen. Auch der Angeklagte y2 habe bereits früh und zwar schon im Kindesalter, Kontakt zu Drogen, zunächst Cannabis, bekommen. Seit seinem 11. Lebensjahr konsumiere er Heroin. Er habe schon mehrfach – bisher allerdings erfolglos – Therapien zur Behandlung seiner Drogenabhängigkeit, insbesondere von Heroin, absolviert. Die letzte Therapiemaßnahme habe vor eineinhalb Jahren stattgefunden. Seine vielen Vorverurteilungen seien im Wesentlichen auf seine Drogenabhängigkeit zurückzuführen. Auch der aktuell von ihm begangene und hier abzuurteilende Diebstahl, der der Beschaffungskriminalität zuzuordnen sei, beruhe darauf.
18Nach den Feststellungen der Strafkammer sind beide Angeklagte aufgrund ihrer Heroinabhängigkeit und fehlenden regelmäßigen, insbesondere ausreichenden Einkommens praktisch jeden Tag auf die Begehung von Diebstahlstaten angewiesen, um die nötigen finanziellen Mittel für den täglichen Bedarf an Drogen zu erlangen. Dies werde von beiden Angeklagten im Kern auch selbst eingeräumt.
19Diese von der Strafkammer getroffenen Feststellungen legen es nahe, dass die Angeklagten y und y2 den in § 64 Abs. 1 StGB beschriebenen Hang, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, aufweisen. In einem solchen Fall muss sodann eine Prüfung der Unterbringung der Angeklagten nach § 64 StGB erfolgen. Über die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB ist eine Entscheidung zu treffen. Die Prüfung der Frage einer Unterbringung ist nicht deshalb entbehrlich, weil nach § 64 Abs. 1 StGB die Maßregel nicht mehr zwingend anzuordnen ist. Denn das Gericht „soll“ die Unterbringung anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 64 StGB vorliegen. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen darf es von der Unterbringungsanordnung absehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 1. Juli 2014 – 5 RVs 39/14 -, vom 8. Mai 2012 – 5 RVs 33/12 -, vom 6. März 2012 – 5 RVs 14/12 – und vom
2023. Februar 2012 – 5 RVs 10/12; BGH, Beschluss vom 13. November 2007 – 3 StR 452/07 -; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 64 Randnummern 22, 23).
21Da vorliegend eine Entscheidung über eine Unterbringung nach § 64 StGB unterblieben ist, liegt ein Rechtsfehler vor. Vor dem Hintergrund der von der Strafkammer zur Drogenabhängigkeit der Angeklagten getroffenen Feststellungen ist zwingend die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu prüfen und zu entscheiden. Dies wird die für die Neuverhandlung der Sache zuständige Strafkammer zu beachten haben. Da eine solche Unterbringung der Angeklagten unzweifelhaft in Erwägung zu ziehen ist, bedarf es zur Prüfung der Frage ihrer Anordnung der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO; Fischer, a.a.O., § 64 Rdnr. 27; Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl., § 246 a Rdnr. 3 f.).
22Der vorliegende Erörterungsmangel führt gleichzeitig auch zur Aufhebung des Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen, soweit den Angeklagten eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.
23Die Unterbringung nach § 64 StGB erfordert nämlich eine Gefahrenprognose dahin, ob der Täter infolge seines Hanges, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Erforderlich ist damit eine Täterprognose, die auf denselben Ge-
24sichtspunkten beruht, wie die Sozialprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, NStZ 1994, 449). Eine rechtlich und tatsächlich selbstständige Beurteilung der Entscheidung über die Unterbringung ist daher losgelöst von der Entscheidung über die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung im Regelfall nicht möglich (vgl. BGH, a.a.O.; OLG München, NStZ-RR 2009, 10; OLG Köln, NStZ-RR 1997, 360; Meyer-Goßner, a.a.O., § 318 Rdnr. 25; Fischer, a.a.O., § 64 Rdnr. 29).
25Dabei merkt der Senat an, dass vorliegend die Ausführungen der Strafkammer hinsichtlich der Ablehnung der Aussetzung der Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafen zur Bewährung keinen Anlass zu Bedenken geben. Angesichts der getroffenen Feststellungen kann den Angeklagten derzeit ersichtlich keine günstige Sozialprognose i.S.d. § 56 Abs. 1 StGB gestellt werden.
26Aufgrund der grundsätzlich nicht bestehenden Wechselwirkung zwischen Strafe und Maßregel nach § 64 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 – 4 StR 636/11 -, Urteil vom 20. September 2011 – 1 StR 120/11 -) ist zudem auszuschließen, dass im vorliegenden Fall die festgesetzten Strafen niedriger ausgefallen wären, wenn die Strafkammer zugleich die Unterbringung der Angeklagten nach § 64 StGB angeordnet hätte.
27Aufgrund des aufgezeigten Mangels war daher das Urteil im Rechtsfolgenausspruch nach § 349 Abs. 4 StPO insoweit aufzuheben, als eine Prüfung der Unterbringung der Angeklagten nach § 64 StGB unterblieben und eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht erfolgt ist. Die Sache war an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach § 354 Abs. 2 StPO zurückzuverweisen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.
- 2
- Das Rechtsmittel ist im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und Strafausspruch wendet. Es führt aber zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat.
- 3
- Der Generalbundesanwalt hat zur Entscheidung der Strafkammer über die Maßregel nach § 64 StGB in seinem Zuleitungsantrag ausgeführt: „OhneRechtsfehler ist die Kammer von einem Hang des Angeklagten zum übermäßigen Alkoholgenuss ausgegangen (UA S. 17). Nach den Feststellungen beging der Angeklagte die Taten unter Alkoholeinfluss (UA S. 4 f., 6). Zudem verübte er die Taten zumindest auch, um sich Alkohol bzw. Geld für dessen Erwerb zu beschaffen.
Soweit das Landgericht auf die Vorverurteilungen abstellt, lässt die Begründung schon eine Auseinandersetzung mit dem Gewicht der Anlasstaten und der Bedeutung der von dem Angeklagten infolge seines Hanges zu erwartenden Taten vermissen. Abgesehen davon ist zu besorgen, dass die Kammer für die anzustellende Gefährlichkeitsprognose auf einen Zeitpunkt im Laufe oder nach Abschluss der in Aussicht genommenen freiwilligen Therapie abgestellt hat. Maßgebend ist jedoch , ob die Gefahr, dass der Angeklagte infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, im Zeitpunkt der tatgerichtlichen Hauptverhandlung besteht (BGH, Beschluss vom 22.01.1997 – 2 StR 656/96, StV 1998, 73 m.w.N.). Möglichkeiten, Chancen und Maßnahmen einer therapeutischen Behandlung haben dabei außer Betracht zu bleiben. Die Gefahr künftiger suchtbedingter Straftaten darf daher nicht deshalb verneint werden, weil der Angeklagte die Be-
handlungsbedürftigkeit seiner Sucht selbst einsieht und sich therapiewillig zeigt. Die Bereitschaft des Angeklagten, sich freiwillig einer stationären Therapie zu unterziehen, ist für sich genommen kein Grund, von der Anordnung einer zwangsweisen Unterbringung abzusehen (BGH, Beschluss vom 05.12.1997 – 2 StR 504/97; Beschluss vom 05.03.2003 – 2 StR 5/03 m.w.N.).
Angesichts der Therapiebereitschaft des Angeklagten und des Umstandes, dass eine Therapie bislang noch nicht durchgeführt worden ist (vgl. UA S. 3), sprechen die bisherigen Urteilsfeststellungen auch für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB.
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 – 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362). Wegen der grundsätzlich nicht bestehenden Wechselwirkung zwischen Strafe und Maßregel nach § 64 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.2011 – 1 StR 120/11 m.w.N.) ist auszuschließen, dass die Strafe niedriger ausgefallen wäre, wenn das Landgericht zugleich die Unter- bringung des Angeklagten angeordnet hätte.“
- 4
- Dem schließt sich der Senat an.
Mutzbauer Bender
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.