Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. März 2016 - 3 Ws 72/16
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.
1
Gründe
2I.
3Das Landgericht Duisburg hat den Verurteilten mit Urteil vom 23. Januar 2014 wegen diverser Verstöße gegen das Betäubungsmittel-, Kriegswaffenkontroll- sowie Waffengesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von einem Jahr und drei Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet. Unter Einbeziehung der in diesem Urteil verhängten Einzelstrafen – nach Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe – hat das Landgericht Duisburg den Verurteilten mit Urteil vom 29. Mai 2015 wegen räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt und zugleich die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten. Die Unterbringung ist zuletzt in der Maßregelvollzugsklinik V vollzogen worden.
4Die 15. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld hat mit Beschluss vom 22. Januar 2016 auf Empfehlung des Direktors der LWL-Maßregelvollzugsklinik V und auf Antrag der Staatsanwaltschaft Duisburg sowie nach Anhörung des Verurteilten bzw. seines Verteidigers die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt erklärt und die Aussetzung der Vollstreckung des nicht als verbüßt geltenden Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Duisburg vom 29. Mai 2015 abgelehnt.
5Gegen diesen ihm am 27. Januar 2016 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit am 3. Februar 2016 bei dem Landgericht Bielefeld eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers vom selben Tage sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit weiterem anwaltlichen Schriftsatz vom 18. Februar 2016 näher begründet.
6Der Verurteilte ist am 4. Februar 2016 in die Vollstreckung der Strafhaft überführt worden. Mit Fax-Zuschrift an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld vom selben Tage hat der Verurteilte beantragt, die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses der StVK vom 22.01.2016 anzuordnen. Diesen Antrag hat die StVK mit Beschluss vom 5. Februar 2016 unter näheren Ausführungen abgelehnt.
7II.
8Die sofortige Beschwerde des Verurteilten, mit der sich dieser allein gegen die Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 67 d Abs. 5 StGB wendet, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
9Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist nicht zu beanstanden.
10Nach eingehender Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Ärztlichen Direktors der LWL-Maßregelvollzugsklinik V, Dr. S – Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie/Forensische Psychiatrie -, der sowohl von der Strafvollstreckungskammer persönlich angehört worden ist, als auch nach dessen schriftlicher Stellungnahme vom 7. Dezember 2015, und unter Würdigung der im Erkenntnisverfahren erstatteten Gutachten der Sachverständigen Dr. T und
11Dr. U sowie des Abschlussberichtes des J-Klinikums N vom 29. April 2015 hat die Strafvollstreckungskammer ihre Ent-scheidung ausführlich und nachvollziehbar begründet. Insbesondere hat sie dargetan, dass und aus welchen Gründen sie den detailliert wiedergegebenen Ausführungen des Ärztlichen Direktors der LWL-Maßregelvollzugsklinik V, Dr. S, gefolgt ist. Danach besteht – abweichend von den Feststellungen der Sachverständigen in den Anlassverfahren - ein Hang des Verurteilten, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr, weil eine suchtspezifische behandlungsbedürftige Suchterkrankung bei dem Verurteilten jedenfalls derzeit nicht mehr festgestellt werden kann. Wegen der Einzelheiten wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
12Soweit der Verurteilte beanstandet, dass die Argumentation der Klinikleitung V in krassem Gegensatz zu der Beurteilung der J-Klinik N stehe, trifft dies – wie die StVK dargelegt hat – und auch nach Auffassung des Senates nicht zu. Der bei den Akten befindliche Abschlussbericht des J Klinikums vom 29. April 2015, den der Verurteilte anlässlich des Anhörungstermins vor der Strafvollstreckungskammer zu den Akten gereicht hat, weist gerade ein suchtspezifisches Behandlungsbedürfnis bei dem Verurteilten und suchtspezifische Therapieansätze der Klinik nicht auf. Anhand der ausführlichen Verlaufsbeschreibung der Therapie wird ersichtlich, dass diese im Wesentlichen andere Themen,
13insbesondere die Vater-Sohn-Beziehung, die familiäre Konstellation und die Involvierung des Verurteilten in die Rockerszene, zum Gegenstand hatte. Insoweit ergibt sich gerade nicht, dass die J Klinik in Ansehung der suchtspezifischen Problematik des Verurteilten zu einer gänzlich anderen Beurteilung gelangt wäre.
14Insgesamt ergeben sich keinerlei konkrete Umstände oder Anhaltspunkte, die die Richtigkeit der ärztlichen Beurteilung des Direktors der Maßregelvollzugsklinik V, der sich die Strafvollstreckungskammer nach eingehender Befassung angeschlossen hat, zu erschüttern geeignet wären. Auch der Beschwerdeschrift sind konkrete sachliche Einwendungen gegen die Richtigkeit der Beurteilung nicht zu entnehmen.
15III.
16Soweit die Überstellung des Verurteilten in die Vollstreckung der Strafhaft trotz
17der von ihm am 3. Februar 2016 gegen die Entscheidung über die Erledigung der Maßregel eingelegten sofortigen Beschwerde bereits am 4. Februar 2016 veranlasst und durchgeführt worden ist, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Die sofortige Beschwerde des Untergebrachten gegen die Entscheidung der Erledigung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 67 d Abs. 5 StGB hat keine aufschiebende Wirkung.
18Dies folgt aus § 463 Abs. 6 i.V.m. § 462 Abs. 3 StPO, § 67 d Abs. 5 StGB. Gemäß § 463 Abs. 6 StPO gilt § 462 StPO auch für die nach § 67 d Abs. 5 StGB zu treffenden Entscheidungen. Gemäß § 462 Abs. 3 S. 1 u. 2 StPO ist der Beschluss mit sofortiger Beschwerde anfechtbar; die sofortige Beschwerde der Staatsanwalt-schaft gegen den Beschluss, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung. Bei entsprechender Anwendung auf die Entscheidung über die Erledigung der Maßregel nach § 67 d Abs. 5 StGB folgt hieraus, dass zwar die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft aufschiebende Wirkung hat, nicht jedoch die sofortige Beschwerde des Verurteilten. Der Verurteilte hingegen ist durch diese gesetzliche Regelung, die dem Sinn, Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden, Rechnung trägt, nicht rechtlos gestellt; der Verurteilte kann vielmehr gemäß § 307 Abs. 2 StPO die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung beantragen. Hiervon hat der Verurteilte vorliegend auch mit Antrag vom 4. Februar 2016, über den die Strafvollstreckungskammer am 5. Februar 2016 entschieden hat, Gebrauch gemacht. Der Untergebrachte kann mithin die Verlegung in die Strafhaft (nur) zu verhindern suchen, indem er beantragt, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung gemäß § 307 Abs. 2 StPO ausgesetzt wird (vgl. LG Kleve, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 180 StVK 356/14 -, juris; OLG Celle, Beschluss vom 12. Januar 2006 – 2 Ws 5/06 -, juris).
19Soweit nach anderer Auffassung die in §§ 463 Abs. 5, 462 Abs. 3 S. 2 StPO geregelte aufschiebende Wirkung für die sofortige Beschwerde der Staats-anwaltschaft – trotz des klaren Gesetzeswortlauts – auch für die sofortige Beschwerde des Verurteilten gelten soll (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. September 2006 – 3 Ws 907/06 und OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19. November 2008 – 1 Ws 368/08, jeweils juris), überzeugt diese Auffassung, die sich zur Begründung auf den Grundgedanken des § 449 StPO stützt, wonach Strafurteile erst nach Rechtskraft vollstreckbar sind, nicht. Angesichts der dem Wortlaut nach eindeutigen und anderslautenden gesetzlichen Regelung erscheint ein Rückgriff auf den Grundsatz des § 449 StPO obsolet. Der Bestimmung des § 449 StPO ist hier bereits dadurch Genüge getan, dass die derzeit gegen den Beschwer-deführer erfolgende Strafvollstreckung ihre Grundlage in dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Duisburg vom 29.05.2015 hat.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. März 2016 - 3 Ws 72/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. März 2016 - 3 Ws 72/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenOberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. März 2016 - 3 Ws 72/16 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).
(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.
(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.
(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.
(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.
(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.
(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.
(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.
(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.
(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).
(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.
(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.
(1) Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.
(2) Jedoch kann das Gericht, der Vorsitzende oder der Richter, dessen Entscheidung angefochten wird, sowie auch das Beschwerdegericht anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung auszusetzen ist.
Tenor
bleibt es bei der mit Beschluss der Kammer vom 06.10.2014 unter Ziffer 2 des Tenors getroffenen Anordnung. Die Untergebrachte ist – da der angeordnete Überführungstermin inzwischen abgelaufen ist - umgehend in die Justizvollzugsanstalt zu überführen.
1
Gründe:
2Mit hiesigem Beschluss vom 06.10.2014 wurde die Maßregel nach § 64 StGB wegen fehlender Erfolgsaussicht gemäß § 67 d Abs. 5 StGB für erledigt erklärt und ihre Überführung in Strafhaft für den 28.10.2014 festgelegt.
3Mit Schreiben vom 24.10.2014 teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg unter Verweis auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt vom 26.09.2006 mit, dass die Rückverlegung in die Justizvollzugsanstalt erst nach Rechtskraft des Beschlusses veranlasst wird.
4Allerdings widerspricht die dortige Handhabung dem Gesetz. Der eindeutige Wortlaut des § 307 Abs. 1 StGB lautet: „Durch Einlegung der Beschwerde wird der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt.“ Danach hat die sofortige Beschwerde grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung.
5Eine davon abweichende Ausnahmeregelung, wie sie z.B. in § 81 Abs. 4 Satz 2 StPO oder § 231 a Abs. 3 Satz 3 StPO normiert ist, fehlt.
6Eine analoge Anwendung der im Gesetz enthaltenen Ausnahmeregelungen auf die Fälle der sofortigen Beschwerde §§ 463 Abs. 6, 462 Abs. 3 Satz 1 StPO gegen den Erledigungsbeschluss gemäß § 67 d Abs.5 StGB scheidet aus, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt.
7Gegen ein Versehen des Gesetzgebers sprechen bereits die vom Gesetzgeber genau in diesem Zusammenhang für besondere benannte Fälle im Rahmen der Vollstreckung normierten Ausnahmeregelungen einer aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde, insbesondere die Ausnahmeregelungen der §§ 454 Abs. 3 Satz 2, 462 Abs. 3 Satz 2 StPO, wonachallein die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Vollstreckungsaussetzungs- bzw. Vollstreckungsunterbrechungsbeschluss aufschiebende Wirkung hat. Dies belegt den Willen des Gesetzgebers, diese Suspensivwirkung nur in Fällen anzuordnen, in denen der Betroffene andernfalls umgehend auf freien Fuß käme.
8Der Rückgriff auf den Beschluss des OLG Frankfurts vom 26.09.2006, 3 Ws 907/06, auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 17.01.1964 (NJW 1964, 1085) und auf den Rechtsgedanken des § 449 StPO überzeugt schon deshalb nicht, weil die 50 Jahre alte Begründung des OLG Karlsruhe, mit der dieses für die aufschiebende Wirkung einer Widerrufsentscheidung argumentierte, angesichts des nach 1964 eingefügten § 453 c Abs. 1 StPO im Fall der Beschwerde gegen den Widerruf ohnehin obsolet geworden sein dürfte.
9Aber selbst bei Annahme einer planwidrigen Regelungslücke im Fall des § 67 d Abs. 5 StGB passen die vorgebrachten Argumente nicht.
10Es geht bei der Erledigungserklärung nach § 67 d Abs. 5 StGB schon nicht um ein Strafurteil oder eine Entscheidung von gleicher Tragweite, von deren Ergebnis die Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel abhängt. Die Freiheitsstrafe ist neben der Anordnung der Maßregel bereits mit Strafurteil unbedingt verhängt. Die Entscheidung des erkennenden Gerichts ist hinsichtlich der Anordnung der Freiheitsstrafe und der Maßregel formell und materiell rechtskräftig. Das Vollstreckungsgericht ändert dieses auch nicht ab, sondern stellt im Rahmen der aktuellen Überprüfung nach § 67 e StGB (nur) fest, dass die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 StGB nicht mehr vorliegen. Eine Erledigungsentscheidung der Maßregel gemäß § 67 d Abs. 5 StGB bewirkt damit zwar - wie auch der Widerruf einer Bewährung - dass nunmehr die Freiheitsstrafe sofort vollziehbar ist. Da der Betroffene sich bei der vorliegenden Fallgestaltung aber ohnehin bereits im Freiheitsentzug befindet, geht es hier letztlich um die Frage des regelwidrigen Vollzuges im Rahmen von Organisationshaft und/oder der Anrechenbarkeit von Maßregelvollzug auf Strafhaft. Aus diesem Grund betreffen auch die entsprechenden Entscheidungen des OLG Frankfurt (s.o.), des OLG Celle v. 12.01.2006, 2 Ws 5/06 – juris-, und des OLG Zweibrücken v. 19.11.2008, 1 Ws 368/08 letztlich „nur“ Entscheidungen über die Strafzeitberechnung, wobei der Rückgriff auf den Grundgedanken des § 449 StPO und die vergleichbare Tragweite der Entscheidung in den dortigen Fällen jeweils negativ für die Betroffenen war, denen nämlich – wegen Ablaufs der anrechenbaren Zeit gem. § 67 Abs. 4 StGB – die noch im Maßregelvollzug verbrachte Zeit bis zur Rechtskraft der Entscheidung gerade nicht mehr auf die Strafe angerechnet wurde.
11Die dortige Argumentation verkennt zudem, dass eine Behandlung des Betreffenden in der Zeit nach der landgerichtlichen Entscheidung wegen dessen sog. Rückführerstatus gar nicht mehr stattfindet, weshalb diese Zeit bis zur Rechtskraft bzw. Aufhebung der Erledigungsentscheidung tatsächlich im Sinne der Therapie nach § 64 StGB „verlorene“ Zeit ist, was dafür spricht, diese Zeit als Strafhaft und nicht als Maßregelvollzugszeit anzusehen. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16.03.1994, BVerfGE 91,1-70, festgestellt, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht weiter vollzogen werden darf, wenn entgegen einer anfänglichen positiven Prognose keine hinreichend konkrete Aussicht mehr auf einen solchen Behandlungserfolg besteht. Aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG leitet sich demnach die Forderung ab, die Behandlung abzubrechen und die Unterbringung in der Entziehungsanstalt nicht weiter zu vollziehen,sobald festgestellt werden kann, dass für den Untergebrachten keine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht (Rdn. 99). Die entsprechenden Regelungen müssen darauf Acht nehmen, dass bei der jeweils vorgesehenen Art der Kumulierung die Freiheitsentziehung insgesamt nicht übermäßig wird und Anrechnungsausschlüsse nicht ohne Beziehung zu Grund und Ziel der Unterbringungsmaßregel erfolgen(Rdn. 92). Grund für die damals vom Bundesverfassungsgericht erfolgte Nichtigkeitserklärung des § 67 Abs. 4 Satz 2 StGB a.F. war gerade der Ausschluss der Anrechenbarkeit für all jene Personen, die in der Entziehungsanstalt weiter verwahrt wurden, obwohl die Aussichtslosigkeit der Behandlung längst erkennbar oder gar schon erkannt war, die aber gleichwohl … in der Entziehungsanstalt behalten wurden (Rdn 106).
12Für einen im Maßregelvollzug nach Erreichung der anrechenbaren Zeit verbleibenden Untergebrachten stellt somit die von der Staatsanwaltschaft Duisburg praktizierte Handhabung wegen der Nichtanrechenbarkeit offensichtlich eine verfassungswidrige zusätzliche Belastung in diesem Sinn dar. Aber auch für die Untergebrachten, deren Zeit in der Maßregel, wie bei der Untergebrachten, wegen Nichterreichens des 2/3-Zeitpunktes noch auf die Strafhaft angerechnet wird, ist diese zusätzliche Belastung des Verbleibs in der Maßregel eine übermäßige Belastung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Die Vorstellung, dass – trotz des gerichtlichen Erledigungsbeschlusses - noch eine zielführende Sucht-Behandlung stattfindet, die den weiteren Aufenthalt in der Maßregelvollzugseinrichtung rechtfertigen würde, ist nämlich praxisfern.
13Auch die Argumentation des OLG Frankfurt für eine erheblichen Tragweite der Entscheidung als Ausnahme-Grund für die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels der Untergebrachten, weil dieses auf die Aufhebung der festgestellten Aussichtslosigkeit der Behandlung abziele und vom Willen getragen sei, die Behandlung der Abhängigkeit fortzusetzen, kann nicht überzeugen. Der Wunsch der Untergebrachten, eine Suchttherapie durchzuführen, ist nämlich im Rahmen des § 64 StGB rechtlich unbeachtlich. Einen Anspruch auf Durchführung der Therapie nach § 64 StGB besteht gerade nicht. (vgl. für den Fall der Nichtanordnung der Maßregel einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt BGH v. 21.03.1979, 2 StR 743/78; KG Berlin 26.07.1996, 1 AR 917/96 - juris). Nichts anderes kann dann für die Weiterführung der Behandlung in einer Entziehungsanstalt gelten. Die spezielle Gesundheitsfürsorge in Form einer Suchtbehandlung ist nämlich nicht Aufgabe des Straf- oder Maßregelrechts. § 64 StGB dient in erster Linie dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Tätern, wobei dieser Zweck bei süchtigen Straftätern durch die Suchtbehandlung erfolgen soll. Der Behandlungsgedanke und die damit verbundene Fürsorge steht nicht im Vordergrund. Wenn damit ein Verurteilter schon nicht beschwert ist, wenn neben einer verhängten Freiheitsstrafe nicht auch noch seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet wird, kann auch ein Untergebrachter nicht beschwert sein, wenn die ursprünglich angeordnete Maßregel für erledigt erklärt wird, d.h. nachträglich entfällt.
14Entsprechend ist das Rechtsmittel eines Untergebrachten dahingehend auszulegen, dass – mangels Beschwer - nicht die Erledigung der Maßregel nach § 64 StGB angegriffen wird, sondern der drohende Beginn der Vollstreckung der Freiheitsstrafe ohne (Vorab)Vollzug der weiteren Therapie bzw. die Nichtaussetzung bzw. Nichtaufschiebung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe.
15Es bleibt nach all dem bei der eindeutigen und für alle staatlichen Organe bindenden Regelung in § 307 Abs. 1 StPO, wonach der Vollzug der angefochtenen Entscheidung der Erledigung der Maßregel gemäß § 67d Abs. 5 StGB durch die (sofortige) Beschwerde des Untergebrachten nicht gehemmt wird.
16Die Untergebrachte kann die Verlegung in Strafhaft zum von der Kammer angegebenen Datum nur zu verhindern versuchen, indem sie beantragt, dass der Vollzug der angefochtenen Entscheidung gemäß § 307 Abs. 2 StPO ausgesetzt wird. Dies ist geübte Praxis und in begründeten Einzelfällen auch aussichtsreich.
17Eine solche ausdrückliche Antragstellung im Bewusstsein einer dadurch möglichen Verlängerung des Gesamtfreiheitsentzuges aufgrund der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit nach Erreichung der 2/3 Grenze des § 67 Abs. 4 StGB ist bei einer derart negativen Rechtsfolge auch angemessen.
18(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.
(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.
(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.
(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.
(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.
(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.
(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Frankenthal (Pfalz) wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 24. Oktober 2008 aufgehoben.
2. Der Antrag des Verurteilten auf Feststellung, dass die Zeit der Unterbringung in der Entziehungsanstalt vom 30. Juli 2008 bis 15. August 2008 auf die Strafzeit anzurechnen ist, wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Verurteilten auferlegt.
Gründe
- 1
Der Verurteilte ist zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt sowie seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Die Unterbringung ist vor der Strafe ab dem 7. September 2007 im Pfalzklinikum vollstreckt worden. Nachdem der Verurteilte keine Therapiebereitschaft mehr zeigte, hat die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Landau in der Pfalz mit Beschluss vom 30. Juli 2008 die Maßregel der Unterbringung für erledigt erklärt und die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. Diese Entscheidung ist weder von der Staatsanwaltschaft noch dem Verurteilten angefochten und am 15. August 2008 rechtskräftig geworden. An diesem Tag ist der Verurteilte in die Justizvollzugsanstalt Frankenthal (Pfalz) verlegt worden. Nach der Strafzeitberechnung der Staatsanwaltschaft beträgt die Restfreiheitsstrafe 92 Tage und die Vollstreckung wurde für die Zeit ab dem 15. August 2008 vorgemerkt. Der Verurteilte ist entgegen der Staatsanwaltschaft der Auffassung, die seit der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 30. Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Entscheidung und Verlegung in die Justizvollzugsanstalt (15. August 2008) noch im Pfalzklinikum verbrachte Zeit sei auf die Reststrafe anzurechnen; er hat hierzu die gerichtliche Entscheidung gemäß § 458 Abs. 1 StPO beantragt. Die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Frankenthal (Pfalz) hat mit Beschluss vom 24. Oktober 2008 seinem Antrag entsprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde.
- 2
Das Rechtsmittel, das dem Verurteilten mitgeteilt worden ist und zu dem er sich nicht geäußert hat, ist zulässig und begründet.
- 3
Der Verurteilte und ihm folgend die Strafvollstreckungskammer stützen ihre Auffassung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (StV 2006, 422 = NStZ 2007, 407). Dem folgt der Senat nicht. Er schließt sich vielmehr der entgegenstehenden Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (NStZ-RR 2006, 387) an, auf die sich auch die Beschwerde der Staatsanwaltschaft beruft. Die Rechtsprechung über die Anrechnung der sog. Organisationshaft (BVerfG NStZ 1998, 77) ist auf vorliegende Fallgestaltung nicht anwendbar. Während die sog. Organisationshaft (Haft in der Justizvollzugsanstalt nach Rechtskraft der die Unterbringung anordnenden Entscheidung bis zur Aufnahme im Maßregelvollzug) gesetzlich nicht vorgesehen und damit regelwidrig ist, verbringt der Verurteilte die Zeit zwischen der Entscheidung über die Erledigung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt nach § 67d Abs. 5 StGB und der Rechtskraft dieser Entscheidung nicht regelwidrig, sondern regelgerecht in der Entziehungsanstalt. Die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung nach § 67d Abs. 5 StGB habe gemäß § 307 Abs. 1 StPO keine den Vollzug der Entscheidung hemmende Wirkung, ist unzutreffend; dies ergibt sich aus der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in §§ 463 Abs. 6, 462 Abs. 3 S. 2 StPO. Daraus folgt, dass die Entscheidung nach § 67d Abs. 5 StGB erst mit ihrer Rechtskraft Wirkung entfalten kann, weswegen sich der Verurteilte bis zu diesem Zeitpunkt noch rechtmäßig im Maßregelvollzug befindet. Die Staatsanwaltschaft weist demnach zu Recht darauf hin, dass für den Verbleib im Maßregelvollzug bis zur Rechtskraft der Erledigungsentscheidung keine organisatorischen, sondern alleine Rechtsgründe maßgeblich sind. Die vom 30. Juli 2008 bis zum 15. August 2008 im Maßregelvollzug verbrachte Zeit ist daher nicht auf die Strafe anzurechnen.
Strafurteile sind nicht vollstreckbar, bevor sie rechtskräftig geworden sind.