Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 24. Juni 2014 - 3 RVs 44/14
Tenor
Die Revision wird auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.
1
Gründe
2I.
3Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts – Strafrichter – Minden vom 19. Juli 2013 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr, und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Zudem wurde gegen ihn eine isolierte Sperrfrist von 2 Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet.
4Seine gegen dieses Urteil gerichtete Berufung hat die 14. kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld durch Urteil vom 16. Januar 2014 verworfen.
5Der Angeklagte hat die Straßenverkehrsdelikte sämtlich eingeräumt und im Berufungsverfahren gegen den Schuldspruch insoweit keine Einwendungen geltend gemacht.
6Zu den Vorwürfen der vorsätzlichen Körperverletzung in zwei Fällen hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
7„2.
8Am 19.01.2013 hielten sich der Angeklagte, seine Ehefrau sowie ein aus Polen stammender Bekannter in der Wohnung des Angeklagten und seiner Ehefrau in C2 im C-Weg auf. Sowohl der Angeklagte als auch seine Ehefrau als auch der polnische Besucher hatten Alkohol konsumiert. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt schlug der Angeklagte seine Ehefrau u. a. auf/gegen den Kopf und würgte sie.
9Daraufhin rief die Ehefrau des Angeklagten um 02:07 Uhr den polizeilichen Notruf 110 an. Das Gespräch hatte folgenden Inhalt:
10Polizei: „Polizei-Notruf!“
11Anruferin: „Ja, H hier. Ich bitte ganz schnell einen Wagen zu C-Weg. Mein Mann versucht mich gerade mehr oder weniger umzubringen. Er schlägt mich. Aua!“
12Polizei: „Wo wohnen Sie Frau H… ?“
13Dann brach das Gespräch ab.
14Aufgrund dessen fuhren die Polizeibeamten C und L die Wohnanschrift C-Weg an. Auf Klingeln öffnete die Zeugin H die Wohnungstür; der Angeklagte war nicht mehr anwesend. Im hinteren Bereich der Wohnung schlief der Gast aus Polen, der nach Einschätzung der Polizeibeamten stark alkoholisiert zu sein schien, auf einem Sofa. Die leicht alkoholisierte Zeugin H war völlig aufgelöst und noch bevor die Polizeibeamten Fragen stellen konnten, „sprudelte es aus ihr heraus“, dass ihr Mann sie geschlagen und gewürgt habe und dass sie große Angst habe, dass er wiederkommen könnne. Die Polizeibeamten konnten im Haarbereich der Zeugin H einige Beulen sowie an ihrem Hals leichte Rötungen ausmachen.
15Weitere Feststellungen konnten nicht getroffen werden, weil die Zeugin H sowohl in der erstinstanzlichen als auch in der Berufungshauptver-handlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht hat. Der polnische Besucher, dessen Personalien nicht ermittelt worden sind, ist von den Polizeibeamten nicht befragt worden.
163.
17Am frühen Morgen des 30.01.2013 kam es wiederum in der Wohnung C-Weg zu einem Streit zwischen dem alkoholisierten Angeklagten und seiner Ehefrau, in dessen Verlauf der alkoholisierte Angeklagte seine Ehefrau schlug.
18Um 01:21 Uhr rief die Zeugin H (Anruferin) wiederum den Notruf der Polizei unter der Nummer 110 an. Das Gespräch nahm folgenden Verlauf:
19Anruferin: „Hier H noch mal, bitte, C-Weg, bitte, mein Mann schlägt mich wieder.“ (keucht).
20Polizei: „Wo ist das?“
21Anruferin: „…C-Weg.“ (mit Stimmaussetzer)
22Polizei: „D-Weg – in welchem Ort?“
23Anruferin: „C-Weg“
24Polizei: „C-Weg“
25Anruferin: „Ja, in C2…C2. Der hat wieder …“ (unverständlich – atemlos, hechelnd)
26Polizei: „Wie heißen Sie? H?
27Anruferin: „Ja“ (weiter völlig atemlos).
28Polizei: Gut, wir schicken die Kollegen mal vorbei, nee?“
29Anruferin: unverständlich
30Dann bricht das Gespräch ab.
31Daraufhin wurden die Polizeibeamten Y und Y2 sowie die Praktikantin Z von der Leitstelle zur Wohnung des Angeklagten und seiner Ehefrau in den C-Weg geschickt. Die Zeugin H wurde in der Wohnung angetroffen; der Angeklagte war – wie eine Überprüfung der Polizei-beamten ergab – nicht anwesend. Auf die Frage der Polizeibeamten, was passiert sei, warum sie die Polizei gerufen habe, antwortete die Zeugin H, dass ihr Ehemann, der Angeklagte sie geschlagen habe, wobei sie auch über Schmerzen klagte.
32Weitere Feststellungen konnten auch insoweit nicht getroffen werden, weil die Zeugin H sowohl in der erstinstanzlichen als auch in der Berufungshauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht hat.“
33Zur Beweiswürdigung heißt es in dem angefochtenen Urteil insoweit:
34„Im Übrigen hat er bestritten, seine Ehefrau geschlagen zu haben. Richtig sei, dass er und seine Ehefrau sich „in den Haaren gehabt“ hätten; „es sei nicht alles rund gelaufen.“ Es sei Alkohol im Spiel gewesen; Alkohol habe bei beiden eine Rolle gespielt. Er habe jeden Tag Alkohol getrunken, so auch am 19. und 30.01.2013. Es sei nicht richtig gewesen, dass seine Ehefrau beim Eintreffen der Polizei am 19.01.2013 drei Beulen gehabt habe. Als die Polizei gekommen sei, sei er noch in der Wohnung gewesen.
35Am 30.01.2013 sei er zuhause gewesen, weil er Sachen habe holen wollen. Dann habe er seine Klamotten genommen und sei gegangen. Er habe mit seiner Frau gestritten, weil diese mal wieder die Polizei angerufen hätte. Seine Ehefrau habe schon mehrmals grundlos den Notruf der Polizei betätigt. Richtig sei, dass es zu allerdings nur verbalen Streitigkeiten zwischen ihm und seiner Ehefrau gekommen sei. Er würde keine Frauen schlagen. Vielmehr habe ihm seine Ehefrau bei dem Streit vom 30.01.2013 einen Finger gebrochen; der sei seitdem schief.
36Die Einlassung des Angeklagten, er habe seine Ehefrau weder am 19. noch am 30.01.2013 geschlagen, ist widerlegt.
37In den Telefongesprächen (polizeiliche Notrufe vom 19. und 30.01.2013) hat die Zeugin H spontan und aus freien Stücken bekundet, dass der Angeklagte sie geschlagen habe. Zudem hat die Zeugin H bei Eintreffen der Polizeibeamten spontan bzw. auf die Frage, was passiert sei bzw. warum sie die Polizei gerufen habe, bestätigt, dass der Angeklagte sie geschlagen habe. Dies haben die Zeugen C, L, Y und Z jeweils glaubhaft bekundet. Den Polizeibeamten, die schon mehrmals von der Zeugin H um Hilfe gebeten worden waren, war auch kein Fall bekannt, in dem die Zeugin H bei einem polizeilichen Notruf und dem anschließenden Einsatz wahrheitswidrige Angaben gemacht hat. Dafür, dass der Angeklagte seine Ehefrau geschlagen hat, spricht auch der Umstand, dass die Zeugin H nach den Bekundungen des Zeugen C große Angst davor hatte, dass der Angeklagte zurückkehren könnte. Zudem haben die Polizeibeamten C und L nach ihren glaubhaften Bekundungen am 19.01.2013 Beulen am Haaransatz und eine leichte Rötung am Hals der Zeugin H festgestellt. Dafür, dass es sich nicht um sog. „frische Verletzungen“ gehandelt hat, gibt es keinen Anhaltspunkt. Diese körperlichen Beeinträchtigungen stehen im Einklang mit den Angaben der Zeugin H, dass der Angeklagte sie geschlagen und am Hals gewürgt habe. Die Behauptung des Angeklagten, er sei bei Eintreffen der Polizeibeamten noch anwesend gewesen, ist widerlegt und durch die glaubhafte Aussage der Zeugen L und L2. Die Polizeibeamten haben bekundet, dass der Angeklagte sich bei ihrem Eintreffen bereits entfernt hatte. Der Zeuge L hat ergänzend angemerkt, dass sie noch kurz geschaut hätten, ob der Angeklagte in der Nähe ist; dies sei nicht der Fall gewesen.
38Die Angaben der Zeugin, dass der Angeklagte sie geschlagen habe, werden ferner bestätigt durch die psychische Verfassung der Zeugin H bei Eintreffen der Polizeibeamten. Dagegen, dass er nur verbale Auseinandersetzungen gehabt haben will, spricht zudem der Umstand, dass die Zeugin X ihm bei dem Streit am 30.01.2013 den kleinen Finger gebrochen haben soll. Schließlich ist auch die Einlassung des Angeklagten, dass er keine Frauen schlage, widerlegt. Das Amtsgericht Minden und das Landgericht Bielefeld haben in ihren Urteilen vom 03.12.2003 bzw. 02.06.2004 festgestellt, dass der Angeklagte die Zeugin Q mit der flachen Hand so kräftig auf den Hinterkopf geschlagen hat, dass sie eine Schädelprellung davontrug. Auch die Zeugin I, die Mutter seiner damaligen Lebensgefährtin, hat er mehrfach geschlagen, Sie erlitt in Folge der Behandlung durch den Angeklagten eine Hüftprellung, eine Prellung am linken Knie, Hautabschürfungen und Beschwerden im Bereich der linken Schulter.“
39Die Strafkammer hat gegen den Angeklagten wegen der Vorwürfe der vorsätzlichen Körperverletzung jeweils als Einzelstrafe eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten, wegen der zwei Taten des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vom 11.04. und 13.05.2013 Einzelstrafen von jeweils 5 Monaten und wegen des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr vom 17.09.2012 eine Einzelstrafe von 8 Monaten verhängt. Hieraus hat sie unter Erhöhung der verwirkten höchsten Einzelstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr gebildet, deren Vollstreckung sie nicht zur Bewährung ausgesetzt hat.
40Wegen der weiteren Ausführungen des angefochtenen Urteils wird auf die schriftlichen Urteilsgründe des Berufungsurteils vom 16. Januar 2014 Bezug genommen.
41Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die unter näheren Ausführungen mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet worden ist.
42Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.
43II.
44Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
451. Rüge der Verletzung der §§ 261, 249 Abs. 1 Satz 1 StPO
46a)
47Die im Hinblick auf die wörtlich festgestellten Inhalte der von der Ehefrau des Angeklagten, der Zeugin H, am 19.01. und 30.01.2013 getätigten Notrufe bei der Polizei erhobene Verfahrensrüge ist bereits unzulässig. Sie entspricht nicht den Begründungsanforderungen, die gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an die Erhebung dieser Rüge zu stellen sind. Wird gerügt, der Inhalt einer Urkunde oder eines Augenscheinsobjekts, hier der Notrufe, sei nicht ordnungsgemäß in der Hauptverhandlung bekannt gemacht worden, so gehört zur ordnungsgemäßen Begründung der Verfahrensrüge auch die Darlegung, dass der Inhalt der Urkunde – abgesehen von der nicht erfolgten Einführung durch Verlesen – nicht in sonstiger Weise, insbesondere durch Vorhalt, eingeführt worden ist. In der Revisionsschrift wird lediglich ausgeführt, dass aus Sicht des Verteidigers eine Einführung durch Vorhalt auszuschließen sei, nicht jedoch, ob eine Einführung durch Vorhalt stattgefunden hat. Der Umstand, dass bei umfangreichen Vernehmungsprotokollen ausgeschlossen sein kann, dass das Tatgericht sich auf dem Wege des Vorhalts die Überzeugung von umfassenden Feststellungen zum Inhalt des Vernehmungs-protokolls verschafft haben kann (vgl. BGH NStZ, 2012, 697), führt hier angesichts der Kürze der aufgezeichneten Notrufe zu keiner anderen Beurteilung. Erforderlich wäre vielmehr gewesen darzulegen, dass ein entsprechender wörtlicher Vorhalt gegenüber den vernommenen polizeilichen Zeugen der Notrufe tatsächlich in der Hauptverhandlung nicht erfolgt ist, woran es vorliegend fehlt. Dies führt zur Unzulässigkeit der erhobenen Verfahrensrüge.
48b)
49Unabhängig hiervon wäre die Rüge aber auch unbegründet. Ausweislich der dienstlichen Äußerung der G vom 09.04.2014 ist der Inhalt der beiden Notrufgespräche durch Vernehmung der Zeugin T in die Hauptverhandlung eingeführt worden. Nach dem Inhalt der dienstlichen Äußerung sind die Niederschriften der Notrufe der Zeugin wortwörtlich durch Verlesen vorgehalten worden. Die Zeugin habe die Notrufe bei der Polizei abgehört und inhaltlich schriftlich niedergelegt. Sie habe im Rahmen der Haupt-verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass die Niederschriften den Inhalt der Notrufe wahrheitsgetreu wiedergeben.
50Die entsprechenden Vorhalte waren auch zulässig. Lediglich bei umfangreichen oder inhaltlich oder sprachlich schwierigen Niederschriften kann es ausgeschlossen sein, dass sich die Auskunftsperson auf Vorhalt an den genauen Wortlaut des Schrift-stücks erinnern kann (BGH, NStZ 2012, 697). Bei den hier betreffenden Nieder-schriften handelt es dagegen um kurze und inhaltlich einfache wörtliche Zitate mit wenigen Details, die sich vom Umfang her auch nur über wenige Zeilen erstrecken. Bei dem Notruf vom 19.01.2013 erstreckt sich die Niederschrift insgesamt lediglich über fünf, bei dem Notruf vom 30.01.2013 lediglich über zwölf, größtenteils nur halb ausgefüllte Zeilen. Es erscheint daher keineswegs ausgeschlossen, dass sich eine Auskunftsperson an diese kurzen Angaben auf Vorhalt wörtlich erinnert (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2001 – 2 StR 111/01 in BeckRS 2001, 05143).
51Bei den im Rahmen der Notrufe getätigten Angaben handelt es sich nicht um Vernehmungen im Sinne des § 252 StPO, sondern um spontane Bekundungen aus freien Stücken und ein Verlangen nach behördlichem Einschreiten. An der Ver-wertbarkeit dieser Angaben, die auch die Revision unter diesem Aspekt nicht angreift, bestehen keine Bedenken (vgl. OLG Hamm, Beschluss 24.05.2011
52– III-2 RVs 20/11, juris; BGH, Beschluss vom 14.01.1986 – 5 StR 762/85, juris; Meyer-Goßner, StPO, 57. Auflage, § 252 Rdnr. 8, m.w.N.).
532. Rüge der Verletzung des § 252 StPO
54Auch die Rüge der Verletzung des § 252 StPO im Hinblick auf die von der Berufungskammer aufgrund der Zeugenaussagen der Polizeibeamten Y und Z getroffenen Feststellungen zu den Angaben der Ehefrau des Angeklagten gegenüber den am 30.01.2013 bei ihr aufgrund des Notrufs eingetroffenen Polizeibeamten führt nicht zum Erfolg.
55Die Ausführungen der Revision genügen bereits nicht den Begründungs-anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO, denn dem Rügevorbringen sind nähere Einzelheiten über die Eintreffsituation der Polizeibeamten bei der Zeugin H nicht zu entnehmen ind. Die Zeugin war hilfesuchend an die Polizei heran getreten. Ihre Mitteilung in der Wohnung gegenüber den eintreffenden Polizeibeamten auf die Frage, was passiert sei, warum sie die Polizei gerufen habe, stellt nicht zwingend bereits eine Vernehmung im Sinne des § 252 StPO dar (vgl. BGH NStZ 1986, 232). Der bloße Umstand, dass sich ein Hilferuf auf ein strafbares Verhalten eines anderen bezieht, macht seine Entgegennahme nicht zu einer Vernehmung (vgl. BGH, NStZ 1986, 232). Offen bleibt nach dem Revisions-vorbringen insbesondere, ob die einschreitenden Beamten Kenntnis vom gesamten Inhalt des Notrufes hatten oder ob dies nicht der Fall war, weil ihnen lediglich ein nicht näher dargelegter Verdachtsfall häuslicher Gewalt als Einsatzgrund mitgeteilt worden war. Dann hätte es deshalb beim ersten Antreffen der Geschädigten eines kurzen Orientierungsgespräches bedurft, bevor der Zeugin im folgenden eine rechtliche Zeugenbelehrung zu erteilen und nähere Angaben zum Vorfall von ihr zu erheben waren. Hierzu verhält sich die Revision nicht, obwohl die Ermittlungsakten darüber nähere Einzelheiten beinhalten:
56Der Strafanzeige vom 30.01.2013 ist zum Sachverhalt insoweit folgendes zu entnehmen:
57Sachverhalt:
581.
591) Allgemeines
60Zur oben genannten Meldezeit bekam die Leitstelle der Polizei C2 telefonisch Kenntnis von einer häuslichen Gewalt an der o.g. Einsatzörtlichkeit. Die Geschädigte teilte mit, dass ihr Ehemann sie in ihrer Wohnung geschlagen hatte.
61Daraufhin wurde die G2 (Y; Y2; Z) zur Einsatzörtlichkeit entsandt.
622) Tatörtlichkeit
63Der Tatort befindet sich in der Erdgeschosswohnung eines 3-Familienhauses.
643) Eintreffsituation
65Bei Eintreffen hatte sich der Beschuldigte bereits vom Einsatzort entfernt. Die Geschädigte wurde in der Wohnung angetroffen. Sie machte einen aufgelösten Eindruck und klagte über Kopf- und Brustschmerzen.
664) nach erfolgter rechtlicher Belehrung durch Y machte die
67Geschädigte folgende Angaben:
68(Es folgen Angaben der Geschädigten zur Sache).
69Diese Sachverhaltsdarstellung gibt das schrittweise Vorgehen der Polizei wieder, nämlich von der Darlegung der allgemeinen Ausgangslage bei Aufnahme des Notrufes einschließlich des Entsendens der Funkstreifenbesatzung, der Bezeichnung der Örtichkeit, der Schilderung der Eintreffsituation, der Erteilung der rechtlichen Belehrung und sodann die Aufnahme der Angaben der Geschädigten zum Vorfall. Hiernach spricht vieles dafür, dass die entsandten Polizeibeamten bei Anordnung ihres Einsatzes nur grob von einem Verdachtsfall häuslicher Gewalt an der Einsatz-örtlichkeit unterrichtet waren. Es liegt deshalb nahe, dass sie in der Eintreffsituation vor Ort dementsprechend Kontakt mit der Geschädigten aufnahmen, wobei sie – zur Orientierung – ein Eingangsgespräch mit der Person der Geschädigten über ihren Zustand führten. Danach erfolgte die rechtliche Belehrung der Zeugin und erst dann die Erhebung ihrer Angaben zum Vorfall.
70Bei diesen niedergelegten Umständen des schrittweisen Ablaufs des polizeilichen Vorgehens liegt nahe, dass gerade keine Vernehmung der Geschädigten beim Eintreffen der Polizei stattgefunden hat, sondern lediglich ein bloßes Orientierungsgespräch. Erst nach der erfolgten rechtlichen Belehrung der Zeugin sind Angaben zum Vorfall aufgenommen worden, die Gegenstand einer Vernehmung waren.
71Zu diesen Umständen verhält sich das Rügevorbringen entgegen § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht.
723. Sachrüge
73Die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ebenfalls nicht erkennen.
74Entgegen der von der Revision im Rahmen der Gegenerklärung vom 13.01.2014 vertretenen Ansicht tragen die Erwägungen, mit denen die Strafkammer den Vorsatz bei der Tat vom 17.09.2012 – vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr – begründet hat, den Schuldspruch. Auch die Ausführungen der Kammer, auf Grund derer sie die Voraussetzungen der ver-minderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB bei dieser Tat ausgeschlossen hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden.
75Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer im Übrigen halten der revisions-rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten sind auch insoweit nicht festzustellen.
76III.
77Die Revision war daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.
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(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt
- 1.
der Verlobte des Beschuldigten; - 2.
der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; - 2a.
der Lebenspartner des Beschuldigten, auch wenn die Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 3.
wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war.
(2) Haben Minderjährige wegen mangelnder Verstandesreife oder haben Minderjährige oder Betreute wegen einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung von der Bedeutung des Zeugnisverweigerungsrechts keine genügende Vorstellung, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie zur Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Vernehmung zustimmt. Ist der gesetzliche Vertreter selbst Beschuldigter, so kann er über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nicht entscheiden; das gleiche gilt für den nicht beschuldigten Elternteil, wenn die gesetzliche Vertretung beiden Eltern zusteht.
(3) Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen, in den Fällen des Absatzes 2 auch deren zur Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts befugte Vertreter, sind vor jeder Vernehmung über ihr Recht zu belehren. Sie können den Verzicht auf dieses Recht auch während der Vernehmung widerrufen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Urkunden sind zum Zweck der Beweiserhebung über ihren Inhalt in der Hauptverhandlung zu verlesen. Elektronische Dokumente sind Urkunden, soweit sie verlesbar sind.
(2) Von der Verlesung kann, außer in den Fällen der §§ 253 und 254, abgesehen werden, wenn die Richter und Schöffen vom Wortlaut der Urkunde Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten. Widerspricht der Staatsanwalt, der Angeklagte oder der Verteidiger unverzüglich der Anordnung des Vorsitzenden, nach Satz 1 zu verfahren, so entscheidet das Gericht. Die Anordnung des Vorsitzenden, die Feststellungen über die Kenntnisnahme und die Gelegenheit hierzu und der Widerspruch sind in das Protokoll aufzunehmen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Förderung der Prostitution in Tateinheit mit ausbeuterischer und dirigistischer Zuhälterei, mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie mit versuchter Nötigung schuldig ist;
b) im Strafausspruch über die Einzelstrafen von zwei Jahren und drei Monaten und von sechs Monaten sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. In der Liste der angewendeten Vorschriften wird, soweit es den Angeklagten betrifft, § 181 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB gestrichen; statt dessen eingefügt werden die §§ 180 a Abs. 1 Nr. 1, 181 a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, 240 Abs. 1, Abs. 2, 22, 23, 52 StGB. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Heroin und Kokain in nicht geringer Menge zu einer Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten, wegen schweren Menschenhandels zu einer Einzelstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie wegen Körperverletzung zu einer Einzelstrafe von sechs Monaten verurteilt, hieraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren gebildet und die Einziehung der sichergestellten Rauschgiftmenge angeordnet. Seine hiergegen eingelegte, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge weist keinen Rechtsfehler auf; die gegen die Verwertung von Ergebnissen einer Telefonüberwachung gerichtete Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO ist zulässig erhoben, jedoch im Ergebnis unbegründet.a) Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte vor dem 26. Juni 1999 bei dem Lieferanten Z. in S. telefonisch 2 kg Kokain, um diese gewinnbringend weiter zu veräußern. Aufgrund eines Mißverständnisses lieferte Z. über einen Kurier 3 kg Heroin. Diese Falschlieferung genehmigte der Angeklagte telefonisch am 26. Juni 1999; zugleich erneuerte er die Bestellung des Kokains. Da ein vom Angeklagten angestrebter rascher Verkauf des Heroins zunächst scheiterte, ließ er es von seinem Bruder, dem Mitangeklagten I. L., verstecken und verkaufte in der Folgezeit bis zum 7. Juli 1999 etwa die Hälfte
an unbekannte Abnehmer; die restlichen 1,455 kg wurden am 7. Juli 1999 von der Polizei sichergestellt. Die Einlassung des Angeklagten, er habe zwar mit Z. telefoniert und sich in das Rauschgiftgeschäft einbinden lassen, dies aber nur widerstrebend und aus Gefälligkeit für seinen Cousin G. getan, der Besteller und Verkäufer des Rauschgifts gewesen sei, hat das Landgericht als widerlegt angesehen. Seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten hat es auf eine "Gesamtschau der abgehörten und aufgezeichneten Telefongespräche" gestützt (UA S. 17, 19). Die Urteilsgründe führen auf etwa zwei Seiten (UA S. 17 bis 19) überwiegend wörtliche kurze Zitate aus zwei am 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und um 21.29 Uhr geführten Telefongesprächen des Angeklagten mit dem Lieferanten Z. sowie mit einem möglichen Abkäufer und darüber hinaus aus 15 weiteren Telefongesprächen des Angeklagten und seines Bruders zwischen dem 27. Juni und dem 6. Juli 1999 auf. Bis auf das Gespräch vom 26. Juni, 21.29 Uhr ist, wie durch das Schweigen des Hauptverhandlungsprotokolls bewiesen ist, keines der Gespräche im Wortlaut durch Abspielen und Übersetzen oder durch Verlesung eines Aufzeichnungsprotokolls in die Hauptverhandlung eingeführt worden. In den Urteilsgründen fehlt ein Hinweis auf eine den Wortlaut der Telefongespräche bestätigende Erklärung der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten.
b) Ein Verstoß gegen § 261 StPO wäre nur dann bewiesen, wenn auszuschließen wäre, daß der nicht durch Augenscheins- oder Urkundenbeweis in die Hauptverhandlung eingeführte Gesprächsinhalt in anderer zulässiger Weise zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht wurde. Zwar deutet es in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut eines Schriftstücks - hier von Niederschriften über die Tonbandaufzeichnungen - selbst zum Zwecke des Beweises
verwertet worden ist, wenn eine nicht verlesene Urkunde ohne Hinweis auf eine bestätigende Erklärung einer in der Hauptverhandlung vernommenen Auskunftsperson im Urteil auszugsweise wörtlich wiedergegeben wird (vgl. BGHSt 11, 159, 161 f.; Senatsurteile vom 30. August 2000 - 2 StR 85/00 - und vom 6. September 2000 - 2 StR 190/00); insbesondere bei umfangreichen, inhaltlich und sprachlich schwierigen Urkunden kann es ausgeschlossen sein, daß eine Auskunftsperson sich auf Vorhalt an den genauen Wortlaut eines Schriftstücks zu erinnern vermag. Anders als in den vorgenannten Entscheidungen enthielten die Aufzeichnungen über den Inhalt von Telefongesprächen, die in den Urteilsgründen teilweise wörtlich wiedergegeben sind, hier aber keine umfangreichen oder sprachlich komplexen Textpassagen. Bis auf die beiden Gespräche vom 26. Juni 1999 um 18.54 Uhr und 21.29 Uhr, über deren Inhalt jeweils übersetzte Wortlautprotokolle vorlagen, handelte es sich bei den in den Akten befindlichen Aufzeichnungen zudem nicht um Protokolle, sondern um zusammenfassende Inhaltsvermerke, deren Verlesung zum unmittelbaren Beweis des Gesprächsinhalts gemäß § 250 StPO nicht zulässig gewesen wäre. Es ist nicht ausgeschlossen, daß der in den Urteilsgründen jeweils nur mit einem Satz wiedergegebene Inhalt dieser Gespräche, auf dessen zusammenfassende Gesamtschau das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gestützt hat, durch die Vernehmung der Polizeibeamten und Dolmetscher , gegebenenfalls auf Vorhalt der entsprechenden Vermerke, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist. Das gilt auch für das auf UA S. 17 wiedergegebene einzige Gespräch des Angeklagten mit dem Lieferanten Z., aus dem sich die Falschlieferung von 3 kg Heroin und die Erneuerung der Bestellung von 2 kg Kokain ergibt. Schon
die Einlassung des Angeklagten, er habe nur aus Gefälligkeit mit Z. telefoniert, weist darauf hin, daß der Inhalt dieses Gesprächs Gegenstand der Hauptverhandlung war; in dem Beweisantrag der Verteidigung, der zum Abspielen des Telefongesprächs von 21.29 Uhr und zur Verlesung des Aufzeichnungsprotokolls in der Hauptverhandlung führte, ist überdies ausdrücklich darauf hingewiesen , daß das Gespräch von 18.54 Uhr "bereits in der Hauptverhandlung eingeführt" sei (Protokollb. S. 123); in zwei weiteren Beweisanträgen der Verteidigung ist unter Beweis gestellt worden, daß von der Lieferung von 2 kg Kokain von Z. an den Angeklagten ausschließlich in dem Gespräch um 18.54 Uhr die Rede war (Protokollb. S. 121). Angesichts der besonderen Bedeutung des Gesprächs, der offensichtlich eingehenden Erörterung seines Inhalts in der Hauptverhandlung und des Umstands, daß die Vernehmung polizeilicher Zeugen auf Beweisanträge der Verteidigung hin gerade den Inhalt dieses Gesprächs zum Gegenstand hatte, erscheint es naheliegend anzunehmen, daß die hierzu vernommenen Polizeibeamten , die sich erfahrungsgemäß im Wege der vorherigen Durchsicht ihrer Ermittlungsunterlagen auf die Vernehmung intensiv vorbereiten, sich an Einzelheiten des Gesprächs erinnerten und daß ihnen die - im Urteil in insgesamt 12 Zeilen wiedergegebenen - entscheidenden Passagen auch noch wörtlich präsent waren. Hierfür spricht auch, daß die Telefonüberwachungsmaßnahmen zum damaligen Zeitpunkt nicht allzu lange zurücklagen und daß die vom Angeklagten in dem genannten Gespräch benutzten Formulierungen ("Finde mir das Weiße ... davon brauche ich zwei") besonders einprägsam waren. Auch daß die Uhrzeiten der Gespräche den Zeugen unter diesen Umständen noch aus eigener Erinnerung präsent waren, erscheint entgegen der Ansicht der Revision keineswegs ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen § 261 StPO ist daher nicht bewiesen.
c) Sachlich rechtliche Fehler weist die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht auf; das gilt auch für die insoweit verhängte Einzelstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. 2. Die Sachrüge ist im übrigen teilweise begründet und führt zur Ä nderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs hinsichtlich der unter II.1 der Urteilsgründe abgeurteilten Taten und des Gesamtstrafenausspruchs.
a) Nach den Feststellungen errichtete der Angeklagte spätestens 1998 gemeinsam mit anderen eine Organisation, die darauf gerichtet war, junge Frauen aus Osteuropa als Prostituierte anzuwerben und über Frankfurt am Main nach Südspanien zu verbringen, wo die Frauen in verschiedenen Bordellen der Prostitution nachgingen. Die Mitglieder der Gruppe kontrollierten die Arbeit der Frauen und nahmen ihnen täglich das vereinnahmte Entgelt ab; wenn der Verdienst zu gering erschien, wurden die Opfer durch Schläge und andere Mißhandlungen bestraft. Der Angeklagte leitete die Kontroll- und Strafmaßnahmen teilweise vor Ort in Spanien, im übrigen telefonisch von Frankfurt aus. Die 21 Jahre alte Nebenklägerin V., die im August 1998 zum Zweck der Prostitutionsausübung aus Rußland nach Deutschland eingereist war, arbeitete ab September 1998 in einem von dem Angeklagten kontrollierten Bordell in D. /Sp. . Wie von vornherein vereinbart, erhielt sie auf Veranlassung des Angeklagten im April 1999 einen Entgeltsanteil von mindestens 2.800 DM sowie ein Flugticket zur Rückreise nach Rußland. Das Geld gab sie jedoch alsbald für den Kauf von Luxusartikeln aus; anschließend bat sie den Bruder des Angeklagten, der diesen bei Abwesenheit vertrat, weiter in einem anderen Bordell arbeiten zu dürfen, was dieser gegen den Willen des Angeklagten bis En-
de Mai 1999 gestattete. Am 30. Mai 1999 wurde die Nebenklägerin vom Bruder des Angeklagten mit dessen Billigung entsprechend der üblichen Vorgehensweise zur Bestrafung geschlagen und nackt in eine Badewanne mit kaltem Wasser gesetzt. Am 1. Juni 1999 beendete sie ihre Tätigkeit für den Angeklagten auf dessen Veranlassung hin. Er ließ sie in die Bundesrepublik bringen , wo sie sich freiwillig einem anderen Mann anschloß und bis zu ihrer Festnahme am 13. Juli 1999 weiter der Prostitution nachging. Diese Feststellungen tragen den auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB gestützten Schuldspruch wegen schweren Menschenhandels nicht. Den Tatbestand erfüllt , wer eine andere Person durch Nötigungsmittel oder List zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution bestimmt. Erfaßt sind daher auch Taten gegen solche Personen, die zur Zeit der Bestimmungshandlung der Prostitution bereits nachgehen oder sie zu einem früheren Zeitpunkt ausübten. Wird die Prostitution bereits - freiwillig - ausgeübt, so ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich, daß das Opfer durch die Einwirkung des Täters zu einer qualitativ andersartigen, von ihm nicht gewollten Form der Prostitutionsausübung bestimmt wird; dies kann etwa bei einem erzwungenen Wechsel der Prostitutionsform, einer Erweiterung der vom Opfer zu erbringenden sexuellen Dienste oder bei einer zu wesentlicher Verschlechterung der Lage des Opfers führenden Veränderung der Prostitutionsbedingungen der Fall sein (vgl. BGHSt 33, 353; 42, 179; BGH NStZ-RR 1996, 291; vgl. auch Lenckner /Perron in Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl., § 181 Rdn. 4 f.; Tröndle /Fischer, StGB 50. Aufl., § 181 Rdn. 3; Laubenthal, Sexualstraftaten, 2000, Rdn. 676, 647; jew. m.w.N.). Die Bestimmung zur bloßen Fortsetzung der schon zuvor ausgeübten Prostitution erfüllt den Verbrechenstatbestand des § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur dann, wenn das Opfer die Prostitution ganz auf-
geben oder in entsprechend erheblicher qualitativer oder quantitativer Weise einschränken will und hieran durch die Einwirkung des Täters gehindert wird. Ein solcher Fall lag hier nach den vom Landgericht festgestellten Umständen nicht vor. Die Nebenklägerin ging der Prostitution in den vom Angeklagten kontrollierten Clubs freiwillig und auf ihre ausdrückliche Bitte hin nach. Selbst als der Angeklagte ihr den vereinbarten Entgeltsanteil und ein Rückflugticket aushändigen ließ, nutzte sie dies nicht zur Abkehr von der Prostitution, sondern bat den Bruder des Angeklagten alsbald, sie unter den ihr bekannten Bedingungen weiter in einem der Clubs als Prostituierte arbeiten zu lassen. Soweit sie mindestens einmal einer dem Angeklagten zuzurechnenden gewalttätigen Bestrafungsaktion unterworfen wurde, diente diese nach den Feststellungen dazu, "sie zu verstärktem Arbeitseinsatz und zur Erzielung höherer Einnahmen anzuhalten" (UA S. 9). Hiermit ist eine Nötigung zu qualitativ andersartiger , von der Nebenklägerin nicht gewollter Prostitution nicht hinreichend belegt.
b) Der Angeklagte hat sich jedoch nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Förderung der Prostitution gemäß § 180 a Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie der ausbeuterischen und dirigistischen Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB schuldig gemacht. Die insoweit gegen die Beweiswürdigung gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch; insbesondere war das Landgericht nicht gehindert, Feststellungen zum Aufbau der Organisation auf die in den Urteilsgründen zusammenfassend wiedergegebenen Aussagen der als Zeugen vernommenen Polizeibeamten im Zusammenhang mit den Ergebnissen der Telefonüberwachung und der Aussage der Nebenklägerin V. in der Hauptverhandlung zu stützen. Eine ins einzelne gehende Darlegung der Beweisergebnisse in den Urteilsgründen ist nicht erforderlich.
Der Senat hat den Schuldspruch geändert. § 265 StPO stand dem nicht entgegen, weil die zugrundeliegenden Tatsachen Gegenstand umfangreicher Erörterung in der Hauptverhandlung waren und der Angeklagte sich nicht anders hätte verteidigen können.
c) Der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Körperverletzung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Ob die vom Landgericht angestellten Erwägungen zur mittelbaren Täterschaft des Angeklagten zutreffend sind, kann dahinstehen, weil der Angeklagte jedenfalls Mittäter der Körperverletzung war. Daß der Taterfolg im Ausland eingetreten ist, steht einer Verurteilung nicht entgegen, da der Angeklagte bei seinen telefonischen Anweisungen im Inland gehandelt hat (§ 9 Abs. 1 StGB). Dies gilt auch für die gleichfalls tateinheitlich gegebene versuchte Nötigung der Nebenklägerin zu "verstärktem Arbeitseinsatz". Der insoweit vom Senat vorgenommenen Ergänzung des Schuldspruchs stand § 265 StPO nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß der Angeklagte sich anders hätte verteidigen können. 3. Die Einzelstrafe für die Taten zu Lasten der Nebenklägerin V. sowie die Gesamtstrafe müssen aus sachlich rechtlichen Gründen neu bemessen werden. Auf die Verfahrensrüge im Zusammenhang mit der Verwertung des Telefongesprächs vom 16. Juni 1999, auf welche das Landgericht die Feststellung einer Rädelsführerschaft des Angeklagten gestützt hat, kam es daher nicht
an. Die Einzelstrafe für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist von der Aufhebung nicht berührt und kann bestehen bleiben. Das gilt auch für die rechtsfehlerfreie Anordnung der Einziehung. Jähnke Bode Rothfuß Fischer Elf
Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.